Die „Correspondance litteraire" unter
Friedrich-Melchior
Grimm und Heinrich Meister
(tT53-tT93)
Inaujural-Dissertation zur
Erlangimg der Doktorwürde genehmigt
von derPhilosophischen Fakultät der
Frledrich-Wiihelms-Universität zu Berlin.
Von
Georg Rubensohn aus Berlin
Tag
der Promotion. 15. Juni 1917
Referenten
:
Prof. Dr.
Morf
Prof. Dr. Brandl
Emil Ehering,
Berlin
NW.
7,
Mittelstr. 39,
Meinen Eltern
—
Inhaltsverzeichnis
Seite
Vorwort I.
|
Vorgänger und Mitarbeiter Grimms an der „Correspondance litteraire";
die
Abonnenten
Raynal und die „Nouvelles d'Epinay.
II.
—
Diderot.
—
Mme
Fürstliche Abonnenten,
Grimms Programm und Art und Mittel der
Witz und
2
—
litteraires",
Ironie,
Charakteristik seiner Arbeit
Kritik.
—
12
Gegenstände seiner Kritik.
Tadel und Spott.
—
—
Goethe und die „Cor-
respondance".
III.
Grimms
Stellung zu Philosophie, Religion
Streben
nach Wahrheit.
Gegen Systeme und sophen.
an die
—
—
Perfektibilität.
—
—
—
—
Die zeitgenössischen Philo-
Seine Stellung
Religion
28
zur „Encyclopedie".
—
zum Determinismus.
Seine Stellung
Sein Skeptizismus.
Stellung
Prinzipien.
und Moral
zum
Sein Glaube
— — Grimms An-
Pessimismus.
Glaubenssache.
— Forderung der Gewissensfreiheit. ~ Bekenntnis zur Religion der Natur. — lieber religiöse Zeremonien und kirchliche Einrichtungen. — Religion und Moral. sicht
Das
über das Christentum.
Sittlichkeitsgefühl des
durch die Erziehung. Sein
Erziehungsplan.
— —
Menschen.
—
Festigung der Moral
Forderung weltlicher Erziehung.
—
Stellung zu Rousseaus Erziehungs-
lehren. -— Prinzenerziehung.
IV.
Grimms tischen
Stellung
zur
Geschichtswissenschaft,
zu
den
poli-
und sozialen Fragen
Wahrheit
und
Aufrichtigkeit
59 Grundpfeiler
der
Oeschichts-
VI
—
Wissenschaft.
Schreibung.
der
Vorbildlichkeit
antiken
Geschichts^
Beurteilung zeitgenössischer Geschichtsschreiber
— lieber die verschiedenen Regierungs^ Der „Contrat social". — Fragen der öffentlichen Verwaltung, der Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit. — Handelspolitische Fragen. Freiheit des Handels. — Industrie und Landwirtschaft. Die „economistes politiques". — Ueber den Mignot
(Voltaire,
etc.).
formen.
Luxus und andere Fragen des
Lebens in
gesellschaftlichen
Frankreich.
V.
Grimms
Stellung zu
Kunst und
a) Allgemeine Theorien.
Gegen
Die bildende Kunst. Theorien.
systematisierende
verschiedenen
—
hauerei
kunst
—
—
Literatur.
Kunstgattungen.
—
Malerei
—
81
Abgrenzung
—
Architektur
Theaterdekoration
—
der Bild-
Schauspiel-
Französische und italienische Musik.
Musik.
—
Die Verdienste Dunis, Philidors und Gretrys.
—
Ballet.
b) Die schöne Literatur
97
Klage über den Verfall des guten Geschmacks.
—
bildlichkeit der antiken Poesie.
—
ländische Literatur. ziertheit
Die Journale. Stellung zu .
—
Lustspiel.
—
Gegen Ge-
—
Der französische Roman.
—
—
Molieres Kunst.
—
— Das französische
Die „comedie larmoyante".
Diderots
Dramen Vorbilder der
„trag^die
domestique"
zösische Tragödie.
—
Grimms
oder
Prosatragödie.
—
—
Die
Die fran-
Die Ueberlegenheit der antiken Tra-
Stellung zu Voltaire.
—
Sedaine.
Sittenkomödie.
„bourgeoise".
Geschichtliche Stoffe.
und Shakespeare.
—
Der erzieherische Zweck des
Dekadenz der Pariser Bühne.
Die Mischung von Tragischem und Komischem,
gödie.
Grimms
Rousseau."— ^^Lyrische und epische Poesie.
Das französische Theater. Theaters.
Vor-
Die zeitgenössische aus-
Pflege der Sprache.
und Preziositäi
—
— Racine und Corneille. — Die englische Tragödie
Der Vers der Bühnendichtung.
- Die
VII 145
VI. „Die Correspondance litteraire unter Meister".
Meisters
Mitarbeiter.
Programm.
—
Arbeit und seiner Kritik.
seiner
Charakteristik
Zusammenfassende Ueberblicke
und Nekrologe. a) Meisters Ideen
Meisters Stellung zur Philosophie.
mus.
Gegen den Pessimis-
Gegen Intoleranz der Kirche und der
—
Die Antike
als
und
Ueberblick
über
französischen Literatur und Sprache. Poesie.
—
Komödie.
Das französische Molieres
romanesque". Tragödie.
ahmer.
—
159
Literatur.
Vorbild für Kunst und Literatur.
Musik.
zösische
—
Die
Priesterschaft.
Politische Fragen.
b) Meisters Ideen zur Kunst
Schlußwort.
Erziehungsfragen.
Sein Glaube an die Perfektibilität.
Reformation.
153
zu den Fragen der Weltanschauung
Theater.
die
— —
Die Einheitsregeln.
Shakespeare
und
seine
Entwicklung
der
—
Die
Die Fabel.
Der Tiefstand der
Charakterkomödie.
—
Die fran-
Die
„com^die
Die französische
französischen
Nach-
Die Prosatragödie. 170
Literaturverzeichnis
Correspondame
philosophique
litteraire,
M. Tourneux.
Baldensperger, Etüdes d'histoire
(Young
et ses „Nuits''
Oeuvres de Diderot, A. Frangois,
La
et
critique,
Paris 1907.
litteraire,
(Archiv
f.
Paris 1905.
Bd.
1
et
VAcademie
Bd.
Dictionnaire de
d. Stud. d.
1
Paris 1875.
Assezat.
Grammaire du purisme
VAcademie francaise diverses formales du purisme du XVII' au XIX'
Le
p.
en France.)
p. J.
francaise au XVIII^ siecle,
A. Frangois,
p.
16 Bde.
Paris 1877.
et les siecle.
Bd. 128 S. 143
neueren Sprachen.
bis 160.)
F. Gaiffe, 1
Le Drame en France au XVIII'
siecle.
Paris 1910.
Bd.
Goethes Werke.
Weimar.
Les Trarisformations de la langue francaise pendant la deuxieme moitie du XVIII' siecle (1740-89). Paris 1903. 1 Bd. H. Hettner, Die französische Literatur im 18. Jahrhundert. F. Gohin,
Braunschweig
1912'.
1
Bd.
A. Koch, Baron Melchior von (Ztschr.
f.
frz.
Spr.
u. Lit.
Grimm und
seine Pariser Briefe.
VII S. 219-25.)
G. Lanson, Manuel bibliographique de la litterature francaise
moderne,
III.
R. Mahrenholtz,
Paris 1911.
Bemerkungen über
sophique, litteraire et critique.
XI M.
J.
die Correspondance philo-
(Ztschr.
f.
frz.
Spr.
u. Lit.
S. 90-104.)
Minckwitz, Beiträge zur Geschichte der französischen
Akademie.
(Ztschr.
f.
frz.
Spr. u. Lit.
XL
S. 49-102.)
von der Osten, Luise Dorothea, Leipzig 1893. Eugene Ritter, /.-/. Rousseau et Mme d'Houdetot. J.
de
la Societe J.-J.
E. Schörer,
Rousseau
II
d'hist.
litteraire
Usteri et Ritter, Lettres inedites de Meister.
Paris 1903.
1
(Annales
1906.)
Fr ederic- Melchior Grimm.
La Correspondance litt. XIV S. 7-12.)
Paul Usteri,
Bd.
1
Paris 1887.
de Grimm.
Mme
1
Bd.
(Revue
de Stael ä Henri
Bd.
Paul Wohlfeil, Fünf bisher unveröffentlichte Briefe Grimms an Friedrich d. Gr. (Archiv f. d. Stud. d. neueren Sprachen. Bd. 128 S. 329-38.)
Die Correspondance Friedrich-Melchior
litteraire unter
Grimm und (175^-1793)
Heinrich Meister
Vorwort
Es
beabsichtigt, auf den folgenden Seiten
ist
sammenhängende Darstellung Pariser
Correspondance
Friedrich
Grimms
Mefcbior
Meisters
Geistes
kritischeni
unter
(1753
—73)
der
Redaktion
der
und
Heinrich
(1773—93) zu geben und zu zeigen, wie diese ihren
Zeitschrift
des
litteraire
eine zu-
ausländischen
Abonnenten
Frankreichs
Kultur und besonders das französische Schrifttum vorgeführt hat.
Die äußere Geschichte der Correspondance
von M. skizziert,
Tourneux al's
erzählt
ist,
dies unerläßhch' scheint,
wird
um
hier
den
litteraire, die
nur insoweit
Rahmen
für d'as
Bild des geistigen Habitus der berühmten Zeitschrift zu ge-
winnen.
Dabei
ist
zelnes nachgetragen,
gekommen
ist
zu Tourneux' historischem Bericht ein-
was der Forschung
seither zur Kenntnis
1
Vorgänger und Mitarbeiter Grimms an der Correspondanee
Vom R
a
y n a
Juli in
1
1747 bis
litteraire; die
zum Februar
Abonnenten
1755 berichtet der Abbe
125 Briefen, den NouveUes Utteraires, über
lite-
rarische und künstlerische Neuerscheinungen, Theaternachrichten,
technische oder wissenischaftMche Erfindungen und
Entdeckungen, über die bedeutenden Männer des Tages, über Ereignisse,
Gerüchte und Anekdoten aus der Geselfechaft.
Diese Korrespondenz
erschien
in
zwangloser Reihenfolge
ungefähr zweimal im Monat, weist aber im heutigen Druck,
nach der Datierung der einzelnen Briefe zu urteilten, recht große Lücken auf. So setzen die Nachrichten vom 27. Dezember 1751 (Brief 110) bis zum 1. April 1754 (Brief 111) aus, es fehlen die Nummern vom Mai 1754, und^ zwischen
dem
108.
und
109. Briefe
vermißt
man wegen
der Anspielung
des Redaktors auf einem dazwischenliegenden, aber nicht vor-
handenen Artikel ebenifalls eine Nummer. Raynal zeigt sich bemüht, seinen. Abonnenten, zu denen hauptsächlich die Herzogin Luise Dorothea von SachsenGotha gehörte, Frankreichs geistiges und geseltechaftliches Leben: möglichst objektiv vorzuführen, und diese Aufgabe hat er zur Zufriedenheit seiner Besteller gelöst.
Uns
dürfte diese Korrespondenz nicht
mehr
bieten als
die zahlreichen zeitgenössischen' Berichte, welche die litera-
rischen Geschäftsträger der ausländischen Höfe von Paris
—
3
—
aus an ihre Auftraggeber sandten/
In
den Briefen findet
sich kaum ein Artikel, der formeW oder inhalthch unsere Aufmerksamkeit besonders fesseln könnte, ausgenommen der Artikel im 116. Brief (Bd. 2. S. 171),' der eine persönlichere
Note
diesem Artikel
In
trägt.
kommt Raynal
auf die deutsche
Nation zu sprechen, und im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen hat er die feste Hoffnung, daß
wir stehen im August 1754
Werke
—
in
nicht allzu ferner Zeit
auch
in
—
Deutschland große
der schönen Literatur entstehen werden, soballd die
dort lebenden Männer des Geistes die deutsche Sprache vervollkommnet und ihr die notwendige Geschmeidigkeit und Anmut verliehen haben würden. Die Dichtungen Hallers, die in Deutschland und Frankreich gleich großen Erfolg erl'angt
haben, bestärken seinem Glauben an d'en Fortschritt der deut-
schen Sprache und an die Zukunft einer ruhmreichen Literatur in
dem
so oft verachteten Nachbarllande.
Die größte Bedeutung von Raynals Korrespondenz
daß
darin,
zum
sie
liegt
einen nicht ganz dreißigjährigen Deutschen, der
Freundeskreise gehörte, anregte, nach ihrem Muster und
Vorbilde
eine
ähnliche
Es ist dies und sein Lebenswerk,
gründen.
sophique et critique.
literarische
zu
Berichterstattung
Friedrich Melchior Grimm^ Correspondance
die
litteraire,
philo-
Diese größte und interessanteste
aller
modischen Korrespondenzen, Memoiren und vertrau-
jener lichen
1.
Großen
Mitteilungen des z.
18.
B. Thiriot, der auf Voltaires
bis 1772 schrieb (1772
ist
dem
Jahrhunderts beginnt mit Empfehlung
für Friedrich den
Th. gestorben), La Harpe, der an den
Zarowitz Paul bis 1789 berichtete; Suard und Pierre Clement (1748-52) schreiben für den
—70)
Markgrafen von Anspach und Favart (1760
schreibt für den Grafen de Durazzo. 2.
Ich zitiere hier sowohl als auch in der Folge nach der großen
Ausgabe der „Correspondance 1877),
raires"
von Raynal abgedruckt
3.
Die
litteraire"
durch
Maurice Toumeux
der in den beiden ersten Bänden die „Nouvelles
(Paris
biographischen
„Friedr.-Melch.
Angaben sind entnommen
Grimm", Paris
litte-
hat.
1887.
E.
Scherer's
""" ^
^
'"
' ^
—
4
;;^
^
z^^';
^
Mai 1753 und erstreckt sich in ihrer alten Form über genau zum Mai 1793, bis in die Tage der Schreckensherrschaft, die auch hier ihre verheerende Kraft bewies. Die von Zürich aus geleitete Fortsetzung, die bis zum Jahre 1813 40 Jahre bis
möghchen Schwierigkeiten
führt, hat so unter alleni
daß
gelitteni,
sowohl formet als auch inhaltlich kaum einen Wert
sie
besitzt.*
Obgleich an d^r Correspondance litteraire mehrere Mitarbeiter tätig waren, ist sie doch vornehmlich charakterisiert
durch
Hauptredaktoren,
die
Meister, und
Grimm
Deutschen
die
und
deutlich zerfällt sie in zwei Abschnitte durch
die Redaktionsperiod^n dieser beiden
Männer.
Grimm selbst leitet die Korrespondenz vom Mai 1753 bis zum Februar 1773.'' Er versendet sie allmonatlich zweimal, am 1. und 15., in hand'schriftlichen: Exemplaren.^ Infolge verschiedener
Reisen,
die
im Laufe dieser
er
Deutschland, England und Rußland unternimmt,
Zeit sei
nach
es
aus
Geschäftsgründen oder privater Angelegenheiten halber, finden sich recht erhebliche
vom vom
15.
1770,
^aise
März und
1.
1.
Lücken. So vermissen wir die April 1768,
Oktober 1769,
vom
15.
vom
vom Mai
1.
Februar, 15. Juni,
4.
Vgl Tourneux Bd. XVI.
5.
Lanson führt im „Manuel bibliographique de
moderne"
respondance
1768—73, Meister und
Wie wir
1790 an.
S. 210. la litterature fran-
1911, III S. 625 unter Nr. 8522 als Redaktoren der „Cor-
litteraire" auf:
S.
Grimm
Mme
5 und
Diderot und
einwandfrei.
Nummern
September 1769, August und 15. September 15. Juli, 1. und 15.' August, bis
1753-68, Diderot
d'Epinay
und
Mme
1773—90, Meister
d'Epinay
allein
von
S. 8 sehen werden, ist diese Datierung nicht
Mme
d'Epinay übernehmen nur während
Grimms Abwesenheit von Paris im Jahre 1769 und 1771 seine Vertretung. Mit dem März 1773 tritt Grimm die Leitung der Korrespondenz an Meister ab. 6.
einzelnen Nummern ist außerordentlich verNummer vom 1. Juni 57 nur etwas über 3 Druckwährend die vom Januar 73 über 61 Druckseiten umlaßt
Der Umfang der
schieden.
So
seiten stark,
ist
die
— [-[-'
'
1
I
!
r-
:
—
5
i
:
i
I
15. September und 15. Dezember 1771, vom 15. April, 15. Mai und 1. Juni 1772. Trotz dieser Lücken war die Arbeit, die Grimm auf sich genommen hatte, doch noch so groß, daß er sie nicht dtirch« gängig aliein bewältigen konnte. Sein eifrigster und bedeutendster Mitarbeiter war sein intimer Freund Diderot, der ihm nicht nur mit Rat, sondern auch mit der Tat hilfreich zur Seite stand. Er liefert Artikel seit dem August 1757, und
außer den vielen kleineren und größeren Stücken, die
Grimm
mit Diderots Erlaubnis der Korrespondenz beilegte, und den
von 1759 an regelmäßigen Kritiken der Pariser Kunstausstellungen, der Salons, die wir in der großen Ausgabe von Diderots Werken veröffentlicht finden, zähle ich noch ungefähr 50 Beiträge von seiner
Dabei scheint
Gebieten.
weitem nicht hat,
Hand aus den verschiedensten
Grimm nach
alte Artikel, die sein
einer
Freund
aufgenommen zu haben, wenngleich
sichert,
Andeutung^
bei
für ihn geschrieben
er ausdrücklich ver-
daß er nichts unterdrücken woWe, was aus der Feder
stamme. Als sich Grimm im Jahre 1769' auf eine Reise nach Deutschland, speziell nach Wien und Berlin begibt, wird die Korrespondenz vorwiegend von Diderot besorgt. Ein zweites Mal, vom I.September 1771 bis zum Ende des Jahres, während Grimm sich in London aufhält, um dort dem Erbprinzen von Hessen-Darmstadt auf den
i8
dieses Philosophen
Wunsch
seiner Mutter, einer Abonnentin der Correspondance,
und Ratgeber zu dienen, überträgt er dem Freunde die Leitung der Korrespondenz.^ Es kann hier erspart bleiben, den Ideen nachzugehen, als Gesellschafter
die Diderot in seinen Urteiten entwickelt.
Sie ergeben sich
aus der ganzen Welt- und Kunstanschauung dieses PhiloHier sollen nur einige Worte über die Art seiner
sophen.'''
Im Durchschnitt
8—10
beträgt jede
Nummer
in der
Seiten. 7.
1. u.
8.
15.
9.
1.
15.
November 69
Februar 69
Okt
(S.
(S. 276).
71 (S. 366).
367
u. 369).
erwähnten Ausgabe etwa
~
Grimm
Kritik gesagt werden. Urteilsfähiigkeit
6
Freundes''
des
sich über die
selbst äußert
mon ami
folgendermaßen:
Denis Diderot est excellent juge en
de choses exceUentes, en fait de produetions qui donnent quelque prise ä son sens profond et exqiiis. Schlechte Werke ohne Ideen, ohne Talent oder
könnten seine Aufmerksamkeit
Stil
faut qu'il s'en occupe refaire
fait
dans satete,
dans son Imagination, genie et sa vue,
malgre Alors
SHl
le livre
ce qui riest que
komme son de frais un komme
ä un pauvre
avee tres peu
fait
fesseln.
trouve plus court de les
dans
et pretant ainsi
en
il
lui, il
il lit
kaum
merveilleux. Plus un auteur est pauvre, plus
lui
il
prodigue du
Mit Leichtigkeit mache er so im Geiste aus einem mäßi-
sien.
gen Werke eine production sublime, die er dann selbst bewundere und mit Worten der Anerkennung überschütte, die dem kühlen Kritiker in Erstaunen setzen. Umsomehr bedauert
Grimm
Diderots
allzu
eingehende Beschäftigung
FHckwerken minderwertiger Autoren, seine Zeit vergeude, in der er sich
als der
mit
den
Freund dadurch
zum Wohle
des Volkes
und zu seinem eigenen Ruhme hätte betätigen können. Oft weicht denn auch Grimms Urteil über ein Werk von dem seines Freundes ab, und nicht selten nimmt er Gelegenheit, seiner abweichenden Meinung in einer Anmerkung zum Text Ausdruck zu verleihen. Bei der langen Besprechung, die (1769) von SaintLes Saisons Diderot dem Gedichte Lambert widmet, findet Grimm an zahlreichen Stellen die leicht ablehnende Haltung des Philosophen zu schonend und rücksichtsvoll
und versäumt
es nicht, durch kräftigere
Worte
des Tadels sein Mißfallen kundzutun und den Tadel des Freundes zu verstärken.^' Grimm scheut sich auch nicht, Diderots Urteil offen zu widersprechen, falls er anderer Meinung ist. Wenn dieser die Saisons des Saint-Lambert für eins der bleibenden
10.
Zur
Werke
kritischen Beurteilung Diderots verweise ich auf Hettner
„Die französ. Literatur im 11. 15. 12.
der französischen Nation hält, so
Oktober 67
Februar 69
18.
Jahrhundert" 1912«.
(S. 445).
(S. 282, 283, 284^ 287, 288),
S.
287
ff.
— Grimm
glaubt
fest,
—
7
daß das Gedicht bald
Wert
geraten wird, da ihm jeder poetische
in
Vergessenheit
Die Folgeunserem Kritiker Recht gegeben. Grimm äußert sich auch recht scharf und im Gegensatz fehle/''
zeit hat
zu Diderot über die Persönlichkeit des Saint-Lambert, die der
Philosoph mit Worten der Achtung und Verehrung bedenkt/' Ein anderes
widerspricht
Mal'''
Grimm seinem Freunde
energisch, ais dieser bei der Besprechung der Ephemerides du citoyen (1765 72), eines periodischen Werkes der ökonomischen Schule des Mirabeau und Quesnay, die Nützlichkeit des Unternehmens dieser economistes volitiques betont, obgleich ihm ihre Unerfahrenheit in wirtschaftKchen Fragen nicht entgeht. Nous devons aussi quelque chose ä ceux qui cherchent ä nous eclairer, ist der Standpunkt, von dem Diderot ausgeht. Grimm spricht diesen Nationalökonomen jede
—
Daseinsberechtigung
ab'^
und redet von ihnen nur kurz
als
von den unnützen und unwissende Schwätzern, die Jahre lang über eine Besserung der öffentlichem finanziellen Schwierigkeiten schrieben und Heilmittel vorschlügen, ohne die Uebelrii
stände zu erkennen^
Von
um
die es sich handelte.
Interesse dürfte auch der Artikel sein,'" in
Grimm wegen richtigen
eines zu harten, ungerechten
Diderot hat
in
und zu
entschuldigt
Urteils
Grimms Abwesenheit
dem
sich
und auch un-
rechtfertigen
sucht.
einige Blätter der Kor-
respondenz durchgelesen und zufällig eine Kritik über Young*s Gedicht auf
dem
Les Nuits
gefunden.
Er
hinterläßt
dem Freunde
Schreibtische eine kurze Notiz, in der er ihm unver-
blümt seine Meinung über rechtigkeiten sagt.
Grimm
viele ist
Unrichtigkeiten und Unge-
aufrichtig genug, diese censure
wiederzugeben, und fügt eine Entschuldigung und Rechtferti-
gung
bei
pour reparation de tinjustice par moi commise sans Februar 69
13.
15.
14.
L März
69
(S.
286).
(S. 293).
November 69
374).
15.
15.
16.
Vgl auch im folgenden
17.
1.
Juni 70
(S. 47),
(S.
S. 75.
mechancete, mais par me siute de la profession detestable que i'ai eu le malheur d'embrasser^^ Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Diderot fortlaufend
von dem Inhalte der Correspondance Kenntnis hatte, vielmehr wird ihm nur gelegentlich ein Blick in einzelne Nummern vergönnt gewesen sein. Grimm erklärt selbst,'' daß niemand in Paris die Korrespondenz kenne, und daß auch Diderot nur und dort einige Artikel durchflogen haben könne. Un ami
hier
confiant
comme lui arrive chez moi, il ne me trouve pas; il mon bureau, lit quelques bribes de mon bavardage,
s'assied ä
et, qui pis est, en convient encore; il taut qu'il se croie tout permis chez moi. Nur so kann es sich Grimm erklären, daß Diderot plant, seine Kritiken ganz nach der Art des Freundes schreiben zu wollen. Wir müssen zugeben, daß sie sich
formell von denen des Hauptredaktors nicht unterscheiden.
d'
Von den übrigen E n a y zu nennen, pi
recht lange Beiträge
Mitarbeitern die
Grimms Londoner
Reise
Januar 72
Ihre
fallen.
die
liefert,
Mme
hauptsächlich
ist
im ganzen ungefähr
zum
14,
Teil
vornehmlich in die Zeit von
vom
1.
September 71
zeigen
Artikel
recht
bis
zum
deutlich den
starken Einfluß ihres intimen Freundes und sollen uns
darum
hier nicht eingehender beschäftigen.
18.
Grimm
bespricht in der
Nummer vom
15,
März 69
Uebersetzung der „Nuits" des Young durch Le Tourneur. behandelt im wesentlichen den Stoff der Dichtung:. (S.
30) hat es
Grimm
die er sehr lobt.
Am
(S.
313) die
Diese Kritik 15.
Mai 70
mit der Uebersetzung durch Colardeau zu tun,
Bei dieser Gelegenheit
kommt
er auf die ältere Ueber-
setzung der Young'schen Dichtung durch Le Tourneur zurück, von der er angibt, sie sei v^^enig gelesen w^orden.
Bemerkungen vom
1.
Juni 70 (S. 47), die
Selbstkorrektur veranlassen. Kritik
—
In
Dagegen
Grimm
richten sich Diderots
zu der oben erwähnten
größerem Zusammenhange wird
die
Grimms und Diderots über Young's „Nuits" wiedergegeben
und besprochen von Baldensperger Paris 1907
S.
France"
55—109).
(S.
71
u.
73
in der
in
den „Etudes d'histoire
Abhandlung „Young
et
litteraire"
ses ,Nuits^ en
-
9
-
Als weitere Beiträge seien hier noch aufgeführt:
die
Kritiken von Bonnet über Quelques auteurs d'histoire natu-
und von Damilaville'' über Rochon de Chabannes' Komödie Heureusement, Auf den Wunsch eines Abonnenten, ihm Hilfsmittel; zum Studium der Naturwissenschaften anzu-
relle
'"
geben, gibt Grimm eine von Daubenton, dem Mitarbeiter des Buffon an der Histoire naturelle, aufgestellte Liste des livres d'histoire naturelle wieder/"
Eine schwierige Frage ist die nach den Abonnenten der Korrespondenz, die sich nur nach den erhaltenen Exemplaren und nur unvollkommen feststellen lassen."' Im ganzen dürfte die
Correspondanee
worden
sein.
litteraire in 15
oder 16 Kopien versandt
Dieser größere Kreis hatte sich jedoch erst im
Laufe der Zeit nach fortwährenden, unermüdilichen Geschäftsreisen entwickelt, die Grimm selbst nach den verschiedenen
Fürstenhöfeo erhielt,
ist
hin
nicht
unternahm.
mehr zu
Wer
ermitteln.
die
ersten
Vom
1.
Nummern
April 54 ab
bezieht die literarischen Briefe die Herzogin Luise Dorothea
von Sachsen-Gotha. Dann gehören zu den Abonnenten die Landgräfin von Hessen-Darmstadt (seit 54), die Königin von Schweden (seit 56), die Kaiserin Katharina IL von Rußland (seit 64), ferner der König Stanislaus von Polen, der Mark-
Herzog von Sachsen- Weimar, der Großherzog von Toscana, die Prinzessin von Nassau-Saarbrücken, der Herzog von Zweibrücken, der Prinz Georg von Hessen - Darmstadt und der Markgraf von Baden-
graf von Ansbach, der
Soweit die uns bekannten Abnehmer der Correspon-
Durlach.
danee
litteraire.
Es
fehlen uns
oder vier Abonnenten, deren
demnach noch immer
Namen
Friedrich der Große
drei
wir nicht kennen.
hatte kein Interesse für die
Korrespondenz und Heß sich 1763 nur mit Mühe dazu beDezember 59
20. 15. 21.
1.
Dezember 62
22. 15. 23. vgl.
Dezember 59 R.
(S.
(S.
163). 190).
(S. 171).
Mahrenholtz „Bemerkung<»n über die Correspondanee
politique, litteraire et critique" (Behrens Zeitschrift
XI 1889
S.
90 fL)
— Nummern
wegen, einige
~
10
zu beziehen,
um
nach drei Jahren
Zusendung zu verzichten.^* Das erklärt sich wohl daraus, daß der König bis 1772 seinen eigenen Korrespondenten Thiriot, den Freund Voltaires, in Paris hatte, außerdem durch selbständige Lektüre der bedeutenden franauf die weitere
Werke und durch den Verkehr mit seiner franzöUmgebung und den größten französischen Zeit-
zösischen sischen
genossen derart über das Geistesleben Frankreichs unterwar, daß sein Bedarf an ernster literarischer Unterweisung gedeckt war, und an pikanten, unterhaltenden Stoffen richtet
konnte ihm die Korrespondenz ihrem
Programm gemäß
Lobeserhebungen 15. April
63
zuwider,
(S. 265) finden,
sich
die
den
nichts
IL jene übermäßigen
Gewiß waren auch Friedrich
bieten.
in
Grimm
dem
Artikel
eigens für
vom
den Zweck
hergerichtet hatte, ihn durch Vermittlung der Herzogin Luise
Dorothea nach Berlin gelangen zu lassen. Hierauf antwortete der König mit einem Brief, der folgende Kritik über Grimm enthält: Cest garcon d'esprit Qui s'est beaucoup forme ä
m
Paris
.
.
.
Cependant
m'envoyer ses
je
femlles,
vom demande
il
en gräce que, sil veut
daigne un peu m'epargner.
Wenn
man aber einerseits bedenkt, daß die Ehrbezeugungen der Rokokozeit leicht in Redensarten tiefster Ergebenheit und Unterwürfigkeit ausarteten, die oft genug unseren Geschmack verletzen, und wenn wir andrerseits durch die ganze Korrespondenz hin sehen, daß Grimm den großen König aufrichtig bewunderte, wird man wohl die verächtlichen Aeußerungen zurückweisen müssen, die Paul Wohlfeil in seinem Ar-
Grimms an Friedrich den Großen"'' Grimms Werbung um den König gebraucht. Friedrich
tikel
„5
lernte
Briefe
für
IL
den zu Anfang so unterschätzten) Korrespondenten
24 Ueber
die Korrespondenz, die die
Herzogin von Gotha mit
Grimms „Com litt." zu gewinnen, sowie
Friedr. d. Gr. führte,
um
über Friedrichs
Gr. Beurteilung der literarischen Briefe und Ab-
lehnung
ihrer
d.
ihn für
weiteren
Dorothea", Leipzig 1893. 25.
Archiv
f.
d.
Zusendung, S.
vgl.
J.
von der Osten „Luise
280—86.
Stud. d. neueren Sprachen 128. Bd. 329 iL
-
M
IM
!.' 1
r
-
IT i :
; I
,
•
r
:
i
!
!
r
I
i
später genauer kennen; und schätzen und würdigte ihn einer
Audienz
Sans-Souci
in
und eines
(1769)
zum Mai
wechsels, der sich bis
längeren
Brief-
Monate vor des
1786, drei
Königs Tode, erstreckt. Private Personen
dance
Grimm
ließ
als
Abnehmer der Correspon-
mochten sie sich auch noch so sehr darum bemühen und noch so hohe Summen für ein Abonnement in Aussicht stellen/'' Sie garantierten ihm nicht genügend jene strenge Diskretion*, deren seine WahrheitsUebe und Offenheit bedurfte, um nicht den Verfolgungen der inlitteraire
nicht zu,
toleranten Machthaber des damaligen Frankreich ausgesetzt
zu sein.
Wenn Grimm
Correspondance
litteraire
Pflicht erinnert, sein
geben, so
ist
und in der seine Leser immer wieder an ihre
daher
Werk
in privaten Briefen
nicht der Oeffentlichkeit preiszu-
dies sicher keine „Art Wichtigtuerei"
und „Ge-
heimnistuerei", wie Wohlfeil meint,"" sondern eine leicht be-
da
greifliche Sorge,
für
seine ganze Existenz auf
ihn
dem
Spiele stand.'^
26.
Die fürstlichen Abonnenten zahlten recht ansehnliche Preise,
die durchaus nicht bei allen die gleichen waren.
seine
Kunden
mag man daraus
einschätzte,
Wie
verschieden
Grimm
ersehen, daß beispielsweise j
der
König von Polen
jährlich 400
fr.,
die Kaiserin Katharina dagegen |
1500
fr.
bezahlte. Vgl. Scherer,
27.
Archiv Bd.
28.
Daß Grimm
128. S.
334
1.
c.
S. 93.
ff.
zur Vorsicht allen Grund
halten seines Nachfolgers Meister,
gänger noch für ausreichend
hielt,
dem
hatte,
zeigt das
Ver-
die Garantien, die sein Vor-
nicht genügten.
Er zog
es vor, die
gefahrdrohenden Gebiete der Politik und Religion nach Möglichkeit zu meiden. d^hist. litt
Vgl, Meister's Brief an Gessner
Bd. XIV. 712).
vom
26. Juli
1773 (Revue
II
Grimms Programm und Charakteristik seiner Arbeit
An mehreren Steifen in der Correspondance litteraire Grimm selbst das Programm seiner Arbeit. Er will
skizziert
im allgemeinen wenig bei kleineren Broschüren aufhallieber einen genauen Bericht und eine begründete Kritik über die Bücher geben, die würdig seien, die öffentliche
sich ten,
sondern
Aufmerksamkeit zu
Von
fesseln.
Zeit zu Zeit pl'ant er eine
esquisse exacte et juste de tetat present de la litterature en
France, besonders in literarisch unfruchtbaren Monaten, also
im Spätherbst, wenn sich ihm kein anderes Material zur Besprechung biete/ Besondere Beachtung will er in seinen Besprechungen den spectacles s^chenken, cette partie brillante de la litterature franQaise,
gehen,
was der
und auch
Ueberhaupt
gessen werden.
die
Künste sollen nicht ver-
solle nichts
curiosite des etrangers
litteraire
nicht zu erkennen.
Grimm
spricht die
vermag
Wie
ichi
sei.
Nummern
der Corre-
ein redaktionelles
Programm
In der Komposition der einzelnen
spondance
seiner Kritik ent-
würdig
der Reporter einer Tageszeitung be-
ohne jede bestimmte Anordnung der Artikel
Schöpfungen und gesellschaftlichen Ereigoder Tagesfragen durcheinander, wie sie sich ihm
literarischen
nisse
^'
bieten.
^
j
Bei der Besprechung von Werken legt er weniger Wert Auszüge und Inhaltsangaben zu bringen, als vielmehr
darauf,
1.
L November 53
(S. 293).
•
'
i
-
-
13
' ;
einzelne nützliche und unterhaltende Details herauszugreifen
und an
anknüpfend seine eigenen Gedanken und VorVon diesem Standpunkte aus, die
sie
schläge zu entwickeln.
Werke
zu betrachten', kann ihn
schlechtes und unbedeutendes
denn
Werk
auch
mitunter
ein
weit länger beschäftigen
und hervorragendes. Er ford'ert ausdrücklich^ von allen Journalisten eine Prüfung der Hauptid'een der zu besprechenden Werke, während er die faiseiirs d'extraits als ein wertvolles
für
äußerst überflüssig hält.
solche nicht,
faut les
//
lire, et
Werke brauchten non pas sen rapporter ä un
Die guten
extrait sec et insipide qui, saus pretexte d'en
stance, n'en offre que le squelette.
donner
Schlechte
la sub-
Werke
aber
könne man ruhig vergessen. Es sollte nur über solche Bücher geschrieben werden, die zu neuen und interessanten Beobachtungen Anlaß gäben. Und was an Grimms Arbeit von größtem Wert ist, das ist die Befolgung dieser Forderung, das
und Bemerkungen, selbständigen Abhandlungen auswuchsen. sind die eignen Ideen
die sich oft bis zu
Als Richtschnur seiner Kritik bezeichnet er selbst Offen-
Wahrheit und Gerechtigkeit, und die Exklusivität seiner Abonnenten bürgt ihm für die Sicherheit, welcher eine solche Aufrichtigkeit bedarf. Eine strenge und gerechte Beurteilung macht er sich zur Pflicht, und weder persönliche Freundschaft noch Zwistigkeiten sollen sein Urteil beeinflussen. Achr tung und Höflichkeit auch den Gegnern gegenüber und Aus-
heit,
schaltung der persönlichen
Momente
ist ein
Grundsatz, den er
Polemik beobachtet wissen will. Mit heftigen Worten wendet er sich gegen Autoren wie La Beaumelle,
selbst in der
Clement de Dijon, Sabatier de Castres, Poinsinet, Palissot und Freron, die durch gehässige, schamlose, persönlich gehaltene Angriffe auf die
Ruhm
aisee;
Koryphäen des französischen Geistes
zu gewinnen suchten.^ 55
2.
15. Juli
3.
„L'esprit de mechancete est de toutes les sortes d*esprit la plus
11
ne
s'agit
(L November 72
(S. 54).
que de n avoir ni principes, ni
&
100).
justice, ni
pudeur."
~ Grimms von
stets
Kritik
recht
ist
—
14
scharf und bestimmt, Jedoch
empfindet
Er
SachHchkeit,
großer
Werke von Autoren
schmerzlich, daß er oft
selbst
es
tadeln
muß, mit
denen er gesellschaftlich verkehrt und an denen er
viele schät-
Er
findet einen
zenswerte Eigenschaften kennen gelernt
hat.'
daß ihn Gerechtigkeitssinn und nicht und deshalb kennt er keine Schonung, wie er andererseits dSe Verschwiegenheit seiner Leser nie ausnutzt, um sich etwa an seinen Gegnern durch geheime
Trost eitel
dem
in
Czed'anken,
Lust zu schaden
treibe,
Er befürchtet könn-
Angriffe auf ihre PersönMchkeiten zu rächen.' selbst, daß seine Urteile mitunter übereilt
ten,
wie dies nur allzu
leicht ein
und
irrig sein
Fehler der Leute werde, die
von Berufs wegen beständig zu kritisieren hätten. Zu schnell lasbildfe sich da ein Urteil, das später den Kritiker erröten Gegenüber hielte." Augen vor ihm man es wenn würde, sen anderen Journalisten, die für einen größeren Leserkreis schreiben, weiß er sich dadurch im Vorteil, daß ein> falsches vielen
März
67
(S.
248),
4.
1.
5.
Beispielsweise möchte ich an dieser SteUe auf
halten zu
Rousseau verweisen.
satzes, in
dem Grimm
tung
steht,
Trotz des ausgesprochensten Gegen-
zu Rousseau
Mme
führten, finden
wir bei
Grimm
Bruch zwischen den beiden Männern nie eine Aeußerung, die Rousseau hätte
persönlich verletzen können, sondern eine
158 und im folgenden
S.
114
Anm.
oft leichthin
verurteilt
Er erkennt
Blick in die
Augen
in
1.
c.
66. z.
B., die
von
und vom Publikum bei der
ersten Aufführung abgelehnt wurden, hält
zurück.
vgl. Scherer,
Bei der Beurteilung der Lustspiele des Sedaine
anderen Kritikern
scharfe, aber
zwar immer
nach Möglichkeit objektive und gerechte Kritik,
6.
und Dich-
in Philosophie, Politik
d'Epinay notwendigerweise mit sich brachte, und
die 1757 zu einem endgültigen
u.
Ver-
trotz ihrer persönlichen Reibungen, die ihr beiderseitiges
Verhältnis zu
145
Grimms
ihnen Feinheiten,
Grimm die
mit seinem Urteil
nicht
springen, sondern sich erst
auf den
ersten
dem aufmerksamen
Seine vorurteilslose, nicht
Leser oder Hörer allmählich offenbaren. von einer Augenblicksstimmung abhängige Kritik hat sich
wie in manchem anderen Falle
als zutreffend erwiesen
.
in
diesem
-
15
--
^ :
:
'
:
Feder kaum einen Schaden anrichten könne, noch der aufgeklärten Kritik seiner Abonnenten un-
Urteil aus seiner
da es
ja
terworfen
Wie
sei.
vorsichtig und bedacht
kritischen Urteilen
Grimm
trotzdem
in seinen
dafür seien folgende Beispiele ange-
ist,
führt.
Während
viele
Zeitgenossen eine Broschüre gegen die
christliche Religion,
Le Catechumene/ wegen der Aehnlich-
keit des Stiles, der pikanten
und
originellen Art der Darstel-
lung und der ganzen Denkweise ohne Bedenken Voltaire zuschreiben,
wagt
er nicht zu entscheiden.
Die Forschung hat
später erwiesen, daß in der Tat nicht Voltaire, sondern ein ge-
wisser Borde der Verfasser
ist.
Das Examen de la nouvelle histoire de Henri IV, de M. de Bury^ wurde ebenfalls allgemein Vol'taire zugeschoben. Grimm prüft das Für und Wider mit Scharfsinn und genauer Beobachtung
charakteristischen
aller
Kriterien
scheinbar unbedeutendesten Einzelheiten hinein,
bis
um
in
die
schMeßlich
zu der Ansicht zu kommen, die auch die Nachwelt bestätigt hat,
daß der Autor nicht
in
Aehnlich verhält er
sich, als es sich
Ferney zu suchen
sei.
um
die
Frage han-
ob das Testament politique du cardinal de Richelieu (1764)^ echt sei oder nicht. Mit beweiskräftigen Argumenten delt,
zeigt er die
Uebereinstimmung der Ideen, des
Stiles
und des
Werkes mit Charakter, Sprache und Fähigkeiten des Kardinals, über den er bei dieser Gelegenheit als MenGeistes des
schen undi Staatsmann sehr ten
Bemühungen
abfällig urteilt.
Trotz der lebhaf-
eines Voltaire, das schlechte
Werk von den Grimm
Schultern des früheren Ministers abzuwälzen, glaubt fest
an Richelieus Autorschaft, und auch hier hat die spätere
Zeit seine
Vermutungen
Januar 68
7.
1.
8.
15.
Juni 68
9.
15.
Dezember 64
(S.
(S.
gestützt.
13),
101). (S.
151).
:'
'
I
-
^
,
: :
-
16
TestaMit gleicher Sicherlieit weist er die Echtheit des nach/" Belle-Isle ment politique du marechal duc de Arbeit des Bei dieser Gelegenheit schildert er die feine neglimit den Worten: Souvent une facon de parier Kritikers
m
mot choisi plutöt qu'un autre, une partigee ou appretee, une demonstracule mise ä la place d'une autre, fournissent au vrai critique
tion
diffelä oii le vulgaire n'aperQoit aucune.
rence sensible.
Correspondance ütteraire während auch sicher, under Redaktionszeit Grimms im allgemeinen stoßen wir doch verändert und ohne Schwankungen sind, so
Wenn
die Urteile der
und auf
vereinzelt auf Widersprüche'' irrig
zum
herausgestellt haben und
selbst korrigiert
Daß.
worden
schreibt er
einem
ansieht
ist natürlich.
der Gleichheit des
widerlichen Stiles sowie der indezenten,
Mme
Verfasser zu, als den er
Autoren und zwar
Mme
um
sich
Wahrheit handelt es
In
Grimm
sind.'''
zwei Romane wegen
schlechten Tones und Details
schon von
Teil
mühevollen Arbeit unserem Korresponden-
bei der
ten Irrtümer unterlaufen sind,
So
Kritiken, die sich als
de Beaumont zwei verschredene
de Beaumont und Desfontames.
Alciauch die Kritik über den Premier Jahrhun17. des biade des Lefevre", eine Piatonübersetzung aufs schärfste verurderts, deren Stil: und Sprache Grimm
Erwähnt
Oktober 62
10. 1.
48
11. Vgl. S. 12.
im
sei hier
Vgl.
im
Anm.
(S.
164).
60 und
S.
100
vorhergehenden S. 7
Falle der „Nuits« des
Young
Anm.
rektifiziert
er feststellen, daß die Schauspielerin
11.
wie er
sich
Ein anderes Mal
muß
und 8 und Anm.'
Mme
-
18,
Laruette von der „Comedie-
abgesprochen hatte, sich sehr vervollItalienne", der er jedes Talent
kommnet air
que
hat
je
tember 65
me
und den größten
Beifall
emtei
„Cest avec grand
plai-
Kritiker. (15. Sepretracte", sagt der wahrheitsliebende
S. 369.)
März 65 (S. 220). 14 15. November 66 (S,
13. 1.
172).
_ n ^ teilt,
ohne zu merken, daß er es mit dem Neudruck eines 100
Jahre alten
Werkes zu
tun hat.'
Seltsam berührt den Leser vor allem Grimms Urteil über Beaumarchais bei Gelegenheit der Aufführung des Dra-
mas Eugenie
der
(1767)'",
literarischen
ersten
Produktion
des späteren Verfassers von Le barbier de Seville und
Le
Die Schuld an der Erfolglosigkeit des
Mariage de Figaro,
bühnenwirksam genug sei, Grimm der schlechten Behandlung des Stoffes zu. Der Autor besitzt seiner Meinung nach nicht das geringste Stückes,
dessen
an
Sujet
sich
schreibt
il ne fera jamais rien, de mediocre. Und obgleich das Stück nach einigen Aenderungen einen lebhaften und anhaltenden Erfolg hat, fühlt
Talent, nicht une etincelle de bon sens;
meme
unser Korrespondent doch nur die Unfruchtbarkeit des Ver-
und Trockenheit seines Stiles. M. de Beaumarehais na rien en lui qui doive lui donner du goüt pour les beaux-arts; de quoi savise-t-il de tes aimer et de s'en oceuper?^^ Hoch anzurechnen ist es aber Grimm, daß er fassers, die Plattheit
in seiner
scharfen Kritik nie persönlich wird und während sei-
ner ganzen Redaktionszeit auf keinen der satirischen Angriffe
Beaumarchais, dessen abenteuerliches Le-
eingeht, die über
ben und seinen Beruf
Wie Grimm
in
Umlauf gewesen
sind.
selbst ankündigt, soll der
Gegenstand seiner
Berichte alles Wissenswerte sein, und in der Tat, seine Vielseitigkeit
muß
harten Kampfe nische
um
Forschung
Quacksalberei
ein,
Februar 67
15.
15.
16.
Grimm
deux Amis"
neue bewundert werden.
stets aufs
die
tritt
Kurpfuscherei
selbst
wenn
(S.
bespricht
(15.
Pockenimpfung
gegen
und
rückständige
gelegentliche Unglücksfälle
226).
nur noch ein Drama Beaumarchais* „Les
Januar 70
Lustspiele
dem
er für die medizi-
S.
Er
441).
fällt
bei dieser Gelegenheit
kein besseres Urteil über Beaumarchais* Begabung.
vergänglichen
— In
B.'s,
den
Die großen un-
„Barbier de Seville"
und
Mariage de Figaro", hat Grimm nicht mehr besprochen, da
„Le
sie auf
der Bühne erst erschienen (1775 und 1784), als er die Redaktion der
„Correspondance
litteraire" nicht
mehr
führte.
_
«
18
und Rückschläge den Gegnern Augenblickstriumphe bringen. Die großen Prozesse gegen Jean Calas, Sirven, den Chevalier de La Barre, und auch sonstige Fragen des zeitgenössiDie Erfindung schen Gerichtslebens erregen sein Interesse. dter Porzellanmalerei, ihre Vervollkommnung und der Streit um ihre Urheberschaft findet ebenfalls in der Korrespondenz Seine Beschäftigung mit den Taeinen starken Widerhall.
—
—
—
gesfragen geht so weit, daß er zur Frage der Straßenbeleuchtung in Paris eigene Vorschläge macht und' ebenso über die
Verlegung des Hotel-Dieu sich äußert. aller
über
—
Reiseberichte aus
Welt, Broschüren über Tagesstreitigkeiten, Diskussionen die
verschiedensten
wissenschaftlichen Fragen unter-
zieht er seiner Kritik.
Grimms erste und für unsere Besprechung wichtigste Aufgabe war es aber, seinen Abonnenten ein möglichst objektives, kritisches Bild von den philosophischen, politischen, literarischen und künstlerischen
Werken
seiner Zeit zu geben.
Dieses umfassende Programm, das sich hat, hält er
auch in den ersten Jahren
doch, daß zuviel schlechte Bücher seien, diaß
man
ein.
Grimm
gestellt
Bald klagt
er je-
erscheinen, die nicht wert
seine kostbare Zeit mit ihnen verschwende.
Büchern bringt ihn zu de passer en revue tant de detestäbles ouvrages! Er begnügt sich infolgedessen damit, von solchen unbedeutenden Broschüren, Kompilationen oder auch
Und dem
die Beschäftigung mit so unnützen
Ausruf:
Que
je suis las
schlechten Stücken, die berechtigterweise
vom Publikum we-
nig beachtet wurden, nur die Titel zu geben. es später mit allen Schriften
und
Ebenso hält
er
Zeitschriften über Ackerbau,
Nationalökonomie, Handel, Finanzen und endlichi auch mit
den vielen schlechten zeitgenössischen Romanen. Schließlich gibt er es sogar auf, auch nur die Titel der werttosen Kompilationen, jener guepes des regions Utteraires, anzuführen.
Trotz all seiner Gewissenhaftigkeit können wir Grimm doch einige kleine Unehrlichkeiten nachweisen. Mitunter hat er Werke, die er anführt, garnicht gelesen und beschränkt
-.
-
10
dann darauf, Witze über Namen, Eigenschaften und Hei-
sich
mat des Autors, über den
Was
Titel
oder den Stoff zu machen/''
aber die Correspondance litteraire besonders vor
Werken
ähnlichen zeitgenössischen.
auszeichnet,
ist
der
UmGe-
stand, daß sich ihre Redaktoren nicht in den berüchtigten
sellschaftsklatsch einlassen, der in der Zeit beliebt
und
in voller Blüte
biographische Angaben,
Salontebens
war. Hier und dort erwähnt
wenn ihm
An Anekdoten und
scheinen/^
d'es
Grimm
solche charakteristisch er-
historischen
dagegen finden wir eine große Anzahl
Geschichtchen
in trefflicher
Auswahl
Hier müssen wir den Korrespondenten als einen ausgezeichneten,
humorvollen und interessanten Erzähler bewundern.
und Witz sind überhaupt zwei kostbare
Ironie
Grimm
mit denen
Mittel,
Seine Scherze und
seine Kritiken würzt.
seine leichte, meist gefällige Ironie sind sehr dazu angetan,
Lacher auf seine Seite zu ziehen und seinen ablehnenden Als La Harpes Tragödie Timoleon durchgefallen ist und nach seiner Ansicht mit Recht, die
Urteilen Beifall zu gewinnen.
—
erinnert er daran, daß sich der Dichter kurz vor der Auf-
führung verheiratet hat, was ihn zu der Bemerkung veranlaßt:
Une mauvaise
tragedie et an mariage, c'est faire deux sottises
coup sur coup.
der durchgefallenen Tragö-
die
^m^fe^
— Den Verfasser
Ducis, warnt er davor, mit Rücksicht auf seine
komme
rfex-
dures epreuves, et quand
ü ne
Frau weitere Stücke zu schreiben. pose pas sa 17.
So
femme ä de
enthält sein
des messes"
(1.
si
honnete
Urteil über die „Dissertation sur Thonoraire
September 57
S.
Bemerkung über den
fällige
Un
412 und Anm.
Titel,
obgleich
1
dazu) nur eine ab-
diese
wissenschaftliche
Arbeit nach eingehenderer Lektüre sicher sein Interesse geweckt
—
Ueber ein Gedicht „Les Elements", das er
spöttelt er,
indem er
hätte.
ebenfalls nicht gelesen,
ein lobendes Urteil des Baculard
d'Arnaud
zer-
pflückt (15, Februar 70 S. 464). 18.
Das
einzige Mal,
teuers wagt, der lich geschickt
69
&
271).
wo
er den Bericht eines Gesellschaftsaben-
ihm hinterbracht wurde,
zeigt er sich nicht sonder-
und auch nicht auf den Spuren der Wahrheit
(1.
Februar
-
-
20
meurt pas de faim, il ne fait que des tragedies qui puissent Heureusement, noiis n'avons point de jeune poete tragique en sueces, sans quoi il pourrait prendre fantaisie ä
reussir.
Mme
Ducis de se dedommager par
chutes du mari, die
— Zahlreich
Academie francaise und
sind die ironischen Angriffe auf
Academie francaise
fast
de quarante, mais de
eelui
Grimm
quarante millions et au delä, der
zeros qui sont ä l'Aeade-
les
nombre ne donnerait pas
mie, leur
sucees d'un amant des
ihre vielen bedeutungslosen Mit-
eompter tous
glieder. S'il fallait
les
besucht die Sitzungen
regelmäßig und bespricht
'
sie
meist recht ausführlich bis in Einzelheiten des gesellschaft-
Mit Interesse .verfolgt er die Neuwahlen und Aufnahmen der Neugewählten und berichtet eingehend über sie.'' Sie geben ihm stets von neuem Anlaß zu spöttischen lichen Bildes.
