EXTRA 2019
RACING-ROOKIE-GEWINNER
LUCA UND SEIN WEG IN DEN RENNSPORT
ÖST E R R E I C H S F Ü H R E N D E S AU TO M AG A Z I N
Elektrokonzepte im Vergleich
Strom vs. Strom
Österreich € 4,90 Ausland € 5,90
Österreichische Post AG MZ 02Z032122 M VGN Ges. m.b.H., Taborstraße 1-3, 1020Wien. Retouren an Postfach 100, 1350 Wien
Kia e-Niro trifft auf Jaguar I-Pace
» Die Sportskanone
» Das Allroundtalent NEU & GETESTET NIE WIEDER FÜNFER: DER NEUE BMW 330i DS 3 CROSSBACK HYUNDAI KONA DIESEL PEUGEOT 508 GT MERCEDES-AMG CLS 53
Komarek fährt 2CV Eine Reise ins Weinviertel
Gestern war es auch sehr schön:
FORD MUSTANG V8
FINANZIERUNG Tipps für Kauf, Kredit, Leasing INNENWELT Wie riecht Auto?
Liebe Leserinnen, liebe Leser! Im Gedeihkosmos jeder autorevue kreisen stets viele Ideen, mehr, als in einer Ausgabe Platz haben. Eigentlich entstehen Monat für Monat etwa ein komma vier Hefte, und es herrschen bitterer Verdrängungswettbewerb und ein strenges Regiment, was die Choreografie der Geschichten betrifft. Sorgfältig wägen wir ab, wie viel Mercedes oder BMW und Autos über oder unter 70.000 Euro die Leser zwischen erster und letzter Seite vertragen können. Wir prüfen, ob eine Reportage über ins Rennen drängende Nachwuchssportler („Fulltimejob Bubentraum“, Seite 56) sich mit einer an die eigene Jugend erinnernde Hollywood-Auto-Begegnung (Columbos altes Peugeot-Cabrio, wie in der April-Nummer zu lesen war) verträgt. Oder wie die langsam-gestrige Gangart einer 2CV-Reise durchs Weinviertel, wie sie Buchautor Alfred Komarek („Eine Pilgerlustreise“) auf Seite 74 erzählt, mit einem RollsRoyce-Ausflug nach Carrara harmoniert (ebenfalls in der vergangenen Print-Ausgabe oder nachzulesen auf www.autorevue.at/premium). Sie ahnen es: Wir kommen mit zwölf Ausgaben im Jahr nicht aus und bringen deshalb jedes Jahr im Frühjahr eine Extra-Ausgabe der autorevue auf den Markt, mit all den Geschichten, die uns am Herzen liegen. Dieses Fleißaufgabenheft geht nicht nur an unsere Abonnenten und wird an jedem gut sortierten Kiosk verkauft, auch einer Vielzahl an potenziellen neuen Freunden wird es zugestellt, auf dass sie uns in Ruhe lesen und fortan monatlich abonnieren mögen. Wir hoffen auf reichlich Zuspruch und wünschen viel Vergnügen mit der aktuellen autoreuve-Sonder ausgabe. Herzlichst, Susanne Hofbauer redaktion@autorevue.at 4 autorevue 4/2019 extra
Inhalt
53. JAHRGANG. EXTRA 2019
Porsche Cayenne Coupé, Seite 12. Polestar 2 – Teslajäger, Teslakiller, Teslafänger. Oder auch nicht. Seite 16
REVUE
12 Modelle, Trends, Technik Alle Neuigkeiten des Monats.
COVER
20 Electric Avenue Jaguar I-Pace versus Kia e-Niro: zwei unvergleichliche Elektroautos und der Fortschritt der E-Mobilität.
