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Haus- und Lebenszyklen in Alt-Kirchdorf


IMPRESSUM Diese Ausarbeitung ist an der HafenCity Universität Hamburg innerhalb des Masterstudiengangs Urban Design, als ‘Urban Design Projekt‘ entstanden. Autoren: BSc. Aron Bohmann (Aron.bohmann@gmail.com) BSc. Charlotte Herbst (Charlotteherbst@gmx.de) BA. Katrin Hovy (cat.kat@gmx.de) Betreuer: Prof. Dr. Michal Koch Dipl.-Ing. Andreas Müller


Inhalt 1 Intro 2 Ursprungssituation

5 15

3 Bauliche Transformation 1938 / 2012 25 Bauliche Transformation 26 Flächennutzung 30 Rechtliche Grundlagen 34 Kartenanalyse 36 4 Bewohnerbiografie Alteingesessene Familie Meier Familie Biljes Familie Brüdgam

43 46 62 78

5 Gesellschaftsstrukturelle Veränderungen

95

6 Bewohnerbiografie Zugezogene Familie Kettler Familie Qalanawi Familie Domin

101 102 116 130

7 Erkenntnisse 145 Bauliche & strukturelle Transformationen 146 Matrix 150 Potentiale 154 Erkenntnisglossar 155 Glossarnetz 162 Begrifflichkeiten 165 Szenariosetting oder 166 Schlüsselfaktoranalyse 166 8 Szenarien Szenario Meier Szenario Biljes Szenario Brüdgam Szenario Kettler Szenario Qalanawi Szenario Domin

169 170 176 182 188 194 200

9 Fazit

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Quellen 214


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INTRO

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Einleitung

Das vorliegende Projekt untersucht ein Wohngebiet auf der Elbinsel Wilhelmsburg in Hamburg: Alt-Kirchdorf eine Doppelhaussiedlung aus den 1930er Jahren. Obwohl Wilhelmsburg die geografische Mitte Hamburgs ist, wird die Insel von vielen als innere Peripherie wahrgenommen; die Elbe ist nicht nur eine morphologische, sondern auch mentale Barriere, obwohl Kirchdorf in nur 16 Minuten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vom Hauptbahnhof erreicht werden kann. Derzeit stellen Stadtentwicklungsmaßnahmen und die hohe Nachfrage nach Immobilien in Hamburg Alt-Kirchdorf verstärkt in den Fokus. Die Studie „Wohnen in Alt-Kirchdorf “ beschäftigt sich mit der Frage über welche Transformationspotentiale das Einfamilienhausgebiet verfügt und welchen Einfluss die sich verändernde Bevölkerungsstruktur darauf hat. Alt-Kirchdorf wurde ursprünglich als eine baulich extrem homogene Siedlung geplant. Die einzelnen Gebäude wurden mit der Zeit, meist in Eigenarbeit, den wachsenden (Raum-) Bedürfnissen der Bewohner angepasst. Einige Doppelhaushälften im Originalzustand lassen heute die einstmalige Baustruktur erkennen: Ausgeführt in Fachwerkbauweise wurden von den Bewohnern Gebäude über drei Etagen mit einer Wohnfläche von 50 qm errichtet. An die Intentionen von damals erinnern die großen Gärten – einst zur Selbstversorgung angelegt, bieten sie heute Platz für Grillstellen, Gartenlauben und Spielflächen. Diese Entwicklung Kirchdorfs wird auf Quartiersebene durch Kartenanalysen und fotogra6

fische Vergleiche verdeutlicht und in einem zweiten Schritt anhand von Wohnbiografien dargestellt. Durch Interviews mit Nachkommen der ursprünglichen Siedler werden die Veränderung der Bewohnerstruktur mit den baulichen Veränderung verknüpft. Ein weiteres Augenmerk liegt auf dem Nutzungswandel des Gartens, der einst zur Versorgung diente und nun diverse (Wohn-) Funktionen kompensiert. Der Schwerpunkt baulicher Umgestaltungen und Erweiterungen lag in den 1970er Jahren. Die letzten Dekaden wiesen hingegen eine sich ändernde Bevölkerungsstruktur auf. Mitunter durch das weitere altern der Bewohnern im dritten Lebensabschnitt kam es zu einen Anstieg von Einpersonenhaushalten im Siedlungsgebiet. Zu der Bewohnergruppe, die ihre Häuser den eigenen Bedürfnissen über die Jahrzehnte hinweg angepasst hat, ziehen nun vermehrt junge Familien, häufig mit Migrationshintergrund. Die neuen Bewohner passen das Haus durch Sanierung und Umbau wiederum an die eigenen Bedürfnisse an. Durch die derzeitige Veränderung der Bewohnerstruktur entstehen wieder neue Anforderungen. Eine Adaptionen des eigenen Wohnraums wird nötig werden. Eine erneute, von außen sichtbare Anpassung an die sich ändernden Raumbedürfnisse konnte bisher kaum festgestellt werden, bauliche Maßnahmen wurden vornehmlich im Gebäudeinneren durchgeführt. Durch Wohnbiographien Zugezogener werden die erneuten baulichen Veränderungen mit der neuen Bewohnerstruktur verbunden.


Anschließend an die Analysephase werden aktivierende und reaktive Faktoren für eine zukünftige Siedlungsentwicklung ermittelt. Die bisherige Entwicklung der Häuser wird anhand von Szenarien, die sich an den untersuchten Bewohnerprofilen orientieren und äußere Faktoren hinzu ziehen, in die Zukunft gedacht und auf die Siedlungsebene überspitzt. Haus- Bewohnerbiographien werden fortgeschrieben. Es wird die vorhandene Transformationsfähigkeit des Hauses und das geringe, durch Bauregularien und Bewohner gehemmte, Transformationspotential der Siedlung herausgearbeitet.

Niendorfer Gehege

9,1

15 km m in

Volkspark Othmarschen

Steilshoop

9,1 km

Hauptbahnhof

7,8 km

14 min

11 min

Billstedt

in 14 m

12,7

Alt-Kirchdorf

km mit dem Auto ÖPNV-Fahrzeit

Verortung Alt-Kirchdorfs in Hamburg 7


Forschungsgegenstand

Alt-Kirchdorf ist eine Siedlung, die sich über die Jahre stark verändert hat. Diese Veränderung wird erst durch eine Untersuchung des Entwicklungsprozesses sichtbar. Eine Betrachtung dieses soll helfen eine mögliche Zukunft für den Stadtteil und seine Bewohner aufzuzeigen. Um dieses Ziel zu erreichen wurden zu Beginn der Ausarbeitung Forschungsfragen formuliert, die im Folgenden vorgestellt werden.

Über welche Transformationspotentiale verfügt Alt-Kirchdorf und welchen Einfluss haben die Bewohner darauf? Durch das Erstellen von Wohnbiografien wird der Zusammenhang zwischen der Sozialstruktur und baulichen Transformationsprozessen in Alt-Kirchdorf verdeutlicht. Im Detail werden bauliche Veränderung und Umnutzung der Räume herausgearbeitet und mit der Bewohnergeschichte in Zusammenhang gestellt.

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Welche Faktoren und Ereignisse im Leben der Bewohner führen zu baulichen Veränderungen? Die Veränderungen der einzelnen Häuser sind augenscheinlich, es wird an- und umgebaut. Je nach Lebensabschnitt gibt es andere Raumbedürfnisse an das Gebäude. Bewohner ziehen weg, neue Bewohner ziehen in die Siedlung. Dabei kommt es immer zu Adaptionen der Bausubstanz und des Gartens. Es entsteht eine Mischung aus unterschiedlichen Bauweisen und Menschen verschiedenen Alters und Nationalität.

Welche baulichen Transformationen des Hauses sind möglich, welche nötig? Alt-Kirchdorf weist eine sich verändernde Bevölkerungsstruktur auf. Neben den alternden Bewohnern, die ihre Häuser ihren Bedürfnissen anpassten, ziehen vermehrt Familien, häufig mit Migrationshintergrund, in die bereits umgebauten Häuser ein. Durch die Veränderung der Bewohnerstruktur entstehen wieder neuen Anforderungen und damit auch notwendige Adaptionen an den Wohnraum. Eine erneute von außen sichtbare Anpassung an die sich ändernden Raumbedürfnisse ist nicht festzustellen, es kommt vermehrt zu Umbauten und Umnutzungen der bestehenden Bausubstanz.

Wie wirken sich diese Veränderungen auf die Siedlung aus? Die homogene Bauweise aus der Gründungsphase wurde von den Bewohnern stark überformt. Die Veränderungen hängen mit den sich wandelnden Ansprüchen der Bewohner zusammen. Neben den Lebensumständen und Ereignissen im Leben der Bewohner, wird die bauliche Veränderung von externen Faktoren beeinflusst; sie bilden einen Rahmen in dem die Bewohner handeln können. Aber es ist fraglich, welche Veränderungen des Hauses und der Familien auch die gesamte Siedlung verändert.

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Methode

Das methodische Vorgehen der Arbeit kann grob in zwei Abschnitte geteilt werden. Zu Beginn stand die Ausarbeitung des Forschungsinteresses, die durch die Durchführung der Forschung gefolgt wird.

Ideengenerierung

Zu Beginn wurde in einem gemeinsamen Workshop der HafenCity Universität (HCU) und des Bau-haus Kollegs Dessau das Gebiet unter dem Arbeitstitel „Kirchdorf Suburbia“ vorgestellt. Inputs zur geschichtlichen Entwicklung, sowie Gespräche mit Akteuren vor Ort stellten eine erste Annäherung an Alt-Kirchdorf und Kirchdorf Süd dar. Durch erste Kontaktaufnahmen mit Bewohnern und Dérives durch die Projektgebiete wurde in AltKirchdorf die bauliche Veränderung beobachtet. Ad-hoc-Interviews ließen einen Wandel in der Bevölkerungsstruktur erkennen. Die Schwerpunkte die sich im Workshops heraus kristallisierten waren „Wirtschaft“, „Übergänge“, „Nachbarschaft“ sowie „Treff-punkte“. Die Ergebnisse der einzelnen Teilnehmergruppen wurden dem Open Source Gedanken folgend allen Teilnehmern zugänglich gemacht. Anschließend an den Workshop wurde im Rahmen eines Seminars in einer Take-Struktur weiter gear-beitet, welche verschiedene Aufgabenstellungen beinhaltete. In dieser Zeit wurden weiterhin die Gebiete Alt-Kirchdorf und Kirchdorf Süd betrachtet. Das Interesse an Alt-Kirchdorf stärkte sich und wurde zum Ende als Untersuchungsgebiet ausgewählt. Daher werden im Folgenden das Vorgehen und die Erkenntnisse in Alt-Kirchdorf beschrieben.

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In Take 1 wurden anhand von Kurzinterviews erste Wohnbiografien erstellt. Diese zeigten die wechselseitigen Bedingungen von Wohnraum, Lebensumstand und äußeren Einflussfaktoren auf. Diese qualitative Datenerhebung und Darstellungsweise wurde im Laufe der Forschung beibehalten und weiter ausgearbeitet. Take 2 hatte die allgemeine gesellschaftliche Veränderung als Schwerpunkt. Hierfür wurden statistische Daten gesichtet und die daraus ablesbaren Veränderungen herausgearbeitet. Zusätzlich wurden die schon im Workshop beobachteten baulichen Veränderungen mit ersten kartographischen Analysen untermauert. In einer Zwischenkritik mit der Gastkritikerin Anita Aigner wurden die Erkenntnisse aus Take 1 und Take 2 zu Alt-Kirchdorf kompiliert und eine erste Forschungsfrage „Welche Anpassungsfähigkeit hat die Baustruktur von AltKirchdorf an die sich verändernde Ansprüche der Bewohner?“ formuliert.


Ausarbeitung

Im folgenden Forschungsabschnitt wurden die ersten Erkenntnisse erweitert. Mittels einer detaillierten Kartenanalyse werden die Veränderungsschritte zwischen 1976 und 2007 deutlich gemacht (S.36). Auffällig ist ein Anbauhoch in den 70er und 80er Jahren in dem viele der Gebäude erweitert wurden. Durch ein Interview mit dem Vorsitzenden des Vereins Kirchdorfer Eigenheimer e.V. (VKE) und Besuche lokaler Archive konnten Materialien aus der Gründungszeit der Siedlung erschlossen werden, mit denen die Ideengeschichte der Siedlung nachgezeichnet werden konnte. Ein fotografischer Vergleich der Straßensituation von 1939 und heute (S.25) zeigen plakativ die schon bei der ersten Ortsbegehung beobachtete Veränderung der Baustruktur. Den Schwerpunkt der Forschung und Ausarbeitung stellen die Bewohnerbiografien dar (S.43). Anhand von narrativen Interviews wurde die Bewohnergeschichte erfasst und mit den baulichen Veränderungen verknüpft. Für die einzelne Räume wurden die ursprüngliche, Zwischen- und heutige Nutzung festgehalten und mit der Bewohnerveränderung verknüpft. Die Erkenntnisse wurden in Isometrien (– in denen die Anbauschritte verdeutlicht werden), Timelines (– die schematisch die Veränderungen am Haus und die Veränderungen in der Bewohnerstruktur verknüpfen) und detailliert in Grundrissen veranschaulicht. Die Bedeutung des Gartens wuchs im Laufe der Recherchen, sodass erneute Interviews mit den Bewohnern stattfanden, die sich verstärkt mit den Freiräumen um das Haus beschäftigten.

Die Aufarbeitung des generierten Material an der Wand (S.150) machte die Erkenntnisgewinnung in Form einer Matrix möglich. Die Bewohnerbiografien können sowohl in der horizontalen – ein Vergleich aller Interviewter in einem Themenpunkt oder der vertikalen – Betrachtung einer Familie im Detail gelesen werden. Die so erfassten Erkenntnisse wurden in einem Erkenntnisglossar (S.155) näher beschrieben und miteinander in Verbindung gebracht. Diese Verbindungen einzelner Elemente sind in einem Glossarnetz grafisch dargestellt (S.162). Dabei ergeben sich sowohl gerichtete Abhängigkeiten wie auch wechselseitige Verhältnisse. Im Anschluss daran wurden das Glossarnetz und die einzelnen Bewohnerbiografien in die Zukunft gedacht und Szenarien erstellt (S.169). Diese sind beispielhaft an den sechs zuvor betrachteten Bewohnerbiografien aufgezeigt. Ein Sprung von der Grundstücksebene in die Siedlungsebene wird durch die Überspitzung einer Entwicklungsform dargestellt. Die aus den Szenarien generierten Erkenntnisse und die zuvor generieten Erkenntnisse führen zur Beantwortung der Forschungsfrage (S.207).

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Ideengenerierung Input Alt-Kirchdorf

Beobachtung bauliche Veränderung

Dérive Kurzinterviews Workshop

Hauszusammensetzung Bewohnerwechsel Gartennutzung

Wohnbiografie Thomas

Take 1

statistische Daten/ Veränderungen S. 96

Kartenanalyse Take 2

Kurzinterviews

Wohnbiografie

Forschungsfrage S. 8

Zwischenkritik Aigner 12


Ausarbeitung historische Betrachtung S. 14

Experteninterview VKE

Kartenanalyse S. 37

Fotovergleich S. 27

narrative Interviews Meier

Kettler

S. 46

Br端dgam S. 78

S. 102

Biljes S. 62

Qalanawi

Domin S. 130

S. 116

Bewohnerbiografie S. 42

Erkenntnisglossar S. 156 Glossarnetz S. 163 Fazit S. 206

Matrix S. 152

Szenario

S. 168

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URSPRUNGSSITUATION

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Ursprungssituation

Die Siedlung wurde bereits während der Weimarer Republik geplant, Vorbild für die Planung war die Idee der Gartenstadt. Baubeginn war Anfang der 1930er Jahre. Während der Errichtung der Gebäude gab es finanzielle Engpässe, daher wurde die nationalsozialistische Regierung um Unterstützung gebeten. Herman Göring sicherte diese zu, was zu dem Namen der Siedlung führte. Die Siedlung passt bestens in die großstadtfeindliche Ideologie des 3. Reiches. Zielgruppe der Wohnungsbaupolitik waren nicht mehr Arbeitslose (wie noch zu Weimarer Zeiten) sondern es galt „ehrbare Arbeiterfamilien mit deutschem Blut“ zu unterstützen. (Simona 2001: 57) Das städtebauliche Prinzip war die Reihung kleiner einfach gebauter Einheiten, ohne Anspruch an Individualität. Es traditionell gebaut, nach der Idee von Blut und Boden. Arbeiter sollten mit ihrer Heimat verwurzelt werden. Die Siedlung wurde in Eigenarbeit bis 1938 in vier Bauphasen errichtet. Die Qualität der Materialien war entsprechend gering, gebaut wurde im Fachwerkstil, mit Lehm-Strohfüllung. Es gab eine vordefinierte Bewohnerstruktur, bei der 90% Hafenarbeiter waren und 10% Handwerker, so sollte gegenseitige Unterstützung gewährleistet werden. Institutionalisiert wurde dies durch einen Siedlerverein. (VKE 2012) Das Prinzip von gemeinschaftlichen Bauen und gegenseitiger Unterstützung sollte gleichzeitig soziale Kontrolle gewähren. So diente der Wohnungsbau als Präventivmaßnahme gegenüber sozialer Unruhen. Die Gebäude selbst wurden auf 1000qm großen Grundstücken errichtet, um die Selbstversorgung der Siedler zu gewährleisten. Die 16

Bewohner bekamen Anweisungen was sie im Garten anpflanzen sollten. Auch ein Stall wurde auf dem Grundstück errichtet, an dessen Nutzung klare Anforderungen gestellt wurden. (VKE 2012) Die Struktur der Siedlung hat sich im Großen und Ganzen gehalten. Die meisten der heutigen Gebäude enthalten noch die ursprüngliche Bausubstanz. Es wurden nur wenige Grundstücke geteilt, so haben sie zum Großteil noch ihre Originalgröße. Selbst die Ställe sind, wenn auch anders genutzt, noch vorhanden.


Quelle: VKE

Quelle: VKE 17


Siedlungsstruktur

Die Hafenarbeitersieldung im vollen Ausmaß. Diese wurde in insgesamt drei Bauabschnitten gebaut, ein vierter war geplant, wurde aber nie fertig gestellt. Man sieht stark die monotone Siedlungsstruktur und die großen Grundstücke. Die Gebäude waren als Doppelhäuser gebaut. Im Garten gibt es einen Stall. Die Freiflächen wurden für den Nahrungsmittelanbau genutzt. Die ganze Siedlung wurde in etwa sechs Jahren in Eigenleistung der dortigen Bewohner errichtet.

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Quelle: VKE

Quelle: VKE 19


Haustyp 1

Beim Bau der Siedlung gab es insgesamt drei Haustypen. Zwei davon sind hier von Interesse, da sie am weitesten verbreitet sind. Beide haben eine Grundfläche von etwa 60qm (was 30qm pro Haushälfte sind). Jeder Familie standen in etwa 50qm Nutzfläche zur Verfügung. Im Untergeschoss waren Keller und Waschkühe unter gebracht. Im Erdgeschoss waren die Küche und ein Aufenthaltsraum. Im Obergeschoss gab es Schlafzimmer. Aufgrund der Lage in Wilhelmsburg wurden die Gebäude aufgebockt. Das Untergeschoss lag also nicht vollständig unter der Erde.

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Haustyp 2

Der zweite Haustyp 채hnelt dem ersten stark. Die einzige Unterscheidungen sind der andere Grundriss im Erdgeschoss, sowie eine Gaupe im Dachgeschoss. 21


Selbstversorgung und Fremdbestimmung 1

Blumen

5

Frühkartoffeln

2

Erdbeeren

6

Stall

3

Wurzelgemüse

7

Auslauf

4

Kohle, Salate, Tomaten, Gurken, Sellerie

8

Rasen

8

1

6

7

2 3 4

5

Im Garten war klar vorgegeben was angebaut werden sollte und wo. Neben den einzelnen Beeten wurde auch definiert welche Büsche und Bäume zu pflanzen seien. Neben der Verortung der Pflanzen bekamen die Bewohner Anleitungen wie die Pflanzen zu handhaben sind. Dies wurde getan, weil die Bewohner Arbeiter waren und entsprechend wenig agrarischen Hintergrund besaßen.

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3


BAULICHE TRANSFORMATION 1938 / 2012

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bauliche Transformation Vor dem Hintergrund der einst homogenen Bebauung ist ein Spaziergang durch AltKirchdorf eine Entdeckungsreise. Nur an wenigen Stellen lassen sich die ehemaligen Fachwerkgebäude aufspüren. Die meisten Gebäude wurden von ihren Bewohnern transformiert. Einige Häuser wurden parallel zur Straßenfront um mehr als die doppelte Fläche erweitert, andere Anbauten werden erst beim Blick in den Garten erkannt, wo Schweineställe weichen mussten um Platz für Wohnzimmer, Wintergärten und Swimmingpools zu machen. Im ersten Teil dieses Kapitels sollen diese offensichtlichen Veränderungen zwischen 1938 und dem heutigen Zustand aufgezeigt werden, einerseits auf Planebene, andererseits durch fotografische Vergleiche. Im zweiten Schritt wird der Transformationsprozess an einem Teilgebiet exemplarisch aufgezeigt. Es lassen sich dadurch Aktivitätsphasen erkennen und der Trend der Grundstücksteilung wird sichtbar. Immer mehr Bewohner verkaufen Teile ihrer 1000qm Grundstücksfläche, auf den neue gewonnen Grundstücken bauen bekannte Firmen diverse Exemplare aus ihrer Kollektionen an Fertigbauhäusern. Diese Transformationsprozesse der letzten 70 Jahre werden durch bestimmte Faktoren geprägt. Ein dominierender Faktor sind die baurechtlichen Bestimmungen, die Baumaßnahmen gestalten, ermöglichen oder verbieten. Finanzierungsmöglichkeiten, wie Bausparkassenverträge und der allgemeine Wirtschaftsaufschwung fassen einen zweiten hatten ihren Einfluss in der Vergangenheit. Eine weiterer Faktor ist die Beschaffenheit des Gebietes. Ei26

nerseits die Materialität und Bausubstanz der Häuser selbst, andererseits die Lage in einem hochwassergefährdeten Gebiet, was 1962 zu einer großen Überschwemmung und anschließenden Sanierungsmaßnahmen führte. Hier wurden von der Stadt finanzielle Wiederaufbauhilfen geleistet. Die meisten Anbauten wurden nach der Flut durchgeführt.


Ernteweg 1938 Quelle: VKE

Ernteweg 2012 Quelle: eigene Aufnahme

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Am Papenbrack 1938 Quelle: VKE

Am Papenbrack 2012 Quelle: eigene Aufnahme

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Zur Guten Hoffnung 1938 Quelle: VKE

Zur Guten Hoffnung 2012 Quelle: eigene Aufnahme

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Flächennutzung Die Grafik zeigt die durchschnittliche Ausnutzung eines Grundstückes in AltKirchdorf. Die bebaute Fläche hat sich seit der Gründung vervielfacht. Das Ursprungsgebäude hatte eine Grundfläche von 30qm, diese hat sich bis heute im Durchschnitt durch diverse Anbauten etwa verdreifacht. Auch die Fläche der Nebengebäude hat sich verdreifacht. Die ursprünglichen Ställe sind oft noch existent und in andere Nebenbebauungen eingebunden. Die Durchschnittswerte der Siedlung sind auf eine Parzellen gerechnet. Es gibt hier wenige Neubauten, da

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Ursprungsbestand Anbauten Neubau ursprüngliche Nebengebäude Nebengebäude 30

dieser eine Grundstücksteilung voraus geht. Diese ist aber meist nur an Eckgrundstücken möglich, wodurch sich eine starke Nachverdichtung in Grenzen hält.


Bestand 2012 Bestand 1938

M.1:2000 31


Alt-Kirchdorf 2012 Quelle: eigene Aufnahme

Alt-Kirchdorf 2012 Quelle: eigene Aufnahme

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Alt-Kirchdorf 2012 Quelle: eigene Aufnahme

Alt-Kirchdorf 2012 Quelle: eigene Aufnahme

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rechtliche Grundlagen Planungsrecht

Die noch heute gültige Planungsgrundlage für Altkirchdorf stammt aus dem Jahr 1955. In einem Baustufenplan für ganz Wilhelmsburg werden die baulich-rechtlichen Grundlagen erläutert. Der Baustufenplan beruht auf der Rechtsprechung der Baupolizeiverordnung (BPV) für die Hansestadt Hamburg. Dieses Dokument ist datiert mit 1938. Mit der Einführung des Baugesetzbuch 1960 wurden Baustufenpläne durch Bebauungspläne abgelöst. In Hamburg gelten jedoch noch vielerorts die Baustufenpläne, die im Falle einer neuen Planung durch partielle Bebauungspläne überschrieben werden. Alt-Kirchdorf gehört nicht zu diesen Gebieten, dort werden Bautätigkeiten noch immer mit der Planungsgrundlage von 1955 reguliert. In strittigen Situation entscheidet die Stadt auf Basis des § 34 BauGB (Bauen im Innenbereich) (Schulze 2012). Das heißt, dass sich die Bebauung “nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche [...] in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist” (§ 34 BGB (1)1). Der Bau eines viergeschossigen Mietshauses würde beispielsweise nicht der Umgebung entsprechen, für Veränderungen in diesen Maßstabe bedarf es eine neue Plangrundlage. Die Errichtung von Nebengebäuden werden ebenfalls nach der aktuellen Hamburger Bauverordnung § 60 und nicht mehr nach BPV entschieden. Relevante Regulationen für bauliche Veränderungen werden im folgenden vorgestellt. Sie alle führten dazu, dass Alt-Kirchdorf bis heute seinen Charakter einer grünen Siedlung mit niedriger Bebauung erhalten hat.

Grundstücksteilungen

2006 hat die Stadt Hamburg eine Gesetzesänderung vorgenommen, die zu großen Veränderungen in Alt-Kirchdorf führte. Seitdem können Grundstückstrennungen ohne Genehmigung nach § 8 BauO Hamburg durchgeführt werden. Einige Alteingesessenen bedauern diese Gesetzeserleichterung, ihrer Meinung nach wird zu leichtfertig geteilt und die Qualität der Siedlung, die durch die großen Gärten gegeben ist, gehe verloren. Grundstückstrennungen sind nicht überall in Altkirchdorf durchführbar, wenn eine neue Bebauung angestrebt wird. Viele der Flurstücke verfügen über eine extreme Tiefe, aber geringe Breite. Bei einer Teilung ist eine Erschließung des neu entstandenen Grundstücks nicht mehr gesichert. Außerdem “fällt [eine Bebauung in zweiter Reihe] zumeist unter den Aspekt der Nachverdichtung. Dazu würde man immer einen größeren Bereich einer Siedlung betrachten und einen Bebauungsplan aufstellen.” (Schulze 2012). Daher sind bisher Grundstücksteilungen nur an Eckgrundstücken oder Flurstücken mit einer breiten Straßenfront zu beobachten.