Akademie, die bei ihren Wahlen nicht literarischen Wert der Kandidaten entscheiden lasse,
Bemerkungen über d^en
sondern
die
erster Linie persönliche Beziehungen, Protektion,
in
Betracht ziehe.'" Grimm berichtet über verschiedene Wahlintriguen und Ränke, die ihn zu scharfen, oft ver-
Hofgunst
in
nichtenden Urteilen über die Akademie und ihre Mitglieder veranlassen.'' Ihm erscheint die Akademie partagee en deux
ou factions: le parti devot qui reunit aux prelats tous les academiciens mincement pourvus de merite et d'autant plus empresses ä faire leur com avec bassesse: et le parti phi-
partis
losophique, est
que
les
compose de tous
devots les
appellent
gens de
encyclopedique,
lettres qui
qui
pensent aver un
peu d'elevation et de hardiesse, et qui preferent Vindependance et une fortune bornee aux faveurs quon n'obtient qu'ä 19.
die
Die
Akademiewahlen und -Sitzungen
mengestellt bei
M.
I.
20. 15. 21.
1.
März
April 63 Juli
53
(S.
61 (S. 360).
„Correspondance ist
litteraire"
über
bequem und eingehend zusam-
Minckwitz „Beiträge zur Geschichte der franzö-
sischen Akademie" (Ztschr.
15.
der
Berichterstattung
(S.
f.
frz,
275) und
261);
1.
Sprache 1.
u. Lit.
Februar 72
Mai 54
(S.
354);
XL (S. 1.
49-102). 44S),
Sept. 55
(S.
87);
— ramper
force de
de
et
—
21
mentir^''
Daß
die Partei der Literaten
und Uneinigkeit trotz der zahlenmäßigen Mehrheit meist unterliegt und über sich bestimmen läßt, erscheint ihm als ein verhängnisvolles Charakteristikum infolge ihrer Machtlosigkeit
dieser „unnützen Institution".
dieser
Akademie
nicht
Er
selbstverständlich.
der
Schaffen
der Arbeit
danach wohl
ist
hält die Tätigkeit eines Literaten für
Dictionnaire,
und
denkt,
Zeitvergeudung. Die einzige Arbeit der Aka-
sie für eine leere
demie,
Daß Grimm von
sehr hoch
sei
Gebrauch
der
vollkommen der Worte
wertlos.'"
Das
den
ersten
solle
Schriftstellern der Nation überlassen bleiben, die die Autorität einer
Sprachakademie und eines akademischem Wörterhätten."' Humorvoll plaudert Grimm wenig geistreiche Beschäftigung der Pariser Gesell-
—
buchs nicht nötig über die
schaft, die sich darin ergehe, Wortspiele, Kalauer,
und besonders Charaden zu machen, und teilt
Rebusse
Tone Charade so-
in iironischem
er voller Stolz eine solche selbstgemachte
wie eine von der Hand seines Freundes Diderot
mit.'^
— Einen
Roman von einem
gewissen Lo-Looz tut er ab mit der kurzen und vielsagenden Kritik: Vous pleurerez sur Mirza, sur Astof, sur M. de Lo-Looz, sur vous, sur votre temps!^^ Die Reflexions hasardees d'iine femme ignorante werden durch
—
Bemerkung über den
eine spöttische
für
den Geist des In-
halts charakteristischen Titel kritisiert, eine unbedeutende
Ode
durch das lakonische Urteil: ,,Dwu'\ ode par an certain M. Feutry, triste
oder
—
Mai
22. 15.
bonnet de nuit, Dien! Ottelle Besprechung des Dramas UOrphelin an-
71 (S. 308)
Januar 62
23. 15. 24.
comme un
In äer
Es
scheint,
(S.
und ähnlich
c.
S.
ist,
daß
101).
25.
1.
Mai 70
(S.
12).
26.
1.
Februar 71
(S.
27. 15.
(S.
15-22).
19).
dadurch beeinflußt worden
1.
JuH 72
ob die SteUung Grimms gegen die Akademie
als
seiner hohen Verdienste bei den
Scherer,
15.
Februar 66
(S.
251). 487).
Freund Diderot
trotz
übergangen wurde
(vgl.
sein intimer
Wahlen
stets
—
22
-
von Longueil findet sich das Schicksal des Stückes folgendermaßen gekennzeichnet: // (Longueil) ta envoye ä Paris ä un de ses amis, qui Va montre ä Mole, qui Va lu aux Come-
glais'^
—
diens, qui l'ont Jone devant le public, qui
Die erVa siffle, Komödie Les deux Freres von Moissy verspottet er, indem er die Neigung des Verfassers für den Vokal o hervor-
folglose
hebt, der sich in sämtlichen det.
Personennamen des Stückes
fin-
Cette misere n'est pas sans consequence, eile a süre-
ment beaucoup contribue ä augmenter
la
cacophome du
styler
Geschmackloser wird der Scherz, wenn Grimm nach dem Tode des im Guadalquivir ertrunkenen Poinsinet le jeune, dessen Dummheit und feigen Charakter er häufig in Anekdoten verspottet hat, in einem Nekrolog noch einmal den ihm verhaßten Autor in seiner Lächerlichkeit vor Augen führt und
dem Toten
gelobt, niemals
im Gundarquivir zu ertrinken, vermeiden. — Bei
um
eine Begegnung mit seiner Seele zu dem Tode des Abbe Vatry, eines Lehrers der griechischen Sprache, dem im Alter ein Schlaganfah das Gedächtnis geraubt hatte, und der nur noch zwei Worte sprechen konnte, meinte Grimm spöttisch, daß das ein äußerst zusammengeschmoteenes Wörterbuch für einen Sprachlehrer sei. Ebenfalis uner-
—
wenn
wahrer Lust die rührselige Erzählung von der Barmherzigkeit und Wohltätigkeit der Tän^ freulich ist es,
Guimard
zerin Mlle
er mit
zerpflückt,
um
schließMch die körperlichen
bewunderten Künstlerin zu verspotten. Ein freundlicherer Zug ist es, wenn er die vielen Scherze
Eigenschaften der
und Witzeleien
viel
entrüstet zurückweist, die
sich bei der Hochzeitsfeier des
Dauphin
bare Brandkatastrophe ereignete. er für die
FamiUen der Beamten,
in
man
machte, als
Paris eine furcht-
Gteiche Teilnahme zeigt die
durch die Abschaffung Er
des Steuergerichtshofes ins Unglück gestürzt wurden.
28.
1.
Februar 69
29. 15. Augrust 68
(S. 258).
(S.
161).
stimmt nicht
—
23
in die spöttischen
Reden
ein, die
andere darüber
zu führen sich nicht entblödeten."''
Beißend scharf wird Grimms Spott, wenn er sich gezwungen sieht, die zahlreichen literarisch wie künstlerisch wertlosen Tragödien zu besprechen, die die Pariser Bühne überfluteten, die heute erschienen,
um
schon morgen wieder
zu verschwinden.^^ Bei stücken,
Grimm
den Besprechungen von interessanteren Theaterspeziell von Tragödien historischen Inhalts, gibt im aHgemeinen erst den zugrunde liegenden histori-
schen Stoff oder die Anekdote, eventuell auch noch andere Quellen.
.
Dann
schildert er den Inhalt des
Dramas, mitunter
Darauf läßt er eine Würdigung der wobei es ihm besonders auf Natürlichkeit
bis in alle Einzelheiten."'
Charaktere folgen,
und Einfachheit der Personen ankommt und auf eine folgerichtige Uebereinstimmung der Reden und Taten mit den Charakteren, aus denen sie fließen. Stellt Grimm Widersprüche in den Reden und Handlungen, Unvollkommenheiten in der Technik, in der Charakteristik, in der Führung der Handlung, dem Dialog, dem Stil fest, so macht er eingehende Vorschläge zur Besserung, und nicht selten erweitern sich diese Aenderungen zu einem ganz neuen Aufbau des Stoffes, dem man 30.
„Prendre
detestables sur etre
un
la
plume,
des
faire
vers,
ecrire
des
sujet si affligeant et si triste, ce n'est
mauvais poete, cest
etre
le
plaisanteries
pas seulement
dernier des hommes." (15.
Mai
71
S. 320).
31.
Ein
treffliches
Beispiel
„Cosroes" von Le Fevre
(1.
bietet
Sept.
67
Kritik
die
399).
S.
über die Tragödie
Mit spöttischen Be-
merkungen gibt er eine Charakteristik der Personen und eine angabe, die die äußeren Tatsachen aufführt.
Inhalts-
Das Ganze wirkt auf
ihn
wie ein Puppentheater, dessen seelenlose Gestalten handeln können,
wie es dem Autor
beliebt,
ohne Rücksicht auf konsequente Durch-
führung ihres Charakters und der daraus folgenden Taten. 32.
Gr. scheint für die Besprechung von Schauspielen von seinem
allgemeinen
Vgl
S.
1%
Grundsatze,
Inhaltsangaben
zu
vermeiden,
abzugehen.
—
—
24
mehr dramatische Kraft zusprechen muß als dem besprochenen Werk. Recht deutlich tritt dies in der Besprechung der Tragödie Guülaume Teil (1766) von Lemierre heroft
Hier macht er treffHche Vorschläge zur Aenderung ein
vor.""
Namen und
zelner
Handlung. Er stößt
einiger Teile der
an der stummen Rolle, die Lemierre
wodurch das Kind
teilt,
dem Sohne
überflüssig werde.
sich*
Teils zuer-
Er w^ünscht
die
Häuslichkeit Teils besser charakterisiert und hält es für würdiger,
wenn
im Drama nicht an der Verschwörung
sich Teil
beteihge.""
Werke
Auffallend sind die scharfen Kritiken über die
Bar
des
n V
n
H
b ac
1
h,
mit
dem Grimm
und gesellschaftlichen Verkehr gepflegt
lichen
anonym
erschienene
Gnade.
Er scheint
Werk
finden vor
seinen
freundschaft-
Dessen
hat.
Augen keine
gewußt zu haben, welcher Autor
nicht
steckt hinter jener manufacture etablie ä
Amsterdam dans
la
boutique du libraire Marc-Michel Rey, d'oü ü sort continuel-
lement une foule incroyable de livres contre la religion,^" In den Büchern findet er mxx un fatras de raisonnements com-
muns
et
de
Autor nur sei un komme bilieux un singe du patriarche de Ferney,
redites, deren
Qui veut faire
le plaisant,
qui veut imiter sa gaiete, ses plaisanteries, qui les pille quelquefois,
mais qui ne
falls
fait
Systeme
der Beurteilung de^
meme
jamais que des singeriesj"^ social (177 3
Bei
f ahnt Grimm eben-
nicht als den Verfasser, dessen reine Absichten er nicht
Reden jedoch
bezweifelt, dessen
auf ihn wie Kapuzinerpre-
digten wirken, seinen Freund Holbach.
Wer
so scharf tadeln kann, findet natürlich auch
Töne des Lobes und der voUen Bewunderung. Januar 67
33.
1.
34.
Die Bearbeitung des
später,
(S.
Stoffes,
„Teil" durchgeführt.
35. 15.
August 68
36. 15.
September 67
37.
193).
wie
ob auf ihn zurückgehend oder
iu Schillers
Januar 73
(S.
warme
Aus der Zahl
(S.
157). (S.
175).
426).
er sie vorschlägt, finden
nicht,
mag
wir
dahingestellt bleiben,
—
25
—
der Artikel, die hierher gehören, seien besonders hervorge-
hoben
die Besprechungen von Voltaires Herode et Mariamne {\72AY\ Brutus (1730)'^ Diderots Fils naturer und Pere de Famille''\ Sedaines Roi et Fermief\ Le Philosophe sans le
savoir (1765)'"^
La Gageure imprevue'\ Les Sabots
einigen Stücken Goldonis und von Geßners Idyllen.
Grimm
— Dem
dem Marquis de Croismare,
iangjährigen" Freunde,
met
(1678)^^
einen langen Nekrolog'^ der eine
digung dieses Weltmannes enthält
wid-
vornehme Wür-
Keine Ueberschätzung
und Lobhudelei, sondern eine freundschaftliche, sympathische all seinen Vorzügen und Fehlern. Ihm sind alle Schmeichelreden, speziell Schilderung der Persönlichkeit des Toten mit die
mnegyriques verhaßt, bekommt.
Academie fran^ Er bevorzugt eine einfache Darden Helden und den Autor in viel
die er so oft in der
caise zu hören
stellung der Tatsachen, die
höherem Maße ehren.
Zum Schluß seien hier als formeh interessante Artikel noch zwei besonders erwähnt. Das eine Mar spricht Grimm in
heiterem Plauderton über die recht unbedeutende Komödie
Laurette von Doyer de Gastet die aufgeführt und
durchgefallen
ist.
in
In
der Comedie-Francaise
Form
eines
längeren
Protokolls über ein erdichtetes Verhör schildert er däe Aufführung, den Autor, die Quellen, die unwahren Personen des
Stückes, die dürftige, unlogische Handlung und den durch eine alberne Entführungsszene hervorgerufenen Theaterskan-
38.
August
39.
April 63.
40.
März
41.
November
42.
Dezember
62.
43.
Dezember
65.
54.
57. 58.
44. Juni 68. 45.
November
46.
1.
September 72
47.
1.
Oktober 68
68. (S. 47).
(S.
187).
—
—
daL
Das zweite
philosopfuQüe, den
Mal*^ handelt es sich
Grimm am
Philosophengemeinde ale, butte
—
26
in
um
einen sermon
Neujahrstage 1770 vor einer
der grande synagogue de la rue Roy-
Saint-Roch, das heißt im Salon der
Form
gehalten haben wilk
In
terarische Ereignisse
und
Mme
Geoffrin,
einer Predigt bespricht er
li-
politische Fragen, die Abreise des
Abbe Gaiiani nach Rom, dessen nationalökonomisches Werk Dialogues sur le commerce des bles (1764), seine eigene Reise nach Deutschland. Grimm zeigt eine große Fertigkeit in der parodierenden Nachahmung des Predigttones, in der scherz-
Anwendung von
haften
Bibelzitaten, die
derben, oft sogar geschmacklosen Witzen Inhaltlich spiel'
und formell
ist
dieser
sermon
ihm Gelegenheit zu und Spaßen bieten. ein treffliches Bei-
jener Reden, die in den philosophischen Salons der da-
maligen Zeit zur Unterhaltung der antikirchlich gesinnten Gesellschaft gehalten
wurden.
Die geistreiche Art, über das literarische, gesellschaftliche, politische, soziafe
und künstlerische Leben
plaudern, über die Gedanken, die Werke, das
ben seiner Zeitgenossen zu referieren,
in
Paris zu
Tun und
Trei^
sie seiner scharfen, ge-
rechten und rücksichtslosen Kritik zu unterwerfen, wie sie
Grimm
in
den 20 Jahren seiner Redaktionstätigkeit geübt
hat,
macht an und für sich schon die Correspondance litteraire interessant und kulturhistorisch wertvoll. Anregender und für die Mit- und Nachwelt bedeutender sind aber jene zahlganze Korrespondenz hin verstreuten, eigenen Aeußerungen zu den verschiedensten Thematen, auf die reichen, durch die
sich sein kritisches Urteil erstreckt.
Nicht
allein,
daß
sie
sich schon in der
Correspondance zu selbständigen längeren Artikeln auswuchsen, wurden sie auch nicht selten Anlaß und Grundlage zu neuen Werken. Auch Goethe drückt an verschiedenen Stellen seiner
Briefe
Bewunderung
ten aus und gesteht 48.
1.
Januar 70
Grimm und seine literarischen Arbeidem ami des philosophes et des grands
für
(S.
414).
—
27
-
(so nennt er ibn*^) einen gewissen Einfluß auf seine eigene
Person
einem Brief an Knebel aus dem' Jahre ISIZ^"" nennt er die Correspondance litteraire „ein höchst bedeutendes
Werk,
zu.
In
ein reiches
Dokument
einer einzigen Zeit".
Wie
sehr
Goethe die Lektüre der Correspondance litteraire interessierte, ist auch aus seinen Tagebuchnotizen zu ersehetf^ aus denen hervorgeht, daß er sich mit ihr fast ununterbrochen
vom
Oktober 1812 beschäftigte.'' Am 13. Oktober 1812 erwähnt Goethe, daß er aus der Korrespondenz „die verneinenden und scheltenden Wörter" ausgezogen habe. Diese Zu10.-21.
sammenstellung findet sich unter dem Titel Urteilsworte fran1 der Zeitschrift Ueber
zösischer Kritiker ate Beitrag zu Heft
Kunst und Altertum,^^
einem anderen Beitrage unter dem-
In
selben Titel zu Heft 2 dieser Zeitschrift'' geht Goethe noch
einmal auf diese Zusammenstellung der lobenden und tadeln-
den Wörter ein und spricht bei dieser Gelegenheit über
und
sein
Werk
sehr anerkennende Worte.
Aus
Grimm
einer Stellte
scheint hervorzugehen, daß Goethe die Correspondance
litte-
raire nicht allein durch die Gunst des Herzogs von SachsenWeimar hatte einsehen können, sondern auch durch die anDanach könnte derer „hoher Gönner", wie er selbst sagt. Goethe die Korrespondenz schon vor 1775, vor seiner Ueber-
siedelung nach Zeit, ate
Weimar, gelesen haben,
Grimm
49. Vgl.
selbst
Goethes
An
Charlotte von Stein
(9.
Okt. 1781).
noch
(1.
Okt. 1781)
50.
Ebenda XXIII 113 An
51.
Goethes Werke,
52.
Es handelt
sich
Ausgabe der „Corresp. 53.
III.
wohl litt."
S.
144-146.
u.
1880,
IV Abtlg.
V
An
201
Bd.
V
198
Charlotte von Stein
C. v. Knebel (17. Okt. 1812).
Abtlg. („Tagebücher") Bd. IV S. 330
um von
Goethes Werke, Bd. 41
54 Ebenda
redigierte.
Weimar
Werke,
also vielleicht zu einer
^
ff.
die neu erschienene, erste gedruckte 1812. S.
121-124.
Grimms Stellung zu
Grimm
Philosophie, Religion und Moral
gehört zu den sogenannten „Philosophen", in
dfe-
dem Kampfe
für
ren engstem Kreise er
lebt
und denen
er in
Aufklärung gegen die Intoleranz der Kirche zur Seite
die
Der Philosophie
steht/
reux
effets
hommes
allein
schreibt
de cette lumiere douce
et
Grimm
zu die heu-
benigne qui a eclaire les
les a rendus dignes de nach der misere de ces temps tenebreux et barsuperstition et la sottise donnaient la loi aux hom-
en ces derniers temps, et qui
leur existence
bares oü la
mes
et maitrisaient l'esprit humain.'
kungen hätte sie
Solche günstigen Wir-
die Religion niemals hervorrufen können, weil
das Bestreben habe, die Gläubigen ihren
Dogmen
terwerfen und für ihre Entscheidungen bhnden 1.
der
Grimm
lich angegriffen
mit
ergreift lebhaft für sie Partei, als die
Komödie „Les Philosophes"
Hohn und
wurden
(1.
zu un-
Gehorsam zu Philosophen in
(1760) von Palissot als staatsgefähr-
Juni 60 S. 240).
Leidenschaftlich, oft auch
Spott geißeU er jene „groben Lügen", jene „grausamen
Verleumdungen", jene „ungerechten Verfolgungen", die die Fortschritte der Vernunft und Wahrheit hemmten. leitenden Kreisen, alle
am
Er bedauert, daß auch
in
den
Hofe, der Glaube Eingang gefunden habe, daß
Mißerfolge Frankreichs auf die zersetzenden Einflüsse der Philo-
sophie zurückzuführen seien.
Grimm
befürchten,
Der Erfolg der Komödie
Palissots läßt
daß die Barbarei und der Aberglaube ihre Rechte
wieder zur Geltung bringen würden. 2.
1.
Januar 55
(S.
460)
u.
1.
November 55
(S.
113).
~ verlangen.
29
—
Die Philosophie schreibe keine
Dogmen
vor und
erlasse keine Dekrete, könne also nicht knechten, sondern nur
aufklärend wirken.
Nach Grimms Meinung kann die Macht der Philosophie, und Wahrheit fest gegründet sei, durch
die auf Gerechtigkeit die
vereinten Anstrengungen von Fanatismus, Unwissenheit
und Barbarei nicht zerstört werden. Vor der aufklärenden Wirkung der Wahrheit müßten Vorurteil: und Ungerechtigkeit verschwinden, die Autorität verliere ihr Ansehen, und
Wahrheit und wahres Verdienst
die raison allein herrsche.
brächen sich durch die dichteste Finsternis der Beschränktheit Bahn, wenn ihnen im Anfang auch noch so viel Hindernisse entgegengestellt würden. Tant de grands hommes auxQuels Vhumanite doit tout,
meconnus ou negliges pendant un
moment que
temps, ont recouvre, du
le
flambeau de
la Philo-
sophie sest eleve, les droits qiiils avaient ä notre reconnais-
Ein solches Schicksal hätte Ba-
sance et ä nos hommages!
con, der restaurateur de la raison et
de
l'esprit philosophique,
zu erleiden gehabt, dessen Verdienste erst von Diderot erkannt worden seien und dessen Philosophie die Grundlage itr Encyclopedie geworden 3.
Das
Schicksal
sei.^
der
„Encyclopedie",
Aufklärung" und Wissenschaft des dienst seinem
Er
Interesse.
Freunde Diderot
18.
dieses
zufällt,
verfolgt
l'esprit
humain",
morables epoques de die Fehler
Grimm
mit lebhaftem
preist sie in verschiedenen Artikeln als „la gloire de la
nation et du siecle", als „la plus belle entreprise
ment de
Hauptwerkes der
Jahrhunderts, dessen erstes Ver-
und Lücken
als
et le
„une des plus grandes
la litterature".
nichts, die
An
plus beau monuet
des plus m^-
diesem Urteil ändern auch
ihm nicht entgehen,
die er aber
größten Teil den häßlichen Verfolgungen zuschreibt, denen das
zum
Werk
von Seiten seiner verständnislosen, intoleranten, aber machtvoUen Gegner ausgesetzt
sei.
Grimm
die
grüßt
Mit
um
so größerer Freude und Genugtuung be-
Förderung des Werkes unter den mißlichen Um-
ständen und bespricht oft recht eingehend die einzelnen Bände nach
ihrem Erscheinen.
Als die wertvollsten Artikel empfiehlt er
stets die
-.
Grimm
-
30
Feind jeder Vergewaltigung der Gedankenfreiheit, und so zieht er sehr scharf gegen die Ansicht zu Felde, daß die liherte d'ecrire gefährlich sei und ist
ein entschiedener
Gebrauch machten, schlechte Staatsbürger seien/ Der Vorwurf, die Philosophen seien die perturbatmrs de la chose publique, sei uralt und unberechtigt. Die Philosoalle,
die
von
ihr
phie habe nur geringen Einfluß auf die Sitten eines Volkes,
und dieser geringe Einfluß könne nur zum Guten ausschlagen. Eine gesunde Politik müßte die Philosophie eher ermutigen, Diese Fortschritte hätten nur ihre Fortschritte unterstützen. die zu fürchten, die ihre Herrschaft auf Urteilslosigkeit
und
Verblendung des Volkes gegründet haben, deren Macht infolgedessen diürch die Aufklärung schwer erschüttert werde. Das Gute und Nützliche, was die Philosophen schrieben, könne jede Regierung benutzen sans crainte de partager son credit ou de perdre de son autorite en cedant ä des remontrances.
Nie
sei eine
schweige denn
Herrschaft der Philosophen zu erwarten, geein Mißbrauch ihrer Macht zu befürchten.
Ruhm, Verdienst und
Erfolg
und deshalb
persönlich,
wohl möglich.
Grimm kann
Vereinigung derselben nicht
eine
Philosophen nicht erkennen, denn
Grimm
geschlossene Partei der sie
Mit Worten
von Diderot und d'Alembert.
jeden Schriftsteller
für
seien
sei eine
seien trop partages
tiefster
Empörung
Breton, der schließlich den Text der zehn letzten
Bände der „Encyänderte,
clopedie" eigenmächtig und ohne Wissen Diderots
Ausgabe
um
1.
Grimm
veröffentiichte.
alle
und
bespricht
die
ihm
so eine arg verstümmelte
bd
dieser Gelegenheit noch
Verfolgungen, denen das glorreiche
Werk
ausgesetzt war,
eigenen die Schändlichkeit dieser letzten Vergewaltigung durch den
Verleger vor 298;
strich
scheinenden Stellen
gefährlich
einmal
geißelt
die feige und hinterlistige Handlungsweise des Verlegers Le
15.
Augen zu
Sept 54
April 59
S. 96;
S.
15.
Juni 61
407;
15.
April 60
1.
S. 476.) Vgl. Hettner, 4.
führen.
1,
c.
(1.
Dez. 57
S.
S. 272.
(S. 420).
Jan. 71
224; 15.
S.
S.
457;
Mai 63
203; 15. S.
15.
Nov. 53
S.
Febr. 59 S, 80;
295; 15. Januar 66
.
, ,
_
.
3f
_
'
; ;
d'opinions et de vanite pour se reunir jamais en corps qui
puisse avoir unite d'esprit et de vues.^
Grimm
erkennt auch innerhalb der verschiedenen philoso-
phischen Richtungen keine Parteien an, deren einer er sich
Er
hätte anschHeßen' können. tor für sich
von seinem Standpunkte aus, den wir
Bald
nalistisch bezeichnen- werden.
Au-
kritisiert Jeden einzelnen
führt ihn sein
ratio-
al's
Denken
auf
die Seite Voltaires, bald auf die Rosseaus, bald auf die Did^rots,
d'AIemberts oder Buffons,
um
jedoch auch wieder deren
Theorien abzulehnen' und ihre Fehler aufzudecken. So bekennt er sich einmal® als einen der eifrigsten
um
gteich darauf an
Anhänger
Philosophie
dessen-
de
Voltaires,
Vhistoire die
schärfste Kritik zu üben.
Grimms Verstandes,
Wärme
Philosophie die
ist
die Philosophie des nüchternen
Lebensfragen ohne Begeisterung und
die
Sein kühles, den Leser leicht erkältendes,
beurteilt.'^
leidenschaftsloses Ueberdenken gibt diesem
Weltmann
eine
Feindi, und nicht ohne Grund wurde er im Kreise der Freunde, die die Macht
große Überlegenheit gegenüber Freund und seiner raison
kamen,
le
wohl erkannten
Grimms
Die Philosophie
gramm, keine keit,
genug
undi oft
t\x
spüren be-
tyran genannt. Theorien- zu.^
läßt keine Prinzipien, kein
Pro-
Praktische Uebung und Tätig-
objektive Betrachtung aller Erscheinungen sind für ihn
denen sich wahre wissenschaftliche Un-
die Grundpfeiler, auf
tersuchungen und Forschungen 5.
aliein
aufbauen könnten.
Das
Gr. versucht den Angriffen der Gegner die ernste Grundlage
wegzuziehen, indem er auf Voltaire, Montesquieu, Palissot und Freron hinweist, die, obgleich alle Literaten, doch
wohl kaum einer gemein-
samen Partei zugerechnet werden könnten.
ein
Mai 65
276).
6.
15.
7.
Charakteristisch
tragisches
sind seine
Rousseau
a L
(S.
ist
das abfällige Urteil des Weltmannes über
Liebesschicksal.
Worte
„Une
folie,
une
aventure
für ein Ereigfnis, das die Zeitgenossen
tief erregte.
Februar 55
(1.
Juni 70
(S. 485),
S. 44).
bizarre"
und besonders
höchste Ziel der Menschen
-
52
sei
das Streben nach
Erkennen des Wirkhchen.
lichen
'
Zu
dieser
dem
natür-
schweren Auf-
gabe gehörten vor allem Aufrichtigkeit und Redlichkeit, Eigenschaften,
die
jeden echten Philosophen und Forscher
aus-
zeichnen sollten.
Es gebe keine gefährliche oder schädhche Wahrheit, und deshalb brauchte man keine Wahrheiten vor den Menschen zu verheimlichen, selbst nicht die Wahrheiten,
Fragen der Religion bezögen. Im Gegenteil, jedes Verbergen des für wahr Erkannten verrate menschliche Schwäche, und diese auf die Gottheit zu übertragen, sei geradezu Gotteslästerung. sich auf die tiefsten
die
Das sei die
was
erste,
eine solche aufrichtige Philosophie lehre,
Erkenntnis der faihlesse und vanite de nos semhlables\
die Erkenntnis der
engen Grenzen des Menschengeistes,
die
allerdings nur wenigen bevorzugten Genies vorbehalten ge-
La sagesse et la vraie science resteront toujours en depöt chez un petit nombre de sages. Diese kleine auserwesen
sei.'''
wählte Schar tion,
sei nicht
getrennt diurch eine dilference de na-
noch durch die diversite des mceurs,
lieux, ni celle
des temps, sondern
monie ihres Denkens und Fühlens.
fest
ni la distance
des
geeint durch die Har-
Die großen Talente hätten
kein Vaterland, sie gehörten allen, die sie zu würdigen wüß-
Les philosophes appartiennent ä Vunivers
ten.
qu'ils eclai-
Bei Gelegenheit der Besprechung von Rousseaus Dis-
cours de Dijon,
dem
in
dieser nachzuweisen sucht, d^aß die
Künste und Wissenschaften eine Quelle der Verschlechterung der menschlichen Sitten geworden sind, diie
kommt Grimm
auf
Frage der Ueberlegenheit des Menschen gegenüber den 9.
Solche skeptischen Aeußerungen über die Fähigkeit des Men-
schen zu erkennen und zu beweisen finden sich des öfteren in der
„Correspondance". Vgl. im folgenden
Vgl.
10.
1.
11.
15.
Januar 56
Mai 58
im folgenden
(S.
(S.
S. 36.
149).
510);
S. 99-105.
1.
Oktober 65
(S.
378);
1.
JuU 65 (S.318).
~
anderen Lebewesen der Natur." übrigen
Wesen
«
33
Was
erhebe, das sei die
den Menschen über die ihm eigene Fähigkeit zu
denken.
Letat de la bete est constant et mmuable; Vetat de est, par sa natiire, siijet ä mille changements bons ou mauvais Qu'aiieune Philosophie n'est capable d'arreter.^^
Vhomme
Hält er so die Denkkraft für das Privileg des Menschen
und
für sein, erhabenstes Gut, so sieht
als er die Nachteile, die
doch auch keiner mehr ihr entstehen könn-
den Menschen aus
ten und zahlreich entstanden seien. Gerade sie sei die Quelle vieler Uebel, weif sie
nur zu leicht von
d'en
Menschen
in ge-
Weise mißbraucht werde."
fährlicher
Die Sucht der Philosophen, aus bloßen Wahrnehmungen und Vermutungen Systeme aufzubauen, die sie als Wahrhei-
dem
ten anerkannt wissen wollten, sei die größte Gefahr, die
Menschen von seiner Denkkraft her drohe. Die UnzulängHchkeit solcher philosophischen^ Systeme für die Fragen des praktischen Wissens nachzuweisen, ist stets Grimms heißestes Bemühen. Scharf wendet er sich gegen die dogmatichen Philosophen,^'* welche zu beweisen suchten la sagesse de la
Was
nicht
diffieiles,
wür-
Providence par tout ce qui favorise lern Systeme, 'n
d'eses System, hineinpasse, die
phenomenes
den einfach auf Rechnung der impenetrabilite de ses vues gesetzt. Diese Art, sich mit der Welt abzufinden, sei zwar sehr bequem, jedoch mit Hilfe von Systemen und Hypothesen
man nur äußerst selten zur Entdeckung der WahrUnter diesem Gesichtspunkt verurteilt er die philoso-
gelange heit.
phischen fons,
ja
Werke Rousseaus, selbst
scharfe Kritik.
die
Voltaire und
Und
naturgeschichtlichen Buf-
Diderot
trifft
hier
eine
recht
diese vier Autoren sind für ihn die
illu-
stren Schriftsteller seiner Zeit.
Die systematische Philosophie verweist Grimm in das Reich der Poesie, die nicht dasselbe Maß strengen Forschens 12.
Februar 54 (a 318).
15.
13. Vgrl. 14.
1.
15. 1.
im
folgfenden S. 40.
Januar 56
(S.
September 59
154); (S,
1.
136).
Februar 55
(S. 479),
:
-^
34
nach Wahrheit erfordere wie
dtie
~^
-
.
^„
eigentliche Philosophie.
Cha-
Besprechung von Robinets De la Nature,^^ dem er bei aller Anerkennung seines philbsophischen Geistes den goüt des systemes vorzuwerfen hat, sein Schluß Les gens ä systemes et ä hypotheses devraient toujours rakteristisch
ist
bei d>er
ecrire en vers.
Von einem großen Philosophen verlangt er, daß er sich von allem Systematisieren freihalte.'" Le vrai philosophe recueüle des
faits,
il
les approfondit,
il
transmet ä la con-
les
naissance et ä la meditation des hommes, mais d'autres la frivole gloire de les expliquer. für rien
Grimms Auffassung
Descartes'
ist
die Art,
il
laisse
ä
Charakteristisch
wie er sich mit den Theo-
auseinandersetzt.'^
bewundernde
Seine
vom Zweifel ausgezum unantastbaren Gesetz macht, nur das als wahr zu betrachten, was in der Idee des Gegenstandes seiner Betrachtung deutlich enthalten sei. Darum stimmt Grimm dem Grundsatze cogito, ergo sum zu, weil er auf klarer Wahrnehmung beruhe, aber alles weitere Forschen nach dem Wie des Denkens lehnt er ab, dia diese Erkenntnis dem Menschen
Zustimmung
erregt es, daß Descartes,
hend, es sich
verschlossen sei und alles Philosophieren über derartige un-
Dinge nur ein Träumen bleibe. Wenn Descartes werde ä la ctümere des idees innees, au roman des tourbillons und zu einer Reihe anderer Irrtümer und unhaltbarer Systeme und mit deren Hilfe schließlich zu der Idee von dem vollkommenen Wesen und seiner notwendigen Existenz, der Basis seiner ganzen Philosophie, komme, so sucht Grimm durch einige Gegenfragen der
erforschliche
trotz seines Prinzips geführt
praktischen Vernunft dieses Gedankengebäude umzustürzen.
Aus denselben Gründen macht er V o t a r e wegen seines Philosophe ignoranf' den Vorwurf der Inkonsequenz. Wie Descartes gehe Voltaire vom Zweifel an allen Systemen 1'
16.
15.
17. 1.
18. 15. 19. 1.
Februar 65 (a September 59 September 65 Juni 66
(S.
204). 137).
(S. 359).
(S. 51),
i
~
35
—
und Mutmaßungen aus, werde aber schließlich le phUosophe le plus positif, le plus engoue de chimeres et de systemes imaginaires, Grimm erhebt auch hier Einwände gegen die Annahme eines Etre supreme, die auf unerwiesenen und unerforschbaren Behauptungen beruhe. Vollends beherrsche die Liebe zu den Systemen und paradoxen Behauptungen Rousseau und führe ihn zu Voreingenommenheiten, die der wahren Philosophie zuwidter seien/^ Ihn treffe besonders der Vorwurf, daß er, um seine An-
phenomenes favorables benütze, bei Seite schiebe. Dadurch Bild, das der Wirklichkeit nicht im
sichten zu stützen, nur die diie
phenomenes
diffieiles
entstehe naturgemäß ein
geringsten
An
ähnele.
dagegen
dSe Tatsachen,
selbst geschaffen habe, glaube er mit
So habe
die
seine Erfindung
dem größten Vertrauern
sich seine Einbildungskraft eine Geschichte der Tiere
und der wilden Völker konstruiert, um seine Gedanken über die Gefahren der menschlichen Gesellschaft zu begünstigen.^* Grimm benutzt jede Gelegenheit, um die Sucht nach Systemen zu bekämpfen, die dazu führe, einzelne Beobachtungen, deren Richtigkeit durchaus nicht sei,
zu verallgemeinern.
immer unzweifelhaft
Die beschränkte Lebensdauer des
Menschen und, allgemeiner,
die kurze Geschichte der
Men-
schen lasse uns nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Be-
obachtungen sammeln, sodaß
man
diesen
kaum
unbeddngte
Wahrheit zusprechen könne. Deshalb macht er B u f f o n den Vorwurf, daß er in seiner Histoire naturelle'^'' einfache Konjekturen für erwiesene Wahrheiten ausgebe, denen nur allzu oft die Tatsachen widersprächen. Damit ist im großen und gan* zen Grimms Stellung zu Buffon charakterisiert. Er liest mit Interesse die Fortsetzungen der Histoire naturelle und beFebruar 59
20.
1.
21.
So gibt Rousseau auch nach Grimms Ansicht von der Stadt
(S.
76).
Genf nach eigener Phantasie nur
um
ein Bild, das der
Wahrheit widerspreche,
in seiner Vaterstadt Theateraufführungen
Februar 59 22. 15.
S.
75
ff.).
März 62
(S, 56).
zu verhindern.
(1.
-
36
—
Bände 4—11.'' Er bewundert den wohlvornehmen und erhabenen Stil Buffons, der seinem Werke einen eigenen hohen Wert gebe. Auch manchem philosophischen Gedianken kann er seine Anerkennung nicht versagen. Aufrichtige Bewunderung zollt er solchen bedeutenden, die Menschheit ehrenden und fördernden Schriften. Aber stets muß er Buffon die Liebe zum Systematisieren vorhalten und ihm die unfehlbare Sicherheit vorwerfen, die er Dingen gegenüber einnehme, die er sich selbst erst doirch seine Systeme geschaffen habe. Das widerspreche jedier Wissenschaftlichkeit, jedem philosophischen Geiste.'* Buffons Mitarbeiter Daubenton zeige sich dagegen als genauer und gewisspricht eingehend die
gepflegten,
senhafter Beobachter.
denselben
In
Bahnen bewegt
Traft e des sensations (1754)'^ des
sich
das Urteil über den
Abbe de Condillac.
Hier spricht Grimm die Forderung aus Que nos philosophes nattachassent point ä leur methode d'expliquer la maniere
dont se fönt nos sensations un plus haut degre de certitude
a reellement.
qu'elle n'en
Man
dürfe nicht eine Sache für er-
wiesen ausgeben, die nur einen gewissen Grad von
Wahr-
Gewiß, es koste den Menschen;
viel,
seine Unwissenheit zuzugeben, aber gerade das offene
Ge-
scheinlichkeit besitze.
ständnis des Nichtwissens sei das beste und' sicherste Krite-
rium
den wahrhaft weisen Menschen, dem es das höchste
für
Ziel sei,
wahr und gerecht zu
sein.'^
Das Verallgemeinern und Systematisieren auf Grund vager Vermutungen und einiger wiWkürlicher Beobachtungen berge die große Gefahr in sich, daß einzelne Menschen oder Gruppen im Vertrauen auf ihr sicheres Wissen sich über die 23.
56
(S.
1.
Oktober 53
301);
15.
285);
(S.
August 59
(S.
1.
November 55
131);
15.
(S.
März 62
112); (S.
1.
56);
November 1.
Juli
64
(S. 22).
24.
1.
tember 59 25.
1.
November 55 (S.
a
113);
1.
November 56
138); 15. Januar 61 (S. 342); 15.
Dezember 54
26. Vgl.
(S.
32
Amn.
(S. 9,
443),
(S.
März 62
304);
1.
(S. 56).
Sep-
~
37
—
anderen erhöben und durch ihre Intoleranz gegen alte Zweifter und Gegner für die gesamte Menschheit Schaden anrichteten. Eine dauernde Intoteranz habe mit der Vergewaltigung des Gewissens und der Ungerechtigkeit allen Aufrechten gegenüber einen geistigen Verfall der Menschen im Gefolge. will
Grimm
allerdmgs nicht behaupten, daß eine solche allgemeine
Dekadenz der Menschheit
tatsächlich eingetreten
sei.^^
Die
Ländern mit derselben Masse von Tugend, Genie und Größe ausgestattet, die Menschheit
sei in allen
Zeiten und in allen
allerdings verschiedenen, meist unbekannten Einflüssen unterlägen,
die verschieden
ausgenutzt würden und
darum
ver-
schiedene Resultate erzeugten. Er ist überzeugt, daß die Gegenwart mit ihren Talenten, ihrer Gesellschaft und ihren Unterhaltungen in ihrer Weise ebensoviel* wert sei wie die Vergangenheit.
Grimm ist ein Gegner des Pessimismus. Er macht den modernen Philosophen ihre Neigung zur Misanthropie zum Vorwurf.^^ S'il y a Quelques hommes malheureusement constitues, ü ne faut pas vouloir comprendre tout le gerne humain sous la malediction. Man könne sehr leicht und ohne Uebertreibung ein erschreckendes Bild der Leiden geben, denen das
menschliche Leben fortwährend, ausgesetzt de an der Existenz und die Hoffnung
sei,
wögen
aber die Freu-
die Schattensei-
Das Vertrauen auf eine bessere Zuden Menschen stets über gelegentliche Unbilden
ten voll und ganz auf. kunft solle
und schwere Prüfungen hinwegbringen. sei eine jener
Der Pessimismus
verhängnisvolten Folgen, die den Uebertreibun-
gen der dogmatischen Philosophen entsprossen
seien.^^
Wenn Rousseau dem systematischen Vergleich der Epochen des Menschengeschlechts mit den vier Abschnitten des menschlichen Lebens zuliebe das Glück der Kindheit auf den Zustand der Wilden übertrage, so findet Grimm die Idee des 27. 15.
April 63
28. 15. April 61 29.
Grimm
ist
(S.
259).
(S. 374).
durchaus nicht immer gleich entschieden in seiner
Stellungnahme gegen den Pessimismus.
Vgl. im folgenden S, 40.
38 Vergleichs an sich groß und schön, jedoch fehle ihr jede Begründung durch Tatsachen und damit jeder reelte Wert.^"" Was könne Rousseau vom Giück der Wilden der eigenen Erfahrung oder wahrheitsgetreuen Reiseberichten entnehmen,
was
Noch
seinen Ideen lebenswahren Inhalt geben könnte?
weniger leuchtet ihm die Richtigkeit des Vergleichs
ein,
den
Rousseau zwischen der Gegenwart und dem Greisenalter zieht. Weder das Greisenalter noch das Alter der Menschheit seien als ein lieber anzusehen. Gerade das Greisenalter sei von Verstand und Vernunft erhellt, da es von der EitelAuch das Menkeit und Anmaßung der Jugend befreit sei. schengeschlecht sei sich erst in seinem Alter der Güter be-
wußt geworden,
die es besitze,
wenn
es
auch gleichzeitig er-
kannt habe, was es im Vergleich mit seiner Jugend verloren habe.
Der gänzliche
Verfall'
der Menschheit werde eine
Um-
Vorzüge
ihrer
wälzung bewirken, die ihr ihre Jugend und Anfänge zurückgeben werde. Sehr
leicht sei es,
den Menschen
die
als die elendeste aller
Kreaturen darzustellen, stets im Widerspruch zu sich stets als
Beute seiner maßlosen Wünsche,
stets
selbst,
von SchwieDieses Nach-
ihm die Vernunft bereite. UnvoUkommenheit des Menschen hält Grimm für naturwidrig.'^ Man solle den Menschen sehen und nehmen, wie er ist, sich dem Willen der Natur unterwerfen und in dieser Unterwerfung das Glück finden, dessen der Mensch rigkeiten gequält, die
denken über
fähig
die
sei.
In der
Frage nach der Freiheit des menschhchen Wilu
Grimms Erklärungen etwas schwankend, jedoch entschieden mit den Jahren zum Determinismus hinneigend. Am 1. Dezember 54 (S. 443) erklärt sich Grimm gegen den sind
lens
Beweis von der Freiheit des Willens, den Condillac in seiTratte sur la liberte gegeben zu haben glaube. Der Umstand, daß wir abwägen und wählen, beweise nicht, daß wir frei sind, sondern daß es so aussehe, als ob wir frei sind..
nem
30. 15.
JuH 55
31. 15. Juli
56
(S. 57), (S.
258).
— Andererseits
Grimm
ist
39
—
der Meinung, daß Fontenelle in sei-
nem
Tratte sur la liberte (1743), der ihm bandschriftlicli vor-
lag,
den Beweis für die Unfreiheit des Willens nicht erbracht
Er
habe.
Frage nach der Willensfreiheit
hält die
bar, weil sie
einem strikten Beweise unzugängHch
für unlössei.
Aus
seinen Ausführungen geht aber immerhin hervor, daß er der
Annahme der Bestimmtheit des Willens zuneigt. Diese Neigung zum Determinismus spricht sich noch entschiedener aus in einer Stelle der Correspondance litteraire vom 1. Februar 55 (S. 482);
wo
er erklärt,
gebunden
sommes
daß unsere Handlungen nicht
freier
Wahrnehmungen und Urteile, die durchaus Dans nos actions les plus indifferentes nous
seien als unsere seien.
toujours necessairement determines au parti que nous
prenons, par unmotif quel
qu'il sott:
on
rigoureusement pour en etre convaincu.
na
qu'ä s'examiner
Und! ähnlich etwas
am
1. September 56 (S. 276). Or, on fera si Von veut beaux raisonnements, les sopHsmes les plus specieux pour prouver la liberte de Vhomme; mais independamment des arguments graves qu'une Philosophie eclairee leur oppose,
später
les plus
si
Von veut
etre
de bonne
foi, je
crois que
chacun peut se con-
vaincre, par le sentiment intime qui est en lui et par le souvenir
conserve de ses actions, que sa conduite a toujours ete
qu'il
le resultat
nees par
necessaire de differentes modifications occasion-
le
concours des circonstances, et
veritablement dispose de
So
un
na
jamais
instant,""^
ergibt sich auf ethischem Gebiete eine Philosophie des
und des
Instinktes
de
lui
qu'il
la nature gilt
Gefühiles.
ihm
Als oberstes Gesetz seines code
die Liebe, jene fruchtbare Quelle des
Glückes und der Lust.^^ ähnlichem Geiste bewegt sich
32. In
67
Grimms
Urteil
am
15.
Sept.
(S. 414).
33.
Gr. hält es deshalb für einen Fehler, daß Kirche und Staat
durch unlösbare Bande die Liebe
in Fesseln legten
habensten Gefühl des Menschen das Werkzeug ten.
nellen
und aus dem
seines Unglücks
er-
mach-
Hier klingt die uralte und ewig neue Klage über die konventio-
Ehen heraus,
in
denen jede Liebe vergewaltigt werde und dem
Wie
alle diese
—
40
Ansichten
Grimms
rungsphilosophen verweisen; so
ihn unter die Aufklä-
ihn auch sein Glaube
stellt
an die Perfektibilität des Menschen zu ihnen,
Correspondance verleiht.
La
litteraire
ßerfectibilite
dem
er in der
nicht selten energischen Ausdruck est la marque caracteristiqm qtd
l'homme d'avec la bete^''' Das Tier behalte den Grad der Vervollkommnung bei, den ihm die Natur bestimmt habe, der Mensch dagegen könne sich vervollkommnen. Die Geschichte der Menschheit zeige beständig große Umwälzungen, nach denen sie bald erstarke und ihren Wohlstand- vermehre, bald auch abnehme und verfalle. L'homme seul par
distingue
pour eprouver les differences les plus sensibles et pour passer par des changements successifs et continuels, suivant lesquels il peut ou approcher de la perfection que son espece comporte, ou s'en eloigner jusquä se degrasa nature est
fait
Allerdings erscheint es
der.^^
Vervollkommnungsmöglichkeit
Grimm für die
zweifelhaft, ob diese
Menschheit ein Glück
und einen Vorzug bedeute. Ihre Geschichte scheint ihm im Gegenteil zu zeigen, wie diese Gabe eher verhängnisvoll als nützMch geworden sei, während die Tiere wenigstens den Vorteil hätten, stets ihre Pflicht zu erfüllen, wenn sie der Natur gehorchten, und also nie entarten könnten.
Trotz der größ-
werde der Mensch nie den Zustand der höchsten Vollkommenheit erreichen, sein Los sei es, stets danach zu streben. An ihrer Erfüllung aber werde ihn die Macht des bhnden und vorschnellen Vorurteils hindern, dessen Herrschaft sich wohl vermindern, aber nie völlig beten Anstrengungen
siegen lasse.
Diese
pessimistisch
stehen im Widerspruch
klingenden
als
—
Grimm
56
Vgl. hierzu 15.
34. 15. Juli 55 (S. 55). 35. 15.
Februar 55
spricht Sätze aus, die den
wolle er sein Verhältnis zur
von dem er allerdings nicht ausdrücklich S. 259.)
(S.
Grimms
zu anderen, teils ungefähr gleichzei-
Ehrgeiz und Interesse weiche.
Eindruck erwecken,
Aeußerungen-
Dezember 65
Vgl auch
m).
Mme
dTpinay,
spricht, rechtfertigen. (15. Juli (S. 453). ^
S. 33.
~
Aeußerungen
tigen, teils späteren
nach denen
teraire,
—
41
die
er
in
der Correspondance
lit\
optimistische Auffassung seiner
aufklärerischen Freunde und Zeitgenossen
Er
teilt.^^
hofft
mit ihnen auf einen zukünftigen Sieg der gesunden Vernunft. //
est impossible
Que
la saine raison
ne
sott ecoutee
ä
la fin,
et que tant d'excellents ecrits en faveur de la cause du gerne hamain ne prevalent enfin sur les efforts d'un petit nombre d'ambitieux en soutane et en surplis Qui ont fonde leur empire sur notre betise. Die Wirkungen dieser Umwälzung werde allerdings die gegenwärtige Generation nicht mehr ge-
nießen, jedoch bleibe ihr der Trost, daß sie das
künftigen vorbereitet habe, indem sie die
Glück der zu-
Fundamente der
Tyrannei untergraben habe. Das Hauptverdienst dem defenseur des droits de rhu-
geistlichen
hieran gebühre Voltaire,
Grimm
manite.
hegt den tröstenden Gedanken
que
tonte
l'Europe s'achemine vers une epoque oü les droits de l'humanite seront
mieux connus
Ja, er fühlt
et reposeront sur leur propre force.^^ schon die ersten Anzeichen dieser Besserung.^^
(komme de
müsse es merken que l'Europe s'achemine sensiblement vers un etat d'ameJeder gescheite Mensch
lioration
genie)
il serait impossible de pressentir ni les ä moins que quelque catastrophe physique
dont
ni le terme,
ne nous remette dans notre etat primitif
bite
36. Vgl. S. 37; 15. Sept.
Mai 67
37. 15.
67
effets
et su-
et sauvage!'''
(S. 421).
(S. 318).
November 67
38.
1.
39.
Grimm mag
es
(S. 467).
entsprechend seiner kühlen, zweifelnden Art
wohl manchmal schwer geworden
sein,
die
Hoffnung auf einen dau-
ernden Fortschritt des Menschengeschlechts aufrechtzuerhalten. S,
32 u. 33.
Andererseits bewegt ihn doch der Wunsch, das
schengeschlecht
möge
sich
(Vgl.
Me»
vervollkommnen und einer besseren Zukunft
entgegengehen, und daraus ergibt sich die optimistische Formulierung seiner
Gedanken wie
1767.
Aus
in
den oben angeführten Stellen aus
Jahre
der „Correspondance litt^raire" läßt sich nicht mit Be-
stimmtheit nachweisen, daß jüng^erer
dem
Grimm
sich
von optimistischen Ansichten
Jahre in späteren zu einer pessimistischen Auffassung ent^
.^k
-
—
42
Angesichts des wechselnden Geschicks und der häufigen Umwälzungen, von denen die Geschichte der Menschheit berichte,
Grimm
warnt
davor, eine Nation absolut über die
Zu
and'ere zu setzen.*"*
leicht verfalle der
Mensch
in
den
Irr-
tum, eine Nation, die zeitlich oder örtlich von ihm getrennt sei, als die
bessere anzusehen, weil
Einrichtungen,
man
ihre verhängnisvollen
Mißbräuche und Fehler entweder überhaupt
nicht kenne oder
doch wenigstens unter ihnen nicht zu leiden
Zu allen Zeiten und bei allen Völkern habe es gute Gesetze und empfehtenswerte Gebräuche, aber auch abergläubische Ideen und Gewohnheiten, Ungerechtigkeiten und Unglück gegeben. Le peuple est partout peuple."'^ Der Charakter einer Nation sei überhaupt zu schwer festzustellen und zu habe.
da er sich
beurteilen,
in
Manche der
wickelt habe.
der Natur
Stellen, die
d'er
Sprache, der Regie-
schwarzseherisch lauten, erklä-
ren sich, wie ich glaube, aus vorübergehender
Stimmung des journa-
Als man bei der 200. Wiederkehr der Bartho-
listischen Schriftstellers.
lomäusnacht dieses denkwürdige Ereignis mit Schweigen übergeht,
Grimm
ist
darüber so verstimmt, daß er an merkliche Fortschritte der
Menschheit nicht glauben wiU.