LEBENSART
8 Waldecks Wanderbrief Die vielen Vorzüge des Autos.
NEU
62 Lebensart Wings & Wheels: Flugshow oben, Autos unten.
REPORT
64 Höchste Zeit Feine, edle, teure Uhren von der Baselworld 2019.
26 DS3 Crossback
28 Wirtschaft, Markt, Menschen Autofinanzierung: Kredit, Leasing und was zu beachten ist – auch bei der Wahl der Versicherung.
TEST
32 Ford Mustang Bullitt 5,0 V8 38 Hyundai Kona 1,6 CRDi 4WD 40 BMW 330i 44 Peugeot 508 GT 1,6 Puretech 46 Mercedes-AMG CLS 53 4matic Draufdreschen mit Hybrid.
SPORT
50 Schnell im Ausland Unsere Legionäre: Österreicher in internationalen Rennserien. 55 Motorsportkalender Alle Serien, alle Strecken: die Termine des heurigen Jahres. 56 Racing Rookie 2019 Fulltimejob Bubentraum: Luca Pröglhöf, Racing Rookie 2018, die Karriere.
68 Wohlgeruch statt Kohlgeruch Der Duft im Auto und seine tiefe Rezeption. Besonders, wenn’s stinkt. 82 Schlusslicht Kreative Verwendung der Antenne.
KLASSIK
72 Klassik-Splitter Jochen Neerpasch zum 80er. 74 Komareks Lustreise Alfred Komarek reist im Citroën 2CV ins Weinviertel und in die eigene Vergangenheit. Simon Polt inklusive.
KOMMENTAR
18 David Staretz Datamining durch moderne Autos.
Standards 31 Markt 31 Impressum 81 Vorschau, Tagebuch
COVERFOTOS: ANDREAS RIEDMANN, JÜRGEN SKARWAN
Susanne Hofbauer, Chefredakteurin
40
BMW 330i. Das Auto, das während der Fahrt immer kleiner wird.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN, WERK, T.OGASAWARA; ILLUSTRATION: EVA VASARI
Alle Autos in diesem Heft
50
Wir waren Uhren schauen in Basel. Diese hier kostet so viel wie ein VW Golf. Seite 64.
8 16 40 14 26 32 38 20 20 46 14
BMW X2 BMW 7er-Reihe BMW 330i Cupra Formentor DS3 Crossback Ford Mustang Bullitt 5,0 V8 Hyundai Kona 1,6 CRDi 4WD Jaguar I-Pace E 400 AWD Kia e-Niro Long Range Mercedes-AMG CLS 53 4matic Peugeot 508 Performance Hybrid
Schnelle Österreicher im Ausland. Der Legionärsreport.
68
Wie riecht das Auto? Und warum?
44 Peugeot 508 GT 1,6 Puretech 16 Polestar 2 12 Porsche Cayenne Coupé
autorevue Abo-Service: serviceportal.vgn.at • abo@autorevue.at • 01/9555 100 4/2019 extra autorevue 5
wanderbrief | PHILIPP WALDECK
D
Wenn ich so lenk und denk an nix. Unter diesem Motto schreibe ich meine Briefe an Dich. Ich diktiere sie meist am Steuer kurioser Autos. Sie ersparen mir, Dich persönlich über die fremden Länder, ihre Hotels und den Nahverkehr zu informieren. Zugleich sind die Briefe auch unsere letzte Brücke, die trittfest ist. Durch Dein ständiges Daheimbleiben entfernst Du Dich ja immer mehr von mir. So ist auch mein heutiger Brief aus dem „Four Seasons Hotel Toronto at Yorkville“, dem „Nike Arcotel“ in Linz und dem „Vier Jahreszeiten Kempinski“ in München ein Ruf Deines alten Freundes, von Ufer zu Ufer.