Ausschnitt des Baustufenplans 34


1 In ganz Alt-Kirchdorf gilt eine Abstandsregelung von 2,5m bis zum Nachbargrundstück. In der Abstandsfläche dürfen Anbauten wie z.B. eine Garage dennoch errichtet werden. Da die Abstandsfläche von der Höhe des Hauses abhängt, würde bei einer höheren Bebauung der erforderliche Abstand zum Nachbargrundstück vergrößert werden. Nach Absprache mit den Nachbarn kann auch im kritischen Bereich gebaut werden.

4 Im Baustufenplan ist für das Gebiet W 1o angegeben, was eine offene Wohnbebauung mit nur einem Vollgeschoss bedeutet. Die 1938 errichteten Gebäude verfügen über ein Keller, ein Vollgeschoss und einem Dachgeschoss. Ein modernes Gebäude mit Flachdach und zwei Vollgeschossen wäre zum aktuellen Zeitpunkt baurechtlich nicht gestattet. 5 Für die Siedlung ist eine maximale Traufhöhe von 4,5m vorgeschrieben.

2 Nach der BPV gilt für Alt-Kirchdorf eine GRZ von 0,2. Das entspricht bei den Grundstücken von 1000qm eine mögliche Bebauung von 200qm. Das Ursprungshaus hat nur 30-50qm in Anspruch genommen; rechtlich bieten sich daher für viele Häuser noch weitere Anbauten an.

6 Das Ursprungshaus verfügt über ein Keller, der nicht gänzlich unter der Erde liegt, die Erschließung des Vollgeschosses erfolgt über eine Treppe. Bei Neubauten ist eine Unterkellerung nicht gestattet. Die Gefahr eines feuchten Kellers oder Hochwasser durch steigendes Grundwasser ist aufgrund der Kessellage in Wilhelmsburg sehr hoch.

3 Das Gebäude darf bis zu 15m in das Grundstück hineingebaut werden. Die Abstandsflächenregelung gilt auch für die rückwärtig angrenzenden Grundstücke, bei der Bebauung muss daher darauf geachtet werden.

7 Es gilt vor Fenstern der Aufenthaltsräume einen unbebauten Raum von 2H (Höhe) zu lassen. 8 Für Anbauten gilt zum einen das Nebenräume oder “Einstellräume für Kraftfahrzeuge” (§11 Spalte 5) auch in der Abstandsfläche erbaut werden dürfen, zum anderen muss die Frage der Genehmigung geklärt werden. Im Regelfall können Nebengebäude ohne Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde errichtet werden. Gebäude mit Aufenthaltsräumen entsprechen nicht dieser Regelung.

4 3 2 1

8 7 6 5

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Kartenanalyse Die bereits gezeigte Karte (vgl. Flächennutzung) veranschaulicht die Transformation der Grundstücke und ihrer Bebauung, sie zeigt jedoch lediglich zwei Zeitpunkte: den Originalzustand und den Zustand von 2007. Es ist zu erkennen, dass kaum ein Haus mit Originalbaukubatur vorhanden ist. Wie diese Veränderung stattgefunden hat, soll durch eine Folge von Karten untersucht werden. Durch die Überlagerung verschiedener Karten darauffolgender Jahre wird der Prozess der Transformation sichtbar, der nicht nur aus Addition neuer Gebäude besteht, sondern auch Abriss und Neubau beinhaltet. So werden die sonst nicht ablesebaren Veränderungen abgebildet. Als Grundlage für die Kartenanalyse dienen DK 5 Karten mit Zeitabständen von sieben Jahren. Aus der Überlagerung beider Karten wird eine neue. Auf dieser werden als Schwarzplan die vorhandene Bebauung des älteren Plans gezeigt und farbig die baulichen Veränderungen sieben Jahre später hervorgehoben. Dabei wird ebenfalls nach Haupt- und Nebengebäude unterschieden. Diese Unterscheidung ist wichtig, da sich die Bautätigkeiten teilweise konträr verhalten.

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1976 bis 1984

Die Karte zeigt deutlich, dass auf fast jedem Grundstück An- und Umbauten in stattfanden. Es eine Zeitspanne großer Veränderungen. Die Anbauten verdoppeln oder verdreifachen die bebaute Grundfläche des Wohnhauses. Auf vielen Grundstücken entstehen neue Schuppen, vor allem dort wo das Haupthaus nicht vergrößert wird. Abgerissene Nebengebäude schaffen Platz für den Anbau und werden schnell durch neue Schuppen ersetzt. Auch Grundstücksteilungen und drei Neubauten entstehen.

Grundstücksteilung Neubau Anbau Nebengebäude Hauptgebäude Abriss / Rückbau Nebengebäude Neubau Nebengebäude

M.1:2000 37


1984 bis 1993

Vergrößerungen des Hauses finden nur vereinzelt statt. Vorrangig, dennoch in geringer Anzahl werden entweder bestehende Schuppen durch neue ersetzt oder der Garten um weitere Nebengebäude erweitert. Es werden kaum rückbauten von Nebengebäuden durchgeführt. Die Abstellflächen werden durch neue Schuppen sowohl auf Grundstücken mit und ohne expandierter Wohnfläche erweitert. Anbau und Neubau von Nebengebäuden finden nicht gleichzeitig statt. Grundstücksteilungen und Neubau sind im Kartenausschnitt nicht zu beobachten.

Grundstücksteilung Neubau Anbau Nebengebäude Hauptgebäude Abriss / Rückbau Nebengebäude Neubau Nebengebäude 38

M.1:2000


1993 bis 2000

Grundstücksteilung und Neubau zweier Gebäude in einer Straße. Es ist zu beobachten, dass Neubauten auf ihrem Grundstück keine weiteren Nebengebäude haben. Nur ein in den Vorjahren durchgeführter Neubau hat auf seinem Grundstück Schuppen errichtet. Es finden wieder vermehrt Anbaumaßnahmen statt, diese nicht nur an Gebäuden im Originalzustand, sondern ebenfalls an Häusern, die bereits erweitert wurden. Auffallende viele Nebengebäude werden entfernt ohne durch neue ersetzt zu werden, die Freiflächen auf dem Grundstück nehmen zu.

M.1:2000 39


2000 bis 2007

Neben einer Grundstücksteilung und Neubau, finden vereinzelt Gebäudeerweiterungen statt, vorrangig an bereits oder nur geringfügig erweiterten Häusern. Im Gartenbereich werden viele Schuppen entfernt aber nur wenige durch neue ersetzt. Manche Gärten werden komplett von Nebengebäuden bereinigt, andere auf einen Schuppen zurückgeführt.

Grundstücksteilung Neubau Anbau Nebengebäude Hauptgebäude Abriss / Rückbau Nebengebäude Neubau Nebengebäude 40

M.1:2000


Auswertung

In den letzten 40 Jahren konnte eine rege Bautätigkeit beobachtet werden. Sie unterteilt sich in Grundstücksteilung und Neubau, Anbaumaßnahmen am Wohnhaus oder Neubau und Abriss von Nebengebäuden auf dem Grundstück. Allen voran wurde in den 1970er Jahren zahlreich gebaut, während es in den 1980/90er Jahren ruhiger in Alt-Kirchdorf wurde. Die bereits bestehenden Bauten in schwarz auf der Karte 1976/84 verifizieren die Vermutung, die auch durch Gesprächen mit Alteingesessenen bestätigt wurde. Es ist zu vermuten, dass auch in den Jahren vor 1976 Bautätigkeiten stattfanden. Eine erweiterte Untersuchung in diesem Zeitraum ist aufgrund mangelnder Kartengrundlage nicht möglich. Nicht einmal

die Hälfte aller Gebäude entspricht noch der Kubatur des Originalzustandes. Da bis 1993 in den Gärten zahlreiche Nebengebäude entstehen, ist der plötzliche Abriss vieler dieser ab 1993 überraschend. Es ist zu erwarten, dass Veränderungen in der Bewohnerschaft zu dieser Entwicklung führten. Zum einen kann dies ein Bewohnerwechsel sein, zum anderen könnten Alteingesessene ihre Prioritäten verändert haben; statt Aufbewahrung wurde die Freifläche des Gartens zu einer besonderen Qualität. Die Entwicklung seitdem bis heute ins Jahr 2012 kann nach diesem System nicht aufgezeigt werden, erst 2014 werden die nächsten Karten im benötigten Maßstab veröffentlicht.

126 x Anbauten in Zahlen 1974

33

7

15

12

1984

1993

2000

2007

in Prozent aller Gebäude

Neubauten

133 x 41


4


BEWOHNERBIOGRAFIE ALTEINGESESSENE

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Bewohnerbiografie Dass Alt-Kirchdorf über ein Transformationspotential verfügt, haben die vorhergehenden Seiten deutlich gemacht. In den Jahren seit der Entstehung der Siedlung haben sich die Häuser und ihre Bewohner sichtbar verändert. Eine fotografische Beobachtung der Modifikation des Ursprungshauses wurde bereits gezeigt. Diese Arbeit will aber vielmehr den Prozess dieser Veränderung hinterfragen, um daraus Erkenntnisse für eine mögliche Zukunft der Siedlung zu gewinnen. Dabei ist es wichtig, nicht nur die Veränderungen aufzuzeigen, sondern vor allem die Motivation und Intention der Bewohner die hinter den Umbauarbeiten stecken. Wie lässt sich die Familiengeschichte mit den baulichen Veränderungen in Beziehung bringen? Dafür wurde nach einer Methode gesucht, um die Transformationen am Haus sowie die Intention der Bewohner einerseits zu erfassen und in einem nächsten Schritt darzustellen. Dafür wird in diesem Teil der Arbeit die Maßstabsebene des Quartiers verlassen und auf einzelne Bewohner und ihre Häuser und Grundstücke eingegangen. Der Freiraum ist heute zum zweiten Wohnzimmer geworden und verdient daher ebenso eine Betrachtung. Das Ergebnis sind die folgenden Bewohnerportraits, mit deren Hilfe die Biografie des Hauses und ihrer Bewohner erfasst wurde. Zentrales Element bei der Erstellung der Bewohnerportraits war naturgemäß das Gespräch mit den Bewohnern. Diese Interviews fanden bei ihnen zu Hause statt und dauerten zwischen einer bis zwei Stunden. Das Gespräch fand an einem Ort ihrer Wahl statt mit einer anschließenden Führung über das Grundstück und durch das Haus. Es wurden leitfadengestützte Interviews mit teilweise 44

narrativem Charakter geführt. Die grundlegende Frage, die den Unterhaltungen zugrunde lag war: Wann wurde welche Veränderung an Haus und Garten durchgeführt und warum, bzw. warum nicht? Mit dieser Frage sollen sich den Unterfragen der Forschungsfrage genähert werden: „Welche baulichen Transformationen des Hauses sind möglich, welche nötig? Und welche Faktoren und Ereignisse im Leben der Bewohner führen zu baulichen Veränderungen?“ Im zweiten Teil des Interviews übernahmen die Bewohner die Leitung und zeigten Haus und Grundstück. Beim Gang durch das Haus konnte einige der vorher bereits erwähnte Veränderungen besser verortet werden und zu vor vergessene Transformationen wurden bei der Tour durch das Haus hinzugefügt. Es fiel vielen leichter über die Veränderungen zu sprechen, wenn sie diese vor Augen hatten und aufzeigen konnten. Fast jeder Bewohner verwies während der Hausbegehung auf die ehemalige Gebäudekubatur. Um die Begehung und die Interviews zu dokumentieren wurden einerseits Fotos geschossen und andererseits das Gespräch aufgenommen und anschließend transkribiert. Dadurch konnte das Erzählte noch einmal nachgelesen und anschließend codiert werden. Der Prozess der Codierung und Erkenntnisgewinnung bezüglich qualitativer Aussagen war jedoch erst einen Schritt später hilfreich(siehe Matrix und Glossar). Das Zuvor wurden die baulichen und familiären Veränderungen grafisch aufgearbeitet.


Aufbau Das Bewohnerportrait bedient sich verschiedener Darstellungsformen:

Feldtagebucheintrag:

Bei einem Besuch und Gespräch findet mehr statt als das, was auf einem Foto oder mittels Transkription widergegeben werden kann. Es sind die subjektiven Wahrnehmungen, der Verlauf des Gespräches und andere Details, die das Portrait einer Familie abrunden. Der Feldtagebucheintrag ist die einzige Darstellungsform, in der die Autoren sich als „wir“ dem Leser zu erkennen geben und damit bewusst die objektive Forschungsposition verlassen.

Zeitstrahl:

Der Zeitstrahl gibt einen Überblick und verknüpft die Geschehnisse in der Familie und Veränderungen am Haus. Er ermöglicht eine Gleichzeitigkeit der Ereignisse.

Hausbiografie:

Kaum ein Haus in der Siedlung ist im Originalzustand verblieben. Wann und mit welchen Elementen das Haus erweitert wurde wird mittels einer isometrischen Darstellung der Gebäudekubatur vermittelt. Textlich werden die von den Bewohnern vorgenommen Veränderungen und Probleme erläutert. Eine Grafik zeigt die verschiedenen Wohnphasen mit der Verteilung der Bewohner auf.

Foto und Zitat:

Während der Feldtagebucheintrag die subjektive Wahrnehmung der Autoren darstellte, kommen mit Zitaten die Bewohner zu Wort. Dazu werden Fotografien der Innenräume gezeigt, denn sie vermitteln einen atmosphärischen Eindruck der Wohnsituation.

Haus- und Bewohnerstruktur: Mithilfe von Grundrissen wird die detaillierteste Form der Beobachtung widergegeben. In einer Folge mit unterschiedlichen Zeitabstän-

den können nicht nur bauliche Transformationen sichtbar gemacht werden, sondern auch Umnutzungen. Symbole verdeutlichen die Nutzung der Haupträume und Linien zeigen die Bewohner dieser Räume dar.

Gartenisometrie und Fotografie:

Der Garten gehört für viele Bewohner ebenso zum Haus wie die Küche. Eine nähere Betrachtung dieses Raumes ist folglich unabdingbar. Fotografien geben Impressionen des Gartens wider und lassen dem Leser eine eigenen Meinung zu. Eine isometrische Darstellung zeigt das gesamte Grundstück mit Doppelhaushälfte. Diese Visualisierung ermöglicht nicht nur den Garten in Bezug zum Haus zu sehen, sondern vermittelt auch einen Eindruck über die Nutzung und Gestalt.

Unterscheidung Die Bewohner der Siedlung können in zwei Gruppen unterschieden werden, in Alteingesessene und Zugezogene. Bei den Alteingesessenen ist jeweils eine Person der vorgestellten Familie ein Kind/ Enkelkinder der Siedlergeneration und hat die meiste Zeit des Lebens in der Siedlung verbracht. Die gesellschaftlichen Veränderungen (vgl. S. 94) der vorrangig letzten zwei Jahrzehnte haben zur Folge, dass neue Bewohner nach AltKirchdorf zogen und ziehen. Daher werden in einem zweiten Teil (vgl. S. 100) im Vergleich zu den Alteingesessenen die neu Zugezogenen vorgestellt. Während bei den Alteingesessenen eine rege Bautätigkeit zu beobachten ist, ziehen die neuen Besitzer in Häuser, die bereits von den vorherigen Eigentümern an deren Situationen angepasst wurden- maßgeschneidert wird zu second hand.

45



Familie

Meier


FELDTAGEBUCHEINTRAG

Helmut (83) & Maria (79)

Herr Meier empfängt uns vor der Haustür und führt uns, am Haupthaus vorbei zum Anbau. Unter dem Vordach stehen ein Tisch und eine Gartenbank aus Plastik. Er verschwindet schnell in der Garage, dessen Fenster mit Gardinen geschmückt sind und holt weitere Stühle hervor. Seine Frau Maria ist mit dem Rad zum Marktkaufcenter gefahren, sie trifft eine halbe Stunde später ein. Sie ist in der Siedlung groß geworden und kennt sich hier am besten aus, aber auch Herr Meier lebt bereits seit 1953 hier. Er spricht über die Kinder, Enkel und Urenkel, und wer von ihnen schon alles einmal mit im Haus gewohnt hat. Es sind so viele, dass wir mehrfach rückfragen müssen. Später erzählt Frau Meier wie sie, ihre Mutter und die sechs Geschwister für drei Tage im Bunker auf dem Nachbargrundstück Unterschlupf fanden, nachdem ihr Haus Ostern 1945 den Bomben zum Opfer fiel. Ihr Haus gehörte zu den wenigen, die in der Siedlung zerstört wurden. Sie berichtet ausführlich von den Nachkriegsjahren, in denen die Familie für fünf Jahre in einem Behelfsheim im Garten gewohnt hat, ehe das Haus fast identisch wieder aufgebaut wurde; einzig der Keller wurde angehoben und das Treppenhaus in den Wohnraum integriert. Wir betreten gemeinsam das Haus. In der niedrigen Küche sitzend erzählen sie vom gemeinsamen Leben mit ihrer Mutter und den eigenen Kindern im Haus. Die Mutter in der mittleren Etage und die lange Zeit dreiköpfige Familie in der obersten und untersten Etage. Beiläufig erwähnen sie, dass an genau der Stelle, an der wir uns befinden auch die erste Tochter geboren wurde. Nach dem Tod der Mutter begannen Umbaumaßnahmen im Haus. Zwei Familien sollten unabhängig voneinander im Haus wohnen: Das Ehepaar Meier im Untergeschoss und die Tochter mit Ehemann in den oberen Geschossen. Als diese auszog, zog die andere Tochter mit ihrem Mann und später eine Enkeltochter für acht Jahre ein. Das ganze Haus scheint voll mit Familiengeschichten zu sein, auch die Wände erzählen davon. Fotos von Enkeln und Urenkeln hängen überall in der Wohnung. Während wir gemeinsam durch das Haus gehen, werden Fotoalben hervorgeholt, auf Bilderrahmen verwiesen und stolz von der Familie berichtet. Im Wohnzimmer und in den ehemaligen Kinderzimmern liegen noch immer Spielsachen und nicht nur, weil gerade eine Enkeltochter auf die Fertigstellung ihres Reihenhauses wartet und vorübergehend mit der Familie zu den Großeltern gezogen ist. Zu zweit halten sie sich vor allem in der unteren Etage auf, diese ist ebenerdig und der Anbau ist geräumig. Ob sie sich vorstellen können nochmal unterzuvermieten? Herr Meier schüttelt den Kopf und sagt: „Nein, jetzt mit 80 Jahren wohnen wir endlich zum ersten Mal allein, das wollen wir auch mal genießen.“

48


FAMILIENENTWICKLUNG

2012 Einzug Simona Simone + Ehemann Martina + Ehemann

+

1985

Tod Mutter

1974

1965 Geburt Simone

1962 1954 Geburt Martina 1953 Helmut Auszug der Geschwister

1950 Tod zweier Br端der

1945

1938 Maria *1933

Helmut *1930

Familienentwicklung Meier 1938 bis heute 49


HAUSBIOGRAFIE 1950

1974

Wiederaufbau mit Einbezug Anbau von Wohn- und Treppenhaus Esszimmer, sowie Windfang 50

1976

Anbau Garage


2012

Familie Meier wohnte sehr beengt mit acht Kindern im Ursprungshaus. Nach der Zerstörung des Hauses im zweiten Weltkrieg lebt die Familie für fünf Jahre in einem von Marias Vater aufgebauten Behelfsheim im Garten. Erst 1950 wird das Haus nahezu im Originalzustand, allerdings ebenerdig, wieder aufgebaut. Das Treppenhaus wird mit einbezogen, Dämmung und Bauweise bleiben gleich. 1953 heiraten Helmut und Maria Meier und 1954 kommt die erste Tochter Martina zur Welt. Zu dem Zeitpunkt wohnen sie auf die oberste und unterste Etage verteilt, während die Mutter das Erdgeschoss bewohnt. Schon diesem Zeitpunkt hat das Haus zwei Küchen. Das Plumpsklo steht noch im Garten. Das gesamte Untergeschoss und Teile des Erdgeschosses werden während der Flut 1962 überschwemmt, danach wurde die Familie mit Desinfektionsmitteln, Getreidetrocknern und mit finanziellen Mitteln unterstützt. Als Helmut und Maria Meier einige Zeit nach der Flut überlegen auszuziehen überredet sie Marias Mutter doch zu bleiben und das Haus wird auf die Tochter Maria überschrieben. Die Geschwister hatten zu diesem Zeitpunkt schon alle geheiratet und waren aus- und weggezogen.

1995

1985

1974

Der große Anbau findet 1974 statt, zuerst nur das große Wohn- und Esszimmer. Der Rohbau wird von Fachleuten gemacht, alle Innenausbauten führt Helmut Meier selbst durch. Für den Anbau der Garage lässt Herr Meier einen Betonmischer und Betonpumpe kommen - der Betonmischer konnte nicht bis aufs Grundstück fahren - und baut sie komplett selbst. Nur für das Dach holt er sich fachliche Unterstützung. Nach dem Tod der Mutter wird das komplette Ursprungshaus saniert und eine weitere Küche eingebaut. Jetzt sind zwei völlig unabhängige Wohneinheiten entstanden, nur der Eingang wird gemeinsam genutzt. Zuerst wohnt die Tochter Simone mit ihrem Ehemann in den oberen Geschossen, nach ihrem Auszug zieht die Enkelin Simona ein. Auch heute noch wohnen die Enkelkinder bei Bedarf in den oberen Geschossen, bei Familienfeiern sind die oberen Räume die Spielzimmer der Urenkel. Familienfeiern finden meistens bei Meiers statt, da wird in dem großzügigen Anbau ein Tisch für 25 Leute aufgebaut. Die Haupträume sind heute nach wie vor im Untergeschoss. Nur weil Herr Meier in letzter Zeit schnarcht schläft Maria öfter im Erdgeschoss. Helmut geht zum Sportschauen in das zweite Wohnzimmer.

1953

1939

51



Wir sind ja dann im Haus immer gewandert, da hatten wir mal oben ein Schlafzimmer und dann hier. Hier ist auch unsere 辰lteste Tochter geboren. Hier in der jetzigen K端che. Als die Schwiegermutter verstarb haben wir unten unser Schlafzimmer aufgegeben und die K端che hin gemacht. Die K端che ist heute noch unten.


»

Wir haben ja dann, als die Schwiegermutter verstarb, oben renoviert und oben die Küche und das kleine Bad eingerichtet und für eine größeres Wohnzimmer die Wand rausgerissen und unten unser Schlafzimmer dann eben aufgegeben und unten die Küche hin gemacht. In den 1980er Jahren haben wir dann angebaut. Für den Rohbau, da hatten wir eine Baufirma, aber drinnen die Decken und so... das haben wir alles selber gemacht. Wenn man Handwerker ist, dann macht man alles selber. Tapeziert haben wir immer selber. Ich habe überall tapeziert, auch bei den Schwiegersöhnen und so. Und die Eigenarbeiten waren natürlich auch dazu da um Geld zu sparen, klar. Wenn ich früher Urlaub hatte, dann sind wir nie weggefahren, da standen Gerüste vorm Haus oder wir haben angebaut. Ich habe ja sehr viel selber gemacht, sogar die Giebelverkleidung, das Haus mal neu gedeckt, sämtliche Fenster erneuert. Jeden Innenausbau selber gemacht. Man musste sich auch schlau machen, was für Materialen beschafft man sich und wie löst man das Problem am besten oder man ließ sich was einfallen. Und mit dem Einfallen war ich nicht schlecht bestückt.

54

«



HAUS- UND BEWOHNERSTRUKTUR

Zuerst wurde das bestehende Haus - nach dem Wiederaufbau von 1950 - intern umgenutzt. Zum großen Anbau kam es 1974, die größere gewordene Familie brauchte mehr Platz. Nach dem Tod der Eltern wurde intern so umgebaut, dass die zwei oberen Geschosse und das Untergeschoss mit dem Anbau je eine Wohneinheit bilden. Heute stehen die oberen Geschosse leer und werden nur sporadisch genutzt.

DG

EG

UG

1939 56

1950


Heike wächst in einer kinderreichen Familie in der Siedlung auf. Sie und Hans bekommen zwei TÜchter, heute haben sie bereits viele Urenkel und Urenkelinnen.

Ilse

†1985

Maria

Simone

Helmut

Martina

*1933

*1929

*1965

*1954

Simona *1977

1974 57


DG

EG

UG

1985 58


Im Schnitt wird die Besonderheit der Ebenerdigkeit erkennbar. Dies war eine der ร nderungen beim Wiederaufbau des Hauses 1950. Der Anbau bietet im Gegensatz zum Untergeschoss im Ursprungshaus eine hรถhere Deckenhรถhe.

2012 59


60


2 Bunker: „Da kommen wir aus dem Bunker raus und unser Haus ist kaputt, da haben wir so zwei Wochen im Bunker gewohnt. […]Nach dem Krieg sind hier dann Ostpreußen in den Bunker gezogen und die haben dann die Fenster da reingemacht.“ 3 Behelfsheim: „Mein Vater hat hier aus den Trümmern ein Behelfsheim gebaut. Da waren die Betten übereinander, das war sehr eng. Später haben wir noch einen Schlafraum angebaut und da haben wir dann fünf Jahre drin gelebt.“

5 Ehm. Schuppen: Weichen dem Anbau 6 Garage: Wurde als Lagerraum angemeldet, da laut Behörde die Zufahrt nicht gewährt war. 7 Gartenfläche: „Als ich jung war und Schwiegermutter noch lebte, war ja der ganze Garten bebaut. Da standen so viele Obstbäume hier, dass darunter praktisch gar nichts mehr wuchs.“ 8 Wassergraben: „Die Gräben sind immer die Grenze. Am Ende des Grundstücks verläuft die Hauptwettern, denn wir sind ja hier von einem Grabensystem abhängig. Wir sind ja tiefer als das normale Elbhochwasser.“

4 Anbau: Durch den Anbau bekommt das Haus zwei eigenständige Wohneinheiten. Erst wohnt die Tochter, später die Enkelin in den oberen Geschossen.