(1. Sept.
72 S. 50.)
„Que nous sommes
encore loin de cette reformation salutaire de nos mceurs, oü
les rejouis-
sances publiques d*une nation auront pour objet la commemoration des
grandes actions de ses ancetres,
oü
et
leurs forfaits publics seront ex-
pies par des jours solennels d'humiliation, qui inspirent ä la nation une juste horreur
pour
les
crimes dont ses annales sont souillees!"
sonders die geringe Meinung, die Gr. von für die Menschheit hegt, verleitet ihn
dem Segen
—
Be-
des Christentunfö
manchmal zu Aeußerungen
einer
pessimistischen Anschauung von dem Werte der modernen Zeit und
der Möglichkeit des Fortschritts der Menschheit S.
45;
S. 389).
1.
Januar 55
—
S.
460;
AprU 63
15.
S.
Diderot Oeuvres VII 451 Anm.
41. 15.
15.
September 63
260;
wohl dem Jahre
Immerhin muß man
Stellung in der Frage des Pessimismus schwankt. 1.
im folgenden
Die trüben Aeußerungen, die Morf anführt (Hettner,
S. 437), gehören einer späteren Zeit an,
40.
(vgl.
Juli
68
(S.
115).
September 66
(S.
115).
6.
1772.
Aufl.
Vgl.
sagen, daß Gr.'s
_ rung, der Sitten
—
43
und Gebräuche und der Künste äußere, zu deren Studium
richtiger Erkenntnis ein tiefgehendes ausgedehntes
nötig
Die Charaktere der Nationen erschienen heute
sei.""'
alter-
durch den herrschenden Geist der großen Weitstädte,
diings
den Geschmack an Reisen und an der Literatur und durch den Handel ausgeglichen, aber dennoch sei in dem Charakter jeder einzelnen Nation eine gewisse Originalität zu erkennen.
Die Alten seien durch ihre Gesetze, Sitten und Religion cha-
Modernen seien es durch den esprit du theden goüt des romans, den ton des societes, die petits contes, die bons mots und- die expressions proverbiales/'^ rakterisiert, die ätre,
Grimms Altertumsstudien haben Antike entstehen lassen,
für die
in
ihm
in
eine
Vorliebe
deren Gesetzen, Sitten,
Gebräuchen, Religion, Schauspielen und Festen er Vorzüge vor der neueren Zeit erkennt/* Hier stimmt er einmal' Rousseau bei, der in den Considerations sur le gouvernement de 42.
15.
hält Gr.
März
67
für dieser
(S. 261).
Aufgabe
-- Nicht einmal Montesquieu und Mably
Er
fähig.
erachtet ihre Untersuchungen
über die Geschichte der Römer und Griechen nicht als wissenschaftliche
Forschungen, da ihnen das
All die unzähligen Einflüsse, die
beitrügen, blieben der
nachträgliche
Studium
tiefe
fehle. (15.
Dez. 66
S. 187.)
zum Glücke oder Unglücke eines Volkes
Nachwelt ewig verborgen, und deshalb seien
Untersuchungen über die Ursachen des Verfalls eines •
Volkes nur leere Hirngespinste, die allerdings genial sein könnten, sie
von einem Montesquieu stammten.
daß er schon bis zu
Ende
als Achtzehnjähriger das
Gr.
betont
es
wenn
ausdrücklich,
Buch Montesquieus von Anfang
für falsch erkannt habe, als er eben
im Begriffe gewesen,
unter der Leitung des Leipziger Philologen Ernesti in das Studium der alten Schriftsteller (15.
Dezember 66
und de^ römischen Altertümer S.
188.}
(„Je
dans Tetude des anciens auteurs direction
tiefer
einzudringen.
commengais alors a devenir protond et
des antiquites romaines, sous la
du professeur Ernesti de Leipsick, un des plus savants hom-
mes de TEurope.") 43.
Hier erkennen
wir Gedanken,
von
denen
Schaffung der „Correspondance litteraire" ausging. 44.
Februar 73
(S,
179).
Grimm
bei
der
—
—
44
Pologne (1772) einen Vergleich zwischeni den Institutionen der alten und denen der neuen Staaten anstellt, der zugunsten der Antike ausfällt. Grimm erscheint der Streit um die Antike und die Moderne, der damals Gegenstand zahlreicher Streitschriften war, lächerlich."'
Die Menschen hätten entschieden Fortschritte gemacht auf den Gebieten derjenigen
Wissenschaften, die von genauen Beobachtungen mehrerer
dem
Jahrhunderte und
Aber
hingen.
Dingen, die
in allen
und des Geistes fielen, worden. Für alle, die ben, hat
Grimm
Fontenelle,
La
Entdeckungen ab-
Zufalle plötzlicher. in
das Gebiet des Genies
Menschen nicht fähiger geModerne Partei ergriffen ha-
seien die für die
deshalb eine recht abfällige Kritik, so für
Motte, Terrasson, wenngleich er auch ihre
Verdienste anerkennt.
Vollends scharf werden seine Bemer-
kungen, wenn er durch Tagesereignisse, die seiner Vernunft zuwiderlaufen, verärgert .
für ihn
ist.
Dann
synonyme Wörter, denn
ennement
les
sind antique
hommes
ni hypocrites, ni sots, ni fripons,
rti
und sage
n'ont ete anciimposteurs."''
Skeptisch lautet auch sein Urteil über die Ergebnisse der
Die Unvollkommenheit des Menschen lasse ihn nur das erkennen, was klar zu Tage trete und mit den
Naturforschung.
Sinnen wahrnehmbar
dem Menschen
Die Mysterien der Natur blieben
sei.
verschlossen.*^
Wohl könne man
äußere Tat-
sachen beobachten, Konjekturen darüber anstellen und Mut-
maßungen darauf aufbauen, aber dadurch seien und würden die Gesetze und Triebfedern der Welt nicht erforscht. Jedes Eindringen in die Geheimnisse der Natur vermittelst der Systeme und der Spekulation sei für den nüchternen Verstandesmenschen ein reines Phantasieren, das unter der Hand eines genialen Schriftstelters Schönheiten bieten könne, die
Grimms
ausgeprägter Geschmack mit Freuden genießt. Aber Wissen sei das nicht zu nennen, weil ihm die begründete Wahrheit fehle. Charakteristisch: ist die Kritik, die Grimm ein
45. 15.
Dezember 54
46. 15.
August 65
47. 15.
März 62
(S.
455).
(S. 347).
(S. 56).
Vgl
S. 41
Anm.
39.
bei
--
'
•
'
der Besprechung von
45
^
'
^ ^
Rousseaus
^
Lettres ä d'Alem-
bert (1758) über dessen Philosophieren äußert, und die seine SteMlung zu dem Genfer Philosophen kennzeichnet. Des ar-
guments specieux, une foule de raisonnements captieux, de tart et de fartifiee, joints ä um eloquence male, simple et touchante, feront de lui un adversaire tres-redoutable pour tout ce qu'il attaquera;mais au milieude V enehantement et de la magie de son coloris, il ne vous persuadera pas, parce qu'tt ny a que la verite qui persuade,^^ Sein zusammenfassendes Urteil über Rousseau wie über alle geistreichen systematischen und dogmatischen Philosophen lautet: cela est tres-beau et tres-faux'' Auch gegenüber der Religion und' den Religionen
Grimm in hohem Maße skeptisch. Der Mensch ist Meinung nach nicht imstande, das Undurchdringliche, das Unergründliche, das Göttliche zu erkennen, noch weniger, es durch Dogmen zu lehren. Daraus erklärt sich die Stellung,
zeigt sich
seiner
die
Grimm
der christlichen Kirche gegenüber einnimmt.
erziehe, sagt er, die
Menschen
in
Sie
beschränkten Vorurteilen,
um
ohne Schwierigkeit eine unbegrenzte Macht über sie ausüben zu können. Ihre Organe, die Priester, hätten sich ein eitles, gefährliches Selbstgefühl angeeignet, das in der Menschgroße Verheerungen angerichtet habe. Er sieht in der Einführung des Christentums den Beginn eines Verfalls der
heit
La ndssance de la religion ehredecadence de la saine Philosophie, Le moment oü Von voit la foi etablie par toute VEurope est celui de la barbarie la plus complete de tous ses peuples.^"^ Die Religion sei eine Sache des Gefühls, des Glaubens und nicht des Wissens, also nicht geeignet, die Menschen abendländischen Völker.'^ tienne est Vepoque
de
la
einem aufgeklärten und klugen Volke, also erst nach einer verständigen^ Erziehung, könne die Religion die Ouelte der Tugenden werden. Daß dieses noch nicht aufzuklären.
48.
1.
Nur
bei
Dezember 58
(S. 54).
49. Vgl. Gr.*s Stellung 50. Vgl. S. 41
51.
1.
Anm.
Januar 55
zu Rousseau
39.
(S. 460).
S.
114
Anm.
66.
—
46
--''il-f
'
•
'
'
'
erreicht
sei, sei
daraus ersichtlich, daß trotz großer Anstren-
gungen und Bemühungen, und obwohl' es an bedeutenden Männern nicht gefehlt habe, sich die modernen Völker noch nicbts von der Größe und Erhabenheit in Wort und Tat er-
worben
hätten, die die Alten auszeichneten.^^
La
necessite
de suhordonner tont aux maximes d'une religion enthoiisiaste fait disparaitre toiis les gratids principes, a extermine la
a
Philosophie pendant des siecles, et s'oppose depuis sa renaissance, de toutes ses forces, ä ses progres,^^
Der Geist des EvangeMums
sei nicht
Prinzipien einer guten Regierung, da die
vereinbar mit den
von ihm gelehrten
Tugenden, die Demut, der Glaube, die Hoffnung, die Kasteiung nicht für das irdische Leben geschaffen seien. Das Evangelium und seine Lehren seien für Enthusiasten bestimmt
gewesen, die sieb
freiwillig allen
Forderungen ihrer Religion
Als solche hätte sie überall geduldet werden können, ohne daß von ihr eine Gefahr zu befürchten gewesen wäre. Durch den Ehrgeiz ihrer Priester jedoch sei die christliche Religion, obgleich^ ihr eigener Stifter zu ihrer
unterworfen hätten.
Grundlage
die
Demut, das Leiden,
die
Armut,
die
Vergebung
bestimmt habe, zur hochmütigsten, verwegensten-, unversöbn-
und
licbsten
intolerantesten^
von
allen
geworden.
Durch
die
Herrschaft der Geistlichen, die ihre Macht auf der Dummheit dtes Volkes gegründet hätten, sei eine allgemeine Degradation der Geister entstanden, eine Folge jenes verhängnisvoflen, gleichmäßigen Erziehungssystems, das wohl dazu geeignet
gewesen
sei, ein
Volk von Mönchen, aber nicht von Männern
zu schaffen."
Sogar der christlichen Nächstenliebe weiß Grimm nachzusagen, daß sie manche Schäden im Gefolge habe.'^ Sie zu sei nicht eine Ouelle wahtrer Wohltätigkeit, sondern führe einem Ziele, das direkt staatsgefährlich werden könne. Ab52. 15.
April 63
53. 15.
September 63
54.
15.
April 63
55. 1. Juni
63
(S. 260).
(S. 389).
(S. 263).
(S. 303).
.,..,.,,.
„
47
-
' '
'
'
M
gesehen von den vielen Mißbräuchen, welche die katholische Kirche dulde,
um
unter
dem Decknamen
der Nächstenliebe
ungeheure Reichtümer und Macht in ihre Hände zu bekommeni, seien es besonders jene
frommen Gründungen und
reli-
giösen Anstalten, von denen die größte Gefahr zu erwarten
und
sei,
die
trotzdem bei der Naivität und Leichtgläubigkeit
des Volkes in der größten Achtung ständen.
Grimm
Einrichtungen läßt
die
Als nützlüche
Waisen- und Findelhäuser und
allenfallis
noch die Invalidenhäuser gelten, obgleich er es
ber sähe,
wenn man
in
Freiheit bei
lie-
Invaliden die Unterstützung des Staates
ihren
Angehörigen genießen
ließe.
Andere
Anstalten der öffentlichen Wohltätigkeit, die nur dazu bei-
im Volke Gefallen an Verschwendung und NichtsAbneigung gegen Ehe und häusliche Sorgen zu nähren und dadurch ein geordnetes Staatsleben zu untergraben, solle trügen, tuerei,
man
niederreißen.
Grimm
glaubt ein besseres Mittel zu sehen,
die Bedürftigen zu unterstützen, ein Mittel, das erst die sozi-
alen Bestrebungen der neueren Zeit wieder
ben:
man
gebe den
Armen
aufgenommen haund Gele-
reichlich Beschäftigung
genheit, sich selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen, da-
mit
sie
vor allem eine geistige Freiheit genießen können.
Die katholische Kirche, die vor keinem Mittel zurückscheue,
um
ihre
Macht durchzusetzen,
aller geistigen Freiheit.
sei die
Grimm bekämpft
alle
ärgste Feindin
Einrichtungen
d'er Tradition am meisten geheiDie Sorbonne und die von ihr vertretenen Anschauungen von Paradies und Holte verspottet er bei Gelegenheit
dieser Kirche, selbst die von
ligten.
der Besprechung von Marmontels
Roman
Betisaire (1767Y^
den die Kirche für gefährlich hielt und die Sorbonne^ dieses Corps le plus meprisable du royaume, verfolgte. Wenngleich
Grimm vom muß, so
künstlerischen Standpunkt den
Roman
ablehnen
den Verfasser Partei im Kampfe gegen die kirchliche Behörde, cet illustre corps, mi-partie de sots et de fripons. Die Verbannungvder Jesuiten aus Frankergreift er
doch
für
—
56. 15. (S. 419).
April 67
(S.
289); 15. Juni 67 (S, 337); 15. September 67
—
^8
-
reich im Jahre 1762'" bedeutet für
zur Herrschaft der Vernunft. sellschaft sieht er aber nicht
und ähnlichen Taten,
die
'
•
'
Grimm
einen Fortschritt
Das Verderbhche dieser Gein dem Attentat auf den König
das Parlament zu seinem Beschlüsse
veranlaßten, sondern in ihrem maßlosen Ehrgeiz und ihrem
Verfolgungsinn.
-^ Eine man
glückliche Zukunft stehe nur dann zu erwarten,
Der Glaube
sem eines anderen sein dürfe. für
wenn
allgemein anerkenne, daß niemand Herr über das Gewiseines
den Staat nicht das geringste Interesse,
sei
Bürgers habe vielmehr eine
Privatsache. Erfülle der Staatsbürger als solcher der menschlichen Gesellschaft gegenüber seine Pflichten, so
Anrecht auf den Schutz der
Gesetze."''
Daß
ein
habe er ein Herrscher
und ihren Anhängern besonGnadenbezeugungen und Begünstigungen zukommen häk Grimm für sehr natürlich, da eine vollkommene
seine eigene Religion bevorzuge
dere lasse,
Unparteilichkeit
Aber
alle
außerhalb
der
Kraft
des
Menscheni hege.
Staatsbürger müßten Sicherheit der Person und des
Besitzes verlangen können, gleichgültig
welchem Glauben
sie
huldigten.
Immer wieder führt Grimm mit scharfen Worten den Kampf gegen die kirchliche und priesterliche Intoleranz, der an sich nicht intolerante christliche Religion gegenüberstellt.'' Deshalb m^üsse der Kampf weniger gegen das Christentum als gegen das Priestertum geführt werden, dessen er die
\nsehen erst verloren genen werae, wenn ueiii Volke eine vernünftige Erziehung zuteil werde, und bisweilen glaubt er Erfolge zu sehen, die ihn auf eine bessere Zukunft hoffen lassen. /; est impossible que cette reclamation continuelle ^de ravocat du ^enre humain (Voltaire) ne remporte, du moins
aupres de la generation suivante, sur les crisi d'm clerge superstitieux et fanatique,'^ Die heftigen Angriffe auf kirch57. 15.
April 62
58. 15.
März 63
59. 15. April
60.
L
Juni 68
56
(S. 72).
(S.
291) und 15.
(S. 212).
(S. 94),
März
56
(S. 193).
Vgl. S. 6S.
liehe
—
49
Mißbräuche erscheinen ihm
Erscheinung des
Revolution voraussehen
den Revolution
sei
als
eine charakteristische
Jahrhunderts, die eine unvermeidliche
18.
ließen.^^
Frankreich.
Der Herd dieser befreienSie werde gegenüber den
vorhergehenden den Vorteil haben, unblutig zu verlaufen. Das Feuer aber glimme auch in anderen Ländern und flamme auch dort schon seit einigen Jahren lebhaft auf.^' Tüchtige Vorkämpfer für die Toleranz seien die Refor-
matoren gewesen, welche die geistige Macht der Priester bekämpft und dadurch die Grundsätze einer gesunden Philosoinsbesondere die Forderung der völligen Gewissensund Glaubensfreiheit verkündet hätten. Den Protestanten phie,
fehle der
Hochmutsdünkel' der unfehlbaren Erkenntnis, der die
katholische Geistlichkeit zu so unzähliigen Abscheulichkeiten
Grimm
verleitet habe.
der Behauptung
tritt
Suards,
des
Redaktors des Journal etranger, daß die Reformation infolge des vielen Blutvergießens der Menschheit
mehr geschadet
La multitude
est plus eclairee,
als genützt habe, entgegen.^^
plus sage, plus heureuse dans un pays Protestant que dans
un pays catholique. Speziell in der Erziehung des Volkes erden protestantischen Ländern große Fortschritte
blickt er in
gegenüber den katholischen.^* Januar 68
61.
1.
62.
Wenn Grimm
Umwälzung,
falls
aufsteigen sollten
(S.
13).
andererseits
(1.
Januar 70
S.
432) die glückliche
im Süden und im Westen noch einmal dunkle Wolken und der Aberglaube
sich verdichten soHte, aus
dem
Osten und Norden erwartet, wenn er ebenda die Befürchtung ausspricht, Frankreich sei
im schnellen Sinken, während
die östlichen
nördlichen Völker einem Aufstieg entgegengingen, so kann
man
und
diesen
Widerspruch aus einer Verstimmung Grimms und aus seinem Wunsche erklären, den Herrschern dieser Völker, insbesondere der Kaiserin tharina, etwas Schmeichelhaftes
als
Mai 62
63.
1.
64.
Man
Ka-
zu sagen.
(S. 83).
kann wohl manche von Grimms Aeußerungen dieser Art
Kompliment
für seine meist protestantischen
Immerhin geht doch aus allem hervor, daß
er
Abonnenten
dem
auffassen.
protestantischen Be-
— Doch
50
—
ihm auch der Protestantismus zu konventionell,
ist
zu wenig auf wahrer Erkenntnis aufgebaut, als daß er selbst
ihm angehören könnte.'' der Natur und sucht
Er bekennt sich zur reinen Religion
Entwicklung auf natürlichem ohne Wunder zu erklären. Mit Hilfe der Elemente,
Wege
alle
durch ihre verschiedenen Kombinationen und die verschiedenen Einflüsse, die auf sie einwirkten, entstehe alles
und werde wiederum sondern
terie,
Es gebe keine
alles zerstört.'®
Materie lebe und wirke. Freilich
alle
tote
ist
Ma-
es auch
ihm nicht möglich, Schöpfung und Entwicklung in ihrem Geschehen deutlich zu erkennen, und er scheut sich nicht, sein Nichtwissen einzugestehen.
Schöpfer der Welt
ist für
Grimm
allein die
Natur, nicht
vollkommenstes Wesen, das niemand wahrneh-
ein höchstes,
meni könne und dessen Existenz nur durch Systeme und Dog-
men
behauptet werde, die wiederum auf
Wahrscheinlichkeiten,
Er verwirft taire
darum
die
nicht
Annahme
aber
einer intelligence supreme, die Vol-
als Schöpferin des
Universums fordern zu müs-
sen glaubte, weil die Welt ein gewaltiges alle
übrigen
Werke
Mutmaßungen und
auf Wahrheiten beruhten.
Werk
sei,
das wie
einen Werkmeister erheische.
Einen unwiderlegbaren Beweis für die Existenz Gottes kenntnis den
Vorzug vor dem katholischen
gibt.
Es
zeigt sich hier
wie auf anderen Gebieten eine Nachwirkung von Grimma Abstammung
und Erziehung.
Er war bekanntlich der Sohn
eines protestantischen
Pfarrers. 65.
1.
August 67
66. Gr's
(S. 381).
Ueberzeugung erinnert an
die atomistische
Philosophie
des Demokrit und seiner Nachfolger und weist auf moderne Entwicklungstheorien.
Man
darf Gr. nachrühmen, daß er auf
dem Gebiete
der
Naturwissenschaften über Kenntnisse verfügt, die ihn in den Stand setzen,
selbst die naturwissenschaftlichen
Anschauungen eines Buffon
und Bazin zu bekämpfen und zu widerlegen.
(1.
Aug.
67. S. 381).
—
Hierin zeigt sich wohl der große Einfluß Diderots auf seinen Freund, der besonders in der Lehre von der belebten Materie klar zu Tage (Vgl. Hettner,
1.
c.
S.
312
ff.)
tritt.
-
51
^
würde Grimm dari-n sehen, daß alle Menischen einem gemeinsamen und der Menschheit nützlichem Ziel zustrebten und
Dann gäbe das den Menscheni Erreichbare.^^
keine Arbeit diesem Ziele entgegengesetzt wäre."'
Grenze mehr
es keine
für
Eine einheitliche, gewaltige Arbeit aller Glieder der Mensch-
würde unfehlbar
heit
schließen
auf
Mühsal und Arbeit,
viele
die
nicht direkt entgegen, so
gend
eine
leitende
höchste Intelligenz
Die Wirklichkeit zeige jedochi- unzählig
lassen.
dem
allgemeinen Nutzen,
wenn
doch wenigstens nicht vorteilbrin-
sei.
Entgegen der Meinung Voltaires befürchtet Grimm keine Demoralisierung für den Fall', daß sich die Annahme des
supreme
]^tre
Er sucht Voltaires An-
als unhaltbar erweise.
daß der Gottesglaube ein für die Menschen und besonders für die Fürsten nützliches und notwensicht zu widerlegen,
diges
Fand
sei.''
Die Geschichte der heidnischen und christ-
Mark Aurel und
eines Ludwig XL, sind ihm Feweise diafür, daß Moral und Gerechtigkeit von der Religion und speziell dem Glauben an die Existenz Gottes unabhängig seien. Wohl erkennt er, daß die Furcht vor den Göttern und die damit verbundenen religiösen und abergläubischen Zeremonien dazu beigetragen hätten, wilde Völker zu zähmen und zu zivihsieren, und achtet daher Moses, Numa, lichen Könige, eines
Mahomed,
Diderot
die
Aberglaubens
in
einem Artikel
als geniale
verurteilt,
Deshalb mögen
schen Horden.
als
Förderer des
Führer solcher barbari-
religiöse Einrichtungen
Zeremonien dazu dienen, eine unerzogene Masse zu
und
diszipli-
nieren, solange es ihr an tieferem Verständnis für die Sitt-
August
1.
68.
Auch im praktischen Leben würden
sicht
67.
57. (S. 384).
gewaltige Leistungen ergeben.
„II
sich
dann nach Gr's An-
reussirait
ä la longue a se
rendre maitre des Clements, a changer les climats, ä demolif les montagnes, ä creuser des canaux, ä etabUr des Communications entre tous les fleuves, ä la
rendre
le
chemin
d'ici
route de Paris ä Lyon." 69. Vgl.
im folgenden
S.
54,
ä la Chine par terre aussi facile que
Kchkeit gebreche.
Ein
^
5^
zivilisiertes
Volk aber gebrauche
sie
nicht;°
Einen praktischen in
Wert
für
das Leben vermag
Grimm
der Religion nicht zu sehen, da sie kein bien necessaire ä
la conservation
de
Er unterscheidet zwischen
la societe sei/^
der Moral einer Religion und den Sitten eines Volkes, von
denen die erstere sich rein auf das Jenseits beziehe und darum allem irdischen Leben fremd und abgewandt des älteren Mirabeau, daß alle
sichit
Religion schrieben. Feinde der öffentlichen
der
Subordination
Grimm
unter
das
ner eines Kultus seien les
Ordnung und
hommes
je-
wären,
tritt
die entschiedensten
Geg-
Staatsregiment
Gerade
scharf entgegen.
Der An-
sei.
welche gegen die
die,
les plus respectables
par
leurs principes et par leurs mceurs, les personnages les plus
graves de VEtat, par Venergie de leur äme, par
la
sagesse de
leur conduite.
Das wahre Fundament
der praktischen Moral und Ge-
rechtigkeit sei die Gleichheit des Menschenischicksals
Unsicherheit seines
Das
Gltücks.'^^
und
die
eigene persönliche Inter-
esse zwinge den Menschen, die Sittengesetze zu beobachten. Nul ne peut lutter seul contre tous: voilä la source de toutes
ms
vertus; voilä la veritable sanction des lois sociales et 70.
Einen g^ewissen Wert für die Künste will Gr. der Religion und
besonders der christlichen Religion nicht absprechen. durch, daß sie
Menschen
in fesselnder
und der Dichtung wertvoUe 71.
1.
Dezember 57
Diese habe da-
Lebenslage zeige, der Malerei
Stoffe geliefert.
(S, 448).
Gr. erkennt allerdings einen gewissen
Einfluß des Mythologischen einer Religion auf den Geist und Charakter einer
Nation an: „Une mythologie remplie de charme
donnera ä un peuple des images et
riantes,
et
de po6sie
des spectacles pleins de goüt
de noblesse; une mythologie qui imprime ä Theroisme un caractere de
divinit^ entretiendra
de Pesprit
et
dans un peuple
la
grandeur des
du courage; une mythologie basse
notre orgueil ä souffrir, pour
Tamour de Dieu
et
et
idees, T^l^vation
ignoble qui mettra
pour notre
salut, Tavi-
lissement, Pignominie, la servitude, aura ä la longue les plus sinistres
influences sur Pesprit des peuples." 72. 15.
Oktober 67
(S.
451).
-
-
53
poUtiques conformes au genie de
Da
Vhomme.
diese Bezie-
hungen gleichen Schicksals und gleicher Lebensbedingung zwischen Menschen und Tieren nicht beständen, gelte hier auch ein anderes moralisches Empfinden/'
im Belieben der Menschen, sen,
die
Tugend zu
Es
das Laster zu achten oder zu verachten.
des Moralgebäudes
sei
stehe nicht
lieben oder zu has-
Die Basis
der natürliche Zwang, gerecht und
tugendhaft zu sein.
Die Macht durch
Le
die
sittlicher Gefühle werde in dem Menschen Achtung vor der autorite paternelle geweckt.'*
des familles, Vamour
lien
filial,
la tendresse paternelle,
V attachement domestique,
le respect qu'on porte au chef et Vamour, la honte, la justice de celm-ci envers tout ce qui est soumis ä son autorite, les droits de la
au pere de
famille,
parente respectes, Vinteret
ceux qui
commun de
la famille
animant tous
composent: voilä ce qui forme les mceurs publiques Von dem Gedeihen und Wohlstände der einzelnen Familien hänge das Glück und Wohlergehen des Staates ab, la
d'une nation.
der auch nichts anderes als eine große Familie
sei.""
Eingehend beschäftigt sich Grimm daher mit Fragen der Erziehung.'' Er verlangt eine aufs praktische Leben zielende Erziehung zur Tugend und Rechtschaffenheit, die sich auf Beispiele des täglichen
Lebens zu stützen
hat.
Er
verwirft Unterweisungen in den Prinzipien der Religion, Er-
klärungen ihrer 73.
Dogmen und
Mysterien.
Diesen Kontrast zeigt Gr. an
dem wohlgelungenen
der Jagd auf ein edles, unschuldiges Tier, die essantes Schauspiel
und Vergnügen
biete,
Bei solchen Unter-
dem Menschen
während
Beispiel ein inter-
die Verfolgung einer
Mutter mit ihren Kindern durch eine Hundemeute entgegengesetzte Gefühle auslösen würde. 74.
1.
75.
Es
Juni 63 (S. 301). ist
bemerkenswert, daß Gr. eine so hohe Anschauung von
der Familie hat, daß er sie als Grundlage alles staatlichen Lebens betrachtet,
obwohl
er selbst sich nie hat entschließen können, eine^Familie
zu begründen. Vgl. 76. 15.
S.
39
Februar 55
Anm.
33.
(S. 492).
54
man
Weisungen habe beschäftigt,
wofür
durch habe
man
die Kinder bisher nur mit
ihr
Abstraktem
Verständnis nicht ausreiche, und da-
genommen.
ihnen von vornherein die Lust zum Studium Bevor man zu ihnen von der Liebe zu Gott
spreche, solle
man
Es müsse dem
ihnen die Liebe zu den Menschen predigen.
Menschen überlassen bleiben, den Weg Da Moral und Religion voneinander unabhängig seien, da man ein tugendhafter Mensch und guter Staatsbürger sein könne,'' auch ohne Christ zu sein, während andererseits zahlreiche Christen in dem törichten Glauben lebten, daß es ihnen ihre äußere Frömmigkeit reifen
zur Religion selbst zu finden.
de se dispenser de toutes les vertus et de mettre de vaines et indifferentes pratiques ä la place des devoirs les plus importants et les plus sacres, so verlangt Grimm, daß gestatte,
der Erzieher nicht damit beginne, den Kindern den Katechisder Religion in die Hand zu geben, sondern sie erst le
mus
catechisme de thumanite et
le catechisme de la societe lehre.'' Erziehungsmethode in 15 Paragraphen zudenen er die Rechte und Pflichten der Menschheit
Grimm
stellt
seine
sammen, in und der Gesellschaft sowie
die Gesetze lehrt.'' Eine solche welthche Erziehung, die den Fortschritt der Wissenschaft sich zunutze machen müsse, dürfe natürhch
den Händen von Geistlichen,
nicht in
Geistlichen liegen.''
speziell
katholischen
Un
des plus cruels fleaux dont une nation nisse efre affligee,cest sans contredit de voir Veducation de la jeunesse entre les mains de moines avilis par une servitude d'esprit cent fois plus outrageante
du
Der
Corps.
blicken, die die
pour Vhonneur que
celle
klösterliche Geist verschließe sich den
Aus-
Wissenschaft gewähre, und
gerichet, Aufklärung
und Wissen von
sei stets
dieser
darauf
Welt zu ver-
bannen. In
protestantischen Ländern,
77. Vgl.
S.
78. Vgl. S.
79. 15.
80.
1.
51.
52
Anm.
Februar 55
März 62
(S.
71. (S. 496).
50).
in
denen
die
Erziehung
— nicht in den
—
55
Priester liege, verwende
Händen der
man
weit
größere Sorgfalt auf sie, und der Erfolg zeige sich denn auch Besonders in dem größeren Wohlstande dieser Staaten. Preußen unter der klugen und glücklichen Regierung Friedrichs
Grimm
ist für
II.
Gedankenfreiheit zutage
sei.
in
dem
der Vorteil: der
Hier gebe es eine Erziehung,
trete.
dem Wesen des Volkes und des
Art und
die der
gepaßt
das Land,
Hier hätten die Grundsätze der Liebe
Staates an-
zum
Vater-
Ehre und des Heldenmuts Geltung. Grimm beschäftigt sich auch mit Unterricbtsfragen und
lande, der
stellt
mehrmals Unterrichtspläne auf, die uns fast modern Das Konkrete, das für das praktische Leben Ver-
anmuten.
Gegenstand des Unterrichts sein."' Das Studium der alten Sprachen solle durchaus nicht aufgegeben, vielmehr gleich in der frühesten Jugend getrieben werden, wo der Mensch am mühelosesten aufnehme. Aber dieses Studium solle nicht Selbstzweck sein, sondern zur Kenntnis der antiken Literatur, des antiken Lebens und Geistes wertbare solle
in
erster Linie
damit der zu Unterrichtende aus dieser Kenntnis Dazu seien Lehrer
führen,
heraus Gewinn für die Gegenwart ziehe.
und Geschmack erhabenen klassischen Kunstwerke be-
erforderlich, die tiefes Verständnis der Antike
und Gefühl
für
die
säßen.''
Metaphysik und Logik, wie sie die mönchischen Schulen trieben, schaltet Grimm ganz aus. Erstere eigne sich überhaupt nur für das reifere Alter, und letztere solle auf praktischem
Wege
durch vernünftige Uebungen der Geistesfähig-
keiten gelehrt werden, da ein theoretischer Unterricht in der
Logik nur eignet
Papageien
und
Pedanten hervorzubringen ge-
sei.
Eine Hauptforderung Mai 62
80)
und
aller
81.
1.
82.
Daß Grimm von einem
(S.
1.
Juli
Aufklärer, der sich 64
(S. 23).
Unterricht in den lebenden Sprachen
nicht spricht, dürfte leicht verständlich sein,
das Französische damals noch ratur
allein die
und der Gesellschaft war.
Grimm
wenn man
bedenkt, daß
Sprache der Politik, der Lite-
—
56
—
und mit der Natur und die Uebung in Handfertigkeiten (l'etude de la nature et des Bei solchen Uebungen werde auch der arts mecaniques). Körper mehr zu seinem Rechte kommen. Pflege des Körpers anschließt, ist die Beschäftigung in
sei
wesentlicher Teil einer vernünftigen Erziehung.
ein
est hors
de doute que
la vigueur et Vagilite
du corps
et
//
de
ses organes ont une influence considerdble sur les facultes de
räme.
Wunsch
Sein steter
Unterrichts in
gen dans
ist
es,
daß mit Ausnahme des alle anderen Uebun-
Grammatik und Sprachen dans
les lieux püblics,
les
promenades, dans
les
champs, dans les ateliers getrieben würden. Wenn Rousseau in den Considerations sur le gouvernement de Pologne^^ auf den hohen Wert der körperhchen
Wohl
Uebungen der Jugend
für
das
Menschheit
so
empfiehlt
hinweist,
Gedanken
diesen
des Staates und der
Grimm
allen Jugenderziehern.
nachdrücklich
Le goüt des exer-
cices corporels detourne d'une oisivete dangereuse, des plaisirs
effemines et du luxe de Vesprit: cest surtout ä cause de
täme
quil faut exercer le corps. 'In
Einzelheiten
Rousseaus, wie er
Grimm wohl mit Ansichten und besonders natürlich im Emile
stimmt
sie hier
Im allgemeinen jedoch hat der nüchVerstandesmensch Grimm, dessen Erziehungsmethode
(1762)'* äußert, überein.
lerne
auf der Kenntnis der menschlichen Gesellschaft und des prak-
Lebens aufgebaut ist, für die poesievollere Ausgestaltung dieser romanhaften Erziehung wenig Verständnis. Wer v.ie Rousseau die Rückkehr zum Naturzustand predige und die Gesellschaft für konventionell und naturwidrig erkläre, wer sich so über alle Realitäten hinwegsetze und einem geistder kann nach reichen, aber unwahren Systeme folge, tischen
Grimms Ansicht keine für die menschliche Gesellschaft brauchbaren Mitglieder erziehen. Er hält es für durchaus unzweckmäßig, fern von den Menschen die aufwachsen zu lassen, 83.
Februar 73
(S, 181).
62
(S. 99);
84. 15. Juni 1.
September 62
(S, 148).
1.
JuU 62
(S.
109);
15.
Juli
62
(S.
121);
welche bestimmt seien,
in
-
57
der menschlichen Gesellschaft ihr
Leben zu verbringen und ihren Platz zu behaupten. Eine besondere Bedeutung legt Grimm entsprechend dem Standpunkte seiner Zeit der Prinzenerziehung bei, die ausschlaggebend
für das Gliück der Völker
Er, der selbst
sei.
an der Erziehung der Erbprinzen von Sachsen-Gotha und
Hessen-Darmstadt
Seine erste Forderung
erben
war,
beteiligt
Ratschläge zu geben, die
man
ist die,
in aller Oeffentlichkeit
ist
auch hier im Stande,
als vortrefflich
daß
die
vor sich gehe, da die Völker ein be-
sonderes Interesse daran hätten zu wissen, ihr Schicksal in
bezeichnen kann.
Erziehung von Thron-
Zukunft hegen
in
wessen Händen
Bei der
werde.^*^
Wahl
dfes
Erziehers dürfe nur Ehrenhaftigkeit und persönliches Ver-
Um
Vorzüge und Schwächen seines Volkes kennen zu lernen, müsse der junge Prinz möglichst vom Hofe entfernt werden. Nur so könne er Liebe und Achtung für Menschen jedes Standes und jedes Ranges gewinnen. Frühzeitig müsse er daran gewöhnt werden, daß seine hohen Pflichten viele Opfer von ihm verlangen, und
dienst entscheidend sein.
es sei
die
Aufgabe des Erziehers, den Geschmack und die Leidendem Prinzen von Natur gegeben seien, für die
schaften, die
Allgemeinheit vorteilhaft zu die
man
Auch
entwickeln.
die
Moral,
ihn zu lehren habe, sei nichts anderes als la probite,
la vertu, ce principe divin
developpe par
grave dans
la sagesse, perfectionne
le
cceur de
par
(komme,
la societe, prin-
cipe qui a existe avant tonte religion, et qui ne perira qu'avec la nature
humaine.
Das wahre Elementarbuch
der Erziehung solle für den
Fürsten die Geschichte mit ihren Beispielen zeige,
sein.''
Diese
daß diejenigen Prinzen die besten Fürsten geworden
seien, die nicht auf
dem Thron
oder doch wenigstens nicht
Thron geboren seien, da die Verdann zu großen Taten gezwungen hätten. Da
auf einem allzu sicheren hältnisse sie
es unmöglich 85. 15. 86,
1.
sei,
einen Prinzen in völliger Unkenntnis über
November 55 Juli 67
(S. 123).
(S- 351).
—
58
—
seinen Stand und seine Rechte zu erziehen,
das Idealste
hält,
so solle
man
was Grimm
für
durch Beispiele und Uebung
ihm die Bedeutung seiner Pflichten und der ihm auferlegten Bürde nahebringen. Auf praktischem Wege solle man auch die Fehler des jungen Prinzen korrigieren, indem man ihm Gelegenheiten verschaffe, seine Mängel und ihre Folgen selbst zu erkennen.
Auch von der Erziehung
der Fürsten wünscht
Grimm
die
Priester gänzlich ausgeschlossen' zu seheni, die so leicht ei-
gennützige Ziele verfolgten.
Die geistliche Erziehung, die
kein Gefühl der Größe, des Patriotismus und des
Ruhmes
verhängnisvolle Folgen
gezeitigt.
aufkommen lasse, habe viele Es ^erscheint Grimm deshalb nicht verwunderhch, daß die großen Männer seit zwei Jahrhunderten aus dem protestantischen Norden gekommen seien.^' Als nachahmenswertes Beispiel für alle Fürsten, das bessere und dauerndere Wirkung als alle Lehren haben werde, führt Grimm den Charakter und die ruhmreichen Taten Friedrichs des Großen an.^^ 87. 15. April 63 (S. 264). 88.
Es
ist
schon im vorhergehenden
(S. 10)
gesagt worden, daß Gr's
Lobeserhebungen aus geschäftlichen Rücksichten die Farben etwas stark auftragen, jedoch ist nicht zu verkennen, daß auch wahre Sympathie mit
dem
aufgeklärten Herrscher, der denen, die
um
ihrer
Meinungen
willen
verfolgt wurden, Schutz und Zuflucht war, unserem Autor die Feder führte.
IV
Grimms Stellung zur Geschichtswissenschaft und zu politischen und sozialen Fragen
In der Correspondance litteraire nehmen die Besprechungen von geschichtlichen Werken und Schriften, die sich mit
den Fragen der Politik, der Gesetzgebung, des Handels, des Wirtschafts- und sozialen Lebens beschäftigen, einen breiten
Raum
ein.
Die Bedeutung dieser Fragen und der
schaftlich geführte Streit
um
oft leiden-
sie charakterisieren die zweite
Hälfte des 18. Jahrhunderts, an deren
Ende
die große
Um-
wälzung des politischen und gesellschaftlichen Lebens Frankreichs steht. Die Correspondance litteraire gibt uns in den 20 Jahren, in denen Grimm die Redaktion leitet, ein getreues Spiegelbild dieser inneren
Bewegung. Interessant sind auch Bemerkungen, die den Stempel der eigenen Ansicht des Verfassers tragen und über die Kritik des
hier die allgemeinen
Einzelnen hinausgehen.
Besondere Anerkennung muß man Grimm diafür zuteil werden lassen, daß er vor den fürstlichen Abonnenten mit der größten Offenheit diese gefährlichen
Grimm
Themen
bespricht.
bedauert,^ daß den Fürsten meist die
Wahrheit
verschlossen bleibe und daß sie sie von der Lüge und Schmeichielei
so wenig unterscheiden lernten.
Ihm
sind jene höfi-
schen Kriecher verhaßt, welche die wichtigen Fragen der Geschichte und Politik nur in der Absicht behandelten, der 1.
15.
Januar 71 (^239).
-
60
-
Persönlichkeit ihres Herrschers oder seiner
Ahnen KompH-
mente zu machen und seine Eitelkeit zu ihrem Vorteil auszunützen. So oft ihm derartige Fälle übertriebener Ergebenheit begegnen, geißelt er
sie
dem
mit
schärfsten Spott/
Mustergültig in Bezug auf Wahrheitsliebe in der Be-
trachtung der Politik, und Geschichte Altertum.
Die
alten
Historiker,
Grimm
erscheint
Thucydides,
das
Polybius,
Plutarch, Sallust, Livius und Tacitus, seien vorbildlich und
nachahmenswert, da gleich,
die
sie,
Philosophen und Staatsmänner zu-
Geschichte der Menschen, der Handlungen und
umso
Sitten studiert hätten, denen sie
vermochten, als
ung kannten."
sie
gerechter zu werden
das öffentliche Leben aus eigner Anschau-
Sie hätten selbst an den Staatsgeschäften
teil-
genommen, von Liebe zum Vaterlande erfüllt, vom Freiheitsgeiste ihres Volkes durchglüht, während die modernen Historiker, abgeschlossen
vom
Staatsleben, als Pedanten und
gelehrte Schwätzer über die Tatsachen diskutierten und sie
zu
Romanen verarbeiteten, ohne sie mitzuerleben. Das erste große Ziel der Geschichtsforschung
müsse eine objektive Darstellung der reinen Wahrheit sein. müsse deshalb die Berichte aller Zeugen und alle vorhandenen Zeugnisse einander gegenüberstellen und aus ihnen die Leidenschaften, die Unzuverlässigkeit, das Vorurteil- und Sie
den Irrtum nach Möglichkeit ausschalten,
um
die
einwand-
Nur so ergäben sich die Ereignisse, welche die Form der Erde und das Geschick der Völker verändert hätten, in ihrer wahren Gestalt; nur so
freien,
2.
nackten Tatsachen zu erhalten.
Gr. übt eine harte Kritik an einer unwürdigen, schmeichle-
rischen Beschreibung des Einzugs der französischen Königin in La
Fert^-sous-Jouarre im Jahre 1765, deren Verfasser er als „empoisonneur public" bestraft wissen möchte.
„Si vous trouvez un pays
oü un homme
qui ecrit de telles bassesses soit traite en criminel de lese-majeste et con-
amende honorable devant
damn^ ä
faire
honorer
les fastes, dites
Sept.
que ce pays
l'hotel
de
est habite
68 S.185), 3- 15.
Mai 54
(S.
355) und
1.
Mai 55
ville
dont
il
a ose des-
par des hommes."
(S. 19).
(15.
M man
gelange
durch
zu einer Erkenntnis jener Persönlichkeiten, die
Tugenden oder wenigstens durch Aufmerksamkeit oder die Huldigungen
ihr Genie, ihre
Eigenart
die
der
Einem ernsten und erhabenen Genie
Menschheit verdienten.
müsse
ihre
dann vorbehalten sein, hieraus die große Geschichte der Sitten und Charaktere, der Künste und Arbeiten des es
menschlichen Geistes zu schreiben.
Von diesem Standpunkte aus stoire
de Charles
werk, weil es ter
XU
in seiner
des Helden
betrachtet
Vo
(1731) des
1
1
a
1
Grimm
r e* als ein
die Hi-
Meister-
maniere legere et hardie den CharakPunkten trefflich kennzeichne, wenn
in allen
Im
auch einige Tatsachen
entstellt
allgemeinen jedoch
auch dieser größte Zeitgenosse seiner
ist
oder direkt falsch seien.
Ansicht nach nicht zur Geschichtsschreibung geeignet. echter Historiker
was aber
müsse
alten Fehler Voltaires ausschlössen, nämlich
die
sa negligence, sa hardiesse,
oü
Ein
jedem Sujet anpassen können,
sich
peu de soin
le
qu'il
prend, ou Virn-
de finir et de perfectionner ses ouvrages. Voltaire verkenne auch den hohen Wert der Detailschilde-
possibilite
il
est
rung für die Erkenntnis der Kultur, der Sitten und Gebräuche einer Zeit. fen, die
Seine gesunde Satire
sei
vielmehr dazu geschaf-
Geschichte der Dummheiten des Menschengeistes zu
schreiben, also eine Kirchengeschichte, die an sottises
humaines überreich
monaments des
sei.
Dieselben Fehler wirft er ihm besonders bei der Bespre-
chung der Annales de V Empire (1754)' und der Histoire de Vempire de Russie (1760)^ vor, die er beide als Geschichts-
werke nicht hoch einschätzt und weit hinter die Werke der Autoren zurückstellt, je suis tonjours d'avis que M. de Voltaire na point de vocation pour ecrire Vhistoire, ist
antiken
sein endgültiges Urteil.''
Dasselbe Urteil 4.
15.
Mai 54
(S. 358).
5.
1.
März 54
(S. 324).
6.
1.
u. 15.
7. 15.
Grimm auch
fällt
und
November 60
November 60
1.
(S.
Mai 55
308
(S. 310),
über dasjenige
Werk
(S. 20).
u, 310); 15.
Mai 63
(S. 288).
—
dem
Voltaires, das seit 1769 unter et Vesprit
Werk
des nations bekannt
für eins der
Titel Essai sur les
ist/
Und doch
Von
und Schwä-
einzelnen' Fehlern
Grimm
der Darstellung der Geschehnisse sieht
in
moeurs
hält er dieses
bedeutendsten nicht nur Voltaires, sondern
der gesamten Literatur.
chen
—
62
gern
ab und erblickt das unschätzbare und unsterbliche Verdienst dieses
wiesen
Werkes sei,
darin,
man
wie
flambeau de
daß hier zum ersten Male der
Weg
ge-
dem Celeste Grimm erwartet
Geschichte studieren und mit
la Philosophie erleuchten solle.^
von diesem Werke, das dazu beitrage, die Herrschaft der Vernunft auszudehnen, in ganz besonderem Maße heilsame
Wirkungen zum Vorteile der Menschheit, gründung eines
in
gegen die
Be-
und eines droit
moins rigoureux,^^ Grimm nimmt Volzahlreichen Angriffe von Seiten seiner Gegner
des gens plus exact taire
die endliche
esprit d'humanite universel et
Schutz, besonders dagegen, daß er die Einzelheiten zu sehr
vernachlässige und sich nur auf die großen Züge beschränke.
M. de Voltaire a tres-bien
fait
de ne point entrer dans tous ces
ennuyeux dont les historiens ordinaires sont Gerade m den großzügigen Ueberblicken sieht
details froids et si
er
prodiguesJ^^
den großen Schriftsteller.
Und
doch hat auch
Grimm ihm
einen schweren Vorwurf
zu machen wegen der Ungerechtigkeit, die Voltaire seiner
Meinung nach in der Beurteilung Homers und der Antike an den Tag legt. ^' Zu solchen jugements temeraires könne ihn Auch den Vorwurf nur seine Unkenntnis der Antike führen.
—
kann Grimm Voltaire nicht ersparen, daß
und ernste Werk benutzt,
um
Mai 55
Dieses
8.
„Essai
1.
(S.
19).
Werk war
sur Thistoire universelle" erschienen.
schichte der Veröffentlichung des Voltaireschen 9.
10.
15. 1.
August 54 April 57
11. Vgl.
12.
15.
er das bedeutende
gelegentlich gegen Schriftsteller 1754 unter
dem
Werkes
s.
Hettner
S. 215.
(S. 394).
(S. 362).
Grimms
gegenteilige Ansicht S. 61.
Februar 57
(S.
348) und
1.
Juni 57
Titel
Näheres über die Ge*
(S. 376).
Vgl. S. 99,
— wie
La Beaumelle,
de
-^
63
La Motte und auch Rousseau
Ausfälle
zu machen. In
Grimm
dem
dem Abbe M ig not, kann zum Historiker erkennen " Ge-
Neffen Voltaires,
ebenfalls kein Talent
rade die spanische Geschichte, mit der er sich beschäftigt
und Persönlichkeiten,
habe, biete viele Ereignisse
die einen
sehr fruchtbaren Stoff gäben. Mignot verstehe jedoch nicht, die
Verbindung zwischen Ursachen und Wirkungen herzustellen, sowohl die Umrisse der Ereignisse als auch die Züge
er zeichne
Aus seinen Werken spreche
der Personen falsch.
die
Unerfah-
Behandlung von Staatsangelegenheiten, der chamodernen Historiker. In Ermangelung guter Geschichtswerke begrüßt Grimm
renheit in der
rakteristische Fehler der
die
Elements
habe."
d'histoire,
wie
sie der
Sie ließen wenigstens
Raum
Abbe
M
für die
i
li
o
1
t
geschaffen
Entwicklungsdar-
stellung der Hauptereignisse interessanter Epochen."^^
Als das bedeutendste scheinen
Grimm
die
Memoirenwerk
Memoires der
die er als ein in seiner Art einziges
das Muster für vor
aWem
die pikante
Erzählung und ihre oder zu tadeln,
in
Mme de St aal (1755),^^ Werk
Memoirenschreiber
alle
und doch
seiner Zeit er-
bezeichnet und als
hinstellt.
Grimm
lobt
dezente, anmutige Art ihrer
feine Schilderungsgabe, die,
ohne zu loben
wenigen Strichen treffend zu zeichnen und Mit ihren klaren Beobachtun-
zu charakterisieren verstehe.
gen und klugen, wahren Gedanken seien diese Memoiren von großer Nützlichkeit für alJe Leute destines ä vivre dans le
monde.
—
Eine Frage, mit der sich
Grimm
viel beschäftigt, ist die
13.
1.
Januar 66
14.
1.
Oktober 67
15.
Ein praktisches Beispiel für die Art seiner Geschichtsbetrach-
(S. 460). (S.
442) und Januar 73
(S.
160).
tung bietet Gr.s interessante Studie über die historische Entwicklung
und die Konstitution der Schweiz,
in
der sich seine volle Bewunde-
rung für die charaktervollen Befreier der Schweiz und ihre klugen Gesetzgeber ausspricht. 16.
15.
August 55
(1.
(S,
August 54 73).
S. 381).
^
64
-^
nach den Vorzügen oder Nachteilen der verschiedenen Regierungsformen. Die einzige gute Regierungsform ist
Schweizer Kantonsregierungen, weil sie dem antiken republikanischen Staate am nächsten kämen, der ihm Es sei dabei nicht entscheidend, ob als Ideal vorschwebt."' für ihn die der
eine
Regierung monarchisch, aristokratisch oder demokra-
wenn
im
tisch sei.
Sie entspricht seinen Forderungen,
Stande
die Fähigkeiten der Staatsbürger, ihre wirtschaft-
liche
ist,
Stellung
und Vermögenslage
festzustellen,
um
sie
darauf
aufbauend das Anrecht eines jeden auf Glück und Wohler-
gehen zu befriedigen. Solche väterliche Fürsorge des Staates für jeden einzelnen Untertanen werde in einem großen Staat illusorisch, und so
zu dem Schluß, daß es unmöglich sei, daß Ausdehnung wirklich gut regiert werde. großer ein Staat von Das Verderben aller Staaten beginne mit der Sucht, ihre
kommt Grimm
Macht auszudehnen,
sei es
durch Krieg und Verträge,
sei es
Die Neigung zur Eroberung und Vermehrung der Macht gebäre in der Regel den Despotismus, der die Bedrückung des Volkes und den Verlust der Freiheit zur Folge
durch Handel.
habe. Dies führe entweder zur völligen Anarchie oder zu einer
Umwälzung,
die
dem Volke
die Freiheit zurückgebe.'^
Einen großen Vorteil, den eine kleine Republik gegenüber einer Monarchie habe, sieht Grimm darin, daß die Regierung
durch das Volk einen etwaigen Mißgriff leicht wieder gut machen werde, während die Regierung, die in der Hand einiger Minister ruhe, mit dem häufigen Wechsel des Ministeriums zu oft
auch die Grundsätze der Regierung wechsele." 17. 1. 18.
August 54
(S.
Auch
386).
