Autorevue Extra 2017

Page 1

Finanzierung Leasing oder Kredit?

extra 2017 Bernie ecclestone

Was Wegbegleiter über ihn sagen

extra/2017

e x t r a 2 0 1 7 Ö S TERRE I C H S F Ü H RE N D E S A U T O M A G A Z I N

Nach

ISSN 1017-8457 L P.b.b GZ 02Z032122 M Verlagsgruppe NEWS Gesellschaft m.b.H., Taborstraße 1-3, 1020 Wien. Retouren an Postfach 100, 1350 Wien

die neue wohnlichkeit im Auto

innen,

bitte!

Was in Zukunft wirklich zählt

schon gefahren Opel insignia grand sport

neu Subaru XV • Suzuki Swift im Test VW Golf 2,0 TDI • Mini cooper S countryman seat leon FR tsi • Porsche 911 vs. Mercedes-Benz SL Reise durch Utah und Arizona lebensart neue Uhrenmodelle Klassik Flaminio bertoni: der Schöpfer der DS






INHALT EXTRA, 53. JAHRGANG, APRIL 2017

38

Der Connaisseur fährt analog: Toyota GT86.

12 Modelle, Trends, Technik Alle Neuigkeiten des Monats.

COVERSTORY

16 Innen ist das neue Außen Das Auto am Weg zur völligen Neuorientierung: So wichtig werden künftig die Innenräume sein!

NEU 24 27 28

48

Autofinanzierung: Leasing oder Kredit?

6 autorevue 4/2017 extra

Opel Insignia Grand Sport Subaru XV Suzuki Swift

REPORT

30 Wirtschaft, Markt, Menschen Jaguar I-Pace und die Revolution des Elektroautos: Tesla im Visier. 48 Finanzierung und Versicherung Was Kredit und Leasing beim Autokauf können. Und wie man die günstigste Versicherung findet.

Lincoln Navigator, Seite 20.

TEST 34 38 40 42 42 44

VW Golf 2,0 TDI Toyota GT86 Mini Cooper S Countryman Seat Leon FR TSI Suzuki SX4 S-Cross 1,6 DDIS Mercedes-AMG SL 63 vs. Porsche 911 Turbo S

SPORT

52 Hintergründe & Ereignisse Die WEC im Jahr nach Audi: eine verdammt knappe Sache. 54 Bernie Ecclestone Wegbegleiter über den Erfinder der modernen Formel 1: wie er so war. 57 Formel 1 Ein dreifacher gegen einen vierfachen Weltmeister. 60 Racing Rookie 2017 Neuauflage mit Damentag.

COVERFOTOS: GETTY IMAGES, WERK

REVUE


64

Susanne Hofbauer, Chefredakteurin

Durch die Wüste. Aber mit edlem Gefährt, bitte!

70

Von Breguet bis Omega: Vintage heißt der Uhrentrend.

76

LEBENSART

8 Waldecks Wanderbrief Eigenarten eines Autorevue-Testers. 62 Lebensart Peter Vann, Meister der Autofotografie. Lella Lombardi und ihre Gasse in Aspern. 64 Auf dem Colorado-Plateau Autofahren in der Nähe des Cowboyfilms und der Erschaffung der Welt. 70 Uhren Ein klarer Trend: Vintage-Modelle und Uhren im historischen Kontext.

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN, WERK, BERTONI. ILLUSTRATION: FALLSTRÖM

KLASSIK 74 Klassik-Splitter Ein Buch über tragische Rennfahrer und eine Studie über Oldtimer in Österreich. 76 Flaminio Bertoni Der Bildhauer als Design-Genie und seine unvergessenen Citroëns.

MEINUNG

15 David Staretz Nimmt uns das Auto bald das Autofahren aus der Hand? 81 Erich Glavitza Escort-Gemetzel am Eislaufplatz. Standards 31 Markt 82 Vorschau, Impressum

Flaminio Bertoni und eines seiner großen Werke: die DS.

Alle Autos in diesem Heft 22 14 20 20 22 19 20 44 40 14 24 18 22 44 22 8 42 27 28 42 38 22 12 18 22 34

Audi A8 Sport Concept Bentley Mulsanne Hallmark Bentley EXP12 Chrysler Portal DS7 Crossback Lexus UX Lincoln Navigator Mercedes-AMG SL 63 Mini Cooper S Countryman Mitsubishi Eclipse Cross Opel Insignia Grand Sport Peugeot Instinct Porsche Panamera Sport Turismo Porsche 911 Turbo S Range Rover Velar Renault Twingo TCe 110 Seat Leon FR TSI Subaru XV Suzuki Swift Suzuki SX4 S-Cross 1,6 DDIS Allgrip Toyota GT86 2,0 Boxer D4-S Volvo XC60 VW Arteon VW Sedric VW Tiguan Allspace VW Golf 2,0 TDI

Liebe Leserin, lieber Leser, diese Ausgabe der Autorevue ist eine Fleißaufgabe und ein Geschenk an Sie. Wir wollen uns mit dem Arrangement an Geschichten, die Sie im vorliegenden Extraheft finden, vor allem jenen vorstellen, die uns noch nicht oder nur vom Hörensagen kennen. Aber auch unseren Abonnenten bleibt dieses Erscheinen im Halbtakt nicht vorenthalten, für sie ist das Heft ein Bonustrack. In der Covergeschichte (Seite 16) hat sich David Staretz mit den immer wichtiger werdenden Innenräumen von Autos auseinandergesetzt, die sich durch die zunehmende Digitalisierung grundlegend verändern. Im Falle des Konzepts Sedric von Volkswagen etwa, das auf Knopfdruck gerufen wird und völlig autonom ein Fahrziel ansteuert, wird auch das Lenkrad obsolet sein. Es ist ein ernst zu nehmender Blick in die Zukunft. Wir werfen aber nicht nur einen Blick auf das, was vor uns liegt. Martin Strubreiter porträtiert einen Mann, der gleich mehrere Automobil-Ikonen für Citroën schuf: Flaminio Bertoni, Vater des 2CV, des Ami 6 und der göttlichen DS. Zu lesen ab Seite 76. Auch eine Reise durch die archaischen Landschaften von Utah und Arizona (Seite 64) haben wir anzubieten, eine Geschichte über zwei endgültige Sportautos – Porsche 911 versus Mercedes-Benz SL (Seite 44) – sowie einen ausführlichen Testbericht über das meistverkaufte Auto Österreichs: den VW Golf in neuester Ausgabe. Viel Vergnügen mit der Lektüre dieser Autorevue wünscht Susanne Hofbauer // redaktion@autorevue.at 4/2017 autorevue extra 7


WANDERBRIEF // PHILIPP WALDECK

eue Leser mögen wissen: Ich vergöttere Cabrios, Roadsters, T-Bones, Targas und Kabrioletts, kurzum: Einbäume aller Art. Sie haben viele Vorteile, aber einen entsetzlichen Nachteil. Sie setzen mich den Blicken anderer aus. Das hat eigentlich nie gestört – bis zum vergangenen Sonntag. Da kamen die Kinder zur Jause und überreichten mir eine kritische, diplomatische Note wie dem Präsidenten einer Bananenrepublik. Uijegerl, dachte ich. Die Körpersprache der Söhne erinnerte an Scharfrichter Savonarola. Frau und Tochter servierten ein Achterl Edelbirne vom Reisetbauer, offenbar scharfe Vorsorge für scharfe Kost. Umständlich setzte ich die Lesebrille auf. Dann las ich den ersten Satz: „Wir haben Dich schrecklich lieb.“ „Oha“, dachte ich, „das wird teuer.“ Und las weiter: „Weshalb wir uns große Sorgen machen. Wirklich normal fuhrst Du in Deinen offenen Schüsseln und Fetzenbombern ja nie. Aber bisher sahen wir immer noch eine Hand am Steuer. Seit Anfang März vermissen wir auch diese. Selbst den greisen Morgan Plus 4 von letzter Woche, der jeder Spurrille nachläuft und wie ein Ziegenbock von Bodenwelle zu Bodenwelle springt, hast Du nur mit Gas und Bremse gelenkt. Wir verlangen zumindest eine Rückkehr zur Einhandlenkung. Wir wollen Dich nicht im Spital besuchen müssen, aufgeteilt auf die Krankenbetten 1 bis 5.“ Ich setzte die Brille ab und rieb mir Staub aus den Augen: „Das ist ein alter und müder Witz, Euer nicht würdig.“ „Lies weiter!“, drohte ein griechischer Chor. So erfuhr ich nach und nach, wie ein weltweit geschätzter Autorevue-Autor von jenen gesehen wird, die ihn täglich im Auge haben. Vernichtend. Man schilderte, wie ich mich seit den ersten lauwarmen Märztagen 2017 in offenen Cockpits benehme. Zum Beispiel so: „Wenn Du beim Fahren nachdenkst, zupft die Linke die Augenbrauen, die Rechte am Unterlipperl.“ Oder: „Beim Tschickanzünden mit dem Zippo nimmst Du beide Hände vom Lenkrad.“ Oder: „Früher hast Du Blues von 8 autorevue 4/2017 extra

Woody Guthrie gesungen, die Linke aufs Herz gelegt und mit der Rechten gelenkt. Neuerdings singst Du nur noch PucciniArien und dirigierst mit beiden Armen – und weil Du nicht mehr so gut hörst wie früher, singst Du mit Deiner brutalen Kellerstimme viel zu laut. Alles urpeinlich und gefährlich.“ Die Familie verlangte Einsicht, Abbitte und Umkehr. Ich war nahe daran, kampflos nachzugeben. Doch fiel mir rechtzeitig ein, dass Angriff die beste Verteidigung ist. „Hast du endlich den Kagran-Mörder gefasst?“, fragte ich den einen Sohn. „Ist deine Software endlich fertig programmiert?“ den zweiten. „Hast du endlich den EU-Luxus-Ausflug nach Brüssel abgerechnet?“ den dritten. An die Tochter gewandt: „Wie war die jüngste Prüfung?“ Und die Holde, die sich korrupt auf die Seite der Macht geschlagen hatte, fragte ich seifig, ob sie endlich alle Bilder für die kommende Vernissage gemalt habe. Der griechische Chor schwieg verdutzt, dann barst er in Gelächter. Nichts öder, als durchschaut zu werden. Früher als sonst ging ich an diesem Tag zu Bett. Im Untergeschoß hörte ich noch lange ein fröhliches Treiben. Am Klang der Korken erkannte ich, dass meine verzweifelt kleine Sammlung an Champagner entdeckt worden war. Ehe ich in den Schlaf flüchtete, dachte ich: „Meine Autorität ist im Arsch. Ich werde sie wieder herstellen müssen. Mein Schutzheiliger Ettore Bugatti wird helfen.“

D

ie Autorevue ist unter den Special Interest Magazines noch extra speziell. Man erkennt dies an der hohen Anzahl fanatischer Masochisten. Sie quälen sich und ihre Freunde mit einem pingeligen Sachverstand. Ich entdeckte dies erstmals im Porsche Club Wien. Uli Taller, ein renommierter PR-Guru, hatte mich zu einer Lesung vergattert. Die Stimmung war angenehm, der Durst der Sportfahrer eher PorscheAchtzylinder 928 als 911. Doch nach dem Dinner fühlte ich mich wie in Finnland. So wie dort rotteten sich in einer Ecke die Männer zusammen, in der anderen die Frauen. Die Männer stritten über Jahrgangsschrauben der Schubstrebenbefestigung. Die Frauen

ILLUSTRATION: FOTOS: ANDREAS JUXI RIEDMANN

N

Wenn ich so lenk und denk an nix. Unter diesem Motto schreibe ich meine Briefe an Dich. Ich diktiere sie meist am Steuer kurioser Autos. Sie ersparen mir, Dich persönlich über die fremden Länder, ihre Hotels und den Nahverkehr zu informieren. Zugleich sind die Briefe auch unsere letzte Brücke, die trittfest ist. Durch Dein ständiges Daheimbleiben entfernst Du Dich ja immer mehr von mir. So ist auch mein heutiger Brief aus dem Hotel „Ambassador“ in Wien, dem „Plaza Athénée“ in Paris und dem „Ploberger“ in Wels ein Ruf Deines alten Freundes, von Ufer zu Ufer.



WANDERBRIEF // PHILIPP WALDECK

hingegen waren dem echten Leben verpflichtet. Sie lobten die Wendigkeit des Mittelmotor-Boxsters und die fantastische Möglichkeit, ihre Reisegarderobe in zwei getrennten Kofferräumen sauber zu ordnen: vorn die Schuhe, hinten die Fetzen. Da war ich erstmals lieber unter Löwinnen als unter Löwen. ennoch imponieren mir heimlich die Experten, die aus einem winzigen Maschinenelement das ganze Auto, zu dem es gehört, induzieren können. Ihnen macht man mit Rätseln eine Freude. Also: Welches Auto steckt hinter den folgenden technischen Daten: Dreizylinder-Benziner, 900 Kubik, 110 PS, 170 Nm, Fünfgangschalter, 17-Zoll-Räder, 1.000 Kilo Federgewicht, Heckmotor und Heckantrieb, Vmax = 182 km/h, 0–100 = 9,6 Sekunden, Norm-Mix = 5,2 Liter und 115 Gramm Co2? Unter jenen, die ihn selbst noch nicht fuhren, werden nur die Wenigsten die GT-Version TCe 110 des neuen Renault Twingo erraten, die um deutlich unter 20.000 Euro käuflich ist, die Basis-Version SCe 70 liegt sogar unter der Billiggrenze von zehn Kilo-Euro. Die GT-Version ist demgemäß nicht nur motorisch, sondern rundum aufgewertet. Inklusive einem pfiffig-fröhlichen Magma-Orange-Schwarz-Design außen wie innen. Diese Farbkombi scheint generell wieder angesagt zu sein, nicht nur bei Motorrädern (KTM, Harley). Das ist erfreulich. Es weckt in Gruftis Erinnerungen an die schönen Jahre vor den Ölpreiskrisen der 1970er. US-MuscleCars trugen damals Tiernamen (Barracuda, Cougar, Mustang, Cobra). Und Tom Wolfe, der „Shakespeare der Auto-Narretei“, schrieb sein Schlüsselwerk „Das bonbonfarbene tangerinrotgespritzte Stromlinienbaby“. Der orange Schimmer der Tangerinlacke wetteiferte mit der kalifornischen Mittagssonne, Zwölf polierte Schichten aus giftigem Nitrolack flammten wie ein Hochofen-Abstich-Spund. Zurück zum Renault-Twingo-Spitzenmodell. Man wird den GT nicht vorrangig für die Fahrt ans Nordkap wählen. Dafür gibt es Besseres. Doch schon die längere Mittelstrecke macht Freude, zumal alles außer dem Fahrersitz umlegbar ist und große Reise-Stauräume freilegt. In seiner kompakten Gestalt, Flinkheit und Schläue erinnert der Twingo an einen anderen, gallischen Nationalhelden: Asterix. Der Twingo GT braucht zu seinem Yang den passenden Fahrer als Yin. Einen, der z. B. auch Heckmotor und Heckantrieb mit ihren Stärken und Schwächen liebt.

W

ir finden dieses Thema in Autorevue 2/2017 (Seite 50) besonders schön erklärt. Ich zitiere Skarics: „Durch den Hinterradantrieb wird der Twingo gewissermaßen labilisierend in den Wind hineingeschoben, während ein Auto mit Frontantrieb stabilisierend aus dem Wind herausgezogen wird.“ Also wie einst beim VW-Käfer, Renault Alpine und seit jeher bei Porsche 356 und 911. Aktive Fahrer liebten die HeckVariante schon, als es noch kein ESP gab, das heute beim 10 autorevue 4/2017 extra

Twingo als blitzschnelles Stabilisierungsprogramm eingreift, falls das 1.000-Kilo-Federgewicht auf der Autobahn von einem seitlichen Tornado erfasst wird. In der nämlichen Autorevue-Story las man auch: „Ab jetzt ist jeder Vergleich zum alten Twingo überflüssig.“ Das hat mich ein wenig irritiert. So, als wolle man den Neuen durch eine Abwertung des Alten erhöhen. Das aber braucht der Neue nicht, und der Alte hat es nicht verdient. Denn seine kleinen Macken waren die eines Genies. Ein Raumwunder, heutige Kombi- und Van- und SUV-Konzepte auf kleinster Grundfläche vorwegnehmend. Ich denke gern an den Ur-Twingo zurück. Er bescherte mir helle Tage. Zumal ich den Jahrgang 1993 fuhr, mit dem nun verfügbaren Cabrio-Faltdach. Das bot um wenig Geld royale Frischluftfreuden zwischen Paris und Versailles und wenig später in Wels, der damals am schnellsten wachsenden Wirtschaftsregion Österreichs. Dort ein rarer Wüstentag. Die Sonne stürzte schwerflüssig wie geschmolzenes Gold ins Cockpit. Ausnahmsweise suchte ich Schatten. Inmitten öder GewerbeArchitektur stieß ich auf eine grüne Oase. Kein Central Park wie in New York, aber ein wenig an Londons Kensington Gardens erinnernd. Auf einer kühlen Parkbank las ich erstmals in Rudyard Kiplings Dschungelbuch ein grandioses, hier unscharf aus der Erinnerung gerufenes Gedicht. Dies sind die Gesetze des Dschungels So alt und so klar wie das Licht Der Wolf, der sie weiß, wird gedeihen Und sterben der Wolf, der sie bricht. Wasche täglich vom Kopf bis zum Schwanz dich Und trinke tief, doch mit Bedacht Und wisse, bei Tag sollst du schlafen Und jagen sollst du in der Nacht

L

ange Zeit glaubte ich, diese Zeilen hätten mich beeinflusst und ganz entschieden veredelt. Aber offenbar nicht genug, wie ich an der bitteren Kritik erkenne, die derzeit die Kinder an meinem Fahrstil üben.

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN

D

Renault Twingo TCe 110, welcher mit seiner Farbe in Gruftis Erinnerungen an die schönen Jahre vor der Ölpreiskrise der 1970er weckt. Ist aber ein erfreuliches Auto, sonst käme er hier nicht vor.



revue modelle & trends

VW Arteon

Nieder mit bieder! Der Nachfolger des CC, ab Juni auf den Straßen, sieht sich als Avantgardist der Marke – und bleibt doch im Grunde seines Wesens ein Passat.

D

ieses Auto, sagt VW-Chefdesigner Klaus Bischoff, besitzt „die Designelemente eines klassischen Sportwagens“ und ist außerdem „avantgardistisch“. Von der „reinen Sportwagenlehre“ ist zudem die Rede. Uns Nichtmitarbeitern des allumfassenden Konzerns klingt das dann doch ein wenig überspannt. Weil letztlich: Passat. Als Nachfolger des CC ist der Arteon freilich etwas flacher als die Limousine, außerdem wurden die Formen da und dort ins Dynamische gezogen und gezupft. So ergibt sich ein auf den ersten und auch zweiten Blick recht luxuriöses Fahrzeug, das sich jetzt, wo der Phaeton weggefallen ist, ganz oben zur VW-Modellpalette dazustellt. Coupé nennt man das Auto offiziell nicht, denn als grundsätzlicher Passat soll es auch in Firmenflotten Eingang finden, was mit „Coupé“ im Namen schwer werden könnte – klingt doch zu frivol. Da würde sich das Produktmarketing, das ja die in der Natur eigentlich nicht vorkommende Gattung des viertürigen Coupés erfunden hat, selbst ins Bein schießen. Dass die Fensterrahmen in den Türen fehlen, ist in dem Zusammenhang ein harmloses Detail. Übrigens, der Name: Art bezieht sich auf die Kunst und eon soll vornehm klingen. Wie das eon in Phideon, der Fünfmeterlimousine, die dem chinesischen Markt vorbehalten bleibt. Aber die ragt schon in die Oberklasse hinein, was hingegen ein VW in Europa vermutlich so schnell nicht mehr riskieren wird nach dem Phaeton-Experiment. Der Einstiegspreis für den Arteon wird bei unter 40.000 Euro liegen.

12 autorevue 4/2017 extra

Auch innen erkennt man die Verwandtschaft zum Passat: Mit optionalem Holz und Leder lässt sich das aber zur Luxuszone hochzahlen.


fotos: werk

Von der „reinen Sportwagenlehre“ zu sprechen, erscheint uns Nicht­ mitarbeitern des Konzerns dann doch etwas überspannt.

antrieb Alle Motoren können mit ­einem Siebengangdoppelkupplungsgetriebe kombiniert werden, serienmäßig ist es bei den stärkeren Motoren. Deren gibt es sechs, alles Vierzylinder, die drei TDIs mit 150, 190 und 240 PS, die Benziner mit 150, 190 und 280 PS. Die beiden jeweils stärksten Motoren kommen mit Allradantrieb, beim 190-PS-Diesel ist er optional, ansonsten wird Frontantrieb serviert.

platz Der Motor ist quer eingebaut, das schafft Platz in der Länge. 2,8 Meter Radstand, kurze Überhänge. Trotzdem eine der längsten Motorhauben im ganzen Konzern, eigentlich ein Sportwagenthema. Das Auto ist 1,4 Meter hoch und insgesamt 4,9 Meter lang, gleich wie eine E-Klasse. Bei diesen Maßen geht sich eine Beinfreiheit im Fond von einem guten Meter aus. Kofferraum: bis zu 1.557 Liter.

ausstattung Adaptiver Tempomat mit Verkehrszeichen- und Navidatenberücksichtigung und ein Lane Assist, der auch andere Fahrzeuge berücksichtigt, markieren die Frontstellung in Sachen Fahrassistenten (beides serienmäßig in allen Arteons, ebenso wie LED-Scheinwerfer). Drei Ausstattungs-Lines: Trend-, Comfort-, Highline. Bei den Extras finden sich unter anderem Massagesitze. 4/2017 autorevue extra 13


REVUE // MODELLE & TRENDS WAS PARKEN KOSTET

JAMMERN AUF NIEDRIGEM NIVEAU Das Parken in österreichischen Kurzparkzonen ist unverschämt teuer. Möchte man meinen – bis man sieht, was es woanders kostet.

MITSUBISHI ECLIPSE CROSS. Das ist ja nun schon wieder ein paar Jahre her, dass Mitsubishi auch ein Sportwagenhersteller war. Wir erinnern uns an den ambitionierten 3000 GT und natürlich an den Eclipse, der vor fünf Jahren eingestellt wurde. Das hier abgebildete SUV trägt in seinem Namen eine Hommage an dieses Coupé, und zwar wegen der, wie zumindest Mitsubishi sagt, coupéhaften Profillinie des Autos. Das Cross verweist auf die SUV-Eigenschaften, die vor allem durch den serienmäßigen Allradantrieb dargestellt sind. Ausgehend vom Frontantrieb werden je nach Fahrsituation unterschiedlich große Drehmomente nach hinten geschickt. Mit 4,5 Metern Länge sind wir diesbezüglich in der Kia-Sportage-Liga. Ein Auszug aus der Assistentenliste: Kollisionswarner mit Fußgängererkennung, Spurhalter und Totwinkelwarner, adaptiver Tempomat, Querverkehrswarner beim Ausparken etc. Also eh alles. Daher auch volle Konnektivität, zudem ein Head-up-Display. Zwei Motoren, 1,5-Liter-Benziner mit 150 PS und ein gleich leistungsstarker Diesel mit 2,2 Litern Hubraum. Gutes Programm. All das lässt sich aber noch Zeit, um zu uns zu kommen: bis Jänner 2018.

Mitsubishi Eclipse Cross, das SUV mit dem Talent zum Weltauto. New York: Kein Wunder, dass hier kaum wer parkt.

Aufgeräumtes Cockpit, doch voll mit allem, was die Elektronik hergibt.

Stadt Preis/Stunde (€) New York/Manhattan 23,90 London 8,00 Stockholm 7,80 Athen 5,70 Oslo 5,30 Mailand 5,20 Amsterdam 4,70 Tel Aviv 4,30 Wien 2,20 Graz 1,80 Salzburg 1,50 Innsbruck 1,40 Linz 1,30 Wiener Neustadt 1,20 Dornbirn 1,10 Bregenz 1,10 Erhebung: Drivy-Carsharing

ZAHL DES MONATS

16

GOLD & SILBER

Prozent der Österreicher interessieren sich „sehr“ für das Thema Auto/Motor, so eine aktuelle Imas-Studie. Bei den 14- bis 29-Jährigen sind es 21 Prozent. So viel zur These, die Jüngeren machen nicht einmal mehr den Führerschein. Machen sie doch. Land-Stadt-Verhältnis übrigens: 17 zu 16 Prozent.

BENTLEY MULSANNE HALLMARK. Das Besondere an der auf 50 Stück limitierten Hallmark-Serie von Mulliner ist, dass sich der Käufer zwischen Gold und Silber entscheiden muss. Diese Materialien kommen tatsächlich zum Einsatz: in der Kühlerfigur, in den Intarsien, für Aufschriften. Außerdem wird ein sogenanntes Metallic-Leder mit goldenem Schimmer vernäht, außerdem Steppungen und Stickereien in Silber und Gold. Wäre dieses Auto ein Schiff, hätte es auch Rettungsringe aus purem Gold. Auf jeden Fall sieht man, wohin es gehen kann, wenn schon alles ausgeschöpft ist: in die Materialwahrheit.

14 autorevue 4/2017 extra

FOTOS: WERK, SHUTTERSTOCK

Das Sportcoupé dem Namen nach


REVUE // KOMMENTAR

Schrulle Schatulle

Rundumschlag mit Anlauf. Das Automobil verliert seine Transportkompetenz zugunsten einer umfassenden Modernität. Aber lesen Sie selbst!