1 4

5

3

6

2 7 8

61

VERÄNDERUNGEN IM GARTEN

1 Haus: Zerstörung des Hauses Ostern 1945. Wiederaufbau in den 1950er Jahren mit Einbezug des Treppenhauses.



Familie

Biljes


FELDTAGEBUCHEINTRAG

Helmut (68) & Heike (66)

Herr Biljes öffnet die Tür und führt uns ins Wohnzimmer. Wir folgen ihm in den ersten Stock, um die Ecke und nochmal ein paar Stufen hoch und wieder um die Ecke bis wir endlich da sind. Absätze verbinden das Ursprungshaus mit dem Neubau. Seine Frau ist noch nicht da, kommt aber zum Ende des Gesprächs dazu. Sie ist in diesem Haus aufgewachsen. 1940 zogen ihre Eltern in das Siedlerhaus, indem sie später geboren wurde. Obwohl Herr Biljes erst 1976 in die Siedlung gezogen ist fühlt er sich mehr als Alteingesessener denn als Zugezogener. Seit einigen Jahren ist er Vorstand des Vereins Kirchdorfer Eigenheimer, im Volksmund als Siedlerverein bekannt. In dieser Funktion haben wir ihn bei einen unserer ersten Interviews auch kennengelernt, an diesem Tag wird er uns als Bewohner sein Haus zeigen. Das Haus gehört zu den wenigen Gebäuden in der Siedlung, die bereits vor der Flut erweitert wurden. Die Mutter gewann beim Glücksspiel Geld und so wurde das Haus 1959 um einen Sanitärbereich erweitert. Der Anschluss an die Kanalisation fand jedoch erst in den 1980er Jahren statt. Bis dahin gab es eine Sickergrube im Garten. Bis zu diesem Zeitpunkt nutzen sie auch noch den Garten im ursprünglichen Sinne - Familie Biljes hatte Hühner und baute Gemüse an. Als Frau Biljes zum Gespräch hinzu kommt berichtet sie davon, wie es während und nach der Flut von 1962 war. Ihre Mutter kochte auf einer Kochplatte auf dem Boden und trocknete das Haus nur mit Hilfe von Kachelofen und Kohleherd. Die von der Stadt zur Verfügung gestellten Trockenmaschinen lehnte sie ab, diese jagten die Nässe ihrer Meinung nach nur nach oben. Bevor Familie Biljes in ihr heutiges Haus zog, lebten sie die ersten fünf Ehejahre in einer Mietwohnung. Auch während ihrer ersten Ehe lebte Frau Biljes nicht in Alt-Kirchdorf. 1976 Jahre zog es sie mit ihrem jetzigen Mann wieder zurück ins Elternhaus. Einerseits weil sie wieder nach Hamburg wollten, andererseits aus finanziellen Gründen. Anstatt Miete zu zahlen, wollten sie lieber den An- und Umbauten finanzieren. Bis zum Tod von Frau Biljes Eltern lebten diese noch mit im Haus. Es gab große Pläne, das Dach sollte erhöht werden und das Haus in die Tiefe erweitert werden. Bei der Bauprüfung wurde jedoch nur eine Erweiterung entlang der Straßenfront genehmigt. Der Rohbau des Anbaus wurde von Fachkräften errichtet. Erst nach Fertigstellung zogen die Biljes in das Haus. Da Herr Biljis Handwerker ist, konnten die weiteren Ausbauarbeiten von ihm übernommen werden. Nach dem Anbau folgten später kleinere Umbauarbeiten. So wurde beispielsweise nach dem Auszug des ersten Sohnes aus den zwei Kinderzimmern ein Großes.

64


FAMILIENENTWICKLUNG

2002 Tod der Mutter

1999

1991

1976

+

Einzug nach Fertigstellung von Anbau

1975 1971 Helmut

1971

Geburt Michael 1966 Geburt Tobias

1968

Auszug Kinder

1962

+

Geldgewinn: Anbau Bad

1959

1940

Heike *1946

Helmut *1944

Familienentwicklung Biljes 1940 bis heute 65


HAUSBIOGRAFIE 1976

Anbau Wohn- und Esszimmer

66

1959

Anbau Treppenhaus und Bad

1941

Einzug in Haus im Ursprungszustand


2012

Heike Biljes wächst in dem Ursprungshaus auf. Ihre Mutter gewinnt in den 50er Jahren etwas Geld, das stecken sie in Umbauarbeiten, das Treppenhaus wird einbezogen und Badezimmer gebaut. Die Flut erlebt sie nur aus der Ferne, da sie gerade auf Skifreizeit mit der Schulklasse war. Da sie es als schonender für die Bausubstanz betrachtet verzichtet ihre Mutter auf die Unterstützung von Trocknern und trocknet mit Hilfe von dem Kachel- und Kohleöfen. Heike lebt bis zu ihrer Hochzeit im Elternhaus. Nach dem Scheitern der ersten Ehe zieht sie zusammen mit ihrem Sohn Tobias zurück zu ihren Eltern. Helmut Biljes lernt sie Ende der 60er Jahre kennen, nach der Hochzeit ziehen sie gemeinsam in eine Mietwohnung, ihr gemeinsamer Sohn Michael wird 1971 geboren. Der Wunsch nach mehr Raum führt sie zurück nach Alt-Kirchdorf. Heikes Eltern überschreiben ihnen das Haus. Den Anbau können Biljes nicht nach ihren Vorstellungen umsetzen, da die Bauaufsicht die Pläne nicht genehmigt. Um entsprechende Deckenhöhen zu erreichen gehen sie mit dem Anbau im Untergeschoss etwas tiefer und im Erdgeschoss etwas höher. Noch heute ist durch die Stufen die Grenze zwischen dem Ursprungshaus und dem Anbau erkennbar. Die junge Familie Biljes zieht nach Fertigstellung des Anbaus in die oberen Etagen, die Eltern wohnen im Untergeschoss. Die Küche wird im Erdgeschoss gemeinsam genutzt. Nach dem Auszug von Simon legt Helmut die beiden Kinderzimmer zu einem großen Zimmer zusammen. Sonst gibt es kaum räumliche Veränderungen im Haus. Das Untergeschoss dient nach dem Tod der Eltern als zweites Wohnzimmer und Arbeitszimmer. Nur noch ein geringer Teil des Gartens dient dem Anbau von Gemüse, die Blumenbeete sollen im nächsten Jahr zu einem Steingarten umgewandelt werden. Im Garten hat der Schäferhund Paul einen großen umzäunten Bereich, in dem er sich frei bewegen kann.

1976

1968

1965

1959

1940

67



Wir haben also angebaut, unten hatten die Schwiegereltern die Wohnung, die sind dann irgendwann im Laufe der Jahre verstorben und heute sind die Söhne auch schon lange aus dem Haus, heute ist’s natürlich zu groß jetzt. Jetzt könnten wir ‘ne Pension daraus machen.


»

Wir haben das damals also von den Schwiegereltern übernommen, die es uns überschrieben haben. Und wir haben dann natürlich angebaut, weil wir Kinder hatten und die alten Häuser… also nach heutigen Maßstäben… Wir haben also angebaut, unten hatten die Schwiegereltern die Wohnung, wir haben das bewusst so gemacht, dass die Schwiegereltern nur die eine Ebene haben, das was eigentlich Keller ist. Ganz Oben waren die Söhne, das war damals noch geteilt, die Wand habe ich dann irgendwann raus genommen, wie der Ältere früher ausgezogen ist und dann hatte der Jüngere wenigstens einen großen Raum. Wir haben den Anbau so gestaltet, dass das wir im Keller tiefer gegangen sind und im Erdgeschoss zwei Stufen hoch, damit beide Neubauebenen entsprechende Deckenhöhen haben. Weil die Ursprungskeller, die sind nur 1,80 oder so. Also den Rohbau, den haben wir machen lassen. Aber das Geld war damals nicht so reichlich, ne, jung verheiratet. Das heißt hier beim Anbau musste man schon so ein bisschen den Daumen drauf halten. Ich hab auch vieles hier selbst gemacht, hab die Leitungen gelegt und so was alles. Ich bin Handwerker beruflich, insofern war das machbar.

70

«



HAUS- UND BEWOHNERSTRUKTUR

Der erste Anbau kam, für Alt-Kirchdorf ungewöhnlich, bereits in den 1950er Jahren, er beinhaltet Sanitäreinrichtungen und den Einbezug des Treppenhauses. Der Anbau mit einer deutlichen Flächenvergrößerung folgte 1975, während der Anbauphase wohnen lediglich die Eltern von Heike Biljes in dem Haus, die junge Familie Biljes zieht erst nach Fertigstellung des Anbaus ein.

DG

EG

UG

1941 72

1959


Heikes Sohn Tobias stammt aus erster Ehe, mit ihm wohnte sie als alleinerziehende Mutter bei ihren Eltern. Nach der Hochzeit 1971 wird der gemeinsame Sohn von Heike und Helmut geboren.

†1999

Tobias *1966

†1991

Heike *1946

Michael *1971

Helmut *1944

1968 73


DG

EG

UG

1976 74


Im Schnitt ist der Höhenunterschied zwischen Ursprungshaus und Anbau zu erkennen. Sowohl das Untergeschoss wurde tiefergelegt, als auch das Erdgeschoss erhöht. Dadurch entstehen in beiden Geschossen Raumhöhen von über zwei Metern. Das Dachgeschoss wird nur als Speicher genutzt.

2012 75


76


5 Schuppen: Überdachte Terrasse, im hinteren Bereich Gartenhaus und Lagerraum

2 Anbau: Die Unterscheidung zwischen Anbau und Ursprungshaus ist deutlich an zwei Stufen erkennbar. Dies war notwendig, um die gewünschte Deckenhöhe im UG sowie EG zu erreichen.

6 Vorderer Garten: Hier sind alles Blumenbeete.

3 Schuppen: Neue Nutzung - geräumige

Hundehütte

7 Beet: Anbau von Bohnen und Tomaten 8 Baum: noch stehen drei Apfelbäume im hinteren Teil des Gartens

4 Zaun: Trennt einen Teil des Gartens ab, der dem Schäferhund von Herr und Frau Biljes einen großzügigen Außenraum bietet, in dem er sich frei bewegen kann

1 2 3

6 5

4

7 8

77

VERÄNDERUNGEN IM GARTEN

1 Haus: Originalhaus von 1938, wenige bauliche Veränderungen.



Familie

Br端dgam


FELDTAGEBUCHEINTRAG

Hans-Peter (71) & Roswitha (71)

Familie Brüdgam hat uns zum späten Vormittag zu sich eingeladen. Als sie uns an der Haustür willkommen heißen, erklären sie uns entschuldigend, dass sie Spätaufsteher sind. Wir luken durch den Türspalt in den großzügigen Eingangsbereich, ehe sie uns an der Garage vorbei in den Garten führen. Große Büsche und Blumenbeete zieren den Bereich hinter dem Wohnhaus. Der ehemalige Schweinestall wurde wie das Wohnhaus verklinkert. Auch die Mauer zwischen den Doppelhäusern ist aus dem gleichen Material. Wir setzen uns in den Wintergarten, den sie in den 1980er Jahren errichtet haben. Der Raum ist vollständig verglast, es fühlt sich wie ein grünes Wohnzimmer an. Hier gibt es ein Fernseher und zwei Öfen. In der Mitte steht ein großer Tisch und gepolsterte Gartenstühle. Auf die Frage, seit wann sie hier wohnen fängt Herr Brüdgam an seine Lebensgeschichte zu erzählen, beginnend mit der Flucht aus Stettin als kleiner Junge. Schnell fällt ihm Frau Brüdgam ins Wort. Im Verlauf des Gesprächs wird sie das noch oft tun, immer mit den Worten: „Naja, jedenfalls...“ Herr Brüdgams Großeltern waren die Erstbewohner dieses Siedlerhauses. In der Nachkriegszeit wohnte er dort gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Onkel. Als sein Vater schließlich Anfang der 1950er Jahre aus Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, planten sie einen Anbau um das Haus für zwei Familien bewohnbar zu gestalten. Als dieser Anbau nicht gestattet wurde zog die dreiköpfige Familie in ein Mehrfamilienhaus in der Nähe. Erst mit der Hochzeit 1963 zog Herr Brüdgam wieder in das Siedlerhaus. Das junge Ehepaar wohnte dort gemeinsam mit dem Großvater, bald folgte auch das erste Kind. Sie schmiedeten sofort Pläne, wie sie das Haus erweitern könnten, noch bevor die Umbauarbeiten beginnen stirbt der Großvater. Anders als viele Bewohner der Siedlung vergrößerten sie nicht die Wohnräume, sondern bauten ein Treppenhaus mit Sanitäranlagen an. Doch sie dachten weiter und errichteten ein Fundament für eventuelle kommende Anbauten. Zum damaligen Zeitpunkt war der Ausbau aber noch nicht nötig und finanziell nicht tragbar. Statt weiter zu bauen steht heute an gleicher Stelle eine Fertiggarage. Im Gespräch erwähnen sie, dass sogar die Türsturze bereits in die Wand eingearbeitet sind. Nachdem wir uns längere Zeit im Wintergarten unterhalten haben, führen sie uns durch den Garten. Wo Herr Brüdgam seinem Großvater noch bei der Kartoffelernte helfen musste, gibt es heute nur noch ein paar Nutzpflanzen. In einem der vielen Schuppen halten sie noch Hühner. Als wir das Haus betreten sind wir überrascht. Das große Treppenhaus lässt das Haus weniger beengt wirken als andere Siedlerhäuser. Dieses Gefühl war Familie Brüdgam besonders wichtig, das große Wohnzimmer sollte erst später folgen. Heute sagen sie dazu: „Gut, dass wir das nicht getan haben, das müssten wir nur alles sauber machen...“

80


FAMILIENENTWICKLUNG

zukünftig: Dachfenster austauchen

2012

„Prima Klima“ Glasbausteine durch Fenster ersetzt

1999

Bau Kanalisation

1988

Neues Heizsystem Neue Fassade

198X 1974 Geburt Stefan

1974

1965

1964 Tod Großvater

1963

1963 Geburt Thomas

1962

Anbau nicht gestattet, Peters Eltern ziehen aus

+

1958 Tod Großmutter

1952

Vater kehrt aus Kriegsgefangenschaft zurück

1946

1938 Hans-Peter *1941

Roswitha *1942

Familienentwicklung Brüdgam 1938 bis heute 81


HAUSBIOGRAFIE 1978

Fassade verklinkert

82

1965

Anbau Treppenhaus und Bad, sowie Garage

1945

Einzug zu GroĂ&#x;eltern ins Ursprungshaus


2012

Hans- Peter Brüdgam ist in Stettin geboren, wohin sein Vater für die Arbeit versetzt wurde. Während des Krieges kehren seine Mutter und er nach Alt-Kirchdorf zurück, dort wohnen sie mit seinem Onkel bei seinen Großeltern. Als sein Vater Anfang der 50er Jahre aus der Kriegsgefangenschaft zurück kommt wollen sie gerne an das Haus anbauen. Da dies nicht genehmigt wird ziehen sie in eine Zweieinhalbzimmerwohnung in Wilhelmsburg. Dort lebt Hans-Peter bis zu seiner Hochzeit. Im Mai 1963 wird Thomas der gemeinsame Sohn geboren und Familie Brüdgam zieht zurück ins Haus des Großvaters. Die Brüdgams haben die oberen zwei Zimmer, der Großvater lebt im Erdgeschoss, die Küche wird weiterhin gemeinsam genutzt. Das Untergeschoss ist Lagerfläche. Ende 1964 verstirbt der Großvater und vererbt das Haus Hans-Peters Eltern, als einziger Sohn muss er lediglich seinen Onkel auszahlen. Die Planungen zum Anbau begannen schon vor dem Tod des Großvaters, die Bauphase erlebt er nicht mehr. Angebaut wird ein großzügiges Treppenhaus und Badezimmer. Bis zum Anschluss an die Kanalisation in den 80er Jahren diente eine Sickergrube im Garten der Entsorgung. Um auf Ereignisse in der Zukunft flexibel reagieren zu können haben die Brüdgams das Fundament und die Bodenplatte bereits weiter zur Seite ausgebaut. Auch die Türstürze sind schon in der Wand eingebaut. Es hätten noch zwei weitere Räume und die Garage angebaut werden können. Ihr zweiter Sohn wird 1974 geboren. Nach dem Auszug des erstens Sohnes Thomas 1988 ist die Notwendigkeit weiter anzubauen nicht mehr vorhanden. Aber auch finanzielle Gründe sprachen später gegen eine Erweiterung. Auch wenn Brüdgams manchmal einen großen Raum vermissen sind sie heute froh nicht größer gebaut zu haben. Das Untergeschoss wird nach wie vor als Keller und Lagerraum genutzt, hier ist die Waschküche. Die neue Fassade erhält das Haus Anfang der 80er Jahre, gemeinsam mit dem Nachbarn entscheiden sich Brüdgams für einen Klinker, sodass das Haus eine optische Einheit bildet. Auch der Schuppen wird mit dem gleichen Stein verkleidet.

1974

1964

1960

1946

1939

83



Das große Wohnzimmer hätten wir auch noch gemacht. Ich habe da sogar die Türstürze drin und das Fundament... Da wäre der Anbau perfekt. Wir haben uns gedacht, wir können ja wenn wir älter sind noch ein Wohnzimmer anbauen. aber gut dass wir das nicht getan haben, das müssten wir nur sauber machen.


»

Als wir dann zu viert waren und wir nicht wussten, was auf uns zukommt haben wir praktisch nur ein großes Treppenhaus und die sanitären Einrichtungen erbaut. Weil ich gesagt habe so, eine Hühnerstiege im Haus... Irgendwann wird man älter oder was weiß ich und wenn man dann so eine Stiege nach oben gehen muss, das könnte ja beschwerlich sein. Das Treppenhaus frisst natürlich viele Heizkosten, weil wir die Türen auch offen lassen. Zu dem Moment wo wir das gemacht haben wusste ich das noch nicht.

86

«



HAUS- UND BEWOHNERSTRUKTUR

Die Raumaufteilung ist heute noch im Ursprungszustand. Lediglich das Treppenhaus wurde in den Anbau verlagert, wodurch die Räume etwas an Größe gewonnen haben. Das großzügige offene Treppenhaus lässt die eher kleinen Räume größer wirken. Die Garage wurde als Fertiggarage auf die bestehende Bodenplatte gestellt.

DG

EG

UG

1939 88

1946


Peter lebte mit seiner Mutter und seinem Onkel bei seinen Großeltern. Nach dem Wegzug mit seinen Eltern in den 1950er Jahren zog er zusammen mit seiner Frau und ihrem ersten Sohn 1963 zurück zu seinen Großeltern.

Heinz † 1958

† 1964

*1923

Roswitha *1941

Hertha

Stefan *1974

Thomas

*1913

*1963

Hans-Peter *1941

1964 89


DG

EG

UG

1974 90


Im ersten Schnitt ist das Gefälle des Geländes von der Straßenseite zum Garten zu erkennen. Im zweiten Schnitt wird das durchgesteckte Treppenhaus, das alle Geschosse miteinander verbindet deutlich. Auch ist festzustellen, dass die Bodenplatte bereits weiter gebaut wurde, als der erste Anbau, auch die Türstürze sind bereits vorhanden.

2012 91


92


2 2) Wintergarten: „Wir sind hier oft, vor allem

im Sommer, wenn das Wetter es zulässt, bis zum Herbst dann, deshalb haben wir hier auch die Öfen, zur Unterstützung als Art Heizung.“

3 3) Ehem. Schuppen: „Wir haben das dann noch verkleidet und verklinkert, den alten Schuppen und jetzt ist das hier die Bar.“

4 Stall: „Jetzt habe ich nur noch Hühner, aber mein Großvater hatte noch Kaninchen und die Oma hatte dann die Hühner und eine Zeit lang hatten wir auch Gänse, zwei. Einen Hund hatten wir auch gehabt, der hat mich dann auch mal gebissen, als ich ihm Essen gegeben habe. Opa und sein Struppi... das vergesse ich nie wieder.“ 5 Beete: „Hier habe ich dann auch noch Kürbisse und da sind Zucchinis, da sind Erbsen…“ 6 Gartenhaus: „Dann hatte ich hier mal ein kleines Treibhaus. Eins mit Tomaten und mit Gurken…“

VERÄNDERUNGEN IM GARTEN

1 Haus: „Meine Eltern wollten gerne anbauen, das war in den 1950er Jahren, aber das ist ja nicht genehmigt worden. […] Wir haben dann im Frühjahr 65 angefangen und haben praktisch nur ein großes Treppenhaus und die sanitären Einrichtungen erbaut. Aber in der Erde haben wir das Fundament schon mitgebaut, da hätte man noch zwei große Zimmer anbauen können.“

7 Schuppen: „Wir haben hier viel Platz zum Lagern. Den braucht man ja auch, für einen Rasenmäher oder so.“

1

7 3 2

4

6

5

93


5


GESELLSCHAFTSSTRUKTURELLE VERÄNDERUNGEN 95


statistische Entwicklung Veränderung in der Bewohnerstruktur (in %) 2 1 2.0 19 4.1 % .0 % %

5 -6 5 re 4 ah J

1 1 6.0 17 4.1 % .0 % %

5 -4 e 1 r 2 Jah

5 -4 e 1 r 2 Jah

1 2 9.6 18 5.5 % .6 % %

0 2 r re te ah un J

10

20

3 3 1.5 37 5.8 % .8 % %

00

20

3 3 1.5 37 5.8 % .8 % %

00

2 2 1.7 19 6.0 % .1 % %

2 2 1.7 19 6.0 % .1 % %

47,5

37,1

Jahre

47,5

37,1

Jahre

Jahre

Jahre

41,8 Jahre

Anteil der AusländerInnen (in %)

Altkirchdorf Wilhelmsburg Hamburg

% .2 2 % 1 .5 % 3 3 .6 3 1

Altkirchdorf Wilhelmsburg Hamburg

20

10

20

00

% .9 8 .1 % 4 % 3 .0 6 1

96

3 2 0.8 26 4.1 % .0 % %

3 2 0.8 26 4.1 % .0 % %

20

10

1

5 -6 5 re 4 ah J

2 3 7.3 37 7.2 % .8 % %

20

Das Durchschnittsalter liegt in Alt-Kirchdorf mit 47,5 Jahren deutlich über dem Hamburger Durchschnitt (41,8 Jahre).

Die Zunahme von Migranten und Ausländern ist in einem Stadtteil wie Wilhelmsburg deren Einwohner zu 33,5% ausländisch sind (HH 13,6% in 2010) eine natürliche und wenig überraschende Entwicklung, dennoch für Alt-Kirchdorf eine deutliche Veränderung in der Bewohnerstruktur. Die Zahl der Kinder nimmt ab, aber der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in Alt-Kirchdorf stieg auf über 50%.

5 6 e er hr üb Ja

3 2 1.2 25 3.3 % .5 % %

2 3 7.3 37 7.2 % .8 % %

1 2 9.6 18 5.5 % .6 % %

2 1 2.0 19 4.1 % .0 % %

5 6 e er hr üb Ja

3 2 1.2 25 3.3 % .5 % %

0 2 r re te ah un J

Die Überalterung ist weiter fortgeschritten als im Hamburger Durchschnitt. So nahm im Alt-Kirchdorf der Anteil der über 65-jährigen am deutlichsten zu. Die Zahl der Kinder und der Erwachsenden bis 45 reduzierte sich, nahezu unverändert blieb die Zahl der 45-65-järigen. Beobachtungen lassen auf einen großen Anteil von über 75-järigen schließen, dies wird in den statistischen Daten nicht aufgeschlüsselt aufgehführt.

41,8 Jahre


Einpersonenhaushalte (in %) Das Statistikamt Nord verzeichnet eine Zunahme der Einpersonenhaushalte in Hamburg auf über 50% im Jahr 2010. AltKirchdorf liegt mit 31,6% noch deutlich unter dem Hamburger Durchschnitt, hat aber von 2000 auf 2010 eine Zunahme von 7,5% (Hamburg 5,2%). Die deutliche Zunahme von Einpersonenhaushalten ist, nach Beobachtungen, auf die Verwitwung zurückzuführen.

3 4 1.8 53 7.9 % .1 % %

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%

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4-Personenhaushalt

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%

3-Personenhaushalt

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2-Personenhaushalt

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2-Personenhaushalt

53

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Anders als in Wilhelmsburg oder Hamburg dominieren in Alt-Kirchdorf die Zweipersonenhaushalte. Wie für eine Siedlung zu erwarten ist der Anteil an 3- und mehr- Personenhaushalte deutlich größer als im Hamburger vergleich. Die Durchschnittliche Haushaltsgröße führt Alt-Kirchdorf mit 2,27 vor Wilhelmsburg (2,06) und Hamburg (1,82) Personen an.

Legende Altkirchdorf Wilhelmsburg Hamburg

97


Marktpreisentwicklung

Mit dem Bewohnerwechsel geht ein Anstieg in der Markt- und Preisentwicklung einher. Der Hamburger Immobilienmarkt, besonders der Wohnungsmarkt, steht seit Jahren unter dem Druck wachsender Bevölkerung. Der Grundstückspreis für Ein- und Zweifamilienhäuser lag in Hamburg 2011 bei durchschnittlich 2371€/qm in Wilhelmsburg bei nur 1507€/ qm (IBA Hamburg 2011b:45). Die Preise sind in der gesamten Stadt in den letzten Jahren leicht gestiegen, der Anstieg in Wilhelmsburg und Harburg ist deutlich steiler, er nähert sich dem Preisniveau von Hamburg an. Für die nächsten Jahre können weitere Steigerungen erwartet werden. Die Stadt Hamburg zielt mit verschieden Stadtentwicklungsmaßnahmen darauf ab Wilhelmsburg und Hamburgs Süden attraktiver zu gestalten. Außerdem kann Alt-Kirchdorf nicht als klassisches Vorstadtgebiet verstanden werden, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kann in nur 16 Minuten der Hamburger Hauptbahnhof erreicht werden. Die Wegstrecke von beliebten Einfamilienhausgegenden im Süden Hamburgs ist mit 25 Minuten und mehr deutlich länger. In Kirchdorf liegt der Quadratmeterpreis laut Bodenrichtwertkarte des Grundstücksbreirats bei 120€. Die meisten zum Verkauf angebotenen Grundstücke sind aber bebaut, was die angebotenen Preise beeinflusst. Die Preise der Nutzfläche variieren von 1800€/qm bis 2200€/ qm (IBA Hamburg 2011b:45). Der Dorfkern in Alt-Kirchdorf weist ein höheres Preisniveau auf, ist hier aber nicht weiter relevant. Insgesamt kam es in den letzten Jahren zu einer starken Preissteigerung. In Wilhelmsburg kam es bereits zwischen 2000 und 2004 98

zu einer Preissteigerung von etwa 14%. Im Jahr 2000 war der durchschnittliche Preis für ein Haus 175.000€ im Jahr 2004 waren es fast 200.000 (Empirica 2007:125ff). Im Interview wurde der Preis eines kürzlich verkauften Hauses auf 250.000€ benannt. In den Datensatz wird allerdings keine Unterscheidung zwischen Bestand und Neubau gemacht. Aus diesen teils undifferenzierten Daten lässt sich aber eine weitere Preissteigerung innerhalb der letzten Jahre annehmen. Auch wenn der Datensatz sich auf ganz Wilhelmsburg bezieht, ist er dadurch relevant, da sich in Kirchdorf ein Großteil der Einfamilienhäuser befinden. Da der Zustand der Bausubstanz stark variiert, wirkt sich das direkt auf den Grundstückspreis auf. Bei gepflegter Bausubstanz ist der Verkauf unproblematisch. Viele Grundstücke werden, abseits des freien Marktes, unter der Hand vergeben oder vererbt. Oft ist die Bausubstanz aber in maroden Zustand, was den Wert des gesamten Grundstückes reduziert. Durch die Bauweise als Doppelhaus ist ein Abriss in manchen Fällen nicht möglich. Einzelne Grundstücke sind nahezu unverkäuflich. Gerade darin besteht aber auch die Chance Eigentum mit geringen Einsatz finanzieller Mittel anzueignen. Eine Verallgemeinerung oder generelles Preisniveau ist also kaum darstellbar. Fakt ist aber eine Preissteigerung die weiter anhalten wird.


ng nu w oh al 4 da 4% vo n So zi ng nu w oh 85 G % es ch os s 15 EF % H

85% der Wohnungen in Wilhelmsburg sind im Geschosswohnbau. 44% sind Sozialwohnungen. 15% des Wohnungsbestandes sind Ein- und Zweifamilienhäuser. Davon wiederum sind die fast alle in Kirchdorf.