Im Gegensatz zu bedeutenden
Zeitgenossen, die die englische
Regierung und Verfassung bewunderten,
ist
Gr. davon überzeugt, daß
v^egen das britische Reich demselben Schicksal verfallen v^rerde und seines Sirebens nach
Macht und Reichtum mit raschen
Despotismus entgegengehe.
dieses Geschick nicht zu befürchten, sondern fortbestehen. 19.
L Oktober 56
Schritten
dem
Ein kleines Land wie die Schweiz habe
(S. 289).
werde
in aUer Freiheit
^
65
._
glaubten die Minister nicht selten, das Ansehen des Thrones
zu kompromittieren, vozierten,
und
oft
wenn
sie ein
genug setzten
verhängnisvolles Edikt re-
sie ihre
Ehre darin, de sou-
jusquä leurs sottises. Die Geschichte Frankreichs biete ihm gerade hierfür viele Beispiele von schlagender Beweis-
tenir
kraft.
Grimm
weiß aber sehr wohl, daß auch eine republikani-
sche Regierung ihre Schwächen und Gefahren habe und daß andrerseits sich eine absolute Monarchie als äußerst wohltu-
end erweisen könne, wenn der Herrscher gerecht, umsichtig, aufgeklärt, wohlwollend sei und den Staat und sein Volk liebe.""
Leider zeige die Geschichte aller Völker nur selten
solche Fürsten.
Diese Gedanken bringen
Grimm
zu der Erkenntnis, daß es
keine absolut beste Regierungsform gebe."^ Jedes Volk verlange diejenige Regierungsform,
die
seinem Geist und Charakter
entspreche. Les lois d'un peuple libre ne sauraient convenir
ä des esclaves,
et
jamais
le
joug de la servitude ne pourra
s'appesantir sur une nation fiere et genereuse.^^
Die politische Freiheit eines Landes hänge nun wieder
von seiner geographischen Lage
ab.
Sie sei in einem ebenen
Lande, dessen Grenzen jedes natürlichen Schutzes entbehrten,
undenkbar.
Lhomme de
la plaine
ne saurait avoir
le
cou-
de l'homme de la montagne, la sauvagerie et la fierte de l'insulaire. Ihm fehle ce cou roide et inflexible qui ne peut recevoir le joug. Desrage, le nerf, la force d'esprit et de corps
20. 15.
März 58
21. 15.
September 56
22.
(S. 487). (S.
282).
Gr. charakterisiert als Beispiel die Verfassung Schwedens und
den Zustand Polens. eingehenden
Die schwedische Verfassung
Ueberlegung nach
mannigfachen
sei
das Resultat einer
Mißgeschicken.
Des-
halb passe die kluge, gerechte und edelmütige Regierung hervorragend
zum' Charakter des Volkes, in dem der Bauernstand geachtet
und gehört werde,
„cette
als der vierte
partie precieuse
Stand
d'une nation qui
nourrit et defend la patrie" (vgl. S. 74). In
Polen dagegen
sei
eine
freie
Regierung unmöglich, da das
66
halb erscheint
Grimm Rousseaus Unternehmen,
den Polen,
einem von Natur aus unfreien Volke, einen republikanischen Kodex und Geist zu geben, als ein Hirngespinst. Das Werk des Genfer Philosophen über den Plan einer polnischen Verfassung hält er für den Zeitvertreib eines müßigen Philoso-
phen qui emploie son de gouvernement in
Anbetracht
loisir
vom
der
ä esquisser des lois et une forme Als solches sei es
quelque Utopie.
erklärt sich mit
dem Stande
senschaft seiner Zeit wenig zufrieden. es ihr an den zahlreichen en,
um
und der
Vergnügen zu lesen."
kraftvollen Beredsamkeit mit
Grimm
klugen Gedanken
zahlreichen
der politischen
Wis-
Sie leiste wenig, weil
Beobachtungen
fehle, die nötig sei-
Ursachen und Wirkungen bestimmen zu können. Die
Probleme der Politik mente, die
in
ihr
seien zu kompliziert, die Ele-
wirkten, zu verschieden undi größtenteils
unbekannt, und deshalb die Resultate meist willkürlich. Die
mangelnde Kenntnis der Grundbedingungen eines politischen Systems, die Außerachtlassung der Sitten und des Charakters eines Volkes machten die unzähligen Broschüren über politische,
wenn
soziale
sie hier
und ökonomische Fragen wertlos,
und
selbst
dort nützliche Ratschläge enthielten. Sol-
che Schriften seien gewöhnlich nur leeres Geschwätz über billige
Land
Gemeinplätze."
trotz
manchen äußeren Glanzes
stets
unfrei
und abhängig gewe-
sen sei und auch bleiben werde. (Januar 73 S. 129). Lage
und Ver-
fassung Polens brächten es mit sich, daß es weder die Sitten noch einen
Charakter habe, die sich mit der Freiheit vertrügen.
und Hörige
die Nation in Edelleute
geteilt
Von
jeher
sei
gewesen, was ihr niemals
republikanische Tugenden hätte geben können. 23.
Leider spricht sich Gr. über den Wert und die Bedeutung des
„Contrat social" nächst
deshalb
(1762) nicht,
das Buch
weil
Frankreich nicht zu haben
sei.
nicht
Er
selbst wolle jedoch
sorgsam gelesen habe.
(15.
in
Holland
gedruckt
Nach Aussagen anderer
nen Kombinationen noch kühner
„Emüe".
Zu-
Rousseaus nirgends ausführlicher aus.
als
der
schon
darüber nicht April 61,
S. 374.)
in
sei es in sei-
hinreichend
urteilen,
und
kühne
bevor er es
Mit genau densel-
den
In
Grimm
Fragen
der
die Mitarbeit des
-
67
gierung, alle Vorschläge zu beachten,
nung zu erfahren.^^ nungen ergebe sich
Verwaltung wünscht
öffentlichen'
Er
ganzen Volkes.
um
rät jeder
Re-
die nützlichste Mei-
Aus dem Aufeinanderprallen der Meidie
Wahrheit.
Die sicherste Wirkung einer guten, heilsamen Regie-
Grimm
rung sieht
dtem
in
Zuwachs der
Es
Bevölkerung.'^''
deshalb ihre Aufgabe, eine große Betätigungsmöglichkei-t
sei
zu schaffen, ein richtiges Verhältnis zwischen der Bevölke-
und den Subsistenzmitteln anzustreben, damit die dem Elend preisgegeben würden und schließlich zur Auswanderung gezwungen seien. Sollte sich trotzdem ein Mangel an Erwerbsmöglichkeiten einstelrungszahl*
untersten Schichten nicht
len,
sodaß
um
des Lebensunterhaltes willen viele Untertanen
Grimm
das Land verlassen müßten, so hält es werfliches
Mittel',
für ein ver-
Auswanderung mit Gesetzen und
sich dieser
Strafen entgegenzustellen." ben Worten spricht er von dem Buche seine
ist
das et (1.
in
Aeußerung am
Werk
plat,
Mai
sei
„obscur
et
1.
Juli
62
am
(S.
1.
Juni 62
116).
Man
und ähnlich berichtet,
embarrass^ dans ses principes, souvent
souvent hardi, eleve
et
63, S. 284) versichert
admirable".
futile
Wieder ein Jahr später
Gr. von neuem, dieses Buch noch nicht
den Händen gehabt zu haben, obgleich es sehr
haben
(S. 91),
habe ihm
leicht
und
billig
zu
Einige Stücke, die er daraus habe lesen hören, erscheinen
sei.
ihm ausgezeichnet.
In diesen habe Rousseau die Geistlichen mit un-
glaublicher Freiheit und Wahrheit angegriffen.
de ferrailler avec ceux qui attaquent ses sant et piquant dans ses reponses".
darin ihren
Grund haben, daß
—
Berits,
„C*est son vrai genre il
est toujours interes-
SolUen diese Ausflüchte
Grimms
er in Verlegenheit war, vor seinen
Abon-
nenten über das Buch zu reden? 24. 15.
Januar 69
(S. 254).
25.
1.
November 67
26.
1.
Oktober 66
27.
Diesem Grundsatze, die Vermehrung der Bevölkerung zu be-
(S.
(S.
462). 132).
günstigen, stehe naturgemäß der Zölibat der katholischen GeisÜichen
entgegen, und so erklärt sich auch aus politischen Gründen, ganz abge-
— An Grimm heute
Spitze
die
die
68
seiner
politischen
Forderung der Toleranz.
selbstverständliche
dem
bürger vor
—
wissensfreiheit
Forderungen stellt Er verlangt die uns
Gleichberechtigung aller
Gericht, er fordert
und Schutz
für
von den
Gese
t
Staatsz e n
Ge-
jeden Untertan, gleichgültig
welcher Religion, welchen Standes oder welcher politischen Meinung er sei.'' England, wo die politischen Vorurteile
bedeutend zurückgedrängt seien, sei darin um ein halbes Jahrhundert voraus, obgleich es sonst eine Ueberlegenheit über Frankreich nach Grimms Ansicht nicht besitzt.
Grimm auch
in
verlangt für den Protestantismus Anerkennung
katholischen Ländern.''
Die Rechtlosigkeit der Pro-
testanten in Frankreich empört ihn.
Er
tritt
mit Eifer für die
unschuldig Verurteilten ein und wendet sich zornig gegen die furchtbare Ungerechtigkeit, die darin
liege,
daß protestan-
Ehen von dem Gesetze nicht anerkannt würden, wenn nicht die Weihe eines katholischen Priesters empfangen
tische sie
hätten.
Gelegentlich eines skandalösen Prozesses gegen eine ehrbare Protestantin, die ein Opfer dieser unmenschlichen
Rechtsprechung geworden sei, macht Grimm Voltaire bitVorwürfe, daß er nicht nur dem Rechte nicht beigestanden habe, sondern sogar als niedriger Lobredner des Ge-
tere
richtshofes aufgetreten
Der
alte,
sei, er, der defenseur de Vhumanite. ruhmreiche Verteidiger der Familie Calas habe in
einer so bedeutenden Angelegenheit versagt, er sei plötzlich
von auffallender Feigheit befallen (d'une singuliere lächete, d'une vusillanimite impardonnable).^^ sehen von den religiösen,
Grimms
feindliche Stellung zu der Geistlich-
keit.
28. 15.
März 56
29. 15.
Oktober 72
(S.
SO).
30. 15.
Oktober 72
(S.
81).
(S. 191).
Vgl. S. 48.
—
Daß
trotz der
Rechtlosigkeit der
Protestanten das Volk eine Verfolgung der Schutzlosen nicht stütze
und ihre
hilflose
unter-
Lage nicht ausbeute, rechnet Gr. der Recht-
schaffenheit des französischen
Publikums hoch
an.
Großes
Interesse
Gesetzgebung äußert einmal den
60
Grimm
zeigt
und
Wunsch,
Staatsrecht zu schreiben.""
~
die
für
um
französische
Rechtsprechung.
Er
Abhandlung über das Die Ausführung dieser Absicht starke Inanspruchnahme durch die selbst eine
machte ihm allerdings seine Correspondance unmöglich. So benutzte jede Gelegenheit,
die
er
denn wenigstens
auf die Fehler der bestehenden Gesetze
hinzuweisen und Reformvorschläge zu machen oder solche
Vorschläge anderer zu unterstützen.
Grimm
hebt besonders zwei Uebelstände der französi-
Wohl
schen Gesetzgebung hervor, die das in
des Volkes und
Der
eine Mißstand, liege
der großen Anzahl veralteter Gesetze.
Gesetze ließen sich
das Glück des Staates bedrohten."^
nicht für die Ewigkeit geben, sondern nur für eine begrenzte,
allerdings unbestimmbare Frist.
Es
sei
deshalb die Aufgabe der
Staatsmänner, den Ablauf dieser Frist rechtzeitig zu erkennen und nutzlosen Ballast über Bord zu werfen.
Ein großer
Staat müsse danach trachten, die Gesetze nach Möglichkeit
zu vereinfachen.
Es
solle der
grands ressorts d'un Etat
Grundsatz gelten: ce sont
qu'il s'agit
les
de regier avec genie.^^
Einzelheiten solle der Staat getrost den einzelnen Bürgern zur
Entscheidung überlassen. gewöhnlich nur legierter, nicht
alles
Gesetze über Einzelheiten dienten
dem Privatinteresse einiger weniger dem Volkswohl im allgemeinen. Die
zu regeln, sei das schädlichste Element in der franzö-
sischen Gesetzgebung.
Sie habe einen bürokratischen Geist
im Gefolge, der sehr zu bedauern Der zweite Fehler liege tiefer, dier
Privi-
Sucht,
Gesetzgebung zurück.
sei.
er
gehe auf den Ursprung
Frankreich habe wie die meisten
Völker Europas, ja wie sogar schon Griechenland und in ihren
Rom
Anfängen, den argen Fehler begangen, seine Gesetze
nicht aus
dem
Charakter, den Sitten und Bedürfnissen seiner
Bevölkerung abzuleiten und ihnen gemäß auszugestalten, son31. 15. 32.
1.
Oktober 67 Oktober 55
33. 15. Juli
65
(S. 454). (S. 98).
(S. 323).
—
-
70
dern habe das Gesetzbuch eines Volkes, dessen Prinzipien, Sitten,
Charakter, Gebräuche und Regierungsform anders-
gewesen seien, seiner Gesetzgebung und Rechtsprechung zugrunde gelegt. Als die Grundsätze des Gewohnheitsrechts des Feudalismus nicht mehr genügten, als zwischen Adel und Bauernschaft sich das Bürgertum entwikartig
und eine neue Ordnung verlangte, habe man die römischen Gesetze übernommen, und durch den Widerstreit
kelte
dieser Gesetze mit
ropa
sei
den Sitten
Frankreich wie
in
ein Labyrinth entstanden, in
dem
in
ganz Eu-
sich die Recht-
sprechung verliere, in dem das Vermögen der Bürger zur Beute der Schikane werde, aus dem niemand einen Ausweg kenne und in dem selbst die Gewandtesten nur einige der ge-
wundenen Wege wüßten.^* Die Notwendigkeit einer Reform der Gesetzgebung und der
Gerichtsverwaltung kann nach
Mensch
aufgeklärter
leugnen.
Grimms Meinung
keifl
Zu diesem Zwecke müßten
Charakter, Sitten und Bedürfnisse des eigenen Volkes erst
eingehend studiert werden, damit ihnen die Gesetze angepaßt werden könnten.
-
Die Gesetze selbst seien klar und
präzise abzufassen und auf eine möglichst geringe Zahl zu
beschränken, damit das Volk sei es
sie
kennen könne.
Vielleicht
ratsam, die Angelegenheiten der Privatpersonen über-
haupt nicht
zum Gegenstande
der Gesetzgebung zu machen,
sondern derartige Streitigkeiten gemäß
dem gesunden Men-
Versammlung
von einer rechtschaffener Männer aburteilen zu
schenverstand
und Sie würden
tugendhafter
lassen.
mit größerer Billigkeit entscheiden als jeder Jurist.
Diese
Methode sei jedoch bei großen Völkern nicht durchzuführen. Für noch schlimmer als die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts
setzbuch.'*
erklärt
Grimm
England
sei
das bestehende
um
Strafge-
einen bedeutenden Schritt
voraus mit der Abschaffung der Folter, mit der Einführung gesetzlicher Verteidigungsmittel und von Gerichtshöfen, die 34.
1.
35. 1.
Otober 64
August 65
(S. 79). (S. 331).
—
-
71
aus einer Anzahl von Männern aus
dem
Kreise des Ange-
klagten zusammengesetzt seien. Die Menschlichkeit und' Milde,
das Verständnis für das Leben und seine Schicksalsschläge, welche
Art Geschworenengericht
diese
Grimms ungeteilten Werk des B e c c a r
Grimm
diert
Beifall. i
für eine
a^^
Mit
•
garantiere,
finden
dem epochemachenden
im wesentlichen einverstanden,
plä-
Milderung der allzu schweren Strafen.
Diese könnten eher schädlich als nutzbringend wirken, denn plus les chätiments sont cruels, plus les crimes sont atroces.
Vor
Dingen seien
allen
sei eine
die Fol'terstrafen abzuchaffen, dafür
Stufenfolge der Strafen
gemäß
der Schwere des Ver-
brechens einzuführen. Angesichts der furchtbaren Justizmorde seiner
fordert
Zeit
Blut übergegangen
Grimm, was uns heute ist:
in
Fleisch und
tout code criminel d'un peuple qui ne
veut pas passer pour cruel et barbare doit avoir pour
Premiere
et incontestable qu'il
Que vingt coupables echappent ä
la rigueur
poser un seul innocent ä en devenir
Besonderer Schutz
maxime
vaut mieiix, dans l'incertitude,
sei nötig
de
la loi
que
d' ex-
la victime.^'^
gegen Verleumder.
Wenn
Tugend und
die guten Taten einen ehrbaren Menschen Verleumdungen sicherten, müsse das Vertrauen zu Gericht und Gerechtigkeit verloren und alle öffentliche Ord-nung zugrunde gehen. Ein wichtiges Mittel, dieses Vertrauen zu stärken und Ungerechtigkeiten zu verhindern, sieht die
nicht gegen
Grimm
der Oeffentlichkeit des Strafprozeßverfahrens.'^
in
Interessant
Bedeutung 36.
ist
auch Grimms Stellung
zuschreibt.^^
Grimm
tritt
„Dei Ddiiü e deUe Pene" (1764)
Uebersetzung des Abbe MoreUet 37. 15.
Januar 63
1.
April 70
39.
1.
November 66
mit der die Gegner
auf die Seite derjenigen,
(1.
August
und
(1.
Dezember
—
Die Strenge und Ungerechtigkeit,
65, S. 422).
(S. 507).
(S.
154).
der Legitimität
spätgeborener
Aerzte Louis, Bouvart und Astruc vorgehen, stoßen
Ihm
65, S. 329)
(S. 208).
38.
herein ab.
der Frage der
in
des naissances tardives, der er eine große soziale
legitimite
Kinder
wie
Grimm von
sagt die nach seiner Ansicht auf ernsteren
die
vorn-
Gründen
-
72
die in der Entsclieidung dieser
Frage einen humaneren und
weitherzigen Standpunkt eimnehmen.
Auch
handelspolitische Grundsätze
äußert
unser Autor an manchen Stellen der Correspondance
Er schreibt
raire.
dem
es Buffon's Histoire naturelle
litte-
(1749
ff.),
und der Encyclopedie (1751-80)
Esprit des lois (1748)
daß sie die Veranlassung dazu gegeben hätten, volkswirtschaftliche Fragen vor der Oeffentals größtes Verdienst zu,
lichkeit aufzurollen.*^
An
der Spitze seiner Betrachtungen steht die Forderung
Was Mode
der Freiheit des' Handels.
Publikums erblühen
und Geschmack des
habe Daseinsrecht erworben und
ließe,
bedürfe keiner staatlichen Befürwortung oder Beschränkung.
Weder Bevorzugungen noch Prämiierungen noch Monopole seien dem Staatswohle förderlich, aber auch hindernde Gesetze sollten vermieden werden, damit in freiem
Wettbewerb
das Gute und Nützliche den Sieg erringe und der Menschheit
zum
Vorteil gereiche.
In dieser Forderung geht er so Ausübung des Handwerks verlangt,
stungsfähigkeit
des
einzelnen
weit, bei
daß er eine
freie
der allein die Lei-
entscheiden
Er
solle.
hat
schwere Bedenken gegen die strengen Gesetze der Zünfte, die eine lange, kostspielige Lehrzeit vorschrieben und dadurch die
Erlangung
des Meisterprivilegs
vom Gelde
abhängig
machten. Eine Gefahr für Frankreich sieht blühen der Industrie, die Kräfte der besten
kreis locke. fentliche
Er
die,
Grimm
gegen die Kaufleute,
Wohl im Munde
führten, deren
in ihren
die stets
1.
41.
15.
April 54
März 55
lag,
mehr
(S, 340). (S. 507).
zu,
öf-
Sie bewiesen als
beruhende Verteidigung der Legitimität, die vornehmlich
40.
Banndas
Gedanken jedoch
GeM und Gewinn gerichtet seien.*' Großmut und Vaterländsliebe nur so lange,
nur auf
den des Arztes Petit
dem Auf-
unterstützt durch die Regierung,
Untertanen immer mehr
eifert
in
diese sich in
den Hän-
— mit
—
73
ihrem Privatinteresse vereinen
ließen.
weit davon entfernt, Geist und Sinn zur
sondern concentre toutes
les
Ihr
Beruf
sei
Tugend zu erheben,
facultes de
Vhomme dans un
cercle etroit de petites idees, lui fait meconnaitre tont autre interet que celui
de
l'argent, et
degenere tres-souvent en une Dem Aufblühen dieses
avidite qui ne connait plus de bornes.
daß die Liebe zur Tugend, das für gute Taten und die Belobigung Streben nach öffentlicher Standes schreibt er es
zu,
Furcht vor öffentlicher Bestrafung für schlechte geschwun-
den
seien.
Eine energische Adel, sich ja nicht
Warnung richtet Grimm daher an den dem Handel zu widmen. In ihm ver-
in solchem Maße, daß mit seinem Untergange auch die Nation zugrunde gehen würde. Handel und Ehre sind für Grimm unvereinbar, und da der
körpere sich der Geist der Nation
Handel nicht der Unterstützung bedürfe, um zu blühen, will er lieber, daß der Adel dafür Sorge trage, daß das seinem Charakter eigene, werde.
Er
will;
Ständen geordnet Rechte besitze.
stark
ausgeprägte
Ehrgefühl
gefördert
deshalb eine Gesellschaft, die deutlich nach sei,
deren jeder seine Pflichten und seine
Oberste Pflicht des Adel's
Schutze des Vaterlandes und auch
solle es sein,
dem Schutze
dem
des Handels
zu dienen, nicht aber selbst materiellen Gewinn zu erstreben.
Grimm
verspricht
sich von
einer
blühenden Industrie
Er kann daß Gold und Silber einem Lande Macht und Ansehen brächten. La vraie richesse d'un Etat consiste dans nicht einmal einen materiellen Nutzen für den Staat. nicht glauben,
une grande abondance d'hommes, wiederholt er bei dieser Gelegenheit. Stelle sich ein Mangel an Menischen ein, so gehe der Staat trotz allen Goldes und Silbers zugrunde. Der
Land zu bevölkern, er sei im Gegenteil erst dann von Wert, wenn eine große Bevölkerungszahi schon vorhanden sei. Dann sei er allerdings eine Es sei ein Uebelstand, daß Quelle der Subsistenzmittel. Handel
sei
aber kein Mittel, ein
Handel und Industrie in den Städten angenehmere, leichtere und oft auch lohnendere Berufe schüfen, als sie das Landleben biete, und daß diese Gelegenheit die Menschen von den
-
-
74
Feldern und von der Landwirtschaft zu jenen einträglicheren Berufen fortzöge.
für
Die Pflege der Landwirtschaft hält Grimm aber gerade das grundlegende Element eines blühenden und dauer-
haften WohiSiandes des Landes.*'
Von diesen Grundanschauungen aus ist es zu verstehen, daß er sich fortwährend für eine Begünstigung der LandwirtschaiT, besonders für die Abschaffung der unerträglichen Steuern einsetzt, die auf den Bauern lasteten.
Er
tritt
ener-
gisch ein für die Unabhängigkeit der Bauern von den Steuer-
einnehmern, den intendants, den subdelegues und commis, für die
Aufhebung der Monopole und der
Privilegien.
Er sucht
die Ungerechtigkeiten zu bekämpfen, die sich aus der
der Gunst und
lichkeit,
dem Haß
Begehr-
der Steuereinnehmer er-
Entmutigung, Entvölkerung und Müßiggang seien
klärten.
ihre verderblichen Folgen.
Die einzige gesunde, gerechte und vernünftige Steuer die imposition des terres.
sei
Die Einrichtung des allgemeinen
Katasters, die der König befohlen habe,
wäre nach Grimms
Ansicht das einzige Mittel, eine gerechte Besteuerung herbeizuführen. lassen,
Sie
werde
sich jedoch nicht wirklich durchführen
solange sich die Geistlichkeit und der privilegierte
Adel dieser Steuer widersetzten. Bei kluger Verteilung könne auch eine Steuer auf Lebensmittel gerechte und günstige Wir-
kungen erzielen, doch dürfe sie sich nur auf Lebensmittel, die den Luxus befriedigten, nicht auf den notwendigen Bedarf des täglichen Lebens erstrecken, damit man jener commis nicht bedürfe, die in den Wohnungen herumschnüffelten und die häusliche Freiheit arg gefährdeten.
Grimm kämpft
heftig
gegen die economistes politiques,
jene Vereinigung von Landwirten, die er als eine Art Sekte 42. Vgl.
S.
65
et
commerce. Ce
n^est
de cultivateur ne
au commerce."
Anm.
22.
—
„C'est
donc
lagriculture
qu'un
sage songera ä encourager, avant que de songer au
prince eclaire
que lor^que
suffit
le
pays
est trop
peuple
et
plus ä la subsistance de tous, qu
que il
le
faut
metier
songer
— mit
75
-
eigenem Kultus, eigenen Zeremonien, eigener Sprache
und eigenen Mysterien verspottet.*' WoM* erkennt er an, daß sie von den besten Absichten geleitet seien, aber was sie an Ideen böten, verlaufe sich in gedankenloses Reden und Prinzipien ohne Inhalt, in des lieux communs emvhatiquement etales et souvent exageres au delä
Diesen Theoretikern fehle Erfahrung
de ses veritables bornes. in der praktischen Land-
wirtschaft, daher ihre systematischen, lächerlichen Uebertrei-
bungen
alter,
aligemein bekannter Regeln/*
Einen noch größeren Vorwurf macht unser Autor dieser „Sekte" daraus, daß
Feindin aller schönen Künste, aller
sie
Wissenschaft und Literatur bestelle, betrachte sie als
Damit
bürger.
sei.
Jeden, der nicht den Acker
unnützen, ja fast gefährlichen Staats-
lege sie eine Geistesarmut
dünkel an den Tag, die
und einen Eigen-
einem aufgeklärten Leser aufrich^ tiges Mitleid erwecken mußten. Es sei zu bedauern, diaß das Publikum ihre Werke nicht lese, um sich selbst von der Verin
kehrtheit ihrer Ansichten zu überzeugen.*^
Grimm
verharrt
bei
seiner
Meinung,
trotzdem
sein
Freund Diderot ein erheblich günstigeres Urteil über die Schule der Oekonomisten fällt, den Freimut ihrer Werke anerkennt und sie Anreger zur Aufklärung in Handel, Landwirtschaft, Gesetzgebung und Politik nennt, wenngleich auch er zugeben muß, daß sich Unwissenheit und Geschwätzigkeit bei ihnen zeige.*® Grimm betont in einer ausführlichen Erwiderung*^ noch energischer
seine gegnerische Stellung zu
den
„ökonomistischen Schwätzern" wie Quesnay, Mirabeau, La Riviere, Beaudeau, Roubaud, Dupont, die in ihrer Unaufge-
Oktober 67
43.
1.
44.
Die Sprache
dunkel, sie
(S.
in
431
u.
434) und vgl. S.
den Schriften dieser Schule verurteilt
mache aus der Landwirtschaft
d'institution divine".
7.
Er bezeichnet
sie
Grimm
als
eine „science mystique et
deshalb als die »Sorbonne der
Landwirtschaft^ die den wahren Fortschritt der Landwirtschaft hemme,
wie ihr Vorbild den Fortschritt der Philosophie behindere. 45.
1.
46.
15.
47.
1.
Januar 70
(S. 440).
November 69 Januar 70
(S.
373)
(S. 420).
u. vgl. S. 7.
—
76
dem Lande
große Scharen beschränkter Geister auf
klärtheit
und
in
der
Menschheit* preist
Als ,Retter
der Stadt zu ihrer Partei gezogen hätten.
Galiani
Grimm
ihnen gegenüber den
mit seinen Dialogues sur le
Werk hat auf gemacht und muß seiner
Abbe
commerce des
bles
(1764).*^ Dieses
ihn einen sehr starken Ein-
druck
Ansicht nach auch
Leser reges Interesse erwecken.
dem
jedem An Gedankengröße und Bein
Die künst-
deutung
stellt er
lerische,
unterhaltsame und gleichzeitig belehrende Form, die
es
dem
es
Esprit des lois
gleich'.
Verfasser gestatte, mit einem, heiteren Tone
tiefe
Sachkenntnis zu verbinden, mache es zu einem Meisterwerke.
Daß
in
einem so aufgeklärten Jahrhunderte,
in
dem Män-
ner wie Voltaire, Montesquieu, Buffon, Diderot Genie, Ge-
schmack, Klarheit
und Vernunft verbinden,
die
der
Sekte
economistes politiques überhaupt eine Rolle spielen könne,
vermag
sich
Grimm
nur aus
immer Menschen
es eben
ils
erklären, daß
gebe, die sich zu irgend einer Partei
zusammenschließen müßten. plus se faire moines,
dem Umstände zu Dans
les
pays oü
ils
ne peuvent
se fönt quakers, ou methodistes, ou
a fait son temps, ou philosophiques, ou litteraires. Die Mission dieser Oekonomisten sei so wenig gerechtfertigt, daß sie kaum einen dauernden Erfolg haben
herrnhuter, et dans les
pays oü
la religion
ils se reunissent en confreries politiques,
werde.*'
Nachdem ken
sich
Grimm
direi
Jahre hindurch mit den
Wer-
der Oekonomisten lebhaft beschäftigt hat, folgt plötzHch,
zwei Jahre bevor er die Leitung der Korrespondenz niederlegt, ein kurzer und bündiger Verzicht auf jede weitere Be-
sprechung ökonomischer Schriften. economiques,
et je
veux que
le
J'ai
renonce aux vanites
diable m'emporte si Von
m'y
rattrape.^''
noch übrig, Grimms Stellung zu einzelnen Fragen des öffentlichen Lebens, die zu seiner Zeit erörtert wur-
Es
bleibt
48. 1.
49.
Januar 70
15.
50. 15.
(S.
Februar 68
Mai
423
u. 439).
(S. 38).
71 (S. 319).
_
^
77
Luxus,
Er spricht über den
den, darzulegen.
seine Gefah-
ren für die Gesamtheit und über die Frage, wie er zu verhüten
Er kennzeichnet den Luxus
sei.
als einen etat
de maladie qui
tend ä la destruction da corps politique, parce
tend ne-
Qu'il
cessairement ä la diminution du nombre des habitants, et les
diminue en
effet
tous les jours.
onereux ä leurs peres,
et tient
.
Le luxe rend
.
dans
le celibat
une
les enfants
infinite
de
gens qui aiment mieux vivre commodement et seuls que d'avoir une famille qui les reduirait au simple necessaire!'^
Aber der Luxus lasse sich mit Gewalt weder aufhalten noch verhindern, da er sich unabhängig vom Willen des Volkes mit einer gewissen Notwendigkeit einstelle." Am wenigstens seien die Aufwandgesetze, die lois somptuaires, dazu
Luxus auszurotten. Sie seien der Unbeständigund dem Wechsel aller menschlichem Dinge zu sehr unterworfen, denn ce que le pere regardait comme superflu de-
geeignet, den keit
vient une ckose necessaire pour le
fils,
qui se cree d'autres
superfluites qui degenerent bientöt en besoins.
So
führten
solche Gesetze zur Willkür C2x Feaniten und zu Ungerechtigkeiten. Was den Gesetzen hier nicht gehngen könne, könne wohl eine vernünftige Erziehung erreichen, welche Einfachheit der Sitten, des Lebens und der Gewohnheiten er-
strebe.
Der Kampf gegen Unsitten, sen
tadelt,^'
reißt
Grimm
die er
an seinen Zeitgenos-
zuweilen zu harten Urteilen über
den Charakter des französischen Volkes 55
hin.
51.
1.
Juli
52.
1.
Oktober 55
53.
Er geißelt die Haltung des Pariser Publikums,
(S. 48). (S. 103).
haften Schauspielern der
„Comedie Fran^aise"
einem gewissen Dubois zusammen spielen
als es
verlangt,
sollten,
der
von ehren-
daß
sie
wegen
Schurkereien aus ihrem Verbände ausgeschlossen worden war. April 65 rung, die
S. 256.)
—
(15.
Ebenso verstimmt ihn die übertriebene Begeiste-
vom Publikum dem Debüt
der
MUe
Raucourt entgegenge-
bracht werde und die einer besseren Sache würdig 139.)
mit
seiner
sei.
(Januar 73
S.
"
_
78
—
kennt den beweglichen, unbeständigen Charakter
Grimm
der Franzosen, die mit Eifer alles begännen
und
nicht die
Ausdauer hätten, eine Entwickelung mit demselben Interesse abzuwarten. Deshalb spricht er ihnen das Talent ab, Kolo-
und
nien zu gründen
Grimm
stellt
erfolgreich auszubauen
sich der
Mode
seiner Zeit entgegen, die
Frauen gering zu schätzen und von ihnen schlecht zu sprechen. Buffons und Rousseaus Lehren, die die Inferiorität der Frau dem Manne gegenüber als von Natur gegeben und
Dauer bestimmt beweisen wollen, entbehren nach Grimms Ansicht jeder ernsten Grundlage. Alte Fehler und Schwächen der Frauen seien nur das Werk der Männer, der für
die
Gesellschaft undi besonders einer schlecht verstandenen Er-
den religiösen Häusern, in denen sie erzogen würden, kämen ihre wahren Gefühle nicht zur Entwicklung, werde ihnen nicht die Welt mit ihren Forderungen gezeigt, würden Persönlichkeit und Charakter nicht genügend gebilziehung.
In
Aber wenn sich auch Grimm von einer guten und vernünftigen Erziehung der Frau viel verspricht, so denkt er doch noch nicht an eine ernste Mitarbeit der Frau zum Wohle det.
der Menschheit.''
Die Vorwürfe, die
Grimm
wiederholt der französischen
Gesellschaft und der französischen Nation macht, kann man wohl kaum als Ausfluß einer franzosenfeindlichen Gesinnung
Scherer dem Deutschen Grimm unterlitteraire ist im Gegenteil voll Correspondance schiebt.'' Die von Aeußerungen, die das Schöne und Große, das Gute und ansehen, wie sie
Lobenswerte, das die Franzosen geleistet haben, mit Wärme Er verteidigt die Franzosen gegen unberechanerkennen. 54.
1.
55. 15.
Juli
68
Juni 56
(S.
114).
(S. 238).
Als ein Zeichen einer wenig franzosenfreundlichen Gesinnung Deutschland, könnte man den Artikel ansehen, der seine Reise durch 70 S. 425 Januar (l. die nordischen Staaten schildert, 56.
Oesterreich und u. 432.)
Wie
sich Gr.'s scharfe Urteile gegen Frankreich
und
seine Lob-
Artikel erpreisungen der östlichen und nördlichen Länder in diesem klären, darüber vgl. S. 49
Anm.
62.
_
Vorwürfe.'*'
tigte
70
~-
der Verbindung des natürlich heiteren
In
Charakters mit einer großen Lebhaftigkeit, die es gestatte, für die
Grimm
entgegengesetztesten Dinge
in Eifer
zu geraten, sieht
Quelle der Ueberlegenheit, die diese Nation
die
Europa vor den anderen
stets
gehabt habe.
Rebute
meme
remontrer incontinent ailleurs avec la
ici,
in
de se
confiance, et de
savoir se tirer du plus grand abattement par un effort du plus
grand enthousiasme: tel a toujours ete le caractere des Der Einfluß der philosophischen Bildung scheine
FrariQüis!'^
den
allerdings
französischen
Zeitgenossen einen ruhigeren Charakter geben zu wollen, der die sachliche Beschäftigung mit ernsten, nützlichen Dingen wie der Nationalökonomie,
dem Handel, dem
der Landwirtschaft,
öffentlichen Recht
und
den Regierungsprinzipien bevorzuge. Als das Publikum der Komödie Sedaines
Sans
le
savoir (1765) Beifall spendet,
schmack große Komphmente.
On
Le Philosophe
machtGrimm seinem Gene
lui
montre jamais
la
simplicite et la verite sans qu'il en reconnaisse le c härme et le prixJ^^
Einen eigenartigen und für
Grimms
objektive Beobach-
tung bezeichnenden Standpunkt nimmt er
Salonlebens
des französischen
ein."*"
in
der Beurteilung
Er, der selbst die
Verbindung von Literat und Weltmann verkörpert, der Mittelpunkt
einflußreichen
eines
Hauptstadt war,®^ die
literarischen
hohem Maße
in
geistige
selbst
Salons
und
der
gesell-
schaftliche Interessen pflegten, glaubt nicht an die so oft ge-
rühmten Vorteile Mai 68
57. 15. 58.
1.
dies
(S. 83).
Oktober 67
59. 15.
April 66
60. 15.
Mai 67
61.
Grimm
Mme
Nach in
'Verkehrs zwischen Literaten und Welt-
(S. 429).
(S. 23).
(S. 314).
Aeußerungen
seinen eigenen
den Salons der
Mme
Necker verkehrt, aus denen er
berichtet. (Vgl. Hettner,
1.
c.
(1.
Januar 70,
S.
Geoffrin, der Mlle de Lespinasse
S.
284
in der ff.)
438) hat
und der
Neujahrsrede einige Details
Andere Salons erwähnt Gr.
in
^
80
~ Das Genie
wie ihn der Salon mit sich brachte.
leuten,
ver-
da es von Natur solitaire et sauvage sei. Es verliere von seinem originellen Charakter durch die fortwährende Berührung mit den Durchschnittsmenschen. geude hier nur seine
Zeit,
Unter der unausgesetzten Zerstreuung undi
dem großen
Zeit-
verlust habe die Wissenschaft zu leiden, der keine wertvollen
umfassenden Werke mehr, sondern nur kurze, unvollkom-
mene Broschüren gewidmet
würden.^'
Je ausgeprägter der
de societe sei, um so seltener werde der esvrit de genie dem Leben eines Landes und seinem Spiegelbilde der Literatur erst Wesen und Bedeutung gebe.'^
esprit sein, in
dter
daß ungefähr 50 Jahre später Mme de Stael in ihrem Buche De VAllemagne (1810-13) diesen selben Gedanken einen noch schärferen Ausdruck ver-
Es
ist
reizvoll zu sehen,
Sie hält ihren Landsleuten die starken, individualisti-
lieh.
schen Persönlichkeiten Deutschlands vor, die sich mit sich selbst beschäftigen, statt ihre Zeit in den Salons zu ver-
schwenden.
Wenn Grimm
diese Ideen soviel früher äußert, zu einer
Deutschland erst zu literarischer Arbeit erweckt wurde, so ist das neben anderen ein schlagender Beweis für den feinfühlenden, kritischen Sinn dieses Philbsophen des
Zeit, in der
praktischen Verstandes. der „Correspondance litferaire" nicht, weder die seiner Freunde Helvetius
und Holbach,
d'Epinay, in
70
(S.
dem
denen er aus- und einging, noch den der
er gewissermaßen der Hausherr war.
15) spricht Gr.
im Hause der statue.
in
Mme
— Am
1.
Mme Mai
von einer Zusammenkunft von 17 Philosophen
Necker zum Zweck der Errichtung einer Voltaire-
Dieser Versammlung hat Gr. selbst beigewohnt, wie aus der
Aufzählung der Tischgäste, die er 62. In seiner
gibt, hervorgeht.
Abneigung gegen
die Salons erkennt
man
eine Wir-
kung des deutschen Charakters und der deutschen Bildung Grimms,
dem
die Oberflächlichkeit
dem Verkehr
in
und
Eitelkeit,
das tändelnde Wesen, das von
den Salons nicht zu trennen war, zuwider war.
Vgl. S. 112. Oa.
1.
August 53
(S.
268)
u.
1.
Juni 55 (S. 33).
—
Grimms Stellung zu Kunst und Literatur a
Allgemeine Theorien Auch
Grimm
dem
auf
—
Diebildende Kunst
Gebiete der Literatur und der Künste lehnt
Er glaubt, die gemacht zu haben, daß meist derjenige über die Theorie einer Kunst schreibe, der sich in ihr erfolglos versucht habe. Der trage dann alle möglichen Regeln und Vorschriften zusammen.* Solche theoretischen Werke über die alle
Theorie und Systematisierung ab.
üble Erfahrung
schönen Künste seien geredet werde,
La
um
völlig nutzlos.
Je
mehr über
die
Künste
so weniger würden sie praktisch gepflegt.
nation qui a le plus de livres et de methodes sur la pein-
iure, la
mustque, ragriculture, a aussi les plus mauvais pein-
mauvais musiciens et les plus mauvais cultivaDie Kunst werde nur durch praktische Ausübung gefördert. Grimm ruft dem artistes-auteurs gleichsam zu:
tres, les plus
tears.
Bilde Künstler, rede nicht!
So tritt Grimm unbefangen ohne jedes System, ohne jede Methode an die Kunstwerke heran. Indem er sie auf sich 1.
Gr. exemplifiziert mit Cailhava d'Estandoux, einem zeitgenös-
sischen Komödienschreiber, der nach mehreren DurchfäUen auf der Pariser
Bühne
niedergelegft 1.
Juil72(S.
in
dem „Art de
habe, 11).
la
Comedie" seine „reichen" Erfahrungen
deren Wertlosigkeit aber leicht zu ermessen
sei.
— wirken
läßt, ihre
—
82
Vorzüge, ihre Mängel erkennt und studiert,
gelangt auch er zu einer Poetik, aber zu einer solchen, die für
die
Bildung des Geschmacks des Publikums bestimmt
ist.
In
diesem Sinne hätten auch der Abbe du Bos, Diderot,
Horaz und
Boileau,
Aristoteles
ihre
Poetiken geschrieben,
von großer NützMchkeit seien, sondern auch Werke von eigenem künstlerischen Wert darstellten. die deshalb nicht nur
und schöne Aufgabe sei es de rendre le peuple sensible aux beautes des modeles que les grands hommes de toüs les gern es Im ont präsentes J" Dies setze bei dem Autor vor allem einen ausgesuchten Geschmack, ausgedehnte und vieteeitige Kenntnisse, Genauigkeit und Scharfsinn voraus. Ihre große
Diese Eigenschaften vermißt
m nem
n
t
e
den er
1,
Grimm
als geistvollen
Talent für polemische
stöße gegen den guten
beispielsweise bei
Mar-
Menschen mit ausgesproche-
Werke
sehr
schätzt,,
Geschmack ihm jedoch
dessen
ein
Ver-
genügender
Anlaß scheinen, seine Poetik abzulehnen. Die einzige Poetik für den Dichter wie für den Künstler
müsse
die
Macht seines Genies
sein.
Das Genie
spotte aller
Vorschriften der Kritik, alter Regeln und Methoden, es folge der ivresse de la passion et de Venthousiasme, seine Führer seien die göttliche
Eingebung und
So hätten
Drang.
Prinzipien zu
ein innerer, unbezwinglicher
Sujets, die den elementarsten poetischen
widerstreben
schienen,
deren Behandlung
a
sinnloses Unternehmen bezeichnet werden
geradezu als müßte, ihre Meister gefunden, unter deren Händen sie zu Kunstwerken höchsten Ranges geworden seien. Fehle diese
priori
Autor mit klarem Verstände jederzeit Herr des Gegenstandes und werde nicht notwendig von ihm geführt, dann sei niemals ein Kunstwerk zu erwarten,
göttliche Eingebung, sei der
sondern nur ein gekünsteltes.^
Dementsprechend glaubt Grimm nicht wie viele seiner Zeitgenossen, daß die vergangenen Jahrhunderte alles erschöpfend bebandelt hätten und daß nun die Sujets fehlten, 2.
L
3.
15.
September 63
Mai 70
(S. 375).
(S. 21).
—
—
83
vielmehr daß es fehle an den auteurs qui possedent Vart et
de les traiter. Einem wahren Genie werde es nie an einem Stoffe fehlen, und ebenso werde für eine geniale
le talent
Behandlung
Thema
ein
undankbar
nie
Dagegen
sein.
ver-
sagten unter der Feder eines talent- und seelenlosen Verse-
machers
selbst die glücklichsten Stoffe.*'
Charakteristisch
den
für
skizzenhafte, so doch
im
vollen^
Geschmack Grimms, ist die, wenn auch nur
feinen
seinen scharfsinnigen Kunstverstand
Bewußtsein mehrfach'' vorge-
brachte Unterscheidung der einzelnen Kunstarten hinsichtlich der ihnen zu Gebote stehenden Stoffe und Mittel.^ Diese Gedanken von der Abgrenzung der bildenden und Redekünste finden wir später, 1766, wieder als die Grundlage des „Lao-
Lessing s."
koon"
Als ein Symptom geistigen Verfalls sieht es Gr. an, daß die
4.
Literaten so oft zu Neubearbeitungen älterer literarischer
Zuflucht nehmen.
armut,
Herz
Er
Voltaire
als
protestiert
den jungen Dichtern solche Bearbeitungen ans
und ihnen dazu noch an der eigenen, recht unglücklichen
legt
Umarbeitung der „Sophonisbe" des Mairet
Wie
sucht.
ein
ohne jede Aenderung aufbewahrt blieben
geben
daß
er,
ihren Fehlern
all
zu
Beispiel
moderner Literarhistoriker verlangt
ein
Denkmäler der Literatur und Kunst mit heiten
Denkmäler
gegen die Förderung der Geistes-
die
und Schön-
als interessante
Zeu-
gen der verschiedenen Epochen der Künste und ihres Fortschrittes. Juli 61 (S. 429); 15.
April 54
Februar 55
5.
1.
6.
Aehnliche Gedanken über die Grenzen der Künste und der
von
jeder
Diderot
ihnen
eigenen
(S. 345); 1.
Darstenungsmöglichkeit
in der „Lettre sur les
sourds
et
(S. 486).
schon
1754
muets" ausgesprochen.
Gr.,
hatte
der selbstverständlich diese Abhandlung Diderots kannte, bringt zwar keine darüber hinausgehenden AufsteUungen, prüft aber die Geltung
Gedankens für sämtliche Künste und
dieses
erläutert ihn
durch
tref-
fende Beispiele. 7.
Es
sei
hier
verstattet,
darauf
hinzuweisen,
daß die beiden
geistvoUen Pfarrerssöhne, die, in deutschem Sinne erzogen, von antiker
sind,
und moderner, das heißt französischer Kultur stark beeinflußt in
ihren
kunstkritischen
Ansichten
zahlreiche
Parallelen
auf-
-~
Les
arts, bien
loin
84
—
de ne point connaitre des
sont circonscrits dans des bornes
que
!
etroites et si
si
les enfants pourraient les assigner.
würd'en nicht durch den
Zweck
limites,
connues
Diese engen Grenzen
der Künste bestimmt, denn
danach, die Natur nachzuahmen, wohl aber
sie alle strebten
durch die Mittel, deren sie sich zu diesem Zweck bedienten
und
die grundverschieden seien.®
Diese Mittel wiesen auch
den Künsten verschiedene Stufen der Echtheit der Natur'
nachahmung ment
Le sculpteur ment moins que
an.
moins que
peintre
le
poete;
le
Dabei zeige sich die seltsame Tatsache, daß,
le plus.
Lüge
Kunst von der Natur entfernt
je
weiter die
je
vager und hypothetischer ihre
die
Macht
le peintre, le
musicien est celui de tous qui
ihrer
einer
Mittel- seien,
Wirkungen auf unsere Seele
um sei.
sei,
so stärker //
est aise
au statuaire de nous toucher et de nous etonner, au peintre de nous emouvoir, au poete de nous embraser et de mettre notre äme en desordre, au musicien de porter ce desordre jusqu'ä la frenesie et jusqu'au delire.
Die Kunst also, die der
menschlichen Einbildungskraft den größtten Spielraum lasse, könne der größten Wirkungen sicher sein. Hierauf beruht für Grimm die ungeheure Macht der Musik über den Menschen. Je unbestimmter, schwanktender die Mittel einer Kunst-
um so unbestimmbarer werden naturgemäß ihre Wirkungen sein, und um so weniger werden sich für sie feste Regeln aufstellen lassem. Tout est prononce et Stahle dans les preceptes et dans le goüt de la sculpture; tout est indetermine et vague dans les preceptes et dans le art sind, meint unser Autor,
goüt de le
la
musique,
milieu entre ces
et la peinture et la poesie tiennent
deux extremes.
encore
Für die Bildhauerkunst
weisen und doch wiederum Gegensätze zeigen, die deutlich die Ein-
wirkung des Milieus auf ihre Gedanken bezeugen.
Lessing
hatte
keine Gelegenheit, die „Correspondance litteraire" kennen zu lernen,
dagegen hat er Diderots einschlägige Schriften gekannt, sodaß seine
men
vielfache
Uebereinstimmung mit Gr. wohl aus der gemeinsa-
Quelle erklären mag. 8.
1.
sich
Juli 61
(S.
429).
-
85
-
könne der Geschmack und das Schönheitsgefühl in musterDie gültigen Vorbildern für alle Zeiten bewahrt bleiben.'
Musik kenne keine solchen Modelle, das Genie tauche hier plötzlich auf, schaffe etwas Großes und Erhabenes, könne jedoch keine Vorschriften für den vrai et grand gout dieser Kunst hinterlassen. Jede Kunst zeige ihren eigenen Geist und darum auch ihre Grenzen, die das Genie stets einhalten müsse, um UeberDas Genie werde griffe in eine andere Art zu vermeiden.
von seinem göttlichen Instinkte geleitet, der es innerhalb der Grenzen zu freier Entwicklung und zu unaufallerdings
hörlichem Neuschaffen
treibe.^^
Die Unkenntnis der Unterschiede zwischen poetischen und malerischen Objekten, die viele Maler an den Tag legten, veranteßt Grimm, des öfteren auf Einzelheiten dieser Unterschiede einzugehen.''
Die Fabelstoffe mit ihren wunderbaren
das Reich, der epischen Poesie, der Malerei wirke das Wunderbare, das nur äußerst
Geschehnissen weist er
denn
in
selten
und nur
geeignet
sei,
genialen Bearbeitungen zur Darstellung
in
kalt
in
und
lächerlich.
Auf der Bühne mache es Le merveilleux nap-
sogar stets einen kindischen Eindruck.
de droit Qu'au poete epique Qui peint pour notre Der Dramatiker und der Maler bildeten für imagination. das Auge, nicht für die Phantasie, folglich müßten ihre Ob-
partient
jekte die Vorbilder in der Natur haben, dürften aber nicht der
unwirklichen Phantasie entnommen sein.
Dabei habe der
Dramatiker den Vorzug, daß er wenigstens das Wunderbare, das Schrecken- und Furchterregende benutzen könne, das 9.
10.
Man Es
denke an den Laokoon. ist
Genie sich über
offenbar diese.
Grimms
Ansicht,
daß das wahrhaft große
Grenzen und Unterschiede hinwegsetzen könne
und auch aus einem Objekt, das an
sich
für
seine
Kunst weniger
geeignet scheine, ein voUendetes Kunstwerk schaffen werde, daß aber die
minderen Geister solche Unterschiede nicht außer Acht lassen
dürften. 11.
Vgl. S. 82 u. S. 86. 15.
April 54
(S.
345).
— sein
der Seele und im Schicksal seiner Helden ruhe, während
— dieser — nur die ruhigen Bilder der Wirk-
der Maler, auch der Dekorationsmaler,
Grimm
eine große Rolle
lichkeit darstellen
spielt bei
könne/^
Trotz der großen Verschiedenheiten der einzelnen Künste erkennt
meinsam fes
und
Grimm doch
gelten.
einige Regeln an, die für sie alle ge-
Zu ihnen gehörten
die Einfachheit des Stof-
Handlung/^
Alles Komplizierte zer-
die Einheit der
streue und verwirre, errege, höchstens Erstaunen, also nur
und Erhabenheit aber erund rührten, lösten dauernde Gefühle aus. Nichts schwäche die Eindrücke der Kunstwerke mehr ab als Episoden und Detailschilderungen, die von dem Hauptgegenstand abein Augenblicksgefühl; Einfachheit griffen
Wenn Homer
lenkten.
oder Raphael diesen Grundsatz
in ih-
ren Meisterwerken außer Acht gelassen hätten, so seien
sie
eben ihrem Genie, ihrer göttlichen Eingebung gefolgt, hätten
dadurch Anlaß zu jenen verderblichen Regeln und gegeben, denen sich minderwertige Nachahmer
jedoch
Theorien
blindlings
und sklavisch unterworfen hätten.
leider nur die
Auf diese seien
äußeren Kunstgriffe der großen Meister, nicht
aber ihr Genie übergegangen, sodaß ihre Erzeugnisse nur kalte
und schlechte Kopien
seien.
Grimms Einzelbesprechungen
erstrecken sich auf
Werke
aller Künste.^*
12.
Gr. führt als Beispiel des Gegensatzes von Poesie und Malerei
die heidnische
und
die christliche Religion an.
Die erstere mit ihren
„fantomes d'imagination", die der Mensch nicht kenne, enthalte poetische
die
Stoffe,
andere dagegen
sei
malerisch,
Gelegenheit böten „d'exprimer les passions et
de Päme,
pour
le
feu et Tenthousiasme des
ainsi dire, 15.