B

licken wir auf das Auto, betrachten wir eine Antiquität. Seit vor hundertdrei Jahren der Elektrostarter und der Scheibenwischer erfunden wurden, hat sich nichts Wesentliches mehr getan. Elektroantrieb? Pah. Der ist doch älter als das Auto selbst. Und wir haben immer noch nichts Besseres erfunden als Scheibenwischer. Es sei denn … doch gemach! Das Auto, wenn es nicht aufpasst, wird zum Symbol der Stagnation. Stinkt, verpestet die Umwelt, ist für den Verlust von Millionen Menschenleben verantwortlich. Große Zweifel bei der Jugend in Städten. Wo parken, wohin noch fahren? Seit einigen Jahren versucht man, eine gewisse Moderne einzupfropfen durch Maßnahmen, deren Beweggründe meist außerhalb der Transportkompetenz liegen. Im Zweifel: Sicherheit. Doch vieles geschieht lediglich deshalb, weil es halbleitermöglich ist und nach Modernität aussieht. Flucht in die Komplikation zwecks vordergründiger Bequemlichkeiten und vager

um die Katastrophe zu verhindern. Sie haben die Wahl, in die fremde Schülergruppe zu rasen oder in die eigene Oma.“ Genau solche Situationen werden allenthalben durchgespielt und durchgerechnet. Aber wer traut sich ans Ergebnis? Bleibt in jedem Fall, festzustellen: Das Autofahren als erworbene Könnerschaft und stolze Verantwortung wurde uns entwunden von lieferpizzabefeuerten Sitzriesen, schlabbrig gekleideten ITlern zwischen Start-up und Arbeitsplatzangst, von Leuten, die per App Antworten herstellen, denen sie dann die Fragen nachliefern, aber auch von gefassten Herrschaften, die es besser wissen müssten. Sie erklären uns plötzlich die Autowelt und alle Techniker, alle Marketingbefugten, und ja, auch wir Journalisten, die befürchten, als verständnislose Vorgestrige zu gelten, machen eifrig mit. Das ist der Stand der Dinge, man muss sich nicht darüber aufregen, jedenfalls nicht mehr als über die sonstigen Möglichkeiten menschlichen Kontrollverlustes auf dem Wege der

FOTO: ANDREAS RIEDMANN

Dachten wir ans Auto, dachten wir an Freiheit. Doch plötzlich rüttelt jemand Fremdes am Lenkrad, biegt es auf die Spur zurück, blinkt uns mit Kaffeetassen an. Smartness, Einverleibung des Internets, Hoffnung auf Gadgets wie Selbststeuerung und allerlei Connectivity, was außer den Kindern und Early Adopters niemanden erfreut (und nur zusätzliche Arbeit schafft, ähnlich dem lästigen Flug-Einchecken am Vorabend zu Hause). Also: hupen per Handy, Ladestand prüfen per Smartphone-App, Verbrauchschallenge in der Cloud. „Bringe mich zum besten Italiener der Stadt.“ „Ihre Eingabe wurde nicht erkannt. Welchen Nachtklub möchten Sie aufsuchen?“ Wie aufregend. Was wir im Gegenzug zu diesen Errungenschaften hergeben, haben wir noch kaum begriffen. Und ist nicht Schuld des Automobils allein. Identität geben wir ständig preis mit Anlauf und Nachdruck. Aber dass wir dies auch im Auto tun müssen, der letzten Zelle individueller Entscheidungsfreiheit mittels Lenkrad, Gas und Kupplung, schmerzt besonders. Dachten wir ans Auto, dachten wir an Freiheit. Doch plötzlich rüttelt jemand Fremdes am Lenkrad, biegt es auf die Spur zurück, blinkt uns mit Kaffeetassen an und bremst unvermittelt – meist dann, wenn völlig harmlos eine Straßenbahn am Schubertring vorbeirumpelt. All das steht bereit und biegt uns sachte hin zum selbstfahrenden Roboterauto. Niemand fragte danach, jetzt ist es Gewissheit, obwohl, wie bei Atomkraftwerken, die End(lager)frage nicht geklärt ist: Bei wem bleibt die Verantwortung? Wer, längst führerscheinbefreit, kann noch reagieren, wenn das System w. o. gibt: „Fahrer, bitte übernehmen Sie. Es bleiben fünf Sekunden,

Gottwerdung zum Wohle der Menschheit. Doch vordringlich geht es wie bisher um Marktsättigung, Sättigung der Verkehrswege nach dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße, um massiv verklebte Interessenstränge schwerer und leichter Industrien. Die Elementarities des Autofahrens verlangen nicht danach. Wir können mit einem Simca 1100 noch immer problemlos von Scheibbs nach Stoob fahren, mit einem Nissan Bluebird von Osaka nach Nagasaki. Doch wir verlangen nach dem nächsten Daimler-Modell mit Advanced Lane-Assist und Stauverfolgung plus. Was geboten wird, wird auch genommen, was bei der Luxusklasse beginnt, sickert nach unten. Kleine Schaltkreise, große Wirkung. Der Weg führt in die virtuelle Abstraktion. Und hier komme ich wieder zum Scheibenwischer zurück, der alte Wischwasch, mein persönlicher Hero der bodenständigen Unzulänglichkeit. AN IHM FÜHRT KEIN WEG ZUR ZUKUNFT VORBEI. Irgendwie muss man diese perpetuierliche Lächerlichkeit, diese Schlierenzieherei vor unseren Nasen eliminieren. Lange hatte ich keine Antwort. Aber das vollautonome Auto wird sie weisen: Wir benötigen gar keine Fensterscheiben mehr, wir bekommen alles und noch viel mehr per Radar, Lidar und Kameras direkt in die hermetische Kiste projiziert! David Staretz // redaktion@autorevue.at 4/2017 autorevue extra 15


coverstory // Das neue Innen

Das Automobil steht an der Schwelle zur völligen Neuorientierung. Wohin? Auf dem Automobilsalon Genf zeigten die Avantgarde-Designer, wo es langgeht: „Nach innen, bitte!“ Von David Staretz

16 autorevue 4/2017 extra

fotos: andreas riedmann

Room, Space und Räumlichkeiten


fotos: andreas riedmann

D

as Auto, zukünftig autonom, gibt uns an der Garderobe ab. Nicht weiter schlimm, wir wollten eh gerade E-Mails checken. Wie schon zu Jahresbeginn in Detroit zeichneten sich auch jüngst auf dem Internationalen Automobilsalon Genf die Trends zum „Cocooning plus“ ab: Der Innenraum bekommt tiefere Bedeutung und neue Ideen. Designer können nicht ständig noch dynamischere Aerodynamik herstellen, ­ Motortechniker nicht noch stärkere oder elektrischere Antriebe, aber die Kuschelecke unter der C-Säule bietet immer noch neue Aspekte der Gestalt und der Form. Ist doch sinnvoll: Je weniger uns das Fahren ablenkt, desto wohnlicher geht es um Komfort, User Interface und Raumgestaltung nach wohn­ lichen Aspekten. Wenn man bedenkt, wie viele Möglichkeiten des Customizing allein Autofelgen bieten, dann bekommt man einen Begriff davon, was der Innenraum hergibt, sobald er von unnötigen Platzverstellern wie Lenkrad, Schalthebel etc. befreit ist. Auf dem Weg zum bewohnbaren Smartphone (was für eine wunderbare Allegorie!) wird im Auto zwar noch einiges umgekrempelt werden müssen. Erst wird einmal richtig gelüftet. Voll die ­Türen auf, lasst Zukunft rein! Chrysler überraschte mit der Ankündigung, den Portal, ein radikales Schiebetürkonzept der People-Mover-Klasse, in Serie bauen zu wollen. Völliger Entfall der B-Säule, raumgewordener Konstrukteurswille. Auch bei Lexus findet man die neue Art, Autos via gegenläufige Doppeltür zu öffnen. Das UX Concept steht für die neue Prahlerei mit der Steifigkeit. Seht herein, hier verwindet nichts! Der Lincoln Navigator ist nicht mehr ganz neu (stand im Herbst in New York), dennoch atemberaubend. Eine dreistufige Treppe senkt und öffnet sich, sobald die Flügeltür, nein, das Flügeltor hochgeschwenkt wird und die gesamte Raumflanke freigibt. > 4/2017 autorevue extra 17


COVERSTORY // DAS NEUE INNEN

PEUGEOT INSTINCT Der Lifestyle-Generator, wie wir ihn in zehn Jahren fahren, stülpt sich den Passagieren entgegen, nimmt gerne Vorschläge an, weiß es aber in der Regel besser. Deshalb schließt er nach uns auch die Haustür ab.

18 autorevue 4/2017 extra

Besuchern. Man stülpte geradezu den Innenraum nach außen. In scharfem Hellblau eröffnet sich ein Universum, dem man sich scheu nähert. Schließlich behaupten die Hersteller, dass uns dieses Auto verstehe, uns nämlich so gut kenne, dass es unsere Wünsche vorhersehen könne und prompt erfülle, „a car that is in true harmony with you“. Und dann fällt noch ein weiterer Begriff, den wir uns schon für die Zukunft merken können: seamless, also fugenlos. Fugenlose Cockpits, that’s it for the moment! Siehe Audi, speziell das Q8 Sport Concept, dessen Dashboard in durchgehend horizontalen Linien durchfließt. Den Begriff Freedom, den Peugeot in Zusammenhang mit seiner Studie strapa-

SEDRIC Volkswagen hat sich seines Namens besonnen und versucht sich an einer auf Transportfunktion reduzierten Commuter-Lösung. Endlich, wie man sieht, ist das Problem an Randsteinen beschädigter Felgen damit endgültig gelöst.

FOTOS: WERK

Zurück zum People-Mover-Syndrom. Volkswagen, neuerdings auf Sinnsuche, hat sich von fahrerlosen People-Pods in Heathrow inspirieren lassen und den Sedric vorgestellt, das ewig schmucklose Commuter-Konzept, elektrisch betrieben, ausgestattet mit Schiebetüren und verdeckten Rädern. Statt Lenkrad und Hebelei gibt es nur drei Knöpfe: Go, Stop, Call Operator. Der Name Sedric ist ein Akronym aus Self Driving Car und bewegt sich auf Level fünf, dem obersten der AutoRobotisierung: Eingriffsbehelfe fehlen, Auto trifft situationsbedingt eigene Entscheidungen. Mittels 60-kWh-Unterflur-Batterie soll es bei bescheidenen Geschwindigkeiten 400 Kilometer Reichweite erzielen. Man gibt (per App oder so) das Ziel ein, den Rest erledigt der Pod. Dockt sich auch selbsttätig zum Nachladen an. Im Grunde ist das alles nicht neu, doch aktuelle Sensortechnik (und damit ist Sedric reichlich bestückt), macht vieles möglich. Als Access-Badge trägt man so ein Ding um den Arm, womit sonst Omas aus der Badewanne den Notdienst rufen. Der Innenraum hat diesen sich modisch etablierenden Lounge-Charakter, worin nun für einige Dekaden allenthalben die Zukunft Platz nehmen wird. Aber vorerst müssen noch Level drei und vier des autonomen Fahrens (mit menschlichem Lenkeingriff im Notfall) eingedost werden, ehe wir uns an das völlig selbstlose Commuten wagen dürfen. Ganz anders und richtig spektakulär öffnete sich Peugeots Instinct Concept den


LEXUS UX Wie der Peugeot vereint auch der UX ein muskulöses Auftreten mit Open-Lounge-Atmosphäre. Aber die Vordersitze sind so verrückt, dass man spezielle Abhandlungen darüber verfassen müsste. Stichwort: Synthetic Spider Silk.

ziert, kann man aber gleich wieder vergessen. Denn erstmals kommt ein Auto zusammen mit einer kompletten IOT-Plattform (Internet of Things), der Samsung Artik Cloud, die das Auto mit der Cloud des Users verbindet. Gib an der Pforte jede Hoffnung auf Privatsphäre ab! Neu ist auch, dass vier Fahrmodi angeboten werden, zwei für Selbstfahrer (Drive Boost oder Drive Relax), zwei für autonomes Commuten (Autonomous sharp oder Autonomous soft). In diesem Falle falten sich die Bedienelemente weg bis auf einen 9,7-InchScreen, auf dem man richtungsweisende Eingaben machen kann. Zuruf sollte aber reichen. Das Focal-Hi-Fi-System startet mit dem Song, den man gerade zu Hause nicht zu Ende hören konnte (weil man, wie es das OnBoard-System per Smartwatch mitgeteilt hat, 15 Minuten früher aufbrechen musste, um trotz Stau und Schlechtwetter pünktlich beim Meeting zu sein – aber diese Nummer


COVERSTORY // DAS NEUE INNEN CHRYSLER PORTAL Der Tesla X für die Millennials der zweiten Generation Start-up. Komplett vernetzt und drei Sitzreihen. Lenkrad gegen Aufpreis? Nein, es versenkt sich automatisch im Automatik-Modus. Reichweite: 400 Stromkilometer.

LINCOLN NAVIGATOR Seltsam, man kann nicht anders, als sich den amerikanischen Präsidentendarsteller vorzustellen, wie er die Hühnerleiter zum Lincoln emporsteigt. Teak, Chrom, sechs Sitze, aber die Zukunftsbotschaft bleibt doch etwas verhalten.

20 autorevue 4/2017 extra

sive auf dem US-Markt. Fantastischer Innenraum, schwebender Riesen-Screen, perspektivische Lüftungsgitter, reptilienartige Mittelkonsole und über allem eine Uhr des französischen Hersteller B. R. M, die erst bei Drücken des Startknopfes ausschwenkt. Der Kampf gegen die Konkurrenz – die durchaus luxusaffin ist – wird über das Innenraumdesign geführt. Dafür, dass die neue Raumwunderwelt durchaus konkrete Ergebnisse zeigt, stehen

BENTLEY EXP12 Da fliegt das Blech weg und man vergisst, zu fragen, ob es Dach gegen Aufpreis gibt. (Antwort: „Seemingly rather not.“) Der gehörnte Lenkstock inmitten des Rindernacken-Ambientes lässt auf martialische Leistungsschübe und direkte Lenkübersetzung schließen.

FOTOS: WERK

erzählt uns wirklich jeder Autohersteller). Neu aber: Startet man den Motor, werden die Haustüren automatisch verschlossen. Tcha! Aber gestern warst du faul mit Cardio, deshalb bleibt der Wagen zehn Minuten vor deinem Büro stehen, damit du ein bisschen Bewegung machst. Das System lässt sich aber mit guten Worten/Gesten zur Ziellandung überreden. Der Shooting Brake ist als Plug-in-Hybrid konzipiert und soll rund 300 PS leisten. Wollt ihr mehr hören über Roominess? Dann zu etwas ganz anderem. Bentley-Chefdesigner Stefan Sielaff, einst am Audi TT tätig, später erfolgreich im Volkswagen-Konzern mit Zwischenspiel bei Mercedes, ist seit 2011 Leiter Innendesign Audi und seit 2015 zusätzlich Designchef bei Bentley. In dieser Funktion kreierte er den EXP 12 Speed 6e EV Concept, einen elektrisch betriebenen Roadster mit fetter Lederausstattung und gehörntem Lenkkolben. Sollte man gesehen haben. So muss Bentley! Schon 2015 stellte der Designer JeanLouis Bui eine (virtuelle) Hommage an den Citroën DS von 1955 vor. Unglaublich gelungen, man hofft (www.designboom.com). In Genf zu sehen war der DS 7 Crossback, aufgestellt gegen Audi Q2 oder BMW X1 oder Lexus NX. Möglicherweise, so die Gerüchte, startet Citroën mit diesem Modell eine Offen-



COVERSTORY // DAS NEUE INNEN

Die Show geht weiter

22 autorevue 4/2017 extra

Und zwar auf der Straße. Fünf ausgewählte Repräsentanten der wirklichen Wahrwerdung. DS 7 CROSSBACK Erstes von sechs neuen eigenständigen DS-Modellen im Konzern. Schlicht, edel, überzeugend. Grandioser Innenraum, echter PremiumHerausforderer. Auslieferung ab Jänner 2018, Preise ab 30.000 Euro.

VW TIGUAN ALLSPACE Ab September ist der um zwanzig Zentimeter verlängerte, maximal siebensitzige Kodiaq-Counterpart zu haben. Allrad und Doppelkupplungsgetriebe sind in den Topausstattungen Serie.

VOLVO XC60 Ab Herbst in Auslieferung: Die zweite Generation des Erfolgs-SUV. Sicherheitsfeatures krallen das Auto fest; neuerdings kommt „Oncoming Lane Mitigation“ an Bord, um Kollisionen mit entgegenkommenden Fahrzeugen zu vermeiden.

AUDI Q8 SPORT CONCEPT Vorschau auf 2018, RS-Modell. 450 PS vom TFSI-Sechszylinder. 48-Volt-Bordnetz. Rekuperiert sich einen Liter Verbrauch weg. Nettes, lang ersehntes Detail: Schaltshifter als Handballenauflage bei Touchscreen-Eingaben.

RANGE ROVER VELAR Soll im Sommer kommen, und man kann jetzt schon sagen: Der Name ist das schwächste Detail. Knapp über Schrittgeschwindigkeit ziehen sich die Türgriffe ein. Schmale Scheinwerfer, aber in der LED-Matrix-Ausführung wahre Röntgenbrenner.

PORSCHE PANAMERA SPORT TURISMO Warum nicht gleich? Sieht doch gleich besser aus. Rechtzeitig zum Auslaufen des Mercedes CLS Shooting Brake platzhirscht er ab Oktober durchs Premium-Top-Geläuf.

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN

Wohnmodelle wie der (auf Kodiaq-Dimensionen aufgeblasene) VW Tiguan Allspace, die Zweitauflage des Millionensellers und Premiumsegment-Kaisers, und der betörend schöne Volvo XC60, teilautonom bis Tempo 130. Onlinedienste wie „Guide & Inform“ und „Security & Service“ sind serienmäßig an Bord, App-Connect kostet extra. Den Audi Q8 kennt man schon von mindestens drei Studien, diesmal heißt sie Q8 Sport Concept, hat drei Meter Radstand, rahmenlose, sensorgesteuerte Türen und dank Mild-Hybrid und E-Turbo eine Reichweite von 1.200 Kilometern. Stauverfolgung per Elektromotor. Bedien- und Anzeigeflächen sind in das sogenannte Black Panel integriert – ein schwarzes, hochglänzendes Band, eingefasst von einer Aluminiumspange. Im ausgeschalteten Zustand ist der Bildschirm unsichtbar in die Fläche eingebettet. Wie schwebend über dem Mitteltunnel dient sich eine Konsole an, die den Shift-by-WireHebel birgt. Neu: großes Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktionen. (Bald sparen wir uns tatsächlich die Windschutzscheibe samt Wischer.) Überraschend brachte Range Rover einen SUV zwischen Evoque und Range Rover Sport, den Velar auf F-Pace-Basis. Abgehoben dank Luftfederung. 670-Liter-Kofferraum. Scheinwerfer mit Laser-Matrix-LED röntgenisieren die Nacht. Dunkle Displays erwachen erst bei Annäherung. Zwei übereinanderliegende 10,2-Zoll-Bildschirme bilden das Infotainment-System Touch Pro Duo. Über den oberen, um dreißig Grad schwenkbaren Schirm lassen sich Navi, Medien und Telefon bedienen, der untere ist gebogen und für die Klimaeinstellung sowie Terrain Response zuständig. Wischen und Zoomen wie beim Smartphone. Dass auch Porsche hier in der aktuellen Raumwunderzone mitmischt, liegt am neuen Panamera Kombi, genannt Panamera Sport Turismo. Der Fünfsitzer sieht nun wirklich so aus, wie man sich das immer gewünscht hätte, schlanker als die Limousine, eleganter. Ums Laden geht es ja nicht so: Zwanzig Liter mehr Kofferraum erfreuen keinen Malermeister. Aber eine fünfte Person kann erstmals im Panamera mitfahren, immerhin ohne den Kopf einziehen zu müssen. Rechenbeispiel: Wenn jeder 20.000 Euro für den Neuwagenpreis einbringt, kann man eine perfekte Kauf- und Wohngemeinschaft bilden. <



neu // opel insignia grand sport

Lux Aeterna

Opels neuer Technologieträger hält nicht nur das mittlerweile in der Mittelklasse etablierte hohe Niveau der Infotainmentund Sicherheitselektronik, sondern sticht mit ausgeklügeltem Matrix-LED-Licht und weitreichender Individualisierung aus der Masse hervor. Von Julian Sparrer

W

ährend sich alles um Opel sorgt, schickt es munter ein Modell nach dem anderen auf die Straße. Drei der sieben Modelle, die 2017 auf den Markt kommen, sind Insignias, und den Anfang macht die Grand Sport getaufte Limousine. Gegenüber dem Vorgänger hat sie bis zu 175 Kilogramm abgenommen, was der komplett neuen Plattform zu verdanken ist, die bereits bei der Rohkarosserie 73 Kilogramm einspart. Mit verringerter Sitzhöhe vorne und hinten konnte man trotz drei Zentimetern weniger Fahrzeughöhe die Kopffreiheit vorne konstant halten und hinten gar um acht Millimeter erhöhen, der verlängerte Radstand gewährt den Fondpassagieren zudem mehr Beinfreiheit. 24 autorevue 4/2017 extra

In diesen Rahmen hat Opel das gesamte Sicherheitsbrimborium von Spurhalteassistent und 360-Grad-Kamera über Gefahrenbremsung bis zum adaptiven Tempomaten eingebaut, wie es mittlerweile zum guten Ton gehört. Der adaptive Tempomat beschleunigt angemessen bei frei werdender Spur und bremst nicht zu ruckartig ab. Die Fähigkeit, bei gesetztem Blinker den Sicherheitsabstand kurzfristig zu reduzieren, konnten wir mangels passender Situation leider nicht überprüfen, sie ist aber eines der vielen ­Beispiele der angenehm praktischen Orientierung von Opel. Ein weiteres ist etwa die Höhenverstellung des Head-up-Displays per eigener Taste direkt neben dem Lenkrad. So fühlt man sich von der Fülle an Sicherheits-,

Beim Aufsperren vollführen Frontund Heckleuchten eine olympische Begrüßungszeremonie aus wechselndem Wischen und Pulsieren.


shortcut Was wir mögen

Das Aufeinandertreffen von praktischer Grundauslegung und Verwöhnung aller Arten. Was uns fehlt

Flexibilität im Handgelenk für die geraden Gänge. Was uns überrascht

Dass vorher noch niemand auf die Farbgestaltung via FotoUpload gekommen ist. Perfekt, wenn

foto: werk

… man uneitle Limousinen auf neuestem Technikstand mag. Die Konkurrenz

Kia Optima, Ford Mondeo, Škoda Octavia, Hyundai i40, VW Passat.

Komfort- und Infotainment-Extras nicht ­erschlagen, auch wenn die ausschließliche Bedienbarkeit der Untermenüs über den Bildschirm beim Fahren nicht unbedingt die beste Lösung ist. Features wie der Qi-Ladestandard für Smartphones, der 4G-WLAN-Hotspot und die Erweiterung der OnStar-Services um ­Hotelbuchung und Parkplatzsuche, die tatsächlich ein Mitarbeiter übernimmt, sind eher der Form halber zu nennen. Für uns machen den Komfort mehr die perfekt unsere Lenden umfassenden Sitze mit Prüfsiegel der Aktion Gesunder Rücken, die Sitzbelüftung vorne und das beheizbare Alles von Frontscheibe bis Fondsitze aus. Dazu gesellt sich ein gemütliches, aber auch bei hohen

Geschwindigkeiten wankfreies Fahrwerk, das in Verbindung mit dem präzisen Lenkverhalten Spurwechsel aller Arten enorm entspannt gestaltet. Lediglich das LenkFeedback und das Lenkrad selbst gehören nicht zu den besten. Kommen wir zum Erstaunlichen: Aufgedoppelt auf 32 Segmente umzirkeln die neuen Matrix-LED-Leuchten andere Verkehrsteilnehmer noch präziser und sorgen auch bei Gegenverkehr für volle Ausleuchtung mit 400 Metern Reichweite. Nimmt die Kamera eine Ortseinfahrt wahr, wird das Fernlicht ab- und das Abbiegelicht beidseitig zur besseren Rundumsicht eingeschaltet. Beim Aufsperren vollführen Front- und Heckleuchten eine olympische Begrüßungszeremonie aus 4/2017 autorevue extra 25


NEU // OPEL INSIGNIA GRAND SPORT

Ausblendung anderer Verkehrsteilnehmer durch die Matrix-LED-Scheinwerfer. Das beidseitige Abbiegelicht leuchtet Kreuzungen aus.

Übersichtliches Cockpit mit Ablagen vor und hinter dem aufgrund seiner langen Wege nicht ganz optimal positionierten Schalthebel. Rechts sehen Sie gleich zweimal viel Platz: oben beheizt für Passagiere, darunter unbeheizt für Koffer.

wechselndem Wischen und Pulsieren. Genauso fancy sind die Individualisierungsoptionen unter dem Siegel Opel Exclusive. Highlight ist die individuelle Abmischung der Lackfarbe, die gerne auch aus FotoUploads erfolgen kann. Eigene Felgen und später eigene Interieurs und Belederungen runden die Optionen ab, die einzeln bestellbar und durchaus erschwinglich sein sollen (Preise stehen noch aus). Ein Novum ist auch die Doppelkupplung an der Hinterachse beim Allrad des Top-Benziners, die beide Hinterräder unabhängig voneinander ansteuern kann und so Torque Vectoring ohne Bremseingriffe ermöglicht. Unsere favorisierte Konfiguration ist aber noch immer der 1,5-Liter-Benziner mit 165 PS, der auf dem etwas kleineren Aggregat des Astra basiert und niedertourig fast lautlos gleiten lässt, während er beim Hochdrehen kernigen Klanges ordentliche Kraftreserven offenbart. 26 autorevue 4/2017 extra

Der Zwei-Liter-Diesel läuft unten leider nicht ganz so ruhig wie die besten seiner Zunft und im oberen Drehzahlbereich wirkt er etwas verhalten. Zudem setzen die langen Wege des leicht hinten angesetzten Schalthebels bei den geraden Gängen ein bewegliches Handgelenk voraus. Auch könnte das Material der zentralen Schalter an der Mittelkonsole etwas hochwertiger sein. Das sind jedoch verhältnismäßig kleine Anlässe zum Keppeln in einem sonst durch die Bank überzeugenden und teils beeindruckenden Gesamtpaket, das im Bereich Licht Maßstäbe setzt, in puncto Komfort-Features bei der Spitze der Mittelklasse dabei ist und eine allgegenwärtige Praktikabilität ausstrahlt. Opel verspricht, bei Vollausstattung gut 30 Prozent unter vergleichbaren deutschen Premiums zu liegen. Diese Ansage könnte der Konkurrenz ebenso wie GM missfallen. <

Preise Noch nicht festgelegt. Einstieg dürfte bei € 28.000,– liegen. Antrieb 4-Zylinder-Turbomotoren, 6-Gang-Schaltgetriebe, 6-/8-GangWandlerautomatik, Front-/ Allradantrieb. 1,5 DI Turbo 1.490 ccm, 103 kW (140 PS), 250 Nm, 0–100 in 9,9 sec, Spitze 210 km/h, CO2 129 g/km, Normverbrauch 5,7 l/100 km. 1,5 DI Turbo 1.490 ccm, 121 kW (165 PS), 250 Nm, 0–100 in 8,9 sec, Spitze 222 km/h, CO2 136 g/km, Normverbrauch 6,0 l/100 km. 2,0 DI Turbo 1.998 ccm, 191 kW (260 PS), 400 Nm, 0–100 in 7,3 sec, Spitze 250 km/h, CO2 197 g/km, Normverbrauch 8,6 l/100 km. 1,6 ECOTEC Diesel 1.598 ccm, 81 kW (110 PS), 300 Nm, 0–100 in 11,6 sec, Spitze 205 km/h, CO2 105 g/km, Normverbrauch 4,0 l/100 km. 1,6 Diesel 1.598 ccm, 100 kW (136 PS), 320 Nm, 0–100 in 10,5 sec, Spitze 211 km/h, CO2 114 g/km, Normverbrauch 4,3 l/100 km. 2,0 Diesel 1.956 ccm, 125 kW (170 PS), 400 Nm, 0–100 in 8,7 sec, Spitze 226 km/h, CO2 136 g/km, Normverbrauch 5,2 l/100 km. Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4.897/1.863/1.455 mm, Tank 62 l, Kofferraum 490 bis 1.450 l. Gewicht ab 1.440 kg, Anhängelast 1.405–2.200 kg. Ausstattung Selection: Klimaautomatik, 7-ZollTouchscreen, LED-Tagfahrlicht, LEDRückleuchten, USB-Schnittstelle, Tempomat, Außenspiegel elektrisch und beheizbar, Notbremsassistent, Spurhalteassistent, Abstandsanzeige, Pannenset etc. Edition: Multifunktionslederlenkrad, Apple CarPlay und Android Auto, Opel OnStar, Nebelscheinwerfer etc. Dynamic: Navi mit 8-Zoll-Touchscreen, Alu-Sportpedale, Ambientebeleuchtung, Mittelkonsole hinten, teilelektrischer Fahrersitz mit AGRSiegel, 18-Zoll-Alufelgen etc. Innovation: Zwei-Zonen-Klima, 17-Zoll-Alufelgen, Komfortsitze, Einparkhilfe vorn und hinten etc.