€ Hamburg

Harburg

10 20

05 20

20

00

Wilhelmsburg

Der Hamburger Einfamilienhausmarkt blieb in den letzten Jahrzehnt relativ konstant. Die Preise von Einfamilienhäusern in Harburg und in Wilhelmsburg sind in de letzten Jahre gestiegen. Dabei ist das Preisniveau in Wilhelmsburg noch verhältnismäßig gering. 99


6


BEWOHNERBIOGRAFIE ZUGEZOGENE

101



Familie

Kettler


FELDTAGEBUCHEINTRAG

Torsten (45), Daniela (39), Tim-Niklas (6) & Nele (5)

Tim-Niklas, der vierjährige Sohn, öffnet uns die Tür. Bitte die Schuhe ausziehe, oder doch nicht, es ist eh noch eine halbe Baustelle. Die Eltern, Torsten und Daniela, kommen herbei um uns zu empfangen und auch Torstens Vater schaut kurz wer da kommt. Er wohnt sein einigen Wochen mal wieder mit im Haus und hilft bei der Sanierung des Untergeschosses. Dort hin verschwindet er auch bald wieder. Wir werden in das Wohnzimmer gebeten, was sichtlich aus ehemals zwei Räumen bestand. Die eine Hälfte des Zimmers befindet sich in der ursprünglichen Bausubstanz, der andere Teil im Anbau. Hier fallen sofort die Fensterrahmen auf. Der Verputz ist abgeklopft und eine silberne Folie eingeklebt. Später erzählen die Kettlers, was für einen energetischen Unterschied allein diese Maßnahme schon gemacht hat: Jetzt flackern die Kerzen bei geschlossenem Fenster nicht mehr. Das ist aber nicht die einzige Maßnahme zur energetischen Sanierung. Das ganze Haus wird auf höchstes Niveau gebracht. Hierfür gibt es eine Förderung von der IBA, die dieses Vorhaben unterstützen. Das hat der Familie schon mediale Aufmerksamkeit eingebracht. In das Haus sind sie 2004 eingezogen und seit dem stehen Sanierungs- und Reparaturarbeiten an. Als erstes war das Erdgeschoss dran, damit sie einen Ort zum Schlafen haben. Dann kam das Untergeschoss, im Anschluss daran das Dachgeschoss. Leitungen mussten verlegt und Ritzen verputzt werden. Als alles bewohnbar war entschieden sich die Kettlers für eine energetische Sanierung. So wurde das Äußere des Hauses zu einer Baustelle, die momentan noch anhält. Gerade ist das Untergeschoss im Rohbauzustand. Dieses hatte die Familie zeitweise vermietet, da ihre beiden Kinder aber inzwischen größer werden, brauchen sie mehr Platz. Wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind, sollen die Räume innerhalb des Hauses umstrukturiert werden: Das Arbeitszimmer wandert in das Untergeschoss, ein neues Kinderzimmer in das Erdgeschoss. Wenn das alles fertig ist, geht es dann weiter im Garten. Eine Terrasse oder eine Veranda wäre schön, aber das ist noch unkonkrete Zukunftsmusik. Während unseres Gespräches toben die Kinder im Wohnzimmer über die Sofas. Erst nach einer zweiten Ermahnung gehen sie in ihr Zimmer und dann bald in den Garten. Aber nicht auf der eigenen Schaukel spielen sie, sondern sie laufen durch das kleine, immer offene Tor, in den Nachbargarten und spielen dort auf dem Klettergerüst. Da die Nachbarskinder fast gleich alt sind und die Kinder sich gut verstehen, haben die Familien den Gartenzaun geöffnet. Gespielt wird also überall. Geht man hinters Haus wirkt das Grundstück eng. Ein kleiner Teich, direkt dahinter ein Schuppen und die Garage. Erst als wir zwischen Garage und Schuppen hindurch gehen öffnet sich das Grundstück. Hier stehen die Schaukel und der Sandkasten. Der Bunker ist halb mit Efeu zugewachsen, der Eingang befindet sich bei dem Nachbarn, irgendwann wollen sie den gemeinsam nutzbar machen. Beete gibt es eher weniger, dafür zwei riesige Kirschbäume, Johannes- und Jostabeeren, diverse Sträucher und eine große Wiese. 104


2011

Bewerbung für IBA-Projekt

FAMILIENENTWICKLUNG

2012

Beginn der energetischen Sanierung

neue Fenster Dachschräge isolieren

2007

Geburt Nele Ausbau Kinderzimmer

2006

Geburt Tim-Niklas Badezimmer und Schlafzimmer Ausbau Übernahme von Untermieterin

2004

2004

1938 Torsten *1967

Daniela *1973

Familienentwicklung Kettler 2004 bis heute 105


HAUSBIOGRAFIE 2004

Renovierungsarbeiten

106

2011

Energetische Sanierung


Torsten und Daniela Kettler ziehen im Jahr 2004 nach Alt-Kirchdorf. Bei der Suche haben sie in einem 10 Kilometerradius um Danielas Arbeitsplatz gesucht. Auf die Siedlung in Alt-Kirchdorf wurden sie durch einen Bekannten aufmerksam. Der ausschlaggebende Kaufgrund war der große Garten, ohne ihn hätten sie das Haus nicht gekauft. Vor dem Einzug renovieren Kettlers etwas, sie streichen die Zimmer und schleifen die Böden ab. Im Schlafzimmer wird die Decke ein Stück angehoben, dass der große Kleiderschrank der Kettlers hinein passt. 2006 wird Tim-Niklas geboren und 2007 Nele, jetzt wird im Obergeschoss das Arbeitszimmer zum Kinderzimmer umgebaut. Die Kälte im ersten Winter macht ihnen deutlich, dass sie bald weiter sanieren müssen, die Heizung sei sehr knapp kalkuliert und es ziehe im Winter spürbar durchs Haus. Die ersten Umbauarbeiten sind das Badezimmer. Die energetische Sanierung beginnt mit der besseren Isolierung des Daches und dem Austauschen der Glasbausteine im Eingangsbereich. Als Torsten von dem IBA-Projekt „PrimaKlima-Anlage“ erfährt bewerben sie sich und bekommen einen Architekten der ihnen bei der Planung der energetischen Sanierung hilft. Durch die Teilnahme an dem Projekt dämmen Kettlers nun mehr als sie es sonst gemacht hätten, denken aber, dass sie das was sie nun an mehr Geld reinstecken später durch geringere Energiekosten wiederbekommen.

2006

2006

2004

Zum Einzugszeitpunkt wohnt eine Frau als Mieterin im Untergeschoss. Da Kettlers kein Bedarf für die Räume haben behalten sie das Vermieten bei, meist wohnen Monteure oder Handwerker im Untergeschoss. Gerade wohnen keine Mieter im Untergeschoss, das ist im Rohbauzustand. Der Keller wird gerade komplett saniert, alle Arbeiten die Möglich sind machen Torsten und sein Schwiegervater, ein gelernter Elektriker, selbst. Alles was man selbst macht, muss man nicht bezahlen ist ihr Motto. Nur die energetischen Sanierungsmaßnahmen werden von Fachkräften gemacht, denn die dafür notwendigen Kenntnisse haben Kettlers nicht.

107



Im Zuge des Umbaus ist das jetzt alles im Rohbau. Wir müssen erst einmal die Wände neu verputzen und die Sohle wird dann mit Vakuumisolationspaneelen gedämmt und bekommt sozusagen einen Maßanzug... Das wird der schönste Keller von ganz Kirchdorf!


»

Wir sitzen hier im alten Teil von 1938 und das da drüben, das Wohnzimmer, ist 1956 angebaut worden. Praktisch die Fläche einfach nochmal verdoppelt. Die Größe ist okay, wir haben ja auch noch den Keller. Schön wäre nur noch aus dem Wohnzimmer direkt raus auf eine Terrasse gehen zu können. Die erste Maßnahme war das Haus so wohnlich zu machen, dass man hier einziehen konnte. Aber uns ist schon damals bewusst gewesen, dass wir was machen müssen. Denn in dem ersten strengen Winter pfiff der Wind durch sämtliche Ritzen - das Haus hat wirklich Ritzen… Als die neuen Fenster rein gekommen sind, da war es gleich deutlich wärmer. Da konnte man die Heizungsthermostate von drei auf zwei runter drehen. Ich habe dann mal den Kerzentest gemacht. Abends auf dem Wohnzimmertisch, also die Flammen standen eins-a gerade. Kein Flackern, kein gar nichts. Und jetzt ist es so, dass wir hier drinnen 22,8 Grad haben ohne, dass die Heizung oder sonst was an ist. Früher haben wir die Hütte mit Kamin gerade mal auf 22,8 Grad gekriegt. Den Unterschied merkt man schon.

110

«



HAUS- UND BEWOHNERSTRUKTUR

Das Haus besteht aus zwei Wohneinheiten, die über separate Eingänge verfügen. Über den Haupteingang von der Straße und einen Eingang von der Gartenseite. Baulich sind im Erd- und Obergeschoss keine Veränderungen zu sehen. Das Untergeschoss befindet sich momentan im Rohbauzustand, wurde dafür komplett von nichttragenden Wänden befreit und wird jetzt neu Ausgebaut. Daher ist das Geschoss gerade auch nicht nutz- und bewohnbar. Die Verbindende Treppe ins Untergeschoss wird im Zuge der Baumaßnahmen eingesetzt, damit das Haus als eine Wohneinheit genutzt werden kann.

DG

EG

UG

2004 112

2006


Bei Familie Kettler wohnten bis zu den Umbaumaßnahmen zwei Mieter, die in der separaten Wohnung im Untergeschoss lebten. Trotz schlechter Schalldämmung kam es zu keinen Konflikten zwischen den zwei Wohneinheiten.

Daniela

Tim-Niklas *2006

Mieter

*1973

Torsten

Nele

Mieter

*1967

*2007

Das niedrige Untergeschoss wurde im Zuge der Umbaumaßnahmen etwas abgesenkt, da durch die neue Isolierung der Bodenplatte weitere drei Zentimeter Raumhöhe verloren gehen. Der Ausgang zum Garten ist ebenerdig, wohingegen der Haupteingang über einige Stufen zu erreichen ist.

2012 113


114


2 Teich: Gartenteich von Vorbesitzerin angelegt. Wegen der Kinder umzäunt. 3 Zaun: „Da haben wir dann gesagt, okay, lass uns diesen riesen Zaun wegpacken und haben halt den flachen Zaun dazwischen gemacht, wir haben aber eine Tür dazwischen, das die Kinder jeder Zeit hin und her können. Die haben knapp 2000 qm zum Spielen.“

5 Gartenhaus: „Das Gartenhaus hat nach hinten raus die Tür und so nen doppelflügeliges Fenster. Da könnte ich mir vorstellen, dass man so eine dreiflügelige Tür zum Aufklappen, dass das letztendlich der Wintergarten wird.“ 6 Bunker: Der Eingang des Bunkers geht zu den Nachbarn, aber sie überlegen gemeinsam, ob und wie sie ihn nutzbarmachen können. 7 Kirschbaum: „Der Kirschbaum soll ganz weg. Der hat echt leckere Kirschen, wir haben auch ganz viel Marmelade schon davon gemacht, aber wenn dann alle reif sind und dann die Wespen auf den gärenden Kirschen rumsitzen und dann unsere Kinder barfuß auf den Wespen rumtrampeln…“

4 Terrasse: „Das einzige was mir immer so fehlt ist aus Wohnzimmer raus auf die Terrasse gehen. Das hat man hier natürlich nicht. Man muss immer allen Kladderadatsch hinten raus auf die Terrasse im Garten schleppen und das ist manchmal ein bisschen mühsam, aber da hat man sich auch dran gewöhnt.“

8 Durchgang: Das Grundstück wirkt, als ob es mit Garage und Gartenhaus endet, tritt man durch den Durchgang öffnet sich der Garten.

3 2 5 7

8

4 6 1

115

VERÄNDERUNGEN IM GARTEN

1 Garten: „Als erstes haben wir uns dann in den Garten verliebt. Und mussten dann nochmal zusammenreißen und objektiv und mit kühlem Kopf das Haus angucken, sozusagen.“


116


Familie

Qalanawi


FELDTAGEBUCHEINTRAG

Morteza (24), Schiwa (23), Sobhan-Jusuf (3), Issa (1) und Mojtaba (23)

Wir haben einen Nachmittagstermin bei Qalanawis. Die beiden Geschwister öffnen uns die Tür und bieten uns Hausschuhe an. Und als wir im Flur stehen geht die Hausführung durch das Untergeschoss direkt los. Hier sieht es zum Teil sehr wohnlich aus, zum Teil sind die Räumlichkeiten noch Baustelle. Mojtaba hat hier seine Wohnung. Das Untergeschoss wurde von den Vorbesitzern nach hinten erweitert und hat zwei Zimmer sowie ein Badezimmer welches bei unserem zweiten Besuch einen Monat später fertig renoviert ist. Die Brüder erzählen uns, das hier im Untergeschoss ihre Wohngeschichte begonnen hat. Als sie das Haus übernommen haben, sind sie zu zweit eingezogen. Zu der Zeit gab es lediglich einen beheiz- und damit bewohnbaren Raum im Haus. Dieser hatte einen Ofen und eine Tür. Die anderen Räume waren nicht beheizbar oder nicht wetterfest. Im Anschluss daran werden wir in das Erdgeschoss geführt. Hier ist schwer vorstellbar was die beiden gerade noch erzählt haben. Die Räume sind sauber und großzügig. Von schlechter Bausubstanz und Renovierungsarbeiten ist hier nichts zu sehen. Wir sind sehr überrascht wie großzügig diese eigentlich verwinkelten kleinen Gebäude wirken können. Als wir fragen wie die beiden die umbauten finanziert haben, erzählen sie dass sie das meiste selbst gemacht haben. Immer wenn sie Ferien hatten oder am Wochenende (beide studieren) haben sie am Haus gearbeitet. Die handwerklichen Fertigkeiten haben sie durch ausprobieren und durch YouTube bekommen. Teils haben auch Freunde geholfen oder Anweisungen gegeben, wie etwas zu machen sei. Insgesamt mussten sie sehr viel machen. Alle Leitungen und Rohre wurden ausgetauscht, Ritzen abgedichtet, die Wände verputzt etc. Alles mit besten Materialien, schließlich haben sie vor da noch eine Weile zu Wohnen. Wir setzen und in das Esszimmer und bekommen Tee gereicht. Die Beiden erzählen ihre Geschichte, wie sie aus Afghanistan nach Deutschland gekommen sind, wie sie hier geprägt wurden, wie ihre Eltern wieder zurück gegangen sind und vieles mehr. Dabei rennt Sobhan-Jusuf, das Kind von Morteza, die ganze Zeit fröhlich und lautstark hin und her. Nach dem Tee zeigen sie uns noch das Obergeschoss. Hier ist das Schlafzimmer von Morteza und Schiwa und das Kinderzimmer von Sobhan-Jusuf. Auch hier wirkt alles hell und großzügig. Bei den Sanierungsarbeiten haben sie auch das Dach gemacht. Jetzt ist der Dachstuhl durch das Zimmer von Sobhan-Jusuf ein begehbarer Kleiderschrank und Abstellraum. Zuletzt werden wir in den Garten geführt. Dieser ist noch relativ unangetastet. Hier wird im Schuppen Material gelagert. Für den Schuppen und den Garten gibt es auch schon ferne Pläne, aber erst soll wird das Haus fertig gemacht werden.

118


FAMILIENENTWICKLUNG

Geburt Issa

2012 Erneuerung des Dachstuhls Sanierung Obergeschoss Einzug Schiwa und Sobhan-Jusuf Ausbau K端che und EG Sanierungsbeginn im Keller & Stromkreislauf Einzug Geschwister

2011 Hauskauf

2010 Auszug Eigent端mer

2008

1938 Morteza *1987

Moijtaba *1989

Familiengeschichte Qalanawi 2010 bis heute 119


HAUSBIOGRAFIE

2008

Leerstand

120

2010

Hauskauf

ab 2011

Einzug und Sanierung


Die Brüder Mojtaba und Morteza wohnen seit 1998 in Hamburg, sie sind gemeinsam mit ihren Eltern vor dem Krieg in Afghanistan geflohen. Ihre Eltern sind nach Sturz der Taliban zurückgekehrt, die Brüder blieben um die Schule zu beenden. Heute studieren beide in Hamburg und leben in Wilhelmsburg. Im Jahr 2010 kaufen Mojtaba und Morteza das Haus in Alt-Kirchdorf. Die Bausubstanz ist sehr schlecht, das Haus steht bereits seit 2008 leer. Ein Abriss war aufgrund der Verbindung zur Doppelhaushälfte nicht möglich. Sie sehen bei dem Kauf des Hauses, die Möglichkeit viele der anstehenden Arbeiten selbst zu machen, dafür ist der Kaufpreis geringer als in anderen Hamburger Gebieten. Nach dem Hauskauf wohnen die zwei Brüder alleine im Untergeschoss. Schiwa, Mortezas Frau und ihr gemeinsamer Sohn Sobhan-Jusuf wohnen während der ersten Renovierungszeit bei ihren Eltern. Mojtaba und Morteza wohnen in dem einzigen Raum der – durch einen Ofen – beheizt ist, eine Tür hat und in den kein Wasser herein kommt. Sie beginnen die Renovierung im Untergeschoss und arbeiten sich nach Oben vor. Da beide studieren muss die meiste Arbeit am Wochenende und in den Semesterferien gemacht werden. Schiwa und Sobhan-Jusuf ziehen ein, als das Erdgeschoss – Küche, Bad und Wohnzimmer – soweit hergerichtet ist. Das Obergeschoss und den Dachstuhl bauen und dämmen Qalanawis im Laufe des Jahres. Im Innenraum erinnern nur die steile Treppe ins Dachgeschoss und Glasbausteine im Eingangsbereich an das alte Haus. Von außen ist nicht zu erkennen wie weit die Renovierung im Inneren schon vorangeschritten ist. In der Garage und im Schuppen im Garten lagern noch einige Kisten mit ihren Habseligkeiten, noch sind die Renovierungsarbeiten nicht fertig.

2012

2011

121



Bei der Treppe, da haben wir überlegt, ob wir eine neue rein machen, aber so eine steile Treppe darf man heute gar nicht mehr einbauen und eine größere müsste man in den Raum reinknicken. Und wir finden es auch schön, wenn man noch was von dem alten Haus mit drinnen hat.


»

Es macht wir wirklich sehr Spaß mit Händen zu arbeiten und diese Renovierung, eigene Werke zu schaffen oder auch eigene Ideen zu verwirklichen. Das war auch so ein Punkt wo ich gesagt habe, also wir holen uns ein Haus, bei dem jetzt nicht alles in Ordnung ist und versuch das dann zu realisieren. Wir haben unten angefangen mit dem Renovieren, da haben wir währenddessen auch gepennt und gelebt. Da war das einzig warme Zimmer im gesamten Haus, das überhaupt noch eine Tür hatte und vier Wände und wo kein Wasser rein kam. Der Vorbesitzer, das war ein Spezialist, der hat hier viele Kunststücke vollbracht… Ich habe dann immer Youtube-Videos angeschaut, wie ich was machen muss und wir haben sehr viele Verwandte, die irgendwo handwerklich begabt sind und was mitmachen. Ein Kollege von mir, der ist Elektriker von Beruf. Der hat mir gesagt: „Du, das Kabel musst du so ziehen!“ Dann war er jede Woche da und hat gesagt „hast du gut gemacht, das musst du so machen.“ Also, das war alles unter seiner Aufsicht, dass das alles klappen konnte. Der hat uns das auch alles berechnet, wie das mit den ganzen Kabeln sein sollte.

124

«


125


HAUS- UND BEWOHNERSTRUKTUR

An der Raumaufteilung wurde bisher nichts verändert. Als Umbaumaßnahme soll ein Teil der Garage als Wohnraum in das Untergeschoss integriert werden und der andere Teil zur Vergrößerung des Badezimmers dienen. Das Haus besteht zwar aus zwei unabhängigen Wohneinheiten, doch das Erdgeschoss wird als gemeinsame Wohn- und Kochebene genutzt.

DG

EG

UG

2011 126


Die zwei Brüder Murzat und Morteza haben das Haus gemeinsam gekauft und saniert. Ihre Eltern sind zurück nach Afghanistan gegangen. Murzat wohnt gemeinsam mit seiner Frau und ihrem Sohn im Dachund Erdgeschoss.

Shiva

Sobhan

*1990

*2010

Murzat

Issa

*1987

*2012

Mojtaba *1989

Der Dachstuhl wurde als Lagerraum nutzbar gemacht und durch eine festinstallierte Treppe an das Dachgeschoss angeschlossen. Der Anbau im Untergeschoss hat die gleiche Deckenhöhe, was ungewöhnlich ist für die Anbauten in Alt-Kirchdorf, somit kann er aber bald als Unterbau für eine Terrasse dienen.

2012 127


128


2 Schuppen: „Ich dachte mir so vielleicht in zwei, drei Jahren, wenn wir komplett mit dem Haus fertig sind und auch alles in Ordnung ist, kann man das hier als Grill, für Camping, für Fahrräder oder auch für andere Sachen benutzen. Da ist auch schon alles da. Elektrizität ist da und Wasser hab ich schon bis da vorne gezogen.“ 3 Büsche: „Die Brombeeren und Johannisbeeren, die haben wir auch ein bisschen gedüngt und die sehen dieses Jahr wirklich prächtig aus.“

VERÄNDERUNGEN IM GARTEN

1 Terrasse: Hier entsteht eine Terrasse, den Ausgang gibt es schon, nur das Geländer fehlt noch.

4 Feuerstelle: „Da hinten haben wir unsere Feuerstelle, da haben wir am Anfang was wir aus an Holz aus dem Haus hatten und nicht mehr verwenden konnten nach hinten gebracht und gestapelt. Da haben wir dann unser Osterfeuer gehabt. Das war wirklich ein lustiger Abend.“ 5 Garten: Der Garten ist noch nicht in Angriff genommen, erst soll das Haus fertig werden. 6 Grundstücksgrenze: „Die Nachbarn können auch gerne komme und bei uns hier sitzen, da ist nur Rasen. Es ist überhaupt kein Problem und die sind alle ziemlich nett.“

1 2

4 5

3

129



Familie

Domin


FELDTAGEBUCHEINTRAG

Joachim (60), Danuta (56) & Benedikt (20)

Benedikt, den Sohn der Familie Domin haben wir bei unseren ersten Begehungen in Alt-Kirchdorf kennengelernt. Als wir nach historischem Datenmaterial im Wilhelmsburgmuseum suchten, trafen wir auch auf ihn. Er erzählte uns von seinem Kirchdorf. Seine Eltern sind zwar zugezogen, aber er ist in der Siedlung geboren und aufgewachsen. Die Siedlung ist nicht nur sein Zuhause, sondern auch seine Leidenschaft. Benedikt erzählte uns von seinem Engagement im Wilhelmsburgmuseum, im Siedlungsverein, als Schlüsselwart oder als Führer für Besucher der namensgebenden Kirche. Als wir von unserem Projekt erzählen und das wir dafür Bewohner suchen bietet er sich an uns das Haus zu zeigen. Wir folgen seiner Einladung und verabreden uns für einen anderen Tag. Das Haus liegt in einer kleinen Seitenstraße, die nicht für Durchgangsverkehr geöffnet ist. Wir finden die Adresse anfangs nicht, sodass Benedikt auf der Straße auf uns wartet. Uns fällt sofort auf, dass das Haus eines der wenigen Häuser ohne Anbau ist. Benedikt weist uns darauf hin, dass in diesem Bereich der Siedlung die Häuser für kinderreiche Familien gebaut wurden und daher über mehr Fläche verfügen. Ein weiterer Unterschied ist, dass der Eingang hinten liegend über den Garten erfolgt. Bevor wir die Wohnräume besichtigen führt uns Benedikt in den Garten. Dabei fallen nicht nur die Garage neben dem Haus, sondern vor allem die vielen Blumen im vorderen Bereich auf. Der ehemalige Stall wurde um eine Terrasse mit Vordach erweitert, dort sitzen wir in einem Blumenmeer. Später im Gespräch erzählt uns Benedikt von seinem Garten, denn es sind die Eltern, die sich um das Haus kümmern und er kümmert sich um das große Grundstück. Jedes Jahr überlegt er sich neue Bepflanzungen und nimmt damit auch an einem Wettbewerb des Siedlervereins teil. Wir reden nicht nur über den Garten, sondern auch das Haus. Seine Eltern, die aus Polen stammen und heute eine Anwaltskanzlei in Wilhelmsburg betreiben, kauften das Haus einige Jahre vor seiner Geburt. Sie haben Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt, aber im Großen und Ganzen kaum etwas im Haus verändert. Auch die vorherigen Besitzer waren offensichtlich mit der Wohnfläche zufrieden, auch sie haben nicht angebaut. Ob es nicht beengt ist im Inneren fragen wir, worauf hin Benedikt nur den Kopf schüttelt und meint, dass für drei Leute ausreichend Platz sei. Er hat sein Zimmer im Dachgeschoss und außerdem gibt es im Untergeschoss einen Raum, den sein Vater vorrangig nutzt, dort darf geraucht werden fügt er bei. Als wir das Haus betreten beginnt Benedikt von den letzten Veränderungen zu erzählen. Wir merken, dass doch mehr passiert ist als er zu Beginn berichtet hat. Es sind kleine Veränderungen, so wurden die Balken ersetzt oder eine Wand entfernt, neu gestrichen, ein Ofen eingebaut oder die Treppe erneuert. Ob es noch weitere Projekte gibt fragen wir, woraufhin er nur grinst und meint „wenn du ein Haus hast, dann hast du immer was zu tun“. Als nächstes steht die Sanierung des Untergeschosses an.