14.
Wenn
(S.
(1.
ihre
Sujets
grands mouvements
moments oü
au -dessus d'eux -memes."
Dezember 56
13.
les
weil
les
hommes
Februar 55
sont,
S. 486.)
317).
Scherer ihm Verständnis und Geschmack für Bildhauerei
und Malerei absprechen führungen dieses Urteil
will,
als
so hoffe
ich,
daß die folgenden Aus-
zu scharf erweisen werden.
dings unmöglich, die Besprechungen, die
Grimm
Es
ist aller-
einzelnen künstle-
8?
Nichts
Grimm
ist
verhaßter als das servile Nachahmen,
das geistlose Kopieren alter Meisterwerke und antiker Vorbilder.
In der
Architektur
modernen
seiner Zeit
macht
er die peinliche Erfahrung, daß das Aeußere eines Gebäudes nach den antiken Bauten kopiert werde, und daß dann das Innere und der gan2^e Charakter diesem Aeußeren recht wenig
Und doch
entspreche oder oft sogar widerspreche/'
sei es
Gebäude außen Bestimmung trage.
di^ erste Forderung der Architektur, daß jedes
und innen deutlich den Charakter seiner Es sei deshalb unkünstlerisch und geschmacklos, einer christlichen Kirche die äußere und innere Form des griechischen Tempels zu geben. In einem feinsinnigen und tief durchdachten Artikel sucht Grimm den Bau des antiken Tempels aus der Eigenart der religiösen Anschauung und des Kultus zu erklären, die von dem Christentum grundverschieden sei.
Das Christentum bedeute zunächst
nicht einen neuen
Kult
oder eine neue Religion, sondern eine neue Ordnung der Ideen
Ausgehend von einer demokratischen Organisaeiner theokratischen Aristokratie geworden, deren Behörde sich aus der Geistlichkeit gebildet und nach staatlichem Muster organisiert habe. Diese habe zu ihrem Zwecke keine antiken Tempel gebraucht, sondern Gebäude nach Art der basiliques, oü la justice se rendait au peuple. Diese Gedanken kämen in den gothischen Bauten
und
Sitten.
tion seines bald zu
zum Ausdruck.
Dazu kämen noch
die
Aenderungen der
Lehre, des Kultus und der Zeremonien, die das Christentum
durchzumachen gehabt habe. Allen diesen Forderungen müsse eine moderne Kirche genügen, und schon rein äußerHch müsse sie den Geist des modernen Christentums verkörpern. Betrachtet
Grimm
in
als die Lehrmeisterin für
scheint
ihm
die antike
rischen
Werken
geben.
Nur
zuteil
der
alle
Bildhauerei
Malerei
werden
die
Antike
folgenden Jahrhunderte, so er-
läßt,
bei
weitem
nicht so ent-
hier bis ins Einzelne wiederzu-
seine allgemeinen Ansichten über Architektur, Bildhauerei,
Malerei und über die mimische Kunst sollen hier dargestellt werden. 15.
1.
November 64
(S.
102).
^ wickelt, soweit er
--
88
nach den wenigen
bei
fundenen Bildern zu urteilen vermag/'
Herculaneum aufgeAllgemeines wagt er
Ma-
allerdings nach so geringen Zeugnissen über die antike
zu sagen, denn leicht wäre es möglich, daß die gu-
lerei nicht
Werke untergegangen und nur seien. Diese Annahme scheinen ihm
die schlechten erhalten
ten
die antiken Schriftsteller
mit ihren Lobpreisungen der zeitgenössischen Malerei zu unterstützen. Ce n'est pas le goüt, c' est Je hasard qui conserve. Jedenfalls scheinen
ihm
die Alten keine rechtem Ideen
von der
Theorie der Perspektive und der Praxis ihrer Regeln gehabt zu haben, die sonst selbst bei schlechten Gemälden
Spuren hinterlassen hätten. Dafür sei ihr Augenmerk auf das Erhabene des Ausdrucks, jene maniere gründe et fiardie gedie vom Altertum unzertrennlich und richtet gewesen, selbst in seinen schlechtesten
Dieselben
an den modernen siert
recht
gegen
Fehler
Schöpfungen -zu bemerken die
Perspektive
rügt
Theater dekoratione n.''
scharf die Unnatürlichkeit der
sei..
Grimm Er
Szenerie
kriti-
gele-
der Aufführung einer Pantomime des Servandoni. Er verlangt von einer guten Dekoration, daß sie nicht fortwährend' ans Theater, an Leinwand und Kulisse erinnere, genitliich
da
sie
sonst für ein Jahrmarktstheater geeignet
sei.
Das
alte
carre ä peu pres regulier, das von einer Leinwand im Hintergrunde und von KuHssen an den Seiten gebildet werde,
gerade gut genug für Kinder. Allerdings lasse sich vieles auf der Bühne nur sehr schwer darstellen, doch müsse man von dem Genie des Dekorateurs verlangen, daß er den günstigsten und interessantesten Moment wähle und nur das
sei
zum Gegenstand
seiner
Handlung darstellbar 16.
17. 1. 18.
April 55
An dem
(S.
(S.
einer
406).
13).
praktischen Beispiel einer belagerten Stadt erläutert
Gr. das szenische Bild, wie es das eine
Mal jedoch
was an
sei.*^
September 54
15.
Darstellung mache,
natürlich wirken werde,
gänzende Phantasie der Zuschauer
Mal
unnatürlich, das andere
indem er sich dabei auf
stützt.
die er-
— Grimms Kritik Jedes Debüt,
—
89
erstreckt sich auch auf die Schauspielkunst.
an der Comedie-Franccdse, an der Co-
sei es
medie-Italienne oder auf der Opernbühne, bespricht er und
sogar sehr eingehend, ebenso die Abschiedsvorvon Schauspielern, Sängern und Tänzern. Der
mitunter stellungen
Bühnenwerkes
Kritik des
gefügt, speziell in Fällen,
wohl ganz
allein
dem
ist
eine solche der Darstellung bei-
wo
der Erfolg in erster Linie oder
vortrefflichen Spiel zuzuschreiben
Die Urteile zeigen im ganzen
ein
ist.
großes Verständnis für die
Forderungen der Bühnentechnik und einen feinen Geschmack für
die
szenische Wiedergabe -der mannigfaltigen Situatio-
nen, der tragischen
und der komischen.
sich auch
Es finden
die noch heute Gegenstand leb-
Bemerkungen,
prinzipielle
hafter Diskussionen sind, sofern sie nicht zu allgemein gül-
und anerkannten Grundsätzen geworden daneben einige verfehlte Kritiken zu finden sind,
tigen
folg
Daß
sind.
die der Er-
oder Mißerfolg nicht bestätigte und die manchmal zur
Berichtigung
zwangen,'^
ist
wohl
und
selbstverständlich
entschuldbar.
Grimm
verlangt von einem Schauspieler Schönheit und
Grazie der Gestalt und der Formen
Gewiß könne auch
Stimme.'''
Häßlichkeit das Talent, die
und
eine
trotz
gelegentlich
Wärme
machtvolle äußerer
und Echtheit des Aus-
drucks das Publikum fortreißen, wie es das
Spiel'
der Mlle
Sainval und des M. Monveli von der Comedie Francaise beweise, jedoch im allgemeinen bleibe stets der letzte Schluß:
une
belle voix,
une
le talent
ne
les
agreable et noble, sont des conditions
figiire
remplacent quelquefois
si essentielles qu'elles
Eine andere wichtige Frage behandelt längeren
Anmerkung zu einem
ons sur une brochure glais"^ in
dem
19. Vgl. S.
16
le talent, et
que
remplace jamais.
intitulee
Grimm
Artikel Diderots
,Gamck, ou
les
in
einer
Observati-
Acteurs an-
dieser die Theorie aufstellt, daß der Schau-
Anm.
12.
20.
1.
Oktober 72
21.
1.
November 70
(S.
69).
(S.
156).
Spieler
nie
sich
selbst
-
00
geben, nie seinen eigenen Gefühlen
und Empfindungen folgen dürfe, wenn er große Wirkungen erzielen wolle, daß er vielmehr die Rolle studieren und völlig beherrschen, die Empfindungen durch äußere Mittel auszudrücken suchen solle/^ Grimm tritt dieser Ansicht voll-
kommen
bei
Er
tigen.
Grundsatz,
und sucht
sie
überträgt
auf
der bei allen
durch weitere Belege zu bekräfdenselben
Schauspielkunst
die
Nachahmungskünsten
gelte,
daß
nämlich nicht das Wahre, nicht das getreue Bild der Natur den Menschen bei den Kunstwerken entzücke, sondern gerade
mensonge approchant de
le
Die Sensibilität
sible.
sei
pres pos-
la verite le plus
für den großen Schauspieler be-
deutungslos, ja nicht einmal wünschenswert, dafür aber sei
angeborenes Talent und ein eifriges Studium der Natur und der darzustellenden Vorbilder um so wichtiger. Zur Vervollkommnung und Verfeinerung der Kunst sei vor allem eine sittenstrenge Erziehung der Schauspieler und
ein
damit verbunden eine
bessere
soziale Stellung
zu
erstre-
Solange der Schauspielerberuf nur von sittenlosen, ungebildeten Leuten ausgeübt werde, solange une creatme,
ben.''
qui ne sait faire chez eile que la
chargee de representer en public nete ou d'une
fille
de mauvaise
le röle
femme du monde, avec
vie,
sera
ou d*une femme hon-
le
maintien,
le ton, la
noblesse de manieres que donnent Veducation et Vusage et l'habitude de la bonne compagnie, so lange könne auch die wahre Komödie, die doch das getreue Spiegelfacilite et la
werden.
bild der Sitten sein solle, nicht gut dargestellt
im einzelnen sein mögen, so sind sie von geringer Bedeutung im Verhältnis zu den bahnbrechenden Ansichten Grimms über die Musik.''
So
interessant alle diese Urteile
22. Diese Theorie hatte Diderot schon 1769 in seiner Abhandlung „Le reve de Dalembert" angedeutet und später ausführlich erörtert in
der Abhandlung „Le Paradoxe sur 23. 15. 24.
Januar 71
Gr.s
(1753), ihr
kleine
le
comedien" (1773).
(S. 235).
Satire
„Le
petit
Prophete
de
Boehmischbroda"
ungeheurer Erfolg und das Aufsehen, das
sie in
der gan-
Grimm cher
-
91
allen
Urteilen
Gegner der französischen
Musik.**^
Oper,
zeigt
sich
in
leidenschaftli-
als
Die
französische
Werwas zum guten Geschmack gehöre. Sie strotze von Unnatürlichkeit wegen des einförmigen Schemas, das ihr zugrunde liege. Maximen und Sentenzen, Madrigal auf Madrigal folgend, das Ganze zeitweilig durch den unvermeidlichen Tanz unterbrochen, das ist ken
wie
sie
Rameau und
verträten, verbanne
Monsigny
später
in ihren
alles,
Grimm von der franzöDa außerdem das Wort nach der
das charakteristische Bild, welches
Oper entwirft. Musik gemacht werde,
sischen
sei der
Dichter gezwungen, nur „ly-
rische Worte'' zu verwenden, die gewöhnlich sinnlos seien.
Deshalb fehle Inhalt, die
in
Entwicklung, kurz
wenn
halten müsse,
sinken
Opern der Dialog, der
allen französischen alles,
was
Bühnenstück ent-
ein
es nicht zur Abgeschmacktheit herab-
solle.
Das Unnatürlichste
Vermischung von Gesang und Tanz, die eine lebhafte Handlung unterbinden müsse. Tanz und Gesang seien zwei verschiedene Arten von Nachahmungskünsten, die man nicht miteinander vermischen
Lart qui imite
dürfe.
de
rien
commun avec
die
sei
nature par la danse ne doit avoir
la
celui qui imite
par
chant.
le
zen gebildeten Welt erregte, zeigen uns deutlich die führende Rolle unseres Korrespondenten sische
und die
dem
in
Musik.
italienische
lebhaften
Kampfe um
Kampf
Dieser
die
Besprechungen der Opern, der komischen Opern und der durch
Grimm
deutlich wieder.
lebhaften Anteil
64
S.
~
keiten
wie der über den
Ballette
Obwohl Gr. an diesem Streite so
nahm, bezeichnet er sich ein anderes Mal
43) mit Entschiedenheit als
franzö-
spiegelt sich in den
Gegner
aller
(1.
August
literarischen Streitig-
Wert der antiken und modernen Kunst,
über die italienische und die französische Musik, über die Vorzüge
Tassos und Ariosts, Corneilles und Racines. schaftlich
Partei
ergreift
und
für
seine
Er, der selbst leiden-
Ansicht kämpft, hält solche
Erörterungen für „disputes frivoles" und „niaiseries", die auf eine
Erschöpfung der künstlerischen Zeugungskraft schließen 25.
1.
September 57
(S.
407).
ließen.
92
Für
ein
Ohr
feines
unerträglich erscheint
Grimm
der
fortwährende Gesang, der die französische Oper vom Beginn bis zum Schluß durchziehe. Dieser enmyeux pMn-chant appele musique fratiQaise erzeuge eine ermüdende Monotonie und widerspreche allen natürlichen Gesetzen. Das Lied sei ein
Ausdruck der Leidenschaft, dürfe also auch nur in solchen Momenten verwandt werden. Den Uebergang zu diesen Liedern müsse das Rezitativ bilden, das heißt eine musikalischrhytmische Deklamation, damit
man
nicht in ein gewaltsa-
mes Ueberspringen vom Sprechen zum Singen zu
verfallen
brauche. Die französische Musik kenne diese Unterscheidung
von Rezitativ und Gesang nicht. Bei ihr werde entweder algesungen wie in der Oper oder abwechselnd gesprochen und gesungen wie in der komischen Oper.
les
So hat Grimm
Oper
viele
Gründe,
zu bekämpfen, die ihren
Wert
die
alte
komische
allein in sottises, allu-
sions obscenes ou satiriques, sales equivoques gesehen habe,
deren Dialoge
Gassenhauern und Couplets ohne MusikbeHierher gehöre auch das Genre der parodies, welches gegen den gesunden Menschenverstand und den guten Geschmack sündige. Die Phrasen und der Sinn des Textes ständen meist in Widerspruch oder seien in
gleitung bestanden hätten.
wenigstens ohne jede Beziehung zu dem Ausdruck der Musik. Solche Artep seien nur so lange beliebt, als das Publi-
kum
für
Musik kein Verständnis habe. Je lauter das Geschrei sei, um so größer sei der Erfolg gewe-
der Sänger gewesen sen.
Grimm
bedauert
es,
daß begabte Männer wie Colle
Talent an solche barbarischen
Werke verschwendet
ihr
hätten
und so nur einer schlechten Sache dienten. Den Hauptgrund dafür, daß die Texte der komischen Opern so stilwidrig seien, sieht Grimm in dem Umstand, daß wie bei der Oper die Dichter gezwungen seien, ihre Verse nach den Melodien zu reimen, welche die Komponisten lieferten.^® Die Vernunft gebiete es, daß umgekehrt erst der Text 26. 15.
März
71
(S.
270).
-^
geschrieben und dieser dann bei
den Italienern üblich
erzielt
werden, die bei
wunderung
errege.
-
93
in
sei.
Musik gesetzt werde, wie es Nur so könne eine Harmonie
Metastasio
Grimm
rechnet es
hohes Verdienst an, daß er die
alte
unsere höchste Be-
Sedaine
als sehr
Mode geechte Komö-
Art aus der
bracht habe durch seine Musikkomödien, die
dien nach italienischem Muster mit Dialog, Witz, Inhalt und
Entwicklung
seien,
denen
leider der rechte
Komponist
fehle.
Angesichts des geringen Verständnisses Monsignys für Musik
und Komposition bedauert es Grimm, daß gerade diesem
Künstler die Aufgabe der Komposition dieser Meisterwerke zufalle.
Voller Ironie spricht
ten Opern, die auf sique
dem Theater
der
der Verehrung der al-
Academie royale de müwürden par les
nicht gesungen, sondern geschrieen
aboyeurs le
Grimm von
Er nennt dieses Theater direkt wo man brauche des
et les glapissantes.
theätre de braillards et de criards,
pownons comme des
soufflets
de forge pour aequerir
la re-
Pütation de chanter avec goüt et avec succes^
Und während
die
Franzosen dissertent sans
fin
sur ce
pas trouve encore le secret de rendre leur musique supportdble ä la partie la plus preeieuse de la nation, machten die ItaHener ihre Musik und errängen den Beifall
süjet et riont
der zivilisierten Nationen.
So wesen
schllecht
seien,
auch die ersten italienischen bouffons gesich in der Pariser
die
Oper gezeigt
hätten,
hatten sie doch nach der Ansicht unseres Kritikers den Vor27.
Mit Schadenfreude
verfolgt Gr. die vergeblichen Anstrengun-
gen der Pariser Oper, welche die verbanne,
um
italienische
Musik aus ihrem Hause
so die gefährliche Rivalin der Musik meines LuUi und
Rameau zurückzuschlagen,
v^^elche
später die fortschreitenden Erfolge
der Italiener in Frankreich durch das Verbot des „Concert des amateurs" zu
hemmen
suchte und sich dann, als das Verbot durch die
Intervention hoher Persönlichkeiten aufgehoben
wurde, mit der Un-
terdrückung des harmlosen und unbedeutenden „Concert des abonnes*^
begnügen mußte.
(1.
Februar 72
S.
443.)
_
!
daß
zug,
sie
mit
ihrer
—
94
komischem, heiteren Musik überall
wurden und Erfolge erzielten, bedeutende Wirkungen zuzuschreiben seien.^®
vorbildlich
hätten sie das Vaudeville aus jenes Genre, das
Zum
sei.
anderen hätten
sie
Zum
dem Opera-Cornique
dem Geschmack und den
zwei
denen
ersten verjagt,
Sitten zuwider
dazu beigetragen, den Wider-
willen des Publlikums gegen die schwerfällige Monotonie der
französischen Oper gliaubt konstatieren
zu
und
erregen
zu
Grimm
steigern.
zu können, daß seitdem die alten fran-
zösischen Opern erfolglos gespielt werden, wenngleich eine
Aenderung im Geschmack noch nicht lebhaft genug hervorgetreten
sei.
Der Hauptanteil an dieser Umwälzung des Geschmacks fällt nach Grimms Meinung Duni zu, dessen Werke zeigten, wie der Text in Musik gesetzt werden müsse, ohne daß durch die Musik die französische Prosodie verletzt werde.'* Er sei deshalb der eigentliche Schöpfer der Musik in Frankreich,
wo
bisher ein bedauerlicher Mangel an musikalischem
wo
Verständnis bestanden habe,
Gesanges auf
kalischen)
der
sich der
Ausdruck des musi-
lautes Schreien oder leises
Stimme beschränkte.
Dämpfen
Leider würden jedoch die Fort-
Musik durch den noch immer üblichen Uebergang Dialog zum Gesang und umgekehrt gehemmt, den auch die Erfolge Dunis nicht hätten beseitigen schritte der
vom gewöhnlichen können.
Als Schüler Dunis helfe auch sik
durch erfolgreiche
sicheren Siege.
Werke
Grimm
Ph H i
do
r
der neuen
Mu-
zu einem zwar langsamen, aber
erkennt erst allmählich das Verdienst
Philidors an, hält ihn jedoch schließlich für einen der besten
Komponisten, über den er nur den Gretry zu stellen wagt.^® bei
Dieser G r 6 1 r y, ein noch junger Künstler, erregt gleich seinem Anfang als Opernkomponist die Bewunderung unAugust 61
28. 15.
29.
1.
Februar 65
30. 15. 1.
März 66
Sept.
(491);
(S.
(S.
59 (143); 1.
456). 189). 15.
Aug. 61
Aug. 68 (145);
1.
(457);
15.
Sept 68 (165
Dez. 61 u. 166),
(501);
Er
seres Kritikers.^'
lobt
-^
95
an ihm die berückende Reinheit
sei-
nes Stiles, die glückliche Verbindung von Geschmack und Gelehrtheit.
In seiner
vom hohen
drückt,
mutigen
bis zu
Musik seien
Tragischen
alle
bis
Charakterarten ausge-
zum Komischen, vom An-
den Feinheiten eines ruhigen, leidenschaftslo-
sen Dialogs. Gretry werde jetzt den Anfang machen, das so arg
Grimm
vernachlässigte Gehör der Franzosen zu verfeinern.
und wünscht, daß der junge Künstler sich noch des öfteren nach Italien begeben werde, um sich dort zu erfrischen und mit neuen Gedanken zu füllen, wozu ihm Paris keine Ge-
hofft
legenheit biete.^'
Bei der Besprechung der Oper (1766) von
Grimm
Monsigny,^'
die alle
La Reine de Golconde Hoffnungen täuscht, die
Umwäteung
auf diesen Künstler für die
der französi-
schen Oper gesetzt hat, präzisiert Grimm die prinzipiellen Unterschiede zwischen der französischen und der italienischen
Das Wesentlichste
Musik.
eines guten
Musikwerkes
sei
das
Rezitativ, eine declamation notee et parlee, bei der die infle-
xions du discours stark markiert sein müßten.
Ohne
dieses
Rezitativ gebe es keine Handlung, keinen Dialog, keine Szene,
keine Ruhe, keinen Reiz, keinen musikalischen Effekt.
französischen Oper fehle dies schwerfälligen,
schleppenden,
Nachahmung des monotonen
alles, hier
höre
man
In der
nur einen
Gesang,
langweilenden
eine
plain-chant der Kirche. Der Cha-
rakter der französischen chanson und des couplet verbiete es,
Handlung zu
sie in die
stellen, sie
könnten höchstens
sodische Erzählungen eingeflochten werden.
Art
als epi-
Ganz anderer
Ausdruck eines Gefühles, einer musikalischen Idee, ener Leidenschaft in einem ergreifenden Moment diene. Ebenso unnatürlich und widersinnig. sei die italienische aria, die als
September 68
31.
1
32.
Eine amüsante Anekdote, die Gr.
(S.
165).
zeigt seine Vertrautheit mit Gretry
und
eitel
441.) 33. 15.
Mai 66
(S.
38).
ist
gleichzeitig den
den dieser geniale Komponist auf sein Urteil S.
genug
legte.
(1.
mitzuteilen,
hohen Wert, Februar 72
^
^
Q6
Anwendung der Chöre in den französischen Opern, wo durch einstudierte und auswendig gelfernte Verse nicht nur Gefühlsäußerungen desVolkes wiedergeben, sondern auch in sei die
sie
Handlung eingreifen sollten. Die Chöre der Alten, die zur Rechtfertigung herangezogen würdien, hätten eine andere Aufgabe gehabt, sie hätten fungiert als un personmge moraliste
die
Vactem et le spectateur, Charge d'inspide bons sentiments moraux resultant du fond
et intermediaire entre
rer ä celui-ci
du
sujet,
Grimm Episode in
in
verlangt, daß der
solchen
Tanz
ebenfalls nur als eine
Momenten der Handlung verwandt werde,
denen er auch in der Wirklichkeit eintreten könne.
Eine
ihm im B a 1 1 e t zu.'* Dieses Genre stehe jedoch noch auf sehr niedriger Stufe. Die französischen Ballets lassen sich nach Grimms Ansicht auf ein sehr flaches Schema zurückführen und unterscheiden sich eigentlich nur durch die wechselnde Bekleidung der Tänzer. Es fehlten die Corneille und Racine des Ballets. Le poeme danse est susceptible de tous les caracteres; toutes les parties ungleich bedeutendere Rolle falle
d'un
drame
bien ordonne, Vexposition, Vintrigue, et le de-
noüment, sont egalement indispensables dans ce gerne dlmitation,^^ Das Tanzdrama müsse allerdings in Handlungen und Bewegungen, nicht in Ueberlegen, Beraten, Monologisieren
Neben den Dichter gehöre ein Musiker, der nicht Menuetts, rigodons und contredanses aufeinander folgen lasse, sondern es verstehe, zu geben une suite de tableaux les plus touchants, les plus pathetiques, les plus terribles oder une suite de saillies les plus originales et les plus heureuses. Fortwährender Tanz sei ebenso unerträglich wie fortwährender Gesang. Der Tanz solle ebenfalls nur für dien oder Dialogisieren bestehen.
leidenschaftlich erregten
ähnlich
dem
Moment
vorbehalten sein, sonst sei "
Rezitativ der Oper eine Gangart zu pflegen, die
rhythmisch nach
dem Takt
der Musik markiert sein müsse.
Die Tanzkunst müsse mit allem Ernst gepflegt und auf die ihr
zukommende Höhe gebracht 34. 15.
August 61
35. 15.
August 61
(S.
(S.
werdien.'^
451).
453).
—
g?
-
b
Die schöne Literatur Zahlreich treten uns in der Correspondance litteraire die Klagen über die Unfruchtbarkeit der scliönen Literatur, be-
sonders d€r Dramatik, und über die vielen schlechten und wertlosen Produktionen entgegen.*
Mit der Sterilität gehe
Hand
guten Geschmacks, der sich
in der
bemerkbar mache.
in
Hand
der Verfall des
französischem Gesellschaft
Diesen Verfall führt
Grimm
auf die wahl-
Bücher zurück, Müßiggang und Langeweile hätten die Menschen in jene Salons getrieben, die für die einzelne Persönlichkeit in mancher Hinsicht verderblich
lose Lektüre der schlechten
und nur um in diesen Gesellschaften über alles mitreden und alles kritisieren zu können, würde alles, Erhabenes und Niedriges, gelesen.' Das einzige Mittel^ den Geschmack zu heben, sei die Beschränkung der Lektüre auf wewige hervorragende Werke, Nur wessen Geschmack geschlechten festigt sei, der möge auch die minderwertigen und geworden
seien,'
die sie Erzeugnisse lesen, da die nützlichen und guten Dinge, zeigten. Leserauge zweifellos enthielten, sich nur dem geübten
Nach Grimms Ansicht hat 36.
ßert er
die
Erfindung
der Buch-
und Fachleuten äuAngesichts der Unkenntnis von Publikum 54 S. 314), eine Abhandselbst einmal den Wunsch (1. Januar
Entwicklung und Vervollkommlung über den Tanz, seine historische die Zeit dazu doch erscheint ihm im Augenblick
nung zu schreiben, nicht günstig. 1.
15.
(S. 76); 1.
66
Januar 56
August 63
(S. 103); 15. 2.
(S.
(S. 354); 15.
Februar 67
Vgl. S. 79,
156);
1.
61
1.
435);
, 15.
., . 62 Apnl ao
(S. 156);
1.
September
(S.
Dezember 64
(S. 243);
.
Juli
Januar 69
(S. 228).
Onmm
so de critique« erscheint genug Stoff MoUfere würde darin charakteristisch, daß er glaubt, ein finden. (1. Februar 56 Sittenkomödie eine für einen Sittenroman oder 3.
S,
Diese „fureur d'esprit
162).
et
—
98
—
druckerkunst die unbedeutenderen Geister dazu geführt, aus
Gewerbe zu machen, weil der Druck
der SchriftsteUerei ein
Werke ohne
ihnen ermöglichte, ihre öffentlichen/
raturgattung
So
es
Schwierigkeit zu ver-
Bücher jeder Litedem Existenzbedürfnis des Autors
seien unzählige schlechte
aus
rein
Chez nous
heraus entstanden.
la carriere
des lettres est de-
celle de tous les gens imtiles.
venue
Die gewohnheitsmäßige Lektüre bringe als natürhche Folge die Vernichtung der Originalität der Autoren mit sich. Die berufsmäßige Vielschreiberei erfinde bald methodes, Patrons, tours de metier, sodaß das Buchschreiben eine Handarbeitskunst werde, bei der Wärme, Gedanken und Genie selbstverständJich nicht zu erwarten seien. seien für ein großes
Wenn
Allgemeinheiten.
Solche Bücher
Publikum bestimmt und deshalb einmal wirklich geniale
tauchten, tue sie die große
nenden Urteil ab: cest
Menge gewöhnlich mit
dommage qu'il n'y
voller
Werke aufdem bezeich-
ait point
de methode
dans cet ouvrage. Geniale
Werke
aber ließen sich nach Regeln ebensowenig
beurteilen wie anfertigen.
forderiichen Urteil,
Nur wenige Menschen,
die
den er-
Geschmack besäßen, bestimmten das endgültige Le vrai goüt
das allgemein und feststehend werde.
est aussi rare que le genie.
Grimm
beobachtet mit Bedauern, daß die Antike nicht genug studiert werde. Diese Vernachlässigung
mehr eifrig mache sich in der Unwissenheit der modernen jungen Autoren Gerade
fühlbar.
die
große Zahl
der französischen Ueber-
ihm ein Beweis für den Verfall der Kenntnis der antiken Sprachen und, des antiken Wesens. Selbst den talentiertesten unter den jungen Dichtern, wie La Harpe, kann Grimm den schweren Vorwurf nicht ersparen,
setzungen antiker Autoren
ist
von Selbstvertrauen und Anmaßung Müßiggange lebten,statt durch ernste Studien und daß
sie,
beseelt,
dem
eifrige Arbeit
ihr Talent zu fördern.
Für 4.
Grimm
15.
bleibt
November 59
das Altertum Quelle und Vorbild (S.
153).
alles
-~
~
99
und künstlerischen Lebens. Er widerspricht der im Essai sur Vhistoire universelle dazu neige, der Moderne den Vorzug vor der Antike zu geben, den Orlando furioso über die Odyssee, T^ssos Jerusalem über die IMas zu stellen.' Abgesehen von der Ueberlegenheit
dichterischen
Voltaire energisch,
Homers
der Schilderung des Erhabenen und der Einfachheit
in
der Sitten, sieht er
ihm
in
und das Muster
die Quelle
aller
Mit Genugtuung stellt Grimm später' Frankreich der Geschmack an guter Literatur die
epischen Dichtungen. fest,
daß
in
Oberhand gewonnen habe und daß de La Motte-Houdard et consorts
die pauvretes spirituelles in
Vergessenheit geraten
seien.
Ueber die zeitgenössische nichtfranzösischeLiteratur Erörterungen anzustellen, hat Grimm nur
Aus
Aufgabe.''
das ja auch außerhalb seiner wenigen Stellen, an denen er über
und es
selten Gelegenheit,
den
liegt
deutscheWerke spricht'
(es handelt sich meist
zösische Uebersetzungen), geht jedoch
um
fran-
daß er mit
hervor,
und Verständnis dem allmählichen Aufblühen des geistigen Lebens in seinem Heimatlande entgegensieht, daß er ihm voller Stolz sogar eine ruhmreiche Zukunft prophezeit. Interesse
Eine geringe Rolle hat bis zu seiner Zeit 5. 6.
15. 15.
Februar 57
(S. 348).
Oktober 67
7.
Vgl. S, 32
8.
Grimm
Anm.
(S.
e s s
i
n g in
61
460).
11.
bespricht von deutschen Autoren und Wterken außer
den im Text angeführten: in
Vgl. S.
L
Klopstocks
der Uebersetzung des
wegen der Unnatürlichkeit und Dialog ablehnt.
Abbe Roman in Sitten,
Tragödie „Der Tod Adams" (15.
Okt. 62
S.
175),
die er
Handlungen, Charakter, Sprache
Ferner hat er Klopstocks „Messias" im Original
zu lesen versucht, aber nicht verstanden. keinen Erfolg hatte, erklärt sich
Grimm
Daß
dieses
Werk
in Paris
aus der allzu großen Ver-
schiedenheit des Geschmacks in den beiden Ländern. (15. Januar 69 S. 235.)
Am
Erfolge,
den
1.
Dezember 64
(S.
L e s s n g s „Miss
^ufföhrung in Paris
i
hatte,
141) berichtet Gr.
von dem großen
Sara Sampson" bei einer. Privat-
der er selbst nicht beig^ewohnt hat.
—
—
TOO
Frankreich gespielt, und doch erkennt er aus den Fabeln, von denen er aus Anlaß der französischen Uebersetzung^ spricht,^ einen Autor, der Geist, Genie und Erfindungsgabe besitze.. In
den nachfolgenden Dissertationen spürt er einen hervorragenden Kritiker. Grimm wirft allerdings der Sprache noch eine gewisse Pedanterie er
dem
und scholastische Schwere
Einfluß der Wolfschen Metaphysik zuschreibt,
überzeugt, daß Lessing Geist
um
werde,
metaphysische
vor, die ist
aber
und Geschmack genug besitzen Spitzfindigkeiten
entbehren
zu
können. ist Grimm von den Idyllen Gessners, den vortrefflichen Uebersetzungen Hubers und Meisters als auch im Original einen so tiefen Eindruck in Frankreich gemacht hätten, daß in Paris plötzlich die deutsche
Begeisterter
sowohl
die
in
Poesie auf den Schild' gehoben worden sei und sogar die deutsche Sprache eifrig und mit gutem Erfolge gelernt werde/"
Grimm kann
sich nicht
genug
tun, die zarte Schönheit,
den
reinen Geschmack, die feine Charakteristik dieser Idyllen zu
Er
loben.
ist
erstaunt über le gerne de la langue allemande,
bien propre assurement ä la poesie et ä Veloquence entre des
mains
habiles.
Er
fühlt,
daß
sie
die wesentlichsten Eigen-
schaften für die Sprache der Poesie besitze, einen großen Reich-
tum, eine Leichtigkeit sich anzupassen, die der des Griechischen gleichkomme, eine Inversionsfähigkeit, die dem Italienischen nicht nachstehe.
wenn
Grimm
hat die feste Zuversicht, daß,
dem Großen vergönnt sein werde, im Schöße des Friedens zu regieren, er Künste und Philosophie zur Reife bringen werde, und sein Zeitalter der deutschen Sprache die Geschmeidigkeit und Anmut geben werde, die ihr noch fehlten. es Friedrich
Eine Hoffnung,
die,
wie wir
alle
wissen, schön aufgegangen
ist."
(S.
9.
1.
Dezember 64
(S.
10.
1.
Januar 62
11); ähnlich 15. Febr.
(S.
140).
64
(S.
454) u. Febr. 73
195), 11.
An
einer anderen Stelle
dings gerade
dem Kriege
(1.
Aug. 64
S.
43) schreibt Gr. aUer-
die Kraft zu, den Charakter zu stärken, der
— Mit Genugtuung
—
101
Grimm
stellt
gelegentlich fest, daß
man
Frankreich einzusehen beginne, daß Genie und Geist, die man früher allein gepachtet zu haben glaubte, auch im Ausin
lände zu finden seien und nicht zuletzt in Deutschland unter
Grimm
den Dichtern und Musikern/'
Gluck
hat nur einmal Ge-
erwähnen, und dort lehnt er ihn sonderbarerweise mit wenigen Worten ab. Aber es soll ihm unvergessien bleiben, daß er gleich beim ersten Auftreten
legenheit,"'
flüchtig zu
Mozart
des jungen
in
Paris" das Talent des noch nicht
Siebenjährigen erkannte, sich für ihn begeisterte, ihm als väterlicher
Freund lange
Zeit mit
seinen schon erworbenen
Rat und Tat zur Seite stand und
Ruhm
der Pariser Gesellschaft
in
noch fester begründen half/^ für
Wie die deutsche Literatur kommt auch die englische Grimm nur insoweit in Betracht, als sie zu französischen
Uebersetzungen und Bearbeitungen Anlaß gab/^ Kunst und den Künstlern Anregung zu geben, schöpferische Kräfte zu
wecken und machtvoUe Werke hervorzurufen, sodaß er den Krieg,
obowhl
er seine wirtschaftlichen Folgen fürchtet, für die Künste eher
herbeisehnt, 12.
1.
13.
15.
Januar 66
64
Juli
(S. 466).
(S.
35).
Dezember 63
14. 1.
66
(S.
410).
15.
15.
16.
Gr. spricht von folgenden englischen Autoren und Werken:
Juli
(S.
81).
Mrs. Brooke „Histoire de Julie Mandeville", (15.
Aug. 64
S.
übers,
Bouchard
v.
56).
Henry Brooke „Gustave Wasa", tragedie anglaise
(15.
März 66
S. 501).
Burke „Recherches philosophiques sur Torigine des idees que nous avons du beau 65
du sublime", übers,
et
v.
Abb€ Desfrangais
(15.
März
S. 237).
Fielding „Amelie",
drews'
(1.
„Tom
Aug. 53
Jones", „Charlotte Summers", „Joseph
Fielding „Histoire de Jonathan Wild le Grand", übers,
März 63
S.
An-
S. 266). v.
Picquet
(1.
246).
Sara Fielding „Ophelie", übers,
v.
Mme
Beloi (15. April 63
S.
272).
Die englische
^
102
Poesie
mit ihrer düsteren Melancholie,
Garrick „Le Mariage clandestin", Komödie, übers, 68
(15. Juli
S.
Goldsmith „Le Vicaire de Wakefield"
Hawkesworth „Almoran 63
65
S.
S.
Mai 67
(1.
Hamet", übers,
S. 309).
Abbe Prevost
v.
Eidous
v.
Okt.
v.
Abbe Le Blanc
August 54
(15.
„Dissertation sur la regle du goüt"
60
(1. ...ug.
265
S.
u. 15.
Aug.
S. 271).
S.
174;
15.
Nov. 59
59
S.
15. Jan.
S.
Humes und
152;
1.
(15.
v.
Joueur", Tragödie, übers, die Bearbeitung des
S. 175); vgl.
Mai 68
S.
S.
245;
1.
s.
Jan. 60
April 65 S.252;
1.
69.
Milton „Le Paradis perdu", übers,
Moore „Le
seiner Schriften
März 63
Charlotte Lennox „Henriette", übers,
Monod
G.
v.
(15. Juli
Louis Racine
Abbe de
v.
60
S. 263).
Aug. 55
(15.
S. 79).
Loirelle (15. Okt. 62
Dramas durch Saurin im „Beverley"
74).
Ueber
kleine englische Theaterstücke, übers, v. Patu (15.
Pope
„Lettre d^Heloise ä Abelard",
übers,
v.
Mai 56
Colardeau
S. 229).
Mai 58
(1.
508).
Pope „La Priere
universelle", übers, v.
Le Franc
56
(15. Jan.
S.
161;
1.
Aug. 58
S.
24
Robertson „Histoire de TEcosse", übers,
v.
u.
15.
Mai 60
(15.
Richardson „Hist. du Chevalier Grandisson", übers,
S.
(15.
392).
„Discours politiques", übers,
Eine eingehendere Würdigung
S.
(15. Juli
393).
Hume 60
et
Aventures de M. Laville", übers,
Hill „Les
Hume
Riccoboni
342).
S.
John
Mme
v.
133).
v.
S. 238).
Abbe Prevost
Jan. 62 S, 23),
de La Chapelle
(15.
März 64
473).
Robertson „Hist. du regne de Tempereur Charles-Quint", übers,
Suard
Adam
(1.
April 71
S.
Smith „Theorie des sentiments moraux", übers,
Dez. 64
143; 15.
S.
März 65
Young „Les Colardeau
v.
Eidous
(1.
S. 236).
Smollett „Les Aventures de Roderic
de Puisieux
v.
291).
Random", übers,
v.
Hernandez
u.
(15. Sept. 61 S. 472).
Nuits", übers, (15.
Mai 70
S.
v.
Le Tourneur
30 und
1.
(15.
Mörz 69
Juni 70 S. 43).
S.
313) und
wie
sie
1Ö3
-
zum Ausdruck kommt, Er zählt zwar den Young selbst
Young's Nuits^' (1741)
in
findet nicht
Grimms
Beifall.
zu den größten Engländern des Jahrhunderts und prophezeit
von ihm, er werde mit der englichen Literatur fortleben. Er liebe aber die Art dieser Dichtung wenig und finde daher an Young's Gedicht, obgleich es in seiner Gattung hervorragend sei
und
viele Schönheiten,
Bau
namentlich im
der Verse, ent-
Ihm behage das gerne sombre vagen Bildern des Schmerzes und der
halte, nicht sehr viel Gefallen.
das sich
nicht,
in
Trauer bewege, ohne den echten und einfachen Ausdruch Schmerzes zu geben.
Mehr Gnade finden vor den Augen unseres englischen
Romane. Von Interesse
de.^:
Kritikers die
auch schon der einem fingierten
ist hier,
Form wegen,
ein Artikel, in
Gespräch mit
einer Marquise die Ueberlegenheit der englischen
dem Grimm
in
Romane gegenüber den französischen hervorhebt/^ Richardo'n's sentimentale Romane Pamela (1740) und Harlowe (1749) sind ihm charakteristisch
Ciarisse
für
die
Fähigkeit der englischen Autoren, den Leser auf die verschie-
denste Art zu bewegen und leidenschaftlich zu interessieren,
indem
sie
bald furchtbare Erschütterungen hervorriefen, bald
An F i e 1 d i n g s Romanen, besonders an der Amelie, bewundert er die Echtheit und NaTränen verursachten.
milide
türlichkeit der Personen, die
'
man
in
französischen
Romanen
und Theaterstücken stets mit einer entstellenden Schminke übertünche, in der Meinung sie zu verschönern. Diese Ueberlegenheit der englischen Romane sucht Grimm an einem Vergleich der freien französischen Bearbeitung der Amelie durch
Mme
Riccoboni mit
dem
Die natürliche
Original zu zeigen.
Konversation der englischen Romanpersonen findet er selbst nicht bei einem Rousseau.
Dieselbe Natürlichkeit und Wahrheit des Empfindens, die Uebereinstimmung des Redens, Handelns und Fühlens mit dem 17.
15.
Vgl. S. 8 18.
März 69
Anm.
15.
(S.
313); 15.
18.
Februar 63
(S. 226).
Mai 70
(S.
30);
1.
Juni 70
(S.
47).
-
-
104
i
Charakter der Personen bewundert er auch in den e n g
sehen Bühnenstücke n/® besonders Drama, das damals mit
in
;
1 i
-
dem bürgerlichen
und Moore in England in Blüte stand.'^ Allerdings erscheint ihm die Unregelmäßigkeit und Unordnung im Bau dieser Dramen eher tadelnswert. Ungefähr das gleiche Urteil
fälilt
Lillo
Grimm
über die Shakespearesche Tra-
gödie.'^
Was
e n s c h e L t e r a t u r anlangt, so finden t a Correspondance litteraire wenig kritische Besprechungen von ihr angehörigen Werken/^ Mehrfach äußert Grimm seine Bewunderung der italienischen Sprache ^^ Er sich
die
1 i
i
i
der
in
hält sie für diejenige Sprache, die unter allen lebenden ain
wenigsten Fehler aufweise, die sich
am
leichtesten allen Gat-
tungen und Charakteren anpasse, für alle Schönheiten den angemessenen Ausdruck finde, kurz das natürliche Idiom der Poesie, Musik, Beredsamkeit, der Geschichte und der Vernunft
Entgegen den Behauptungen des Abb6 Prevost sucht
sei.'*
la
Sept. 65 (S. 370).
15.
20. Vgl.
im folgenden
21. Vgl. S. 125 22.
Eingehendere
123
Anm.
u. S.
139.
S.
Anm. 96
Kritiken
89.
folgenden
sind
italienischen
Werken
gewidmet:
(UAssembl^ de
Algarotti „II Congresso di Citera" V.
MUe Menon
(15. Juli
58
a
Cyth^re), übers.
18).
Barth. Marechal „Asseta", comedie italienne (15. Febr. 57 S. 352). Becx:aria „Dei S.
Delitti
e delle Pene" (1.
Aug. 65
422; 15. Nov. 69 S. 371; Febr. 73 S. 205),
Guarini
„II
Forteguerri „Ricciardetto", übers,
S.
Vgl
S. 71.
pastor fido" (15. Dez. 59 S. 172).
Boccaccio „Le D^cam^ron", Edition fran^aise
Pergolese
329; I.Dez. 65
S.
v.
(1.
Dumouriez
„La Serva padrona", übers,
v.
Mai (1.
61 S. 402).
Aug, 64
Baurans
(15.
S. 40).
Sept.
408),
Benedetto Varchi „Histoire des r^volutions de Florence", übers,
Requier 23. 15. 24. „.
54
.
(15.
März 65
Januar 55 .
on
v.
S. 239).
(S. 468).
voit bien vite
que
la
langue italienne est In seule des
-
i
Grimm
-
105
zu beweisen, daß das Italienische neben der Milde und
und Kraft besitze, also sehr wohl gemouvements de Väme Ausdruck zu verDen Beweis liefern ihm die einfachen, energischen und
Zartheit auch Energie eignet sei, den grands leihen.
höchst poetischen Verse eines Tasso, Ariost und Metastasio.
Dies führt uns zu über die
dem
Urteil,
das
Grimm im
französische Sprache
Dichtung und Prosadarstellung
allgemeinen
und ihren Wert
für
und zu den Ratschlägen, die er den Dichtern für die Behandlung der Sprache gibt. Er betont ausdrücklich, daß man bei der Beurteilung einer Sprache oder bei einem Vergleich mit anderen Idiomen nur den Geist und den Bau derselben in Betracht ziehen dürfe. Er warnt vor fällt,
Verwechslung der Sprache mit der Gestalt, die sie unter der Feder der Autoren annehme. Während es dem Genie gelinge, die Hindernisse zu überwinden, die ihm die Natur seiner Sprache entgegenstelle, kämen bei den Schriftstellern und Dichtern niederen Ranges die natürHchen Fehler und Schöneiner
heiten unmittelbar
zum Ausdruck. Und da
zeige es sich, daß
Flachheit im Französischen den geschmackvollen Leser abstoße, während in einer faden DarsteHung in italienischer Spruche die schöne Harmonie der Sprache noch die Lektüre
erträglich
mache.
Grimm
gibt also der italienischen
Vorzug vor der französischen. tief
begründet
ist,
Daß
Sprache unbedingt den ihm
diese Vorliebe bei
zeigt ein interessanter Vergleich der romani-
schen Sprachen (Französisch, Provenzalisch,
Grimm
Italienisch),^''
den
anstellt.
langues Vivantes qui n'ait aucun d^faut essentiel, qu*elle se plie sans peine ä tous les caracteres que qu'elle est susceptible
de
la po^sie,
(15.
de
la
de toutes
rhomme
de genie voudra
les beaut^s,
lui
donner,
qu'eUe est Tidiome naturel
musique, de T^loquence, de Thistoire
et
de
la raison.**
Jan. 55 S. 473.) 25. 15.
November 54
provenzalischen
Mondonville.
—
(S.
Schäferspiels
Man
429) bei Gelegenheit der Aufführung des
„Daphnis
wird hier
ein
et
Alcimadure" (1754)
wenig an die
erste
von
Zusammenstel^
^
106
—
Grimm
Mit Offenheit verficht
Ansicht,
seine
daß das
Französische weder für die Musik noch für die Poesie besonders geeignet
sei.
sur la musique
diese
falt,
Er bedauert, daß Rousseau in der Lettre Frage nicht mit der genügenden Sorg-
Klarheit und den genügenden Details, sondern mit einer
Er hätte dann sicher niemand beleidigt und die ganze Welt überzeugt. Comment une langue timide qui ne se permet presque point d'inversions, qui marche toujours d'un pas egal et uniforme, pourrait-elle convenir ä ces cerveaux deregles que nous appelons poetes et musiciens? Befremdend wirkt es, daß Grimm die Attribute gewissen Verstimmtheit behandelt habe.
clarte, precision, energie, die stets als
höchste Eigenschaften
der französischen Sprache nachgerühmt werden, den französischen Autoren, Gelehrten und Philosophen als Verdienst zuschreibt,
der Sprache aber abspricht, deren Charakter von
So brauchten denn die französischen Meister der Feder weit mehr Genie und Talent, um ihre Natur aus zu schwerfällig
sei.
Sprache erfolgreich zu behandeln, weil
sie
erst
unzählige
Schwierigkeiten zu überwinden hätten, und es müsse
größere Bewunderung erregen, daß
zu
hohem Ruhm gebracht
in Italien
hätten.
um
so
ihrer so viele seien, die es
Es
sei
weniger erstaunhch,
einen Tasso und Ariost zu finden, als es überraschend
daß Frankreich Autoren wie Corneille und Racine besitze.'^ Auch das Provenzalische, das zwischen diesen beiden Idiomen stehe, sei wegen seiner schärfer ausgeprägten Prosodie
sei,
Musik und Poesie geeigneter als das Französische. Dieses sei wegen mancher Eigentümlichkeiten seiner Lautbüd'ung klangvoller und angenehmer als das Französische. Mit seiner Einfachheit, seiner Anmut und seiner Natürlichkeit
für
Patois
dem
nähere sich das Provenzalische sehr stark
Italenischen.^^
lung und Charakterisierung der romanischen Sprachen erinnert, die
Dante
in
seinem Traktat „De vulgari eloquentia"
26. 15.
27.
wagt
es
November 54
Im Vertrauen Grimm,
auf
(S.
die
10)
vornimmt.
hätte,
seiner
Verschwiegenheit
die gefährliche Frage,
gewonnen oder verloren
(I.
432).
wenn
ob
einst
die
Abonnenten
französische Nation
unter
Heinrich
IV.
die
—
—
107
Das Französische erscheint Grimm auch für Uebersetzungen weniger geeignet, weil sein methodischer und wenig veränderungsfähiger Schritt, seine strenge Regelmäßigkeit es nie
dem
Geiste des Originals fügbar
machen
könne.^'^
Deshalb sind
seiner Ansicht nach die meisten französischen Uebersetzungen hinter
dem
Original zurückgeblieben.
Einige hätten wohl neue
Schönheiten gebracht, aber nicht die Schönheiten, die die Phy-
siognomie des Originals ausmachten.""
wegen der Geschmeidigkeit
Die Italiener könnten
ihrer Sprache, die eine Anpassungs-
fähigkeit an die verschiedensten Charaktere besitze, viel eher gute
Zudem währende
glaubt
und Ausdrücke
Uebersetzungen Hefern.
Grimm,
einen beständigen Verfall, eine fort-
der Sprache feststellen zu Er erkennt, daß das Schicksal einer Sprache durch Volksmasse (la populace) bestimmt werde, und bedauert,
Verschlechterung
müssen.^^ die
daß die Bemühungen der großen Dichter und Philosophen gegen die Barbarei des Volkes nutzlos seien, das die Sprache
immer mehr
in Regellosigkeit verfallen lasse."'
Er erachtet es deshalb als eine der vohrnehmsten Aufgaben der Schriftsteller, ihrer Sprache und dem Stile ihrer
Werke eine sorgsame Pflege angedeihen zu lassen. Nur wenn Form und Inhalt sich harmonisch zusammenschlössen, könne ein Ganzes erstehen, das der Nachwelt zum Ruhme des Autors erhalten bleiben werde."^ Sprache der südlichen Provinzen die Nationalsprache Frankreichs ge-
worden wäre, unter diesen Gesichtspunkten dahin zu beantworten, daß Frankreich dabei gewonnen 28. 15. 29.
Grimm
An in
August 68 der
(S.
hätte.
149).
guten Lukrezübersetzung des
de La Orange
zeigt
einem speziellen Falle Schönheiten der französischen Be-
arbeitung, die sich aber mit denen des Originals keineswegs deckten. (15.
August 68 30. 15. 31.
S.
151.)
Dezember 54
Grimm
verspricht
(S.
452).
sich
am
rung durch den Einfluß der „Academie 32.
wenigsten
eine
Sprach Verbesse-
frangaise". Vgl. S. 20.
Gr. hält Buffons Antrittsrede in der „Academie fran^aise" über
— Daher räumt Grimm scher
Werke
man muß
nimmt, und
Es
er für
den
seinen Besprechungen literari-
in
der Kritik des Stiles einen bedeutenden Platz ein.
Zahlreich sind die Stellen,
Sprache.
—
108
der
er stilistische Korrekturen vor-
zum Schaden
nicht
Mme du Bocage
vorschlägt,"' auf die
Rüge einer unfranzösischen Wendung des Abbe V o und auf die Zitate aus einem Romane des. C r e b i
i
1 1
die die Eintönigkeit der Sätze, die
Wendungen, kurz den Jargon
Grimm
legen sollen."' er
in
Mme B e
1
1
,
Armut
an"
s e
on
no f
n'*
i 1
s,
Ausdrücken und
inlisible dieses Schriftstellers
be-
unterläßt es nie, Nachlässigkeiten, die
Uebersetzungen
üebersetzung der
der
nur hingewiesen auf die Aenderungen, die
sei hier
Stil'
wo
gestehen,
Er
hervorzuheben.
findet,
Histoire d' Angleterre
Hume
des
weil sie mehrere Fehler enthalte
tadelt
und
die
durch
beispiels-
weise polished mit polish verwechsle und durch polonais wiedergebe.'^
E d
u s
i
,
Er polemisiert scharf gegen einen gewissen
der zahlreiche Uebersetzungen aus
angefertigt hat,
die
alle
dem
Englischen
einem eigenen unfranzösischen
in
Idiom, der langue eidous geschrieben seien, und weist
ihm
An der Tazitusübersetzung des Abbe de LaBletterie hat Grimm viele widersinnige Stellen
schwere Fehler nach."^
zu beanstanden, wobei er eine gute Kenntnis des Lateinischen
und der römischen Staatsaltertümer
Grimms
Kritik
Kleinigkeiten, die
erstreckt
Stil für
zeigt.'^
bis
auf
die
geringsten
dem Geschmack an einem schönen Werke
Abbruch tun könnten. den
sich
Selbst Interpunktions-
und Druckfehler
das glänzende Vorbild eines solchen Werkes, denn die be-
herzigenswerten, großzügigen Lehren fänden sich hier in die eines meisterhaften Stils gekleidet. 33.