FOTOS: WERK

DATEN OPEL INSIGNIA GRAND SPORT


NEU // SUBARU XV

Mehr X, mehr V

Das Crossover-Erfolgsmodell Subaru XV geht in die zweite Runde. Schärferes Design, neue Plattform und, so sagen seine Väter: „Mehr Fun, mehr Adventure, mehr City-SUV.“

FOTOS: WERK

I

m Vorjahr noch Studie, jetzt Realität: Der bewährte Subaru XV steht in seinem zweiten Leben (nach fünfjähriger Bauzeit des Millionensellers) auf neuer „Subaru Global Platform“. Der Tiguan-Herausforderer gefällt durch seine bewährt imposante Höhenlage (über 22 Zentimeter Bodenfreiheit) und durch neue innere Werte: Die Karosserie sei um siebzig bis hundert (!) Prozent steifer als die des Vorgängers, sagen die Konstrukteure, womit sich der neue XV für sämtliche „Fun Adventure“-Anforderungen empfiehlt, schließlich ist das bewährte Allradsystem „Symmetrical AWD“ montiert, mit Active Torque Vectoring für den raschen Grip am passenden Rade. Erstmals an Bord: die elektrische Parkbremse. Der Boxermotor wurde neu überarbeitet, das CVT-

Getriebe kann auch in sieben Stufen geschaltet werden. Zur serienmäßigen Sicherheitsausstattung des Subaru XV zählt das „EyeSight“-Assistenzsystem, das unter anderem ein Notbremssystem mit Kollisionswarner, einen Spurhalteassistenten sowie eine adaptive Abstands- und Geschwindigkeitsregelung integriert. Dazu gibt es einen

SHORTCUT Was wir mögen

Verringerte Seitenneigung gegenüber dem Vorgänger um fünfzig Prozent. Was uns fehlt

Stärkere Herausarbeitung der Boxer-Philosophie. Was uns überrascht

Bis zu hundert Prozent mehr Steifigkeit, um vierzig Prozent mehr Energieaufnahme beim Crash. Reziprok zum Vorgänger. Die Konkurrenz

Die gesamten Premium-SUVCrossover-Segmente. Warten wir die Preisgestaltung ab.

Fernlichtassistenten, aktives Kurvenlicht, Totwinkel-, Spurwechsel- und Querverkehrsassistenten. Gegenüber dem Vorgängermodell gefällt er durch seine akzentuierte Linie, zeitgemäße Extras und direktere Lenkübersetzung. Das Fahrwerk, aufbauend auf den, wie erwähnt, versteiften Rahmen, wurde sportlicher ausgelegt, woran neuerdings auch ein Stabilisator an der Hinterachse beteiligt ist. Über das Infotainment-System ist noch nicht mehr zu erfahren, als dass sich der Acht-ZollTouchscreen mit einem Smartphone koppeln lässt. Bei den österreichischen Händlern trifft der XV im Herbst ein. Dann wählen wir statt dem „Cool Gray Khaki“ wohl lieber das ebenfalls neu angemischte „Sunshine Orange“ als Wagenfarbe. David Staretz

Frischer Innenraum mit offensichtlich starker Betonung des Infotainments. Außen sind vor allem die Heckleuchten neu.

DATEN SUBARU XV Motor 4-Zylinder-Boxermotor, DOHC, Diesel-Direkteinspritzung. Hubraum 1.995 ccm, Leistung 115 kW (156 PS). Max. Drehmoment 196 Nm. Kraftübertragung Stufenloses CVTAutomatikgetriebe Lineartronic, handschaltbar im 7-Stufen-Modus. Permanenter Allradantrieb „Symmetrical AWD“. Abmessungen Länge/Breite/Höhe 4.465/1.800/1.595 mm. Radstand 2.665 mm. Bodenfreiheit 220 mm. Reifen 225/55 R18. 4/2017 autorevue extra 27


NEU // SUZUKI SWIFT

Breit- statt großspurig

Macht nicht viel Trara, steht aber so rundum überzeugend und fesch unter den Kleinwagen, dass die anderen plötzlich viel zu erklären haben. Zum Beispiel, warum sie keinen Allrad schaffen.

28 autorevue 4/2017 extra

ohnedies zahlenfrei am besten erfassbar: in feiner Schlüssigkeit ineinanderfließende Linien, die breitere und etwas wuchtigere Front trägt einen Grill, wie er auch Hyundai- oder Audifahrern nicht fremd ist, die Kotflügel sind dezent muskulös ausgeformt, die breiten Schultern suggerieren eine Robustheit, die sich von der jetzt leichteren Karosserie nicht schwächen lässt: Was an Gewicht gespart werden konnte, spielen hochfeste Stähle und raffinierte Konstruktion mehr als herein. Man wird den Swift gerne in bunten Farben ordern, sie sind brillanter geworden und heißen auch danach: Speedy Blue, Burning Red. Wer weniger Schreiendes bevorzugt, wählt etwas aus dem gut bestückten Mausgrau-Spektrum. Als einer der wenigen seines Segments ist der Swift auch mit Allradantrieb zu haben, er wird deutlich begehrter sein als es der Diesel war, daher purzelt Letzterer aus dem Programm. Bleibt ein 1,2-Liter-VierzylinderSauger mit 90 PS (wahlweise als Mild Hybrid) und der 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbo mit 112 PS, immer als Mild Hybrid geliefert. Erste Fahreindrücke: Die erfrischende

Vom Chronografen inspirierte Instrumente und ein Kofferraum, der 54 Liter zugelegt hat.

SHORTCUT Was wir mögen

Autos, die keine Fehler machen und sich dennoch nicht zu wichtig nehmen. Was uns fehlt

Ein paar Swift-Kunden wird der Diesel fehlen. Was uns überrascht

Das Design, mit jeder Generation. Und dass es so wenige andere kleine Allradler gibt. Perfekt, wenn

… man gute Autos mag. Die Konkurrenz

Alle Kleinen von Fiat Panda über Citroën C3 bis zum Polo.

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN

E

s ist diese beiläufige Selbstverständlichkeit, mit der Suzuki mitten im Straßenbild steht: trommelt sich nicht auf die Brust, sondern baut einfach stimmige Autos, die sich selbst bestens erklären, bespielt dabei die Segmente, die es beherrscht, und lässt den Rest einfach aus. Zum Beispiel mit dem Swift seit dem allumfassenden Reset 2005: schmiegte sich beim Design immer ein bisserl an den Mini, ohne sich jemals des Kopierens verdächtig zu machen, entwickelte sich mit dem Modellwechsel 2010 evolutionär zu einer Stimmigkeit, die die jetzige Erneuerung gar plötzlich ums Eck biegen lässt: tatsächlich, schon wieder sieben Jahren vergangen! Der neue Swift für Zahlenliebhaber: 120 Kilogramm leichter, 13 Millimeter kürzer, 35 Millimeter breiter, 20 Millimeter längerer Radstand, ein Viertel mehr Kofferraum, drei Prozent leiser, acht Prozent aerodynamischer, und der 1,2-Liter-Motor verbraucht um fünf Prozent weniger. Den abermaligen Fortschritt beim Design will man gar nicht in Prozent messen, er ist


Stimmiger und stämmiger Auftritt von hinten und deutlich runder als der Ignis, damit ist der Unterschied größer als die messbaren 17 Zentimeter. Gute Mischung aus hellen und dunklen Blenden innen, und hinten leuchten LEDs rück.

Leichtfüßigkeit bleibt bis tief ins Überlandtempo spürbar, der Dreizylinder deklariert sich akustisch kaum, das Fünfganggetriebe ist so gut abgestimmt, dass man nie an einen sechsten Gang denkt. Gemeinsam mit den feinen Platzverhältnissen und dem erwachsenen, verbindlichen und dabei komfortablen Fahrwerk stellt sich ein Fahrgefühl ein, das den Kleinwagen davonwächst. Wie ernst der Swift seine Jugendlichkeit nimmt, zeigen auch die Instrumente im Chronometer-Design. Navi, Vernetzung und adaptiver Tempomat (alle drei Serie im Toplevel flash) dürfen dann gerne Erwachsenes hereinspielen, und das Hartplastik des Innenraums gibt sich erst zu erkennen, wenn man draufklopft. Kann man, muss man aber nicht. Martin Strubreiter

DATEN SUZUKI SWIFT Antrieb 3-Zylinder-Turbobenziner bzw. 4-Zylinder-Benziner (auch als Mild Hybrid SHVS), 5-Gang-Getriebe (1,2-l-2WD auf Wunsch mit CVT), Front- bzw. Allradantrieb. 1,0 DITC SHVS 998 ccm, 82 kW (112 PS) bei 5.500 U/min, 170 Nm/ 2.000–3.500 U/min, 0–100 in 10,6 sec, Spitze 195 km/h, CO2 97 g/ km, Verbrauch 4,8/4,0/4,3 l/100 km. 1,2 Dualjet ab ca. € 13.250,–, 1.242 ccm, 66 kW (90 PS) bei 6.000 U/min, 120 Nm/4.400 U/min, 0–100 in 11,9 sec, Spitze 180 km/h, CO2 98 g/ km, Verbrauch 5,4/3,7/4,3 l/100 km. 4WD: 0–100 in 12,6 sec, Spitze 170 km/h, CO2 110 g/km, Verbrauch 5,9/4,3/4,9 l/100 km. 1,2 Dualjet SHVS CO2 90 g/km, Verbrauch 4,5/3,7/4,0 l/100 km. 4WD: CO2 101 g/km, Verbrauch 4,9/4,2/4,5 l/100 km. Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 3.840/1.735/1.480 mm, Tank 37 l, Kofferraum 265–947 l. Gewicht 857–978 kg. Ausstattung clear: Klimaanl., el. FH vo., Lederlenkrad, CD-MP3-Radio. shine: + Sitzheizung vo., SmartphoneAnbindung, Privacy Glass. flash: + Alufelgen, Klimaaut., adaptiver Tempomat, el. FH hi., Navi, Keyless Start, Start/Stopp, LED-Scheinw. Extras Metallic, Dachkontrastfarbe.


REPORT WIRTSCHAFT & TECHNIK

„Wir sind die ersten, die es mit Tesla aufnehmen können“

2018 wird Jaguar sein erstes Elektroauto, den I-Pace, auf die Straße bringen. Wolfgang Ziebart, technisches Mastermind des Stromprojekts, über die Verdienste des Konkurrenten Tesla und darüber, was der neue Jaguar besser können wird.

30 autorevue 4/2017 extra

Jaguar ins Visier genommen hat: Tesla und sein Model X. Technisches Mastermind des Elektroprojekts war der ehemalige BMW-Entwicklungschef Wolfgang Ziebart, von 2013 bis 2015 Technik-Vorstand bei Jaguar Land Rover und nun im Ruhestand begleitend mit dem Serienstart des I-Pace befasst. Wir trafen ihn auf dem Automobil-Salon in Genf, mit einer drängenden Frage: 81 Jahre lang war Strom für Jaguar als Antrieb kein Thema, warum jetzt? „Das war eine Entscheidung, die Ralf Speth (CEO von Jaguar Land Rover, Anm.) und ich getroffen haben“, sagt Ziebart. „Das Thema Elektrofahrzeuge baute Momentum auf, als sich abzuzeichnen begann,

Die beiden E-Motoren, die an Vorder- und Hinterachse arbeiten, hat Jaguar selbst entwickelt, um sie möglichst kompakt halten zu können. Das Ergebnis: eine ansehnliche Leistung von 400 PS.

FOTOS: WERK

A

uf der Autoshow in Los Angeles war er letzten November die große Überraschung gewesen: der I-Pace, Jaguars erstes Elektromodell, ein radikaler Entwurf und ein enormer Schritt für die britische Marke. Während sich andere Marken seit Jahrzehnten mit alternativen Antrieben beschäftigen, will sich Jaguar Land Rover in Sachen E-Antrieb aus dem Nichts an die Spitze bringen. Mit dem I-Pace noch im Stadium eines Concept Cars wurde der Marktstart der Serie für 2018 angekündigt, gebaut wird er bei Magna in Graz. Mit 4,6 Meter Länge, 500 Kilometer Normreichweite und 400 PS – anhand dieser Daten kann man erkennen, wen


Die Bundesländer

Kärnten stagniert, alle anderen Bundesländer verzeichnen mehr Zulassungen als im Vergleichszeitraum 2016. Salzburg und Wien legen gar mehr als 20 Prozent zu.

Dass der Renault Zoe im Vorjahr das meistverkaufte Elektroauto war, klingt schlüssig: Gut bemessene Größe, gelungenes Design und ein sozial verträglicher Preis sind zwingende Argumente.

11.386

8.516

ELEKTROAUTOS

Es strömt

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN, WERK

Seit Anfang Jänner wird der Kauf von Elektroautos gefördert, wobei manch Bundesland auf die staatliche Förderung noch was drauflegt – eine Übersicht stand in der März-Autorevue. Die Frage, ob die Begünstigungen den Markt beflügeln, ist nicht so einfach zu beantworten: Zwar haben die Neuzulassungen von Elektroautos heuer abermals zugenommen, und zwar von 451 in den ersten beiden Monaten des Vorjahres auf 692 heuer. Mit dieser Steigerung um 53,4 Prozent liegt der heurige Jahresanfang allerdings unter den Zuwachsraten des Vorjahres. Denn 2016 war ein gutes Jahr für Elektroautos, 3.826 Verkäufe sind genau 128,1 Prozent mehr als im gesamten Jahr 2015 mit seinen 1.677 neu zugelassenen E-Autos. Damit notierte Österreich im Vorjahr 1,2 Prozent Elektroautoanteil unter den Neuen, was zierlich klingt – allerdings lagen die Hybridantriebe mit 4.392 Neuzulassungen auch nicht wesentlich höher. Die Liste der meistverkauften Elektroautos steht rechts, das Auffälligste dabei: Der VW Golf führt nicht! (Was sich aber mit dem demnächst präsentierten neuen ändern kann.) M.S.

Tesla Model S liegt hinter BMW i3 auf Rang drei. Elektroautos werden nicht immer zum Sparen gekauft.

2.404

4.568

9.406

6.734

4.356

1.613

2.680

ÜBERSICHT

AUTOMARKT IN ÖSTERREICH

Top-Marken Februar 2017 Marke, Marktanteil Stück Type 2017 I–II/17 VW 18,2 % 9.394 Škoda 7,6 % 3.925 Opel 7,0 % 3.626 Ford 5,5 % 2.850 Renault 5,4 % 2.783 Hyundai 5,3 % 2.751 Seat 5,2 % 2.704 BMW 4,6 % 2.396 Audi 4,6 % 2.387 Mercedes 4,5 % 2.349 Fiat 4,0 % 2.061 Peugeot 3,2 % 1.628 Kia 2,8 % 1.445 Dacia 2,7 % 1.381 Mazda 2,5 % 1.267 Nissan 2,4 % 1.247 Citroën 2,3 % 1.198 Toyota 2,1 % 1.075 Suzuki 2,0 % 1.029 Mitsubishi 1,2 % 603 Volvo 1,1 % 574 Smart 0,9 % 487 Jeep 0,9 % 472 Land Rover 0,7 % 361 Honda 0,7 % 348 Mini 0,6 % 312 Alfa Romeo 0,5 % 246 Porsche 0,3 % 164 Jaguar 0,3 % 144 Tesla 0,2 % 114 Subaru 0,2 % 82 DS 0,2 % 78 Lexus 0,1 % 75 Lada 0,0 % 23 Infiniti 0,0 % 16 SsangYong 0,0 % 12 Exoten 0,0 % 56 GESAMT 100,0 % 51.663

Stück I–II/16 7.855 3.397 3.476 2.823 3.242 1.703 1.986 2.586 2.913 2.239 1.702 1.538 1.302 1.222 1.526 1.007 1.047 691 656 510 521 249 440 411 440 278 172 178 87 69 94 91 58 13 8 13 33 46.514

Prozent +/− +19,6 % +15,5 % +4,3 % +1,0 % −14,2 % +61,5 % +36,2 % −7,3 % −18,1 % +4,9 % +21,1 % +5,9 % +11,0 % +13,0 % −17,0 % +23,8 % +14,4 % +55,6 % +56,9 % +18,2 % +10,2 % +95,6 % +7,3 % −12,2 % −20,1 % +12,2 % +43,0 % −7,9 % +65,5 % +65,2 % −12,8 % −14,3 % +29,3 % +76,9 % +100 % −7,7 % +69,7 % +11,1 %

Schon der Pkw-Markt 2016 entwickelte sich bestens, und die ersten beiden heurigen Monate liegen nochmals darüber, und zwar zweistellig. Davon profitieren die meisten Marken, aber nicht alle. Top-Elektroautos im Jahr 2016 Marke 1. Renault Zoe 2. BMW i3 3. Tesla Model S 4. VW Golf 5. Nissan Leaf 6. Mercedes B-Kl. 7. Kia Soul 8. Tesla Model X 9. VW Up! 10. Nissan NV200 11. Peugeot iOn 12. Citroën C-Zero 13. Hyundai Ioniq 14. Smart Fortwo 15. Mitsubishi i-MiEV 16. Mercedes Sprinter 17. Opel Stromos 18. Ford Focus 19. Renault Kangoo GESAMT

Marktanteil 21,7 % 19,7 % 15,0 % 10,6 % 8,7 % 7,7 % 6,6 % 3,7 % 2,0 % 1,6 % 1,0 % 0,9 % 0,5 % 0,2 % 0,1 % 0,0 % 0,0 % – –

Stück Stück Prozent I–XII/16 I–XII/15 +/− 829 278 +198,2 % 752 228 +229,8 % 575 492 +16,9 % 407 122 +233,6 % 333 156 +113,5 % 296 71 +316,9 % 251 165 +52,1 % 142 – – 75 59 +27,1 % 60 33 +81,8 % 38 9 +322,2 % 35 12 +191,7 % 21 – – 8 44 −81,3 % 2 3 −33,3 % 1 – – 1 – – – 4 −100 % – 1 − 3.826 1.677 +128,1 %

4/2017 autorevue extra 31


REPORT // WIRTSCHAFT & TECHNIK

Der ehemalige BMW-Entwicklungschef Wolfgang Ziebart war von 2013 bis 2015 das ElektrifizierungsMastermind von Jaguar Land Rover. Dann ging er in den Ruhestand, begleitet den I-Pace jedoch noch bis zum Marktstart.

32 autorevue 4/2017 extra

Wie erreicht Jaguar das? Ziebart: „Zum einen durch die Batteriegröße, wir haben eine Batterie mit 90 kWh, aber es sind auch andere Funktionen wie zum Beispiel der Antrieb an der Vorderachse, der durch Rekuperation die Reichweite signifikant vergrößert. Der normale Tesla etwa kann mit dem Motor an der Hinterachse circa 70 kW rekuperieren. Wir können – nur an der Vorderachse – 150 kW rekuperieren plus noch mehr an der Hinterachse. Man kann also einiges zurückgewinnen, wenn man dynamischer fährt. Wir haben außerdem fürs Heizen und Kühlen eine Wärmepumpe an Bord und nur durch diese Wärmepumpe können wir in einem Temperaturbereich von zehn bis 15 Grad die Reichweite um ungefähr 30 Kilometer steigern.“

Der I-Pace ist keine Elektroversion des F-Pace, sondern ein eigenständiges Modell mit Elektroplattform. Die Batterien im Unterboden und die E-Motoren an den Achsen lassen großzügig Raum für fünf Passagiere und Gepäck.

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN

dass bis 2020 Verordnungen nach einem bedeutenden Fortschritt verlangen würden. Es waren aber nicht nur die vorhersehbaren Vorschriften, sondern auch die Kunden, die nach einem Auto wie diesem verlangen.“ Ein Auto wie dieses? Ein schickes, leistungsstarkes, sportliches Elektro-SUV mit viel Platz, keine E-Version des F-Pace, sondern ein völlig eigenständiges Modell, das sich die Vorzüge der Elektrobauweise zunutze macht, Cab-forward-Design also, mit kurzen Überhängen, vier Türen, fünf Sitzen und reichlich Kofferraum. Wolfgang Ziebart: „Das Design eines Elektroautos ist nicht kompliziert, das Konzept war von Anfang an klar, und doch haben wir natürlich einige Umwege gemacht. Es ist Finbars Verdienst (Finbar McFall, Chef des Produktmarketings, Anm.), die Batteriedimension und die Reichweite festgelegt zu haben. Normalerweise braucht man immer einen Orientierungspunkt, den gibt es in diesem Fall aber nicht, wir mussten erst ein Gefühl dafür entwickeln, was auf uns zukommt.“ 500 Kilometer Reichweite, gemessen nach dem Normverbrauchszyklus, soll der I-Pace bringen. Im wirklichen Leben werden es zwar wohl eher 350 oder 400 Kilometer sein, je nachdem, wie viel geheizt oder gekühlt werden wird. Trotzdem: Das ist weit mehr, als die meisten anderen Elektroautos bieten, und reicht an jene Ansage heran, mit der sich Tesla Freunde macht.

Die beiden E-Motoren hat Jaguar wie die wichtigsten technischen Komponenten (auch die Batterie-Packs) im Haus entwickelt. Die Motoren sind besonders kompakt, 23 mal 50 Zentimeter, und wiegen nur je 38 Kilo. Die 90-kWh-Lithium-Ionen-Batterie besteht aus 36 Zellen, die nach ihrer Energiedichte und ihrem Wärmeverhalten gewählt wurden (von LG), sie arbeiten mit niedrigerer Temperatur und können länger hohe Leistung abgeben als zylindrische Zellen. Und wo steht Jaguar mit dieser Technologie im Wettbewerb derzeit? Ziebart: „Wir sind die Ersten, die es mit Tesla aufnehmen können. Die Nächsten, die kommen werden, sind nach unserer Sicht Audi, die sind ungefähr ein halbes oder ein Jahr hinter uns, und dann Mercedes. Bei BMW wissen wir von nichts, das relevant wäre.“ Der I-Pace wird in Österreich in der zweiten Jahreshälfte 2018 auf den Markt kommen. Preis gibt es noch keinen, Jaguar gibt jedoch an, dass der I-Pace etwa zehn bis 15 Prozent über einem leistungsmäßig vergleichbaren F-Pace-Modell liegen wird. Susanne Hofbauer



test

neu in der autorevue-garage

VW Golf 2,0 TDI Highline

Geliebtes Volk, werte Geeks

Volkswagen hat seinen Populärsten aufgefrischt. Was früher Facelift hieß, nennt sich nun „Update“ – klarer Hinweis darauf, dass ab sofort auch im Golf die Flatscreens hochgefahren werden. Von Stefan Schlögl Fotos Christopher Mavrič

34 autorevue 4/2017 extra


Sportsitze und Klavierlack verweisen auf ein Kreuzerl bei der Ausstattung Highline, zwei TFT-Schirme auf neue digitale Fertigkeiten.

S

itzt man im neuen Golf mit der fast bestmöglichen Bildschirmbestückung, also mit Active Info Display vor der Nase und einem Acht-ZollScreen in der Mittelkonsole, ist es so, also würde man einem Welt­ autokonzern beim Denken zusehen. Was, haben sich die Strategen in Wolfsburg wohl gefragt, wäre das Next Big Thing, um den Golf zu dem zu machen, was er immer wieder war? Der Chef­ innovator der Kompaktklasse nämlich. Historisch belegbar etwa sind die Erfindung des Breitensports (GTI), des Volks­ cabriolets sowie der kompakten Knauserei (TDI). Jetzt, im Jahr 2017, hätte sich vielleicht ein Stromschlag für die Massen an­ geboten. Also nicht bloß einen E-Golf im Portfolio, sondern einen echten, günstigen ­Fighter gegen die Reichweitenangst. Stattdessen hat man sich bei der Über­ arbeitung der seit 2012 gebauten Generation sieben für eine andere Revolution entschieden: den Golf als digitales Infotainment-Erlebnis. So viel Interaktivität, so viele in ­Untermenüs harrende Dienstbarkeiten gab es bislang in dieser Liga noch selten zu ­bestaunen. Dazu noch Gestensteuerung, erstmals in der Kompaktklasse. Wolfsburg spricht gar von einer „Demokratisierung des Fortschritts“. Letzterer ist vorderhand an zwei Bildschirmen abzulesen, einer hinterm Lenkrad, Active Info Display genannt, der andere im Mittelblock. Das digitale Duo ist ab der Ausstattung Comfortline optional zu haben, in der getesteten Edelvariante Highline verschwinden um 483 Euro die analogen Zeiger hinterm Volant. Im Mittelblock gibt’s im Golf ab sofort nur noch mehrfarbige Touchscreens, die Diagonale wächst mit der Bereitschaft, ein entsprechendes Kreuzerl in der Aufpreisliste zu machen. 4/2017 autorevue extra 35


TEST //VW GOLF 2,0 TDI HIGHLINE

36 autorevue 4/2017 extra

Raumklima zu digitalisieren. Schlecht: insgesamt 18 Knöpfe auf den Lenkradspeichen. Um die geschmeidig korrekt zu bedienen, bedarf es eines genaueren Studiums der Betriebsanleitung und einer gewissen Routine. Sonst schaut man sich immer wieder beim Zappen durch die Menüs zu, während an anderer Stelle mehr Aufmerksamkeit gefragt wäre. Auf der Straße etwa. Ein mittlerweile klassischer Zielkonflikt, den alle hochgerüsteten, zeigewütigen, assistenzgeladenen Fortschrittsvehikel mit sich herumfahren und der wohl erst durch die vollautomatische Mobilität gelöst sein wird. Den Teilautomatismus beherrscht der Digital-Golf zumindest jetzt schon souverän. Sein Spurassistent ist in Verbindung mit dem Abstandstempomaten ein verlässliches Komfortfeature für ausdauernde Autobahnfahrer. Kommt samt Verkehrszeichenerkennung um 722 Euro. Gut investiertes Geld. Ein Auto hat VW um den Hightech-Aufmarsch übrigens auch herumgebaut. Insgesamt sind die optischen Optimierungen am Golf der siebten Generation dezent ausgefallen. Prägnantere Lufteinlässe und diverse Chrom-Akzente sind zumindest vermerkt, der Rest ist bekannt, dank scharf gezogener Bügelfalten sogar etwas markant, ansonsten aber gewohnt No-Nonsense. Am leichtesten ist die Neuauflage an LED-Tagfahrlicht-

Zackiger definierte Lufteinlässe und LED-Sicheln verweisen von außen auf die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung. Viele Knöpfe am Lenkrad ebenso. Schicke Visuals lockern die Info-Dichte auf, rätselhaft indes die Botschaften auf den Dekorleisten.