132


FAMILIENENTWICKLUNG

zukünfitig Renovierung Untergeschoss

2012

Renovierung Wohnzimmer

2010

Renovierung Küche

2009

neues Dach Gartengestaltung

Geburt Benedikt

1991

neue Treppe neuer Dachgiebel Garten aufräumen Einzug Familie Domin

1985

Familie Voss

1985

1938 Benedikt *1991 Familiengeschichte Domin 1985 bis heute 133


HAUSBIOGRAFIE

1985

Einzug in das Haus

134

2010

Renovierung


Joachim und Danuta, Benedikts Eltern, sind aus Schlesien nach Wilhelmsburg gekommen. Dort haben sie sich kennengelernt und 1985 das Haus in Alt-Kirchdorf gekauft. Das Haus hat noch die Originalkubatur, es ist lediglich verklinkert. Im Laufe der Jahre wurde das Haus innen komplett renoviert, das Dach neu gedeckt und die Außentreppe neu gemacht. Umnutzungen im Inneren hat es kaum gegeben. Seit Benedikts Geburt 1991 sind im Dachgeschoss die beiden Schlafzimmer, im Erdgeschoss das Wohnzimmer und die Küche und im Untergeschoss das Badezimmer und ein Lagerraum, der auch als Raucherraum von Joachim dient. Baulich wurde eine Wand, die die Küche abteilte erst errichtet und 2009 wieder eingerissen. Vor zwei Jahren, 2010, haben die Domins das Wohnzimmer renoviert, die Wände gedämmt und die tragenden Dachbalken freigelegt sowie einen Kamin eingebaut.

2012

1985

135


136


In der Küche haben wir jetzt auch die Decke neu gemacht. Hier war mal eine Zwischenwand, da war eine große Tür. Das hier war noch Flur, wobei es auch schon ein bisschen Küche war. Es war ein bisschen unlogisch aufgebaut. Jetzt ist also alles etwas größer geworden. 137


»

Dann haben sie hier eins gefunden, ziemlich renovierungsbedürftig. Alles wurde gemacht. Der Giebel vorne wurde neu gemacht, das Dach neugedeckt, drinnen wurde alles renoviert und die Treppe neu gemacht. Wenn du ein Haus hast, dann hast du immer Arbeit -und wenn nicht im Haus dann im Garten, weil der ist ja auch groß. Vor zwei Jahren haben wir das Wohnzimmer gemacht. Die Decke, die Wände gedämmt, Balken freigelegt. Meine Mutter ist ein riesen Balkenfan. Das sind auch die tragenden Balken. Jetzt sind wir damit fertig. Die Küche haben wir auch ein bisschen hübsch gemacht. Eigentlich muss jetzt die unterste Etage gemacht werden, tapeziert und renoviert. Der Flur muss mal wieder ein bisschen erneuert werden.

138

«


139


HAUS- UND BEWOHNERSTRUKTUR

Der Grundriss wurde, im Vergleich zum Ursprungszustand, nicht verändert. Lediglich trennte einige Zeit eine Wand die Küche ab, sodass ein Flur ins Wohnzimmer entstand. Diese von Domins eingebaute Veränderung wurde wieder rückgängig gemacht.

DG

EG

UG

1985 140

1992


Die Bewohnerkonstellation hat sich in dem Haus nicht ver辰ndert. Es wohnen dort gemeinsam Joachim und Danuta Domin, mit einem Sohn Benedikt.

Danuta * 1962

Benedikt *1991

Joachim * 1958

Das Untergeschoss ist zum einen 端ber die innenliegende Treppe aus dem Erdgeschoss zu erreichen, als auch 端ber eine T端r direkt aus dem Garten. Das Erdgeschoss liegt im Vergleich zum Garten sehr hoch.

2012 141


142


2 Garten heute: „Der Garten ist meine Aufgabe. Ich plan eigentlich immer um. Im Frühjahr habe ich was Neues gemacht und jetzt sieht es wieder anderes aus, ich bin eigentlich immer am Umbauen. Grundordnung reinbringen - Hecke schneiden…“

VERÄNDERUNGEN IM GARTEN

1 Garten früher: „Als meine Eltern das Haus kauften war der Garten noch ein richtiger Urwald, alles voller Bäume.“

4 Grundstücksgrenze: „Hier kann es euch immer passieren, dass einer durch den Garten wandert. Das ist hier einfach so, wenn man zu dem Nachbarn drei Häuser weiter will, dann geht man über die Grundstücke.“ 5 Carport: Der Carport ist der einzige Anbau auf dem Grundstück.

3 Blumenbeet: Benedikt nimmt auch dieses Jahr am Wettbewerb „schönster Vorgarten“ teil und hofft zu gewinnen.

3

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5

1

2

143


7


ERKENNTNISSE

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bauliche & strukturelle Transformationen notwendige bauliche Modifikationen

Die Analyse der verschiedenen Wohnsituationen hat gezeigt, dass Transformationen am Haus zum einen nötig sind um einen gewissen Standard zu erreichen oder zu halten, zum anderen aber auch darüber hinausgehen. Weitergehende Transformationen des Hauses dienen meist der Gewinnung von Nutzfläche. Die Gebäude durchlaufen unterschiedliche Bewohnerzyklen. Die eigentlichen Erbauer der Gebäude haben in der Regel kaum Adaptionen vorgenommen. Wie in den Wohnbiografien von Familie Meier, Biljes und Brüdgam deutlich wird, wurden erst ab Ende der 60er Jahre, meist verbunden mit einem Bewohnerwechsel, verschiedene An- und Umbauten vorgenommen. Viele der ursprünglichen Fachwerkhäuser wurden verklinkert, die Wohnfläche den Ansprüchen angepasst, Sanitärräume in das Gebäude integriert, sowie Nebengebäude errichtet. Die Anpassungen waren verbunden mit sich verändernden Lebensumständen und der damit verbundene neue Flächenbedarf, wie die Vergrößerung der Familie. Durch den hohen Anteil der in Eigenleistung durchgeführten Arbeiten und mit Vergehen der Zeit wurden weitere Transformationen nötig. Während die Generation der Anbauer kaum umbaut und nur kleine Veränderungen, wie Instandhaltungsarbeiten oder dekorative Umgestaltungen innerhalb des Gebäudes durchführt, müssen die neuen Bewohner oft komplett sanieren. Durch die regelrechte Flickenschusterei der Anbauergeneration entsteht oft ein Mosaik aus Reparaturen, die die Umbauarbeiten erschweren. Die Gebäude die in der Siedlung von Zuzüglern übernom146

men werden, entsprechen nicht den heutigen Standards. Der Bewohnerwechsel führt, wie bei Familie Qalanawi und Kettler sehr deutlich sichtbar, zu einer gründlichen Sanierung. Dabei geht es weniger um eine Erweiterung der Flächen, diese ist durch vorherige Anbauten noch immer adäquat. Vorrangig sind notwendige Sanierungsmaßnahmen, wie das Ersetzen von Strom- und Rohrleitungen bei den beiden genannten Familien. Des Weiteren spielt vor allem die thermische Sanierung eine Rolle. Durch die gestiegenen Energiekosten und der schlechten Bausubstanz ist es meist notwendig rekonstruierend aktiv zu werden. Familie Kettler führt die thermische Sanierung in einem zweiten Sanierungsschritt durch, wohingegen Familie Qalanawi diese im Zuge der allgemeinen Sanierung, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß, durchführt. Auch die Alteingesessenen führen die thermische Sanierung durch. Im Alter werden allerdings nur noch die absolut notwendigen oder rentablen Anpassungen gemacht. Es wird nur für das eigene Leben im Haus geplant, nicht für die Weitergabe. So hat Familie Brüdgam die Glasbausteine ersetzt, wird aber nichts weiteres dämmen, da es sich auf ihre im Haus verbleibende Zeit nicht rechnet. Alle Familien haben das Dach erneuert oder zusätzlich gedämmt. All die Sanierungs- und Transformationsarbeiten sind Teil des Aneignungsprozesses, die das Eigenheim eigen machen. Familie Domin dämmte beispielsweise die Decke und die Wände und legte die tragenden Balken im Wohnzimmer aus gestalterischen Gründen frei.


In der Regel wird erst das Wohnhaus instand gebracht, im Anschluss daran werden die vorhandenen Nebengebäude im Garten und der Garten selbst bearbeitet. So haben Familie Kettler und Qalanawi vor nach beendeter Sanierung des Hauses die Nebengebäude zu sanieren und den Garten stärker zu bepflanzen.

freiwillige Adaptionen

Mögliche bauliche Transformationen basieren auf freiwilliger Basis. Es geht darum den vorhandenen Wohnraum oder die Nutzflächen effektiver auszunutzen. So hat Familie Qalanawi den Dachstuhl ausgebaut, sodass die Fläche als Kleiderschrank oder als Lagermöglichkeit genutzt werden kann. Bei allen Familien wurde der Keller mindestens teilweise ausgebaut und als Wohn- oder Arbeitszimmer nutzbar gemacht. Diese Veränderungen sind in der Gestalt des Gebäudes nicht sichtbar, es kommt zur internen Umnutzungen – die ehemalige Waschküche bzw. der Keller wird Wohnfläche. Die durch Auszug von Kindern freigewordene Fläche wird nicht mehr durchgehend genutzt, so steht bei Familie Meier das Dachgeschoss leer und dient als Spielzimmer der Enkel, wenn sie zu Besuch sind. Bei Familie Brüdgam wurde ein Kinderzimmer durch ein Badezimmer ersetzt. Diese Flächenpotentiale werden aber nicht von allen Bewohnern ausgenutzt. Oft dient das Untergeschoss noch als Lager und der Dachstuhl wird nicht ausgebaut. Vor allem die Generation der Anbauer gewann Fläche durch die durchgeführten Gebäudeerweiterungen oder sie nutzen Nebengebäude im Garten.

beeinflussende Faktoren und Ereignisse Bauliche Veränderungen am Gebäude sind durch zwei Elemente verursacht. Entweder kommt es zu Ereignissen im Leben der Bewohner die eine Adaption des Gebäudes zur Folge haben oder es gibt externe Einflüsse mit Auswirkungen auf die Wohnsituation.

Externe Faktoren sind vom Bewohner nicht steuer- und nur schwer beeinflussbar, dennoch wirken sie sich auf sie aus, wie beispielsweise das Baurecht, die Entwicklung des Immobilienmarktes, die Bewohnerstruktur der Siedlung und die geographische Lage der Siedlung an sich. Das Baugesetz in Alt-Kirchdorf kann als veraltet bezeichnet werden. Es gibt lediglich einen Baustufenplan und der §34 des BauGB. Damit ist ein unklarer rechtlicher Rahmen für die Siedlung vorhanden, innerhalb dessen Entwicklungen möglich sind bzw. gehemmt werden. Durch die Baupolizeiverordnung, die dem Baustufenplan zugehört, wird der Charakter der Siedlung gesichert, weil die maximal bebaubare Fläche, Traufhöhe sowie Anzahl der Vollgeschosse definiert werden. Auf eigene Risiken wird der gesetzliche Rahmen gedehnt um Nebengebäude zu errichten. Eine Grundstückteilung ist aufgrund der Erschließung nur an Eckgrundstücken möglich. Diese sind nun mit Reform des BauGB vereinfacht durchführbar. Sofern das Grundstück nicht geteilt werden kann, begrenzt die Bauregulation auf Anbauten. Neubauten sind in der Regel nicht möglich. Eine Grundstückteilung wird inzwischen attraktiver, das es in den letzten Jahren zu einer 147


deutlichen Wertsteigerung der Grundstücke kam, die sich wohl weiter fortsetzten wird. Der Grundstückspreis liegt noch unter dem Hamburger und auch Harburger Durchschnitt für Einfamilienhäuser, nähert sich diesem aber an. Die Wertsteigerung hängt auch mit der geographische Lage auf den Elbinseln zusammen. Zwar hat Wilhelmsburg ein negatives Image (welches sich langsam wandelt) dennoch ist Alt-Kirchdorf sehr zentral gelegen und die Innenstadt und Harburg leicht und schnell mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, besonders für eine Einfamilienhausgebiet. Die Lage auf der Elbinsel ist aber auch ein Faktor der die baulichen Möglichkeiten beeinflusst. Aufgrund der tiefen Lage dürfen hier keine Keller gebaut werden. Da bei Neubauten lediglich ein Vollgeschoss genehmigt wird haben diese weniger Nutzfläche als die Ursprungsgebäude mit Untergeschossen. Faktoren wie diese bremsen die schnelle Wertsteigerung der Grundstücke. Teils sind Gebäude nur schwer verkäuflich aufgrund des baulichen Zustandes, wie das nach über mehreren Jahren Leerstand von Familie Qalanawi gekaufte, teils gibt es eine starke Wertsteigerung durch bauliche Verbesserungen, wie bei Familie Kettler und Qalanawi. Durch bestimmte Faktorenkonstellationen sind die Gebäude für breite Bevölkerungsschichten finanzierbar. Durch immer noch niedrige Preise kann der regulär benötigte Eigenkapitalanteil von 20% für eine Kreditfinanzierung aufgebracht werden. Preiswerte Immobilien sind in maroden Zustand, wodurch ein hoher Anteil von Eigenarbeit notwendig ist, welcher wiederrum das nicht investierte Kapital kompensiert.

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Insgesamt gibt es verschiedene, teils gegensätzlich wirkende Umstände, die in jeweiliger Kombination unterschiedliche Ausprägungen und Wirkungen aufweisen. So kann es teure und preiswerte Grundstücke geben, große und kleine Gebäude, eine hohe und eine niedrige Dichte etc. Jede Kombination wirkt auf die Bewohner und ihre jeweiligen Grundstücke ein und beeinflusst damit die Gestalt der Siedlung.

interne Einflüsse

Neben den externen Faktoren beeinflussen auch Ereignisse im Leben der Bewohner die baulichen Veränderungen. Diese stehen meistens in direktem Zusammenhang mit ihren Lebensphasen. Verändert sich die Personenkonstellation durch Geburt, Tod, Ein- oder Auszug zieht das oft bauliche Maßnahmen nach sich. Es werden Zimmer umgenutzt oder umgestaltet bis hin zu Anbaumaßnahmen die das Haus deutlich vergrößern. Deutlich wurde, dass die Bewohnerstrukturen periodisch wechseln. Typisch für ein Einfamilienhausgebiet, zogen Familien in die Siedlung, Kinder der Siedler haben selbst Familien gegründet und sind in der Siedlung wohnen geblieben. Deren Kinder haben bei der eigenen Familiengründung oft ein Eigenheim außerhalb der Siedlung bezogen. So sind alte Paare oder später alleinstehende Personen zurück geblieben. Vermehrt werden Gebäude frei, die unterschiedliche Qualitäten in der Bausubstanz haben. Zuzügler sind junge Familien, gehäuft mit Migrationshintergrund - ein neuer Bewohnerzyklus beginnt. Die Kinder der Zugezogenen werden mit der Zeit wieder wegziehen und zurück bleibt eine weitere Generation der Älteren in großflächigen Einfamilienhäusern.


Der Zuzug führt zu einer Veränderung in der Bewohnerstruktur, hat aber insgesamt wenig Auswirkungen auf die physische Erscheinung der Siedlung. Die Bevölkerungsdichte bleibt ähnlich niedrig, da kaum Gebäude errichtet werden können. Neben den Veränderungen in der Bewohnerzusammensetzung haben auch persönliche Ereignisse Einfluss auf die Umgestaltung. So wurde zum Beispiel der Wunsch nach einem großzügigen Treppenhaus bei Frau Brüdgam nach einen beinahe Sturz auf der steilen Treppenstiege mit ihrem Säugling auf dem Arm verstärkt. Solche Ereignisse lassen sich nicht auf die gesamte Siedlung übertragen, verdeutlichen aber die persönliche Erfahrung, die zu einer Umbaumaßnahme führt.

gesamtstrukturelle Ausprägungen

Zwar werden die Häuser weiter an- und umgebaut, aber eine so deutlich sichtbare Veränderung wie in den 70er Jahren gibt es derzeit nicht. Die genannten Transformationsprozesse wirken sich hauptsächlich auf die Gebäude an sich aus, die Veränderung des einzelnen Hauses hat jedoch kaum Einfluss auf die Siedlungsstruktur. Auch bleibt der Siedlungscharakter bestehen, da es durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen kaum zu Nachverdichtungen kommen kann. Die einzige Möglichkeit Grundstücke zu teilen, ist an Ecklagen, sie wurde bereits voll ausgeschöpft und fällt im Verhältnis zur gesamten Siedlungsstruktur kaum ins Gewicht. Ohne eine grundlegende Veränderung der Grundstücke oder eine Veränderung der Bauregulation, wird es nicht zu einer veränderten Siedlungsstruktur kommen.

Eine Veränderung innerhalb der Siedlung geschieht durch eine Veränderung der Bewohnerstruktur. Frei werdende Gebäude werden durch junge Familien bezogen. Es verändert sich die Altersstruktur, die Siedlung wird wieder jünger. In den nächsten Dekaden wird es aufgrund der demographischen Struktur zu einem Austausch der alteingesessenen Bewohner kommen. Diese internen Veränderungen wirken sich vornehmlich auf die nachbarschaftlichen Beziehungen aus. Heutzutage gibt es nach Bewohneraussagen sowohl ein Neben- als auch ein Miteinander. Das Miteinander beschränkt sich auf die Alteingesessenen, es ist oft durch den Siedlerverein gefördert. Die Zuzügler haben keinen Bezug zum Verein, hier kommt es zum Nebeneinander, man leiht sich Werkzeug und grüßt, aber ein engerer Kontakt entsteht nur im Einzelfall. Als Verbindung zu den Nachbarn bleiben großen nicht komplett umzäunten Gärten.

1938

+

heute

Bewohnerzyklus

Erbauergeneration Alteingesessene Zugezogene Kinder 149


Matrix Die Matrix ist nicht nur eine Darstellung aller biographischen Seiten, es ist vor allem eine Übersicht über die generierten Analysedaten. Während des gesamten Forschungsprozesses standen die Informationen immer in Beziehungen zueinander. Die hier dargestellte Matrix war daher Grundlage für die Datengenerierung, Datensortierung und Auswertung. Eine Matrix oder Tabelle schafft eine besondere Strukturierung. Das Material kann entweder in der Spalte oder Zeile als Liste gelesen werden, aber auch relational zueinander. Das vorliegende Buch ist daher nicht nur hintereinander lesbar. Viel der Abbildungen sind in einem bewusst einheitlichen graphischen

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Stil erarbeitet um eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Auch ist der Aufbau der Wohnund Hausbiografien identisch. Untereinander reihen sich die Beschreibungen zu einer Familie und in der Horizontale können z.B. die Zeitstrahle aller untersuchten Bewohner verglichen werden. Durch die Differenzierung zwischen Alteingesessene und Zugezogene werden die zwei Bewohnergruppen auch gleichzeitig kontrastiert. In das Material fügen sich weiter Analysen ein. Am Anfang der Untersuchung steht die Beschreibung des Ursprungszustand. Gerade die Parallelität von Original und vorgefundenen Veränderungen lässt die unterschiedlichen


baulichen Transformationen sichtbar werden. Zu Beginn stehen auch offensichtliche Veränderungen, die für jeden Besucher der Siedlung sichtbar sind. Erst im nächsten Schritt der Bewohnerportraits werden die Transformationen im Inneren des Gebäudes erkennbar. Mit der Darstellung von gesellschaftlich strukturellen Entwicklungen wird eine allgemeine Beschreibung der Zugezogenen geschaffen. Die tatsächliche Umstrukturierung wird in der Auflistung dreier Fälle verifizierbar. Aus einer Analyse entstehen Erkenntnisse. Nachdem die Matrix half alle generierten und darstellbaren Daten zu überblicken, ist sie im nächsten Schritt zum Werkzeug geworden. Mit ihrer Hilfe konnten Erkenntnisse generiert werden. Da die Matrix Werkzeug

und Darstellungsform zugleich ist, lassen sich die Erkenntnisse leicht auf das Datenmaterial zurückführen. Die Matrix wird in diesem Fall zu einem kartographischen Element. Die Erkenntnisse sind an einer Stelle, einem Zusammenhang oder Wechselverhältnis im Datenmaterial verorten. Um die Komplexität eines Gedanken zu simplifizieren und symbolhaft darstellen zu können, wurden sie auf einen Begriff reduziert. Die Begriffe und die ihnen zugrunde liegenden Gedanken sowie Definitionen im Bezug zu Alt-Kirchdorf werden im folgenden Glossar erläutert.

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Alteingesessene

Nachbarschaft

Erbauer

Anbau Wohnfl채che

Flickenschusterei Nachverdichtung Neubau

Informelle Baupraktiken Kompensation Schuppen/Nebengeb채ude 152


Zugezogene

Eigentum Kaufpreis Haus

Abriss Bewohnerstruktur Miete

Sanierung Umbau

Bausubstanz Muskelhypothek

Umnutzung Generation Lebensaufgabe Selbstbau

Garten Grundstücksgröße Grundstücksteilung Kompensation 153


Potentiale Aus den generierten Erkenntnissen wurden Potentiale herausgearbeitet. Diese Potentiale finden sich in allen Haus- und Bewohnerbiographien in unterschiedlich stark ausgeprägter Weise. Durch das Definieren von Potentialen wird versucht sich der Forschungsfrage anzunähern. Es wird untersucht welche Transformationsleistungen bereits in welcher Intensität von welchen Bewohnern durchgeführt wurden.

Als Transformationspotentiale werden hier Adaptionen verstanden, die die Bewohner an ihren eigenen Grundstücken oder Gebäuden ausführen. Sichtbar wird, dass jede Familie eine andere Ausprägung der Potentiale nutzt. Es wird hiermit eine erste Grundlage für die Szenarien gelegt, da die zukünftigen Entwicklungen, basierend auf den gegenwärtigen Gegebenheiten, unterschiedliche Ausprägungen haben. In den Szenarien wird die Grafik erneut aufgegriffen, sie zeigt die veränderte Nutzung der vorhanden Potentiale.

Miete Muskelhypothek Nebengebäude Umbau Umnutzung 154

Domin

Kompensation

Qalanawi

Garten

Kettler

Bewohnerstruktur

Brüdgam

Bausubstanz

Biljes

Meier Anbau


Erkenntnisglossar Im Folgendem wird sich dem Werkzeug des Glossar bedient um die Erkenntnisse zu beschreiben. Es handelt sich um spezifische Worterklärungen, die im Zusammenhang zur Forschung auftauchten. Manche Begriffe sind resümierend gewählt worden, doch die meisten Begriffe sind In-Vivo-Codes aus den Bewohnerinterviews, wie beispielsweise das Wort Flickenschusterei.

Das Glossar ermöglicht Verbindungen aufzuzeigen. Bereits die Erkenntnisse entstanden in Zusammenhängen von Fakten und Ereignissen, so ist es wichtig auch in einer Nennung diese Relationen aufzuzeigen. In der Beschreibung der einzelnen Wörter wird nicht nur auf andere Begriffe verwiesen, sondern auch beschreiben in welcher Weise sie zu einander stehen.

Auf den vorangegangenen Seiten wurden viele Beschreibungen zu den Veränderungen in der Bewohner- und Hausstruktur aufgeführt. Weniger präzise wurde die deskriptive Ebene betrachtet, also wie eine Veränderungen stattfanden und welchen Zeitaufwand sie einnahmen. Andere Erkenntnisse sind Aussagen oder Beobachtungen, die in der Siedlung vorzufinden sind, aber nicht in den exemplarischen Hausbiografien auftauchen. Diese Erkenntnisse können folglich nicht in der Matrix zurückgeführt werden. Zusätzliche Zitate und Fotos unterstützen daher als Quell- und Datenmaterial diese Begriffe.

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Abriss

Abrisse werden in der Siedlung verhältnismäßig selten durchgeführt. Diese werden vor allem durch die Struktur der Doppelhäuser erschwert, die gemeinsame Zwischenwand verhindert aufgrund der unsicheren Bausubstanz teilweise den Abriss von lediglich einer Haushälfte. In Zukunft wird Abbruch der vorhandenen Häuser verstärkt eine Rolle spielen, da die Bauten nicht mehr oder nur unter Einsatz großer Mittel zu erhalten sein werden.

Alteingesessene

Die Alteingesessenen werden in Alt-Kirchdorf vor allem durch eine ältere Generation repräsentiert. Diese sind, im Gegensatz zu den Zugezogenen, die Nachfahren der Erbauergeneration. Gerade für die Alteingesessenen wird der bauliche Zustand der Gebäude zunehmend zum Problem. Zum einen müssen kontinuierlich Instandhaltungen durchgeführt werden, zum anderen haben die Häuser meist kein ebenerdiges Geschoss. Für die Alteingesessenen spielt die Nachbarschaft noch eine große Rolle. Sie leben alle seit langer Zeit in der Siedlung, kennen und helfen sich gegenseitig. Die nachbarschaftlichen Beziehungen werden durch die Mitgliedschaft vieler alter Bewohner im Siedlerverein verstärkt.

Anbau

Anbauten gab es vor allem in den 70er und Anfang der 80er Jahre. In dieser Zeit wurden viele Gebäude in Fläche und Wohnstandard aufgewertet. Im Unterschied zu Umbau wurden Anbauten nur von Alteingesessenen durchgeführt. Diese Anbauten kamen meist im Zusammenhang mit Veränderungen innerhalb der Familie.

„[...] manche der Bauprüfer hat den Leuten damals vorgeschrieben wie sie es zu machen haben. Obwohl das nach den entsprechenden Regelungen gar nicht so vorgeschrieben war. Und das hatten wir hier auch.“

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Bauregulation

Die Bauregularien setzen den Rahmen der baulichen Veränderungen an den Gebäuden. Diese wurden während des Anbauhochs relativ willkürlich von einzelnen Bauprüfern durchgesetzt. Bei Anbauten wurden die gesetzlichen Rahmen, teils durch informelle Baupraktiken ausgeweitet. Die Bauprüfertätigkeit ist heute aufgrund von Änderungen der Gesetzeslage durch nachbarschaftliche Kontrolle abgelöst.


Bausubstanz

Die Bausubstanz des Ursprungsgebäudes ist eine Fachwerkstruktur im Selbstbau. Die in den 1930er Jahren errichteten Gebäude wurden zum Großteil stark umgebaut. Die inzwischen marode Bausubstanz und der niedrige energetische Standard führen heute zu einem niedrigen Kaufpreis, wodurch wiederum Eigentum in zentraler Lage in Hamburg finanzierbar ist.

Bewohnerstruktur

Seit 20 Jahren ist eine starke Veränderung in der Bewohnerstruktur zu beobachten. Die Alteingesessenen werden junge zugezogene Familien abgelöst. Es kommt vermehrt zu einem Zuzug von Migranten.

Eigentum

Der Wunsch nach Eigentum, welcher eine gewisse finanzielle Sicherheit zu versprechen scheint, ist in Deutschland nach wie vor stark verbreitet. Das Eigenheim wird für die eigene Lebensdauer erworben und wird damit zu einer Lebensaufgabe. Die folgende Generation spielt bei der Anschaffung einer Immobilie eine zunehmend geringere Rolle. In Alt-Kirchdorf besteht die Möglichkeit auf ein kostengünstiges Eigentum aufgrund der schlechten Bausubstanz.

„Ich wollte schon immer haben, wo ich... Ich hab mir halt gedacht warum soll ich Miete bezahlen? Oder man kann sich diese Miete auch sparen. Ich will weiter in Deutschland leben, warum soll ich nicht jetzt Anfang damit?“

Erbauer

Erbauer sind die ursprünglichen Bewohner der Siedlung die die Häuser in Selbstbau errichteten. Zu der Zeit der Gründung gab es klare Regelungen über Nutzungen und Ausgestaltungen für die Bewohner.