ie klugen Leserinnen und schönen Leser gerung der Netto-Lebenszeit. Sie beträgt nach Berechnunhaben mit jedem autorevue-Autor viel gen des Waldeck-Schnelldenk-Instituts (Copyright) im Freude. Mit mir leider auch Kummer. BaSchnitt 12,7 Jahre, bei Männern mehr, bei Frauen, die ohroness Pippi v. Schönleitern sagt: „Du hast nehin länger halten, etwas weniger. Der größte Zeitsegen die Handschrift eines Blaubluts, aber das liegt darin, dass wir punktgenau dort wegfahren, wo wir daheim sind, und punktgenau dort landen, wohin wir wollen. Gemüt eines Waschweibs.“ Besonders die „Cockpit-Dialoge“ ärgern sie. Meine Lust, Wir sind nicht an die oft entlegenen Haltestellen von Bahan roten Ampeln zu hören, was die Pärchen in offenen nen und Bussen gebunden. Selbst Taxis sind dem PrivatRoadsters reden, und dies auch indiskret zu publizieren, Pkw unterlegen. Je nach ihrem Standort verzögern sie die entrüstet die Gnädigste. Obwohl ich ihr erklärte: Ein BeAbfahrt beträchtlich. Und haben noch einen Nachteil, der richterstatter ohne Neugier ist wie eine Reiterin ohne gern übersehen wird und ins zweite Kapitel führt. Flachmann. Jedenfalls: Ich kann nicht anders. Und gegen VORZUG AUTO 2: STRESS-MINIMIERUNG. Der ÖffiEinzig das Ende des Winters, da alle in schalldichten Fahrer muss minutengenau die Abfahrtszeiten erwischen. Sein Puls steigt ins UngesunBürgerkäfigen unterwegs waren und die Auto führt uns Weicheier der Open-Air-Fraktion die Verde, wenn zwar er, aber nicht die Schnellimmer wieder zu den bahn pünktlich ist. Und kommt vollends decke schlossen, bin ich wie auf Entzug. Ich fange an, von schrägen Cockpit-Dialoin den roten Bereich, wenn eine Garnitur Abenteuern im gen zu träumen. der Südbahn oder des Inlands-Fliegers eigenen Kopf, die Gestern Nacht besuchten mich die Herwegen technischer Gebrechen ausfällt. André Heller ren Sebastian Kurz und Donald Trump. Sie Im Taxi droht anderer Stress. Das hat mit fuhren die grausige chinesische Kopie eines den Taxlern zu tun. Es gibt ideale Taxler. Sie besungen hat. Cadillac Fleetwood, aufgewertet durch die grüßen höflich, öffnen dem Fahrgast die Tür ihBlumenvase eines frühen VW-Käfers, in der eine res blitzblanken Mercedes-E, vernehmen das Kunststoff-Chrysantheme glühte. Fahrziel und fragen, ob die schnellste oder schönste Route genehm ist. Dann nicken sie und schweigen und fahHerr Kurz sagte: „Ich sammle Witze über mich.“ ren. Sie sind nicht in der Mehrheit. Die Stress-Taxler überHerr Trump sagte: „Ich sammle die Witzeerzähler.“ wiegen. Typ A, oft liebenswürdig, kennt sich in der fremden Stadt noch nicht aus: „Du sagen, ich fahren.“ Stress-Taxler m Schleppnetz der Riesenauflage dieser autorevue-ex Typ B: Der Geschwätzige. Er belastet entweder das Herz tra-Ausgabe fangen sich auch tausend Neu-Abonnen(„Ich bin Doktor der Chemie und muss jetzt Taxi fahren“) ten, die sich vielleicht erstmals genauer mit dem Auto oder das Hirn („Falls Sie meine Meinung zu Asylanten hören wollen“). Mein Kollege Hans Rauscher, Star-Kolumnist des befassen wollen. Ihretwegen greife ich ein wenig unter die Wurzeln. Sie sollen einige „ewige Schönheiten“ des Objekts „Standard“, schottet sich gegen oft rechts-primitives Gekennenlernen, ehe sie von hysterischen Autofeinden in die schwätz der Taxler dadurch ab, dass er sofort großflächige Edel-Tageszeitungen wie „SZ“ („Süddeutsche“), „FAZ“ Irre geleitet werden. („Frankfurter“) oder „NZZ“ („Zürcher“) auffaltet. VORZUG AUTO 1: LEBENSVERLÄNGERUNG. Zu den vielen VorzüVORZUG AUTO 3: DAS NATURHEILMITTEL. Zu lesen als Summe des gen des Autos, die wir längst als selbstverständlich nehmen bisherigen. Das Auto als medizinisches Wunder. Zugleich und praktisch vergessen haben, zählt zunächst die Verlän8 autorevue 4/2019 extra
ILLUSTRATION: JUXI
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wanderbrief | PHILIPP WALDECK
relative und absolute Lebensverlängerung durch Maximierung der schönen (aktiven, selbstbestimmten) Stunden. Weitere Lebensverlängerung durch Vermeidung von Alltags-Stress, der in Summe zehn Jahre rauben kann, ernste „Burn-outs“ nicht eingerechnet.