November 64
1.
34. 15.
35.
1.
36. 1. 37.
1.
38. 15.
November 68 April 65
53 S. 275.)
113).
(S.
Dezember 68
(1. Sept.
(S.
(S.
216). 207).
(S. 253).
Dezember 66
(S.
September 68
183)
(S.
und
174).
1.
Mai 67
(S. 308).
Form
-
--
109
erscheinen ihm nicht zu gering, um sich über sie auszulassen.** Er hat wohl selbst bisweilen die Empfindung, daß er Nichtigkeiten aufbauscht,*"" und warnt deshalb davor, derartige Beobachtungen für Lappalien und Kleinigkeitskrämerei zu halten, Cest par ces nuances imperceptibles que la corruption du goüt commence. Von der Nachlässigkeit zur groben Geschmacklosigkeit sei nur ein kleiner Schritt.
Diese Kritik des Stiles macht selbst vor Voltaires
Werken
Recht interessant sind die Korrekturen, die Grimm der Tragödie Socrate vornimmt, deren Ausdrücke nicht
nicht Halt. in
mit der sonstigen Sorgfalt gewählt und mitunter sogar wenig
vornehm des
Ebenso rügt
seien.*^
öfteren
er in
Im ganzen aber
schlechten Ton.
Stil als mustergültig^
den späteren Tragödien
Schwäche des
gewisse
eine
Voltaire
lobt
ist für
und den
Stiles
er gerade Voltaires
ihn der Beschützer des
guten Geschmacks gegen die vielen Versuche eines Fontenelle
und La Motte, jenen
alten sprachlichen
und
gesellschaft-
zum Leben gewagt habe, der Ruhmestaten Racines
lichen Affektiertheiten des Preziösentums wieder •zu
verhelfen, die Moliere als erster zu verspotten
und die überwunden zu haben eine und Boileaus sei. Grimm selbst bekämpft jede Geziertheit bei den Autoren. Obgleich ihm der Stil des La H a r p e im allgemeinen sehr gefällt,
nimmt
er
doch keinen Anstand, die Häufung der Anti-
thesen zu rügen.** Je ne puis souffrir ces periodes arrangees ä 39. sie
Grimm
verspottet die „^loquence des points et des tirets",
Arnaud
Baculard d'
pflege, die
„En 50 pages, Timprimerie (15. Juli
der
67
S. 375).
Komödie
la
wie
den Leser kalt lasse und abstoße.
mieux fournie doit se trouver 6puis6e."
— Ein anderes Mal rügt Gr. den nachlässigen Druck
„Le Philosophe sans
le
savoir" des S e d a
i
ne
,
tadelt
die vielen Druckfehler, die falsche Interpunktion, die Inkorrektheit des Stiles (15.
April 66
S. 23).
4a Vgl. auch seine Bemerkungen zu Chabanon*s „Eloge de M. Rameau" (1. Dez. 64 S. 138). 41. 1.
August 59
42.
September 67
1.
(S. 128). (S. 411).
^
^
110
Quatre epingles oü chaque phrase est contre-balancee par une
du
autre
meme poids, oü
il
ya
tont juste autant
de crainte d'un
cote que d'esperance de V autre, et oü les mots jouent sans
cesse contre des mots.
Wir
wollen uns nun den einzelnen Literaturgattungen zu-
wenden und
in
Linie die allgemeineren
erster
Grimms über sie zusammenstellen. Grimm lehnt es gelegentlich ab,
sich mit den zeitgenössi-
französischen Journalen
schen sie
Äußerungen
zu beschäftigen, da
meist vor derselben oder doch w^enigstens einer ähnlichen
Aufgabe ständen, wie
er sie sich selbst gestellt habe.*^
finden sich zahlreiche Stellen,
wo
Dennoch
er sich zu diesen äußert.
Die
meisten Journalisten und vor allem Freron tadelt er wegen ihrer unaufrichtigen, parteiischen Kritik, die ein falsches Bild
von dem Stande der Kunst und Literatur
in
Frankreich ent-
stehen lasse und nur dazu beitrage, das wahre Genie zu ent-
Er verlangt
mutigen."
und
abhängigkeit
Meinung
dem
damit die
Mitarbeiter
Unihre
äußern dürften, ohne Gefahr zu laufen, sich und
frei
Werk
das
für eine gute Zeitschrift völlige
Preßfreiheit,
Verfolgungen auszusetzen.
Journale aber, die unter
Protektorate der Regierung ständen, wie die Gazette de
France und
vom Abbe d'Arnaud und Suard
die
geleitete
Gazette litteraire de VEurope, seien schon von vornherein unfrei und ließen deshalb nicht viel erwarten.*^ Die Gazette
de France
ihn la plus insipide, la plus impolie et la plus
ist für
correctement ecrite de toutes les gazettes.^^
daß sich Zeitschriften, die über dem Durchschnittsniveau ständen wie die Gazette litteraire de r Europe und das Journal etranger, nicht halten können, die
Grimm
ihrem
Plane
43. 15.
44.
bedauert
1.
es,
gemäß
keine
November 69
Mai 57
(S. 369).
(S. 369);
45. 15.
Juni 63
46. 15.
Januar 69
(S.
Schmähungen gegen berühmte
15.
317). (S. 251).
Juni 63
(S. 317).
— Männer brächten
-
111
Doch gerade
diese verlangten die Leser
pour Vamusement de leur mäligrdte.^'
Große Erwartungen hat Grimm
einst
in
das Journal
etranger gesetzt, das er selbst mitbegründen half, zu dtem er
Vorrede
und das er anfangs selbst gibt, da er sich der Aufgabe nicht gewachsen glaubt, die Leitung an Toussaint ab und wünscht, daß in seinen Händen die Ausführung dtes großen Projektes nicht auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen möge.*^ Er sieht jedoch seine Hoffnungen getäuscht. Weder Toussaint noch Prevost bringen das Journal auf die Höhe, die Grimm sich von diesem eine glänzende leitete.
schrieb*^
Er
Werke erträumt
Als
hat.^"
Frörons übergehen
die Leitung
er
die
in
Hände
das Schicksal dieser Zeit-
sieht, ist für ihn
Le Journal etanger
est predestine ä itre abandonne et ä errer.^"^ Für den Roman scheint Grimm im allgemeinen keine große Vorliebe gehabt zu haben. Sehr bald gewöhnt er sich daran, da die Produktion quantitativ sehr groß, qualitativ sehr gering sei, nur noch die Titel der einzelnen Werke anzuführen, und fügt oft nur ein paar kurze, ablehnende Bemerkungen schrift besiegelt:
hinzu,
es sich zuweilen nicht der
d'a
Mühe
verlohne, diese Er-
zeugnisse zu lesen, geschweige denn über sie des längeren zu urteilen."
Januar 69
47. 15.
49.
Mai 54
1.
(S.
September 55
51.
1.
52.
Es
scheint,
336
S.
ff.
352).
November 54
50. 15.
kann,
(S. 251).
Tourneux, Bd. XVI
48.
als
(S. 437). (S.
88).
ob man Grimm den Vorwurf nicht ersparen
daß er manches Werk, über das er immerhin Bemerkungen
macht, nicht wirklich gelesen hat. Vgl. 15. Okt. 55 (S. 109); 190);
1.
September 56
61 (S. 442); (S.
183);
(S.
479);
1.
15. 1.
(S.
1.
August 63 Februar 67
Januar 68
Februar 56
280
(S.
(S.
u,
281);
354);
(S.
16);
243); 15.
1.
1.
(S.
169);
Mai 66 1.
1.
März 56
November 58 (S. 34);
Mai 67
(S.
(S.
188
u.
(S. 46); 15. Juli 1.
Dezember 66
310);
1.
Nov. 67
Sept. 72 (S.66); Febr, 73 (S. 206).
Grimm
-
112
beklagt es sehr, daß
man
in
Frankreich den roman
domestique nicht kenne und auch nicht kennen könne, jenes Genre, das vor allen anderen geeignet sei, den Mertschien das
und Unsi-tten, ihrer Vorzüge und Fehler einfacher und wahrer Weise vor Augen zu halten,^^ Diesetl Mangel führt Grimm auf das Fehlen origineller Persönlich-
Spiegelbild ihrer Sitten in
keiten in der französischen GeseMschaft
nationaler Sitten
zurück,
und ausgesprochen
den Schriftstellern Stoff
die
für
Romane geben und
ihnen Farbe und Charakter verleihen Er macht das nivellierende französische Salonleben
könnten.
dafür verantwortHch,^* das jede Individualität, jede Origina-
Anders verhalte es
Htät der Charaktere verwischt habe.''
England,
in
wo
sich
die Gesellschaft den Autoren Modelle in Hülle
und Fülle biete. Daher seien die englischen Romane, wenn sie auch manche Schwächen zeigten, doch erhebliich höher zu stellen als die französischen.'^*
Grimm
diesem Urteil macht
In
PreV
schwankend.
Mar
In den
auch seine Kenntnis der
Romane nicht Romanen des Abb6 Prevost vermißt er
und
s t'schen
i
v a u x'schen
und Charaktere, die
die Schilderung nationaler Sitten
allsein
Färbung zu geben vermögen. Er fühlt sich geneigt, sie mit der wenig sittenschildernden Tragödie zu vergleichen.'^^ Ueber Marivaux fälilt Grimm in Bausch und Bogen das Urteil: Mari53. 1.
August 53
54. .Vgl. S.
80 Anm. 62.
Die einzigen Originale, die man
55.
lene an sich .
,
(S. 267).
schon farblosen,
,
,
^
^..
-«opfe»
267
.
und
,
noch ,
*
*.
.
finde, seien ,
,
x
./....
„petites-maitresses", mit deren ;
u
.^
.
„roman domestique"
Diese seien denn auch in den Werken des
Hamilton
.
..
.
charaktervollen, abgeschmackten
.
Cr^billon
zur Genüge geschildert
(1,
er-
fils
August 53
u. 268).
56. Vgl. S. 103 u. 104 u. 15. Febr. 57.
,
. rÄnkrelclt
sich der Stoff des französischen
und des Grafen S.
"1
P-
.
„ijetits-maitres"
.,^
Schilderuno^
in
"• ^i^enifif **
"
,
,
und uninteressanten ^
,,
,
,
67
(S. 243).
Gr. findet keine Gelegenheit, eingehender von Pr^vosfs eigenen
Werken zu
sprechen.
„Manon
53
(S.
15.
Februar 62
268).
(S.
Er erwähnt
sie
nur kurz und allgemein
mn
1.
Aug.
Lescaut" (1733) wir4 kyrz und ohne Kritik
47) ervirähnt
am
— ms
-
113
mais quand il est mauvais:"^ Marianne (1731-44) und Le Paysan parvenu (1735-36), auf die er aus Anlaß des Todes Marivaiix' (1763) kurz zurückblickt, finden nicht seinen vaiix liest dejä
trop siipportable c/iiand
il
est bon;
c'est bien pis
Ihnen fehle es zwar nicht an Geist und mitunter auch
Beifall.
nicht an Wahrheit,
mauvais
et
souvent
doch
sei
das ganze Genre d*un goüt bien
Grimm spricht seine Verwunderung dem Einflüsse dieser wenig bedeutenden
faiix:'''
darüber aus, daß unter
Romane Marivaux' Richardson, Fielding und andere Engländer ihre hervorragenden Werke geschaffen habend Dieses den Franzosen gegenüber doch sehr kurzund voreingenommen. Diese Voreingenommenheit führt Grimm zu einem charakteristischen Widerspruch. Er, der nicht müde wird, denl
Urteil erscheint siditig
Künstler die
Nachahmung
der Natur zu predigen,®^ und stets
eine Darstellung des wirklichen
Lebens verlangt, kommt bei dem Droschkenkutscher
der stark realistischen Szene zwischen
Mme
und
Dutour aus der Marianne zu dem Urteil:
rendu
n'est mieiix
So
tablef^ in
d' apres nature, et
verteidigt er den
Realismus
rien
d'un goüt plus detesin
der Theorie,
um
ihn
der Praxis zu verurteilen.
Die schlüpfrigen
Mode
Romane und
Novellen, die zu jener Zeit
Grimm.
Er läßt sie nur gellten, wenn sie Meister der Erzählungskunst wie den erfindungsreichen und sind, verwirft
Hamilton
und den feinen Menschen»schilderer Creb n zu Verfassern haben. Crebillon's Le Sopha (1745) nennt er ein Meisterwerk, das man immer von neuem
heiteren i
1
1
Juni 65
58.
1.
59.
15.
60
„S'il
(S. 291).
Februar 63 est vrai
de Richardson
et
(S. 236).
que ses romans ont
un mauvais original a
fait faire
S. 236).
61. Vgl. S. 117,
62.
1.
ete les
modeles des romans
de Fielding, on peut dire que, pour la premi^re
August 53
(S. 269).
fois,
des copies admirables." (15* Februar 63
'
— lesen
Des
könne."'
Schriftstellerei
—
114
alternden
ab."*'
Eine längere Besprechung widmet
Heloise
Rousseaus/'
(1761)
pornographisdie
Crebillon
lehnt er entschieden^
Er
Grimm
Nouvelle
der
an
findet
dem Werk
wenig Lobenswertes, tadelt die absurde Fabel, den Mangel; an Planmäßigkeit und die Armsehgkeit der Ausführung. Das
Werk
emphatischen Stiles sehr
Rousseau ihm überhaupt als Schriftsteller eigen seien. Er sei ein Sophist, der die Paradoxe Hebe und diese mit einer Beredsamkeit vortrage, die zwar Bewunderung errege, aber weder überzeuge noch rühre. Paradox sei auch die Art, wie die Personen handelten. Ihr Verhalten täusche in jedem AugenbHcke die Erwartung des Lesers. Daraus ergäben sich Unwahrscheinlichkeiten und Unmöglichkeiten. Vor ahem vermißt Grimm an Rousseau die sublimite de genie et de goüt. An Einzelheiten der Darstellung, die er sei trotz seines
flach.
zeige in dieser Literaturgattung die Mängel, die
aus dem Roman herausgreift, sucht er das Fehlen des Geschmacks zu beweisen. Genie verrate in dem Roman höchstens ein Gedanke, (es handelt sich um den Traum der Julie während ihrer Krankheit), den Rousseau jedoch durch seine Darstellung zum Teil verdorben habe. Ein anderes Mal sei ihm wohl auch ein fruchtbarer Gedanke aufgeblitzt, er habe ihn aber nicht zu benutzen verstanden.^ 54
63.
1.
64.
1.
November 68
65.
1.
Februar 61
66.
Dieses schroffe Urteil, das
Werk was
Juli
fällt, ist
(S. 372).
206).
Grimm
über Rousseau und sein
charakteristisch für den Gegensatz dieser beiden
ihre natürliche
betrifft.
(S.
(S. 342).
Veranlagung und ihre Lebens- und Weltanschauung
So hart Grimms Kritik auch
Bemühen, gerecht zu
sein
und
ist,
so sieht
sein Urteil sachlich
man doch
sprechung einer unter dem
Namen
J.-J.
Besprechung des Romans
Rousseau"
Er
Bei der Be-
des marquis de Ximenes gehenden,
aber Voltaire zugeschriebenen Broschüre „Lettres sur
ou Aloisia de
stets sein
zu begründen.
vermeidet jede persönliche Verunglimpfung Rousseaus.
loise
Männer,
(1.
Februar 61
Nouvelle
)Ie-
S. 347), die er
der
la
selbst anschließt, tadelt er diese Veröffentlichung
^
^
115
Von Voltaires Romanen
Grimm
bespricht
der Cor-
in
und ihren Verfasser Voltaire sehr wegen der häßlichen persönlichen Anzüglichkeiten, die sie enthalte, und die eher geeignet seien, ihrem
dem Angegriffenen den Unwillen
Verfasser als
—
ziehen.
Grimms
Anm.
14
32—35,
S.
5,
immer
Sie scheint mir
Seiten
Tätigkeit ergibt sich aus den Ausführungen auf
seiner^ literarischen S.
des Publikums zuzu-
und den verschiedenen
Stellung zu Rousseau
37,
43—45,
56,
die gleiche zu
65,
sein.
103,
119.
114,
106,
Immer erkennt Grimm
Rousseaus Begabung, Schwung, Beredsamkeit und die lyrischen Schönheiten seines Stiles an,
tritt
aber seinen Theorien und Grundsätzen
— Am
auf allen Gebieten entgegen.
Grimm
Oktober 1766
15.
(S.
fast
142) spricht
von seinem Bruche mit Rousseau, dessen Not-
ausführlich
wendigkeit er seinen Lesern klarzulegen sucht.
Man muß
gestehen,
daß Grimm, den die Verschwiegenheit der „Correspondance" zu Schmä-
hungen
verleiten
hätte
man auch über den Bruch er
selbst
Wie
können, ehrlich und ehrenhaft handelt. selbst urteilen
und mit gutem Recht,
möge, er
dieser Zeit
seit
hat,
das versichert
der
Persönlichkeit
Rousseaus nie etwas Uebles nachgesagt, weder zu seinen Freunden
Er bedauert, daß Rousseau
noch zu seinen Feinden. gleichen Weise
ihm gegenüber
sich
benommen
nicht in
der
habe, will sich jedoch
auch (Jurch die schwersten Verleumdungen nicht von seinem Grund-
Er beklagt
satze abbringen lassen.
die unglückliche
Natur Rousseaus,
der sich mit den besten Freunden und selbst mit seinen Wohltätern ohne
Grund und undankbarerweise immer wieder entzweie und persönlichen Streit
Anschauungen
Grimm 59
15.
April 59
über den „Emile" Jan.
65
S.
(s.
u.
Februar 73
die er zu hebt,
S. 178).
bemängeln
wie wir es
rinegalite finden.
parmi
S.
in
les
le
Sehr
streng,
aber sachlich Dez. 58
S. 54;
über die „Nouvelle Heloise"
über die „Lettres ecrites de
schließlich
stets
la
hat,
spricht 1.
(s.
Febr. oben),
montagne"
besonders ausführlich über die
gouvernement de Pologne" (Januar 73
Im
einen
habe, sobald diese nicht seine
les spectacles" (1.
100),
S. 56),
176) und
„Considerations sur
—
hätten.
geteilt
über die „Lettres sur
S. 75;
(15.
vom Zaun gebrochen
S.
127
wesentlichen sind es überall dieselben Fehler,
aber auch dieselben Vorzüge, die er hervor-
Grimms hommes"
Was immer Grimm
Kritik über Rousseaus
„Discours sur
(15. Juli 55 S. 53) in der Hauptsache
aus Rousseaus Leben berichtet, zeugt wohl
— respondance {1767)!'^
den
nur
Candide
Werke
Beid'e
production
cette
serieuse.
ny
II
und
(1759)""
den Ingenu
hält er für keine literarisch sehr ernst
zu nehmenden Schöpfungeni direkt:
-
116
a dans
Von dem
ersten
Roman
sagt er
ne soutiendrait pas une critique Candide ni ordonnance, ni plan, ni
sagesse, ni de ces coups de pinceaux heureux qu'on rencontre dans quelques romans anglais de meme gerne; vous y trouverez en revanche hemcoup de ehoses de mauvais goüt, d'autres de mauvais ton, des polissonneries et des ordures qui n'ont Point ce voile de gaze qui les rend supportables.
Jedoch wie
Werken
allen
bei
und
seine Fröhlichkeit
Voltaires
Der
Candide
Voltaires
sehr unterfein-
Werke
einmal die Chronologie der
Vergessenheit geraten
in
Jugendwerk,
Werkes
könnte von einem späteren,
wenn
fühligen Kritiker,
hier
Leichtigkeit, die zahlreichen! satirischen
Ausfälle und Geistesblitze die Lektüre des
haltend
machten auch
sehr wohl als ein
sollte,
coup d'essai dans ce genre angesehen
als ein
werden/^ Nicht
günstiger
Ce roman nest pas eher
le
Grimms
dem Ingenu, chef-d'oeuvre de M. de Voltaire, mais
ist
von großer Anteilnahme
dem
Unterschied in
Verhalten
über
Urteil
'
von gehässiger Gesinnung.
als
Grimms Rousseau gegenüber vor und
nach dem Bruche von 1757 läßt sich in der „Correspondance nicht nachv^^eisen (vgl. dazu Hettner,
Man
Ein
1.
c.
431
S.
litteraire"
u. 505).
Grimm vorwerfen, daß er absichtlich und aus Gesinnung den Ruhm Rousseaus herabsetzen wollte, wenn
darf auf keinen Fall
niedriger er seine
Werke so
und
sogar Genie und Erfolg absprach.
oft
scharf kritisierte, ihnen keine Ewigkeitswerte
Größe Rousseaus
nicht erkannt,
Grimm
beimaß
hat tatsächlich die
weil er in Charakter, Bildung und
Weltanschauung von ihm zu grundverschieden war. Vgl. „Annales de Societe 67.
1.
68. 1. .
69.
Rousseau"
J.-J.
M^rz 59
(S.
September 67
Nach
der
II
1906
S.
89
85). (S.
409)
u.
15.
Vervollkommnung
Werken zu
urteilen,
Entstehung
die
la
ff!
September 67 des
wäre nach Gr*s Meinung
folgende:
„Candide"
„Babouc", „Zadig" (1747),
„Memnon"
(S.
Geschmacks
(1759),
(1750).
417). in
Voltaires
die Reihenfolge ihrer
„Scarmentado"
(1756),
//
est plein
illustre.
II
sa plume.
de
traits qiii rappellent la
est
amüsant
An dem
et
agreäble
Werken
die in seinen
maniere de cet
comme
74jährigeni Autor
gaiete, cette gräce, ce feu, ce lite,
~
117
charme
ecrlvaiti
tont ce qui sort de
bewundert et cette
Grimm
cette
prodigieuse faci-
stets wiederkehrten!
und
die das
schlechteste von ihnen noch ausreichen' ließen, pour faire de la
reputation ä an
homme.
Abneigung verrät Grimm gegen die Poesie seiner Zeit, die mit kühlem Verstand'e nach festen Kunstregeln, meist sogar fabrikmäßig um des Verdienstes wüten gemacht werde/^ Die Poesie sei aber kein metier de cabinet, das man zwischen Büchern am Schreibtisch treiben könne, sie müsse Eine
tiefe
vielmehr aus Natur und Phantasie geboren werden. Regelhafte, Gekünstelte, wie es
zum
Beispiel' in
Alles
den Oden zum
Ausdruck komme, sei nicht mit der großen Kunst vereinbar, die in Freiheit und Ungezwungenheit die Natur nachbilden solle;^
Recht ungehalten
ist
Grimm
über die jungen Dichter, die
poetereauxp die sich nicht dazu entschließen könnten, die großen Vorbilder der Antike eingehend zu studieren, bevor sie selbst ans Werk gingen. Ihm ist diese unfähige, unwissende prend
de jeunes poetes zuwider. Cela ne sait rien, cela riaprien, cela ne veut pas etudier les modeles de Vanti-
quite,
cela veut courir les spectacles, les cercles, les pro-
votiere
menades,
et puis chanter.
seien, seien
Colardeau
den Versbau zeigten. cette
Ils
Die einzigen^ die auszunehmen und'
La H a r p
e,^^
die Talent für
ont quelque idee de Vharmonie, de
douceur de versification qui dispose insensiblement Väme
ä une douce
et tendre melancolie, de cette poesie imitative qui, ne suis quel Prestige secret, etablit une liaison entre teile Sensation de Väme et tel choix de mots ou teile suite de sons. Grimm bedauert, daß das Publikum im allgemeinen so
par
je
70. 15. 71.
Januar 64
(S. 435).
In diesen Gedanken
treten
uns jene Forderungen entgegen,
denen die Epoche der Romantik ErfüUung bringen 72. 15.
Dezember 65
73. 15.
Mai 70
(S. 448).
(S. 30).
sollte.
,
118
wenig Neigung zur Poesie empfinde.
Er kann
sich nicht der
Ansicht anschließen, daß die philosophischen Interessen mit ihrer
Nüchternheit und Vernunftmäßigkeit diese Abneigung
Er glaubt vielmehr, daß große Dichter Publikum das wieder für ihre Werke begeistern könnten und daß es nur an solchen wahren Dichtern mangele. Die Griechen, die Römer und in seiner Zeit die Engländer, bei denen Dichter und Denker nebeneinander gelebt und gewirkt hätten, wo ein Newton, ein Shaftesbury und ein Locke den großen Dichtern durchaus nicht im Wege gewesen seien, sind hervorgerufen hätten/' jederzeit
'
Grimm historische Beweise für seine Auff asung. Grimm wendet sich gegen laszive Dichtungen, den guten und gesunden Geschmack verstoßen.'^ die Zügellosigkeit eines poetischen
Werkes
die
gegen
Wenn
aber
der Begeisterung
oder einer tolten Laune des Autors entspringe, wie er es in den Versen eines C o 1 e spürt, so ist er nicht Phihster genug, 1
um der
Dichtkunst eine Spießbürgermoral anhängen zu wollen. Für ihn besteht die Tugend aus höheren Werten als nur aus et pedantique d'une morde alamkönnte doch nicht einen Anakreon
einem langage emphatique biquee et ernstere.
Man
oder einen Horaz und ihre etwas losen Dichtungen als unsittlich
verdammen.
Wie in der Lyrik, so spricht sich auch in der Epik Grimm gegen altes Schablonenhafte, nach fertigen Regeln Gemachte aus.'^ In dem Epos des Homer sieht er eigentlich das einzige originelle epische Gedicht.
Alle anderen
von der
Aeneis bis zur Henriade (1723) seien nur Nachahmungen hinsichtlich des Systems und des Charakters der Dichtung. Selbst
den er als poetisches Genie ersten Ranges schätzt, habe Die Modernen in dieser Beziehung den Homer nur kopiert. hätten ihn nur noch serviler nachgeahmt.'^ Virgil,
74. 15. 75.
1.
76. 15. 77.
September 64 Februar 63
(S. 73).
(S.
Dezember 56
217).
(S.
319)
u. S. 117.
Die einzigen originelleren Ependichter seien Tasso und Ariost
— In
welchem Maße
bildungen der
daß
ebe
man es
Ilias
für die
119
— Dichtungen Nach-
fast alle epischen
und der Odyssee Gattung
ein
seien,
gehe daraus hervor,
Rezept aufstellen könnte.
auch kein einziges Werk,
das nicht einen
Kampf,
Da die
Erzählung einer höchst gefahrvollen Reise, einen Abstieg in die Unterwelt, Weissagungen und Prophezeiungen enthalte.
Darüber habe sich auch Boileau mit vielem Geist lustig gemacht, indem er in seinem komischen Epos Le Lutrin die ernsten und gewichtigen Formen des großen Epos auf einen belanglosen, heiteren Stoff angewandt habe.
Gegenüber allen Vorwürfen, die die Modernen Homer zu machen geneigt seien, bewundert Grimm die vortreffliche Schilderung der einfachen und reinen Sitten der Antike in der Ilias, die dem Werke Macht und' Farbe verleihe, die ergreife die Sitten jetzt nicht mehr leicht verAutoren, Voltaire nicht ausmodernen ständlich seien.'' Die genommen, hätten die eigenartigen Sitten außer Acht gelassen-, die gerade ihre Helden und deren Umgebung charakterisierten, ihnen Fleisch und Blut und Leben geben sollten. So entstehe naturgemäß die beklagenswerte Monotonie, das Leblose, Re-
und rühre,
selbst
wenn
Werken, und das sei der schwerste Vorwurf, den man einem Kunstwerke machen könne."^^ Das lebhafteste Interesse erweckt in Grimm das Theater, das ernste sowohl als auch das komische. Er ist der
gelhafte in ihren
Ueberzeugung, daß das Theater eine moralische BildüngsGegen Rousseau, der das Theater wegen, seiner anstalt ist. Gemeingefährlichkeit verboten wissen möchte, verteidigt und unterstützt
kraft ihrer
Grimm
Voltaires Ansicht, der mit
Systeme der „magie" und „sorcellerie" und Milton kraft
des Systemes des „merveiUeux" (15. April 64 78. 15. 79. In
Nachdruck dem
April 64 diesen
(S.
S. 483).
483).
Bemerkungen Grimms finden wir einen WiderhaU
des langen Streites der Meinungen über den Vorzug der antiken oder der modernen Poesie, der die literarischen Kreise Frankreichs in zwei Parieien spaltete.
Gr. gehörte seiner deutschen
Abstammung und
seiner
Vorbildung gemäß zu der Partei, die der antiken Dichtung den Vorrang einräumte, zu den „Anciens".
— Schauspiel erzieherische
—
120
Momente
zuspricht.'"
Sei das Sujet
werde es auch ehrbare Gefühle in den Zuhörern auslösen!, und solche gemeinsamen Empfindungen machten im Gegensatz zur einsamen Lektüre die Menschen zu Freunden, wirkten also im guten Sinne. Ils ont hat le vice, aime la vertu, pleure de concert, developpe les uns ä cöte des richtig gewählt, so
untres ce qu'il
Das
y u de bon
antike
et
de juste duns
Erziehung des Volkes gedient, ein
religiöser
le
Drama habe diesem Zwecke sei eine
Akt zur Unterweisung
coeur humuin. der moralischen
pohtische Einrichtung, für
die
ganze Nation
gewesen.
Die moderne Tragödie
sei
allerdings herabgesunken zu
einer Unterhaltungsangelegenheit für eine coterie purticuUere
de gens du monde, de gens d'arts et de lettres, de personnes des deux sexes ä qui leur rung ou leur fortune a permis de cultiver leur esprit.^' So sei sie der Zeitvertreib für Müßiggänger geworden und habe damit von ihrer hohen^ Würde und
Bedeutung verloren. Schon rein äußerHch
sieht er einen Verfall jenes einst so
glorreichen Institutes der Comedie-Franfaise, der er infolge
der Intriguen und Zänkereien der Schauspieler und Schauspielerinnen
und der Autorität der messieurs les Premiers genFeindseligla chambre den Ruin prophezeit."""
tilhommes de keiten
und Interessen einzelner hätten
hier über alles zu ent-
scheiden, sodaß die Autoren schließlich nur noch die Opfer der
caprices
du foyer geworden
seien.
Während
zotige Plattheiten
minderwertiger Autoren durch irgend welche,
oft
wenig vor-
nehme Beziehungen zum Theater angenommen und würden, lehne
man
gespielt
bessere Stücke aus klieinlichen Gründen,
wohl gar aus Streitigkeiten über die Rollenbesetzung ab. Wenn PubÜkum dann aber, durch einen gesunden Geschmack geleitet, die anderen Theater bevorzuge, so setzten die Comediens francais wieder alle Hebel in Bewegung, um ihre Prividas
80. 15. Juli
60
(S. 262).
Januar 65
81.
1.
82.
Januar 73
(S.
(S.
170).
174).
— und
legien zu erweitern
die
121
—
Konkurrenten durch nichtswürdige
dem Felde zu schtegen. Grimm daher beim Theater im
Mittelchen aus
Mit Entschiedenheit
verlangt
Interesse der litera-
rischen Bestrebungen Aufhebung aller Vorrechte
und einen
anständigen Wettbewerb.
freien,
Dem
Publikum der Comedie-Franfaise kann er den Vorwurf nicht ersparen, daß seine Urteilsfähigkeit geschwunden sei."" Qu'un poete fasse dire ä son personnage les choses les plus absurdes et les plus deplacees,
il
est sür d'etre applaudi
son couplet par quelques lieux eommuns, ou par quelques maximes ä tour epigrammatique. Es werde garnicht nachgeprüft, ob diese epigrammatische Schlußwen-
pourvu quil
finisse
dung mit dem Charakter der Person,
ihrer Situation
und ihrem
Eine solche Kritiklosigkeit unterstütze den plat bavardage, während die genialeren Züge, die wegen ihrer Originahtät Ueberlegung und Verständnis voraus-
Interesse
vereinbar
sei.
setzten, mit Ungerechtigkeit
bedacht und verbannt würden. Lustspiel gehtten. Die
Darunter habe besonders das echte Komödie, die die
Menschen mit den ihnen anhaftenden
Tugenden und Lastern, Leidenschaften und Verirrungen zeigen sollte, um aufklärend und bessernd zu wirken, sei durch ein falsches Moralgefühl von der Bühne verbannt.'* Sittliichkeitsschnüffelei aber sei hier
anderen Künsten, es
wahr
ebensowenig angebracht wie bei den an, daß das Dargestellte
käme nur darauf
sei.
Die Bühnenwerke, die als Ersatz für die wahre Komödie gespielt würden, zeigten deuthch die Verflachung des Theaters. Grimm bedauert deshalb den Erfolg einer Feerie von
S
a
i
n
t
-
F
i
X
,''
weil er zweifellos zu
Nachahmungen Anlaß
Dieses Genre erscheint Grimm völlig wertlos. Es gehöre aherdings viel weniger dichterische Intelligenz dazu, ungereimte Feen- und Zauberkunststücke aneinanderzureihen, als nötig sei pour imaginer une suite d'evenements vraisem-
geben werde.
April 61
(S. 161).
83.
1.
84.
L Aprü
54
(S. 335).
85. 15. Juni
55
(S. 40),
—
—
122
blables et bien combines, et poiir developper le jeu des carac-
teres qui sont
Wenig
mis en
action.
und
literarischen
Grimm den Proverbes
Wert
künstlerischen
zu, jenen dramatisierten
spricht
Sprichwörtern
und Aussprüchen bekannter Persönlichkeiten, die sehr in Mode waren. Sie könnten allenfalls dazu dienee, die Gesellschaften zu unterhalten und zu belustigen, wenn die Schauspieler sie mit geistreichen Improvisationen vortrügen. fehle vor altem der echte Künstler,
besonders
flach,
Vorwurf
treffe
Diesen Stücken
daher wirkten
sie
ihrem Aufbau und ihrer Lösung.
in
auch
C
a
r
mon
t
e
1
1
e
,
der
meist Dieser
in in seinen^
Pro-
verbes dramatiques (1769) die Muster solcher kleiner Lust-
gegeben habe.'' Seine Charaktere und sein Dialog zwar lebenswahr, und die Lächerlichkeiten und menschlichen Schwächen seien von ihm gut beobachtet, aber ihm fehle der poetische Schwung, sie reizvoll und fesselnd wieder-
spiele
seien
zugeben.
Die viece ä Farce,
Nachahmung
intrigue, jene
Grimm
ist
noch einen m.oralischen Zweck,
heit
der italienischen
zuwider, denn sie enthalte weder eine
Wahr-
weder Sitten noch und na-
stelle
charakterisierende Eigenschaften noch einen wahren türlichen Verlauf der Begebenheiten dar."'
mardgance d'un fripon de valet dont
la betise est
Tout roule sur
la
et sur la duperie des maitres
ordinairement hors de tonte vraisemblance.
Allerdings könnten solche Stücke unter der
Hand
eines geist-
und amüsanten; Autors der Zerstreuung und Erheiterung des Publikums dienen, und wenn ein Meister wie Mohere sie mit seinem Geist erfülle, könnte wohl die Kraft der Komik alte Fehter und Schwächen des Genres überwinden. Von den Zeitgenossen besitze die erforderlichen' Eigenschaften reichen, originellen
am
meisten der Italiener
dem Cailhava
Go
1
don
d'Estandoux, den
i
,
sie fehlten
Grimm
aber völlig
mit jenem nicht
in
ParaWelle zu stellen wagt.
Die 86.
ital'ienischeKomödie,
1.
87. 15,
März
71 (S. 262).
April 69
(S. 329).
die nichts
anderes
sei
—
—
123
canevas sur lequel ort brode differentes seines de faree, nach Grimms Ansicht kein geeignetes Vorbild für die französische."" Viel mehr verspricht er sich für die Ausgestaltung als ein
ist
wenn eine glückliche Kombination der französischen Ordnung und Regelmäßigkeit mit der Wahrhaftigkeit der
dieser,
englischen Komödie
verwirkHcht werden könnte/^
Aus der französischen Komödie
sieht er leider alle
Wahrheit
und Natürlichkeit verbannt, weil diejenigen, die durch die Enthüllung des Wahren den Verlust ihres Ansehens und ihrer Macht zu befürchten hätten, zu einflußreich seien. Eine sitten-
würde sich der Wahrheit nicht widersetzen."'' Das Wesentliche, was die w a h r e K o m ö d e darstellen
starke Nation
i
solle,
seien le viee, la vertu, le bien, le mal, le bonheur, le mal-
heur, la läehete, la fourberie, la bassesse, les caracteres avec leiir noirceur, les passions avec tonte lenr frenesie, les moeurs avec tonte lenr energie et tonte leiir depravation, les prejnges avec tous lenrs mensonges, kurz die durch alle
tonte
Zeiten unveränderliche Natur der Menschen."' Molieres große
Werke Les Precienses
ridicnles (1659),
UAvare
(1668), Tar-
Les Femmes savantes (1672), erscheinen Grimm darum als geniale Schöpfungen, weil in ihnen Charaktere und Sitten mit Genauigkeit und Wahrheit geschildert seien, soweit es das Genre seiner Stücke zugelassen habe,, das wie die italienische Farce, auf die es zurückgehe, der lebenswahren
tuffe (1669),
Gestaltung im Grunde zuwider der Zeit gerichtete Satire 88.
15.
Juni 59
89.
15.
September 65
90.
Gr.
liere
ist
(S.
—
sei.
Oimm
nennt es
le ridicüle
(S.
370); vgl. S.
104.
überzeugt, daß vor einem aufgeklärteren Volke ein
können
—
119).
den Charakter des Tartuffe hätte
gestalten
Die gegen Schwächen
viel
Mo-
mehr verschärfen und aus-
als vor einer Nation, die die
Tugend
ihrer Kinder auf
der Unkenntnis der Geschlechter und ihrer natürlichen Bestimmung
gründen zu müssen glaube.
Grimm
sieht in der
Verheimlichung der
sexuellen Wahrheiten eine Quelle der Sittenlosigkeit für
und eine Gefahr
das geistige und soziale Leben der Gesellschaft seiner 91. 15. Juli
60
(S. 262).
Zeit.
,
—
—
124
zwar eine glückliche Beigabe, treffe aber nur vorübergehende Erscheinungen und habe deshalb nicht den gleichem, dauerndem Wert. sei
Wenn
nun aber die kleinen Geister bemühten, die Kunst Molieres nachzuahmen, so verfielen sie stets aus Mißsich
verständnis findet
Grimm
in
Ein Beispiel
Uebertreibungen."'
lächerliche
in
der bei den zeitgenössischen Dramatikern
gebräuchlichen Einführung der Person durch voraufgegangene Charakterschilderungen, die geschmacklos seien und sehr oft ein
Bild gäben,
zu
dem
die
nachfolgende Handlung nicht
Moliere habe seine Personen nicht auf diese Weise Wenn er es gelegentlich doch
stimme.
zu charakterisieren brauchen.-
mit der künstlerischem Absicht geschehen, die betreffende Person in einem bisher unbekannten Lichte zu zeigen. Soviel' künstlerische Oekonomie besäßem aber seine
getan habe, so
sei es
Nachfolger auf der französischem Bühne meist
nicht.""
Von
den vielen Autoren, deren Bühnenerzeugnisse er zu besprechen 92.
1.
September 54
(S.
—
401)
In
dem mangelnden
Molieres Kunst glaubt Gr. auch den Grund 100.
Verständnis für
für die klägliche Feier des
Todestages dieses Meisters der französischen Komödie suchen zu
müssen (Februar 73
S. 183).
An
diesem Tage hätte die „Comedie-Fran-
gaise" zwei besonders schlechte Stücke
von unbekannten Autoren
auf-
„L'apotheose de Moliere eüt du etre Pouvrage des premiers
geführt.
ecrivains de la nation."
wie man
viel
mehr den
Grimms Plan hätte gezeigt, Klang von Molieres Namen in seinem
Ein Festspiel nach eitlen
Lande verehre als sein Genie, wie aller Kultus, der mit ihm getrieben werde, nur Gegenstand nationaler
Eitelkeit, nicht
des Geschmackes und der Dankbarkeit
sei.
Er
aber eine Huldigung hätte das
dadurch be-
weisen wollen, daß er Moliere als unbekannten Dichter hätte auftreten und lassen, dem von Seiten der Schauspieler, der Zensur, der Höflinge nicht zuletzt des
Publikums
alle
Widerwärtigkeiten zustießen, denen die
wenigen talentvollen Autoren der Zeit ausgesetzt seien. Dann hätte und als sich dieser unbekannte, mißhandelte Dichter zu erkennen geben nützliche Lehre auseinandersetzen müssen,
daß man große Männer nach
der inneren Ueberzeugung, nicht aber allein auf
Ruhmes ehren 93.
Grund
ihres erworbenen
solle.
Grimm
verglicht die modernen Autoren recht sinnvoll mit jenen
125
kaum
hat, läßt er
und
einen' gelten-,
meisten der Stücke,
die
deren Aufführung er beiwohnt, lehnt er mit mehr oder weniger Entschiedenheit
ab.'*
Mehr Neigung
zeigt
Grimm
dem Genre
Hier findet er an
als
wenn auch
die Dichter, die sich
hätten, wie
Des
See,
res
gewesen
dem
und'
o uch
und
e s
N
immer der Aufgabe,
nicht
gewachsen Schärfe
t
comedie larmoyante,^'' solchem wenig auszusetzen, auf diesem Gebiete betätigt
für die
seien.
i
ve
1:
1
e
d
e
L
a
s -
die sie sich gestellt hätten,
Er
widerspricht
mit
dramaturgischen- Glaubensbekenntnis
findet
C h' a u
einiger
Voltai-
Aeußerungen, die der Verfasser des
die
Uenfant prodigiie (1736) und der Nanine (1749) gegen die richtet, geradezu unangemessen. Die comedie larmoyante entspricht nach Grimms Ansicht vollkommen dem Leben, in dem sich auch Ernstes und Heiteres mischten. Dies hätten die genannten Dichter und Voltaire selbst wohl empfunden, und deshalb hätten sie versucht, diese Mischung in ihre Lustspiele hineinzutragen. Aber da es ihnen an dem wahren Talent gefehlt habe, so hätten sie statt wahrer
comedie larnioyante
Komödien Romane gemacht, indem
sie die
Ereignisse erdich-
und Szenen aus dem Stoff und den Charakteren der Personen herzuleiten. Grimm hätte selbst dagegen nichts einzuwenden, daß eine Komödie tragisch teten, statt die Situationen
ende,
wenn
Handlung auf natürliche Weise zu einem
die
solchen Schlüsse führe.^^ primitiven Malern, die aus
dem
unsicheren Gefühl der nicht genügenden
Verständlichkeit heraus unter die Figuren ihre Bedeutung schrieben. 94. vgl. S. 23.
95.
1.
April 54
(S. 332).
96. Gr. hat sich
auch über die Frage, die damals von Dichtern und
Kritikern viel erörtert wurde, ausgelassen,
ob
die
Mischung von Tra-
gischem und Komischem, die besonders für Shakespeare charakteristisch ist,
in der
Tragödie ebenso wie in der Komödie zu billigen
Wirklichkeit zeige stets den Uebergang lichen
eine
und umgekehrt.
Während
die
vom
Pathetischen
Die
sei.
zum
Lächer-
hochstehenden Persönlichkeiten
vornehme Sprache sprächen, besonders wenn es
sich
um
ernste
— Griniiiis
über
Urteil
—
126
Sedaines
Lustspiele, die durch
die vortreffliche Sittenschilderung einen ernsteren
erhalten hätten, ohne in Deklamation zu verfaHen,
Charakter ist
deshalb
Anerkennung und Lob. In allen Kritiken hebt er die Natürlichkeit und Einfachheit dieses Lustspieldichters, seine voller
glücklichen
seine
Einfälle,
scherzhaften
Situationen,
seine
komische Kraft und Originalität hervor. Die Feinheit seines Witzes, seines Geistes und seiner Sprache bringe es mit sich, daß seine Werke bei den ersten Aufführungen befremdeten, nach einigen Wiederholungen jedoch zündeten und die größten
Er scheut
Erfolge erzielten."'
Philosophe sans
sich nicht, den Verfasser des
den er für ein Meisterwerk und das Muster einer wahren Komödie hält, der Gageure imprevue (1768)'' und des Deserteur (1769)^'° in eine Reihe savoir
le
(176v5),^^
Seine packenden Schilderungen und die Wirkungen seiner einfachen, wahren und energischen Worte erinnern Grimm an das Genie Shakespeares. Seine Symphatie für Sedaine läßt unseren für stiHstische Fehler sonst so empfindlichen Kritiker die Schwächen entschuldigen. mit Moliere zu stellen. nachhaltigen
Angelegenheiten oder große Ereignisse handle, redeten die niederen
Personen zu gleicher Zeit eine völlig andere Sprache, die durch den Gegensatz zu jener komisch wirke.
Die französische Tragödie habe
gerade durch ihre Einförmigkeit in
Ton und Farbe Leben und Natür-
Jedoch hält er es mit dem guten Geschmack nicht
lichkeit verbannt.
für vereinbar,
daß der Dichter oder der Maler nun
alle
komischen Be-
gleiterscheinungen einer tragischen Szene zeige. Hier habe der KünsÜer
nach seinem Geschmack das richtige je
größer,
je
genialer er
sei,
Maß
zu wählen, und
desto besser werde es
je origineller,
ihm gelingen, das
Tragische und das Komische zu einem natürlichen, lebenswahren und
geschmackvoUen Ganzen zu verschmelzen. 97.
Es
ist
schon früher gesagt worden
(vgl.
S.
93),
daß Gr.
es
Sedaine als großes Verdienst zuschreibt, durch seine kleinen Musik-
komödien
die alte
Form
98.
1.
November
99.
1.
u.
100. 15.
15.
März
der komischen Oper verdrängt zu haben.
u. 15.
Juni 68 u. 1.
Dezember 65 89
u.
April 69
(S.
(S.
(S.
402
107).
307
u. 314).
u. 438).
127
Beziehung
die der Dichter in dieser
muß, nicht grundlos seinen wirren
und
hat,
sogar gegen seine Gegner, die ihm, wie
er verteidigt ihn
Grimm und
Stil*
zugeben
selbst
die zahlreichen
schlechten Verse vorwerfen.
Als den hervorragendsten unter den französischen
großem Nachdruck
tikern seiner Zeit, den er mit als
Muster
und von dem
hinstellt,
allen
Dramaanderen
Umwälzung und Er-
er eine
Grimm man eine
neuerung der französischen Bühne erwartet, betrachtet
Freund Diderot.
seinen
wahre Menschen auf
Werken spüre dem Leben schaffe und
In seinen
dramatische Kunst, die nach
Bühne
die
seien nicht Strohpuppen, sondern
lebens-
Selbst die Diener
bringe.
Menschen aus Fleisch und
Er rühmt seinen Dramen im Gegensatz zu den übrigen Dramatikern nach: Großzügigkeit des Aufbaues, verwickelte und doch sich klar entwickelnde Handlung,'''' die auf genauer Blut.
Beobachtung und Kenntnis der ihn umgebenden Menschheit beruhe, treffende Sittenschilderung, Reichtum der Gedanken
und
Grimm
eine ausgezeichnete Sprache.
überschätzt die dra-
matische Kunst seines Freundes Diderot, wie Lessing überschätzt w^orden
Wenn
ist.
er
seinem Mitarbeiter gegenüber sich nicht ganz scheute er sich andererseits doch nicht, über
auch von
sie
auch
vielleicht
fühlte, so
frei
manche
Seiten
der Diderotschen Dichtung seinen Tadel auszusprechen."^ „une machine grande
101.
beUe, compliquee et claire" (15. Nov. 58
et
S. 47).
102. z. B.
Wenn
15.
März
61
(S.
358
auch das Lob, das
u. 359).
Grimm
Diderot spendet, mitunter den
Eindruck gezwungener Uebertriebenheit macht, so zeugen doch viele
Aeußerungen von aufrichtiger Bewunderung-
seiner
(15. Juli
62
S.
54
S.
133).
380;
1.
November 55
wandtschaft der beiden Männer. in
alle
erweist,
S. 117; 15.
Diese Freundschaft liegt
tief
für
Januar 59
den Freund. S.
69;
1.
Aug.
begründet in der Geistesver-
Grimm, der
sich mit seinem Bestreben,
Gebiete des Menschengeistes einzudringen, als Encyklopädist
muß
sich
naturgemäß hingezogen fühlen zu dem Manne, dessen
Vielseitigkeit er uns so oft
zu rühmen weiß.
(1.
Okt. 63 S. 395).
Mit
Diderot verbindet ihn die gleiche Weltanschauung, der religiöse Skep-
~-
—
128
Neue Aufgaben für die französische Bühne erkennt Grimm seiner Meinung nach neuen und fruchtbaren Gedanken Diderots, zum Gegenstand seiner Dramen nicht vorzugsweise von
dem
einen Einzelcharakter,
stellungen zu machen/''
sondern Typen für gewisse LebensHieraus werden sich nach Grimms
Ansicht drei neue Arten für die französische Bühne ergeben. Hrstens die den zeitgenössischen Sitten angepaßte terenz
a n
s c
Komödie,
h e
deren Muster er im Pere de faZweitens das genre plus serieux et plus pathetique, das NiveHe de La Chaussee einzuführen versucht i
i
mille (1758)''' sieht.
habe, das aber erst im Fils mturel (1757)''' Diderots zu wirk-
lichem Leben erweckt worden eine Reihe
sei
und
von vortrefflichen Sujets
das
für
Grimm
Grimm von
tragedie domestique, deren Muster
selbst
Drittens die
vorschlägt.'"'
Diderot
er-
107
wartet und erbittet.'" .
tizismus,
die naturwissenschaftliche Grundrichtung' alles Philosophierens,
Abneigung gegen die überlebte klassische französische Tragödie und Komödie und schließlich der gemeinsame Kampf für das bürgerliche Drama. Besonders stark hat auf Grimm der Materialismus Diderots
die
eingewirkt (vgl.
S.
50
Anm.
Aber ihm
66).
der Enthusiasmus Di-
fehlt
derots, der ihn mit Vertrauen in die Zukunft sehen läßt,
Skeptiker
Grimm
anzuerkennen geneigt nicht
103.
est
ist
Daß Grimm
sich
Meinung auch Diderot gegenüber zu
ver-
(15.
scheut, seine eigene
treten, ist
Januar 57
S.
327
ff).
sehen im vorhergehenden gesagt worden
„Son
id€Q:
une idee riche 104. 15.
während der
den Fortschritt der Menschheit eher zu leugnen als
(vgl.
S.
6—7).
de traiter les conditions preferablement aux caracteres et feconde."
Nov. 58
(S. 47);
1.
November 58
(15.
März
S. 48).
61 (S. 353); 15.
März
61 (S. 358).
106.
März 57 (S. 354); 15. November 58 (S.
107.
Dieses Muster der „tragMie domestique" oder „tragedie bour-
105.
geoise"
1.
ist
15.
November 58
(S. 48).
48).
Diderot der Nachwelt schuldig geblieben.
ihm nur Entwürfe solcher Stücke Aufführung gekommen sind den Plan zu einem solchen
vor,
(vgl. Hettner,
Drama „Le
und bedauert, daß Diderot es
zur Vollendung oder
die nie 1.
c. S.
Es liegen von
331).
Grimm erwähnt
Sherif"
(1.
Dezember 69
nicht vollendet.
—
Ueberhaupt sind die
S.
393)
—
129
—
Die Frage, ob die tragedie domestique^'''' berechtigt
sei,
ge-
hörte zu denen, die die Geister des 18. Jahrhunderts stark beschäftigte und zu einer Hterarischen Fehde Anlaß gab/*'^ Nach den voraufgehenden Ausführungen wird es klar sein, daß
Grimm hofft,
dieses bürgerliche
für
Drama
Stellung nimmt.
Er
daß es sich unter den Händen eines großen Dichters zu
einem vollen Ersatz
für
das große
Drama
der Alten entwickeln
werde, für das die moderne Zeit die Eignung nicht mehr besitze.^'^
Les malheurs
nous causent des
et les catastrophes
impressions d'aiitant plus fortes que notre condition est moins eloignee de celle des personnes qiion nous montre.
Dieses
Beispiele dieses damals viel umstrittenen bürgerlichen Trauerspiels in
Frankreich nicht sehr zahlreich.
wo
dem
Lillo mit
war
Einflußreicher
es
England,
in
„M^erchant of London" (1731) schon 10 Jahre vor
dem
Erscheinen von Richardsons „Pamela" der Bühne diese Dichtungsart eröffnete
und
Moore und
Er fand
mit einem Schlage populär machte.
sie
in
nur ein Stück von Moore „The Gamester"
in
Grimm
Cumberland fruchtbare Nachfolger.