Familie

Veränderungen in der Familie führten meist zu baulichen Veränderungen durch An- und Umbauten. Die Zugezogenen sind immer junge Familien, was zu dem Wandel in der Bewohnerstruktur führt.

Flickenschusterei

Flickenschusterei sind Umbaumaßnahmen die schrittweise und behelfsmäßig in Selbstbau ausgeführt werden. Durch mangelhaft ausgeführte Flickenschusterei kommt es zur Notwendigkeit von Komplettsanierungen beim Bewohnerwechsel.

„Das Renovieren war schon viel Arbeit, es war alles ziemlich wild fest genagelt, als Unterlegscheiben haben sie durchbohrte Pfennige gentutz, hat auch was.“

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Garten

Der Garten ist das bestimmende Element in Alt-Kirchdorf. Der Großteil der Grundstücksgröße wird vom Garten dominiert. Hier gibt es oft offene Übergänge zu den Nachbarn. Der Garten kompensiert die mangelnden Gebäudefläche, als Freifläche und als Fläche für Lagermöglichkeiten. Über die Zeit des Bestehens der Siedlung kam es zur Umnutzung vom Nutz- zum Ziergarten.

Generation

Das Wohnen in mehreren Generationen war in der Vergangenheit vor allem bei den Alteingesessenen weit verbreitet. Zwei Erwachsenengenerationen führten durch An- und Umbaumaßnahmen zu zwei weitgehend unabhängigen Wohneinheiten. Der Generationswechsel führt zu Zuzug.

Grundstücksgröße

Die Grundstücksgröße beträgt 1000qm, was für die zentrale Lage sehr groß ist. Das Verhältnis zwischen Garten und Wohnfläche ermöglichen Kompensationen in der Flächennutzung.

Grundstücksteilung

1938

2007

Grundstücksteilungen sind eine oft an Eckgrundstücken durchgeführte Praxis, die nicht mehr genehmigungspflichtig ist. Diese führen zu Neubau und damit zu einer gewissen Veränderung des Siedlungsbildes und wird von den Alteingesessenen kritisch beobachtet. Eine deutliche Veränderung ist durch die Teilung von Eckgrundstücke nicht zu beobachten. Eine Teilung der Grundstücke wird immer wieder politisch diskutiert, dies würde im rückwärtigen Teil eine neue Erschließung notwendig machen.

Haus

Anfangs bestand die Siedlung aus gleichen Haustypen mit Unter-, Erd- und Dachgeschoss. Durch viele bauliche Adaptionen hat sich die Form der Gebäude stark verändert, wenn auch nicht mehr sichtbar steckt im Kern noch das Ursprungshaus. Besonders im Alter werden die fehlende Barrierefreiheit, die meist zu große gewordene Wohnfläche und die Notwendigkeit nach Instandhaltungs- und Sanierungsarbeiten zum Problem.

Informelle Baupraktiken

Durch informelle Baupraktiken werden die Bauregulationen umgangen. Diese werden hauptsächlich im Außenbereich, an Nebengebäuden durchgeführt. So werden zum Beispiel Leitungen in Gartenlauben gelegt oder Schuppen massiver ausgebaut als erlaubt. 158


Kaufpreis

Der Kaufpreis ist für Hamburg sehr günstig. Das ist auf die Bausubstanz zurückzuführen, wodurch wiederum Eigentum für weniger stark finanziell ausgestattete Personen möglich ist. Der niedrige Preis wird durch die Muskelhypothek wieder ausgeglichen. Insgesamt steigen die Immobilienpreise.

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Die Muskelhypothek ist eine Investition an Selbstbauleistungen und Zeit anstatt von monetärem Kapital. Dadurch wird der Erwerb von Eigentum niedrigschwelliger.

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Migranten

„Und hier in der Siedlung sind ganz viele, die an Monteure und so vermieten [...]. Also waren eigentlich auch fast immer belegt. Erst nur einer, dann waren’s zwei.

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Die Infrastruktur zweier Wohneinheiten in einem Haus ermöglicht die Vermietung von Wohnraum, diese Möglichkeit wird wenig genutzt. Insgesamt sind alle Gebäude in der Siedlung in Privateigentum.

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Miete

„Wenn man ein Haus hat, dann hat man immer was zu tun“

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Das Haus wird durch die mangelhafte Bausubstanz und der Grundstücksgröße zur zeitlichen und finanziellen Lebensaufgabe. Vor allem Sanierungsarbeiten und Umbau erfordern regelmäßgiges Weiterarbeiten.

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Lebensaufgabe

„Da haben welche eine Garage eingereicht und dann die Garage als Wohnung genutzt. Aber das müssen doch welche gesehen haben, dass da Rohre gekommen sind und so... unterhalb der Garage brauche ich doch keine Abflussrohre... “

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Kompensation ist gängige Praxis in Alt-Kirchdorf. Mangelnde Wohnfläche wird beispielsweise durch die Umnutzung des Gartens in Schuppen ausgelagert. Mangelnde finanzielle Mittel werden durch Selbstbau kompensiert. In der Gründungszeit bestand Kompensationsleistung in der Selbstversorgung, wodurch Geld gespart wurde.

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Kompensation

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Nachbarschaft

Durch die Alteingesessenen und den Siedlerverein gibt es teils starke Ausprägungen von nachbarschaftlichen Beziehungen. Durch den Wandel der Bewohnerstruktur kommt es vermehrt zu einem Nebeneinander. Garten und/oder Haus sind unweigerlich verbindendes Element zwischen den Bewohnern, mal mehr mal weniger.

"Irgenwann als wir dann neue Nachbarn nebenan bekommen hatten, so in den 1960er Jahren, haben wir uns irgendwann mit dem Nachbarn geeinigt, dass wir die gleichen Steine verwenden, dass wir das alles schön verklinkern“

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Nachverdichtung

Aufgrund der Grundstücksgröße ist das Potential für eine Grundstücksteilung gegeben. Durch die Form der Grundstücke, wäre eine grundlegende Änderung der Bauregularien nötig. Bei häufigen Teilungen, die Neubauten nach sich zögen, käme es zu Nachverdichtungen. Durch eine Nachverdichtung würde es durch den Verlust des Gartens zum Verlust des Siedlungscharakters kommen.

Neubau

Neubauten werden durch, bisher kaum praktizierten, Abriss möglich oder durch Grundstücksteilungen. Diese sind aber meist nur an Eckgrundstücken möglich. Das Bauen in zweiter Reihe ist baurechtlich nicht möglich. Hier wurde in der Politik bereits über weitere Erschließungsmaßnahmen diskutiert. Gegen Pläne wie diese hat sich die Nachbarschaft erfolgreich gewehrt.

Sanierung

Sanierungen werden vorgenommen um die Bausubstanz an aktuelle energetische oder haustechnische Standards anzupassen. Solche baulichen Verbesserungen sind bei Zuzügen aufgrund der Flickenschusterei der vorherigen Eigentümer notwendig. Durch Sanierungen wird die marode Bausubstanz verbessert. Die Instandhaltungsmaßnahmen werden soweit wie möglich in Selbstbau durchgeführt.

Schuppen/ Nebengebäude

Schuppen und Nebengebäude sind ein Beispiel für Umnutzungen. Diese werden beispielsweise zum Lager, Bar, Notunterkunft, Gartenhaus, etc. In der Regel existiert mehr als ein Schuppen im Garten. Der Begriff wird synonym für alle baulichen Nebenanlagen im Außenbereich genutzt.

Selbstbau „Alles was man selber macht, dass muss man nicht zahlen.“

Selbstbau ist ein weit verbreiteter Habitus der Eigenleistungen am Haus und im Garten. Ein hoher Anteil ans Selbstbau ermöglicht den Erwerb von Eigentum bei geringem Aufwand von finanziellen Mitteln.

Siedlung

Die Siedlung ist nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form existent. Die Häuser sind durch Anbauten überformt und es kam zu einer Veränderung in der Bewohnerstruktur. Die Gärten sind weitgehend erhalten, trotz der erfahrenen Umnutzung prägen sie noch stark das Bild der Siedlung

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Umbau

Umbauten sind bauliche Veränderungen sowohl der Alteingesessenen, vor allem aber von Zugezogenen. Umbauten treten in Verbindung mit Umnutzungen auf. Früher wurden diese häufig durch Selbstbau und in Form von Flickenschusterei durchgeführt. Heute geht es vor allem um Anpassungen der Wohnstandards.

Umnutzungen

Umnutzungen passieren in Haus und im Garten. Im Haus wird beispielsweise der Keller zum Wohnraum, Kinder- zu Arbeitszimmer etc. Diese Umnutzungen stehen im Zusammenhang mit Veränderungen in der Familie. Der Garten erfüllt nicht mehr die Funktion der Versorgung, sondern dient als Hobby. Die ehemaligen Ställe wurden in Schuppen oder Gartenlauben umgewandelt.

Wohnfläche

Wohnflächen werden im Zusammenhang mit Familienzuwachs erweitert. Die durch Anbauten gewachsene Wohnfläche ist häufig zu groß bei geschrumpfter Bewohnerzahl. Ein Teilabriss bzw. Rückbau ist nicht zu beobachten. Umgekehrt, wird eine zu geringe Wohnfläche durch die Nutzung des Gartens kompensiert.

zentrale Lage

"Es gibt ja Familien, die aufgrund ihres großen Hauses alles andere zurückgestellt haben und nur für ihr Haus gelebt haben. Das war es uns nicht wert. Wir dachten, wir können ja wenn wir älter sind noch ein Wohnzimmer anbauen, aber gut dass wir das nicht getan haben, das müssten wir nur sauber machen..."

Die Siedlung liegt für eine Einfamilienhaussiedlung sehr zentral und ist mit öffentliche Verkehrsmitteln innerhalb von 16 Minuten vom Hauptbahnhof zu erreichen.

Zugezogene

Zugezogene haben, im Gegensatz zu Alteingesessenen, keinen familiären Bezug zur Siedlung. Sie sind in ihrer Familie die erste Generation Alt-Kirchdorfer. Zuzugsgründe sind die Gründung einer Familie in Kombination mit dem Wunsch nach Eigentum. Der niedrige Kaufpreis, ein großer Garten und die zentrale Lage sind zusätzliche Gründe. Ein Zuzug führt zu Umbauten im Haus.

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Glossarnetz Die Glossarbegriffe werden in dieser Abbildung alphabetisch aufgereiht. Eine Kreisform wurde gewählt um keine Hierarchisierung vorzunehmen und alle Begrifflichkeiten eine gleichzeitige Präsenz zu erlauben. Die Zuordnung einzelner Erkenntnisse wird später beschrieben. Jeder Begriff wurde auf seine Abhängigkeit zu anderen Erkenntnissen untersucht, dabei wurde auf das Glossar zurückgegriffen und in Beziehung zu den anderen Erkenntnissen gesetzt. So wurde entlang des Kreises mit allen Begriffen verfahren. Diese Auflistung von Wechselbeziehungen ist eine subjektive Entscheidungsfrage, die sich auf die Beobachtungen und Interviews der Analyse stützt. Es hätten auch andere Verbindungen gewählt und weitere als Ergänzungen angeführt werden können, die hier genannten sind die relevantesten Abhängigkeiten in Bezug auf das Projekt. Die Verbindungen zwischen einzelnen Begriffen und Gedanken werden in dieser Abbildung graphisch beschrieben. Es werden nicht die Verweise innerhalb des Glossars aufgeführt, sondern die Abhängigkeiten zwischen den Erkenntnissen. Dabei wird unterschieden in Verbindungslinien, das heißt Begriffe, die in einem engen Wechselverhältnis stehen und sich gegenseitig beeinflussen und Pfeile, die gerichtete Abhängigkeiten veranschaulichen. Diese gerichteten Relationen sind nicht wertend zu verstehen, sondern einzig als regulierende Gegebenheiten. Somit ist das Glossarnetz eine Visualisierung des Ist-Zustandes der Siedlung. Das Glossarnetz ist nicht nur als Illustration des Glossars zu verstehen, sondern ist auch ein 162

Werkzeug. Es ist die Grundlage für die folgenden Szenarien. Das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung sieht bei der Szenariobildung verschiedenen Stufen vor: 1. Szenariofeldbestimmung 2. Schlüsselfaktoridentifikation 3. Schlüsselfaktoranalyse 4. Szenariogenerierung 5. Szenariotransfer Der erste Schritt wird durch des Glossarnetzes abgeschlossen, die Erkenntnisse und Begrifflichkeiten spannen das Szenariofeld auf. In einem nächsten Schritt gilt es die Schüsselfaktoren zu identifizieren, dafür „[...] sind Kenntnisse über das Szenariofeld und die Wirkungsbeziehungen zwischen den verschiedenen Schlüsselfaktoren notwendig.“ (IZT 2008:21) Die Wechselbeziehungen aller Erkenntnisbegriffe werden bereits im Glossarnetz abgebildet, anhand dieser sollen die maßgeblichen Stellschrauben für die Szenarien ermittelt werden. Die gerichteten Abhängigkeiten erlauben die Begriffe nach aktiven und reaktiven Elementen zu unterscheiden. Begriffe von denen Pfeile ausgehen sind aktive Steuerungselemente und Begriffe auf die mehr Pfeile gerichtet sind, als von ihnen ausgehen sind reaktive Elemente. Für die Identifikation von Schlüsselfaktoren sind die aktiven Faktoren bestimmend, denn sie können als Stellschrauben eine zukünftige Entwicklung verändern. Aber auch den reaktiven Elementen kommt eine wichtige Bedeutung zu, denn sie zeigen wie bereits auf die aktivierenden Situationen und Problemen eingegangen wird. Die Verbindungen jedes Begriffes wurden numerisch bestimmt. Es lassen sich dabei zwei entschei-


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Rahmenbedingung Das Glossarnetzt stellt die wechselseitigen Verbindungen der einzelnen Begriffe des Erkenntnisglossars graphisch dar.

baulicher Faktor menschlicher Faktor 163

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dende Gruppen erkennen. Alle Begrifflichkeiten in Bezug auf die Bewohnerstruktur sind aktivierend während alle baulichen Benennungen reaktiv sind. An dieser Stelle bietet sich ein Bezugnahme auf die Forschungsfrage an: Über welche Transformationspotentiale verfügt Alt-Kirchdorf und welchen Einfluss haben die Bewohner darauf? Die erste Auswertung des Glossarnetzes verifiziert die Relevanz der Fragestellung. Die Bewohner sind der Auslöser für bauliche Veränderungen in Altkirchdorf. Mögliche Potentiale sollen mit Hilfe der Szenarien eruiert werden.

gebracht werden. Sie werden im Folgenden als Rahmenbedingungen bezeichnet. Diese gilt es zu Beginn eines jeden Szenarios zu klären, da sie relevante Entscheidungsgrößen sind. Andere Begrifflichkeiten sind zweitrangig, da sie entweder kaum steuernde Elemente sind, aber auch weil sie bereits in Zusammenhang mit anderen aktiven oder reaktiven Elementen stehen, so sind sie indirekt mit ihnen verbunden.

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Die Grundlage für die Szenarien bildet folglich die Bewohnerstruktur als aktivierende Veränderung und die baulichen Möglichkeiten als reaktivierende Faktoren. Nicht alle Glossarbegriffe können diesen beiden Begriffen zugeteilt werden. Es fallen weitere Faktoren auf, die besonders aktivierend wirken, wie zum Beispiel die Bausubstanz von der acht Pfeile ausgehen. Solche Beobachtungen zu negieren wäre falsch. Zu den Bewohnern und baulichen Veränderungen als Stellschrauben der Szenarien müssen weitere Bedingungen in Bezug

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Die Rahmenbedingungen für die Szenarien: Innerhalb dieser agieren die Bwohner und wirken so auf ihr Eigentum ein.


Begrifflichkeiten

Grundstücksgröße

es kostengünstige Veränderungen ermöglicht. Außerdem beschreibt das Phänomen Selbstbau auch die Bevölkerungsstruktur. Statt auf finanzielle Mittel setzen sie auf Muskelhypothek, die Bewohner sind folglich einem eher praktikablen als wohlsituiertem Milieu zuzuordnen. Die festen Begrifflichkeiten beschreiben gegebenen Situationen, deren steuernde Funktion gering ist und für die Szenarien weniger entscheidend. Nichtsdestotrotz sind sie wichtig für das Szenariofeld und zukünftigen Entwicklungen zu beschreiben. Bei einer anderen Strukturierung und Fokussierung hätten auch diese Begriffe zu aktivierenden oder relevanten reaktiven Elementen werden können. Nachbarschaft ist zum Beispiel ein solches Themenfeld, da es aber im Rahmen dieses Projekts kaum fokussiert wurde, ist es jetzt eine feste Begrifflichkeit im Rahmen des Szenariofelds ohne direkte Verbindungen zu anderen Themenfeldern.

Bausubstanz

reaktive Gestaltungsoptionen

Szenarien

Haus

Zukunft

Abriss

Haus Biljes

Anbau Nachverdichtung Neubau Umbau Umnutzung

Bauregularien

Die Grafik gruppiert wichtige Begrifflichkeiten. Zu erkennen sind die Szenariostellschrauben Haus und Bewohnerstruktur mit den ihnen zugeordneten Begriffen. Die aktiven Begriffe wirken steuernd und die reaktiven zeigen Gestaltungsoptionen auf und „stellen gute Indikatoren zur Beobachtung einer Situation dar“ (IZT 2008: 39). Sie verändern sich bei einer modifizierten Ausgangssituation. In diesem Fall ist die bauliche Ebene der reaktive Faktor. Die Rahmenbedingungen sind gegebene Situationen, die besonders aktivierend wirken. Es lassen sich viele andere Glossarerkenntnisse in den Untereilung zuordnen, besonders auffällig ist die Rahmenbedinung „Grundstücksgröße“, vier weitere Begrifflichkeiten wurden ihr zugeordnet. Denn von der Grundstücksgröße hängt die Größe von Garten und Wohnfläche ab, sie reguliert den Bau von Schuppen und ermöglicht Kompensation. Eine besondere Situation nimmt der Selbstbau und die Muskelhypothek ein, sie sind ein beobachtetes Phänomen in der Siedlung, dass eine gewisse Rahmenbedingungen Sonderstellung bei der Erstellung der Szenarien aktive Faktoren hat. Der Selbstbau gehört Bewohnerstruktur zu den entscheidenden Alteingesessene Determinanten, die die Familie Siedlung bestimmen. Jeder Bewohner berichtete Generation während der Interviews Mieter von dieser Praktik. Es Migranten soll als traditionelles EleZugezogene ment auch in den Szenarien fortgeführt werden. Der Selbstbau fördert Selbstbau die Veränderung des Grundannahme Hauses nach Bedarf, da

Haus Brüdgam Haus Domin Haus Kettler Haus Meier Haus Qalanawi

Kaufpreis Muskelhypothek

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Szenariosetting oder Schlüsselfaktoranalyse Nachdem die entscheidenden Schlüsselfaktoren für die Szenariogrundlage beschrieben wurden, gilt es die bestimmenden Faktoren für die Szenarien zu klären. Im Regelfall wird bei Szenarien von einem Szenariotrichter gesprochen. Ein Faktor wird nach möglichen Ausprägungen untersucht und anschließend nach Best-, Moderate- und Worst-Case unterschieden. Der Faktor ist ein Regler der entsprechend hoch oder niedrig geschoben werden kann. (ITZ 2008) Für die folgenden Szenarien wurde eine andere Herangehensweise gewählt. Bei jedem Szenario wird von einer aktivierenden Veränderung in der Bewohnerstruktur ausgegangen, die in Bezug zu einer reaktiven baulichen Veränderung gesetzt wird. Der Szenariotrichter spannt sich ausgehend vom Begriff Haus oder Bevölkerung auf, wird dann aber nicht einfach in mehr oder weniger unterschieden, sondern nach Typen und Auswirkungen entschieden. Es kann folglich mehr von einem Szenariobegriffskanon, also von einem Trichter gesprochen werden.

Was für ein Szenario?

Das Ziel der Szenarien ist auf Basis der vorgestellten Wohnbiografien eine zukünftige Entwicklung eines jeden Hauses und seiner Bewohner zu untersuchen. Welche bauliche Veränderung mit welcher Bevölkerungsentwicklung in Bezug gesetzt wird, ist daher stark abhängig von der jeweiligen Wohn- und Hausbiographie. Ist ein Verkauf oder eine erbliche Weitergabe zu erwarten? Fordert die Bausubstanz einen Abriss? Ist das Haus auf Weiterbau angelehnt? Die narrativen Szenarien setzen in ungefähr zwanzig Jahren ein.

166

Für folgende Kombinationen uns den genannten Gründen in der Haus- und Wohnbiografie wurde sich entschieden: • • • • •

Haus Meier: Alteingesessene + Neubau, Vererbung wahrscheinlich bei großer Familie Haus Biljes: neu Zugezogene + Abriss, Erbe unwahrscheinlich Haus Brüdgam: migrantische Zugezogene + Anbau, bereits Fundament für Anbau Haus Kettler: Mieter + Umnutzung, Vermietung bereits praktiziert Haus Qalanawi: Familie + Verdichtung durch Grundstücksteilung, Wohnen bereits als Familie (zwei Brüder) in einem Haus Haus Domin: Generationenwohnen + Umbau/Kauf, Sohn hat Interesse das Haus zu übernehmen

Glossarnetz als Szenariofeld

Vor der Erstellung eines jeden Szenarios müssen die Rahmenbedingungen bestimmt werden. Das heißt ob es Veränderungen bezüglich der Grundstücksgröße, des Kaufpreises, der Bausubstanz oder den Bauregularien gibt. Anschließend können die Szenarien erstellt werden. Dabei wurde das Glossarnetz zur Hilfe genommen. Der Ist-Zustand mit den Abhängigkeiten und Verbindungen ist für die zukünftige Entwicklung wenig entscheidend. Daher wurde das Netz „bereinigt“ und nur der Kreis mit den Glossarbegriffen als Grundlage verwendet. Ausgehend von den aktivierenden Begriffen werden neue Verbindungen aufgezeigt, mit dem Ziel sich verändernde Situation bei modifizierter Ausgangslage aufzuzeigen.


Im neuen Setting werden zum einen die Verbindungen dargestellt, die zu dieser Veränderung führten und zum anderen die daraus resultierenden neuen Verknüpfungen. Von den baulichen und menschlichen Schlüsselfaktoren ausgehend, sind die Verbindungen die dazu führen und die neue Abhängigkeiten gestalten eingezeichnet. In einem nächsten Schritt, der auch farblich gekennzeichnet ist, wird dieses zukünftige Setting noch weiter fortgeschrieben. Visualisiert werden neu entstehende Abhängigkeiten und Verbindungen. Das ehemalige Glossarnetz ist vom Werkzeug zur Generierung von Schlüsselfaktoren wieder zum Szenariofeld und Grundgerüst geworden. Auch bei diesen neu entstanden Verknüpfen gilt, dass nur die relevantesten Verbindungen aufgezeigt werden um die Dominanz der Aussage zu steigern.

Aufbau des folgenden Kapitels

Für jedes der Szenarien ist so verfahren worden. Unter Bezugnahme der Schlüsselfaktoren und Rahmenbedingungen ist ein neues Netz, also eine neue Zukunft im Setting des Ist-Zustands entstanden. Veränderungen der Begriffsbestimmungen sind vorrangig bei den Rahmenbedingungen zu erwarten, sollten neue Verständnisse bezüglich eines Glossarbegriffs entstehen, werden diese im Szenario erklärt. Mit Hilfe bereits verwendeter graphischer Elemente wird die generierte Haus- und Wohnsituation beschrieben. In einem narrativen Text wird die Situation und die Story zum Szenario angeführt, der folgende Zeitstrahl unterstützt die Erzählung in simplifizierter Art und Weise. Auch die mögliche zukünftige

Veränderung der Hauskubatur in Bezug zu den Bewohnern ist in Form eines Zeitstrahls lesbar. Zur Visualisierung der Szenarien wurde die graphische Darstellung des Gartens aus den Wohn- und Hausbiographien verwendet. Auch in der zukünftigen Entwicklung nimmt der Garten eine wichtige Position ein, daher soll nicht nur das Gebäude, sondern das gesamte Grundstück sichtbar gemacht werden. Eine Collage illustriert die konzeptionelle Grundstücksskizze. Bewusst wird von den Grundrissen und inneren Struktur abgewichen. Die Szenarien sind keine architektonischen Entwürfe, sondern baulich strukturelle Veränderungen. Wichtig ist die Aussage, es gibt einen Anbau und nicht die gestalterische Frage wie dieser Anbau aussieht. Statistisch wird die Veränderung der Haushaltsgröße und des Durchschnittsalters neben den Ist-Zustand in Alt-Kirchdorf gestellt. Eine Verallgemeinerung auf die Siedlungsebene wäre nur sehr ungenau möglich. Um die Ebene des einzelnen Hauses zu verlassen und eine gesamtperspektivische Veränderung der Siedlung zu betrachten wird das Szenario exemplarisch für die gesamte Siedlung angewandt. Um die daraus entstehenden Veränderungen deutlich zu machen werden sie zum einen statistisch dargestellt um die Modifikationen in der Bewohnerstruktur zu zeigen und zum anderen in einer Plandarstellung visualisiert. In Bezug zur Frage nach baulichen Transformationspotentialen wird das vorgestellte Szenario kritisch hinterfragt.

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SZENARIEN

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Szenario Meier

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Abriss

Neubau

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Die heute 32jährige Hanna Meier erbt das Haus ihrer alteingesessenen Urgroßeltern. Zusammen mit ihrem Mann plant sie den Umzug nach Altkirchdorf. Das Haus entspricht nicht mehr ihren Vorstellungen; sie finden die Raumhöhe zu niedrig, die Räume zu klein und insgesamt ist ihnen einfach alles zu eng. Nur der Anbau der Urgroßeltern aus den 70er Jahren entspricht ihren räumlichen Vorstellungen. Hinzu kommt, dass sie zwar an Kaufkosten gespart haben, aber die Sanierungs- und Umbaumaßnahmen einen hohen Kostenpunkt aufweisen würden. So entscheidet sich das junge Paar für den Teilabriss. Die gesparte Kaufsumme und die nicht durchgeführte Sanierung ermöglichen eine Finanzierung von Abriss und Neubau. Kurz vor Beginn der Bauarbeiten beziehen sie in den ehemaligen Anbau.