SHORTCUT Was wir mögen

Die Display-Grafiken. Übersichtlich, smart, chic. Was uns fehlt

Schon ein bisserl das Selbstverständnis, mittlerweile mehr User als Fahrer zu sein. Was uns überrascht

Die Optik der Dekorleisten. Ist das der genetische Code des Designers? Oder gar die Konzern-DNA? Perfekt, wenn …

… man den „White Silver Metallic“-Lack bestellt. Quasi die Feudalvariante des hinlänglichen Rauchsilber-Metallisés. Die Konkurrenz

Ford Focus, Opel Astra, Toyota Auris, Hyundai i30, Renault Mégane, um nur einige zu nennen.

FOTOS: CHRISTOPHER MAVRIČ

Im konkreten Fall halten wir bei 20,3 Zentimetern, zwar ohne Gestensteuerung, aber samt Annäherungssensorik, heißt: wenn sich ein Finger der Scheibe nähert, werden zusätzliche Menüs eingeblendet. Wer drei Zentimeter mehr und das Maximum an digitalen Aufmerksamkeiten will, muss zum Premiumpaket inklusive LED-Scheinwerfern und Navi greifen (2.525 Euro) und nochmals 1.250 Euro drauflegen, um einzelne Funktionen per Handwachelei animieren zu lassen. So weit, so komplex – und niemand hat behauptet, dass es Demokratie für umsonst gibt. Zum Realitätscheck: Extrascharf strahlen die Pixel hinter superentspiegeltem Glas, acht Hauptmenüs stehen auf dem Touchscreen in der Mittelkonsole zur Wahl, sie alle verästeln sich logisch in subalterne Jobs wie Telefon-Link und Onlinedienste. Putztuch nicht vergessen! Für Hightech-Geeks wurde zwar etwas Eye Candy ausgestreut (futuristisch glimmt der Verbrauchsassistent, Stoppuhr und G-Messer in Jetfighter-Optik), bei den Normalo-Funktionen wie Radio oder Navi ist aber alles deutsch, also topseriös. Definitiver Bringer ist das Lenkrad-Display, dessen Grafik sich an die jeweiligen Aufgaben anpasst, dann etwa, wenn Tacho und Drehzahlmesser galant der Navi-Karte Platz machen. Gut: VW ist nicht der Versuchung erlegen, auch die Bedienelemente für das


DATEN VW GOLF 2.0 TDI HIGHLINE

Die beliebteste Kehrseite des Landes, jetzt ausschließlich mit LED-Leuchten, auf Wunsch auch mit animierten Blinkern. Audi-Fahrer staunen.

Sicheln an der Front und den Voll-LEDRückleuchten zu erkennen. Die beherrschen um 405 Euro auch animierte Blinker, was von um den Golf kreisenden Audi-Fahrern aufmerksam registriert wurde. Im Inneren dockt der Golf in der Ausstattung Highline, was Qualitäten und Komfort betrifft, fugenlos an die obere Mittelklasse an, was dann leider auch am Preis abzulesen ist. Samt einiger Wohltaten aus der Liste der Extras wird mit einem 2.0 TDI die 30.000-EuroGrenze locker überschritten. Tröstlich, zumindest: Wie ehedem liegen Lenkrad, Schaltknüppel, alle analogen Hebel und Tasten tadellos zur Hand. Auch bei Details wurde mitgedacht: Der bei Keyless Access heimatlose Schlüssel hat ein kleines Fach, das Smartphone wird in einer Schale induktiv geladen, die Getränkehalter klammern vorbildlich. Nicht so gut: zu wenig Ablagen. 150 PS hat der Zwei-Liter-Turbodiesel, ein echtes Drehmoment-Tier (340 Nm), das zwar etwas zäh von der Kupplung kommt, dann aber pronto in den roten Bereich saust. Von den Vorderrädern kommt dennoch kein Mucks, kein Zirpen dringt bis ans Lenkrad. Über die etwas brummige Akustik des 2,0 TDI hilft der Wille zur Sparsamkeit hinweg. 5,7 Liter Verbrauch sind bei einem Wagen mit quasi null Kilometern auf der Uhr tadellos. Ansonsten erledigt der Golf die klassischen Aufgaben der Fortbewegung mit

gewohnter Geläufigkeit. Der Sport-Trimm (famose Sitze, 17 Zoll Alu, adaptive, dreistufige Fahrwerksregelung) schärft das insgesamt harmonische Wesen dezent nach. Straff, aber nicht zu straff abgestimmte Dämpfer, die exakte Lenkung und eine Sechsgangbox, durch die sich geschmeidig die Gänge durchziehen lassen, verdichten sich zur Gewissheit, dass der Golf noch immer die Benchmark in seiner Klasse ist. Und das nicht nur wegen all der neuen digitalen Opulenz. Sondern auch als Auto an sich. <

Preis € 29.130,– (NoVa 4 %) Basispreis € 19.590,– (1,0 TSI Trendline) Steuer jährl. € 652,09 Motor, Antrieb 4-Zylinder-DITurbodiesel, 1968 ccm, 6-GangSchaltgetriebe, Frontantrieb Leistung, Drehmoment 110 kW (150 PS/3500–4000/min), 430 Nm/1750–3000/min Fahrleistungen 0–100 km/h 8,6 sec, Spitze 216 km/h, Normverbrauch/ CO2 gesamt 4,3 l/100 km, 109 g/km, Testverbrauch 5,7 l/100 km) Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4.258/1.799/1.492 mm, Tank 50 l, Kofferraum 380–1.270 l. Räder 225/45 R17 Gewichte Leergewicht 1366 kg, Zuladung 559 kg, Anhängelast gebr./ungebr. 1600/680 kg Sicherheit EuroNCAP *****/94/89/65/71 % (2012) Ausstattung Automatische Distanzregelung ACC mit CityNotbremsfunktion und Fußgängererkennung, 2-Zonen Klimanlage, Multifunktionsanzeige „Premium“, Radio „Composition Media“ (AUX- und USB-Anschluss, Touchscreen + Annäherungssensorik, ...) Multifunktions-Lederlenkrad, Sportsitze vorn, ZV mit FB, Nebelscheinwerfer und Abbiegelicht. Extras Metallic € 543,-, 4 Türen € 893,-, Komfortpaket inkl. Einparkhilfe vo. und hi. + Winterpaket € 752,-, Sky-Paket (PanoramaSchiebedach, Keyless Access) € 1.129,-, Premium-Paket (TFT-InfoDisplay, LED-Scheinwerfer, Navi) € 2.525,-, Navi „Discover Pro“ zusätzl. Gestensteuerung, 23,3 cm TFT) € 1.778,-, Spurhalteassistent € 728,-, LM-Räder Dijon € 267,-.

VERGLEICHBAR

Opel Astra 1,6 BiTurbo CDTI Innovation Preis € 26.490,– (NoVa 4 %) Steuer jährlich € 718,26 Antrieb 4-Zyl.-DI-Turbodiesel, 1.598 ccm, 118 kW (160 PS), 350 Nm, 6-Gang-Schaltgetriebe, Frontantrieb. Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4.370/1.809/1.485 mm, Kofferraum 370–1210 l, Gewicht 1.435 kg, Räder 225/45 R17 Fahrleistungen 0–100 km/h in 8,6 sec, 220 km/h, Normverbrauch/ CO2 5,1/3,6/4,1 l/100 km, 109 g/km)

Ford Focus 2,0 TDCI Preis € 27.500,– (NoVa 4 %) Steuer jährlich € 652,09 Antrieb 4-Zyl.-DI-Turbodiesel, 1.997 ccm, 110 kW (150 PS), 370 Nm, 6-Gang-Schaltgetriebe, Frontantrieb. Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4.360/2.001/1.480 mm, Kofferraum 363–1.262 l, Gewicht 1.460 kg, Räder 215/55 R16 Fahrleistungen 0–100 km/h in 8,8 sec, 210 km/h, Normverbrauch/ CO2 4,7/3,7/4,0 l/100 km, 105 g/km)


test // Toyota GT86

Dreh’ mich doch!

Pures, sportliches Autofahren ohne lästige Modeerscheinungen wie Turbo und elektronischen Spaßbremsen? Das gibt es tatsächlich noch neu und ab Werk zu kaufen. Überraschenderweise bei Toyota.

38 autorevue 4/2017 extra

geben kann. Ein echter Gewinn, das – was wäre ein Sportwagen ohne Ölthermometer? Auch die digitale Fraktion kommt auf ihre Kosten: Im Radioschacht steckt jetzt das Touch-2-Multimediasystem, das sich wahrlich mustergültig in Sachen Benutzbarkeit gibt. Wem der Radio etwas zu brustschwach erscheint, kann das per JBL-Anlage aus dem Zubehör kurieren. Ob das nach Tiefgaragenparken minutenlang verwirrte Navi ein Einzelfall war, konnten wir leider nicht verifizieren – aber das ist hier auch nicht das eigentliche Thema. Denn der GT86 will raus und gefahren werden. Man sitzt tief über dem Asphalt, wird von guten Sportsesseln umarmt, das Lederlenkrad liegt fein in der Hand, die Rechte fällt genau auf den Schalthebel des knochentrockenen Sechsganggetriebes. Startknopf, losfahren. Vorne unter der Haube schnattert der 2-Liter-Boxer ein gewohntes Lied, erinnert daran, dass der GT86 eine Koproduktion mit Subaru ist. Die Lenkung ist exakt und rückmeldungsfreudig, die Bremse verlangt einen etwas festeren Tritt, ist aber ebenso

shortcut Was wir mögen

Es gibt sie noch, die guten Dinge: analoges Autofahren für den Connaisseur. Was uns fehlt

Wo ist die versprochene Roadsterversion? (Für Leistungshungrige: der Kompressor.) Was uns überrascht

Dass so was aus dem eher konservativen Hause Toyota kommt. Perfekt, wenn

… kurvige Straßen den Weg zur Arbeit säumen. Die Konkurrenz

Am ehesten noch Mazda MX-5, BMW 2er und mit Fantasie Mercedes SLK.

fotos: andreas riedmann

W

enn Sie auf Elektromobilität stehen und nur darauf warten, dass endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für vollautonomes Fahren geschaffen werden, blättern Sie besser weiter, es gibt hier nichts zu sehen. Nicht, dass Toyota das nicht könnte – in Sachen Hybridisierung etwa versuchen andere Hersteller immer noch, Toyotas Vorsprung aufzuholen –, doch der GT86 richtet sich an die, die Freude am selbstbestimmten Autofahren haben und Fahrspaß erleben wollen. Er ist ein Sportwagen von klassischem Zuschnitt: Motor vorne, Antrieb hinten, oben drauf eine Coupé-Karosserie mit feiner Silhouette, jetzt im Zuge des Faceliftings etwas behübscht. Ein bisserl Kosmetik an der Front, den Felgen und an den Leuchten, somit wären die Äußerlichkeiten abgehandelt. Im Innenraum ist rechts neben dem analogen Drehzahlmesser und Tachometer ein kleines TFT-Display eingezogen, das etwa in G gemessene Beschleunigungswerte, Vitalwerte des Motors sowie Rundenzeiten aus-


Ein Griff zum Ganghebel, einen, besser zwei Gänge zurück und Feuer! Schön, dass es das noch gibt.

daten TOYOTA GT86 2,0 Boxer D4-S

fein zu dosieren und fadingresistent. Nur beim Durchtreten des Gaspedals tut sich untertourig herzlich wenig. Geht er etwa gar nicht? Oder sind wir einfach von diesen ganzen Downsizing-Schüsseln turboverseucht geworden? Ein Griff zum Schalthebel, einen, besser zwei Gänge zurück und Feuer! Ab 5.500 Umdrehungen marschiert der GT86 recht ordentlich, bei 7.000 mahnt der Schaltblitz, bei etwa 7.500 klopft der Begrenzer auf die Finger. Und das mit einer Ansprache vom Gaspedal, die kein Turbo dieser Welt kann. Schön, dass es das noch gibt. Generell ist der GT86 ein ehrlicher Typ. Wenn du zu schnell bist, sagt er dir das auch über die Geräuschkulisse im Innenraum. Kein isolierter Kokon, den die Deutschen etwa gerne bauen. Die schönsten Momente sind, wenn man das ESP per Tastendruck in der Mittelkonsole ins Off knipst und auf verlassenen, kurvenreichen Straßen mit dem Heck zu spielen beginnt. Niemals wird er garstig, immer kommt er vorhersehbar, man fällt in einen richtigen Swing von hohem Suchtpotenzial. Jede Ausfahrt ein Kurzurlaub. Christoph Jordan

Selber schalten, eine gescheite Handbremse, das braucht der Automobilist alter Schule. Ebenfalls nützlich: G-Force, Vitalwerte des Motors, Rundenzeiten. Kann der GT86 alles messen und neben dem Tacho anzeigen.

Preis € 35.490,– (NoVA 18 %) Basispreis € 33.480,– (GT86 Pure) Steuer jährlich € 982,44 Motor, Antrieb B4-Benziner mit Saugrohr- und Direkteinspritzung (1998 ccm), 6-Gang-Getriebe, Heckantrieb. Leistung/Drehmoment 147 kW (200 PS)/7.000/min, 205 Nm/ 6.400–6.600/min . Fahrleistungen 0–100 km/h 7,6 sec, Spitze 226 km/h, Normverbrauch/ CO₂ 10,4/6,3/7,8 l/100 km/180 g/km. Testverbrauch 8,9 l/100 km. Dimensionen 2+2 Sitze, L/B/H 4.240/1.775/1.285 mm, Tank 50 l, Kofferraum 243 l. Räder 215/45 R 17. Gewichte Leergewicht 1.230 kg, Zuladung 440 kg. Sicherheit EuroNCAP nicht getestet. Ausstattung 2-Zonen-Klimaautomatik, LED-Scheinwerfer, Sperrdifferenzial, Audiosystem mit 6,1“-Toyota-Touch-Display, Bluetooth-, AUX und USBSchnittstelle, Smart Key, 17“-Alufelgen, Tempomat, Lichtsensor. Extras Metallic-Lack € 500,–, Leder/ Alcantara-Sitzbezüge € 1.250,–, Navigationssystem € 835,–, SachsFahrwerk € 400,–.

Vergleichbar

Mazda MX-5 RF G160 Revolution Preis € 35.190, – (NoVA 13 %) Steuer jährlich € 721,44 Antrieb R4-DI-Benzinmotor, 1.998 ccm, 118 kW (160 PS), 200 Nm Drehmoment, 6-Gang-Getriebe, Heckantrieb. Dimensionen 2 Sitze, L/B/H 3.915/1.735/1.235 mm, Gewicht 1.130 kg, Räder 205/45 R 17. Fahrleistungen 0–100 km/h 7,5 sec, Spitze 215 km/h, Normverbrauch/ CO₂ 6,6 l/100 km/154 g/km.

BMW 220i Coupé Preis € 33.750, – (NoVA 8 %) Steuer jährlich € 874,44 Antrieb R4-Turbo-DI-Benzinmotor, 1.998 ccm, 135 kW (185 PS), 270 Nm Drehmoment, 6-Gang-Getriebe, Heckantrieb. Dimensionen 2+2 Sitze, L/B/H 4.432/1.774/1.418 mm, Gewicht 1.455 kg, Räder 205/55 R 16. Fahrleistungen 0–100 km/h 7,1 sec, Spitze 235 km/h, Normverbrauch/ CO₂ 5,7 l/100 km/140 g/km. 4/2017 autorevue extra 39


TEST // MINI COOPER S COUNTRYMAN

ALL WORK, ALL PLAY Als Cooper S mit Allrad ist der Mini Countryman in bester Pfadfindermanier für alle Lebenslagen geeignet und unterminiert dabei selbst den mürrischsten Fahrer mit seiner omnipräsenten Verspieltheit.

40 autorevue 4/2017 extra

als Leder und das neue Zentraldisplay macht wirklich alles richtig. Gesteuert wird wie bei BMWs iDrive, nur mit invertierter Drehrichtung des Rades (very british), wahlweise aber auch per Touchscreen. So oder so ist die Reaktion unglaublich zackig. Untermalt wird der intuitive Menü-Slalom von herzigen Grafiken und dem leuchtenden Ring um das Display, der gegen Aufpreis regenbogenartig vom Abstand beim Parken bis zur Temperatur fast alles visualisiert. Das hat überhaupt keinen Sinn, zeigt aber die Liebe zum Detail, die im Countryman steckt. Ähnlich die Polsterung für die Ladekante, die mit einem Zug unter dem Kofferraumboden hervorklappt. Wurstsemmeln isst man darauf erstklassig. Langsam verschafft sich der Coutryman Zugang zu uns. Allein der Anblick der Armaturen genügt, um Staus

SHORTCUT Was wir mögen

Die entzückende Detailverliebtheit und die knackige Auslegung von Crossover. Was uns fehlt

Shareholder-Status bei BMW. Lifestyle-Affine, bitte zur Kassa! Was uns überrascht

Wie die luftige Unbeschwertheit auf uns überschwappt. Perfekt, wenn

… man sich an den Keckheiten des Lebens erfreut. Die Konkurrenz

Volvo V40 Cross Country, Mercedes GLA, Audi Q3, Infiniti QX30, BMW X1.

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN

I

rgendwie passt das alles nicht zusammen. Lenken benötigt etwa die doppelte Kraft wie im durchschnittlichen modernen Sportwagen, das Fahrwerk rüttelt einen in der Früh wach und bis zum Abend noch ein bisschen wacher, man befindet sich jedoch in einem aufgeplusterten QuasiKombi-Quasi-SUV, auf dem zur Krönung Mini steht. Auch wenn man die Entstehung des Countryman immer noch in der Marketing- und nicht in der Design-Abteilung vermutet, macht der Neue trotz 20 Zentimetern mehr mit leicht veränderten Leuchten und Schürzen eine bessere Figur. Innen ist von der üppigen Gestalt nichts mehr zu sehen: Filigran anmutende Wippschalter verzieren Mittelkonsole und Beleuchtungselemente um den Innenspiegel, das Stoffmuster des beigen Dachhimmels wirkt an den schlanken A-Säulen eleganter


DATEN MINI COOPER S COUNTRYMAN ALL4 AUTOMATIK

aus dem Gemüt auszublenden, und die äußerst präzise Harman/Kardon-Anlage entführt uns in andere Welten, während wir auf freien Landstraßen den Turbo-Vierzylinder wie einen Frisiersalon vor der Balleröffnung ertönen lassen. Das Fahrwerk hält den Mini bei hohen Geschwindigkeiten eisern in der Spur, die vormals brettlharte Lenkung wird zum Verwirklicher des Fahrspaßes in jeder Situation. Denn dank höherer Bodenlage und Allrad macht man sich auch Feldwege in der Semmering-Gegend untertan. Verfahren? Egal, Schiebedach auf und Anlage laut. Es ist wirklich sagenhaft, wie ansteckend der Countryman ist. Dabei bietet er nicht übermäßig, aber ausreichend Platz hinten und ist wahrscheinlich sogar für die idealtypische Familienkonfiguration zwei plus zwei urlaubstauglich. Als entspannender Begleiter entpuppt sich die Achtgangautomatik, die schnell zwischen sportlich und gemütlich

Das Cockpit ist zum Niederknien verspielt und dennoch gut bedienbar. Hinten sitzen für Normalgroße kein Problem. Die Picknickauflage ist vielleicht der beste Gag, den man für 138 Euro bekommt.

wechseln kann. Bei Regen lassen wir das Dach zu und beobachten bei Autobahntempo mit Freude die zur Seite abperlenden Regentropfen auf der runden Windschutzscheibe, während wir die nasse Straße eingefasst von den bulligen Flanken der Front Stück für Stück unter uns verschwinden sehen. Am Ende haben wir uns doch in die Promenadenmischung verliebt. Der Preis jedoch lässt, ebenso wie die Erscheinung des Countryman, wenig Leichtigkeit spüren: Mit Extras kamen wir auf 55.587 Euro. Julian Sparrer

Preis € 38.027,– (NoVA 11 %) Basispreis € 28.300,– (Cooper) Steuer jährlich € 928,44 Motor, Antrieb 4-Zylinder-DITurbobenziner, 1.998 ccm, 8-GangWandlerautomatik, Allradantrieb. Leistung/Drehmoment 141 kW (192 PS)/5.000/min, 280 Nm/1.350– 4.600/min . Fahrleistungen 0–100 km/h 7,2 sec, Spitze 222 km/h, Normverbrauch/ CO2 7,8/5,7/6,5 l/100 km/148 g/km. Testverbrauch 8,7 l/100 km. Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4.299/1.822/1.557 mm, Tank 51 l, Kofferraum 450–1.390 l. Räder 225/55 R 17. Gewichte Leergewicht 1.530 kg, Zuladung 590 kg, Anhängelast 1.800 kg. Sicherheit EuroNCAP k. A. Ausstattung Klimaautomatik, Nebelscheinwerfer, Ablagenpaket, Einparkhilfe hinten, Sportsitze vorne, Multifunktionslederlenkrad, USBSchnittstelle, 17-Zoll-Alufelgen, automatischer Notruf, Pannenset. Extras Pepper € 576,– (Komfortzugang, Lichtpaket, 18-ZollAlufelgen), Chili € 3.122,– (StoffLeder-Kombination, Lichtpaket, Ambiente-Beleuchtungspaket, Fahrmodi, LED-Scheinwerfer), Metallic-Lack € 655,–, Harman/ Kardon-Hi-Fi € 871,–, Navi mit Telefonvorbereitung und Wireless Charging € 1.834,–, Glasschiebedach € 1.114,–, Head-up-Display € 655,–, Rückfahrkamera € 419,–, Sportlederlenkrad € 236,–, großer Tank € 59,–, Einparkhilfe vorne und hinten € 891,–.

VERGLEICHBAR

Den Knick in der Dachkante hat der Countryman vom Vorgänger übernommen. Er kaschiert seine aufgepumpte Figur ein wenig.

Mercedes GLA 220 4MATIC Aut. Preis € 42.700,– (NoVA 12 %) Steuer jährlich € 874,44 Antrieb 4-Zylinder-Turbo-DIBenzinmotor, 1.991 ccm, 135 kW (184 PS), 300 Nm Drehmoment, 7-Stufen-Doppelkupplung, Allrad. Dimensionen: 5 Sitze, L/B/H 4.424/1.804/1.494 mm, Gewicht 1.505 kg, Räder 215/60 R 17. Fahrleistungen: 0–100 km/h 7,1 sec, Spitze 230 km/h, Normverbrauch/ CO2 6,6 l/100 km/152 g/km.

Volvo V40 Cross Country T4 AWD Preis € 33.880,– (NoVA 12 %) Steuer jährlich € 919,44 Antrieb 4-Zylinder-Turbo-DIBenzinmotor, 1.969 ccm, 140 kW (190 PS), 320 Nm Drehmoment, 8-Stufen-Wandlerautomatik, Allrad. Dimensionen: 5 Sitze, L/B/H 4.370/1.783/1.458 mm, Gewicht 1.643 kg, Räder 205/60 R 16. Fahrleistungen: 0–100 km/h 7,4 sec, Spitze 210 km/h, Normverbrauch/ CO2 6,4 l/100 km/149 g/km. 4/2017 autorevue extra 41


KURZTEST

KOMMT PROMPT

SEAT LEON FR TSI FAST LANE. Facelift für den erfolgreichsten Seat, zu dem es auch ein Business-Check-in gibt.

N

Symbolfoto

ach vier Jahren Laufzeit das Facelift, zurückhaltend. Angepasst wurden die Scheinwerfer, der Kühlergrill und die LEDHeckleuchten. Wir betreten den Leon und sind sofort ins Volkswagen-AG-Standardinterieur für die Kompaktklasse eingebettet. Geringfügige Abwei-

A b € 24 5 ,– pro Monat

Wenn’s um die Autofinanzierung geht, ist nur eine Bank meine Bank.

*Musterkalkulation Mitsubishi ASX 1.8: Anschaffungswert: € 25.900,00 | Restwert: € 8.229,72 | Eigenmittel: € 5.100,00| Gesamtkosten Leasing: € 28.267,47 | Leasingentgelt (monatlich): € 245,13| Laufzeit: 60 Monate | 20.000 km p.a. Sollzins: 3,05 % | eff. Jahreszins: 3,332 % | Rechtsgeschäftsgebühr (einmalig): € 119,95 | Bearbeitungsgebühr (einmalig): € 110,00

Autofinanzierung_2017-04_AZ_Autorevue_420x60_abf_4c_RZ.indd 1

GRIP FÜR ALLE

SUZUKI SX4 S-CROSS 1,6 DDIS ALLGRIP TCSS FLASH. Gute Mischung: Oberes Ende der Preisliste, dennoch mitten im Leben.

F

alls jemand vermutet, dass Suzukis nur in wenigen Stückzahlen in den Österreichischen Markt träufeln: Stimmt nicht, mit 6.255 Neuzulassungen im letzten Jahr liegt Suzuki deutlich vor Honda (2.432), Mini (2.836) oder Mitsubishi (3.479 neue). Man darf also postulieren, dass Suzukis eine veritable Unauffälligkeit innewohnt, die bei näherem Hinschauen von rundum poliertem Wohlge-

42 autorevue 4/2017 extra

fallen abgelöst wird. Zum Beispiel im SX4 S-Cross 1,6 DDiS Allgrip TCSS Flash: Kostet 30.490 Euro, ist der einzige Diesel und das Topmodell des SX4 – fast doppelt so teuer wie das Frontantriebs-HandschaltungsEinstiegsmodell, dafür mit allem drin bis zu Allradantrieb (mit Sperre für das Mitteldifferenzial und wahlweiser elektronisch gesteuerter Abstimmung für Schnee oder Sportlicheres),

Ledersitzen, Glas-Schiebedach, polierten Alufelgen, adaptivem Tempomat, Smartphone-Verbindung inklusive Navigation, zum Beispiel. Mit dabei ist auch ein 120-PS-Turbodiesel, der im Leerlauf vernehmlich knuspert, dann aber leise und kräftig loslegt und mit der Automatik zusammenlebt wie ein gut eingespieltes Ehepaar: unauffällige Harmonie.

Die gilt auch für die Karosserie – ein mittelgroßer gemeinsamer Nenner aktuellen SUV-Geschmacks mit einem markanten Grill, den die Vorausfahrenden durchaus prominent im Rückspiegel sehen. M.S.

Am anderen Ende des Hebels ist das Doppelkupplungsgetriebe – es ist ein gutes.


Ein wenig Facelift außen ändert nichts daran, dass der Leon ein hübscher, aber auch ein kaum herausragender Zeitgenosse ist.

auferstehung, daher fuhren wir den Leon mit dem 125 PS starken 1,4-Liter-TSI, den es nur mit Handschalter gibt. Ansonsten ein munterer Motor, macht Freude und lässt sich sparsam halten. Das Sportfahrwerk lässt das Auto stärker wirken, als es ist. Ach ja, Fast Lane: da kommt das Auto schon 14

Tage nach der Bestellung, hat etwas mehr Ausstattung und ist, komplett gerechnet, auch noch um rund 600 Euro billiger. Gibt’s nur in Österreich und nur für die beiden TSI mit 86 und 125 PS, was die Hälfte des Leon-Absatzes abdeckt. Ein Marketinggag, gewiss, aber einer, von dem man was hat, eigentlich. W.H.

