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Arnold Schönberg Die glückliche Hand (Text: Arnold Schönberg)

I. Bild Die Bühne ist fast ganz finster. Vorn liegt der MANN, das Gesicht am Boden. Auf seinem Rücken sitzt ein KATZENARTIGES FABELTIER (Hyäne mit fledermausartigen, großen Flügeln), das sich in seinen Nacken verbissen zu haben scheint. Der Bühnenausschnitt ist sehr klein, ein wenig rund (ein flacher Bogen). Der Hintergrund wird durch dunkelvioletten Samt abgeschlossen. In dem sind kleine Luken, aus denen grün beleuchtete Gesichter schauen: SECHS MÄNNER, SECHS FRAUEN. Die Beleuchtung sehr schwach. Von den Gesichtern sieht man fast nur die Augen deutlich. Alles übrige ist mit zart rötlichen Schleiern verhüllt, die aber von dem grünen Licht ebenfalls ein wenig erhellt werden [links und rechts vom Zuschauer]. SECHS FRAUEN (1. FRAU allein) Still, o schweige; du weißt es ja; und trotzdem bist du blind? So oft schon! (Und immer wieder?) Immer wieder das Gleiche (Immer wieder das gleiche Ende). Glaub der Wirklichkeit; sie ist so, so ist sie und nicht anders. (Immer wieder glaubst du dem Traum?) Immer wieder hängst du deine Sehnsucht ans Unerfüllbare; ans Unerfüllbare; immer wieder überläßt du dich den Sinnen (den Lockungen deiner Sinne), die unirdisch sind, aber irdisches Glück ersehnen! Du Armer! Irdisches Glück! Du, der das überirdische in dir hast, sehnst dich nach dem irdischen! Und kannst nicht bestehn! Du Armer! SECHS MÄNNER (1. MANN allein) [gleichzeitig mit den Frauen] O schweige; du Ruheloser! du wußtest es ja. Kannst du nicht endlich Ruhe finden? Du weißt, es ist immer wieder das Gleiche. Mußt du dich immer wieder hineinstürzen? (Willst du nicht endlich glauben?) Glaub der Wirklichkeit, sie ist so; so ist sie und nicht anders. (Immer wieder glaubst du dem Traum;) Immer wieder hängst du seine Sehnsucht ans Unerfüllbare; (immer wieder;) ans Unerfüllbare; immer wieder überläßt du dich den Lockungen deiner Sinne, die das Weltall durchstreifen, aber irdisches Glück ersehnen! Irdisches Glück! Du Armer! Du, der das überirdische in dir hast, sehnst dich nach dem irdischen! Und kannst nicht bestehn! Du Armer! Die SECHS MÄNNER und die SECHS FRAUEN verschwinden (die Luken werden finster); auch das FABELTIER verschwindet. Es bleibt eine Weile alles still und bewegungslos.


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