Rahmenbedingungen: Kaufpreis nicht vorhanden, da Grundstück weiter vererbt wird Grundstücksgröße ermöglicht einen Neubau mit größerer Grundstücksfläche Bauregularien es gelten die gleichen baurechtlichen Bedingungen wie heute

Der Neubau ermöglicht ihnen ihre Wünsche genau zu formulieren. Sie entscheiden sich für einen funktionsoffenen Grundriss. Sie planen bereits zwei Kinderzim- Bausubstanz mer mit ein. Aber Hanna und ihr Mann denken noch weiter. Während sich die das Ursprungshaus weist Großeltern mit Treppen ihren Wohnungen und Häusern abmühten und auf Hilfe Große Missstände auf angewiesen waren, lebten die Urgroßeltern noch lange selbstständig. Die ebenerdige Wohnsituation machte dies möglich. Da sich das Paar vorstellt in Altkirchdorf alt zu werden, planen sie auch nach dieser Prämisse. Sie entscheiden sich daher für einen vollständig ebenerdigen Baukörper ohne Treppen im Haus. Die große Grundstücksfläche ermöglicht ihnen nach den geltenden Bauregularien ein 200qm großen Bungalowhaus zu bauen. Sie entscheiden sich für einen Riegel, der an den ehemaligen Anbau anschließt. Eine Baufirma kümmert sich um den Rohbau, während das Paar mit Hilfe von Freunden und einigen Fachleuten den Ausbau selbst durchführt. Für Abriss und Rohbau mussten sie bereits einen Kredit aufnehmen, den Rest wollen sie so weit wie möglich selbst machen. Die entstandene L-Form schafft eine klare Trennung des Gartenbereichs. Der Vorgarten ist von der StraAnbau ße einsehbar, während der hintere und größere Teil durch den Baukörpern von Blicken geschützt wird und dadurch an Qualität gewinnt. Der Garten ist von allen Bausubstanz Zimmern aus betret- und einsehbar. Dieses direkte Miteinander von Inne- und Außenraum war dem Paar besonders wichtig; wenn sie schon über einen solchen Bewohnerstruktur großen Garten verfügen, dann möchten sie diesen auch nutzen. Das durch den Neubau einige Quadratmeter Gartenfläche verloren gehen stört die beiden nicht, Garten sie finden den Garten noch immer ausreichend groß. Für sie wird der Garten zu einer neuen Herausforderung werden, der viel Arbeit mit sich bringt. SanieKompensation rungs- und Instandhaltungsarbeiten entfallen dank des Neubaus. Energetisch ist das Gebäude nach dem neusten Standard erbaut. Durch den funktionsoffenen Miete Grundriss sind Umbauarbeiten mit Veränderungen im Wohn- und Lebenszyklus einkalkuliert, der Arbeitsaufwand für diese Maßnahmen sollte gering sein und Muskelhypothek keiner kontinuierlichen Begleitumbauarbeit entsprechen.

Nebengebäude Umbau Umnutzung 171


FAMILIENENTWICKLUNG

Geburt Zwillinge Innenumbau erforderlich Geburt 2. Kind

Gartengestaltung

Neubau fertig Geburt 1. Kind schrittweiser Ausbau in Eigenleistung

Rohbau durch Baufirma Abriss des Haupthauses Hanna und Mann erben Haus Die Familienentwicklung im Haus Meier. Nach Abriss des Ursprungshauses wird der bestehende Anbau durch einen weiteren Anbau in Pavillonstruktur getätigt. Nach dem Rohbau durch eine Baufirma wird der Ausbau in Eigenleistung erbracht. Die Raumnutzung ändert sich immer wieder, je nachdem wie viele Familienmitglieder im Haus wohnen.

Der Anbau aus den 1970er Jahren bleibt bestehen, in diesem Wohnen Meiers während der Anbauphase. Das ganze Haus bleibt ebenerdig und öffnet sich zum Garten.

172


VERÄNDERUNGEN AM GRUNDSTÜCK Im Garten werden die bestehenden Nebengebäude entfernt und durch eine frei zu bespielende Rasenfläche ersetzt. Der große Garten lässt die Möglichkeit eines eingeschossigen Hauses zu, ohne dabei den Verlust an zu viel Freifläche hinnehmen zu müssen. 173


Jahre

81,0

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2012 Haus Meier

20++ Haus Meier

Jahre

Jahre

Haushaltsgröße

Durchschnittsalter

ZUKÜNFTIGER ZUSTAND

Das Durchschnittsalter verjüngt sich deutlich, durch die vier Kinder. Ebenso verhält es sich mit der Haushaltsgröße, die deutlich über dem momentanen Durschnitt der Siedlung liegt.

47,5

2012 Alt-Kirchdorf


Auswertung

Durch den Bau eines Pavillons reagiert das Szenario auf die bestehenden Probleme der Siedlung. Die fehlende Ebenerdigkeit stellt sich im Alter als Nachteil der Siedlung heraus. Das Wohnen in der Siedlung und dem Eigenheim bis ins hohe Alter wird dadurch erschwert, so ist der Wunsch nach einer ebenerdigen Wohnfläche weit verbreitet. Diese eingeschossige Form des Einfamilienhauses ist allerdings nur aufgrund der großen Grundstücke möglich. Der Flächenverbraucht wird deutlich erhöht. Auf ein Wohngebiet mit deutlich kleineren Grundstücken lässt sich das Szenario Meier nicht in der selben Größe übertragen. Mit 500qm Grundstücksgröße wären nach aktueller Bauregulation 100qm bebaubar, was ein Pavillon für zwei Personen sein kann. Am Beginn der Zukunft Meier steht die klassische Familie. Sie ist der Anfang eines neuen Nutzungszyklus‘ des Hauses. Doch anders als die Ursprungshäuser, ist der Bau des Pavillons eine vorausschauende Planung bis ins hohe Alter. Auf Grund des funktionsoffenen Grundrisses sind Anpassungen an die sich verändernde Bewohnerstrukturen leicht möglich, er kann der Zu- und Abnahme der Bewohner gerecht werden. Die Ebenerdigkeit ermöglicht das Wohnen bei nachlassender Mobilität und der offene Grundriss würde hier den Einzug einer Pflegekraft leicht ermöglichen. Auch eine kommerzielle Nutzung einzelner Hausteile wäre möglich. Wie häufig der Grundriss allerdings wirklich den veränderten Bedürfnissen angepasst wird, hängt stark von der Lust der Bewohner am Umgestalten ab, sowie von beeinflussenden Faktoren. Eine realistische Entwicklung stellt der Abriss des Ursprungshauses dar. Die schlechte Bausubstanz wäre nur durch viel Aufwand

aufzuwerten. Da die Familie während der Abriss und Anbauphase in dem ebenerdigen Anbau aus den 1970er Jahren wohnt, bleibt dieser bestehen. Seine Bausubstanz ist deutlich besser, als die des Ursprungshauses, wird aber den heutigen energetischen Standards nicht mehr entsprechen. Eine Sanierung ist notwendig. Ob der Komplettabriss nicht günstiger ist, wäre zu prüfen. Auch wird der Anspruch der Eigenleistung in dem Szenario geschwächt. Der Bau mit großzügiger Grundfläche kann zu einer Preissteigerung führen. Das würde das Verhältnis von notwendigem Eigenkapital und der Kaufsumme so ändern, dass die Wahrscheinlichkeit des Selbstbaus reduziert würde. Da das Grundstück im Szenario nicht gekauft, sondern geerbt wird, stellt die Preisentwicklung kein Hemmnis dar. Nicht beachtet wurde die Frage eines Erbstreites. Bei Externen wäre die Entwicklung des Abrisses und Neubaus durch eine Firma, ohne EiDurch das genleistung wahrscheinlicher. Aber auch hier Kopieren der bliebe durch den funktiWohnform auf das gesamte onsoffenen Grundriss Siedlungsgebiet die Tradition des wird deutlich, Selbstbaus bestedass sich die hen. Veränderung im

Schwarzplan in Grenzen hält. Die Siedlung bleibt weiterhin locker bebaut, egal ob eingeschossig, oder mit Dachgeschossen. Eine Veränderung der Siedlung ist nur durch die deutliche Verjüngung der Bewohnerstruktur zu erwarten.

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Szenario Biljes

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Abriss

Abriss

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Nachdem das Haus nicht mehr von den jetzigen Besitzern bewohnt wird entscheiden sich die Söhne von Familie Biljes das Haus zu verkaufen. Sie haben bereits Eigentum erworben und der gestiegene Marktpreis verspricht eine rentable Verkaufssumme. Diese Marktpreisentwicklung führt dazu, dass der Grundstückserwerb in Alt-Kirchdorf kaum noch zu finanzieren ist und einerseits eine neues Milieu einzieht und andererseits neue Wohnsituationen generiert werden. So auch bei Haus Biljes. Eine Baugemeinschaft, die schon seit längerer Zeit ein Grundstück sucht entscheidet sich gemeinsam das Grundstück zu erwerben. Die marode Bausubstanz würde sehr viel Sanierungsarbeit bedeuten, außerdem entspricht der Grundriss nicht ihrem Wohnkonzept. Die Gemeinschaft entscheidet sich daher zum Abriss des Hauses. In gemeinsamer Eigenleistung soll nicht nur ein neues Gebäude mit Gemeinschaftsräumen geschaffen werden, sondern auch der Garten wird zu neuen Wohnräumen umfunktioniert. Das Haus würde nicht für genügend Privatsphäre sorgen, auch wenn sie nicht nur Baugemeinschaft, sondern auch Wohngemeinschaft sind, sollen private Räume möglich sein. Die Gruppe baut daher kleine Pavillons in den großzügigen Gartenbereich, dort können Privaträume oder Atelierplätze untergebracht werden. Die heute geltenden Bauregularien werden dabei in gewissen Punkten überschritten. Statt einer Doppelhaushälfte baut die Baugemeinschaft ein freistehendes Haus und die baulichen Anlagen im Gartenbereich verfügen entgegen der heutigen Regularien über Heizkörper. Auch wird die Fläche deutlich dichter bebaut als vorgesehen. Trotz einer tendenziellen Nachverdichtung bleibt der Siedlungscharakter des Haupthauses mit einem großen Gartengrundstück erhalten. Die Baugemeinschaft möchte den Garten nicht nur für Wohnzwecke nutzen, sondern auch selber Obst- und Gemüse anbauen. Sie kaufen dem rückwärtig liegenden Nachbarn Grundstücksfläche ab und nutzen diesen Bereich zum Anbau. Die Baugemeinschaft hat sich schon früh darauf geeinigt, dass auch Teilvermietung möglich ist. Die berufliche Situation erfordert von einigen Umzüge und partiell Auslandaufenthalte. Gemeinsam träumen sie davon in der Gemeinschaft alt zu werden.

Rahmenbedingungen: Kaufpreis der Marktpreis der Grundstücke steigt Grundstücksgröße ist Kaufgrund und wird durch Ankauf vom Nachbarn noch erweitert Bauregularien werden flexibel von der Gemeinschaft ausgelegt Bausubstanz zwingt die Käufer zum Abriss

Anbau Bausubstanz Bewohnerstruktur Garten Kompensation Miete Muskelhypothek Nebengebäude Umbau Umnutzung 177


FAMILIENENTWICKLUNG

Erweiterung des Gartens

+

Erwerb Nachbargrundstück Bau von weiteren Pavillions

Bau des Haupthauses Bau erster Pavillions

Abriss

Verkauf des Grundstücks

Das Grundstück wird von einer Bau- und Wohngemeinschaft gekauft. Zu Beginn leben nur einzelne Mitglieder auf dem Grundstück in kleinen Kuben, bis das Haupthaus fertig gestellt ist. Das Haupthaus dient als Treffpunkt, dort sind Küche, Bäder und Gemeinschaftsräume zu finden. Im Garten verteilt hat jede Partei individuell genutzte Wohnkuben.

Der Bestand wird abgerissen, während der Bauphase des Neubaus wohnen bereits Teile der Hausgemeinschaft in kleinen Kuben. Später nach Fertigstellung des mehrgeschossigen Haupthauses kommen vermehrt individuelle, frei stehende, eingeschossige Wohnkuben hinzu, diese verteilen sich über das gesamte Grundstück. 178


VERÄNDERUNGEN AM GRUNDSTÜCK Der Charakter des Gartens verändert sich, die gesamte Fläche wird zum Wohn- und Lebensraum, egal ob durch Wände abgetrennt oder unter freiem Himmel. Das Grundstück bietet den Platz für individuelle Zonen und Gemeinschaftsbereiche. Der Garten dient zusätzlich verstärkt als Nutzgarten 179


Durchschnittsalter

Jahre

67,0 Jahre

35,8 Jahre

Haushaltsgröße

ZUKÜNFTIGER ZUSTAND Das Durchschnittsalter der Bewohner liegt etwas unter dem heutigen Durchschnitt. Die Haushaltsgröße steigt deutlich. Das Wohnen bietet Raum für eine Gemeinschaft aus Einzelpersonen oder Paare auf einem Grundstück.

47,5

2012 Alt-Kirchdorf

2012 Haus Biljes

20++

20++ Haus Biljes


Auswertung

Die Entwicklung einer im Szenario vorgestellten Wohnform hat eine Gemeinschaft als Voraussetzung, die gemeinsame Finanzierung ist durch den gestiegenen Grundstückspreis nötig. Die Gemeinschaft ist kein Versprechen für die Zukunft. Veränderungen in der Gruppe durch Vermietung und Einkauf anderer Leute ist gut denkbar. Die Kombination aus Haupthaus, als Gemeinschaftshaus mit Küche, Aufenthaltsräumen und Sanitäranlagen, und einzelnen Wohnpavillons, als Rückzugsraum, bietet Raum sowohl für Alleinstehende, als auch Paare. Die Tendenz zu vermehrt Einpersonenhaushalten wird aufgegriffen und in ein gemeinschaftliches Wohnen transferiert. Auch ins Alter ist diese Wohnform leicht übertragbar, das Haupthaus stellt den Versorgungsmittelpunkt und die freistehenden Zimmer den Rückzugsraum. Die Erbauung von Wohnpavillons auf dem gesamten Grundstück benötigt eine Lockerung der Bauregularien. Zum einen erhöht sich die bebaute Fläche auf über 2/10 und die Verlegung von Strom und Wasser wird notwendig. Eine solche Lockerung kann leicht zu großer Nachverdichtung führen, was den Siedlungscharakter stark verändern würde. Auch kann es bei Auflösung der Gemeinschaft zu einer starken Parzellierung kommen. Wie eine solche Entwicklung sich realistisch umsetzen ließe, bleibt offen. Ob das Szenario Biljes eine mögliche Fortführung der Siedlung darstellt bleibt fraglich. Ein Grundstück entspricht einer Wohngemeinschaft. Es ist mit einer speziellen Wohnform verbunden oder einer ungewöhnlichen Wohnweise für heutige Wohnverhältnisse.

Denkbar wären auch die Pavillons im Garten verstärkt für die Arbeit zu nutzen. Ein kleines Atelier oder eine Werkstatt. Die Lockerung der Bauregulation stellt, wie bereits beschrieben die Entwicklungsgrundlage. Durch das Szenario wird die Qualität der Siedlung betont, es findet ein Update statt. Der Garten wird nicht allein als Grün- und Anbaufläche genutzt, sondern bietet den Raum für besondere Wohn- und Lebensatmosphären.

Bei der Umsetzung der Wohnform auf das gesamte Gebiet ist eine deutliche Veränderung sichtbar. Die Haupthäuser orientieren sich an bestehenden Straßen und im Gartenbereich verteilen sich die Einzelkuben. Der Schwarzplan lässt auf eine andere Form des Zusammenlebens schließen. 181


Szenario Brüdgam

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182

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Abriss

Anbau

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Familie Brüdgam baut sich bei beginnenden Altersbeschwerden einen kleinen Lift in ihr Haus, um mühelos ins Obergeschoss zu den Wohnräumen zu gelangen. Außerdem zieht eine Pflegekraft aus Osteuropa mit ins Haus, später wird der heutige Wintergarten im Garten für sie ausgebaut. Sie pflegt das ältere Paar sehr lange. Da die Kinder der Brüdgams bereits eigene Häuser besitzen und auch ihre Kinder sich nicht für das Haus der Großeltern interessieren wollen sie das Haus verkaufen. Mit Karolina der Pflegekraft hat die Familie über die Jahre eine sehr gute Beziehung aufgebaut, als sie hören, dass auch sie mit ihrer Familie nach einem Eigenheim Ausschau hält, bieten sie ihr das Haus zu einem Preis an, der unter dem mittlerweile gestiegenen Marktpreis liegt.

Rahmenbedingungen: Kaufpreis Marktpreis ist steigend in Altkirchdorf, Haus wird aber zum Freundschaftspreis erworben Grundstücksgröße ermöglicht Anbauten und großzügige Gartennutzung Bauregularien ermöglichen weiter Anbauten

Karolina zieht mit ihrem Mann und den drei Kindern in das Haupthaus. Anfangs wohnt die Familie beengt im Wintergarten, um gemeinsam in kürzester Zeit das Bausubstanz Gebäude nach ihren Wünschen zu renovieren. Sie entschließen sich außerdem das ist nach mehreren UmbauHaus zu erweitern, da es für das Ehepaar und die drei Kinder zu klein ist, auch arbeiten in akzeptablen Zustand wenn der Älteste im ehemaligen Wintergarten sein Zimmer einrichtet; sie möch ten lieber alle gemeinsam unter einem Dach wohnen. So erweitern sie auf dem bereits von Familie Brüdgam angelegte Fundament. In Selbstbauweise errichten sie auf der Garage ein Obergeschoss sowie Dachgeschoss. Nun entsteht das große Wohnzimmer, das Familie Brüdgam bereits in den 1970er Jahren angedacht hatte. Die Kinder haben ihre Zimmer im Dachgeschoss und Karolina und ihr Mann gestalten das ehemalige Wohnzimmer zum Schlafzimmer um. Als Karolinas Eltern älter werden ziehen sie mit ins Haus, damit die Eltern besser umsorgt sind. Das Untergeschoss wird im hinteren Bereich ebenerdig umgebaut. Da die Räumlichkeiten nicht ausreichen, erweitert die Familie das Haus. Auch ihre Eltern möchten eine eigene Küche, außerdem kann so später der Älteste oder die Schwester einziehen. Der ehemalige Schuppen wird abgerissen und der Wintergarten mit Anbau dem Haus verbunden. Nicht nur wohnen die Großeltern jetzt dort, häufig sitzen die drei Generationen gemeinsam im Wintergarten und genießen ihren Garten. Bausubstanz Im Haus und im Garten gibt es eigentlich immer etwas zu tun, einerseits ist es sehr groß geworden und bedarf viel Aufmerksamkeit, andererseits müssen immer Bewohnerstruktur wieder Reparaturen vorgenommen werden. So werden einen Sommer lang alle Fenster ersetzt. Auch der Garten will gepflegt werden, Karolinas Eltern, aber auch Garten die Kinder helfen mit, wenn im Sommer die Beeren reif sind oder im Frühjahr die Abwassergräben gereinigt werden müssen. Kompensation

Miete Muskelhypothek Nebengebäude Umbau Umnutzung 183


FAMILIENENTWICKLUNG

Einzug der Geschwister

Auszug der Kinder

Tod der Großeltern Einzug der Großeltern

+

+

Einzug Großeltern geplant Anbau Anbau auf bestehendem Fundament Renovierungsund Umbaumaßnahmen Karolinas Familie kauft das Haus Pflegekraft zieht in den ehemaligen Wintergarten

Der Ausbau des Wintergartens zu einem vollwertigen Wohnraum geschieht noch während der Pflegezeit der Familie Brüdgam. In der Renovierungsphase wohnt dort die gesamte Familie, die dann in das Umgebaute Haus zieht. Nach Einzug der Eltern wird der Keller zum ersten Mal bewohnt und der Wintergarten durch einen Anbau angebunden.

184


VERÄNDERUNGEN AM GRUNDSTÜCK

Um der Pflegekraft einen privaten Wohnraum zu ermöglichen wird der Wintergarten ausgebaut. Dort wohnt die Familie kurz, während der An- und Umbauphase des Haupthauses. Bei erneuter Veränderung der Bewohnerkonstellation kommt es zu einer weiteren An- und Umbauphase.

Die Erweiterung des Hauses parallel zur Straße ist der Garten straßenseitig kaum noch einsehbar. Durch den großen Anbau geht einiges an Gartenfläche verloren, die Grundstücksform bietet aber weiterhin einen großzügigen Garten im rückwärtigen Grundstücksteil. 185


Jahre

70,5 Jahre

43,4 Jahre

Haushaltsgröße

Durchschnittsalter

ZUKÜNFTIGER ZUSTAND Das Durchschnittsalter verjüngt sich etwas, eine deutliche Veränderung bleibt durch das Zusammenwohnen von drei Generationen aus. Die Haushaltsgröße erhöht sich deutlich, es leben zwei Einheiten gemeinsam in dem Haus.

47,5

2012 Alt-Kirchdorf

2012 Haus Brüdgam

20++ Haus Brüdgam


Auswertung

Die Entwicklung des Immobilienmarktes und die damit verbundene Erhöhung des Grundstückswertes machen den Kauf für Karolina nur unter der Hand möglich. Auch auf diese Tendenz wurde in der Forschung vermehrt hingewiesen. Der Ausbau des Hauses Brüdgams überschreitet die bestehenden Bauregulationen, die Tiefe des eingeschossigen Anbaus, der das Haupthaus mit dem Wintergarten verbindet, ist zu groß. Durch den Anbau an das bestehende Haus kommt es zu einer kompakten Nachverdichtung. Der Garten verliert zwar an Fläche, bleibt aber in seiner jetzigen Qualität bestehen. Das Grundstück bietet genügend Platz für den großzügigen Anbau.

auch Platz für z.B. einen Kindergarten oder eine Teilvermietung von Ferienzimmern.

Das Szenario führt den Trend mit mehreren Generationen in einem Haus zu wohnen fort. Auch die Tendenz bei mehreren Erwachsenengenerationen mehrere in sich funktionierende Wohneinheiten zu gestalten wird fortgeführt. Bei einer Fortführung der Situation könnte es, wie bei Haus Kettler, zu einer teilweisen Vermietung kommen. Die zwei Wohneinheiten vereinfachen diesen Schritt. Durch das Ändern der Bauregularien, wäre auch im Fall der Familie von Karolina die Bebauung des Grundstücks mit zwei freistehenden Einfamilienhäusern denkbar. Diese Szenario Entwicklung wird im Haus Qalanawi weiter gedacht. Neben der deutlich sichtbaren baulichen Veränderung, wird auch Entwicklung der Bewohnerstruktur fortgeschrieben. Der Zuzug von Familien mit Migrationshintergrund ist ein vorgefundener Trend. Die Bewohnerstruktur ändert sich hin zu einer jüngeren und bunteren Siedlung. Bei diesem Szenario, wie auch bei Haus Meier, wäre eine andere Nutzung denkbar. Das Haus und das Grundstück böten

Die Veränderung im Schwarzplan ist durch das Vervielfältigen der Wohnform gering. Die Siedlung bleibt weiterhin locker bebaut und die großen Gärten bleiben bestehen. 187


Szenario Kettler

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Kaufpreis

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Abriss

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Nachdem Familie Kettler die laufenden Bauarbeiten abgeschlossen hat genießen sie erst einmal die baufreie Zeit. Doch Daniela Kettler lässt von ihrem Traum nicht ab. Sie wünscht sich noch immer eine Terrasse, mit der Garten und Wohnbereich direkt verbunden sind. So beginnen sie ein paar Jahre später mit dem Anbau. Nachdem ein Fundament von einer Baufirma gegossen wurde, errichten sie selbständig einen Wintergarten, der mit dem Untergeschoss verbunden ist. Die Terrasse befindet sich auf dem Dach des Anbaus. Nicht nur auf der Terrasse sitzend verbringen sie viel Zeit im Garten. Nach Ende der energetischen Sanierung konnten sie endlich mit der Gestaltung des Gartens anfangen. Das Gartenhaus wurde für kühle Abende ausgebaut und Thorsten Kettler hat sein Büro dort untergebracht. Wenn früher jedes freie Wochenende in das Haus investiert wurde lässt der Zeitaufwand langsam nach. Auch die energetische Sanierung zeigt finanzielle Gewinne. Die Wochenenden und Ferien werden jetzt zum Reisen genutzt. Mittlerweile sind auch die Kinder ausgezogen.

Rahmenbedingungen: Kaufpreis entfällt, das Grundstück bleibt im Besitz von Familie Kettler Grundstücksgröße Platz für Anbau vorhanden, außerdem genügend Freifläche um auch den Garten als zwei Mietpartien zu nutzen Bauregularien lassen Anbau zu und werden demnach ausgeschöpft Bausubstanz nach grundlegender Sanierung ist die Bausubstanz mittlerweile sehr gut

Familie Kettler hat schon immer pragmatisch gehandelt. Sie realisieren, dass sie eigentlich mehr Zeit im Garten oder auf Reisen verbringen als im Haus, das mittlerweile über eine große Grundfläche verfügt. Als sie den Keller nach Kauf des Grundstücks ausbauten erhielt dieser Küche und Sanitäranlagen und mittlerweile verfügt das Untergeschoss auch über einen großen Anbau. Das Paar entscheidet sich vorläufig in das Untergeschoss zu ziehen und das Erdgeschoss und Dachgeschoss zu vermieten. Da mittlerweile Alt-Kirchdorf zu einem beliebten Wohnort geworden ist, fällt es ihnen nicht schwer Mieter zu finden. Auch die Terrasse und das Recht den Garten teilweise mit zu nutzen stoßen auf anklang. Während das Paar auf Reisen ist, kümmern sich die Mieter um den Garten. Das sie jetzt weniger Wohnfläche haben, stört sie nicht, dafür wohnen sie mit einer direkten ebenerdigen Verbindung zum Garten. Die Ebenerdigkeit hat noch einen zweiten Vorteil. Anbau Auch wenn sich das Paar bisher keine Gedanken über eingeschränkte Mobilität machen braucht, so denken sie doch im bereits im Voraus. Das Haus zu verkauBausubstanz fen und in eine Wohnung zu ziehen kommt für sie nicht in Frage. Sie wollen hier leben bleiben, dafür haben sie zu viel Arbeit in ihr Haus gesteckt und genießen den Bewohnerstruktur Garten zu sehr und außerdem wer weiß, vielleicht hat irgendwann ein Kind oder Enkelkind Interesse am Grundstück. Garten

Kompensation Miete Muskelhypothek Nebengebäude Umbau Umnutzung 189


FAMILIENENTWICKLUNG

Vermietung des OG und DG

Auszug Kinder

Anbau Wintergarten und Terrasse

+ Fertigstellung Baumaßnahmen: Haus und Garten Anschließend an die Sanierung kümmern sich Kettlers verstärkt um den Garten. Nach einem weiteren Anbau und dem Auszug der Kinder wird die Wohnfläche zu groß und es kommt zu einer erneuten Umstrukturierung des Zusammenwohnens. Eine neue Familie zieht als Mieter ins Erd- und Obergeschoss.

Es gibt wenige bauliche Veränderungen am Bestand, dieser wurde bei Einzug Rundumsaniert und Umgebaut. Nach Auszug der Kinder wird das Haus erneut in zwei Wohneinheiten gesplittet.