Edward
bespricht
Okt. 62 S. 175), das
(15.
Diderot übersetzt habe, ohne es zu veröffentlichen, und das dann drei
vom Abbe
Jahre später setzt
worden
Er
sei.
einzelnen Personen
de Loirelle unter
dem
Titel
„Le Joueur" über-
spricht sich über das englische Stück
desselben
rühmend aus und
und
die
hält
es des Beifalls
die
Bezeichnungen
für würdig. 108.
Grimm
äußert
simplement ,tragedie^ critiques bourgeois
larmoyante, (15.
Mai 68 109.
im
18.
et
sich
gelegentiich
coin, qui ont aussi invente le terme de
qui ont ecrit sur Pune et sur Pautre de grandes pauvret^s."
Die Entstehung und Entwicklung des bürgerlichen Dramas
und der
Streit der
Meinungen über
zum Drama eingehend 1,
September 61
charakterisiert.
(S. 461).
diese Dichtungsart
Gaiffe in
en France au XVIIIe siecle", Paris 1910.
110.
comedie
S. 74.)
Jhrhdt.
Stellung
„II fallait dire tout
mauvaise epithete de ,bourgeoise' aux
et laisser la
du
sind zusammenfassend dargestellt von F.
Drame
gegen
und „comedie larmoyante".
„tragedie bourgeoise"
Hier
dem Werke „Le ist
auch Grimm«
—
~
130
—
Genre hätten allerdings die Alten nicht pflegen können, weil das große, offene antike Theater wichtigere Stoffe verlangt habe als der kleine geschlossene Saal des modernen Theaters mit der verhältnismäßig geringen Zuhörerschar, die darum den Individuen des Stückes näher stehe und für ihre persönund häuslichen Schicksale größeres Interesse habe, so-
lichen
bald sie ihresgleichen seien. Grimm vermißt zu seinem Bedauern im zeitgenössischen Frankreich die Charaktere, die
den Dramatikern als Modelle für Personen solcher bürgerTragödien dienen könnten/''
licher
in
Das Urteil' Grimms über das eigentliche Trauerspiel Frankreich wird durch seine etwas einseitige Vorliebe für
die antike Tragödie beeinträchtigt, die er schlechthin als „die^* Tragödie betrachtet und neben der andere Erzeugnisse keine Gnade vor seinem Auge finden. Alle modernen Tragödien
sind für ihn nur Nachahmungen der Alten und zwar schlechte Nachahmungen. Hart klingt sein Urteil über die französische Tragödie, oü le bon sens et la vraisemblance sont constamment sacrifies, oü la futilite tient Heu de genie, ou le mauvais
goüt etoüffe
la simplicite et le naturel,
ridicule sont
ä
la pluce
Den Grund
oü
le
merveilleux et
le
du sublime^^^
für die Unnatürlichkeiten
den guten Geschmack sieht
Grimm
in
und Verstöße gegen
der blinden Nachah-
mung
der antiken Tragödie, die zu üblen Folgen führen müsse, da das antike Theater von der modernen Bühne grundverschieden sei.''' Die Ereignisse, die Motive der Handlungen, diese selbst, die Reden, alles das sei in der zeitgenössischen Tragödie nur noch ein System von Konventionen, das nirgends
der Natur zu finden
sei, darum auch nicht ergreifen könne. Auch für die Tragödie verlangt Grimm von den Dichtern wieder und immer wieder Studium und Nachahmung der Na-
in
tur.'''
erster
In "
•
111. Vgl. S.
112. 15. 113. Vgl.
114
15.
Linie
empfiehll
^
112.
November 62
(S.
oben.
Mai 56 (a
229).
186).
er
die
Behandlung
ge-
—
131
—
b e r Stoffe, weil' in der Geschichte alle menschlichen Züge und Charaktere zu finden seien. Sehr zum Schaden der Kunst habe Voltaire für den Dichter die Freiheit verlangt, den Gegenstand seiner Dichtung frei zu erfinden. Die
s c
h
i
c
h
1
1
c
i
Schwierigkeit liege nicht allein darin, selbst den kleinsten Zü-
gen Farbe und Kraft zu geben, woran es solchen sujets d'invention meist fehle, sondern vor allem darin, die Personen selbst zu schaffen.^'^
Die Geschichte berichte von Handlungen, die aus einer
Mischung von Vernunft und prejuge (Wahn) hervorgegangen seien, und gerade das mache sie dazu geeignet, der Kunst und besonders- der dramatischen Kunst als Vorbild zu dienen."^^® Die Vernunft allein sei beschaulich, untätig, kalt und führe nicht zu Handilungen, die die
Achtung
Cest
Menschheit erweckten.
le
coiüeur et de Vinteret ä la raison.
undi
Bewunderung der
prejuge qui donne de la
Der
Wahn
sei die
Ursache
der großen Leiden der Menschheit, aber auch die Ursache der großen Taten.
Diese Macht des
Fatalität Religion, in
Wahns
seine hohe Bedeutung, welches
jedem
Dogma
gebe auch d'em
Grimm
in
der jeder
Kult, in jeder Sekte, ja selbst in jeder Phi-
losophie hervortreten sieht, weil es durch die natürliche Vorliebe
des Menschen für das Wunderbare begünstigt werde.^''
An
115.
von L
e
F
einem typischen Beispiel, der Tragödie „Cosroes" (1767)
e v r e
,
zeigt
Grimm, wie wenig
die
Autoren das Geheimnis
Gottes besäßen, wahre Menschen zu gestalten. Durch eine genaue Chader
rakterisük
wie
Personen,
sie
sich
nach
Grimms Meinung
der
Dichter vorgestellt haben mag, und durch eine eingehende Inhaltsan-
gabe des Stückes, die hat, sucht er
in
zeigt,
wie der Dichter
sie in
der Tat behandelt
nachzuweisen, wie schlecht Le Fevre diesen. Charakteren
Handlung, Situation, Fühlen, Denken und Reden gerecht geworden
Was
sei.
hier für
Handlungen geschähen, was
für
Geheimnisse enthüllt
würden, stehe im schärfsten Widerspruch zu jeder Wahrscheinlichkeit
und übersteige das 399.)
Vgl. S. 23
Maß
Anm.
der regsten Phantasien.
31.
116.
1.
Dezember 60
117.
1.
September 56
(S. 322). (S.
274).
(1.
September 67
S.
— Nichts
Schrecken, Erbarmen, kurz
wecken,
als der
Bewunderung,
Erstaunen,
geeigneter,
sei
—
132
Furcht,
Erregungen der Seele zu
alle
er-
Glaube an das dem einzelnen Menschen von Wesen unabwendbar vorgeschriebene Ver-
übermenschlichen
Ou'y a-t'il en effet de plus effrayant que le dogme Qui nous apprend qu'un etre sensible, ne pour le bonheur et la vertu, peut etre entraine dans le crime contre sa volonte, et se souiller, par ignorance, des forfaits les plus horribles? Schon der Gedanke allein, daß eine barbarische Gottheit den Menschen zum Opfer ihrer Rache auswählen könnte, ohne daß er
hängnis.
Rache verdient habe, errege Furcht und Schrecken.
ihre
Die
alten Tragiker hätten diese Quelle des wahrhaft Erschütternden sehr gut gekannt, und daraus erkläre sich die starke Erre-
gung, die noch heute von ihren Werken ausgehe, jenen Denkmälern" furchtbarer und unvermeidlicher Lebensschicksale.
Grimm
Macht
konstatiert mit Genugtuung, daß Voltaire die
seiner Tragödie
und in Wirkungen zu erneuern
dieser antiken Kunstlehre erkannt habe
Semiramis
(1748)''' ihre
suche.
In denjenigen französischen Tragödien, deren Stoff der Geschichte entnommen sei, stellt Grimm mit Bedauern einen
Mangel an Beobachtung der örtlichen und zeitlichen Verhältnisse fest. Die Dichter würden meist den Sitten des Landes, gein dem sie ihre Stücke spielen ließen, dem Geiste und der schichtHchen Stellung des Volkes, das
LaHa
sie darstellen wollten,
p e s Timoleon (1764)''' und Voltaires Les Scythes (1766)"" machten hiervon keine Ausnahme, obgleich diese Autoren die übrigen Zeitgenossen in
zu wenig gerecht.
Selbst
r
Der geschichtliche Hinter-
der Tragödie weit überflügelten.
grund
unmotiviert
diese
noch
könnten. 118.
1.
119. 15. 120.
67
so wenig beachtet, die Personen seien so inner-
unwahr und ohne natürliches Leben, die Handlungen und so wenig folgerichtig, daß weder
lich
so
sei hier
(S.
1.
223);
jene In
das
den
Scythes
September 56
August 64
1.
49)
(S.
sollte
erregen
Zuschauers
beispielsweise
ein
bar-
277).
(S.
(S.
November 66
des
Interesse
und
1.
Septeber 64
(S.
59).
163); 15. Januar 67 (S. 207);
April 67 (a 267).
t.
Februar
— barisches
Volk
und Ursprünglichkeit
Einiachheit
seiner
in
~
133
müsse man nach allem, was in der Tragödie gesprochen und getan würde, auf ein Volk schHeßen, an dem Kultur und Luxus ihre deutlichen Spuren zurückgelasdargestellt werden, jedoch
sen hätten/'^
Von dem Grundfehler rakterschilderung spricht
der mangelhaften Sitten- und Cha-
Grimm
auch die beiden Koryphäen
Racine
der französischen Tragödie,
und
Corne
i 1 1
Racine habe aus der Antike geschöpft, aber
frei/""
nicht
e,
alle ihre
Empfindungen habe er nach französischer Art gekleidet, allerdings mit großem Geschmack und mit Anmut, jedoch ohne cette beaute simple et male qui fait le caractere du genie. Und nun erst Corneille. Ihm widmet Grimm eine sehr eingehende Kritik, die gesunden Geschmack und künstlerischen Sinn zeigt.'"" Er billigt die- Kritik, die Voltaire in dem seiner Ausgabe der Werke Corneilles beigefügten Kommentar an dem Schöpfer der klassischen französischen Tragödie übt. Er findet sie nicht zu streng, sondern eher reserviert und nachsichtig. Sie werde nur dann etwas schärfer und härter, wenn ihn der Mangel an Geschmack, an Wahrheit und Feinheit zu sehr abstoße. Doch dann folge dem harten Worte stets ein Lob, das den für Corneille eingenommenen Leser versöhnen solle. Nie aber bemerkt unser Kritiker eine versteckte Absicht,
Ruhm
den
des alten Autors zu vermindern oder sein
Genie herabzusetzen.'** 121.
(1764)
Hier
sei
Juli
(15.
auf
64
die
interessante
Kritik
über
„Triumvirs"
die
32) hingewiesen, als deren Autor
S.
Grimm
sowenig wie die übrigen Zeitgenossen Voltaire vermutet. es
mit einem jungen Anfänger zu tun zu haben,
Fehler Talent zuzusprechen tragischer
Stil
sei,
Geiste und Charakter ihrer Zeit und Sitten 122.
1.
123. 15. 124.
November
Mai 64
Grimm
61
(S.
(S.
Er trotz
glaubt, vieler
weil sich in der Tragödie ein echt
und vor allem die
zeige
dem
eben-
dargestellten
gemäß
Römer dem
sprächen.
476).
499).
verteidigt
Voltaire
ausdrücklich
gegen die gehässi-
gen Vorwürfe, die ihm aus Anlaß der oben erwähnten Ausgabe und
—
—
134
Viel schärfer als Voltaire geht
Grimm
selbst mit Corneille
Er vermißt an ihm die dramatische Begabung. Die Dürre seines Herzens veranlasse ihn, aus dem Verstände ins Gericht.
zu schöpfen, das Gefühl also durch das raisonnemevt zu erset-
Dazu komme der
zen.
verderbliche Einfluß der spanischen
Literatur mit ihrer Deklamation und ihrer
unwahren Emphase.
Seinen Personen fehle stets das Natürhche.
Sie führten be-
ständig Sentenzen im Munde, statt zu empfinden und zu han-
Leidenschaften und Liebe seien bei ihnen nicht die Fol-
deln.
gen innerster seelischer Vorgänge, sondern un resultat de raU sonnements et de lieux communs. Damit schwinde alle Wahr-
Leben aus seinen Tragödien,
heit, alles
geworden
seien.
Grimm
die leider
tonangebend
findet bei Corneille nur recht gerin-
ges Verständnis für die Charakterisierung und Behandlung der
Personen seiner Stücke, Sitten ihrer Zeit.
für ihre Sprache, für
Seine
Römer
und Reden des Rittertums,
Prinzipien
den Ton und die
böten nichts anderes als die
haften generosite und jactance, die
romandem römischen Cha-
seien voll jener
jnit
rakter nichts zu tun hätten.
Grimm schließlich an der von Corneilles Werken zweifeln. // peut venir un temps et un peuple auquel le grand Corneille ne paraitra propre qu'ä en imposer ä des enfants. Mais en attendant, chut! Die schweren Fehler lassen
Unsterblichkeit
Daß
die klassische
Tragödie des
17.
Jahrhunderts zur
Fessel für das ganze folgende Jahrhundert geworden
kennen wir mit Grimm. des
Voll Verdruß konstatiert
Kommentars zu den Werken
Corneilles
dem
unterschöben
Ruhmgier.
kleinliche
Gegner Neid,
Nach Grimms Ansicht
ist
genommen
Eitelkeit,
Voltaire
daß
mehr
sind.
Zweck anzuerken-
Voltaire die schwere Arbeit auf sich
ihm
er-
die
gemacht worden
Anstatt die hochherzige Gesinnung und den edlen nen, aus
er,
ist,
als
Eifersucht
habe,
und
jedem anderen
das Recht der Kritik gegenüber Corneilles Werken einzuräumen, und es sei
wohl zu
billigen,
daß
er
neben den Schönheiten auch die nicht
unerheblichen Fehler hervorhebe und sie mit denen Racines vergleiche,
da
jene
hätten,
beiden
Rivalen
nicht
nur im Leben miteinander gerungen
sondern auch noch in der Nachwelt den Kampf fortsetzten.
—
—
135
modernen französischen Tragödien Tradition den Beifall des
Pubhkums
in
einer
Art geheiligter
fänden, sobald sich in ih-
nen servile Nachahmungen der großen Vorbilder der Corneille und Racine zeigten.^"^ Die schematische, schablonenhafte Behandlung der Trauerspiele seiner Zeit charakterisiert er in
Danach
zept.
die Schauspieler,
einem satirischen Re-
Tragödie ein Theaterstück,
sei eine
nachdem
sie sich
maitres, die sich nach der Gewohnheit auf der breit
in
dem
sich
durch die Schar der petits-
machten, hindurchgedrängt hätten,
in
Bühne
selbst
irgend einer lächer-
lichen Kleidung, die der darzustellenden Persönlichkeit wider-
Bühne
spreche, auf der
klamation Rollen
aufpflanzten, in Geste, Haltung
und De-
Natürliche entsteUten, stets außerhalb ihrer
alles
zum Pubhkum
redeten,
wo
die dargestellten histori-
schen Persönhchkeiten entgegen ihrem Geist und ihren Sitten sprächen, die Zeit nutzlos mit Geschwätz und Moralisieren, mit Gemeinplätzen und deplazierten raisonnements ausfüllten
und
stets
dann verschwänden, wenn
man von
ihnen ein Han-
deln erwarte.
Die wesentlichen Bestandteile einer französischen Tragödie stellt er ein
anderes Mal spöttisch so zusammen: un tyran
mechant Que la gale, des conspirations, des emprisonnements, des soulevements, des empoisonnements, des repii-
plus
diations, de fausses imputations, le tont termine par le coup de poignard que recoit eelui qui veut le donner, suivant ledernier goüt et la mode la plus nouvelle, et comme ü arrive tous
dans le monde: aar ort sait que cet assassinat par escamotage est la chose du monde la plus naturelle.^^^
les jours
Einen charakteristischen Unterschied zwischen den modernen faiseurs de tragedie und den echtem Tragikern des Altertums erblickt
Grimm
darin,
daß jene
stets außerhalb ihres
und ihn daher willkürHch zu dem einen oder dem anderen Ziele führen könnten, während diese sich von
Stoffes ständen
125. 15. 126.
1.
Januar 56
Februar 66
(S. (S.
157).
484).
— dem gegebenen
—
136
Einem Sophokles und
Stoffe leiten ließen.
Euripides wäre es unmöglich gewesen, einer Tragödie
dem Verlangen ben. S a u r n
je
nach
des Publikums verschiedene Lösungen zu geaber habe es fertig gebracht, für sein Drama
i
Beverley (1767) einen doppelten Schluß, einen tragischen und einen heiteren, versöhnenden, zu dichten/"
Grimm kann
sich des Eindrucks nicht erwehren,
daß die
französische Tragödie zu einem Marionettenspiel herabgesun-
ken
Le
Colardeau,^'^
sei/''
Marmontel, La
Blanc,'^'
Harpe/''^'
de Belloy''' und Lemierre,"' diese Säulen, auf denen der Ruhm des französischen Theaters ruhe, wie er ironisch sagt, sie alle
machten
ihre Figuren nach Schema und Schablone, ließen sie handeln und sprechen ohne Rücksicht auf die Wahrscheinlichkeit,
um
ohne sich
Charakteristik, Sittenschilderung und
Viel anerkennender 127.
Januar 71
1.
128. 15. 129.
72
S.
465;
66
Aprü
Warwick
131.
Timoleon (15.
1.
August 65
S.
72
(15.
S.
November 63
(1.
340;
(15.
1.
S.
49;
März 70 133.
Idom^nee (15.
1.
480;
S.
59
Vergy 1.
Hypermnestre (15.
März 66
Februar S.
58
S.
Caliste
482);
S.
S.
403;
Mai (1.
(15.
1.
Zelmire
201;
1.
S.
S.
59);
März 70 (1.
S.
416);
Pharamond
Gustave Wasa
April 65
März 70
(15.
März
S. 470).
Juni 62 S. 92);
480);
Le
242; 15. April 65
S.
Gaston
et
Bayard
71 S. 302).
Oktober 58
64
Dezember 63
1.
S. 356);
88); S.
März
S. 492).
September 64
September 65
März
256); GabrieUe de
(15.
Mai 72
1.
500); Melanie (15. Februar 70 S. 458;
132. Titus
März
15.
Juni 63 S. 310); Les Druides (15.
Siege de Calais (15. Februar 65 S.
480;
S.
479;
S.
August 64
(15.
194).
318).
'S.
Manco Capac
130.
(S.
März 58
(1.
Dezember 60
(1.
auch Grimms Urteil über den Tra-
ist
226).
(S.
Dezember 62
Astarbe
le-
kümmern.
bensvolle Gestaltung zu
S. 37);
Teree (I.Juni 61
März 64
S. 412);
458);
Barneveit
499); Artaxerce (1. September 66 S. 103);
GuiUaume
Teil (1. Januar 67 S. 193);
S.
450;
1.
La Veuve du Malabar
(15.
S.
August 70
S. 100).
~ giker
Voltaire
--
137
Herode
Mariamne, Brutus, Semiramis, L'Orphelin de La Chine und Tancrede seien zwar nicht nur die besten Stücke Voltaires, sondern überhaupt die besten Tragödien des Jahrhunderts, wie eben ihr Autor die Zeitgenossen an Genie, Darstellungsgabe, an Kraft des Ausnicht.^'*
et
drucks und Geistesgröße überrage.
Werke
Diese
Schilderung der Charaktere und Sitten,
böten in der
der Einfachheit
in
und Kraft der Sprache sogar hervorragende Schönheiten, aber sie atmeten doch in der Führung der Handlung, in der Anwendung kindlicher Mittel für die Intriguen zu sehr den Geist der
modernen Tragödie, jenen Geist äußeren Glanzes, äußerer Ef134. Vgl.
Grimm
Grimms
Kritik über die „Scythes"
132
S.
(s.
u.
133).
bespricht folgende Tragödien Voltaires:
Herode 63
S.
et
Mariamne
April 63
(1.
S.
Adelaide Duguesclin (1734) 367;
1.
November 65
Zulime (1740)
(15. Juli 61
L'Orphelin de
la S.
Socrate (1759)
Tancrede (1760)
1.
Saül
April 64 et
Juli
(15.
S.
S.
418).
13).
277).
S.
S. 435). (1.
September 55
S.
82; 15. Sep-
November
August 59
1.
S.
281;
1.
S.
128).
Oktober 60
S.
292;
61 S. 485;
Mai 63
1.
S.
279;
479).
Les Scythes (1766)
(1.
(1.
(15.
64
279).
S.
S. 32;
November 66
Februar 67
Les Pelopides (1772)
Mai 63
(15. Juli (1.
Les Guebres (1769)
Sophonisbe (1770)
120;
S.
300).
S.
(15. S.
59
September 60
Le Triumvirat (1764)
1.
Januar 62
15.
Sept. 65
15.
November 65
89). (1.
Davide (1763)
S. 207;
Juni 53 S. 256;
397; 15.
S. 3;
Chine (1755)
Oktober 60
Olympie (1761)
S.
September 56
(1.
Oreste (1750)
tember 55
256).
(15.
Januar 62
(1.
Semiramis (1748)
15.
397; 15. Sept.
S.
383).
Brutus (1730)
S.
August 54
(1724) (15.
S.
223;
1.
Mai 70
Les Lois de Minos (1772)
15.
S.
S. 210).
Januar 67
267).
S. 387),
S. 25).
Januar 72 (1.
Januar 67
163;
April 67
Dezember 69
(1.
15.
S.
S. 411).
Mfti 72 S. 492;
15.
Juni 72 S, 508).
—
—
138
fekthascherei, wie er seit Corneille
und Racine in dem franzöDrama herrsche. In allen Tragödien Voltaires verGrimm jene tragische Macht, jene furchtbaren und doch
sischen
mißt
natürlichen, durch innere Notwendigkeit entstandenen
Wir-
kungen, die das antike Theater hervorrufe.
Es fehle ce soufile de vie qui anime tont, la force vivifiante de r komme de genie. Er zweifelt nicht, daß Voltaire das Genie besitze, gleiche Wirkungen zu erzielen, bedauert aber, daß er nicht den Mut habe, es mit Energie zur Geltung zu bringen und die Fesseln der kon-
ventionellen Tragödie abzustreifen/''
Hätte Voltaire wenig-
dem Tancrede seine dramatische Karriere beendet, so wäre er stets über dem Durchschnittsniveau des zeitgenössischen Dramas gebheben/'' Die nachfolgenden Tragödien: stens mit
Olympie, Les Scythes, Les Guebres, Sophonisbe, Les Pelopides und Les Lois de Minos, seien seiner wenig würdig, sie zeig-
Wenn
ten die Erschöpfung des alternden Phil'osophen.
dem Publikum
Fürst der Dichter es wage, licher, natürlicher
statt
dieser
wahrschein-
Handlungen Albernheiten, Kindereien, Ta-
schenspielerkünste zu bieten, so erblickt
Grimm
darin'ein deut-
daß die dramatische Kunst in Frankreich noch der Wiege Hege und daß nur geringe Hoffnung bestehe, sie
liches Zeichen, in
männlichen Toga zu sehen/'"
einst in der
135.
Gr.
scheut sich auch
Voltaire gegenüber
zu Aenderungen im Bau der Handlung, Charaktere zu machen. (Vgl. la
Chine";
15.
Oktober 60
S.
1.
in der
Septemeber 55
301
zum
und
15.
nicht,
Vorschläge
Wahl der Personen und S.
86
„Tancrede";
zum
15.
„Orphelin de
Januar 62
S.
15
zu „Zulime",) 136. 15.
Mai 70
(S.
26)
72
(S.
510).
137. 15. Juni
Urteil über ihn
kurz zu resümieren
Eindrücke, die Gr. von
Juni 72
Grimms
(S.
ist
und
sein
Die
keine leichte Aufgabe.
dem größten Zeitgenossen
schieden und ändern oft sein Urteil.
509).
Stellung zu Voltaire
erhält, sind
Dazu kommt noch
zu ver-
die große
Mannigfaltigkeit der literarischen Tätigkeit und die Produktivität Voltaires.
Gr. nimmt w^eder für noch gegen ihn eine feste Stellung.
Er
Femey
fern
kannte ihn persönlich auch zu wenig, da der Philosoph von
von Paris und der enzyklopädischen Welt
lebte.
Die Kritik
ist
daher
—
139
-
Ein letztes sicheres Merkmal des Verfalls des französi-
schen Theaters
sei schließlich die
Mode,
die Stoffe der
Tragö-
dien ungeachtet der verschiedenen Bedingungen beider
dem
nen
übernommen,
Sujets informes et atroces
eines so genialen
Dichters wie
Büh-
So würden
englischen Theater zu entlehnen/'^
die unter der
Shakespeare
die
Feder
Meister-
werke geworden seien, aber mit dem Stoff übernehme man nicht das Genie des Autors. Abgesehen davon, daß man
nachahmen könne, würde
seine Stücke nicht ebenbürtig
es
auch nicht für den Charakter der französischen Tragödie pas-
Da diese nur der Unterhaltung diene ohne jeden morahschen Zweck, so wirkten die siijets atroces et horribles in den
sen.
geschmacklosen Kopien wie eine nutzlose Anhäufung von schrecklichen Ereignissen, die abstießen, aber nicht erbauten/^®
Die einzige nützliche Tragödie seiner
an seine Geschichte mahne, oft
dem AugenbHckseindruck
lobt unser
Autor Voltaire
Beifall spendet
er mit seiner
und
es aufzuklären i:rd vor künfti-
unterworfen.
Nach Scherers Ansicht
dem Maße, wie ihm
in
Man muß
huldigt.
Meinung
um
nie hinter
die Oeffentlichkeit
aber doch wohl anerkennen, daß
dem Berge
hält,
sondern
mitunter sogar recht strenge Kritik an Voltaire übt. 41, 61,
142,
83
143.)
Anm.
4,
Er konnte
ihm den Geschmack mißte,
und
dies
109,
99,
ist
115,
116,
119,
für ihn keine volle
am
125,
offene
(Vgl. S. 31, 33, 34,
Sympathie haben, da er an
Altertum und die klassische Vorbildung ver-
vornehmlich der Grund, weshalb er den Dichter
und hohe Anerkennung
zollt er
Voltaire, der der
Vernunft die
vernichten sucht.
Doch auch
S.
elfte
131, 132, 133, 137, 141,
und Tragiker Voltaire verhältnismäßig schroff ablehnt.
bleiben (vgl.
das Volk
Zeit, die
68).
So
Viel
Beifall
nur dem Philosophen und Aufklärer
Wege zu ebnen und
hier sieht er ihn auf
die Intoleranz zu
halbem Wege stehen
denn Grimms Urteil über Voltaire
ist
stets
schwankend zwischen Bewunderung, Tadel und Ablehnung.
August 72
138.
1.
139.
Eine
(S.
Betrachtung
25).
über
die
Aufführung von
„Romeo und
Julia", der Gr. im Londoner Covent-Garden-Theater beigewohnt hat,
Germane genug
ist,
um
gen und genießen zu können.
(1.
August 72
zeigt,
daß
er
Shakespeare im Original würdiS,
27.)
140 gern Unglück zu bewahren, die sich also
Grimm
antiken Theater nähere, sieht
Hennuyer (1772) von Mercier/*^ das nisse der
in
in
diesem Sinne dem dem Drama Jean
die furchtbaren Ereig-
Bartholomäusnacht ins Gedächtnis
der Verfasser an dichterischer
rufe.
Obgleich
Begabung mit einem Corneille
und Racine nicht zu vergleichen sei, sei ein derartiges Stück doch wertvoller als toutes les fanfaronnades espagnoles des
Romains de
und
Corneille
tont le
ramage harmonieux
et fran-
cais des Grecs Allein in
de Racine, dieser Richtung
liegt
nach Grimms Ansicht die
Möglichkeit der Gesundung des französischen Theaters. Erst
dann lasse
sich eine
Hebung des Schauspiels
erhoffen,
wenn
das Theater wieder werde une ecole publique de mceurs et une des plus importantes institutions du gouvernement wie in der
Wenn
Antike.
erst wieder große, erhabene
natürlicher Motivierung dargestellt,
wenn
Handlungen
sie nicht
in
mit kleinen
werden würden, die zu Unwahrscheinlichkeiten Anlaß gäben, dann könnte auch die Tragödie
Liebesintriguen vermengt
in
ihrem alten und wahrhaften Glänze wieder auferstehen. Eine solche echte Tragödie dürfe auch nicht
geengt
sein,
wenigstens nicht
in
in
das Versmaß des
Verse
ein-
Alexan-
driners, das abgesehen von einzelnen glücklichenVersen^ die Natürlichkeit und Macht der Rede oder des Dialogs und damit die Wirkungen unterbinde. Le vers francais sera toujours un langage trop apprete, trop arrondi pour convenir ä la Poesie dramatique,^"^
Der Gebrauch des Alexandriners habe
die
Dichter nur zu häufig zu ecarts epiques, propos allonges et symetrises, zu überflüssigen Tiraden verleitet und dadurch
dazu beigetragen, Einfachheit, Natürlichkeit und Energie
vom
französischen Theater zu verbannen.
Für
die
Tragödie
sei ein
Versmaß
erforderhch, welches
die Natürlichkeit, die Bündigkeit und Geschmeidigkeit der na-
140.
141.
1.
September 72
1.
April 64
(S.
(S.
477).
54).
— ttirlichen
rung
-
141
Rede so gut wie möglich bewahre/*'
erfülle
das
jambische Versmaß,
die antiken Dichter sehr
Verse sieht
Grimm
Diese Forde-
dessen Vorteile
Im jambischen Rede verLüge der Nachahmung,
wohl gekannt hätten.
alle Vorteile
der gebundenen
einigt, die Wahrheit der Natur und die ohne die verhängnisvollen Nachteile des Alexandriners. Dieser sei zu hochtrabend für die ruhigen Momente, zu schwerfällig für die erregten. Er führe zu einer Poesie der schmükkenden Beiwörter, zu einem gleichmäßigen rhythmischen Gange, der einem lebenswahren Dialog nicht aufkommen- lasse. Die
natürlichen Akzent-e fehlten selbst den Versen Racines, denen
an Schönheit und Harmonie bisher keine gleichgekommen
und wirkungsvoller Shakespeare bediene.'*^
en. Viel natürlicher
sen sich
Das Französische
besitze
leider
sei
sei-
das Versmaß, des-
keinen
dramatischen
Vers, weil es nur auf die Zahl der Silben achte, nicht auf Akzent
und Quantität, und deshalb
Mögliche, die französischen schreiben.'**
Grimm
hält es
Grimm
Tragödien
setzt daher große
für
in
das einzig
Prosa
zu
Hoffnungen auf die
Prosatragödie, die Sedaine angekündigt hat, und er rät, ihr ruhig und ohne Vorurteil entgegenzusehen, nicht aber von
vorne herein von
das Ende aller Kunst zu befürchten, wie schweren und ungerechten Anklagen gegen
ihr
es Voltaire in den
sein Jahrhundert getan habe.'*'
Bei
dieser
Grimm auch, nachdem Werke entstanden sind. Er daß La Harpe dem Alexandriner viel Kraft
Anschauung
bleibt
einige wertvollere dramatische
erkennt wohl an, und Einfachheit zu geben) verstanden habe, aber er beobachtet es auch hier, daß der Vers die große Wirkung töte, weil er den Autor zu unnötigen, abschwächenden. Zusätzen zwinge.'*^ Selbst die besten 142.
1.
Januar 65
143.
1.
Januar 65
französischen Stücke seien nur epische, (S.
172).
(S.
173).
144. 15.
September 67
(S.
145. 15.
November 70
(S.
146. 15.
Februar 70
415). 163).
(S. 460).
-
-
142
Grimm
aber keine dramatische Poesie.
widersteht
es,
eine
Truppe von Räubern oder barbarischen, von blindem Fanatismus beseelten Hirten eine Sprache voller Harmonie und Grazie sprechen zu hören, deren Gewähltheit, Reinheit und Vornehmheit ein
langem
seit
kultiviertes
Volk voraussetze.
Rauheit der Sitten verlange Rauheit der Sprache, also etwas Wildes,
Ungepflegtes.
natürhchen
Dieser
Forderung
sei
Mahomet ebensowenig nachgekommen wie
Voltaire in seinem
anderen Autoren, die ähnliche Stoffe behandelt hätten.
die
Blicken wir auf die wesentlichen Ideen zurück, die
Grimm
über die Künste und die schöne Literatur im Laufe seiner
zwanzigjährigen Tätigkeit
in
der
Correspondance
litteraire
niedergelegt hat, so sehen wir aus allem deutlich hervortre-
wie er die Kunst nicht
ten,
wie er
sie
eingestellt Mittell
zu
um
ihrer selbst willen betrachtet,
vielmehr in das Gesamtleben der Menschheit hin-
wissen
Ueberall
will.
dem großen Zweck,
ist
sie
ihm ein wertvolles
die Menschheit über sich selbst,
über ihr äußeres und inneres Schicksal, über ihre Macht und
Freuden und ihre Leiden aufzuklären und zu einer Vervollkommnung des Geistes zu führen, wie sie ihm ihre
in
Schwäche,
ihre
der Antike als nächstliegendes Ideal vorschwebt.
So erklären
sich die fortwährenden Hinweise auf
Altertum, speziell das griechische, mit Studienzeit vertraut
derne Geist, mit in
neuer
ist,
dem
Gestalt
dem
er
seit
mound sie
so erklärt sich aber auch der
er die Ideen der Antike belebt
die
in
Gegenwart
einzupassen
sucht.
Alle seine kritischen, reformatorischen Pläne für Kunst
wenn wir
Literatur,
harmonisch
in
ung zu entwerfen uns
Von 147.
ein,
das wir von seiner Weltanschau-
bemühten."^*^
seiner Zeit erwartet er eine
An
und
einmal so nennen wollen, fügen sich
sie
das Bild
das
seiner
Förderung der Mensch-
diesem Gesamtbilde können auch Widersprüche in einzel-
nen Fragen nichts ändern,
die
wir hier und da haben aufweisen
— wenn
143
—
Macht der Kirche zu beseitigen oder wenigstens zu beschränken, der es durch eine intolerante Ausnutzung der christlichen Lehre gelungen sei^ in den Menschen das Gefühl für geistige, soziale und politische Freiheit zu unterjochen, jede Regung dieser Freiheit im Keime zu ersticken und mit der ihr zu Gebote stehenden heit erst dann,
es ihr gelinge, die
Gewalt zu verfolgen. Einige Siege der Aufklärung über die religiöse und poli-
sche Intoleranz, die Auflösung der Jesuitengesellschaft, die
Sühne
für die
schaftliche
Justizmorde an
Kampf
Cahs und
Sirven, der leiden-
der Aufklärungsphilösophie gegen das Re-
giment des Vorurteils unter der starken Führung Voltaires,
den
er
den glorreichen Wohltäter der Menschheit nennt,
das läßt
Grimm
in
die eine glückhche
die
all
Hoffnung auf eine Zukunft erwachen,
Umwälzung
der Toleranz bringen werde.
aller
Dinge und eine Herrschaft
Daß
diese
Umwälzung
so wild
und blutig verlaufen würde, hat er allerdings nicht vorausgesehen, denn
ihm schwebte es
vor, auf friedlichem
We^e
durch
eine vernünftige Erziehung eine vorurteilslose, durch ein starkes,
natürliches Sittlichkeits-
und Gerechtigkeitsgefühl ge-
festigte Generation heranzubilden.
Die Mterarische Kritik Grimms, deren Richtlinien Vorurkünstlerischer Geschmack, Liebe zum Natürund Abneigung gegen alles Gekünstelte sind, hat sich zum größten Teil als von dauerndem Wert erwiesen und ist sehr häufig durch die Nachwelt bestätigt worden. Es darf aber auch nicht verschwiegen werden, daß Grimm auch recht arg daneben gegriffen hat/*^ Er hat Rousseaus Größe nicht erkannt,"' er überschätzt den Dramatiker Diderot,""^"" er geht mit Marivaux' Romanen und Komödien zu scharf und unge-
teilslosigkeit,
lichen
müssen und
die sich aus der journalistischen Arbeitsweise
aus seiner vielseitigen Beschäftigung 148. Vgl. S. 16.
149. Vgl. S. 114. 150. Vgl. S. 127
Anm. ff.
66.
leicht erklären.
Grimms und
(Vgl. S. 16.)
—
—
144
recht ins Gericht/^' er prophezeit endlich die dauernde dra-
matische Unfähigkeit Beaumarchais'/"'
Ohne Grimm überschätzen zu
wolteni, aller seiner
Schwä-
chen und Fehler bewußt, glauben wir sagen zu können, daß wir es mit einem ganzen Manne, einer sympathischem Persönlichkeit zu tun haben, die es verdient, den führenden
Au-
toren seiner Zeit an die Seite gesteht zu werden, wie ihn diese selbst auch bleibt,
als
gleichwertig anerkannten.
Zu bedauern
daß der talentvolle Kritiker nicht den inneren Beruf zu
einer größeren, abgeschlossenen Arbeit in sich fühlte, daß er
vielmehr seine gehaltvoUen Gedanken über die umfangreiche
Korrespondenz hin zerstreute.
Der hohe Wert
dieser geistreichen
Gedanken
liegt
weni-
ger in der Originalität, obgleich eine solche nicht geleugnet
werden kanni '^' sches,
als
vielmehr darin, daß
abgerundetes
Bild
des
sie ein charakteristi-
Aufklärertums
der
zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts geben, das in Fragen der Welt-
anschauung, des sozialen und literarischen Lebens
in
vielen
Punkten Aehnlichkeiten mit dem voraufgegangenen himdert und auch mit der Gegenwart aufweis*.
16.
Jahr-
151. Vgl. S.
112
ff.
152. Vgl. S. 17. 153.
Wir haben schon
originellen Gedanken, die
des öfteren darauf hingewiesen, daß manche
Grimm von
und Gegnern scheiden, ihren Grund in seiner
deutschen Bildung haben.
in
seinen französischen Freunden seiner deutschen Geburt
und
VI
Die „Correspondance litteraire" unter Meister
Wie
Grimm im Anfang
schon eingangs erwähnt, war
des
Jahres 1773 auf längere Zeit von Paris abwesend, und deshalb übertrug er für diese Zeit die Leitung seiner Blätter einer Per-
son seiner Bekanntschaft, die bis zu seiner Rückkehr die Korrespondenz redigieren sollte. Grimm kehrte jedoch zu seinem
Unternehmen nicht mehr zurück, und so ging es ganz in die Hände des Zürichers Jakob Heinrich Meister über/ Noch nicht 29jährig, also fast im selben- Alter wie einst Grimm, übernimmt Meister mit dem März 1773 die Redaktion der Correspondance
litteraire,
die
er
bis
die
in
Tage der Revolution hinein, bis zum Mai 1793, leitete. Dann wurde er wegen' seiner Beziehungen zu dem ausländischen Höfeni
dem
Pariser Nationalkonvente verdächtig
und mußte fliehen. 1794 nahm er von Zürich aus die Korrespondenz wieder auf, indem er Pariser Zeitschriften benutzte und sich von S u a r d Berichte aus Paris schicken 1.
Am
6.
August 1744
in
Bückeburg geboren,
trat
Meister schon
früh durch aufklärerische Schriften hervor, die den Geist der Enzy-
klopädisten
atmeten.
Wegen wurde
principes religieux"
einer
freien
drohung schv^erer Gefängnisstrafe am bannt.
Er begab
sich nach Paris,
bekannt gemacht wurde. Kopist angenommen. 1773, aufgehoben. Stael ä
—
Schrift
„De Torigine des
er als Atheist verschrieen 21.
v^^o
er durch Diderot mit
Von diesem wurde Das Züricher
und unter An-
Juni 1769 aus Zürich ver-
Urteil
wurde
später,
am
Vgl. Usteri u. Ritter „Lettres inedites de
Henri Meister", Paris 1903
S.
2
ff.
Grimm
er bald als Sekretär 3.
und Okt.
Mme
de
— Daß man
ließ.
unter
sich
kaum
nicht
viel
versprechen kann,
und der bei Tourneux abdritten Epoche^ der Korrespon-
Beweises,
eines
Beginn
gedruckte
von einer Pariser Chronik aus Zürich
Umständen
derartigen
bedarf
—
146
dieser
denz zeigt ihre Bedeutungslosigkeit und den Verfall des Unternehmens.^
Wir vermisist keineswegs vollständig. Nummern vom April 1777, vom ganzen Jahre 1791, vom Januar bis Mai, vom August, September und Dezember 1792 und vom April 1793. Die letzten großen Lücken erklären Meisters Arbeit
sen die
durch Meisters Reise nach London.
sich
Nummern nicht
des Jahres 1792 und 93 sind
von seiner Hand.
November
Die meisten
zum
Die vorhandenen größten Teile auch
Artikel' der
Monate Ok-
und November 92 sind mit einem Sternchen versehen, weisen also wohl auf fremde Redaktoren. tober und
Und
83, Juli
schließlich scheinen die letzten
Nummern vom
Januar,
Februar, März und Mai 1793 ebenfalls nicht von ihm redigiert
zu sein, da
sie
nur trockene Inhaltsangaben revolutionärer
Stücke enthalten.
Von den Mitarbeitern Meisters wieder
Diderot
ist
vor allem
zu nennen, der noch einige Artikel für die
Correspondance schreibt und auch einige Manuskripte dem um sie bei Gelegenheit zur Unterhaltung
Redaktor überläßt,
der Abonnenten beizulegen.
Jedoch
die Zahl der Beiträge
ist
Es fehlen zum Beispiel die vielen und regelmäßigen Besprechungen der Pariser Kunstausstellungen, die er für Grimm geliefert hatte. Auch Diderots ganz erheblich vermindert.
die Mitarbeiterschaft der seit
Mme
1773 auf wenige Artikel.
gemachten Franklin,
Mitarbeitern
Mme Dumoley
E p n a y beschränkt sich Dafür treten unter den namhaft
jetzt
d
'
Pitra,
i
Girbal,
Carmontelle,
hervor, derem Beiträge eine längere
Besprechung nicht verlohnen.
Am
26. Juli
1773 schreibt Meister einen Brief an Gess-
2.
Tourneux, Bd. XVI
3.
In der Folge
behandelt.
S.
209-46.
wird hier nur der zweite Abschnitt von 1773-93
147
ner,*
dem
in
er
ihm
daß
mitteilt,
der Führung der
er mit
Correspondance beauftragt sei und gern neue Abonnenten werben möchte. Er verlange von ihnen strengste Diskretion und als Entgelt mindestens 25 louis jährlich. Er wolle in seinen Berichten alles besprechen, was zu allgemeinen Ueberblicken über die Fortschritte der Sitten und der Bildung führen könne. Man solle nicht auf die gefährlichen politischen Nachrichten rechnen. Politisches werde er nur sparsam bringen und nur soweit es mit der Aufklärung zusammenhänge. Er wolle sich nicht mit der Regierung schlecht stellen, die ihm Schutz gewährt habe. Meister beschränkt sich im allgemeinen darauf, den Inhalt eines Werkes wiederzugeben, über seinen Erfolg und seine Aufnahme im Publikum zu referieren und die verschiedenen
Um
Ansichten darüber darzulegen.
ein recht
genaues Bild
der Neuerscheinungen zu geben und ihren Charakter seinen
Lesern vorzuführen,
großen
Teil,
um
zitiert er
nicht zu
wörtlich lange Stellen, die einen
sagen den größten, einnehmen. Nur
selten äußert er sein eigenes Urteil,
dem
Schärfe der Grimmschen Kritik fehlt beteiligt,
nimmt nur
Berichterstatter
selten
auf jeden Fall die
Er
ist
nie persönlich
Partei, ist ein völlig objektiver
und darum
vielleicht
besser
geeignet,
ein
von seiner Zeit zu geben, aber dafür auch weniger
Bild
interessant und reizvoll.
In
diesem Sinne sind wohl auch die
II. in einem Briefe an Grimm vom 20. September 1775 zu verstehend M, Meister n'est pas M. Grimm; il est plus serieux et le talent du developpement est plus faible en lui, und noch deutlicher in dem Briefe vom
Worte der Kaiserin Katharina
16. Mai 1778: Je vous ai dit mille fois et je vous repete encore que votre successeur litteraire n'est pas vous; je n'apprends
rien lä,
il
n'y a point lä de
morgue
qui dresse
le
goüt
et
Vesprit, cette evidence sans preuves qui fait taire la contra-
diction
meme.
Meister
ist
mehr belehrend
„Revue
d'histoire litteraire*'
4.
S.
5.
Toumeux, Bd. XVI
S. 211,
Er gibt klar und Themas, aber man ver-
als anregend».
deutlich ein Bild des angeschlagenen
XIV 1\%
—
148
—
mißt jene eigenen Gedanken, die den Stoff weiter ausspinnen und zu weiteren Ueberlegungen anregen.' Mitunter gesteht er
sogar selbst
um
daß ihm die nötigen Kenntnisse
ein,
Werk
dieses oder jenes
fehlen,
Nachprüfung zu unterziehen/ Ganz an Bedeutung verlieren aus diesem Grunde seine einer
Berichte über die Gemäldeausstellungen,^ die er gern einer geübteren Hand, wahrscheinlich Diderot, überlassen hätte/ Seine centons, wie er sie selbst nennt, sind nur Referate über die
verschiedenen Schriften, die über die Ausstellungen erschienen
Er verzichtet ausdrücklich auf eine selbstständige Kriund will vielmehr einen treuen Bericht des allgemeinen Ur-
sind. tik
teils
geben.
Nur
selten
nimmt
Meister persönlich Stellung zu dem zu
besprechenden Werken; seine Kritik
jedoch stets von groEr läßt sich von dem Grundsatze Diderots leiten, daß man auch bei Minderwertigem nach dem Guten und Kostbaren suchen und nicht auf die Jagd nach Fehlern gehen solle. In diesem Sinne gibt er am ßer,
manchmal
ist
allzu großer Höflichkeit.
Schlüsse des Jahres 1775 eine Uebersicht® über die
literari-
Er kommt zu dem Schlüsse, daß von einem Verfall des Geschmacks und der Sitten nicht die Rede sein könne, solange sich nach Ablauf eines Jahres eine so statthche Anzahl guter Neuerscheinungen schen und künstlerischen Schöpfungen des Jahres.
konstatieren lasse.
Meisters Absicht
und Nörglern 6.
unverkennbar
ist
wirksam
Meister versteht es
die,
entgegenzutreten.""^
z.
den Pessimisten
Ihm sind
jene
B. vortrefflich, die Arbeit Montaignes,
den Inhalt und die Ideen seiner „Essais" zu charakterisieren und ihn in seine Zeit einzureihen, jedoch er
begnügt sich mit dieser Schilde-
rung. (April 74 S. 419.) 7.
So entschuldigt
er
sich,
die
astronomischen Studien Baillys
aus Mangel an Verständnis nicht bewerten zu können. (Nov. 75
Er
gibt eine Schilderung der in 8.
Februar 74
9.
Dezember 75
10.
(S.
September 80
349).
(S. (S.
165).
437).
dem Buche
S. 153.)
entwickelten Gedanken.
-^
'
^
'
'
149
--
,
i
frondeurs eternels du mauvais goüt du siede verhaßt, die beständig über den Verfall des Volkes und der Menschheit jam-
mern/^ Die Artikel,
in
demgemäß
recht
wunderung
für die
denen er sein voltes Lob ausspricht, sind
Bemerkenswert ist seine BePläne, Reden und Schriften des Finanz-
zahlreich.
ministers Necker, dessen Schicksal er mit lebhafter Anteil-
nahme
verfolgt
und dessen Gegnern
er mit aller Schärfe seine
Mißbilligung ausspricht. Heftige, tadelnde Urteile
von Meister sind sehr
dem
Eine scharfe Kritik übt er beispielsweise an
selten.
Portrait de
Mme de Geoffrin von Morellet,'" die Jedoch nach der Anmerkung des Herausgebers der Correspondance auf persönlichen Gründen beruht und ungerecht zu sein scheint. Meisters Stärke liegt sicher darin, die Persönlichkeiten
großer Männer zu charakterisieren,
sie mit ihren Fehlern und Vorzügen zu schildern, ihren Werdegang zu beschreiben, die Entwicklung ihrer Ideen zu verfolgen und zu begründen und
ihr
Verdienst für die Mit- und Nachwelt darzulegen.
Es
sei
uns hier gestattet, auf einige interessante Nekrologe hinzuweisen.
Sympathisch wirkt der warme, herzliche Ton, der durch den Nekrolog für den Schauspieler L e K a n geht,'" in dem Meister den letzten großen Künstler der Comedie-Francaise scheiden sieht. Er führt die Persönlichkeit des Schauspielers mit ihren inneren Vorzügen und ihrer äußeren Mißgestalt treffend vor Augen und schildert sein hervorragendes Talent, i
durch das er die körperlichen Fehler besiegte.
Von 11.
prächtiger Rhetorik
Artikel Klagen über den
Geschmacks, über die Urteilsunfähigkeit des Publikums
und über das S.
der Nachruf, den Meister
Dennoch klingen auch durch Meisters
VerfaU des
82
ist
Niveau der Pariser Gesellschaft. (Oktober
tiefe geistige
200 und Januar 74
12.
Oktober 77
(S. 9).
13.
Februar 78
(S.
S.
49).
340.)
—
—
150
Mai 1778 verstorbenen Voltaire widmet/* Er trauert tief und aufrichtig um den Tod dieses Großen, mit dem ihm der Ruhm des Jahrhunderts dahinzugehen scheint. Er gibt ein würdiges, klares Bild von dem Leben und Wirken Voltaires, von seinen großen Verdiensten um diie Menschheit und den Menschengeist. Er hält den Gegnern Voltaires das Unnütze des Verbotes der kirchlichen Bestattung vor, welches gerade das Gegenteil von dem bewirken werde, was es beabsichtige, und die Verehrung für diesen Wohltäter der Menschheit, den Märtyrer seiner Ueberzeugung ins Unge-
dem am
30.
messene steigern werde. Ihm bleibt der Trost, daß die unvergänglichen Schöpfungen Voltaires, die Umwälzung der Sitten und der Denkweise, die Aufklärung der Menschen und die Vernichtung der kirchlichen und politischen Vorurteile, weder durch Schikanen zu zerstören noch zu leugnen seien. Angesichts der Tatsache, daß es den Journalisten ausdrücklich verboten war, über Voltaires Tod zu sprechen,'^ wird
man
Meisters
Dem am
Wagemut 3. Juli
in
diesem Artikel anerkennen müssen.
Rousseau
1778 verstorbenen
er eigenthch keinen Nekrolog.
In
einem Artikel,
in
widmet
dem
er
den
Tod anzeigt,"" bespricht er nur die verschiedenen Ansichten zu der Frage, ob der Genfer Philosoph eines natürhchen oder freiwilligen Todes gestorben
sei.
Die Psyche dieses
Sonderlings, seine unglückliche Melancholie in den letzten Jah-
Wahnvorstellung der Verfolgung durch eine mächtige Liga, zu der auch Grimm und Diderot gehören sollten, und die krankhafte Empfindsamkeit, in allen Taten seiner
ren, seine stete
Mitmenschen Intriguen gegen seine Person und seine Werke zu wittern, rechtfertigen für Meister die
Annahme
eines Selbst-
mordes.
einem Brief über Rousseau an einen deutschen Für-
In sten,
den er der Korrespondenz
14.
Juni 78
15.
Tourneux, Bd. XII
16. Juli 17.
78
(S.
(S.
beilegt,'' verfolgt
108).
130).
Juni 76 (S. 283).
S.
112
Anm.
1.
Meister ein-
—
—
151
gehend die Entwicklung der Ideen des Philosophen, das Wachsen seines Ruhmes. Er sucht die isolierte Stellung und die Verdienste des Genfers zu begründen.
Er stößt sich wie
Grimm
an den falschen Prinzipien und Systemen Rousseaus, aber er verzeiht sie
ihm wegen der
vielen Wahrheiten.
Er anerkennt
und seine edle Moral. Die Theorie des ersten Discours, daß Wissenschaft und Literatur den Menschen nur schädlich seien, erachtet Meister für widerseine hinreißende Beredsamkeit
sinnig.
In der
Behandlung dieses Themas
ist
Rousseau seiner
Ansicht nach nicht philosophisch, sondern nur als ein Sonder-
vorgegangen und hat damit sein Ziel erreicht, aufzufallen und berühmt zu werden. Der Discours sur tinegalite sei eine conversation d'un sauvage qui amuse les hommes Polices en ling
leur disant des injures bizarres,
—
La Nouvelle Heloise
er-
ihm wegen der zahlreichen Schwächen und Unwahrscheinlichkeiten als un mmvais roman et un livre mediocre, oü il y a de beaux traits, Wahre Beredsamkeit und Philosophie findet Meister in dem Erziehungsroman Emile, der, scheint
—
wenngleich der Erziehungsplan nur eine grobe Uebertreibung sei,
ne.
doch zum Vorteil der Menschheit ausgenutzt werden kön-
—
Rousseau
d'etre regarde
ist
für ihn
comme
un
komme de
genie qui merite
plus ingenieux des sopUstes et
le
le
plus eloquent des rheteurs.
