Die rote Fibel

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20 19 DER ROTE STERN VON KOLBERMOOR

PA RO TSE TUNG

DIE ROTE FIBEL Mein Leben mit den Genossen der singenden Speichen

35 JAHRE

BMX TRACK KOLBERMOOR


DER ROTE STERN VON KOLBERMOOR


Liebe Genossinnen und Genossen, wir dürfen heute auf eine lange Zeit der Kollektive zurückblicken. Viele treue Männer und Frauen haben sich für eine imperialistische Sportart -deren Leidenschaft auch wir verfallen sind -stark gemacht. Den Grundstein legte einst der Genosse Er Win Hartl mit seiner Frau Maria. Einige folgten ihnen nach und steckten viel Energie in dieses Konbinat. Ihnen allen sei großer Dank. Meine Anerkennung gilt aber auch denen, die mit mir seit Jahren Hand in Hand am roten Band der Gemeinschaft ziehen. Euer Pa Ro Tse Tung



Jetzt...

...endlich, die Revolution ist mir gelungen. Ganz Europa hat sich im Zusammenschluss unter der roten Fahne und mit einheitlich gültigen Wettkampfbestimmungen verbunden. Die BMXer aller Nationen lagen sich in den Armen und die Jugend sang das Lied „Es geht um die Erde ein rotes Band“. Die Sonne steht hell am Himmel und ein roter Stern zieht auf. Plötzlich - ich höre mit sanfter Stimmen meinen Namen. Immer wieder höre ich ihn. „Paaa Rooo - Paaa Rooo“! „Großer Vorsitzender - großer Vorsitzender“! Die Stimme kenne ich. - Sie klingt mir vertraut. Ist das nicht meine geliebte und treue Revolutionärin? Meine Da Ni. - Was will sie? - Uns was ist los? Ich öffne die Augen - Da Ni neigt sich über mich und meinte leise, dass es Zeit ist aufzustehen. Mist - war alles nur ein Traum? Stimmt am Ende alles nicht? Herrschen immer noch Klassenunterschiede? Morgen treffe ich den großen Parteifunktionär, den Genossen VKK. Den will ich dann fragen!



Am Tag danach...

...war es endlich so weit. Ich hatte ein lebhaftes Gespräch mit dem obersten Funktionär der Revolution, dem Genossen VKK. Nach der Klärung diverser und belangloser Themen stellte ich ihm brennend die Frage: „gibt es nun endlich einheitliche Wettkampfbestimmungen“. Zu meiner Enttäuschung verneinte er meine Frage. Wie kann das sein? Ich hatte es so klar vor Augen. Dann plötzlich wird mir klar - das eine Bier am Getränkelager war schuld. Um von der peinlichen Situation abzulenken, griff ich gleich ein weiteres - heikles - Thema auf. Denn der Genosse Ho Chi Minh kennt den richtigen Pfad. Was ist die Bedeutung der „weißen Linie?“ Ist diese so manifestiert, dass sie in keinem Fall überschritten werden darf? Warum machten wir sie dann nicht gleich rot? Das würde Wirkung zeigen und gäbe den Akteuren den von uns gewünschten Leitfaden. Keiner würde es wagen, die rote Linie zu überschreiten, Auch diesen Vorschlag lehnte der Parteifunktionär kopfschüttelnd ab. Als Wächter über die Regeln ist er für die Einhaltung der Disziplin in jeder Form verantwortlich. Es gehe nicht an, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht. Verstehe ich auch nicht? Was machen dann die Organisatoren der einzelnen Provinzen. Vielleicht sollte ich jetzt wieder den Füllstand des Getränkelagers prüfen und schauen, was der nächste Tag so bringt.



Damals...

...die „Zwölfnach-Regelung“ zeigt deutliche Wirkung! Als ich meine Frau und Mitkämpferin Da Ni aus der Gemeinschaftsküche kommen sah, hatte sie ein sehr breites Grinsen im Gesicht. War ihr der BMX-Einheitsbrei diesmal so gut gelungen? Mann - also ich weiß es nicht. Ich glaub, ich muss da mal den Genossen VKK reinschicken. Der kennt ja den rechten Weg auf dem Pfad der Tugend.



Einst...