Preis € 23.990,– (NoVA 6 %); Antrieb 4-Zylinder-Turbobenziner, 1.395 ccm, 92 kW (125 PS), 200 Nm Drehmoment, 6-Gang-Getriebe, Frontantrieb. Dimensionen: 5 Sitze, L/B/H 4.247/ 1.810/1.446 mm, Gewicht 1.233 kg, Kofferraum 380–1.150 l. Fahrleistungen: 0–100 km/h 9,1 sec, Spitze 203 km/h, Normverbrauch/ CO2 5,2 l/100 km/120 g/km. Testverbrauch 6,1 l/100 km.

Symbolfoto

chungen und Logos sagen uns, dies ist ein Seat. Alles aber übersichtlich und gut. FR bedeutet recht üppige Ausstattung bis hin zur Fahrprofilwahl, ein 1.300 Euro teures Media-Paket schafft Anschluss an die vernetzte Welt inklusive Navi. Neuerdings feiert ja der Benziner eine kleine Wieder-

A b € 149 ,– pro Monat

Wenn’s um die Autofinanzierung geht, ist nur eine Bank meine Bank.

*Musterkalkulation Kia Rio 1.0: Anschaffungswert: € 15.999,99 | Restwert: € 4.765,70 | Eigenmittel: € 3.500,00 | Gesamtkosten Leasing: € 17.451,00 | Leasingentgelt (monatlich): € 149,99 | Laufzeit: 60 Monate | 20.000 km p.a. Sollzins: 3,051 % | eff. Jahreszins: 3,444 % | Rechtsgeschäftsgebühr (einmalig): € 76,10 | Bearbeitungsgebühr (einmalig): € 110,00

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN, WERK

3/23/2017 10:08:15 AM

Preis € 30.490, – (NoVA 6 %); Antrieb 4-Zyl.-DI-Turbodiesel, 1.598 ccm, 88 kW (120 PS), 320 Nm Drehmoment, 6-GangDoppelkupplungsgetriebe, Allrad; Dimensionen: 5 Sitze, L/B/H 4.300/1.785/1.580 mm, Gewicht 1.336 kg, Kofferraum 430–1.269 l; Fahrleistungen: 0–100 km/h 13,0 sec, Spitze 175 km/h, Normverbrauch/CO2 5,4/4,2/4,6 l/100 km/120 g/km. Testverbrauch 6,4 l/100 km. 4/2017 autorevue extra 43


test // 911 vs. SL

Gentlemen’s Club Wenn sich die grundlegenden Entscheidungen des Lebens längst als korrekt erwiesen haben und sich der eigene Geschmack verfestigt hat, gibt es seit Jahrzehnten ausschließlich zwei Autos, die noch infrage kommen: Porsche 911 und Mercedes SL. Momentaufnahme der aktuellen Generation. Von Werner Jessner Fotos Andreas Riedmann

A

ber was, mag der aufgeregte Leser gleich ins Wort fallen, ist mit all den schönen Lamborghinis, Ferraris, Aston Martins und Jaguaren? Warum soll nicht ein McLaren eines Mannes letztes Auto sein, ein Rolls-Royce oder Bentley? Stoßen wir einen Bugatti oder Koenigsegg von der Bettkante? Tun wir nicht, Freunde, keine Angst. Wir lieben sie alle unverändert. Aber wenn es um das Altern auf höchstem Niveau und ebensolcher Stabilität geht, führt kein Weg an Elfer und SL vorbei, und zwar aus vielerlei Gründen. Selbstverständlich hat jeder Mensch von Herzens- und Gemütsbildung ein Recht auf seine Lebenskilometer im Zeichen von Stieren, Pferden oder Adlern, aber gegen Ende 44 autorevue 4/2017 extra

der Reise stehen da seit mittlerweile beinahe drei Generationen diese beiden Ikonen, mit denen du nichts falsch, aber beinahe alles richtig machst, von der Mitte deines Lebens bis zu einem späten Ende. Es wird dabei keine Entweder-oder-Entscheidung zwischen Porsche oder Mercedes sein, oder höchstens in ein paar exotischen Fällen. Wenn du einmal weißt, wer du bist, dann bist du Porsche – oder du bist Mercedes. Die gute Nachricht: Die hohen Preise geben dir als ehrlich verdienendem Menschen lange Zeit, um gründlich darüber nachzudenken, wer du denn bist. Hörst du dir selbst tief und lange genug zu, finden 911 oder SL ganz von selbst zu dir. Diese Zeit soll man sich auch nehmen. Subvierziger sind weder hie noch


Wenn du einmal weißt, wer du bist, dann bist du Porsche oder du bist Mercedes. Die gute Nachricht: Die hohen Preise ­geben dir lange Zeit, gründlich darüber nachzudenken.

dort so ganz glaubwürdig, Erbschaftsverdacht, und es besteht die Gefahr, sich dann knapp vor dem Sechziger noch einen Maserati einzutreten, weil man das Gefühl hat, ­etwas versäumt zu haben. Das aber ist dann genauso peinlich wie entweder die langjährige Ehefrau wieder ins Latexkleidchen zu stecken oder sich das Blondel anzulachen, das die eigenen Kinder noch aus der Parallelklasse kennen. Ja, wir reden hier der Monogamie das Wort, und zwar aus hedonistischen Gründen. Wisse, wer du bist, was du willst, bevor du dich bindest. Dann aber gilt es. Als Grünschnabel hast du ja keine Ahnung, was gut ist – ja wie denn auch. Je später du dir deinen ersten SL oder 911 in die Garage stellst, umso fester wird deine Entscheidung sein.

Keine dieser beiden Ikonen ist nämlich ohne Garage denkbar, und da reden wir selbstredend nicht von innerstädtischen ­Stapelgaragen, um das Kleinod beiläufig zu verräumen. Sinn des Besitzens ist auch die Inbesitznahme, und die passiert im Idealfall täglich, beiläufig und selbstverständlich. Man gibt seinen Lieben die Hand. Rausgehen, sich mit den Hausschuhen an den F ­ üßen reinsetzen, ein gutes Getränk in der Hand, den Duft einatmen und sinnieren. Wer sein Auto nicht auch ohne Zündschlüssel genießen kann, ist noch von täglichen Notwendigkeiten getrieben und im Grunde nicht bereit für seinen ersten Elfer, seinen ersten SL. Klar sind andere Autos bequemer und zweck­mäßiger, aber: Will man in Würde 4/2017 autorevue extra 45


test // 911 vs. SL

46 autorevue 4/2017 extra

­ efiniert, und ganz sicher war die Windquad lität noch nie so hoch wie in einem aktuellen SL. Das riecht, zupft, zerrt, duftet, lärmt, beutelt und zaust so, dass es dich mit jedem Kilometer jünger macht statt sekündlich ­älter und griesgrämiger wie bei eigentlich fast allen Cabrios, wenn du einen schlechten Tag hast. Der SL optionalisiert deine schlechten Tage durch Multiple Choice weg. Dach auf, Windschott ja oder nein, Dach zu, aber Schiebedach im Cabriodach auf, Fenster auf, Airscarf, Klima an, Klima aus, alles zu: Wem das zu wenig Möglichkeiten für die Wind­ qualität von grob geschätzt vier Kubikmetern Lebensraum sind, der hält wahrscheinlich auch Wayne Gretzky für einen Fußballer und Wanda für gute Musiker, nur so zufleiß, um sich selbst und seine Umwelt im Unglück zu halten.

Gelungene Grundform 1: lange Schnauze, flache Silhouette, markante Luftauslässe und ein Cabrio, das geschlossen min­ destens so gut aussieht wie offen.

daten Mercedes AMG SL 63 Preis € 201.940,– Steuer € 3.529,44 Antrieb V8-Frontmotor, 5.461 ccm, 430 kW (585 PS), 900 Nm Drehmoment. Biturbo, 7-GangAutomatik, Heckantrieb. Dimensionen 2 Sitze, L/B/H 4631/ 1939/1288 mm, Gewicht 1735 kg, Tankinhalt 75 l, Räder 255/35 ZR 19 vo., 285/30 ZR 19 hi. Fahrleistungen: 0–100 km/h 4,1 sec, Spitze 250 km/h (abgeregelt), Normverbrauch/CO2 14/7,5/9,8 l/100 km, 229 g/km.

fotos: andreas riedmann

a­ ltern, sehnig und alert bleiben oder zum Teigbatzen werden, zum körperlichen SUV? Aus dem Leim gehen, bloß weil alles so bequem ist? Hat man dafür 40, 50, 60, 70 Jahre gelebt: um den Erben einen belanglosen ­höher gelegten Krapfen mit Frontantrieb in wiederverkaufssicherer Farbe zu hinterlassen, falls jäh der Blitz einschlägt? Als Elfer- oder SL-Fahrer erhältst du dir ganz automatisch eine gewisse Grundgeschmeidigkeit, weil du sie täglich trainierst. Reinschlüpfen, rausfedern. Interessanterweise ist es der SL, der seinem Besitzer mehr Bewegungsfreude abverlangt, denn in der aktuellen Generation ist der Schlitz zwischen flach stehender Frontscheibe und Sitzlehne verdammt schmal. Bei offenem Dach kann man immerhin von schräg oben kommen, das geht lange. Einen Neunelfer betrittst du hingegen so selbstverständlich, wie du ihn bedienst. Es gibt keine Rätsel, keine Seltsamkeiten, nichts, woran man sich erst gewöhnen müsste. Da ist nichts umständlich oder gar originell, sondern alles bloß sehr, sehr gut und einzigartig. Guter Geschmack muss sich nicht vor seinen Kunden rechtfertigen. In dieser Hinsicht ist die aktuelle Elfer-Generation mit ihrem klaren No-Nonsense-Zugang eine der gültigen in der langen, brillanten Ahnenreihe. All die technischen Spielereien, der digitale Luxus, der leistungsmäßige Overkill, die schönen Dinge aus dem Prospekt sind sicher relevant auf Rennstrecke und beim Prestigevergleich, aber: Die „little helpers“ im Neunelfer sind im Grunde so gestrickt wie deine wenigen echten Freunde, die über all die Jahre übrig geblieben sind. Nerven nie, fragen nicht groß. Sie tun. Einfach so. Der Benz kommt da aus einer anderen Ecke, aber mindestens gleich souverän. Wer das Verdeck öffnet, öffnet sein Hemd: Hier stich rein, Fremder, wenn du dich traust. Traust du dich? Eben. Und jetzt gib mir deine Waffe. Vielleicht ist es die unmittelbare geografische Nachbarschaft der beiden Marken, die dazu beigetragen hat, den Charakter so zu schärfen, daran hat sich über die Jahr­ zehnte nichts geändert. Wo der Porschefahrer drückt, dreht der Mercedesfahrer. Wo der eine schiebt, wischt der andere. Da gibt es kein Besser, Richtig oder Falsch, bloß ein Meins. Eins nur: Bist du Cabriofahrer, wirst du eher im SL enden, so gute Cabrios kann Porsche gar nicht bauen. Die frühe Autorevue hat das einst mit „Qualität des Windes“


Gelungene Grundform 2: aus­ gestellte Kotflügel, Rund­ rücken, markante Lufteinlässe und nach all den Jahren noch immer ein Hintern von einem Hintern.

daten Porsche 911 Turbo S Preis € 247.489,– Steuer € 3.502,44 Antrieb Heck-Boxermotor mit 6 Zylindern und Biturbo. 3800 ccm, 427 kW (580 PS), 700 Nm Drehmoment (750 Overboost). 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Heckantrieb. Dimensionen 2 + 2 Sitze, L/B/H 4507/1880/1297 mm, Gewicht 1600 kg, Tankinhalt 68 l, Räder 245/35 R 20 vo., 305/30 R 20. Fahrleistungen 0–100 km/h 2,9 sec, Spitze 330 km/h, Normverbrauch/ CO2 11,8/7,5/9,1 l/100 km, 212 g/km.

Darüber sollte man aber hinweg sein, wenn man sich für einen SL oder einen 911 entscheidet. Klar kannst du unterwegs jedem immer und überall zeigen, dass es eine fürchterliche Schnapsidee war, viel Geld für einen bayrischen Irrtum oder ein italienisches Geschwür auszugeben und noch den stärksten SUV-Angeber heim zu Mama zum Weinen schicken. Aber viel schöner ist es doch, mit, sagen wir, 140 km/h auf der Autobahn zu cruisen und den paar Dränglern, die sich gegen 911 oder SL überhaupt aufzumucken trauen, galant die linke Spur zu überlassen, während man selbst auf der rechten durchrepetiert. Spätestens auf der Höhe von Sankt Pölten versteht noch der realitätsfremdeste Mikropenis in Blechgestalt, dass der Chef de la Piste heute Reisetempo 140 vorgibt als Beitrag zur Verkehrsberuhigung.

Was uns zum letzten zu verhandelnden Punkt bringt, nämlich zur Motorisierung. Selbst auf die Gefahr hin, zu klingen wie ­Philipp Waldeck persönlich, kann es da nur eine einzige korrekte Antwort geben, die lautet: immer die stärkste. Der SL ist als 63 AMG mit seinen 900 Nm Drehmoment eine Autorität in allen Lebenslagen, mehr muss man dazu nicht sagen. „You will wake up with a buck more than you’ll ever need“, so drückt das der großartige Musiker Howe Gelb aus, selbst in bestem SL-Alter inzwischen. Bei Porsche soll man sich von der komischen Saugmotor-Nostalgie nicht großartig irritieren lassen. Da steckt viel Kalkül dahinter in einem überhitzten Markt, und um die letzten Semmeln ist immer das größte Geschrei. Fakt ist: Der aktuelle Turbo S ist im Alltag ein handzahmer Motor, der dich aber ohne Schub­unterbrechung mit 330 km/h in den Führerscheinentzug schickt, wenn du das fürs Ego brauchst. Im normalen Leben, wenn du auf der Autobahn mit 140 km/h vor dich hin kachelst, die Hände am typisch Porscheharten, Porsche-steilen Lenkrad, ein fröhlich Liedchen aus der Jugend auf den Lippen und die Jung­spunde brav im Windschatten, dann zeigt die digitale Ladedruckanzeige 0,0 Bar. So viel dazu. < 4/2017 autorevue extra 47


report // Finanzierung und Versicherung

Gut geborgt ist ganz gekauft

Was beim Autokauf nicht nur nebenbei bedacht werden will: Ist Leasing oder Kredit die bessere Finanzierung? Und wie findet man die günstigste Versicherung? Von Martin Strubreiter Illustrationen Bengt Fallström

48 autorevue 4/2017 extra

T

heoretisch ist natürlich die Barzahlung die beliebteste Fi­ nanzierungsform beim Auto­ kauf. Man müsste dann nur mehr das Geld hinblättern und sich ­später keine Gedanken darüber machen, wo man die monatlichen Raten her­ nehmen soll. Das aber gelingt nur wenigen, die ein neues Auto kaufen möchten, daher wird in der Praxis die Wahl zwischen Kredit und Leasing anstehen. Beide Finanzie­ rungsformen sind längst bewährt und etabliert – im Vorjahr waren 38,6 Pro­ zent aller neu gekauften Pkw geleast, bei den gewerblich gekauften Pkw lag der Anteil mit 51,1 Prozent sogar über der Hälfte. Nicht so exakt zu beziffern ist der Anteil per Kredit gekaufter Pkw: Wer das Geld bar zum Autohändler


sing wie beim Kredit zählt der effektive Zinssatz, also inklusive aller Gebühren und verpflichtender Zusatzversicherun­ gen, und nicht der nominale, mit dem gerne ­geworben wird. Wie hoch die Gesamtbelastung inklu­ sive Gebühren und Raten ist, muss bei einem Kredit- oder Leasinganbot ohne­ dies schriftlich festgehalten werden, hier haben die Konsumentenschutzge­ setze starke Fortschritte gebracht. Eine mündliche Antwort einer Bank oder Leasinggesellschaft ist allerdings noch kein Anbot, daher sind dort bisweilen noch Unschärfen versteckt. Die Feinheiten Was man sonst noch wis­

­ itbringt, wird nicht gefragt, woher die m Summe stammt. Grundsätzlich gilt: Die bessere Fi­ nanzierungsform gibt es nicht. Meistens sind die Unterschiede zwischen den An­ bietern größer als zwischen Kredit und Leasing, und natürlich spielt auch mit, welches Leasingmodell man wählt. Zielführend ist in jedem Fall, beim Autohandel wie ein Barzahler aufzutre­ ten, zuerst den Kaufpreis zu verhandeln und dann erst die Finanzierung anzu­ sprechen. Keine Eile Wichtig ist, sich fürs Abklären

der günstigsten Finanzierung Zeit zu nehmen. Während viele Autokäufer in die Wahl des Autotyps, der Farbe und der Extras viel Zeit investieren, wird die Finanzierung beiläufig entschieden –

und möglicherweise ein nicht so tolles Angebot gewählt. Auch beim Kaufpreis des Autos feilscht man intensiv, ver­ spielt den Vorteil aber schnell, wenn man das erstbeste Finanzierungsange­ bot akzeptiert. Dabei gelingt der Vergleich der Sum­ men vor dem Computer ohnedies schon sehr schnell, denn die meisten Leasing­ gesellschaften bieten auf ihren Home­ pages Leasingrechner. Michael Osinger, Leasingexperte der Erste Bank: „Bei ­allen Finanzierungsformen darf man nicht nur die monatlichen Raten verglei­ chen, sondern die Gesamtbeträge. Beim Kredit ist die monatliche Belastung hö­ her, dafür ist beim Leasing am Anfang oft eine Anzahlung zu leisten, und am Ende ist der Restwert zu zahlen, wenn man das Auto weiter fahren ­möchte.“ Beim Lea­

sen muss, um die Summen fürs Leasing perfekt einzuschätzen: Die Anzahlung eines Leasingvertrages kann als Depot­ zahlung oder Mietvorauszahlung de­ klariert sein. Eine Mietvorauszahlung wird sukzessive den Raten zugebuttert, während eine Depotzahlung für den Kunden veranlagt wird und nach der Leasingdauer zur Verfügung steht, bei­ spielsweise für den Ankauf des Autos zum Restwert. Der Restwert wird übrigens gerne ­etwas höher angenommen, um mit ge­ ringen monatlichen Raten zu punkten. Kauft man das Auto nach Ende der Lea­ singdauer, dann ist der zu bezahlende Restwert höher als der Zeitwert. Gibt man das Auto zurück und die Leasing­ gesellschaft erzielt nicht den vertraglich vereinbarten Restwert, dann zahlt der Leasingnehmer drei Viertel der Diffe­ renz. Erzielt die Leasinggesellschaft mehr als den fixierten Restwert, dann erhält der Ex-Leasingnehmer aber auch drei Viertel des Mehrerlöses. Auf jeden Fall ratsam ist bei Kredit oder Leasing eine GAP-Versicherung, so­ fern sie nicht ohnedies Teil des Vertrages ist. Sie deckt die Differenz zwischen dem Zeitwert des Autos und den noch offenen Forderungen der Bank oder Leasing­ gesellschaft ab, wenn das Auto am Be­ ginn der Leasingdauer gestohlen wird oder ­einen Totalschaden erleidet. > 4/2017 autorevue extra 49


REPORT // FINANZIERUNG UND VERSICHERUNG

vorhersehbar. Ein Ausweg besteht im Operating-Leasing: Der Kunde muss sich mit dem Restwert nicht näher beschäftigen, weil die Leasinggesellschaft das Auto auf jeden Fall zurücknimmt. Operating-Leasing fühlt sich eher wie eine Miete an.“ Wer das Auto dennoch kaufen will, kann das natürlich tun, der Restwert wird allerdings erst zum Ablauf der Leasingdauer ermittelt. BANK ODER MARKENINSTITUT?

Ob man den Leasingvertrag bevorzugt bei einer

DIE DRAUFGABEN Die ING-DiBa bie-

tet ihren Autokredit mit effektiv 3,5% Fix-Zinssatz an, ähnlich niedrig wie aktuell der variable Zinssatz. Auch Leasinggesellschaften sind erfinderisch beim Anpreisen zusätzlicher Vorteilen für ihre Kunden. So gibt’s eine Kaufpreisversicherung, die nach einem etwaigen Totalschaden den vollen Kaufpreis ausbezahlt. Beim s Leasing beispielsweise wird der ursprünglich für gewerbliche Kunden vorgesehene All-inclusive-Gedanke jetzt auch bei Privaten verfolgt: Leasingnehmer erhalten ohne Zusatzkosten mit ihrer Tankkarte günstigere Treibstoffe, Reifen oder Mietwagen, sie bezahlen weniger an Raststätten oder für Autozubehör. Ein genereller, erst später wirksamer Vorteil beim Leasing: Geleaste Autos können nach Ablauf der Vertragsdauer weiter per Leasing finanziert werden – das erweitert den Kreis potenzieller Interessenten. Ein einmal gekauftes Auto hingegen ist aus steuerlichen Gründen für den Leasingmarkt verloren. ELEKTROAUTO-LEASING Freilich

werden auch Elektroautos geleast, dabei wollen zusätzliche Aspekte bedacht werden, wie Michael Osinger erklärt: „Kommt eine neue Batterietechnologie mit deutlich höherer Reichweite auf den Markt, dann verliert ein älteres Elektroauto am Gebrauchtmarkt an Wert. Und wenn die Batterie während der Leasingdauer leidet, dann ist der Restwert auch nicht 50 autorevue 4/2017 extra

und Leasing keine strukturellen Probleme mehr bestehen. Kommt es dennoch zu Schwierigkeiten, dann resultieren sie meist daher, dass die Verträge nicht vollinhaltlich gelesen wurden – im Zweifelsfall kann man vor Abschluss alle Vertragsinhalte vom Verein für Konsumenteninformation erläutern lassen. Gerät man während der Vertragsdauer in finanzielle Schwierigkeiten, dann ist Totstellen die schlechteste Lösung. Auf lange Sicht zielführend ist, die Probleme mit dem Kreditinstitut oder der Leasinggesellschaft zu besprechen und eine gemeinsame Lösung anzustreben. DIE VERSICHERUNG Wer

unabhängigen Gesellschaft oder einem Geldinstitut eines Autoimporteurs abschließen soll, ist nicht einfach zu entscheiden. Der Autoverkäufer erhält wahrscheinlich auch für einen abgeschlossenen Leasingvertrag eine Provision, die der Käufer bezahlt, was freilich nicht direkt ausgesprochen wird. Andererseits kurbeln Importeure die Verkaufszahlen mancher Modelle gerne durch günstige Finanzierungen an. KLEINGEDRUCKTES UND PROBLEME

Die Konsumentenschutzgesetze wurden im Verlauf der letzten Jahre so effektiv nachjustiert, dass mittlerweile bei Kredit

ein Auto zum Verkehr zulassen will, muss es auch versichern. Bei einem Neuwagen werden nur Spielernaturen auf eine Vollkaskoversicherung verzichten, und der Vergleich der Summen wird von Onlinerechnern wie www.durchblicker.at oder www.versichern24.at deutlich erleichtert. Was dort erscheint, ist aber nicht in Stein gemeißelt, sondern sozusagen die Basis für Preisverhandlungen. Die Zeit der ganz absurden Rabatte ist zwar auch schon einige Jahre vorüber, aber wer völlig aufs Fragen nach Rabatt verzichtet, ist selbst schuld. Natürlich kann man auch ohne Autokauf zu einer günstigeren Versicherung wechseln, aber nicht immer. Autobesitzern ist die Kündigung nämlich nur möglich: > beim Fahrzeugwechsel, > bis zu zwei Monate nach der Ankündigung einer Prämienerhöhung, > bis zu einen Monat vor dem jährlichen Stichtag (darunter versteht man den Ersten des dem Vertragsabschluss folgenden Monats), > nach Schadensfällen bis zu einen Monat nach Eintreffen der Verständigung, ob entschädigt wird oder nicht. Wichtig: Die alte Versicherung kündigt man klugerweise erst dann, wenn die Zusage der neuen im Postkasten oder Mailordner eintrifft. <

ILLUSTRATION: FALLSTRÖM

FIXE ODER VARIABLE ZINSEN Bei beiden Finanzierungsformen kann zwischen fixen oder variablen Zinsen gewählt werden. Derzeit sind die Zinsen extrem niedrig, die ING-DiBa, beispielsweise, rechnet mit keinen wesentlichen Änderungen im Lauf der nächsten zwei Jahre, längere Prognosen sind knifflig. Ein fixer, über die gesamte Vertragsdauer gleichbleibender Zinssatz wird also höher sein als der aktuelle variable, da die Bank oder Leasinggesellschaft ihr Risiko gering halten will. Ein variabler Zinssatz wird alle drei Monate an den EURIBOR-Zinssatz angepasst.



SPORT HINTERGRUND & ERGEBNISSE

WEC

Wem die Sekunde schlägt

W

enn man von der Zukunft des Motorsports spricht, reden viele von der Vergangenheit. Also von 2016. Das Reglement der Langstrecken-WM WEC ist sozusagen die neue Maßeinheit, wenn es darum geht, Ingenieuren größtmögliche Freiheit zu geben und zugleich die verschiedenen Antriebskonzepte so zu verrechnen, dass am Ende ein für alle fairer Wettbewerb entsteht, in dem sich die Konzern-Raketen über sechs oder gar 24 Stunden batteln, oft mit packenden Rad-an-Rad-Duellen. Und doch hat die Meisterschaft nun einen der drei Hauptdarsteller verloren – Audi ist 52 autorevue 4/2017 extra

(große) Geschichte. Sehr spät und erst nach der Entwicklung des neuen Autos hat der Vorstand die Handbremse gezogen und das Projekt eingestellt. Wobei das alles wenig mit der Serie als solches zu tun hat – sondern eher mit den aktuellen internen Turbulenzen. Dass Audi in der WEC auch mit Diesel unterwegs war, hat die Argumente für die Racer im Konzern nicht erleichtert. Die neuen Autos werden wir nie sehen – auch wenn Teams wie Penske Interesse an einer Übernahme hatten. Doch auch so wird es eine spannende Meisterschaft – zwischen den beiden erfolgreichsten

Aus dem WeltmeisterschaftsPorsche der vergangenen Saison (oben: Le Mans 2016) bleibt nur der Fahrer Neel Jani, er wird sich das Cockpit (nun Startnummer 1) mit André Lotterer und Nick Tandy teilen.

