4 minute read
Dem Panorama gehört die Zukunft
Yadegar Asisi im Interview zu kommenden Projekten und seinen Plänen mit dem Panometer Leipzig.
Das Panometer in Leipzig ist seit vielen Jahren eine Kulturinstitution. Doch auch viele etablierte Kulturorte mussten in der Coronakrise um ihre Existenz bangen. Wie geht es den Standorten der Panoramen?
Advertisement
Ja, ich kann sagen, wir kommen verhältnismäßig gut dabei weg. Ohne Überbrückungshilfe wären wir allerdings schon untergegangen. Aber daran habe ich auch gesehen, dass wir gute Arbeit leisten, nicht nur inhaltlich, sondern auch organisatorisch. Und das Problem, das wir haben, hat die ganze Welt. Es ist kein Einzelfall. Wir müssen deshalb auch nicht anfangen, unsere Wunden zu lecken, sondern nach vorne schauen und uns auf neue Projekte fokussieren. Wir arbeiten jetzt schon an einigen Projekten und die Verschiebung des neuesten Projekts NEW YORK 9/11 von 2021 auf 2022 war vielleicht daraus geboren. Anfang 2021 musste ich eine Entscheidung treffen, da wusste noch niemand, was im Herbst ist und noch auf uns zukommen wird. Mittlerweile ist die Verschiebung auch inhaltlich sehr gut, weil jetzt die Diskussion läuft und man sieht, dass das, was man über die 20 Jahre gefühlt hat und gesehen hat, ja wirklich stimmt. Ich bin wirklich gespannt, wie das Projekt dann in der fertigen Installation im Panometer Leipzig wirkt. Und ich bin gespannt auf die Reaktion des Publikums.
Bis Anfang 2022 wird noch CAROLAS GARTEN gezeigt, nach AMAZONIEN und GREAT BARRIER REEF das dritte Naturpanorama im Panometer. Was lässt sich abschließend zu diesem Projekt sagen? Und was erwartet uns bei NEW YORK 9/11?
Ich glaube mittlerweile, dass man CAROLAS GARTEN überall auf der Welt zeigen kann. Was die Publikumsakzeptanz angeht, war es ja trotz Corona ein wirklich erfolgreiches Projekt mit vielen Besuchern. Daher ist es umso interessanter wie der Themenwechsel im Panometer ankommt. Aber auch bei CAROLAS GARTEN gab es am Anfang immer Skeptiker, die gesagt haben: „Was machst du jetzt da? Was soll denn dieser Garten?“ Und als sie dann im Panorama standen, verstanden sie auf einmal die Botschaft dahinter und waren ganz erstaunt. Ich merke auch immer mehr, dass ich gar nicht mehr nur von einem Thema reden kann, sondern denke, dass alle Panoramen wirklich ein roter Faden verbindet: Es geht eigentlich immer um Werden und Vergehen. Und dazu gehören eben die Grausamkeiten, aber auch die Schönheiten dieser Welt. Aber ebenso unsere Beziehung zu uns selbst, also das Miteinander, und natürlich unsere Beziehung zu dieser Welt. Und alle Werke, die in Zukunft kommen, werden sich auch in diese Thematik einreihen. Genauso NEW YORK 9/11, ein neues Panorama das ab 2022 im Panometer Leipzig zu sehen sein wird. Wenn man in Zyklen denkt, würde ich sagen, es ist mein viertes Anti-Kriegsprojekt. Es geht um den Krieg gegen den Terror, also der Frage danach, was diese Gewalt wirklich bedeutet. Wenn wir die Resultate in Form der zahlreichen Kriege sehen, kann es in keines Menschen Interesse sein, eine derartige Reaktion auf Gewalt zu zeigen. Wie sagte schon [Mahatma] Ghandi: „Auge um Auge –und die ganze Welt wird blind sein.“ Aber es ist auch wirklich hochkomplex. Das Verstehen der Ursache hat absolute Priorität. Die Reaktion ergibt sich daraus. Aber Gewalt in dieser Dimension, wie wir sie seit dem 11. September gesehen haben, ist wohl die schlechteste Lösung. Mit NEW YORK 9/11 möchte ich zeigen, was das Panorama als Kunstform eigentlich kann. Es ist ein wirklich sehr emotionaler Kunstraum, der eben auch emotionale Zustände in den Körper hineinbringt und die Besucher, das zeigen mir viele, viele Rückmeldungen, wirklich nachhaltig zum Nachdenken anregt.
Und über das Jahr 2022 hinaus? Was kommt nach NEW YORK 9/11? Gibt es schon längerfristige Pläne?
Ich habe Pläne bis ungefähr 2030. Jetzt komme ich langsam in ein Alter, wo man nicht mehr genau weiß, wie lange man noch dabei ist. Aber ich glaube, ich muss in solchen Kategorien denken, weil es irgendwann dann auch unabhängig von meiner Person laufen muss. Vielleicht wird es ja eine Zeit geben, wo andere Künstler in diesen Häusern vielleicht auch etwas machen. Das ist ja nicht ausgeschlossen. Solange ich da bin, möchte ich aber das Panorama in all seinen Möglichkeiten zeigen. Nach NEW YORK 9/11 zeigen wir im Panometer Leipzig DIE KATHEDRALE VON MONET, das ist mein erstes komplett in Öl gemaltes Panorama und stellt die Frage nach dem Ursprung der modernen Malerei. Wir haben es 2020 in Rouen mit einem einzigartigen Kraftakt während der Pandemie eröffnet und holen das Projekt jetzt auch nach Leipzig. Das Gefühl mitten im Farbenspiel eines impressionistischen Gemäldes zu stehen, ist einfach überwältigend. Das wollten wir auch den Leipzigern nicht vorenthalten. Und ganz besonders freue ich mich auf 2025, da feiere ich meinen 70. Geburtstag und habe im Panometer so einiges vor. Ich möchte noch nicht zu viel verraten, aber es wird eine sehr große Ausstellung werden, die so einiges zusammenführt. Vielleicht nutze ich sogar zusätzlich den zweiten Gasometer. Darüber hinaus wird es bestimmt noch ein oder zwei Antiken-Projekte und Natur-Projekte, aber auch das ein oder andere sehr freie Projekt geben. Es bleibt auf jeden Fall spannend.