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Eine Vorliebe für das Unbekannte

Gastdirigent Leo McFall hat mehrere Jahre dem weltbekannten Dirigenten Bernard Haitink assistiert, nun ist er Chefdirigent des Vorarlberger Symphonieorchesters. Für spezielle Stücke wie das Violinkonzert von Frederick Delius, welches er dem Aargauer Publikum mit dem Solisten Guy Braunstein vorstellt, ist er immer zu haben.

von Sibylle Ehrismann

Bereits bei seinem ersten Kontakt mit dem argovia philharmonic hatte McFall ein wiederentdecktes Violinkonzert im Gepäck: das Opus 25 in G-Dur des norwegischen Spätromantikers Hjalmar Borgström (1864–1925). Wenn dieser junge Dirigent ein solches Stück präsentiert, kann man sicher sein, dass es Sub-stanz hat Er brennt für die Musik und engagiert sich auch für die Musik von Komponistinnen.

So ist er etwa gerne mit dem Alma Mahler Kammerorchester unterwegs, in dem Musikerinnen und Musiker aus europäischen Spitzenorchestern zusammenfinden, um auch Musik von Frauen oder «People of Color» zu spielen. Grosses Aufsehen erregte McFall mit seiner Einspielung der frühen Sinfonien von Emilie Mayer (1812–1883) Dafür wurde ihm 2021 der «Opus Klassik»-Preis verliehen Die interessante Komponistin wird gerne auch als «weiblicher Beethoven» bezeichnet.

Für orchestrale Spezialitäten sind auch die Orchesterkonzerte der Bregenzer Festspiele bekannt. Als Chefdirigent des Symphonieorchesters Vorarlberg gastiert er dort regelmässig Kaum hatte McFall in der Saison 2020/21 den Posten angetreten, dirigierte er in Bregenz auch schon die Uraufführung von Thomas Larchers (*1963) 3. Symphonie.

Für Leo McFall ist es wichtig, unbekanntere oder neue Stücke sinnvoll zu programmieren, wie er in unserem Gespräch betont: «Ein Programm zusammenzustellen ist immer eine interessante Erfahrung Es beginnt mit einem Austausch an Ideen, die das Orchester einbringt, und ganz allmählich wird das Programm klar Manchmal ist es auch ein Solist, der ein Konzert vorschlägt, und wenn der Vorschlag gut ist, bauen wir ein sinniges Programm darum herum.»

So war es auch beim Violinkonzert von Frederick Delius, welches der Geiger Guy Braunstein dem argovia philharmonic vorgeschlagen hat Dieses gut zu programmieren war gar nicht so einfach «Delius’ Konzert hat weniger einen virtuosen, als vielmehr einen pastoralen Charakter», so Leo McFall. «Wenn man nun das ganze Programm pastoral ausrichtet, schläft das Publikum möglicherweise ein (lacht).» Da Delius die meiste Zeit in Frankreich lebte, wurde zur Eröffnung ein Stück von Gabriel Fauré gewählt Und als Kontrast zum Pastoralen passen Elgars «Enigma-Variationen» gut.

Der Werdegang von Leo McFall führte wie derjenige von Delyana Lazarova, die das Weihnachtskonzert des argovia philharmonic dirigiert, über die Zürcher Dirigentenschmiede von Johannes Schlaefli. Nach seinem Dirigierstudium an der ZHdK wurde er 1 Kapellmeister und Stellvertreter des Schweizer Dirigenten und GMD Philippe Bach bei der Meininger Hofkapelle. 2015 gewann er den Dirigentenpreis des Deutschen Musikrats

Seine erste Assistentenstelle war nach seinen eigenen Worten die prägendste. Von 2005 bis 2012 arbeitete er mit dem Altmeister Bernard Haitink (1929–2021) zusammen Was hat ihm dieser mitgegeben? «Haitink zu treffen und mit ihm zu arbeiten war ein grosses Privileg für mich», erzählt McFall «Haitink war ein sehr bescheidener Mensch und gab eigentlich gar nicht gerne Ratschläge. Eine makellose Qualität war ihm immer extrem wichtig Für mich war Haitink stets ein Vorbild Vorallem seine Haltung den Musikerinnen und Musikern sowie dem Dirigieren gegenüber beeindruckte mich. Einmal sagte er, Dirigieren dürfe nicht schwierig aussehen. Nur das Problem ist, dass Dirigieren eben schwierig ist!»

Ein paar Jahre lang hat sich McFall als freischaffender Dirigent behauptet, 2020 hat er eine interessante Chefposition angenommen. Was gefällt ihm am Vorarlberger Symphonieorchester besonders? «Der Wille, Musik zu machen, ist bei diesem Orchester besonders stark zu spüren. Auch ist die Neugierde der Musikerinnen und Musiker sehr hoch Ich habe in den Proben immer das Gefühl, dass ich auch von ihnen etwas lerne. Wenn mir jemand eine Frage stellt, eröffnet diese meistens ein vertieftes Verständnis für das Stück »

Auch mit dem argovia philharmonic arbeitet McFall gerne zusammen. «Was ich an die- sem Orchester vom ersten Moment an schätzte, war die Bereitschaft und Energie der Musikerinnen und Musiker Bei unserem letzten Konzert stand Schuberts grosse C-Dur Sinfonie auf dem Programm, eines der forderndsten Stücke überhaupt Doch die Energie und die Begeisterung für das Stück erlahmte nie Das hat mich echt beeindruckt und ich freue mich sehr, erneut mit dem argovia philharmonic zu musizieren.» ⋅

Termine

2. ABO-KONZERT MUSIKALISCHE SCHÄTZE

Guy Braunstein Violine Leo McFall Leitung argovia philharmonic

Gabriel Fauré (1845–1924)

«Pelléas et Mélisande» Suite für Orchester op 80

Frederick Delius (1862–1934)

Konzert für Violine und Orchester

Edward Elgar (1857–1934)

«Enigma-Variationen» für Orchester op. 36

NOVEMBER 2023

Do 16 19.30 Uhr Aarau

8 45 A te Re tha e

Fr 17 19.30 Uhr Baden

8 45 Kurtheater

So 19 17 00 Uhr Aarau

16 5 A te Re tha e

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