...kein VKK in Sicht - Puh! Das Bild links zeigt meine Frau Da Ni bei der Ernte. Aber was ist das? Ist es das Korn für den BMX-Einheitsbrei den sie immer so lecker zubereitet oder ist es die Saat für das Getränk, das uns die griechischen Genossen immer zukommen lassen. Sie grinst nicht so breit wie damals. Jetzt lass ich mich einfach überraschen und warte ab was der nächste Tag bringen wird.



Kulturrevolution...

...beim Arbeitseinsatz. Mit großer Freude halte ich die frisch gedruckte und äußerst hilfreiche - meiner Meinung nach unabdingbare - rote Fibel in der Hand. Genossinnen und Genossen umringten mich, um mir das ersten Exemplare aus der Hand zu reißen. Doch als Traktorist setzte ich meinen Kolchosen-Schlepper schnell in Bewegung und konnte so der Bedrängung durch die fanatische Masse entfliehen. Das Volk hat sich zu gedulden. Für sie werde ich die „Rote Fibel“ in digitaler Form bereit stellen. So tragen sie das Werk beim Arbeitseinsatz immer griffbereit an ihrer Brust. Dann braucht mir auch keiner mehr kommen und sagen, er wüsste nicht Bescheid.


MACHT SCHWERTER ZU TRETKURBELN


Die Revolution...

...trollig - da träumt doch wieder einer. Werkzeuge der sportlichen Wettkämpfe sollen geschmiedet werden. So ein Schmarrn. Tretkurbeln aus Stahl. Wer braucht das?



Der große Sprung nach vorn...

...mit Stolz konnten wir eine Abordnung zur bayerischen Ping PongMeisterschaft senden. Unsere sportlichen Volksvertreter zeigten vollsten Körpereinsatz und stellten sich der imperialistischen Konkurrenz. Im Gesicht gezeichnet, gelang es ihnen bis zur Schlussphase durchzuhalten. Von allen motorischen Fähigkeiten verlassen, also rückenmarkgesteuert, kämpften sie sich zu später Stunden, vorbei an Zäunen und Absperrungen, über teils asphaltierten Wegen in ihr Lager. Am nächsten Morgen war ein sanfter Ruf meiner Revolutionärin - meiner Da Ni - nötig, um unsere Akteure wieder in sportliche Höchstleistung zu versetzen. Unmittelbar standen sie in geschlossener Reihe, Schulter an Schulter gestützt (damit keiner ins Wanken kam) für weitere Herausforderungen parat. Das sind tapfere Männer. Solche Männer braucht die Revolution.



Geheimsprache...

Oh Genossen, die letzte Feier mit euch steckt mir krass in den Knochen. Die Verhandlungen mit dem BMX-Zentralrat waren ein Kinderspiel dagegen. Was mir noch heute großes Kopfzerbrechen bereitet ist, dass einer unter euch eine neue Geheimsprache einführen will. Mann sagte mir - es sei „maxlrainerisch“. Aus welcher Provinz stammt der Kerl. Die Aussprache des Genossen liegt mir immer noch total verschwommen in den Ohren. Das war so ein Kauderwelsch, dass es mir extrem schwer fällt einen klaren Kopf zu bekommen. Brauchen wir das? Rede ich denn chinesisch? Ich sollte vielleicht mal einen Vortrag bei den Obersten des BMX-Zentralrats auf „maxlrainerisch“ halten. Vielleicht verstehen die mich dann.



Am Ende...

..eines Renntages hatten wir wieder vier erfolgreiche Wettkämpfer die der Kollekte große Ehre machten. Die ganze Menge feierte sie und jubelte ihnen zu. So ein Bad in der Menge würde ich auch mal gerne nehmen, aber mir bleibt immer nur die Dusche zuhause.



Noch was vor dem Ende...

Ha - Genossen! Ich hab voll die gute Idee. Ich lasse von meinem Konterfei Briefmarken erstellen. Diese verschenke ich dann in den Verbänden und in den Komitees. Jeder der mir dann mit dieser Marke einen Brief schickt, muss erst meine (die) Rßckseite (der Marke) ablecken. Voll krass - oder? Was wird wohl der Ho (der alte Sack) dazu sagen?


Liebe Genossinnen und Genossen, ihr seit jeden Applaus wert. Ich danke euch alle Zeit fĂźr das bedingungslose Folgen. Ihr lebt mit mir einen Traum. Nein, nicht einen Traum, sondern die einzig wahre Ideologie. Ihr fĂźhlt euch in der Kollektive geborgen und gut versorgt von mir. Haltet fest und lasst nicht ab. Euer Pa Ro Tse Tung


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