Die posthum erschienenen Confessions,^^ deren hervorragende Bilder und Schilderungen Meister bewundert, betrachtet er als eine nützliche
Unterweisung
in
der Kunst, sich selbst
zu betrachten und bis zu den verborgensten Triebfedern des eignen Betragens und der eignen Taten vorzudringen. sucht aus Rousseaus eigner Schilderung seinen
zu verstehen und vor allem seine Schwächen Seiner Ansicht nach schrieb Rousseau dieses sönlichen Anklage faire croire le
Er
Charakter
zu begreifen.
Buch
der per-
und Rechtfertigung in der Hoffnung de
mal quil
dirait
des autres
jugerait ä propos de dire de lui-meme.
comme
celui qu'il
Empörend
findet
Meister die Verleumdungen und ungerechten Anschuldigun-
la
Juli 82 (S.
160)
und November 89
(S. 542).
—
152
—
gen, die Rousseau gegen seine früheren Freunde und; gerichtet hat.
wähnt, sucht
d'Epinay zu erklären/^
D kurz
i
d
e r
Gönner
Den Bruch mit Grimm, den er nur kurz erer aus dem Verhältnis beider Männer zu Mme 1
Tod
s
—
ohne
mitgeteilt
30. Juli
1784
— wird
Würdigung
eine
seiner
zunächst nur Verdieriste.^^
Meister gedenkt nur des großen Interesses Diderots für die
Correspondance
und seiner Mitarbeiterschaft. Erst widmet er dem Verstorbenen einen geistvollen und formvollendeten Nachruf A la memoire de Diderot^^ litteraire
ein paar Jahre später
in
dem
er
die Vielseitigkeit dieses Philosophen hervorhebt,
dessen Arbeit mehr
Ausdruck
komme
Nekrolog, der
in
als in
den Werken anderer versteckt zum eigenen umfassenden Werken. Der
der Illustrierung der enzyklopädischen Bil-
in
dung und des Gedankenreichtums Diderots in nicht reduzierbarer Kürze gehalten ist, atmet eine große Bewunderung des
umfassenden,
altes
erfassenden
Geistes,
nur eins vorzuwerfen hat, seinen Atheismus.
bekümmert Meister der Unglaube
dem
Meister
Im allgemeinen
seiner Zeit nicht,
den er
vielmehr als gesunde Reaktion gegen das Joch des Aber-
glaubens betrachtet.
Diderot habe aber im Kampfe gegen den
Gottesglauben eine kostbare Zeit verschwendet, die er besser hätte
verwenden können zum Vorteil der Kunst und der
Wissenschaft.
Zudem habe
dieser
WidiernatürUches, seinem innersten gehabt, da ihn die Natur
Im folgenden ste sich die
soll
zum
Kampf für Diderot etwas Wesen Entgegengesetztes
Dichter bestimmt habe.
welchem Geiunter Meisters Redak-
kurz dargetan werden,
Correspondance
litteraire
in
tion bewegt.
Es berührt sympathisch, daß Meister keine Verteidigung
seines
ihm befreundeten Vorgängers unternimmt und daß auch Grimm
selbst
19.
diese Gelegenheit nicht benutzt,
um
sich ins rechte Licht zu stellen
den Verleumdungen entgegenzutreten. 20.
August 84
21.
November 86
(S.
18). (S.
460).
(Vgl. S. 114 u. 115.)
und
—
153
—
Meisters Ideen zu den Fragen der
Weltanschauung Meister gehört weniger zur Partei der Philosophen als
Er ist weniger Parteimann. Wohl verteidigt er die Aufklärung gegen die Angriffe der kirchlichen Gegner, aber
Grimm.
er erkennt
an
auch Schattenseiten.
ihr
rend plus eclaires
moins
et
La
heiireux, plus
Philosophie noiis
humains
et
moins
Sie zerstöre neben schädlichen Vorurteilen auch
sensibles^'
mache nüchtern. Sie sei der unbedingt förderlich und schade den schönen Kün-
nützliche Illusionen, kühle ab,
Moral nicht sten
und der
Literatur.^^
Die Intoleranz, die Meister bekämpft, sieht er nicht nur bei
den kirchlichen Parteien, sondern auch in der eglise philo-
sophique^''
Verhaßt
ist
Meister vor allem die nüchterne Verstandes-
zum
philosophie mit ihren Zweifeln und ihrer Neigung
mismus,
die das erste Glücksgefühl des
sance de notre
anerkennt den großen
er
Pessi-
la jouis-
unterdrücke und das Leben verachten
etre,
Jedoch
lehre/"'
Menschen, Anteil^
der Philoso-
Erhöhung der Menschenwürde und an dem Ausder ständischen Unterschiede. Ate Vorkämpfer dieser
phie an der gleich
22.
August 74
23.
Grimm würde
(S.
465).
einen solchen ungünstigen Einfluß der Philo-
sophie auf Kunst und Literatur nicht zugegeben haben. 24. Juni
25.
84
Ausdruck der tion sagt:
sa
(S.
Mme
„Que
frivolite
541).
(S.
Januar 74
Vgl. S. 118.
345)
—
Meister stimmt in diesem Sinne
je regrette sa franchise, sa loyaute, sa gaiete et
qu^elle
dem
de Gonzague zu, die von der französischen Na-
a
abandonnee pour
meme
une philosophie adolescente
qui ne va point au bonheur et qui les empeche de rire!" (April 90 S.
Meister bemerkt hierzu in einer Anmerkung: heureuse!"
6.)
„Expression vraiment
—
154
Umwälzung
glücklichen sozialen
^ verehrt er
Voltaire,
der
bekämpft und der öffentlichen Meinung eine
alle Vorurteile
unabhängige Herrschaft verschafft habe.^®
freie,
Die Erfolge der Aufklärung lassen ihn mit Zuversicht an Großes Zutrauen
einen Fortschritt der Menschheit glauben.""
hat er zu seinem Jahrhundert, das in vielem, besonders in der
Wahrung und Förderung
der Menschheitsrechte die vergan-
gene Zeit übertroffen habe."® Meister kann deshalb die Ansicht Rousseaus, daß mit der
Einführung staatlicher Einrichtungen die Menschen in Ver-
Gerade die GesellMenschen und vermehre seine Kräfte. Für seine Zeit erscheint es ihm klar Que c'est ä perfectionner par tous les moyens possibles la societe oii
derbtheit geraten seien, nicht billigen.""
schaft entwickle die Fähigkeiten des
le sort
nous a
fait
naitre que doivent tendre nos vceux et nos
travaux. In eine
Reihe mit den Aufklärern
daß der Mensch la
ihn seine Ansicht,
de se perfectionner, la perfectibilite Der Mensch erscheint ihm von allen Organismen als
besitze.''
la faculte
la plus ingenieuse, la plus compliquee, la plus
combinaison
parfaite,
stellt
mais par lä
meme
aussi la plus lente ä se former, la
Die ideale Vollkommenheit sieht er in einer allgemeinen, gleichmäßigen Entfaltung aller Kräfte und Fähigkeiten, zu der es allerdings gewöhnlich nicht komme.
plus subtile et la plus freie.
Die Vollkommenheit müsse deshalb unerreichbar bleiben, weil sie das Ende aller Aufwärtsentwickelung sei und einen Verfall
im Gefolge haben würde."' 26.
März 78
27.
November 87
darin,
daß es
auf der
— Einen unbedingten Fortschritt sieht M. die Affaire des Chevalier de
La Barre
öffentlich da;rzustellen.
28.
Januar 87
29.
Oktober 85
(S.
30. Juni
76
(S.
31. Juni
74
(S.
parvenu,
(S. 155).
jetzt erlaubt sei,
Bühne
il
68).
(S.
525).
(S. 237).
279).
447)
;— „Aussitot
qu'il (l'esprit
parait dans la necessit^ de dechoir."
de rhomme) y
est
—
—
155
Meister warnt daher vor einer törichten Uebertreibung des Fortschritts, den die Menschheit bisher gemacht habe und
den
überhaupt machen könne, und
sie
tritt
Vervohkomm-
der
Condorcet in der Academie francaise vorgetragen hat, scharf engegen.^' Nach seiner Meinung ist der Kreis menschlicher Kenntnis durch unverrückbare Grenzen von jeder Ausdehnung abgeschlossen. Montaignes Philosophie erscheint ihm als die Summe alles menschlichen Wissens und aller Wissensmöglichkeiten, als der Keim zu allen folgenden philosophischen Systemen, zu Descartes sowohl wie zu Gassendi, Rousseau, Hume, Shaftesnungstheorie, die der Marquis de
bury, Helvetius, Diderot.""
Bei allen fänden sich dieselben be-
kannten Tatsachen, nur seien sie stets persönlich aufgefaßt und schüfen so neue Gesichtspunkte. Eine Entwicklung aber
ist
für
ansJ"" ist,
Und wenn
Le
Meister vorhanden.
genre humain est moins enfant quil ne
l'etait
ü y a deux
rrülle
Meister auch kein entschiedener Optimist
so steht er doch keineswegs der Entwicklung der Mensch-
heit pessimistisch gegenüber.
Besonders wichtig
für eine günstige
Fortentwicklung der
Menschheit
ist seiner Meinung nach eine verständige, die menschHchen Fähigkeiten in natürlicher Weise fördernde Erziehung. Wie Grimm ist ihm jene weitabgewandte Erziehung durch Priester und Mönche verhaßt, die mit ihrer transzendentalem Welt- und Lebensanschauung die Freude am Leben und an der Welt nicht aufkommen ließen und jeder wissenschaftlichen Forschung feindlich gegenüberständiea^' Die moderne weltliche Erziehung müsse danach streben de
32.
Februar 82
tracht ziehen,
genommen war, würdigen
(S. 85).
—
Bei seiner Entgegnung
muß man
in Be-
daß Meister schon im voraus gegen den Akademiker
Wahlmanöver
der
philosophischen
habe. 33.
Mai 74
34.
April 73
(S. 436).
(S.
35. Juli 75 (S.
226).
100);
ein-
Feind Neckers, seine Wahl einem höchst un-
der, ein
November 73
(S. 316).
Partei
zu
verdanken
— former des corps sains l'esprit et la
—
156
et
avant de surcharger
robustes,
memoire d'etudes
Rousseaus größtes Menschheit sieht er wie
arides.^^
und dauerndes Verdienst um die Grimm darin, daß sein Emile die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Erziehung gelenkt und einen allgemeinen, günstigen Einfluß auf seine Zeit gehabt habe."' Meister ist davon überEpoche
zeugt, daß dieser
viele nützliche Erziehungsinstitute
und interessante pädagogische Werke ihre Entstehung verdanken werden ein Glaube, den die moderne Erziehungs-
—
methode
in
Wie
vollem Umfange bestätigt hat. Aufklärer seiner Zeit
alle
und Freiheit des Gewissens gegen
tritt
die
er ein für
Humanität
übermütige Gewalt der
Kirche und die intolerante Priesterschaft.'' Viel wichtiger erscheint ihm die völhge Vernichtung der verhängnisvollen und barbarischen Macht der Kirche, die sich über die gesetzliche
und der Schrecken der Menschheit
Autorität erhebe
sei,
als
Aufhebung des Jesuitenordens, der unleugbar viel zum Wissens beigetragen und sich durch nützliche Unternehmungen um die Zivilisation verdient gemacht habe.
die
Fortschritt des
Meister
ist ein
Gegner des
Zölibats.''
Que de crimes
crets pourrait empecher, quel bienfait ä Vespece
se-
hwnaine pour-
ordonnerdt ä tant d'hommes de jouir et pour eux et pour leur patrie d'un droit que la nature et le bien public ne cesseront de reclamer en leur faveur! Die Reformation erscheint Meister durchaus nicht rait faire le prince qui
als ein Fortschritt zur Besserung, zur Toleranz, zur Vervoll-
kommnung 36.
dernen,
der Menschheit.
Sie
habe
mit
ihrem
harten
Ein nachahmenwertes Vorbild für die Ausführung dieser mo-
gesunden
Ideen
erbUckt
Meister in
der
Gründung
einiger
russischer Lehrinstitute durch Katharina IL, die mit ihrer Einrich-
tung körperlicher Uebungen und Spiele an die besten heroischen Zeiten
Roms
Griechenlands und 37. Juli
79
erinnerten. (Juli 75 S. 98
273).
(S.
38.
Januar 78
39.
Oktober 83
(S.
44).
(S. 389).
ff.)
— Kampfe eher siert
157
--
Er sympathi-
Nachteile als Nutzen gebracht/"
mit Voltaire und den Humanisten, die den religiösen Des-
potismus dadurch untergraben hätten, daß
sie die
der kirchlichen Tyrannei aufgedeckt
keiten
Lächerlich-
und so mehr
und Irrtümer zerstört hätten als die Reformatoren. Ihm erscheint die Reformation voller Inkonsequenzen. Seiner Meinung nach hat Luther die alten Vorurteile nur durch neue ersetzt und, indem er die Intoleranz der Kirche bekämpfte, selbst intolerant die Anerkennung seiner Ansichten und Leh-
Vorurteile
ren gefordert.*^
den Fragen der
In
Po
1
i
t i
k,
ausgenommen
die
Handels-
und Finanzpolitik, hat seiner Ansicht nach die Neuzeit der Antike gegenüber so gut wie gar keine Fortschritte gemacht.*' Dies rühre daher, daß sich die Politik nach deo Sitten und Bedürfnissen einer Nation richten müsse, und daß sich deshalb von einer allgemeinen Wissenschaft der Politik nicht
sprechen
lasse.
Die Wünsche und Bedürfnisse des Volkes
verlangten stets neue Quellen zur Vermehrung des Reichtums.
Die Hauptquelle des Reichtums
ist für
Meister der Acker-
durch eine gesunde Entwicklung des Handels und der Industrie fruchtbar gemacht werden könne.
bau, der jedoch
erst
Deshalb verlangt er im Gegensatz zu
und
Unterstützung
Begünstigung
Grimm
des
eine staatliche
Handels und der
Industrie.*'
Geradezu begeistert stem,
dem
schreiben 40. Juli 41. ein,
der
ist
Meister von Neckers Finanzsy-
der Fortschritt in der
sei.
76
Er
Finanzpolitik
lobt die Einrichtung der lokalen
(S. 290).
Meisters Urteil stimmt im allgemeinen mit
dem
zuzu-
Verwaltung,"
dem Grimms
über-
Protestantismus und der Reformation auch den Vorwurf
der Inkonsequenz nicht ersparen kann, die erst gegen
Dogma,
Intole-
ranz und kirchliche Macht kämpfte und schließlich in dieselben Fehler verfiel.
42.
(Vgl. S. 49 u. 50.)
September 73
43. Vgl. S. 44.
72
(S. 290).
ff.
September 77
(S.
530).
-^
158
-
i !
die eine gerechtere Steuerverwaltung garantiere als die zentrale
Verwaltung.
Große Sympathie
zeigt Meister für die
Regierungsform
der Monarchie, der der einzelne Untertan einen Teil seiner
Macht und
Freiheit opfern müsse,
seine Person,
sein
um
von der Gesamtheit
Hab und Gut Schutz
für
Ce
zu erhalten.
qiion a du se proposer d'äbord en se reunissant avec ses sembläbles, c'est d'assurer son repos et sa propriete, en sacrifiant
au besoin de
la
pour garantir ce repos
reunion de toutes les forces en et cette propriete le
sa liberte personnelle'"
Im
Interesse
commun
moins possible de Ge-
der staathchen
meinschaft hält er die Beschränkung der persönlichen Freiheit und vor allem der Preßfreiheit für unbedingt notwendig.*^ Alle Schriften
und Werke müßten deshalb der Zensur
klugen und aufgeklärten Gerichtshofes unterworfen
eines
sein.
Demokratie hat Meister recht wenig übrig. Durch die geistige Anarchie seiner Zeit ängstlich geworden, verspotunerzogenen Masse. tet er die Herrschaft der ungebildeten, Er verhöhnt die „glückverheißenden" demokratischen Zustände, wie sie sich im club des francs amis de la Constitution fänden, wo der Prinz von Hessen zwischen seinem Schneider und seinem Schuhmacher sitze.'' Apres ce rare bonheur, que Für
die
desirer encore?
Mit Bedauern verfolgt Meister die
Umwälzung
der Sit-
Am
verderb-
ten und des Geistes der französischen Nation.
ihm der Einfluß Englands. Langlomanie menacent egalement la galanterie effrayants progres et ses des Francais, leur esprit de societe, lern goüt pour la toilette'^ Durch die weitere Nachahmung der englischen Sitten werde lichsten erscheint
schheßlich der für den französischen Nationalgeist charakteristische esprit
45. Juni
89
de societe vernichtet. (S.
46.
Januax 75
47.
Oktober 90
48.
Mai 86
475).
(S. 4);
(S.
(S. 359).
Dezember 73
103).
(S. 330).
—
159
—
b
Meisters Ideen zur Kunst und Literatur seinen künstlerischen und literarischen
Meister hat in Ideen)
me
cite
nous!"^ ist
wie
Grimm
eine große Vorliebe für die Antike.
Qu-on
une idee, une vue que les anciens riaient pas eue avant Die griechische Antike, von deren Geist er beseelt ist,
ihm in bezug auf ihren Geschmack ein unerreichbares VorEr sieht in Griechenland die Heimat des Genies und der
bild.^^
Schönheit.
Seine Meisterwerke seien für
alle
Nationen leuch-
tende und unvergängHche Vorbilder.
lern
Er empfiehlt den großen tragischen* Dichtern, den Maund Bildhauern, den Stoff ihrer Werke und das Kostüm
der Antike zu entnehmen."' In der
Geschichtsschreibung
sind ihm die an-
tiken Historiker, Thukydides, Livius, Tacitus unerreichbare
Vorbilder.
Gegenüber dem Abbe de Mably hebt
auch Voltaires Verdienste
um
die
er jedoch
Geschichtswissenschaft
hervor, der, obgleich er kein vollkommener Historiker
sei,
doch Geschichtswerke geschrieben habe, die sich durch gute Kenntnisse, eine gesunde Philosophie und würdige Menschlichkeit auszeichneten.
M u s i k in den gemacht habe, seitdem ihre Prinzipien durch hervorragende theoretische Werke, namentlich durch den Traite de musique von Bemetzrieder vertieft worden seien."' Er anerkennt den Einfluß der italienischen' Schauspieter und Komponisten, die die Umwälzung in der Musik veranlaßt hätten.'' Diese Bewegung, die schließlich alle naMeister bewundert die Fortschritte, die die
letzten Jahrzehnten
49. Juli 73 (S. 263). 50.
Mai 75
(S. 68).
51. Juni 75 (S. 87). 52.
November 76
53.
Februar 89
(S.
367).
(S. 387).
—
—
160
tionalen Vorurteile niedergeschlagen und den bouffons Italiens
nach zwei vergeblichen Versuchen dauernden Erfolg gebracht habe, betrachtet er als einen entschiedenen Fortschritt.^*
Meister
Form
der
Oper
seiner Beurteilung der französischen
ist in
Grimm. Er
nicht so scharf wie
erkennt ihr sogar hinsichtlich
der Dichtung eine Ueberlegenheit vor der italieni-
schen Oper
Diese
zu.^^
Form verdankt
seiner Ansicht
nach
Oper der Toison d'or des Pierre Corneille. Ainsi c'est encore au pere du Theätre-Francais que Von doit Vunion si difficüe d'une action dramatique ä la pompe des decorations, des chceurs et des danses, qui, perfectionnee chaque jour, a fait de notre Opera le plus beaii spectacle de l'univers.^^
die französische
Als augiebige Quelle für Opernstoffe erachtet Meister das
Reich der Feenmärchen, die reichere und passendere Sujets böten als Geschichte oder Mythologie."'
cisement
le
caractere de merveüleux
celui qui prete le plus
s'y developper
avec
Meister hält wie
ä cette espece le
le
La
feerie offre pre-
plus propre ä l'opera,
d'illusion, et celui qui peut
plus d'eclat,
Grimm den
mende Kunst. Der Tanz
Tanz
für eine ernst zu neh-
um
besitze verschiedene Grade,
den
natürlichen Ausdrücken der Leidenschaft gerecht zu werden.
Wie
Töne
die
der Musik, so seien hier die Gesten suscep-
in
de modifications differentes et ä'accords harmonieux. Nach Meisters Ansicht zeigen die verschiedenen Epochen des
tibles
54. In
ihrer
den
Musik
Streit der Gluckisten
M,
greift
nicht ein.
mischbroda zu besitzen,
um
Er
berichtet
Streites, charakterisiert die
zum
Streit
recht persönlichen
Oktober 86
56.
Doch
ist
sischen
Oper
entzückt.
73
nicht
die
Streites
über die verschiedenen
Anhänger der beiden
und intoleranten Angriffe,
55.
57. April
den Vorrang
selbst,
Parteien,
entstandenen Broschüren an und schildert die
(Mai 77
gemacht würden.
um
den Ursprung und die Folgen des
würdig schildern zu können.
führt die
es
die „sainte eloquence" des Propheten von Böh-
„crayons brillants",
Phasen des
und Piccinisten
Er bedauert
(S.
S.
die
von
oft
beiden Seiten
456.)
450).
Meister bisweilen auch recht wenig von der franzöVgl.
(S. 229).
November 77
(S.
26)
und Juni 78
(S. 116).
—
161
—
französischen Schrifttums, wie stark sie von den
Umwälzun-
gen der Sitten der Nation beeinflußt seien."" Mit der Steigerung des Luxus sei eine Vorliebe für äußere Pracht und äußeren Schein auch bei literarischen
Werken
Eleganz
erwacht.
werde der Korrektheit, der prunkvolle Gknz der Wahrheit, die leere Wendung dem tiefen Gedanken vorgezogen. So zeige die erste Epoche der französischen Dichtung mit Corneille, Racine, Moliere, Boileau, La Fontaine und Quinault in Plan, Charakteren und Stil die vornehme Einfachheit, den Geschmack und die Wahrheit der Antike. Die nächste Generation mit I.-B. Rousseau, dem älteren Cr^billon und Destouches zeige schon ein Ablassen von dem antiken Vorbild. Besonders Crebillon habe den Leidenschaften durchaus nicht
mehr
die Energie eines Corneille
und
die
Wahrheit
eines
Ra-
La
Motte,
habe dann den antiken Geschmack völlig aufgegeben.
Gres-
cine gegeben).
Die
dritte
Epoche, Fontenelle und
set bewahre allerdings noch einen korrekteren, eleganteren und reineren Stil, doch auch bei ihm sei der Gang der Hand-
lung nicht
mehr
lebhaft
genug, die Charaktere seien sehr
schwach und die Farben monoton. Unter Voltaires Führung habe sich dann eine neue Epoche gebildet. Diesem tälent le plus universel, diesem genie le plus heureux räumt Meister einen Platz zwischen Corneille und Racine ein. Leider habe Voltaire, der nach neuen Farben und Formen suchte,. zu sehr auf das englische Theater und die englische Philosophie hingewiesen, sodaß das Studium der Antike vernachlässigt worsei. Er habe an die Stelle der Schönheiten des alten französischen Theaters Vaffectation philosophique, quelques saillies ingenieuses, quelques vers d'eclats, Vappareil d'un spectacle
pompeux
gesetzt.
Die Fehler, die dieser führende Genius be-
vorzugt habe, ließen befürchten, daß sein Beispiel! durch unfähige
Nachahmer dem
Wenn
Fortschritte der Kunst schaden werde.
auch nach Meisters Ansicht der Geschmack
in
der
französischen Literatur im 17. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreicht hat, so sieht er doch, selbst angesichts der
58.
März 74
(S. 387).
schweren
162
Tod Voltaires und RousGrund, an dem weiteren Ruhme
Verluste, die Frankreich durch den
seaus erlitten habe, keinen
Ihm
der französischen Literatur zu zweifeln.'^ schichte der Literatur ein stetes
Wachsen
GeMacht und
zeigt die
ihrer
ihres Ansehens.
Unter Ludwig XIV. habe das Schrifttum nur der Glorie des Monarchen und der Unterhaltung seines Hofes gedient. Allerdings dürfe
man
nicht vergessen, daß gerade unter
dem
Schutze dieses Königs Boileau und Moliere aufklärend wirken
und
die
Schwächen der
Zeit durch ihre Satire
bekämpfen konn-
ten.
Unter der Regentschaft habe dann die ZügeMosigkeit der Sitten auf die Produktionen des Geistes und des Geschmacks einen verhängnisvollen Einfluß ausgeübt.
des vaude
ville,
Es
sei die Blütezeit
der chanson, feerie, contes und
romans ge-
wesen. Philosophie und Vernunft hätten sich nur unter der Narrenmaske und mit der Narrenschelte wagt, um die kühnsten Wahrheiten zu verbreiten. seien sie die ersten Beispiele jener kühnen Angriffe
versteckt
hervorge-
Immerhin gegen die
prejuges les mieux etablis, die illusions consacrees par
le
plus
universel et le plus antique de tous les cultes,
Eeine bedeutende
Umwälzung habe das
die Philosophie erfahren, die die Literatur
sehen gebracht habe. den allgemeinen
So
sei eine Zeit
Ihr
Aufschwung
Haß gegen
Geistesleben durch
zum
sei
höchsten An-
besonders durch
die Jesuiten begünstigt
gekommen, wo man
einerseits die
worden.
Bücher der
Philosophen verbrannte, andererseits aber ihre nützlichen Lehren und Wahrheiten anerkannte und benutzte, jene seltsame Mischung von Gunst und Verfolgung, deren treffendstes Bei-
Verbannung
verurteilt, ge-
nieße er die höchsten Ehrungen Frankreichs
und Europas,
spiel Voltaire sei.
Zu
einer Art
während seine Werke von der Regierung verfolgt würden. Er habe durch sein unermüdliches Wirken für Gerechtigkeit und Vernunft, für die bedrückte Unschuld und Humanität der Partei der Philosophen eine große Macht verschafft. Die Philosophen seien aus 59,
Januar 79
dem Kampfe gegen
(S. 200),
die Intoleranz mit
um-
—
163
—
so größerer Kraft und Berühmtheit hervorgegangen, als sich
den Gegnern nur unfähige Männer befunden hätten, die darauf beschränkt hätten, durch Schmähschriften die Vernunft und den guten Geschmack zu beschimpfen, während
bei
sich
die Philosophen viele hervorragende
besonders aber an
dem
riesigen, die
Werke
hervorgebracht,
Wissenschaft ehrenden
Unternehmen, der Encyclopedie, gearbeitet hätten. Mit dem allmählichen Verlust der Mittel, welche die Macht der Philosophen begründet und gestärkt hätten, habe sich dann ihr Verfall vorbereitet, und als die Philosophen schließlich noch durch den Tod der Mlle de Lespinasse, der Mme de Trudaine und
Mme
der
Geoffrin
ihre gesellschaftlichen
hätten, habe ihre Partei völlig ihr
Stützen verloren
Ansehen eingebüßt.
Meister
da seiner Ansicht nach die Literatur ebensowenig einer herrschenden literarischen Partei bedarf trauert ihr nicht nach,
wie die Religion einer Priesterherrschaft.
Im Leben der Sprache und besonders der französi-
schen Sprache ein Streben
men, kaum
glaubt Meister eine stete Entwicklung, nach Vollkommenheit, wenn auch nur in langsamerklichen Schritten, feststellen zu können.'^ Be-
sonders werde die Sprache durch die Sitten der Nation beeinflußt, die ihr jeweilig
So
ten.
den charakteristischen Stempel aufdrück-
stehe zweifellos das Französische eines Bossuet oder
dem
Fenelon über
eines Villon oder Ronsard. Der Höhepunkt der Vervollkommnung der französischen Sprache fällt nach Meisters Ansicht in die Zeit Ludwigs XIV., in der so
zahlreiche
Wunderwerke
der Literatur entstanden seien. Cor-
Boileau, Racine und der ihnen sprachlich gleichwertige
neille,
Voltaire bedeuteten den Gipfel sprachlicher Vollendung.
Eine
Weiterentwicklung, die doch nur ein Verfall sein könnte, müs60. Juni steht,
74
(S. 445).
—
Daß
Meister mit diesen Ideen nicht aUein
sondern seine Ansichten mit vielen und hervorragenden Zeit-
genossen
teilt,
zeigen F. Gohin „Les Transformations de la langue fran-
Saise de 1740-89" Paris 1903 und A. Fran^ois „La
risme",
Paris
1905,
(Archiv Bd. 128),
Grammaire du piv
und „Le Dictionnaire de TAcad^mie
fran^aise'*
—
164
—
se durch eine Beschränkung sprachlicher Freiheit verhindert
Er fordert deshalb Sprachregeln,
werden.
um
Mißbräuchen
vorzubeugen.
im allgemeinen davon überzeugt, daß jede Dichtungsart, so begrenzt sie auch erscheinen mag, von dem Genie ausgedehnt werden könne, die Fabel jedoch, die in ihrer Moral, in Plan und Ausführung große Einfachheit verMeister
ist
lange, lasse eine Erweiterung
La
Fontaine, Imbert, Boisard,
ten denselben fonds,
und nur
kaum
zu.""
Le Monnier,
Phädrus, Aesop, sie alle
behandel-
die abweichende, eigenartige
Be-
handflung gebe einem jeden einen persönlichen Reiz, der die
zum Vergnügen mache.
Lektüre In
der
Poes
i
e
offenbart
sich Meister
am
stärksten
Buffons Klage über die ewige Dauer der Herrschaft Homers ist seiner Meinung nach das schönste Lob Homers.^' Diese Macht zu brechen, werde auch dem 18. die
Macht der Antike.
Jahrhundert nicht gelingen.
Die französische Nation, die nur zwei Arten Dichtung liebe, Lieder und Theater, hält er für die am wenig-
kenne und
Tont ce qui ne l'amuse pas autant qu'une chanson, tout ce qui ne Vinteresse pas autant qü'iin Dieser unpoetische drame, lui parait froid et languissant. Charakter erkläre viele abfällige Urteile des Publikums über sten poetische Europas.'^
lyrische
Werke.
Die Dichtkunst verlange weniger eine harmonische Anordnung von Tönen und Wörtern als vielmehr die Erfindung
von Bildern, Gedanken und Fiktionen, die aus poetischer BeIn dieser Beziehung zeigten sich zahlgeisterung flössen. reiche Parallelen zwischen den antiken Dichtern und den mittelalterlichen Troubadours, die sich durch mächtige äußere oder innere Einflüsse anregen ließen.
Doch
sei die
proven-
zalische Troubadourpoesie zu gleichmäßig und biete wenig Abwechselung. Ihr stellt er die Poesie der Hebräer, der Kel61.
Aprü 73
62. Juni
63.
75
(S.
226) und Juli 73 (a 264).
(S. 88),
August 82
(S,
179).
—
—
165
ten und Skandinavier gegenüber, deren einzige Lehrmeisterin die Begeisterung
gewesen
sei,
Feuer, Energie und Wahrheit
und deren Sprache darum
voll
sei.
Gegenüber den vielen minderwertigen dramatischen Produktionen ist Meisters Urteil sehr milde. Er gibt sich zufrie-
wenn
den, regt,
eine
Zweck
der
Komödie
nur lustig
und übersieht gern, daß
ist
und zum Lachen an-
die Intrigueni unwahrscheinlich,
nicht sehr moralisch, die Charaktere nicht gut ge-
und schlecht gezeichnet sind.^* Eine Komödie müsse besitzen VinUret attache ä la peinture fidele des moeurs, cm mouvement successif et gradue d'une action naturelle et vraie.^^ Zu diesem Zwecke müßten der Hauptcharakter und die Umstände, in die er gesetzt sei, in wählt, unrichtig aufgefaßt
gute
interessanten,
wie es tuffe
in
und Avare, der Fall
Von sicht eine
Beziehungen
lebensvollen
zueinander
stehen,
Molieres Charakterkomödien, im Misanthrope, Tar-
allen
sei.
dramatischen Werken
Charakterkomödie
am
ist
nach Meisters An-
schwersten zu entwerfen und
Den modernen LustspielÖichtern fehle das Tade concevoir une intrigue simple, des incidents vraisemblables qui composent une action dont la marche et le mouvement gradue tendent toujours ä developper les travers et les auszuführen.^^ lent
ridicules d'un caractere propre ä la scene.
keiten seien
umso
Die Schwierig-
größer, als Moliere die wesentlichsten Cha-
rakterzüge so unübertreffbar dargestellt habe.®^ Moliere bleibt für Meister der einzige große Lustspieldich-
Er bewundert an seinen Werken die tiefe und wahre Philosophie, kraft derer er die Menschen mit Energie und Wahrheit gezeichnet habe. Er zeige Menschen aller Lebensalter, aller Stände, Berufe und Eigenschaften, er ter Frankreichs.^^
64.
April 73
65.
Mai 82
66.
August 88
67. April
68.
84
(S. 222).
137),
(S.
(S.
(S.
August 73
289).
515) und Juni 77
(S, 267),
(S. 477).
—
—
166
behandle
alle Wunderlichkeiten' und Lächerlichkeiten-, alle Laund Leidenschaften, die das Glück oder Unglück der Menschheit ausmachten. Dazu komme noch der erhabene
ster
Zweck
seiner
Komödien,
die
Menschen und besonders
die
französische Nation vor Unsitten, schädlichen Einflüssen und
Lastern zu schützen und aufklärend zu wirken. Dadurch sei Moliere der Gesetzgeber des guten Geschmacks und der guten Gesellschaft geworden.
Die Unbegrenztheit menschhcher Schwächen und Grillen führt Meister zu der Ueberzeugung, daß die
Komödiencharak-
durch Moliere durchaus nicht erschöpft sind, daß vielmehr ein wahres Genie stets neue Originale finden würde. Die zeitgenössischen Autoren böten jedoch nur wirtere indessen
kungslose Nuancen der alten Vorwürfe.
Toutes nos come-
da jour ne sont que des pantomimes, de petites Mstorietlarmoyantes ou du marivaudage.^^ Die Ohnmacht der französischen Autoren habe das Lust-
dies tes
spiel
zu der einfacheren Art der comedie romanesque zurück-
geführt, die allein durch die
schauers zu erregen nicht
dem deutschen
suche."''
Handlung das Interesse des ZuDie Sujets dazu sollten jedoch
dem
Theater, sondern lieber
zösischen Theater eines Jodelle und Mairet
alten fran-
entnommen wer-
den unter Beachtung der seither durch Moliere wieder bekannt gewordenen Kunstregeln der Antike.'^ Toutes ces regles,
dictees par la raison, ne sont que Vexpression d'une nature
Es sei eben unmöglich, auf dem beschränkten Raum der Bühne und in der beschränkten Zeit der Aufführung alle Umstände vorzuführen^ welche die Entwicklung einer Hand-
embellie.
69. Vgl.
auch Februar 82
70.
November 85
71.
Meister
tritt
(S.
(S.
77
ff.).
248).
Lessing entgegen, der nach seiner Ansicht die
l<unstregeln ins Lächerliche zu ziehen suche, ihren Sinn entstelle, sie
seinem neuen dramatischen System anzupassen,
big nach
dem
Erfolge zahlreicher antiker und
auszulegen, nach denen sie aufgestellt
worden
statt
um
sie gutgläu-
modemer Meisterwerke seien.
~
167
—
Wenn auch die strenge Beobachtung der Einheitsregeln den französischen Stücken manche lung notwendig begleiteten. Nachteile und
manchen Schaden gebracht
habe, so habe sie
doch andererseits unschätzbare Verdienste.
Auch
die zeitgenössische französische
nicht Meisters Beifall.""
Tragödie findet
Sie suche nur durch unnatürliche
Traurigkeit zu rühren und durch Aufhäufung unwahrscheinlicher
Schrecken und Grausamkeiten Interesse und Mitgefühl Einen ungünstigen Einfluß hätte in dieser Bezie-
zu erregen.
hung das englische Theater und besonders das Shakespeares gehabt. Für die Franzosen sei allein das Theater eines Corneille und Racine geeignet, das englische gehöre auf die englische Bühne. Die Engländer könnten für ihre Stoffe ebensowenig die Regelmäßigkeit der französischen Dramen verwenden, wie umgekehrt die Franzosen die furchtbaren englischen
Sujets für ihre
Wenn
Form.''"'
Meister es dennoch Voltaire als großes Verdienst
anrechnet, daß er zuerst Frankreich mit der enghschen Lite-
und hauptsächlich mit der englischen Tragödie bekannt gemacht habe, so tut er es, weil seiner Ansicht nach Voltaire diese neue Art der Tragödie nicht servil nachahmen, sondern vervollkommnen wollte.'' Er habe nur die Schönheiten des fremden Theaters übernommen, die sich der Eigenart französischen Denkens und Fühlens anpaßten. Die Nachahmer Volratur
taires aber hätten alles übertrieben, heit
gemacht habe,
sie
Vorbilder bewahrt, aber v 72. April 73. Vgl.
dem
74
(S.
März 73
75.
An
(S.
er mit
Maß und
it
ihre Kraft
und Erhabenheit.""
(S. 380).
216).
einem Vergleich des „More de Venise" des Douin mit
englischen Original zeigt Meister, wie Shakespeares Schönheiten
in der
Kopie verschwunden
seien,
und wie der große tragische
zu einem Stück äußerlicher Absurditäten geworden
sei.
spearebearbeitungen durch Ducis, „Macbeth" (Jan. 84
S.
Lear" (Januar 83 S.
Klug-
413).
auch November 76
74.
was
hä^'en wohl die Grausamkeiten ihrer
498),
S. 258),
Stoff
Die Shake-
466)
und „Roi
und durch La Harpe, „Coriolan" (März 84
geben ihm von neuem Veranlassung, auf die großen Schwie-
—
168
—
Die Verschiedenheit der Sitten und der Bühnen machten die
enghschen Stoffe
La gründe
net/"^
für
das französische Theater ungeeig-
Uberte du theätre anglais peut faire reussir
des hardiesses qui seraient repoiissees par Vhabitude de nos
convenances theätrales. Shakespeares lieber iegenheit über gödie erblickt Meister hauptsächHch
in
die französische
Tra-
der größeren theatra-
Hschen Wirkung seiner Stücke, während seiner Ansicht nach CorneiUe und Racine eine vornehmere Einfachheit, eine regele
mäßigere und besser durchgeführte Anlage zeigten/' speare
Shake-
ihn une statiie colossale dont l'idee est imposante
ist für
mais dont du travail
et terrible,
l'execution tantöt brüte, tantöt negligee,
et tantöt
le
plus precieux, m'inspire encore plus
d'etonnement que d'admiration. Racine dagegen
sei
une statue
reguliere dans ses proportions, dont Vensemble est plus Celeste
que
la nature
languissants, et la purete
Wenn
meme, et qui malgre quelques details faibles et me charme au moins par la noblesse, Velegance
de son
style.
Meister auch für seine Zeit einen Mangel an guten
dramatischen Dichtungen beklagen zu müssen glaubt, so zweifelt er doch nicht daran, daß ein Genie die französische Tragödie wieder auf die alte Höhe bringen werde, da ja die Reichtümer des griechischen Theaters noch lange nicht ausgeschöpft
Un
seien/^
hasard heureux peut rendre incessamment ä no-
ire theätre Veclat que nous regrettonsJ^
Der neu aufkommenden Prosatragödie kann Meister seine Zustimmung nicht geben/^ Er ist prinzipiell gegen die Verwendung der Prosa für die Tragödie. Notre langue, dont le Premier merite est une elegante clarte, n'ayant presque rigkeiten
hinzuweisen, die der Bearbeitung englischer Stoffe für die
französische
Bühne entgegenständen.
April 89
(S.
438).
n. März 76
(S.
215).
76.
78.
Dezember 78
79.
Februar 89
80.
Dezember 88
(S.
(S.
184),
386).
(S.
354).
Vgl. S. 141.
169
Point
peu accentuee,
le
mesure, la rime meme, sont des entraves Qui
lui
d'inversions,
rhythme,
la
etant
sont necessaires pour
tenue qu'exige
In
s' elever
ä cette noblesse de style sou-
cothurne tragique.
den einzelnen Ideen, die Meister
litteraire
Correspondance entwickelt hat, zeigen sich recht starke Abweichun-
gen von denen, ist
le
naturellement
die wir bei
Grimm
in der
fanden.
Am
wichtigsten
die Verschiedenheit ihrer Stellung zur Philosophie
und
ihrer
Beurteilung der großen Philosophen ihrer Zeit und die sich
daraus ergebende Verschiedenheit ihrer Stellungnahme bei den literarischen Erörterungen, die sich an die wesentlichen philosophischen Fragen des 18. Jahrhunderts anknüpften.
Man
wird auch zugeben müssen, daß in der zweiten Epoche der Korrespondenz jener geniale, weitsehende, universale Geist
Grimms
der zu neuen Gesichtspunkten und neuen Ideen Zustimmung oder zum Widerspruch zwang und stets das Interesse des Lesers wach zu halten wußte. Meister hält sich mehr beim Vorhandenen auf, seine Kritik ist darum fehlt,
führte, zur
belehrend und weniger anregend.^^
Jedoch ist anzuerkennen, daß der Charakter und die Form, die Grimm der Correspondance litteraire zu geben wußte, unter seinem Nachfolger in der Hauptsache bewahrt worden sind.
Die gewaltige Arbeit,
Korrespondenz mit gutem Erfolge geleistet hat, rechtfertigt das Urteil, daß Grimm sehr wohl überlegt gehandelt hat, als er die Fortführung seines Lebenswerkes seinem langjährigen Sekretär übertrug. die Meister für die
81. Vgl. S.
147,
Schlusswort.
Die Correspondance
litteraire ist für
uns von zwei Ge-
sichtspunkten aus von Interesse. Einmal' seiner
führt sie uns in jene Jahre, die Frankreich aus
politischen und
erwachen unter der Füh-
literarischen Abhängigkeit
lassen, in jene Gesellschaft des
Rokoko, die
rung der Geistesheroen jener Zeit ihre Interessen sehr schnell über den Pariser Hof und Gesellschaftsinteressen hinaus erweitert und vertieft und jene
Umwälzung
des sozialen und gei-
stigen Lebens bewirkt hat, die ihren Abschluß in der franzö-
sischen Revolution fand.
Wir
sehen diese Franzosen, die
großen und kleinen Förderer der Aufklärung, sowie ihre Gegner nicht durch die Brile der Geschichtserzählung, sondern leben mit ihnen, stehen mit ihnen auf vertrautem Fuße, lernen ihre Sitten
am
und Gewohnheiten und, was
ihre menschlichen
reizvollsten
ist,
Voltaire, Rousseau,
Schwächen kennen.
Diderot, d'Alembert, Gahani, Buffon, Montesquieu, Sedaine,
Beaumarchais, Gretry, Mirabeau, Freron,
sie alle sind für
un-
seren Korrespondenten keine durch die Tradition geheiligten
Personen, sondern Freunde und Gegner, mit denen er
Salons zusammentrifft, deren Leben und
in
den
Arbeit er genau
kennt und darum auch lebendig zu würdigen versteht.
Mit
einem Wort, wir sehen durch die Correspondance litteraire hinter die Kuhssen, hinein in das Leben jener großen Zeit, haben also hier ein kostbares Zeugnis für das geistige Leben einer der interessantesten
Epochen Frankreichs.
Das andere Moment, welches das d'er
Korrespondenz wachhält,
der Correspondance
ist
Interesse des Lesers
der umfassende Charakter
litteraire, die in
der Behandlung der Welt-
die dem Menschen und Lebensanschauung Fragen ewig neu und aktuelli bleiben werden, weil sie das innerste Wesen der Menschheit, ihr Leben und Wirken berühren. aufrollt,
Namenverzeichnis Academie frangaise 20 25
107.
d'Alembert 29 31 170. Algarotti 104. Ariost 99 105 106 118.
Arnaud, Abb6 Astruc 71.
Baco
110.
161 163 167 168. Crebillon (der Aeltere) 161. Cr^billon fils 108 112 113.
29. d' Arnaud
Baculard
Colardeau 8 102 117 136 CoII6 92 118. Condillac 36 38. Condorcet 155. Corneille 96 106 133 138 140 160
19 109.
Croismaie, Marquis de 25.
Bailly 148. Baurans 104.
Cumberland
129.
Bazin 50.
Damilaville
Beaudeau 75. Beaumarchais 17 144 170. Beaumont, Mme. de 16.
Dante 106. Daubenton 9 Descartes 34
Beccaria 71 104. Belle-Isle, Duc de de Belloy 136
Desfontaines DesfranQais,
Belot.
Mme.
101
16.
Borde Bos.
Abb6 du
163.
163.
101.
Brooke, Mrs 101. Buffon 9 31 33 35 50 72 76 78 107 164 170.
Burke
Abbe
Douin 167. Doyer de Gastel Dubois 77.
101.
25.
Ducis 19 167.
Dumoley, Mme. Dumouriez 104. Duni 94. Dupont 75.
82.
Bouchard 101. Bouvart 71. Brocke, Henry
155. 16.
148 150 152 155 170.
15.
Bossuet
36.
Destouches 125 161. Diderot 4 5 25 29 31 33 42 50 51 75 76 82 83 84 90 127 143 146
108.
Bemetzrieder 159. Bocage, Mme. du 108. Boccaccio 104. Boileau 82 109 119 161 162 Boisard 164. Bonnet 9.
9.
146.
Eidous 102 108. Encyclopedie 29 72 163. Epinay, Mme. d' 4 8 40 80 146 152.
101.
Cailhava d'Estandoux 81 122. Calas 68 143. Carmontelle 122 146.
Chabanon
109.
Clement de Dijon Clement, Pierre
3.
13.
Favart 3 Fenelon 163. Feutry 21. Fielding 101 103 113. Fielding, Sara 101.
Fontenelle 39 44 109 161. Forteguerri 104.
â&#x20AC;&#x201D; Franklin 146.
Froren 13 31 110 111 170. Friedrich der Grosse 3 9 ff. 55 58 100. Galiani, Abbe 26 76 170. Garrick 89 102. Gassendi 155. Geoffrin, Mme. 26 79 149 163. Gessner 25 100 146 Girbal 146.
Gluck 101 160. Goethe 26. Goldoni 25 122. Goldsmith 102. 153.
Mably, Abbe de 43 159. Mairet 83 165. Mar^chal ]04. Marivaux 112 143. Marmontel 47 82 136.
102.
Mercier 140. Metastasio 93 105.
102.
Menon,
John 102.
Holbach 24 80. Homer 62 86 99 118 119 Horaz 82 118. Huber 100.
Mignot, 164.
102 108 155.
Imbert 164.
Millot,
Mlle. 104.
Abbe 63. Abbe 63.
Milton 102 119.
Mirabeau 7 52 75 170. Moissy 22. Moliere 97 109 1?2 123 126 161 162 165.
Mondonville
Monod
Jodelle 165.
Katharina II. 9 Kiopstock 99.
La
de 102 129.
21.
Lulli 93.
Helvetius 80 155.
Hume
Locke 118. Loirelle, Abbe
Luther 157.
Malier 3. Hamilton, Graf 112 113.
Hill,
11
49 147 156^
Barre, Chevalier de 154.
La Beaumelle 13 63. La Bletterie, Abbe de 108. La Chapelle, de 102. La Chaussee, Nivelle de 125 128
105.
102.
Monsigny 91 93 95. Montaigne 148 155. Montesquieu 31 43 72 76 170. Monvel 89. Moore, Edward 102 104 129. Morellet (Abbe) 71 149. Mozart 101. Necker 149 155
157.
Lafontaine 164.
Necker,
Mme. 79
Lagrange 107. La Harpe 3 19 98 109 117 132 136
Newton
118.
141 167.
de La Motte-Houdard 44 63 99 109 161.
La
Palissot 13 28 31.
Patu 102. Pergolese 104.
Rivi^re 75. Laruette, Mme. 16. Le Blanc, Abb6 102 136
Petit 72.
LeKvre
Picquet 101.
16.
102.
Lespinasse, Mlle. de 79 163. Lessing 83 99 126 165. Le Tourneur 8 102. Lillo 104 129.
Longueil 21. Louis 71.
Gresset 161. Gr^try 94 170. Guarini 104.
Hernandez
Le Fevre 23 131. Le Franc 102. Le Kain 149. Lcmierre 24 136. Le Monnier 164. Lennox, Charlotte
Lo-Looz
Gonzague Mme. de
Hawkesworth
172
Philidor 94. Piccini 160.
80.
—
173
Saurin 102 136. Sedaine 14 25 79 93 109 126 141
Pitra 146.
Poinsinet 13 22.
Pope
102.
170.
Prevost, Abbe 102 104 111 de Puisieux 102.
Quesnay 7
Servandoni 88. Shaftesbury 118 155. Shakespeare 104 125 126 139 141
112.
167 168. Sirven 143. Smith, Adam 102. Smollett 102.
75.
Racine 96 106 109 133 134 138 140 141 161 163 167 168. Racine, Louis 102. Rameau 91 93 109. Raucourt, Mlle. 77.
Raynal
—
Staal,
Stael,
Mme. de 63. Mme. de 80
145.
Suard 3 49 102 110
145,
2.
Tacitus 60 108 159. Tasso 99 105 106 118.
Requier 104. Riccoboni, Mme. 102 103. Ricliardson 102 103 113 129. Richelieu 15.
Robertson 102. Robinet 34. Rochon de Chabannes
Roman, Abbe Ronsard 163.
Roubaud
,
Mme. de
Trudaine,
163.
9.
Varchi, Benedetto 104.
99.
Villon 163. Virgil 118.
75.
Rousseau, J.-B. 161. Rousseau, J.-J. 14 31 32 33 34 37 43 45 56 65 78 103 106 114 ff. 119 143 150 154 155 156 162 170. Sabatier de Castres Saint-Foix 121.
Saint-Lambert
Terrasson 44. Thiriot 3 10. Toussaint 111.
13.
Voisenon, Voltaire
Abbe
108.
10 15 24 25 31 33 34 41
48 50 51 61
ff.
68 76 80 83 99
109 114 115ff. 118 119 120 125 131 132 133 136ff. 138 141 142 143 150 154 157 159 161 162 163 167 170.
6.
Sainval, Mlle. 89.
Young
7 8 16 102.
Lebenslauf
GeorgRubensohn,
Ich,
sohn,
jüdischer Konfession,
boren.
Meine Vorbildung
Berlin, das ich
Sohn des Fabrikbesitzers Max Ruben-
wurde am
erhielt ich
7.
April
1890 in Berlin ge-
am Andreas-Realgymnasium zu verließ, um
Oktober 1908 mit dem Zeugnis der Reife
mich bei der philosophischen Fakultät der hiesigen Friedrich- WilhelmsUniversität immatrikulieren zu lassen.
Mit Ausnahme des Sommersemesters
1909, in
dem
galten
hier in erster Linie
Monate studienhalber
Ostern 1913 gehörte ich
München
der romanischen Sprachwissenschaft und
In den Sommerferien des Jahres 1911 hielt ich
Literatur.
rere
ich in
Meine Studien
war, habe ich meine Studienzeit in Berlin verbracht.
in Frankreich auf.
dem
Vom
mich meh-
Oktober 1910 bis
hiesigen romanischen Seminar unter der
Leitung des Herrn Prof. Morf als ordentliches Mitglied an und durfte
während
dieser Zeit als Senior des Seminars
sowohl die Seminarbibli-
othek als auch die Adolf Tobler-Bibliothek verwalten. Bei Kriegsausbruch trat ich im August 1914 als Kriegsfreiwilliger in
das Heer
ein,
machte den Feldzug
in
Belgien (Schlacht bei Dix-
muiden) mit und bin zur Zeit im Garnisondienst
Während meiner
beschäftigt.
Studienzeit hörte ich die Vorlesungen der Herren
Dozenten Baesecke, Borinski, Brandl, Breymann
t>
Delmer, Dessoir,
Ebeling, Erdmann, Haguenin, Harsley, Hecker, Kuhn, Morf, Parlselle,
Spies, dorff,
A. Riehl,
Riehl-München
Stumpf, Adolf Tobler f, Voll, Wells,
denen ich an dieser
Stelle
Ganz besonders aber bin Prof. Morf,
verpflichtet,
ich
Münch
f,
f, Roethe, Schick, Erich Schmidt t> v.
Wilamowitz-Moellen-
meinen herzlichsten Dank ausspreche«
meinem hochverehrten Lehrer, Herrn
der mir nicht nur die Anregung zu vorlie-
gender Arbeit gab, sondern mir auch bei ihrer Abfassung mit wertvollen Ratschlägen zur Seite stand, aufrichtig
und dem
ich dafür hier
nochmals
und von Herzen danke.
Die Promotionsprüfung bestand ich
am
18.
Januar 1917.