Autos der jüngsten Zeit: Titelverteidiger Porsche, der in den vergangenen beiden Jahren alles gewonnen hat, was relevant war, trifft auf einen übermotivierten Gegner aus Japan, auf Toyota. In Spa und Le Mans startet man mit einem Zwei-zu drei-Rückstand – denn im Gegensatz zu Porsche wird Toyota heuer drei Wagen einsetzen. Auch die Rennwagen sind komplett neu aufgebaut, vor allem das Heck verspricht mehr Revolution als Evolution. Porsche betreibt die Verbesserungen eher im Detail und eher im Verborgenen (sprich: im Inneren), das Chassis des 919 ist auf den ersten Blick kaum verändert. Zudem

FOTOS: WERK

Die WEC im Jahr nach Audi: Toyota rüstet auf, Porsche kontert mit frischen Piloten. Eine verdammt knappe Sache.


COCKPIT-NEWS Die wichtigsten Teams für die WEC 2017: Porsche (919 Hybrid): 1 Jani/Lotterer/Tandy, 2 Bernhard/Hartley/Bamber Toyota (TS 50): 7 Kobayashi/Conway/López, 8 Buemi/Nakajima/ Davidson

FOTOS: HARALD ILLMER ; 2017 1ST MILE NACHWUCHSFÖRDERUNG, ALL RIGHTS RESERVED.

Die ersten Rennen der WEC 2017: 16. April Silverstone, 6. Mai Spa, 17., 18. Juni Le Mans

haben die Schwaben und ihr steirischer Chef Fritz Enzinger einmal mehr Mut bewiesen – und den erprobten und erfolgreichen Fahrerkader erneuert: Statt der WM-gekrönten Mark Webber (2015), Marc Lieb und Romain Dumas (beide 2016) pilotieren nun die Le-Mans-Sieger 2015 Earl Bamber und Nick Tandy. Und als André Lotterer, der wohl beste Langstreckenpilot des bisherigen Jahrzehnts, durch den Audi-Rückzug frei wurde, griff Porsche sofort zu. Gemeinsam mit seinem Kumpel Neel Jani die wohl heißeste Fahrer-Kombi, die vom ebenfalls schnellen Nick Tandy ergänzt wird. Beim ersten gemeinsamen Test von Porsche und Toyota lagen die Konkurrenten de facto gleichauf. Die Saison wird wohl ein Thriller, auch wenn die LMP1 mehr Klasse als Masse bietet, besonders Le Mans, wo Toyota einige Rechnungen offen hat. Vor allem jene von 2016, als man – in Führung liegend! – fünf Minuten vor dem Schluss liegen blieb. Was muss man vor dem Saisonstart in Silverstone noch wissen? Robert Kubica gibt ein Rundstrecken-Comeback im Team von Kolles, die Österreicher sind fix mit Richard Lietz (Porsche 911 RSR) und Mathias Lauda (Aston Martin Vantage GTE) vertreten. Dodo Kraihamer kann zumindest in Le Mans am Start erwartet werden – Destination (noch) unbekannt.

Gerade erst 15: Lukas Dunner, Formel 4.

Ex-Formel-1-Fahrer Christian Klien fährt zum ersten Mal seit Jahren wieder eine ganze Meisterschaft: In der Blancpain-GT-Serie fährt er für das Schweizer Team Emil Frey einen Jaguar XK GT3 – seine Formel-1-Karriere hatte einst ja in einem Jaguar begonnen. Ebenfalls gut gebucht ist Norbert Siedler: Der Tiroler fährt heuer Lamborghini, und das in gleich drei Championaten: im GT Masters für HB Racing, und in den beiden Meisterschaften der GT Series wird der 34-Jährige für das Grasser Racing Team rasen. In der Formel 4 sehen wir eine österreichische Hoffnung: Lukas Dunner (gerade erst 15) bestreitet die Saison (42 Rennen!) für MP Motorsport.

Baumschlager gewinnt in seinem Škoda Fabia R5 die Rebenland-Rallye.

MUNDL IN DER HAUPTROLLE:

STARKER AUFTAKT DER RALLYE-ÖM Das war gut! Der Auftakt in die Rallye-ÖM, die Rallye Leutschach, lässt auf eine spannende Saison hoffen. 82 Teilnehmer aus neun Nationen, drei World Rally Cars, zwölf R5-Boliden und ein echter Thriller vor 20.000 Fans, der erst im letzten Abdruck entschieden wurde. Auch wenn oben ein, äh, alter Bekannter stand: Mundl Baumschlager (57) gewann im Škoda Fabia R5 und war emotional wie wohl noch nie, es gab sogar Tränen der Freude. Er hatte im Finish Gerwald Grössing (Ford Fiesta WRC) niedergerungen, der große Meisterschafts-

rivale Hermann Neubauer (der Titelträger) hatte sich in Führung liegend das Rad seines Fiestas abgerissen. Es wird – was hierzulande eher selten ist – eine verdammt spannende Meisterschaft. Rebenland-Rallye, Endstand: 1. Raimund Baumschlager/Pirmin Winklhofer (Škoda Fabia R5) 1:36:58,5; 2. Gerwald Grössing/Josefine C. Beinke (Ford Fiesta WRC) + 14,0 Sekunden; 3. Niki Mayr-Melnhof/Leopold Welsersheimb (Ford Fiesta R5) +1:13,1 Sekunden. 4/2017 autorevue extra 53


sport international // bernie ecclestone

„Er hat alles, was er braucht: eine schöne Frau, genug Geld, und er ist geistig und körperlich topfit. Er kann sich aussuchen, was nun kommt.“ Helmut Marko

54 autorevue 4/2017 extra


Typisch Bernie

Bernie Ecclestone ist raus! Der „Erfinder“ der modernen Formel 1 spielt in Zukunft keine Rolle mehr im Zirkus. Zeit für Wegbegleiter, in den Rückspiegel zu schauen: Wie war er denn so, der Bernie? Von Gerald Enzinger

foto: getty images

HANS-JOACHIM STUCK, Brabham-Pilot 1977

Frühjahr 1977: Carlos Pace ist mit dem Flugzeug in Brasilien abgestürzt, Bernie braucht als Teamchef von Brabham also einen neuen Piloten für den Platz neben John Watson. Daher hat er mich eingeladen, zu ihm nach London zu kommen und über einen Vertrag zu reden. Er sitzt in seinem Büro und fragt mich: „Wie viel willst du?“ Ich möchte diesen Platz in ­einem durchaus guten Auto unbedingt haben, also gebe ich mich bescheiden: „150.000 Dollar, das ist genau das, was mir der Max Mosley bei March bezahlt hat.“ Ich rede noch weiter: „Ich brauch die Kohle, ich muss ja auch an meine Mutter denken.“ Bernie schaut andächtig, hört mir zu. Plötzlich läutet es. Ecclestone nimmt den Hörer ab, schreit ins Telefon: „Ah, Arturo!“ Dann redet er ewig lang, am Ende sagt er: „I call you back in ten minutes. Ten minutes!“ Er legt auf, es ist kurz ruhig, dann flüstert er: „Das war Merzario. Er will den Job. Er macht es um 30.000.“ Nachsatz: „Ich muss ihn aber in zehn ­Minuten zurückrufen und ihm Bescheid geben.“ Ich denke nach, weiß: Dieses Auto kann meine Chance sein. Ich gehe radikal mit dem Preis runter in Merzario-Dimensionen, tröste mich mit dem Versprechen von Erfolgsprämien – und stimme dem Deal zu, viel zu billig. Zwei Monate später habe ich in ­Monaco die Donnerstagsbestzeit. Die Stimmung ist gut, Bernie lädt mich zum Essen ein. Dann sagt er leise: „Du erinnerst dich noch an diesen Anruf von

Merzario damals in London? Das war nicht er, es war meine Sekretärin. Die hat mich aus dem Nebenzimmer angerufen.“ So ist er, der Bernie. Ein beinharter Verhandler, du musst auf jeden Zentimeter im Vertrag aufpassen – aber wenn es mal einen Handschlag gegeben hat, konntest du dich zu 1.000 Prozent auf den Deal verlassen. Und für mich wurde das Jahr bei Brabham das erfolgreichste meiner Formel-1-Karriere. Heute passt seine Art nicht mehr in die Zeit. Ich denke, das hat er auch erkannt. DANI REINHARD, Formel-1Fotografenlegende

Ein Drehkreuz am Fahrerlager-Eingang macht es heute de facto unmöglich, ohne die richtige Karte ins Paddock zu kommen. Verantwortlich dafür bin wohl ich – indirekt. Es war bei unserem alljährlichen Treffen mit Bernie in Gstaad, wie immer zwischen Weihnachten und Neujahr. Wir wollten mit der Gondel zum Lunch auf eine Skihütte. Erst beim Einsteigen bemerkt Bernies Tochter ­Petra, dass sie ihre Skischuhe im Auto liegen hat lassen. Ich erkläre mich bereit, die Schuhe zu holen und auf den Berg zu bringen. Bernie gibt mir den Autoschlüssel und ich laufe durch die Drehkreuzkontrolle zurück zum Parkplatz. Als ich wieder durch das Drehkreuz zurück zur Gondel will, werde ich gestoppt: Das Drehkreuz ist zu, eine rote Lampe blinkt wie wild! Ich gehe zurück ins Bahnbüro und erkläre mein Problem. 4/2017 autorevue extra 55


SPORT INTERNATIONAL // BERNIE ECCLESTONE

Szenen eines Lebens. Links 1978 mit Ronnie Peterson, der in diesem Jahr noch tödlich verunglücken sollte. Mitte: mit Clay Regazzoni (roter Rennanzug) und dem brasilianischen Rennfahrer Carlos Pace vor dem Grand Prix von Belgien, Mai 1975. Rechts Ecclestone irgendwann in den Achtzigern im Gespräch mit Nelson Piquet und Ken Tyrrell, damals Rennstallbesitzer (Tyrrell Racing Organisation).

TANJA BAUER, SKY-FORMEL-1-REPORTERIN

„Frauen sollen weiß tragen – wie alle Küchengeräte.“ Mit solchen Sprüchen hat Ecclestone den Ruf der Formel 1 als eine Welt der Machos geprägt. Ich aber habe immer bewundert, wie er als so kleiner Mann so viele Frauen begeistern konnte. Er ist ein unglaublich charmanter Gentleman, der einen sehr scharfsinnigen Humor hat. Ich war einmal mit ihm und Flavio Briatore essen und habe an diesem Abend wirklich unglaublich viel gelacht. Und er konnte die verschiedensten noch so sturen Teamchefs an einen Tisch bringen. Einmal soll er bei einem Meeting einfach die Türe versperrt und den Schlüssel versteckt haben mit den 56 autorevue 4/2017 extra

Worten: „Wir bleiben hier alle so lange drin, bis wir uns einig sind!“ Das wäre heute undenkbar. Aber von Bernie haben es sich alle gefallen lassen. FRITZ MELCHERT, FORMEL-1-TV-REGISSEUR

Bernie hat die Bedeutung und die Wirkung einer guten Fernsehübertragung extrem schnell erkannt. Er war Innovationen wie der Helmkamera gegenüber immer sehr aufgeschlossen. Und er hatte Durchsetzungsvermögen. In Hockenheim hatte ich einmal die Idee, in der Schikane nach der mittlerweile aufgelassen Geraden eine Superzeitlupenkamera in einer Begrenzungsmauer einzubauen und so exakt zu filmen, wie sich die Autos beim Ritt über die Curbs bewegen. Doch der Streckenbetreiber wollte nicht. Als

Bernie das gehört hat, sind wir in einer Pause mit dem Safety Car hinaus in die Schikane gefahren und ich habe mit einem Spray die Stelle markiert, wo ich die Kamera haben wollte. Am nächsten Morgen war das gewünschte Loch da. Und die Bilder wurden so aufregend, dass uns Fahrer, Teams und auch Sicherheitsexperten sofort darum gebeten haben – um jedes Auto genau analysieren zu können und das, was sich bei den Flügeln vorne und hinten so abspielt und wie viel sich bewegt. Eine echte Innovation – mit diesem Umsetzer konnte man solche Sachen einfach machen. MARC SURER, BRABHAM-PILOT 1985

1985 hatte ich zu Saisonbeginn keinen Vertrag und so war ich als TV-Experte

Bernie Ecclestone mit seiner bislang dritten Frau, der Brasilianerin Fabiana Flosi.

FOTOS: GETTY IMAGES

Dort sagt man mir, dass ich noch rund zehn, 15 Minuten warten soll, dann werde ich wieder freigeschaltet. Erklärung: „Das ist ein Schutz, damit nicht mehrere Leute mit nur einer Karte die Bahn benutzen.“ Oben angekommen wundert sich die Familie Ecclestone über mein langes Wegbleiben. Ich erzähle, was passiert ist. Bernie hört das, dann sagt er: „Super Idee. Das machen wir jetzt bei uns auch!“ Beim ersten Rennen der nächsten Saison stand das Drehkreuz am Eingang des Fahrerlagers und trennte die drinnen von denen draußen. Blinde Passagiere waren Geschichte.


GP MELBOURNE

Beatles vs. Stones In der Formel 1 hat sich alles auf einen Zweikampf reduziert.

Die Formel 1 hat ein Duell der Giganten um den WM-Titel: Mercedes gegen Ferrari, oder auch: Lewis Hamilton versus Sebastian Vettel. Ein dreifacher Weltmeister gegen einen vierfachen, oder wie es Lewis Hamilton dezent in Richtung Rosberg formuliert: „Dieses Jahr kämpfen die Sieger Vettel (l.) und ValtBesten der Besten gegenteri Bottas, Drittplatzierter. einander. Es wäre toll, auch Alonso dabeizuhaben – aber danach sieht es nicht aus.“ Fernando meint dazu nur: „Australien 2017 war vielleicht das beste Rennen meiner Karriere.“ Da er auf Platz zwölf liegend ausfiel, sagt er damit, was er von der Kombination McLaren-Honda hält: „Wir müssten eigentlich auf den letzten beiden Plätzen sein.“ Sogar das Undenkbare wurde auf dem Rückflug nach Europa diskutiert: dass McLaren noch während (!) der Saison zu Mercedes-Aggregaten wechselt (so was würde man angeblich in acht Wochen hinbekommen) und Sauber viel Geld zahlt, damit die ihnen die lahmen Honda-Motoren abnehmen. Vorne kämpfen – so die Lehre aus Melbourne – Ferrari und Mercedes auf Augenhöhe. Vor allem im Renntrimm haben die Italiener das bessere Reifen-Management. Der erste Sieg nach 553 Tagen war nicht Folge einer missglückten Mercedes-Strategie, sondern die Konsequenz der Tatsache, dass Vettel Hamilton und dessen Reifen Sektor für Sektor fordern konnte.

RENNERGEBNIS 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Sebastian Vettel Lewis Hamilton Valtteri Bottas Kimi Räikkönen Max Verstappen Felipe Massa Sergio Pérez Carlos Sainz jr. Daniil Kvyat Esteban Ocon Nico Hülkenberg Antonio Giovinazzi Stoffel Vandoorne

Ferrari Mercedes AMG-Mercedes Mercedes AMG-Mercedes Ferrari Red Bull-TAG Heuer Williams-Mercedes Force India-Mercedes Toro Rosso-Renault Toro Rosso-Renault Force India-Mercedes Renault Sauber-Ferrari McLaren-Honda

1:24:11,672 + 9.975 + 11.250 + 22.393 + 28.827 + 1:23.386 + 1 Runde + 1 Runde + 1 Runde + 1 Runde + 1 Runde + 2 Runden + 2 Runden

FOTO: GETTY IMAGES

Romain Grosjean: Defekt (Wasserleck) – Fernando Alonso: Defekt (Aufhängung) – Lance Stroll: aufgegeben (Bremsen) – Marcus Ericsson: Kollision – Kevin Magnussen: Defekt (Aufhängung) – Jolyon Palmer: Defekt (Bremsen) – Daniel Ricciardo: Defekt (Power Unit) – Pascal Wehrlein: zurückgezogen

WM-STAND

1. Sebastian Vettel Ferrari 25, 2. Lewis Hamilton Mercedes AMG 18, 3. Valtteri Bottas Mercedes AMG 15, 4. Kimi Räikkönen Ferrari 12, 5. Max Verstappen Red Bull 10, 6. Felipe Massa Williams 8, 7. Sergio Pérez Force India 6, 8. Carlos Sainz jr. Toro Rosso 4, 9. Daniil Kvyat Toro Rosso 2, 10. Esteban Ocon Force India 1


SPORT INTERNATIONAL // BERNIE ECCLESTONE

Ecclestone im Auto, Graham Hill daneben – ein Bild aus den Sechzigerjahren. Mitte: Ungefähr zur selben Zeit mit Max Mosley, mäßig erfolgreicher Rennfahrer und deutlich erfolgreicherer Funktionär. Rechts 1978 mit dem Lotus-Gründer Colin Chapman in Monza.

58 autorevue 4/2017 extra

ihn am Tag oft nur fünf Minuten gesehen – aber in diesen Minuten hat er alles aufgesaugt und alles entschieden. Ebenso hatte er als Chef der Formel 1 alle im Griff. Alle hatten Angst vor ihm und gaben ihm alle Freiheiten. Denn sie wussten: Sie verdienen gut mit ihm. Als ich vor fünf Jahren in Buenos Aires geheiratet habe, habe ich auch Bernie eine Einladung überreicht. Neben ihm steht seine Freundin Fabiana – und so spricht er leise zu mir: „I like Buenos Aires, I would like to come, but I don’t want Fabiana to get the wrong idea of getting married.“ Zwei Jahre später haben sie geheiratet. Einmal hat sich Bernie nicht durchgesetzt. < HELMUT MARKO, RED-BULL-MOTORSPORTCHEF

Bernie? Eine Unique Personality. Immer für einen Scherz zu haben, mit einem

wirklich guten britischen Humor. Er hat ein Gedächtnis wie ein Elefant. Er hat nie etwas vergessen, nie etwas verziehen. Er wusste alles noch und hat immer auf die Gelegenheit gewartet, wo er sich revanchieren konnte, oder wie man das nennen konnte. Sein Talent war es auch, eine Einigung durchzusetzen, indem er alle Parteien gegeneinander aufgewiegelt hat – und so selbst das bekam, was er wollte. Für viele Frauen hatte er als kleiner Mann große Ausstrahlung – muss an den Frauen liegen, dass sie in ihm immer besondere Qualifikationen oder besondere Qualitäten sehen. Mit der Formel 1 hat er ein unglaubliches Geschäftsmodell aufgestellt – ich finde nur die Umstände des Abgangs etwas schade. Aber er hat alles, was er braucht: eine schöne Frau, genug Geld – und er ist geistig und körperlich topfit. Er kann es sich aussuchen, was nun kommt. <

São Paulo, 2014. Ecclestone mit dem Red-BullRacing-Teamchef Christian Horner (Mitte) und dem RedBull-Motorsportchef Helmut Marko.

FOTOS: GETTY IMAGES, FOTO KRÄLING

für das Schweizer Fernsehen in Monaco. Bernie hat mich gefragt, warum ich nicht mehr fahre, und ich meinte: „Ich will ja, aber ich habe kein Auto.“ Ein, zwei Wochen später klingelt mein Telefon – es ist Bernie, der mich für Brabham engagiert. Mein erster Eindruck: ein Test in Spa. Er nimmt meinen Helm und überklebt die Schriftzüge „Marc Surer“ an beiden Seiten mit Olivetti-Stickern: „Merke dir: Der Sponsor ist wichtiger als dein Name!“ Ein paar Wochen später bin ich mit meiner Freundin in Le Castellet essen, treffe zufällig Bernie, der alleine am Tisch sitzt. Ich sage zu ihm, er soll sich zu uns setzen, dann können wir gleich über den Vertrag reden. Er antwortet: „Welcher Vertrag?“ Und meint, er würde seinen Fahrern nie was zahlen. Ich entgegne: „Ich weiß aber: Piquet bekommt 1,5 Millionen.“ Er antwortet: „Stimmt – eine halbe Million von Pirelli, eine halbe von Olivetti, eine halbe von BMW. Ich zahle nichts.“ Irgendwie haben wir uns dann doch geeinigt, ich habe Anteile an Preisgeldern bekommen. Einen Vertrag habe ich bis heute nicht gesehen, aber ich habe alles bekommen, was mir zustand. Am Donnerstag nach dem Rennen war immer alles am Konto. Brabham wurde so das einzige Formel-1-Team, das mich korrekt und pünktlich bezahlte. 1985 hatte er kaum noch Zeit für seinen Rennstall. Doch plötzlich stand er dann da: Und stellte sofort extrem präzise Fragen zum Team. Oft war er sehr kaltschnäuzig, aber immer auf den Punkt. Er war Teamchef und wir haben



STEUER-ABGABE

In der vierzehnten Ausgabe des Racing Rookie müssen zum ersten Mal an einem eigenen Damentag die Burschen den Mädchen das Lenkrad überlassen. Die übrigen Termine sind natürlich für alle offen, es gilt wie immer: Der erste Schritt zum Sieg ist die Anmeldung. Von Julian Sparrer Fotos Jürgen Skarwan

60 autorevue 4/2017 extra


SPORT // RACING ROOKIE 2017

N

ein, wir haben nichts gegen Frauen auf Pferden oder Männer hinterm Steuer. Jeder soll doch machen, was er oder sie will. Wir verstehen nur nicht, warum in 13 Jahren Racing Rookie jedes Mal nur eine Handvoll Mädchen dabei waren, während sich die Burschen am liebsten gleich nach dem Ende des Events fürs nächste Jahr angemeldet hätten. Denn objektiv gesehen ist der Racing Rookie das Coolste, was man für 25 Euro erleben kann. Deswegen findet am 22. 7. in Teesdorf ein eigener Damentag als kleiner Motivationsbeschleuniger für alle Mädchen statt, die schon immer gerne wollen hätten, aber nicht taten. Alle anderen Termine sind für Burschen und Mädchen frei, und erleben dürfen alle das Gleiche: Angeleitet von Profis lernst du von der Blicktechnik bis zum möglichst schnellen Durchfahren einer Kurve die Basics im Rennfahren. Schritt für Schritt tastest du dich im 140 PS starken Ford Fiesta Black Edition ans Limit heran, bis du die 350 PS im kampfbabyblauen Ford Focus RS und die von jeder Regelungselektronik befreiten 180 PS im Fiesta Rallye ST bändigen darfst. Auf dem ÖAMTC-Testgelände kannst du endlich ausprobieren, was im Straßenverkehr nicht möglich ist. Ein

Führerschein ist übrigens keine zwingende Voraussetzung. Wirklich blamieren tut sich niemand, weil sich im Laufe des Tages eh fast alle blamieren. Und selbst die Instruktoren haben ab und an mit dem Rallye-Fiesta auf der Schleuderplatte zu kämpfen. Apropos Schleuderplatte: Auf der solltest du überzeugen, wenn du gerne länger als einen Tag die Fiestas im Grenzbereich bewegen möchtest. Denn wer sich mit genügend Gefühl, Ruhe und Selbsteinschätzung bei abgeklebtem Tacho mit der richtigen Geschwindigkeit an den Pylonen vorbeiwurschtelt, dem winken beim krönenden Abschluss des Tages die nötigen Punkte, um ins Halbfinale einzuziehen, einen richtigen Rennanzug zu bekommen und vielleicht Racing Rookie 2017 zu werden. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass du mit dem Titel deinen eigenen Ford Fiesta Rallye ST plus Renn-Package im Wert von 40.000 Euro gewinnst, um in der nächsten Rallye-Saison voll durchzustarten. Einen Haken hat die Sache: Mit Redaktionsschluss dieses Hefts sind nur noch etwa 200 Plätze frei. Unser Geheimtipp unter vier Augen: Zaudern, Zagen und Zweifeln einstellen und schnell online anmelden! <

Der Schein trügt: Noch ist der Rallye-Fiesta zu haben. Dafür muss man sich nicht nur am Rundkurs gut anstellen, denn zum Schluss trennt die Schleuderplatte Spreu von Weizen.