190


VERÄNDERUNGEN AM GRUNDSTÜCK Durch den Anbau der Terrasse wird der direkte Zugang zum Garten sowohl aus dem Erdgeschoss als auch dem Untergeschoss erleichtert. Auch das Entfernen des Schuppens lässt den Garten mehr zu einer Einheit werden. Der Bunker steht weiterhin als Fremdkörper in der Gartenfläche, wird inzwischen aber genutzt. 191


Jahre

23,8

39,4

2012 Haus Kettler

20++ Haus Kettler

Jahre

Jahre

Haushaltsgröße

Durchschnittsalter

ZUKÜNFTIGER ZUSTAND Durch den Einzug einer jungen Familie bleibt das Durchschnittsalter niedrig. Die Haushaltsgröße der zwei separaten Wohnparteien ist unterschiedlich.

47,5

2012 Alt-Kirchdorf


Szenario Kettler Erkenntnisse & Kritik Am Szenario Kettler wird deutlich, dass sich die Siedlung zwar nicht in ihrer baulichen Ausprägung deutlich verändert, aber die internen Faktoren eines jeden Hauses einer Veränderung unterliegen. Die bauliche Veränderung der Siedlung würde im Fall Kettler eine deutliche Aufwertung der bestehenden Bausubstanz durch die energetische Sanierung darstellen. Zwar gewinnt das Haus durch seine Aufbereitung deutlich an Wohnkomfort und kompensiert die Mängel der schlechten Bausubstanz, durch die Reduzierung des Urspungshauses in den Rohbau. Ein generelles Update wird aber nicht vollzogen. Die Mankos der Bauhöhe und der kleinen Zimmeraufteilung bleiben bestehen, das Ursprungshaus lässt sich nicht auf den heutigen Standard anheben, dafür wäre ein Abriss und Neubau notwendig.

dig, wird diese durchgeführt. Die Bereitschaft sich auf weniger Fläche als vorhanden auszubreiten ist dafür der entscheidende Faktor. Die Verringerung der Wohnfläche verstärkt die Notwendigkeit eines Kompensationsraums. Der Garten gewinnt an Wichtigkeit für die Bewohner, er wird mehr als Freizeit- oder Nutzgarten. Er stellt durch seine Weitläufigkeit eine Erweiterung der Wohnräume dar, durch das Nutzen von Schuppen als Lagerräume oder als Wintergarten findet das Haus seine Fortsetzung im Garten. Dies ist mit den momentanen Bauregularien vereinbar und bereits gängige Praxis.

Die Veränderung, die in der Siedlung vonstattengehen sind nicht baulicher Natur, sondern liegen in der Nutzung des Hauses. Diese Veränderungen sind nicht von außen regulierbar und unterliegen der Bereitschaft der Bewohner ihre Häuser intern zu trennen. Die Möglichkeit, die Häuser in zwei Wohneinheiten zu teilen ist in vielen der Siedlungshäuser vorhanden, es mangelt an der Bereitschaft, noch mehr aber an der Notwendigkeit Teile des Hauses zu vermieten. Der gestiegene Immobilienpreis macht eine Teilvermietung aus finanzieller Sicht attraktiv.

Durch die Vermietung von Hausflächen findet eine Verdichtung der Siedlung statt, ohne die Notwendigkeit der baulichen Verdichtung und der damit im Zusammenhang stehenden Verringerung der Gartenfläche. Der Siedlungscharakter an sich bleibt erhalten und das Wohnhaus bekommt eine vielschichtigere Nutzung durch verschiedene Akteure.

Das erdachte Verhalten des Ehepaars Kettler kann als Musterbeispiel dienen. In dem Moment, indem die Bausubstanz für den eigenen Bedarf zu groß wird, bemühen sie sich um Vermietung der überschüssigen Fläche. Ist hierfür zuerst eine Umbaumaßnahme notwen193


Szenario Qalanawi

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Sobhan-Jusuf bekommt zwei Geschwister und auch Mojtaba, der heute im Untergeschoss in seiner eigenen Wohnung wohnt möchte eine Familie gründen. Mittlerweile ist das Haus zu klein geworden, die Wohnfläche reicht für zwei Haushalte und die drei Kinder von Shiva und Murzat nicht mehr aus. Morteza möchte die Nachbarschaft nicht verlassen und eigentlich am liebsten ins Nachbarhaus ziehen, sodass sie den Garten weiterhin gemeinsam nutzen können. Doch die Kaufpreise sind in den letzten Jahren gestiegen und auch verschwinden die Angebote schnell wieder vom Markt. Die Brüder entscheiden sich daher das damals gemeinsam erworbene Grundstück zu trennen. Das schlauchförmige Grundstück wird mittig geteilt. Der Garten soll zentral liegen und Gemeinschaftsfläche werden. Im hinteren Bereich wird durch eine Firma der Neubau im Rohbau errichtet. Morteza und Mojtaba haben durch die vielen Umbauarbeiten am ersten Haus mittlerweile ausreichend Erfahrung gesammelt und entschließen auch dieses Gebäude so weit wie möglich selbstständig zu errichten. Der Innenausbau wird von den Geschwistern und mit Unterstützung von Freunden und Familie eigenständig ausgeführt. In der Zwischenzeit wohnt Mojtaba weiterhin im gemeinsamen Haus. Die beiden Grundstücke werden zum Dreh- und Angelpunkt der erweiterten Familie. Im Neubau wurden extra Gästezimmer geplant um Familie und Freunde willkommen zu heißen. Der effektive Umgang mit der Gartenfläche zeigt die Möglichkeiten zur Nachverdichtung. Für die Geschwister ist die Situation optimal. Jeder hat sein eigenes Haus, trotzdem nutzen sie das Grundstück zusammen. Die gemeinschaftlich gestaltete Gartenfläche und die beiden Gebäude machen allerdings viel Arbeit. Außerhalb ihres Berufslebens müssen sie öfter Instandhaltungsmaßnahme durchführen. Auch wenn die Beiden qualitativ hochwertige Materialien genutzt haben, fallen oft kleinere Reparaturen an. Die Um- und Ausbauten in Eigenregie sind nun einmal nicht ganz so professionell wie von einer Firma ausgeführt.

Rahmenbedingungen: Kaufpreis das Grundstück ist bereits erworben und bleibt bei den jetzigen Besitzern, insgesamt Preissteigerung im Gebiet Grundstücksgröße ermöglicht aufgrund seiner Größe eine Grundstückstrennung Bauregularien die heute gültige Bauregulation wird aufgehoben, ein weiteres Haus kann bei gesichertem Geh-Fahr- und Leitungsrecht errichtet werden Bausubstanz ist nach grundlegenden Sanierungsarbeiten in einem guten Zustand

Anbau Bausubstanz Bewohnerstruktur Garten Kompensation Miete Muskelhypothek Nebengebäude Umbau Umnutzung 195


FAMILIENENTWICKLUNG

Neubau

Wunsch nach mehr Wohnfläche Geburt 2. und 3. Kind Fertigstellung Baumaßnahmen

Durch den Familienzugwachs und die Familiengründung der zwei Brüder wird ein Neubau notwendig. Das Grundstück wird geteilt, der Neubau ist durch ein Wegerecht erreichbar.

Die ehemalige gemeinsame Ebene geht durch den Neubau verloren. Die zwei Häuser bilden separate Wohneinheiten. Die Funktion des Gemeinschaftsraumes übernimmt nun verstärkt der Garten. Die Form des Zusammenlebens verändert sich deutlich. 196


VERÄNDERUNGEN AM GRUNDSTÜCK Durch die Anordnung der zwei Wohnhäuser an den jeweiligen Enden des Grundstückes bleibt weiterhin eine große Gartenfläche vorhanden. Diese ist als Gemeinschaftsraum angelegt, in dem sich die gesamte Familie versammelt.

197


Jahre

18,3 Jahre

34,6 Jahre

Haushaltsgröße

Durchschnittsalter

ZUKÜNFTIGER ZUSTAND Das Hausinterne Durchschnittsalter erhöht, bleibt aber weiterhin unter dem Alt-Kirchdorf. Die zwei jungen Familien bilden zwei Wohneinheiten und damit auch zwei Haushalte.

47,5

2012 Alt-Kirchdorf

2012 Haus Qalanawi

20++ Haus Qalanawi


Auswertung

Die Grundstücksteilung im Längsschnitt ist aus baurechtlicher Sicht derzeit nicht möglich, da eine direkte Erschließung fehlt. In diesem Szenario kommt es über ein Durchwegungsrecht, welches auf das straßenseitige Grundstück gelegt wird, zur Erschließung. Diese Sonderform ist nur schwerlich auf die Gesamtsiedlung übertragbar. Durch die Teilung des Grundstücks entstehen zwei gleich große Grundstücke von je 500 qm, was eine durchschnittliche Größe für ein freistehendes Einfamilienhaus ist. Problematisch ist hierbei der starke Wertverlust des straßenseitigen Grundstückes. Zum einen muss die Durchwegung, wie auch die Ver- und Entsorgungsinfrastruktur über dieses Grundstück erfolgen. Theoretisch wäre es möglich das Grundstück mehrmals zu teilen.

Es ist absehbar, dass neu entstehende Grundstücke am Immobilienmarkt verwertbar sind. Schließlich gibt es immer noch einen starken Wunsch nach Eigentum in Deutschland. Durch die kleineren Grundstücke, wären sie preiswerter zu erwerben. Allerdings muss ein Neubau finanziert und errichtet werden.

Durch diese Teilung geht die Besonderheit von Alt-Kirchdorf verloren, der Besitz großer Freiflächen. Mit einer Teilung stellt sich die Frage nach dem Umgang mit der bestehenden Bausubstanz ganz neu. Der häufige Kaufgrund, der große Garten, entfällt, auch kann der Garten nicht mehr in dem gleichen Maße wie jetzt als Kompensationsfläche dienen. Ein Abriss der bestehenden Bebauung wird wahrscheinlicher. Durch die Teilung der Grundstücke würde ein Prozess in Gang gesetzt, an dessen Ende eine komplette Veränderung der Siedlung steht. Die Grundstücksgrößen sind halbiert, es kommt zur doppelten Dichte.

Der Schritt von einer teilweisen rückwärtigen Verdichtung hinzu einer kompletten Bebauung in zweiter Reihe kann sich schnell vollziehen. Allerdings würde dann de Frage der Erschließung neu gestellt werden, da ein Wegerecht über den vorderen Grundstücksteil nur im Einzelfall erteilt werden wird. 199


Szenario Domin

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Familie Domin führen die selbstständigen Umbauarbeiten in ihrem Haus fort. Das Untergeschoss wird weiter ausgebaut. Sowieso stehen immer wieder neue Bauarbeiten und Erneuerungen an. Auch der Garten benötigt noch immer viel Pflege der Benedikt gewissenhaft nachgeht. Er entschließt sich das Gartenhaus nach seinen Bedürfnissen auszubauen und zu seinem privaten Rückzugsraum werden zu lassen. Nach mehreren Jahren Zusammenleben mit der Familie entschließt er sich selbst Eigentum zu erwerben. Er möchte nicht nur in der Siedlung bleiben, sondern auch nah bei seinen Eltern, damit er sich im fortschreitenden Alter besser um sie kümmern kann. Da kommt es gelegen, dass die angrenzende Doppelhaushälfte leer steht. Das Gebäude befindet sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand, auch sind die Bodenpreise gestiegen. Um den Erwerb des Grundstücks rentabel zu gestalten entschließt Familie Domin Teile des neu erworbenen und des eigenen Grundstückes zu verkaufen Dadurch müssen sie nur einen kleinen Kredit aufnehmen und können die Umbaumaßnahmen finanzieren. Auf diesem neuen Grundstück könnte nach geänderter Bauregulation oder bei verbesserter Erschließungssituation ein Neubau errichtet werden.

Rahmenbedingungen: Kaufpreis steigende Marktpreise Grundstücksgröße zwei Grundstücken zu groß Bauregularien werden eingehalten Bausubstanz ist in beiden Fällen sanierungsbedürftig

Die Doppelhaushälften bauen sie zu einem Haus um. Die eingesparte Erschließungsfläche erhöht die Wohnfläche. Außerdem gestaltet Benedikt bei den Umbauarbeiten das Haus so, dass er im Untergeschoss Büroflächen für seinen selbstständigen Betrieb unterbringen kann.

Anbau Bausubstanz Bewohnerstruktur Garten Kompensation Miete Muskelhypothek Nebengebäude Umbau Umnutzung 201


FAMILIENENTWICKLUNG

Sanierung und Umbau

Zusammenlegung

Grundstückteilung

Zusammenlegung Grundstück

Erwerb andere Doppelhaushälfte

Wunsch nach mehr Wohnfläche

Ausbau Gartenhaus Fertigstellung Baumaßnahmen

Nach dem Ausschöpfen der vorhandenen Gebäude als Wohnfläche wird das Nachbarhaus Hinzugekauft. Das dadurch entstehende große Grundstück wird geteilt, so kann der rückwertige Teil bebaut und die Sanierungsmaßnahmen des jetzt freistehenden Einfamilienhauses finanziert werden.

Die bisher nicht veränderte Form des Hauses bleibt weiterhin unangetastet. Durch den Ankauf des Nachbarhauses kommt es zu einer inneren Umstrukturierung der Wohnflächen. Es bleiben zwei Wohneinheiten vorhanden, die jeweils einen ebenerdigen Zugang zum Garten haben. 202


VERÄNDERUNGEN AM GRUNDSTÜCK Das Haus steht frei auf dem Grundstück, trotzdem bleibt weiterhin viel Freifläche vorhanden. Die wird im rückwärtigen Teil vor allem als Nutzgarten verwendet. Weiterhin dienen Nebengebäude als Abstell-, aber auch als erweiterte Wohnfläche. 203


Jahre

45,3

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2012 Haus Domin

20++ Haus Domin

Jahre

Jahre

Haushaltsgröße

Durchschnittsalter

ZUKÜNFTIGER ZUSTAND

Das Durchschnittsalter erhöht sich, es wiederspricht dem Trend des Zuzugs junger Familien. Die Haushaltsgröße erhöht sich, gleichzeitig steigt aber auch die genutzte Wohnfläche.

47,5

2012 Alt-Kirchdorf


Auswertung

Durch den Ankauf des Nachbargrundstücks verbreitert sich das Grundstück. Die Fläche wächst auf 2000qm. Der hintere Teil kann abgetrennt werden, so entstehen zwei nahezu quadratische Grundstücke, anstatt von zwei stäbchenförmigen, die wieder zusammengelegt werden. Der hintere Teil des Grundstückes wird wieder verkauft, durch die bessere Form möglicherweise mit Wertsteigerung. Dadurch kann der Ankauf refinanziert werden. Durch die Zusammenlegung und anschließende Teilung der Grundstücke kommt es zu einer baulichen Nachverdichtung. Die Grundstücksgrößen verändern sich durch die Umstrukturierung nicht. Auch die Bewohnerzahl bleibt konstant, da aus den Doppelhäusern Einfamilienhäuser werden und neue Gebäude errichtet werden.

Gesamtsiedlung. Planungen mit einer rückwärtigen Erschließung wurde in der Vergangenheit vehement von den Bewohnern der Siedlung abgelehnt. Eine Einzellösung mit der Erschließung über das Grundstück in erster Reihe würde zu einer Wertminderung führen und ist unwahrscheinlich. Da die Zusammenlegung zweier Grundstücke nicht gezwungener Maßen erfolgen kann würde eine Rückwärtige Erschließung den Verlust des großen Gartens bedeuten, wie in Szenario Haus Qalanawi beschrieben.

Zwar bleibt der bauliche Charakter, im Szenario Haus Domin mit den großen Gärten erhalten, aber eine Veränderung der Bewohnerstruktur ist wahrscheinlich. Durch den besseren Grundstückszuschnitt und das freistehende Einfamilienhaus, mit größerer Wohnfläche, kann es zu einer Wertsteigerung des Wohngebietes kommen, welches in Kombination mit der zentralen Lage eine neue Bevölkerungsschicht anziehen könnte.

Die Zusammenlegung zweier Doppelhaushälften zu einem Haus ist allerdings nicht sehr wahrscheinlich. Dagegen spricht die Bausubstanz, der Ursprungshäuser und die starke Umformung durch vergangene Bewohner. Eine sehr undefinierte und meistens große Wohnfläche wäre die Folge. Zusätzlich sind die Kosten der notwendigen Umbaumaßnahmen erheblich, ein Gesamtabriss und Neubau ist wahrscheinlicher. Als Externer ist diese Option nahezu unmöglich wahrzunehmen, da der Kauf von zwei nebeneinanderliegenden Grundstücken notwendig ist . Die Teilung der Grundstücke benötigt bei der Umsetzung in der Gesamtsiedlung eine neue Erschließung im heutigen rückwärtigen Teil der Grundstücke. Dies ist eine Entwicklung, die nicht an einem einzelnen Haus durchgeführt werden kann, sondern nur in der 205


9


FAZIT

207


Gründung Alt-Kirchdorf

Siedlung konserviert Siedlung verändert sich in dem sich selbst Die Rahmen, den die Bauregularien zu-

lassen. Eine weitergehende Veränderung ist nicht möglich. Die Grundstruktur der Siedlung bleibt erhalten.

Veränderung Bewohnerstruktur

Veränderungen am Haus

Veränderungen im Garten

Auch wenn sich die Bewohnerstruktur zyklisch verändert hat sie doch keinen Einfluss auf eine weitgehende Veränderung der Siedlung. Solange der Rahmen der Bauregulation bleibt, kann auch eine veränderte Bewohnerstruktur nur in diesem Rahmen agieren.

Am Haus werden bauliche Veränderungen vorgenommen. Nach außen sichtbar sind die An- und Umbauarbeiten, anders die Umnutzungen im Innern, es kann auch zu einer teilweisen gewerblichen Nutzung kommen. Auch Abriss und Neubau kommen vor, der Neubau bleibt aber in der Tradition der Siedlung erhalten.

Durch die Größe des Gartens bestehen viele Möglichkeiten ihn zu nutzen. Neben den Bauen ist eine weitere Bebauung der Gartenfläche nicht erlaubt. Daher kommt den Nebengebäuden eine große Bedeutung zu, sie werden verstärkt als erweiterten Wohnraum genutzt

Bauregularien bleiben bestehen

Bauregularien werden aufgehoben/ verändert

Einflüsse von/ auf Bewohnerstruktur


Veränderungen Alt-Kirchdorf

Veränderung Bewohnerstruktur

Mit dem Wegfall der Bauregularien kann und wird sich die Siedlung komplett verändern. Eine Grundstücksteilung und weitere Erschließung wird zu einer deutlichen Nachverdichtung führen. Es entsteht neuer attraktiver Wohnraum in zentraler Lage.

Bei Betrachtung der bestehenden Marktpreisentwicklung wird es bei neu entstehender Dichte zu einer Veränderung der Bewohnerstruktur kommen. Das Thema des Selbstbaus wird keine große Rolle mehr spielen, da es vermehrt zu Abriss und Neubau kommen wird. Der Zyklus des Hauses würde unterbrochen werden.

ganz neue Siedlungsstruktur


Über welche Transformationspotentiale verfügt Alt-Kirchdorf und welchen Einfluss haben die Bewohner darauf?

genutzte Potentiale durch die Bewohner

Die Bewohner Alt-Kirchdorfs nutzen ihre Grundstücke und Gebäude bereits auf unterschiedlichste Weise; von diesen Potenzialen wird auf verschiedene Arten Gebrauch gemacht. Die Umsetzung und damit einhergehende Auswirkung auf die bauliche Transformation variiert. So werden An- und Umbauten vorgenommen, Einfamilienhäuser in mehrere Wohneinheiten geteilt oder unterschiedliche Konstellationen des Zusammenwohnens gelebt. Es sind vor allem die Zugezogenen, die aufgeschlossen gegenüber neuen Wohnkonstellationen sind. Bei den Alteingesessenen lässt sich ein anderes Verhaltensmuster erkennen: nachdem sie in den Anfangsjahren oft beengt gewohnt haben, ist nach dem Tod der Eltern und Auszug der Kinder die Bereitschaft Teile des inzwischen zu großen Hauses zu vermieten oder umzunutzen gering. Der bereits eingesetzte Bewohnerwechsel bringt neue Verhaltensweisen und Wohnkonstellationen mit sich. Die Wohnvorstellung wird sich zukünftig verändern. Das Potential eines neuen Zusammenlebens ist bereits in Ansätzen vorhanden und es liegt nun in der Hand der zukünftigen Bewohner diese Entwicklung voran zu treiben. An- und Umbauten befassen sich mit der aktuellen Wohnsituation und werden verständlicherweise an die eigenen Bedürfnisse angepasst. Ein vorausschauendes Denken ist im Bereich der Energieeffizienz zu bemerken, in Bezug auf das Wohnen im Haus im Alter und auf die Haltbarmachung der Bausubstanz. Das Thema des An- und Umbaus wird durch die schlechte Bausubstanz erneut wichtig. Die

bis heute nicht sanierten Häuser werden in der Zukunft eine größere Transformation erfahren. Sie bilden ein Potential für die künftige Entwicklung, da eine bauliche Veränderung weiterhin billiger als ein Abriss und Neubau sein wird. Dahingegen verringert eine gute Bausubstanz die Notwendigkeit und Bereitschaft der baulichen Eingriffe. Auch der Garten bietet verschiedene Umgangsweisen. Die große Fläche lässt Raum für unterschiedliche Verwendung, von der Kinderspielwiese, über Blumenmeer zum Nutzgarten. Die Bewohner des Hauses nutzen den Garten nach ihrem Bedürfnis und ihrer Lebensphase. Auch die Nebengebäude werden ihrer Notwendigkeit nach umgestaltet. Die Nutzung geht über das klassische Gerätelager, Schuppen oder auch Stall hinaus; die Nebengebäude werden zur Erweiterung der Wohnfläche oder dienen als Terrasse. Der Garten offenbart sich als „carte blanche“ für den Besitzer, er kann nach eigenen Wünschen umgestaltet werden, neue Verwendungen können getestet werden. Das Potential steckt vor allem in der immensen Flächengröße. Dem Garten fällt somit eine wichtige Rolle zu, er schafft einen Raum für neue Wohn- und Nutzungsmöglichkeiten. Er kann zu einem Gebrauchslabor werden. Ein weiteres Potential der Siedlung ist die Arbeit am Gebäude durch Eigenleistung. Durch die Investition von Arbeit und Zeit, werden nicht vorhandene finanzielle Mittel kompensiert. Die derzeitige Bevölkerungsstruktur basiert auf diesem ökonomischen Rationalisierungsgedanken. Aufgrund der zu erwartenden Veränderung der Bevölkerung, sie wird finanziell stärker, wird der Selbstbau tendenziell zurückgehen oder andere Formen


annehmen. Ganz verschwinden wird der Selbstbau aufgrund der Grundstücksgröße und der Bausubstanz nicht.

Beispiel Raum für gewerbliche Nutzungen, allgemein werden höhere Investitionen in das Haus notwendig.

gehemmte Entwicklung

Gedanken der Nachverdichtung

Durch die Form und Größe der Gebäude und Grundstücke, sowie durch die rechtlichen Rahmenbedingungen werden weitere Transformationen stark eingeschränkt. Das Eigentum verhinderte eine übergeordnete Planung; die Siedlung konserviert sich selbst. Dies kann als Hemmnis, aber auch als Potential verstanden werden. Völlig neuartige Dynamiken sind nicht zu erwarten, eher eine Intensivierung der jetzigen Nutzungsmöglichkeiten. Besonders durch den sich vollführenden Bevölkerungswechsel ist hier ein veränderter Umgang mit dem Bestand zu erwarten – aber immer im Rahmen der jetzigen Möglichkeiten.

Bewohnerwechsel bringt andere Ansprüche

Der Bewohnerwechsel wird als Konsequenz der heutigen Überalterung der Siedlung eintreten. Durch die steigenden Grundstückspreise ist zu erwarten, dass sich die Bevölkerungsstruktur zu einem finanzkräftigeren Mittelschichtsmilieu wandelt, als sie es jetzt ist. Diese durch andere Mittel ausgestatteten zukünftigen Bewohner werden veränderte Ansprüche an ihre Gebäude haben. Es wird durch die demographische Entwicklung und der steigenden Immobilienpreise zu anderen Formen des Zusammenlebens im Einfamilienhaus kommen. Das Vorhandensein von Flächen bietet zum

Durch den Anstieg der Marktpreise wird auch das Thema der Nachverdichtung wieder Aufschwung bekommen. Eine Diskussion, die heutige Bewohner (auch die Zugezogenen) ablehnen, wird sicherlich in Zukunft weiter- und neu gedacht werden. Durch die Nachverdichtung würde der Zyklus, der zur Konservierung der Siedlung führt, unterbrochen werden und eine neue Bewohner- und Siedlungssituation wäre zu erwarten. Dabei wird das Thema der Eigenleistung verstärkt in den Hintergrund treten, finanzielle Investition kompensiert nun Zeit und lässt Selbstbau entbehrlich werden.



Quellen Alt-Kirchdorf: • •

Simon, Christina - Konzepte zur städtebaulichen Qualifizierung des Ein - und Zweifamilienhauses in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999, "Suburbane Wohngebiete", Stuttgart 2001 VKE 2012: Interview mit Helmut Biljes im Juni 2012, erster Vorsitz des Verein Kirchdorfer Eigenheimer e.V.

Baurecht: • • •

BauGB, In der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004 FHH, Baustufenplan der Freien und Hansestadt Hamburg - Wilhelmsburg, 1955 Schulz, Axel (Bezirksamt Hamburg Mitte - Bebauungsplanung): Email-Interview am 20.7.2012

Bewohnerstatistik: •

Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein 2011, eigene Darstellung

Immobilienpreisentwicklung: • • • •

Bodenrichtwertkarte von Hamburg 1:5000, FHH Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Hamburg, 2007 IBA Hamburg GmbH: IBA Strukturmonitoring 2011a) -Endbericht, Hamburg, 2011 IBA Hamburg GmbH: IBA Strukturmonitoring 2011b) -Anhang, Hamburg, 2011 Pfeiffer, Ullrich; Faller Berhard; Abraham, Thomas; Baba, Ludger; Heyn, Timo: Immobilienmarktanalyse für die Elbinsel, Empirica GmbH, Hamburg, 2007

Szenarien: •

Kosow, Hannah; Gaßner, Robert: Methoden der Zukunfts- und Szenarioanalyse. Überblick, Bewertung und Auswahlkriterien.; IZT-WerkstattBericht Nr. 103; Berlin, 2008

213


Alt-Kirchdorf ist eine Siedlung, die sich über die Jahre stark verändert hat. Eine Betrachtung des Entwicklungsprozesses soll helfen eine mögliche Zukunft für den Stadtteil und seine Bewohner aufzuzeigen. Über welche Transformationspotentiale verfügt Alt-Kirchdorf und welchen Einfluss haben die Bewohner darauf? Durch das Erstellen von Wohn- und Hausbiografien werden bauliche Veränderung und Umnutzung der (Frei-) Räume herausgearbeitet und mit der Bewohnergeschichte in Zusammenhang gestellt.


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