RACING ROOKIE 2017 07.05. Teesdorf 25.05. St. Veit an der Glan 25.06. Melk 22.07. Teesdorf (Ladies only) 05.08. Saalfelden Anmeldung für die Geburtsjahrgänge 1996–2000 unter:

www.racingrookie.at

4/2017 autorevue extra 61


LEBENSART REISE • MENSCHEN • SACHEN

OPUS MAGNUM

Keiner kann wie Peter Vann Das High-End-Buch zum Jubiläum: analoge Technik, digitaler Druck, handverlesene Texte. r prägte eine ganze Ära der modernen Autofotografie. Seine zahlreichen Veröffentlichungen in der Autorevue der Neunzigerjahre stellen ein beredtes Zeugnis dafür aus. Nach Jahren der Umtriebigkeit, der goldenen Zeit von Glamour, Schlagerstarkarriere und Boheme im engen Kontakt mit den Reichen, den Schönen und deren Töchtern, nach einem gelebten Leben in Lichterglanz und Sonnenschein hat Peter Vann einen Gedankenstrich gezogen und die Arbeit an seinem Spätwerk aufgenommen. Statt auf Mode, Lifestyle und teure Sportwägen richtet er sein schweres Objektiv auf Gletscher, Sättel, Grate, auf Schründe, Spalten und Verwehungen. In den baumlosen Höhen von Modratsch, Eiger und Piz Palü zieht er seine Spuren, immer auf 62 autorevue 4/2017 extra

der Suche nach dem tiefsten Eindruck, dem spärlichsten Hinweis auf einem Saum der Erkenntnis. In seiner eigenen Kunstgalerie im Engadin stellt er seine großformatigen Fotografien, aber auch Maler wie Herbert Brandl oder Assemblage-Künstler wie Peter Schreyer ( ja, der einstige Audi-TT-, jetzt Kia/HyundaiChefdesigner) aus. Doch manchmal überholt ihn die Vergangenheit, zum Beispiel in Form eines findigen Producers, in dem Fall war es sein langjähriger Geschäftspartner Uli Praetor, mit dem zusammen er jahrelang das hochklassige Liebhabermagazin Autofocus betrieben hatte. Uli ging in Peters Archiv und stellte zum siebzigjährigen Jubiläum von Ferrari ein Opus magnum der Ferrari-Fotografie zusammen. Zu Recht. Denn keiner

Peter Vann, Beethoven der Autofotografie.

hatte sie so exklusiv vor der Kamera wie Peter Vann. Vom Alfa Romeo Monza bis zum F40 zeigt er 32 Weltklassebilder von Weltklasseautos, völlig analog, doch mit modernster Drucktechnik zu Papier gebracht, teuer, rar, kraftvoll und beherzt. Zeitlos im besten Sinne, gewaltig in der Plastizität und unvergleichlich in der Auswahl, gemäß dem ersten Grundsatz der Autofotografie nach Peter Vann: „Zuerst muss man einmal herankommen an die Sammler und ihre Raritäten.“

Der Band ist auf 1.500 Stück limitiert und von Peter Vann handsigniert, kommt geschützt im soliden Schuber. Im Anhang haben erstklassige Autoren über jedes der abgebildeten Modelle einen persönlichen Text abgefasst. Unterhaltsam, kompetent und lesenswert. 248 Seiten, 340 x 300 mm, € 98,–, ISBN: 978-3-61330834-3, direkt bei Motorbuch bestellbar unter www.motorbuch-versand.de

FOTOS: PETER VANN

E


DING DES MONATS

Unsere Coverstory ab Seite 16 beschäftigt sich mit der Wohnlichkeit des Autos. Was dort nicht vorkommt, ergänzen wir an dieser Stelle: die Espressomaschine zum Mitnehmen. Der Strom kommt aus dem Zwölf-Volt-Anschluss, die Pads hat man dabei, das Wasser füllt man zu Hause ein. € 142,–; www.amazon.de

Wien, Österreich

HÖREN, SEHEN, LESEN

COTTON RELOADED

FOTOS: GETTY IMAGES, WOLFGANG HOFBAUER, HERSTELLER

Man kann beim Autofahren nicht immer nur Radio Maria hören. „Cotton Reloaded“ ist ein gut gemachtes Remake der Klassiker, mit einem jungen Jerry Cotton in der Gegenwart (plus Partnerin Philippa Decker, haha!). Bislang 52 Folgen, alle als Hörbuch-Download an der Grenze zu gratis, am 17. April erscheint „Falsches Spiel in Quantico“. Download auf www.amazon.de, 2,5 Std., € 1,82

ROGUE ONE Der „Star Wars“-Ableger spielt vor dem vierten Teil („Eine neue Hoffnung“) der alten Trilogie. Eine Gruppe Rebellen versucht die Pläne des Todessterns zu stehlen. Ein „Star Wars“-Film, der fast ohne Macht und Jedi-Ritter auskommt. 134 min, Blu-ray Steelbook, € 29,99

Martin Suter ELEFANT Suter, kann man sagen, geht immer. Also fast immer, weil „Die Zeit, die Zeit“ war ein Mist. Jetzt aber wieder ein Treffer, der „Elefant“ changiert zwischen Zürcher Obdachlosenmilieu und Genforschung, ein wenig Mystik und Liebe sind auch dabei. Viel recherchiert, gut geschrieben. 353 Seiten, € 24,–

ORTE VON BEDEUTUNG

10. Mai 2016

An diesem Tag beschließt der Wiener Gemeinderatsausschuss für Kultur, Wissenschaft und Sport, in der Seestadt Aspern eine Gasse nach der italienischen Rennfahrerin LELLA LOMBARDI zu benennen. Auf die Gasse selbst müssen wir allerdings noch ein wenig warten. Wir fragen auf der Polizeiwache in der Seestadt Aspern (22. Bezirk) nach der Lella-Lombardi-Gasse. Der freundliche Beamte schaut in seinem Computer nach und sagt dann: „Ha! Die ist noch im Nirvana.“ Will heißen, die Gasse gibt es noch nicht in echt. Sie wird ab 2020 vom Sonnenweg auf der Höhe Maria-TrappPlatz Richtung Nordosten führen. Jetzt sind dort noch eine Großbaustelle und ein Mobilklo. Und warum Lella Lombardi? Weil sie eine herausragende Frau ist und weil in Wien bislang 3.750 nach Männern benannten Straßen und Plätzen nur rund 200 nach Frauen benannte gegenüberstehen. Daher kriegen im Stadtentwicklungsgebiet Seestadt Aspern jetzt alle neuen Straßen Frauennamen, was deren Anteil bei den Verkehrsflächen in Wien von fünf auf sieben Prozent erhöhen wird. Lella Lombardi, Italienerin, 1941 bis 1992, passt thematisch allerdings

Lella Lombardi, Autorennfahrerin, bekommt in Wien eine nach ihr benannte Gasse. Aber erst 2020. nicht ganz in diese grundsätzlich eher dem öffentlichen Verkehr und dem Fahrrad verpflichtete Umgebung, denn sie war eine der wenigen erfolgreichen Rennfahrerinnen der Geschichte. Sie nahm an zwölf Formel-1-Rennen teil und erhielt 1975 sogar einen halben WM-Punkt. Außerdem war sie die erste Frau, die an einem Rennen der DTM teilnahm. Soweit wir wissen, gibt es auf der Welt keine weitere Straße, die nach ihr benannt ist. 4/2017 autorevue extra 63


lebensart // reise Utah & arizona

64 autorevue 4/2017 extra


Im Zickzack zwischen Utah und Arizona, auf dem Highway 89 über das Hochplateau des Colorado, durch eine Landschaft von prähistorischen Dimensionen. Prärie, wie man sie aus den besten Western kennt.

foto: werk/Nick Dimbleby

Fenster in die Evolution

History appears closer, als man denkt. Nirgends ist man der Erschaffung der Welt und des Cowboy-Films so nah wie hier auf dem Colorado-Plateau. Von David Staretz

4/2017 autorevue extra 65


LEBENSART // REISE UTAH & ARIZONA

E

s ist immer der Himmel, dieses unglaublich weite Firmament. Warum ist in den USA sogar der Himmel so groß? Er streckt sich über archaische Landschaften, denen man die Erschaffung noch ansieht, dramatische Formationen, geschichtete Mesas, gekerbte Täler, weite Prärien, überworfene Dünen, und man hat den Eindruck, an etwas Großem, Ursprünglichen teilzuhaben, History in full, und wir mittendrin. Ist das Schnee dort drüben? Schnee auf rotem Wüstensand. Diese Formen, diese Farben. Die Route führt durch Teile von Utah und Arizona, über das Colorado-Plateau, man kann demnach sagen: bestes Western-Land, Geisterstädte inklusive. „Eine Handvoll Dollars“, „True Grit“, „Die glorreichen Sieben“. Die Szenerie steht, was hier passiert, das fasziniert. Selten bietet Landschaft so einen überwältigenden Reichtum. Eigentlich müsste man sie durchreiten. Doch die Wahl eines luxuriösen Geländewagens trifft auch nicht daneben. Allenthalben werden wir gewahr: Die Evolution ist nicht abgeschlossen. Was seit Millionen Jahren geformt ist durch Wind, Wasser, Schwerkraft und Natur66 autorevue 4/2017 extra

gewalten, alles steht in ewiger Transformation. Nicht nur die räumliche Komponente wirkt so grandios, auch die zeitliche. Alles hat Bedeutung, alles macht uns klein auf erhebende Art. Man kann sich heute noch als Pionier fühlen, sobald man einen Schritt weg vom Auto wagt. Man fühlt sich als Teil der Natur, ausgesetzt und eingebettet zugleich. Man erfährt die Ruhe körperlich, den Wind als Lebewesen. Ansässige berichten von den besonderen Freuden des Regens, wenn sich die Natur räkelt und frische Düfte aufsteigen. Besonders elementar erfährt man das Wesen der organischen und anorganischen Natur in den Sandsteinformationen des riesigen Zion-Nationalparks. Versteinerte Relikte von Dünen, weit mächtiger einst als die Sahara, bilden die in Formation geprägte, prähistorische Grundlage, windgebürstete Felsen zeigen, wie der Wind vor zweihundert Millionen Jahren blies, als der Sand noch formbarer war. Die Straßen. Als wären sie selbst ein Naturereignis, als hätten sie sich im Zuge von Jahrmillionen selbst eingebettet, so führen die Straßen und Wege durch die Landschaft, makellos sauber, trocken,

griffig. Jede Kurve, jede Haarnadel ist ein Statement der Eleganz, irritiert bisweilen durch amorphe Fahrzeuge, wie sie dem hässlichen Mainstream entsprechen. Damit wir uns recht verstehen: Scheußliche Autos, Thule-Boxen, Radträger, Wohnanhänger, grindige Lieferwagen und namenlose Kompaktcommuter gibt es überall. Aber hier in der Schönheit fallen sie besonders ab. Zurück zur schönen Aussicht. Im Osten zeigt sich der Great Arch, eine dramatische Bogenformation, steingewordenes Zeugnis klimatischer Vorgänge von frierendem, tauendem, wieder frierendem Wasser und seinen Kräften. Dahinter zeichnet sich der East Temple ab. Wendet man sich nach Westen, erkennt man folgerichtig den West Temple, eigentlich Horse Ranch Mountain, die höchste Erhebung des Nationalparks. (2.660 Meter ü. M.) Auf beiden Tempeln liegen noch aberwitzige Felsbrocken, bilden majestätische Silhouetten. Alles hier begründet sich auf die Anhebung des gesamten Colorado-Plateaus, worin sich der Virgin River tief einschnitt durch Navajo-Sandstein und tiefere Schichten, die sich in deutlichen Horizontallinien abzeichnen. >


FOTOS: WERK/NICK DIMBLEBY

Die Navajo Bridge überspannt den Colorado im Parallelschwung; die Formationen im Zion-Nationalpark sind Vorläufer sämtlicher Land-Art-Erscheinungen und können als Tagebücher prähistorischer Witterungen gelesen werden. Unten: Bei Pariah Breaks findet man Geisterstädte verfallender Filmkulissen; die Autowracks tragen jetzt ein ökologisches Gewissen. Links unten: Ausblicke, Einblicke im Amangiri Hotel.

4/2017 autorevue extra 67


LEBENSART // REISE UTAH & ARIZONA

68 autorevue 4/2017 extra

Die Holzfällerpfanne ist willkommen, aber wer sich nach Kanab ins Sego verfügt, kann mit Cauliflower Tabouli, Arranchera Style Beef Filet oder Lobstersalat rechnen, zubereitet von Chef Shon Foster.

Beton, tropfen musikalisch in Klangbecken. Betrachtet man das Hotel nach der Abfahrt aus der Ferne, scheint es zu versinken in den Landschaftsfalten mit all seiner versteckten Pracht. Verlässt man das Amangiri Resort, läuft der Highway 89 entlang des Lake Powell Reservoirs, benannt nach dem ersten großen Gand-Canyon-Erforscher. Der Stausee entstand, nachdem man den Glen Canyon flutete, in siebzehnjähriger Bauzeit. Dass er nie ganz voll wurde, legt man falschen Berechnungen zugrunde. Besser als Überflutung, sagt man hierzulande. Dennoch liefert das Kraftwerk im Glen Canyon Dam, ausgestattet mit acht übergewaltigen Turbinen, ausreichend Energie für Millionen. Horseshoe Bend, also Hufeisenbiegung, nennt man den Kreisverkehr des Colorados, wo er in 270-Grad-Schleife einen Umkehrschwung macht. Spekta-

kulärer Blick in die Tiefe, nachdem man sich für fünf Minuten Spaziergang aus dem Auto bequemt hat. Im Gegensatz dazu, auf ihre Art kaum weniger spektakulär, spannt sich die Glen Canyon Bridge, fertiggestellt 1959. Damals war sie die höchste Einbogenbrücke der Welt. Immer noch ist sie wert, zu Fuß überquert zu werden, die Höhe zu spüren, den Wind und den angenehmen Grusel der Schwankungen, wenn ein Truck darüberfährt. NavajoIndianerinnen haben einen einfachen Stand aufgebaut und verkaufen Traumfänger und dergleichen. Kurze Fahrzeit weiter auf den makellosen Straße trifft man eine weitere Stahlbrücke, diesmal in Parallelformation: Die Navajo Bridge überspannt den Colorado mit Blick auf den Marble Canyon. Hiermit beginnt der erste Ausläufer des Grand Canyon. Aber den behalten wir uns besser für eine eigene Reise vor. <

Der Range Rover Discovery ist ein verlässlicher und luxuriöser Reiseunternehmer, doch unter uns gesagt: Jeder US-Leihwagen tut’s auch.

FOTOS: WERK/NICK DIMBLEBY

Wir erreichen Kanab, eine Art stiller Filmmetropole, deren Umgebung das Setting zahlreicher Westernfilme darstellte bis hin zur Inspiration für die rein fiktive Stadt Radiator Springs, Heimatstadt von Lightning McQueen in den Pixar-Animationsfilmen „Cars“. Damit reihen sie sich in eine lange Kette von Westernheroes, angefangen bei Tom Mix, der hier mit seinem Pferd Tony den ersten Stummfilmwestern drehte, „Deadwood Coach“. Danach: „Planet der Affen“, Stars wie John Wayne, Johnny Cash, Frank Sinatra, Dean Martin, Sammy Davis, Jr. und so weiter bis hin zu Clint Eastwood und zuletzt die Crew des Scifi-Movies „John Carter“. Es gab einige nachgebaute, dennoch authentische Geisterstädte in der Umgebung, die Einwohner von Kanab profitierten davon. Je ungezähmter, grandioser die Landschaft, desto widersprüchlicher und dennoch passend kann moderne Architektur sein, wenn sie sich auf so spektakuläre Weise in das Gesamtensemble fügt wie das Amangiri Hotel. Es benötigte Jahre, bis man die Bauerlaubnis bekam, und man möchte sich nicht den Papierkrieg und die Auflagen vorstellen, die überwunden werden mussten, um diese Anlage Wirklichkeit werden zu lassen. Das Hotel steht im reizvollen Widerspruch zwischen außen und innen, zwischen schmucklosem Sichtbeton und luxuriösem Innenleben. Der Blick aus den ebenerdigen Räumen mit Fensterwänden, die eine unverstellte Aussicht in die Prärie bieten, ist spektakulär, die Klarheit des teils geometrisch, teils von Felsformation begrenzten Pools, die Opulenz der luxuriös ausgestatteten Räumlichkeiten stehen im reizvollen Kontrast, ausgesetzt mitten in dieser prähistorischen Landschaft mit ihren grotesk anmutenden Mesas. 160 Millionen Jahre schauen dich an. Der graue Sichtbeton gibt zwischen massiven Mauern Blickfenster frei, in denen sich wie bei Kunstwerken von James Turrell das Licht der Landschaft in besonderer Intensität offenbart. Bisweilen fließen, vom Architekten geplant, dünne Rinnsale aus Wandöffnungen, zeichnen reizvolle Algenmuster auf den


Die Straßen. Als wären sie selbst ein Naturereignis, als hätten sie sich im Zuge von Jahrmillionen selbst eingebettet, so führen die Straßen und Wege durch die Landschaft, makellos sauber, trocken, griffig.


LEBENSART // UHREN

TAG HEUER  AUTAVIA Wie im letzten Jahr angekündigt, bringt TAG Heuer 2017 das Comeback des Rennfahrerchronographen der 60erJahre. In einem groß angelegten OnlineVoting durften Kunden, Sammler und Fans über das finale Design entscheiden. Als großer Sieger dieser Umfrage ging jenes Modell hervor, das am Handgelenk von Jochen Rindt berühmt wurde. In der Neuinterpretation dieses Klassikers schlägt das hauseigene Manufakturwerk Heuer 02 mit automatischem Aufzug und einer Gangreserve von 80 Stunden. 4.600 Euro

OMEGA SPEEDMASTER 60TH ANNIVERSARY LIMITED EDITION Bei Omega feiert man den 60. Geburtstag der tatsächlich legendären Speedmaster mit einem Produktfeuerwerk: eine neue Speedmaster Racing mit dem versetzten Minutenring am Zifferblatt, eine neue Speedmaster-38-mmKollektion mit erfrischenden Zifferblattfarben und als Krönung eine Trilogie aus Seamaster, Railmaster und Speedmaster in exakt jener Form und Gestaltung, wie sie 1957 präsentiert wurden. Jede dieser drei Uhren ist auf 3.357 Exemplare limitiert, für die wahren Fans gibt es eine auf 557 Stück limitierte Trilogy-Box um 20.000 Euro, die alle drei Modelle enthält. 6.700 Euro

ES SCHLÄGT 17

Auf der weltgrößten Messe für Uhren und Schmuck präsentierten 1.300 Aussteller ihre neuen Kollektionen, Kreationen und Komplikationen. Ein klarer Trend der Baselworld: Vintage-Modelle und Uhren in historischem Kontext. as Uhrenjahr 2017 scheint von einer Unzahl an runden Geburtstagen und Jubiläen geprägt zu sein. Patek Philippe feiert den zwanzigsten Geburtstag der sportlichen Aquanaut-Kollektion und den Vierziger des für diese Marke so bedeutsamen Kalibers 240, Rolex stattet die Sea-Dweller zum Fünfziger mit einem größeren Gehäuse und einem neuen Werk aus, und für das 60-JahreJubiläum gibt es gleich vier Kandidaten: Sowohl die Blancpain Fifty Fathoms MIL-SPEC als auch die Flagship-Kollektion von Longines, die Breitling Superocean und die mittlerweile legendäre Omega Speedmaster kamen im Jahr 1957 auf die Welt. Weiters begeht Ferrari heuer das 70-jährige Firmenjubiläum, was der Uhrenpartner Hublot mit einem sehr speziellen Modell zu würdigen weiß, und Chopard feiert mit einem Sondermodell 90 Jahre Mille Miglia. Ebenfalls vor 90 Jahren gelang Charles Lindbergh der erste Alleinflug über den Atlantik, daher bringt Longines nun eine limitierte Neuauflage der nach dem historischen Flug entwickelten Stundenwinkeluhr.

70 autorevue 4/2017 extra

Als Folge dieser Jubiläumsfeierlichkeiten fand man auf der Baselworld 2017 bei vielen Marken Modelle, die im historischen Kontext neu interpretiert wurden. Bei Omega ging man sogar so weit, die erste Speedmaster von 1957 bis ins kleinste Detail von Form und Farbe nachzubauen und (allerdings mit einem modernen Werk) in limitierter Stückzahl neu aufzulegen. Darüber hinaus fand das berühmte „Racing“-Zifferblatt zurück in die Speedmaster-Kollektion. Eine uhrmacherische Steilvorlage liefert Breitling mit dem Manufakturkaliber B03, das die Navitimer nun mit der Komplikation eines Schleppzeigerchronographen adelt und aufgrund der schlauen Konstruktion auch einen äußerst attraktiven Preis ermöglicht. Einen runden Geburtstag feiert übrigens auch die Baselworld selbst. Den Grundstein für die heute weltweit größte Messe für Uhren und Schmuck legte die erste Schweizer Mustermesse in Basel im Jahr 1917. Bis 1972 waren übrigens nur Schweizer Hersteller zugelassen.

FOTOS: HERSTELLER

D

Von Xaver Hiebner


FOTOS: ANDREAS RIEDMANN

BREITLING NAVITIMER RATTRAPANTE Es ist eine der uhrmacherischen Sensationen des Jahres. Breitling präsentierte mit der Navitimer Rattrapante einen Schleppzeigerchronographen mit hauseigenem Manufakturkaliber. Die Komplikation eines Schleppzeigers ermöglicht die Messung von Zwischenzeiten bei laufendem Chronographenzeiger, was nicht nur das Energiemanagement betreffend eine horologische Herausforderung darstellt. Daher gab und gibt es nur einen sehr kleinen Kreis von Spitzenmanufakturen, die ein Modell mit derartiger Funktion anbieten können. Dank des clever konstruierten Kalibers B03 (das Gegenstand von zwei Patenten ist) betritt nun auch Breitling diesen exklusiven Zirkel. 10.540 Euro 4/2017 autorevue extra 71


GLASHÜTTE ORIGINAL SENATOR CHRONOGRAPH PANORAMADATUM

HUBLOT TECHFRAME FERRARI TOURBILLON CHRONOGRAPH

Vor drei Jahren sorgte Glashütte Original mit dem von Grund auf neu entwickelten Kaliber 37 für Furore, das sein Debüt in Platin- und Rotgoldgehäusen feierte. Ab sofort gibt es dieses vollintegrierte Chronographenwerk mit Flyback-Mechanismus auch in einem sportlichen Edelstahlgehäuse. Markantes Detail der neuen Stahlversion sind die blauen Super-LumiNova-Beschichtungen auf den Zeigern und den Stundenindexen sowie die darauf abgestimmte blaue Naht am Kalbslederband.

Zum 70. Geburtstag von Ferrari gab es vom Uhrenpartner Hublot ein besonderes Geschenk: Ferrari-Chefdesigner Flavio Manzoni und seine Stylisten durften völlig frei und ohne Vorgaben das Gehäuse ihrer Jubiläumsuhr konzipieren. Ergebnis ist eine einzigartige Gitterstruktur, in der das neue Tourbillon-Chronographenwerk HUB6311 von Hublot tickt. Der bemerkenswerte Ein-DrückerChronograph wird in drei auf jeweils 70 Stück limitierten Versionen (Titan, Carbon oder Gold) gebaut.

13.700 Euro

125.000 Euro

ZENITH DEFY EL PRIMERO 21

BREGUET MARINE ÉQUATION MARCHANTE 5887

Dieser Chronograph schlägt ein neues Kapitel der Kurzzeitmessung auf. Die Defy El Primero 21 ermöglicht das Stoppen von Hundertstelsekunden auf mechanischem Wege. Dazu hat Zenith ein ganz neues Werk erdacht, das über zwei vollkommen unabhängige Mechanismen für die Uhrzeit und den Chronographen verfügt. Die Unruh des Gangwerks schwingt El-Primero-typisch mit 5 Hz, die Taktfrequenz des Chronographen beträgt beeindruckende 50 Hz, woraus sich die mögliche Auflösung von Hundertstelsekunden ergibt.

Breguet erweitert seine Kollektion an spektakulär komplizierten Zeitmessern um ein weiteres Meisterstück. Die neue Marine Équation Marchante enthält neben einem Tourbillon und einem ewigen Kalender auch noch die äußerst seltene Komplikation einer „laufenden Zeitgleichung“. Dieser stets veränderliche Unterschied zwischen wahrer und mittlerer Sonnenzeit ergibt sich aus der elliptischen Umlaufbahn sowie der geneigten Erdachse und wird mit einem zweiten Minutenzeiger laufend angezeigt.

9.700 Euro

223.900 Euro

72 autorevue 4/2017 extra

FOTOS: HERSTELLER

LEBENSART // UHREN


BREITLING SUPEROCEAN HÉRITAGE II Kleine optische und große technische Veränderungen erfährt die Superocean Héritage zu ihrem 60. Geburtstag. Der keramische Höhenring an der Lünette, die leicht modifizierte Zeigerform und die neue Krone werden nur absoluten Spezialisten auffallen. Die Revolution betrifft den Motor. Ein aufsehenerregender Deal mit der Rolex-Schwester Tudor gestattet es Breitling, eine Modifikation des hochpräzisen Manufakturkalibers MT5612 von Tudor für die Superocean Héritage II zu verwenden. Im Gegenzug darf Tudor dass formidable Chronographenwerk B01 von Breitling in der neuen Black Bay Chrono einsetzen. 4.470 Euro

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN

CHOPARD MILLE MIGLIA 2017 RACE EDITION Die Mille Miglia und Chopard, das ist wohl die am längsten anhaltende Partnerschaft zwischen einer Motorsportveranstaltung und einem Uhrenhersteller. Jedes Jahr gibt es eine eigene Uhr für die Teilnehmer dieses Oldtimer-Klassikers, die in limitierter Stückzahl auch in den freien Handel kommt. Die 2017er Race Edition ist wie (fast) immer ein Chronograph, diesmal mit einem silberfarbenen Zifferblatt, das in Anlehnung an historische Armaturenbretter mit einem Perlageschliff versehen ist. 6.600 Euro

4/2017 autorevue extra 73


KLASSIK LIEBLINGE DER REDAKTION

BUCHTIPP

Viel zu früh

R

indt, natürlich. Da ist das unendlich traurige Foto von Rindts Sarg, den die Bestatter seinen letzten Weg entlangtragen, und dahinter geht Nina Rindt. Man kann die Stimmung ungefähr erahnen, eine Stimmung, die in den früheren Jahren des Motorsports so oft zuschlug, dass nur die ganz Glücklichen ihre Karriere lebend beendeten. Das Buch „Verlorene Freunde“ ist den vielen anderen gewidmet, die trotz der allgegenwärtigen Gefahren ins Cockpit stiegen, aber nicht mehr lebend herauskamen. Beziehungsweise an den Folgen eines Crashs bald danach verstarben – bisweilen auch, nachdem alles nach eher mittelschweren Brüchen ausgesehen hatte, wie bei Ronnie Peterson, 74 autorevue 4/2017 extra

der im September 1978 im Krankenhaus an einer Fettembolie nach seiner Beinoperation verstarb, möglicherweise eine tragische Folge der vorangegangenen Vollnarkose. Freilich nimmt dieses Buch seine Leser mit auf eine Gratwanderung zwischen Trauer und dem schaurigen Sog, der einen bei Unfällen hinsehen lässt, wiewohl man eigentlich wegschauen, die Bilder vermeiden, die prägenden Eindrücke nicht zulassen mag. Also zeigt dieses Buch auch keine Fotos der Verunglückten, wohl aber die Wracks, die Unfälle aus einer Ferne, die keinen Blick auf die Details zulässt, aber die Dramatik des Augenblicks fassbar macht. Und die Verunglückten sind auch zu Lebzeiten zu sehen, im Rennbetrieb, Monate,

Piers Courage, Ronnie Peterson, Jochen Rindt. Nach Belichten dieser Fotos kam nicht mehr viel.

Elmar Brümmer, Ferdi Kräling: Verlorene Freunde. Verlag Delius Klasing, 152 Seiten, 30,80 Euro.

Tage, Stunden vor dem dramatischen Finale. Gerade diese Diskrepanz zwischen der Euphorie der Rennfahrer und dem Wissen über ihren frühen Tod, das man als Betrachter der Bilder hat, den die Betroffenen aber selbst immer ausblendeten, erzeugt bei der Lektüre eine Grundstimmung, die man von anderen Motorsportbüchern nicht kennt. Damit hier die Eindrücke auf der richtigen Spur bleiben: Verlorene Freunde nähert sich den Schicksalen mit Gefühl und Gespür, zeichnet die Ereignisse sachlich nach und lässt auch der Freude an den Erfolgen der Porträtierten ihren Auslauf. Man erkennt dann natürlich, warum es keinen Ausstieg aus dem Cockpit gibt, solange die Erfolgsbilanz nach oben weist. M.S.

FOTOS: DELIUS-KLASING VERLAG

Legenden sind dann besonders hartnäckig, wenn sie sich um einen frühen Tod ranken durften. Das Buch „Verlorene Freunde“ ist reich an solchen Schicksalen.


HÄNDLER, CLUBS, AUTOS

Natürlich wird man der 29. Auflage der Tullner Oldtimermesse am 20. und 21. Mai ihre fundierte Erfahrung anmerken, und wie immer dürfen ein üppiger Flohmarkt, Clubpräsentationen, Sonderausstellungen und überhaupt alles erwartet werden, was mit Klassikern zu tun hat. Wer mit dem eigenen Oldtimer anreist, wird wie üblich auf den Sonderparkplatz gewunken, eine Oldie-Ausstellung für sich. www.oldtimermesse.at

EDELSTAHL-AUSPUFF

FOTOS: SHUTTERSTOCK, OLDTIMERMESSE TULLN, LIMORA

Hinten edel

Eigentlich ist der Auspuff ein Verschleißteil, was besonders beim Oldtimer unangenehm auffällt: Die Originalvorräte sind oft aufgebraucht, dann will auf Nachfertigungen gewartet werden. Oder der rachitische Auspuff per Reparaturschweißungen so lange geflickt werden, bis die tragfähige Substanz zum Dranschweißen gänzlich am Ende ist. In Großbritannien, dem Land der von oben herunterprasselnden Großwetterlage, sind daher bei Restaurierungen schon lange Edelstahl-Auspuffsysteme angesagt. Man sollte sich von deutlich höheren Preis nicht verschrecken lassen: Ist der EdelstahlAuspuff sorgfältig gearbeitet und auch innen, an der Geräuschdämmung, aus Edelstahl (Vorsicht vor Billigprodukten!), dann hält er nämlich ewig. Besonders, seit auch die bei vielen Klassikern nötigen Flexrohre aus Edelstahl gefertigt werden. Bei Limora wurde das Sortiment jetzt deutlich aufgestockt, und freilich profitieren meistens britische Klassiker davon. Alle Teile sind aus 304/406 Sheffield Stainless und obendrein poliert. Fast schade, dass man sie von oben nicht sieht. www.limora.de

Termine 21. Wiener Höhenstraßen Classic 21.–22. April in Wien www.oemvc.at Kleiner Preis der Sophienalpe I 21. April vom Parkplatz HoheWand-Wiese aus www.oldtimerschulung.at Bosch Hockenheim Historic 21.–23. April am Hockenheimring hockenheim-historic.de Histo Cup – Saisonopening Red Bull Ring 21.–23. April am Red Bull Ring www.histo-cup.com 1. Porsche Swap 2017 Austria 22. April in Kottingbrunn office@barbach.at STOF Frühjahrsausfahrt 23. April in Graz-Andritz www.stof.at 32. Heizhaus-Rallye 23. April in Strasshof www.austria-motorveterans.at Ausfahrt in die Wachau inkl. Fahrzeugweihe 23. April zwischen Stockerau und der Wachau www.siegfried-marcus.at Südsteiermark Classic 27.–29. April rund um Gamlitz www.suedsteiermarkclassic.com

All das ist unter dem Jaguar E-Type leider nicht zu sehen. Kostet € 590,–.

Kirschblüten Classic 29.–30. April in der Region Neusiedler SeeLeithagebirge www.oldtimer-clubneusiedlersee.at

OLDTIMER-STUDIE ÖSTERREICH

Und Ihre Meinung? Damit die Studie viel über das Wesen der Oldtimerszene verrät, sind viele Stimmen nötig. Mitmachen!

D

er Titel der geplanten Studie klingt etwas sperrig, das haben viele Studien so an sich. „Sozioökonomische Bedeutung von historischen Kraftfahrzeugen“ sagt allerdings präzise, was jetzt erstmals in Österreich beleuchtet werden soll: Wie sieht man das Themenfeld Oldtimer, wobei nicht nur die Fahrerinnen und Fahrer am Bild mitzeichnen sollen, sondern im Idealfall ganz Österreich? Zugespitzt formuliert: Treten Oldtimer eher als Stinker auf oder doch als rollendes Kulturgut, das nicht nur jene erfreut, die drinnen sitzen? Dementsprechend umfassend fällt der Fragebogen aus, der ab Mitte April ganz unklassisch im Internet zu finden ist, nämlich hier: www.befragung.cc/ oldtimerstudie. Je öfter er ausgefüllt wird, desto relevanter sind die Daten. Aufgerufen sind alle,

also nicht nur jene mit einem oder mehreren Oldtimer(n) daheim oder in der virtuellen Garage der Träume. Das Ausfüllen dauert rund zwölf Minuten. Das Ergebnis der Studie wird im Sommer vorliegen, spätestens aber bei der Classic Expo in Salzburg. Dann dürfen viele Fragen als geklärt gelten, die bislang in Österreich noch nie beantwortet wurden, etwa: Wie viele Interessierte an Klassikern gibt es im Land, wollen wir alle Oldtimer bewahren und sogar fahren, oder gilt derlei als vernachlässigbar? Wie viele Jobs werden von Oldtimerbesitzern gesichert, welche wirtschaftlichen Summen hängen jährlich dran, wobei auch an den Tourismus rund um Veranstaltungen gedacht werden soll? Die Resultate werden freilich auch helfen, die Interessen der Klassikbesitzer zu vertreten. 4/2017 autorevue extra 75


klassik // flaminio bertoni

76 autorevue 4/2017 extra


Flaminio Bertoni mit seiner Mutter, Angela, und seinem ersten Autoentwurf (1922).

Das BlechGips-HolzBeton-Genie

Flaminio Bertoni schuf die markantesten Citroëns, er war Künstler, Designer, Architekt und Erfinder, begeistert bis zur Besessenheit, die Familie hatte damit zurechtzukommen. Jetzt gibt’s das deutschsprachige Buch über sein Leben. Von Martin Strubreiter

Fotos: edition garage 2CV, Leonardo Bertoni, Stéphane Bonutto, Citroën

S Von Künstlern lernt er das Gestalten von Skulpturen, sein Eifer kippt in Besessenheit, Bertoni wird sein gesamtes Leben der Kunst widmen. Zwischen­ menschliches leidet, weil er nie daheim ist.

ein erstes Auto kann weder schwimmen noch fliegen, sieht aber danach aus. Zwar sind die Räder dort, wo sie 1922 bei ei­ nem Auto erwartet werden, aber die Kotflügel scheinen zu schweben, der Rumpf ist strömungsgünstig wie ein Vo­ gel, ein Drachenkopf vorne wirkt als gro­ teske Überzeichnung einer Kühlerfigur. Flaminio Bertoni ist 18 und bei K ­ arosseriebau Macchi nahe Varese be­ schäftigt, das Echo seiner Chefs ist einer der raren Rückschläge im jungen Be­ rufsleben. Flankiert von seiner Mutter, Angela, lässt sich Bertoni mit dem Mo­ dell fotografieren, er hatte damals schon die Bekanntschaft berühmter Bildhauer gemacht, war bei Carrozzeria Frattelli Macchi schnell aufgestiegen, hatte ne­ benbei Skulpturen aus Gips erschaffen. Die barocke Grundlinie seines Schaffens ist mit dem ersten Auto erkennbar – was seltsam klingt bei jemandem, der später mit dem Citroën DS das futuristischste Serienauto überhaupt erschaffen sollte.

Flaminio Bertoni kommt am 10. Jänner 1903 zur Welt, am frühen Tod des Vaters 1918 scheitert das Studium, denn Flaminio muss jetzt seine Mutter ernähren. Bei den Brüdern Macchi fällt sein Talent bald auf, es bringt ihn bis in die Entwicklungsabteilung und bald ­danach nach Paris, damals das Epizen­ trum avantgardistischen Autobaus. Wirtschaftliche Schwierigkeiten lassen ihn öfters den Arbeitgeber wechseln, kurz ist 1925 auch Citroën darunter, dann geht er zurück zu den Brüdern Macchi nach Italien. Bertoni nimmt sein Kunststudium wieder auf, er bezieht sein eigenes Ate­ lier, es füllt sich mit den Künstlern jener Tage. Von ihnen lernt er das Gestalten von Skulpturen, sein Eifer kippt in Be­ sessenheit, er wird sein gesamtes Leben der Kunst widmen. Zwischenmenschli­ ches leidet darunter – dienstlich an Ber­ tonis wenig diplomatischen Anläufen, seine Entwürfe durchzubringen, privat daran, dass er nie daheim ist. > 4/2017 autorevue extra 77


KLASSIK // FLAMINIO BERTONI

Der Meister, quasi am halben Weg zu seinem unsterblichsten Entwurf. Bertoni hatte Fotografierverbot, da Citroën wenig daran lag, den Designer hinter den Autos berühmt werden zu lassen – er belichtete dennoch einige Fotos. Wie weit der Weg zur DS war, so wie sie 1955 erstmals präsentiert wurde, lassen untenstehende Skizzen erahnen, und freilich hätte mehrmals was schiefgehen können. Ging es aber nicht, selbst die letzte Problemzone, die Blinkertrompete an der C-Säule, wurde auch noch rechtzeitig fertig. Bertoni entwarf sogar die letzte DS-Front, jene mit den verglasten Scheinwerfern. Das war knapp vor seinem Tod 1964, dann sollte es noch einige Jahre dauern, bis das Facelift Ende 1967 in die Serienfertigung fand.

78 autorevue 4/2017 extra


FOTOS: EDITION GARAGE 2CV, LEONARDO BERTONI, STÉPHANE BONUTTO, CITROËN

Rundgang durch Flamion Bertonis Schöpfungen: Der Mathis 333 wurde ab 1946 in geringster Stückzahl gebaut, der Citroën Traction Avant blieb 23 Jahre käuflich, mit dem TUB schuf Bertoni 1937 das bis heute gültige Konzept des Kleinlieferwagens.

Stet wird Flaminio Bertonis Berufsleben ab 8. Juli 1932. Er wird von Citroën engagiert und entwirft schon im Jahr drauf ein komplettes Auto: Abends verschwindet er mit einem Block Knetmasse und verkündet seiner Frau, zum Schlafen eher nicht zurück zu sein. Der Citroën Traction Avant gilt als erstes Auto, das nicht aus Zeichnungen entstanden ist, sondern als Modell, die Skizzen erspart sich Bertoni dennoch nicht: Er muss seine Idee auf Papier übertragen, damit die Techniker danach bauen können. Wieder arbeitet er wie besessen, zeichnet einmal 58 Stunden ohne Schlaf durch. In fünf Tagen ist er fertig, der Citroën Traction Avant soll 23 Jahre, vier Monate und einen Tag in Produktion bleiben. Während des Zweiten Weltkriegs verstecken sich etliche Abteilungen Citroëns vor den Nazis, Bertoni fungiert als Kurier, bis er mit seinem BMW-Motorrad an einem Bahnübergang so schwer stürzt, dass er sechs Mal operiert wer-

Warum Bertoni den skurrilen Citroën Ami 6 als seinen besten Wurf sah, lässt die Nachwelt bis heute rätseln. Gekauft wurde er jedenfalls fleißig, wenngleich der 2CV mit rund fünf Millionen Exemplaren zu Bertonis meistproduziertem Design reifte. Er blieb von 1948 bis 1990 im Programm.

den muss und acht Monate im Bett liegt. Zur Ablenkung lernt er Deutsch und liest über Physik, bemerkt auch erstes Interessen an Architektur. Als er Ende 1941 aus dem Spital entlassen wird, ist sein linkes Bein drei Zentimeter kürzer. Seine orthopädischen Schuhe konstruiert Bertoni natürlich selbst. Da wartet schon sein nächstes Projekt, der Citroën 2CV. Beim ersten Anlauf in Vorkriegstagen war Bertoni mit seinen Designvorschlägen abgeprallt: Generaldirektor Pierre-Jules Boulanger wollte ein hässliches Auto, dem man seine Dienstbarkeit ansah. Nach dem Krieg darf das Auto schöner werden, 1948 ist der 2CV fertig, er wird bis 1990 gebaut. Nie realisiert wird hingegen das Diplomstück seines Architekturstudiums, das Bertoni im April 1949 abschließt: Ein Künstlerhaus mit 100 Tonnen schwerem, drehbarem Atelier und wärmedämmenden Fenstern. Bertoni wird mit etlichen Renovierungen beauftragt, die er abends, nach seinem Arbeitstag

4/2017 autorevue extra 79


KLASSIK // FLAMINIO BERTONI

80 autorevue 4/2017 extra

Beim Modellieren sah Bertoni nicht wesentlich anders als als beim Entwerfen einer Karosserie. Die Büste oben stellt seinen zweiten Sohn Serge dar, die Zeichnung von 1945/46 trägt den Titel „Rauchender Mann“.

nem Mitarbeiter an, verabschiedet sich vor dem Eingang, schickt den Untergebenen in die Ausstellung. Selbst betritt er den Zoo, um dort Tiere zu zeichnen. Bei Citroën reift mittlerweile ein neuer Entwurf, der Ami 6 soll die Lücke zwischen 2CV und DS schließen. Da er die Technik des 2CV verwenden muss, aber ein Fließheck verboten ist, ersinnt Bertoni eine Leichtbau-Karosserie mit versteifenden Sicken und andersherum geneigter Heckscheibe. Er wird den 1961 präsentierten Ami 6 dennoch als seinen besten Entwurf bezeichnen. Ende 1963 ereilt ihn der Auftrag für eine Modernisierung der DSFront, Bertoni holt ein Auto ins Studio und lässt sich einen großen Hammer reichen. Dann schlägt er die Kotflügel in die ungefähre Form und erledigt den Rest mit Gips, in rund einer Stunde ist die Frage nach der DSFront für die letzten acht Produktionsjahre beantwortet. Mehr geht sich in einem Leben nicht mehr aus. Am 6. Februar 1964 ist eine Besprechung in der Karosserieabteilung angesagt, die Stim-

mung ist von Anfang an kratzig, sie wird immer aggressiver. Bertoni ärgert sich über neue Mitarbeiter, beschimpft alle als Idioten, geht verärgert aus dem Raum und begibt sich zu seiner Wohnung, dann ins Atelier. Aus der geplanten Beruhigung wird nichts. Bertoni wird übel, ein Krankenwagen bringt ihn ins Spital, ein Schlaganfall wird diagnostiziert, kurz danach fällt er ins Koma. Am nächsten Tag verstirbt Flaminio Bertoni im Alter von 61 Jahren. Der Rettungswagen, mit dem er ins Spital gebracht wurde, war eine DS. <

Die ausführliche Lebensgeschichte Flaminio Bertonis ist erstmals auf Deutsch erschienen, verfasst von seinem Sohn Leonardo und Stephané Bonutto: Bertoni. Ein Leben für die Form. Edition Garage 2CV 2015, 96 Seiten, € 24,90.

FOTOS: EDITION GARAGE 2CV, LEONARDO BERTONI, STÉPHANE BONUTTO, CITROËN

bei Citroën, erledigt. Nebenbei widmet er sich neuen Skulpturen, die Presseberichte machen ihn mit jeder Ausstellung ein Stückerl bekannter – nie aber erwähnt Citroën, wer die Karosserien der aktuellen Modelle gestaltet hat. Das will Bertoni nun ändern. Am 2. Jänner 1952 schreibt er einen Brief an Personalchef Henry-Biabaud, der Groll ist nicht nur zwischen den Zeilen herauszulesen. Bertoni zählt seine Verdienste auf, inklusive Motorradunfall, beklagt den stagnierenden Lohn. Also stellt er ein Ultimatum, denn er hätte jetzt doch gerne die 1950 bestätigte Gehaltserhöhung. Der Brief fruchtet, Bertoni bleibt bei Citroën, und im Mai 1955, endlich, wird die Zeitschrift L’Automobile auf die beim Salon des Indépendants ausgestellte Skulptur Die Gefangenen aufmerksam. Sie ist rund drei Meter hoch und damit kaum zu übersehen, ähnlich üppig ist mittlerweile die Liste mit Bertonis Berufen: Karosseriezeichner, Maler, Bildhauer, Ingenieur, Architekt. L’Automobile erwähnt sie alle und will ein Foto des Traction-Avant-Plastilinmodells mit seinem Schöpfer veröffentlichen, aber Citroën untersagt die Verwendung des Fotos. L’Automobile lässt den vorgesehenen Platz leer und schreibt ins weiße Feld, dass Citroën den Abdruck des Bildes verhindert hat. In dieser Stimmung gelingt Bertoni dennoch das furiose Finale eines viele Jahre reifenden Projekts: Die DS, 1939 erstmals angedacht und 1944 völlig neu begonnen, durchläuft verschieden Stadien des Irrsinns. Bertonis Karosseriedesign bleibt anfangs nah am Traction Avant, er rundet die Formen ins Schwülstige, die bauchigen Modelle bekommen den Spitznamen Hippopotame aufgebrummt, das Nilpferd. Dann nähert sich die DS der end- und ewig gültigen Form. Am 6. Oktober 1955 wird das Ufo am Pariser Salon vorgestellt, bis Ausstellungsende gehen 80.000 Bestellungen ein, niemand davon ist mit der DS gefahren. Über Bertoni steht in einer Zeitung: „Ein Genie dieser Reichweite wird im Automobilbereich für immer seinesgleichen suchen.“ Selbst pflegt er einen originellen Zugang zum Pariser Salon: Er reist mit ei-


ESSAY // ERICH GLAVITZA

Escort-Gemetzel am Eislaufplatz

Wie wir von einem Pressemann anders behandelt wurden als erwartet und uns auf subtile Weise rächten. Wobei – so subtil war das gar nicht.

FOTOS: ARCHIV ANDREAS RIEDMANN

I

m Jahre des Herrn 1970 sollte die Filmpremiere von kamen Peter und ich durch ein breites Tor, umrahmt von Feu„007 – Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ in Wien statterwerk, aufs Eis gefahren. Alles applaudierte, Schampusgläser finden. Ich war mit meinem Partner Peter Huber die wurden geschwungen, es war eine Mordshetz. Peter und ich Autocrashszenen gefahren. Der Filmvertrieb Columbia wirbelten im Oval, drifteten, dass es querer nicht mehr ging … mietete das Wiener Gartenbaukino, wir luden unsere Freunwir rutschten Tür an Tür parallel durch Kurven, berührten, rempelten einander … es war alles sehr lustig. Aber es sollte de zu einer Eisparty im Wiener Eislaufvereins mit Galadiner im Hotel Intercontinental ein. Aus England waren Clive noch lustiger werden. Nachdem wir uns in der Mitte der EisDavidson mit dem Team von Ford Film Ltd. sowie die Kamebahn mehrmals um die Achse drehten, fuhren wir auseinanraleute der Eon-007-Filmproduktion gekommen. Alles schien der, jeder in ein anderes Eck des Eislaufplatzes dann gerade eitel Wonne. Mit Ford Austria hatten wir das durchaus überauf einander zu. Das ganze noch einmal … und dann noch einschaubare Honorar von 20.000 Schilling mal und beim letzten Nocheinmal bemerkvereinbart. Wir sollten mit zwei auf Bondte ich im letzten Moment, dass Peter kerAutos beklebten Escorts am Eislaufplatz zengerade auf mich zuraste und keine Anlustige Pirouetten drehen. Zum Aufwärstalten machte, auszuweichen … ich verriss im letzten Moment das Auto, konnte aber men schleppten wir unsere Engländer zwei Nächte lang durch alle Wiener Discos. nicht mehr verhindern, dass der linke Zwölf Stunden vor der Party verkündete Scheinwerferring im hohen Bogen in die der Pressechef aber, die 20.000 Schilling Nacht verschwand. Das kann’s ja nicht wären zu teuer – sie wollten überhaupt sein! Ich wirbelte mein Auto um 180 Grad nichts zahlen. Ich schluckte erst einmal und befreite Peters Escort gleich vom ganund fragte, ob die Vorführung am Eis damit Fordschreddern am Eislaufverein. zen Scheinwerfer. Da bemerkte ich Peters So was ist 1970 noch gegangen. gestorben sei? Nein, nein, sagte er auf seisatanisches Lachen … er wendete sofort ne charmante Art, das Eisballett gibt es und knallte mir in die Breitseite. Das war schon mit uns, aber nur, wenn wir gratis fahren. Ich schluckdann der Anpfiff zum großen Escort-Gemetzel! Unter Freudenschreien und Anfeuerungsrufen unserer Kameraleute verte ein weiteres Mal und sagte, gratis wäre der Tod. Dann setzte der charmante Pressemann zum Keulenschlag wandelten wir die Autos zu Klumpen aus Blech und Stahl. Ich am: Man hätte mit zwei österreichischen Ex-Rallyefahrern fuhr sogar mit abgebrochenen Vorderrad weiter und krachte gesprochen – ich erspare den Lesern die Namen der beiden. in Peters Escort … es war grandios. Erst nachdem sich wirklich nichts mehr bewegte, sogar die Die zwei hatten mit dem Bond-Film nicht mal am Rande zu tun, waren aus der antiken Motorsportvorzeit und hatten Motoren ihre letzten Zuckungen gemacht hatten, stiegen wir offenbar genügend Tagesfreizeit. aus und deuteten unseren Gästen: Auf, auf – alles hinüber ins Wir konnten zu diesem Zeitpunkt das Eisrennen nicht Hotel Intercontintal in den Festsaal! Der Wert der Autos war mehr absagen oder einen Rückzieher machen. Mit dem ORFauf den Kilopreis reduziert. An Peters Escort war sogar die Regiegenie Lucky Schmidtleitner war alles vereinbart. Sie Verbindung zwischen Motor und Getriebe wie ein in der Mitte geknickter Mikadostab gebrochen. Im Festsaal des Interwürden einen großen Beitrag in der Sendung „Motorama“ bringen, Interviews mit den Engländern und so weiter. Zwei cont ist uns der Ford-Mann allerdings weiträumig ausgewichen! Und meinen Job als Formel-Ford-Manager war ich TV-Kameraleute waren abkommandiert, während der Fahrt am Eis vom Innenraum der Autos zu filmen. Alles war perfekt danach auch los. < geplant. Im Gegensatz zu mir blieb Peter ruhig, gesammelt und entIn den Sechzigern gehörte Erich Glavitza zu den schillerndsten Gestalten spannt und sagte nur „Erich, wir machen das schon“ – was der heimischen Motorsportszene. Das Geld für den Rennsport verdiente der Steirer als Stuntman: Er doubelte u. a. James Bond in „Im Geheimdienst immer das bedeuten sollte. Ihrer Majestät“ und wurde von Steve McQueen als Fahrer in „Le Mans“ verNach dem Gartenbaukino waren alle gut drauf und marpflichtet. Später wurde er erster Kawasaki-Importeur Österreichs, dann schierten rüber zum Eislaufplatz. Dort wartete eine ChampaSchriftsteller. Mitte der Sechziger war Glavitza fixer Bestandteil der übergner-Bar, die Stimmung stieg. Mit Kameraleuten in den Autos schaubaren, aber umso aktiveren Wiener Motorsportszene. 4/2017 autorevue extra 81


VORSCHAU

Mercedes-AMG GT C

Škoda Octavia RS

Honda Civic

Peugeot 5008

UND DANN NOCH EINE KLEINE KEHRE

Was am Genfer Salon zu sehen war, darf jetzt gefahren werden, und was schon gefahren ist, steht jetzt zum Test bereit. So werden Sie bald sehen, wie weit der Peugeot 5008 seinen Vorgänger hinter sich lässt, ob man den mächtigen PanameraGrill des Mercedes-AMG GT C Roadster beim Vorbeifahren vor lauter Schnelligkeit überhaupt sieht, wie gut sich der Audi S5 Sportback gen Horizont katapultiert, wie ernst der Škoda Octavia RS sein Facelift nimmt, wie der Kia Picanto aus der Schar der Kleinen heraussticht, ob der Honda Civic bei den Kompakten aufgeigt und ob der Dacia Duster jetzt mit Doppelkupplungsgetriebe zu haben ist.

Das Mai-Heft der Autorevue erhalten Sie am 21. April beim Zeitschriftenhändler.

Hinauf!

Von Triest nach Opicina könnte man zwar bequem mit der Straßenbahn fahren, aber ein Lotus Mk 47 ist doch die bessere Wahl. Vor allem, wenn man an der Trieste Opicina Historic teilnimmt wie unser schneller Autor und Ex-Stuntman Erich Glavitza. Er wird berichten. 82 autorevue 4/2017 extra

Dark Side of Royce

Wenn Rolls-Royce seinen Modellen eine Black-BadgeVersion zur Seite stellt, dann geht’s natürlich um mehr. Mehr von vielem, zum Beispiel Luxus und Power, und freilich ist das Ziel, die dunkle Seite der Fahrerin oder des Fahrers ins Licht zu rücken. Böse, aber teuer.

Autorevue Abo-Service Taborstraße 1–3, 1020 Wien Abo-Neubestellungen: Tel.: (43) 1 95 55-100, Fax: (43) 1 95 55-200, E-Mail: abo@autorevue.at. Abobetreuung: DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, www.dpv.de Adresse des Herausgebers und der Redaktion Taborstraße 1–3, 1020 Wien. Tel.: (43) 1 863 31-5201, Fax: (43) 1 863 31-5630, E-Mail: redaktion@autorevue.at Anzeigenabteilung Taborstraße 1–3, 1020 Wien. Tel.: (43) 1 863 31-6131, Fax: (43) 1 863 31-6607, E-Mail: anzeigen@autorevue.at Herausgeber Verlagsgruppe News GmbH Redaktion Susanne Hofbauer (Chefredakteurin), Wolfgang Hofbauer, Dipl. Ing. (FH) Christoph Jordan, Ing. Rudolf Skarics, David Staretz (Autorevue-Autor), Martin Strubreiter Grafik Markus Pölzl (Art Director) Fotos Andreas Riedmann Ständige Mitarbeiter Gerald Enzinger, Paul Galler, Dr. Erich Glavitza, Xaver Hiebner, Werner Jessner, Jürgen Skarwan, Julian Sparrer, Philipp Waldeck Redaktionssekretariat Gerda Ottendorfer (DW 5201) Medieninhaber, Verleger, Produktion Verlagsgruppe NEWS Gesellschaft m.b.H., FN 183971x, HG Wien, Taborstraße 1–3, 1020 Wien. Verwaltung: Verlagsgruppe NEWS, Taborstraße 1–3, 1020 Wien, Tel.: 01 863 31-6131, Fax-DW: -6607. Verlagsort/Sitz Taborstraße 1–3, 1020 Wien Geschäftsführung VGN Dr. Horst Pirker (CEO & Vorsitz), Mag. Claudia Gradwohl (CHRO), Susanne Herczeg (CFO & Prok.) Geschäftsführung TOP Media Dr. Markus Fallenböck (CSO), Mag. Helmut Schoba (COO), Dietmar Zikulnig (CSO) Generalbevollmächtigter Dkfm. Helmut Hanusch Anzeigen Reinhold Oberegger (Ltg.), Philypp Sebo International Sales Mag. Evelyn Strohriegel (Ltg.) Mediaservice & Marktforschung, Anzeigenverrechnung Andrea Peter (Ltg.), Silvia Ruess. Derzeit gilt die Anzeigenpreisliste 2017. Controlling & Rechnungswesen Susanne Herczeg (CFO), Christine Glaser (Ltg. RW) Produktion Sabine Stumvoll (Ltg.), Hans Molnar Anzeigenproduktion Günter Tschernitz (Ltg.) Vertrieb Dr. Markus Fallenböck (Ltg.), Cornelia Wolf (EV) VGN Brand & Business Development Maria Oppitz (Ltg) Antje Lehnert-Jaich (Ad-Marketing) Sabine Leitzinger, BA (Leser-Marketing) Natascha Bergmann (Event) Reproduktion Neue Medientechnologie Ges.m.b.H., 1020 Wien, Taborstraße 1–3 Druck Leykam Druck GmbH & Co KG, Bickfordstr. 21, 7201 Neudörfl Vertrieb Morawa Pressevertrieb GmbH & Co KG, Hackinger Straße 52, 1140 Wien Erscheinung, Preis, Abonnements Die Autorevue erscheint zu Beginn jeden Monats, Einzelpreis: € 4,70 (Inland). Jahresabo-Preis: € 47,00 (Inland). Abo-Tel.: 01/95 55-100 oder www.autorevue.at/abo Druckauflage ÖAK 1. Halbjahr 2016: 66.117 Stück. Der Offenlegungstext gem. § 25 MedG ist unter www.autorevue.at/impressum abrufbar. Art Copyright ©Bildrecht, Wien. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten.

FOTOS: ANDREAS RIEDMANN, TRIESTE OPICINA HISTORIC, WERK

IMPRESSUM




Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.