VORZUG AUTO 5: KLAUSE DER DENKER UND KREATIVEN. Das Auto ist der einzig verbliebene Raum, in dem wir in splendid iso lation gründlich denken können. In den Uni-Hörsälen stören die Frontalvorträge fader Professoren, in den einst anregenden Kaffeehäusern müffeln heute brave Bürger, die längst allen Sünden und Giften entsagten, und in den braven, innerstädtisch nützlichen Öffis versickert jeder Gedanke im Löschpapier der Handygespräche der Passagiere. Im Auto wird uns das entfesselte Denken als gewaltiger Bonus geschenkt, derweil wir auf angenehme Weise, von durchlüfteten Sportsitzen im Rücken massiert, von A nach B fahren, um dort Geschäftsfreunde zu treffen oder der Erbtante schönzutun. Wobei wir individuelle Routen wählen können, die uns (VORZUG AUTO 6) durch neue reizvolle Landschaften führen und die Pflichtfahrt zur Reise erheben. Der schrulligste Klaviervirtuose, Glenn Gould, liebte sein Ton-Atelier in Toronto. Die höchste Inspiration empfing er aber in seinem Lincoln Continental Mk. II, wenn er durch den kanadischen Indian Summer zu seinem Gehöft am Waldsee fuhr. Das Auto gleicht heute den schmalen Kammern der Philosophen Pascal und Kant, die darin über die großen Weltfragen nachdachten: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was können wir wissen? Was sollen wir tun? Und welcher den großer Diskonter wie Billa, Spar und Hofer bietet Bio-Gemüse zum günstigsten Preis? Und wo, wenn nicht auf einer Fahrt mit dem Auto durch die Marillenblüte der Wachau und das kunstsatte Hinterland der Côte d’Azur, sollen wir zu neuen Gottesbeweisen kommen? Das Auto ist seit seiner Erfindung im Jahr 1886 ohne Unterbrechung das „Produkt des Jahres“ gewesen. Und wird es lange bleiben. Konkurrenten wie Medien, Computer, Tablets, Smartphones und VR-3D-Brillen sind ja klass. Keiner wird sie mehr missen wollen. Doch sie verführen zu einem Leben aus zweiter Hand. Einzig das Auto führt uns immer wieder zu den Abenteuern im eigenen Kopf, die André Heller besungen hat.
10 autorevue 4/2019 extra
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es MWs Idee d X2 macht B ich Frohsinn Der schwinglicher. So kam er ter. in és p W ou en -C V nd re SU den krepie ch ur d h lic urfröh
ch bin gerade auf meiner letzten Winterreise 2018/2019 unterwegs, ehe eine exotische Sonnen-Insel winkt, auf der ich wieder Cockpit-Dialoge sammeln kann. Ich bringe einen BMW X2 zurück. Er hat mich, obwohl eher eine bescheidene Basis-Variante (kein Allrad, 192 PS), urfröhlich durch den krepierenden Winter getragen. Der X2 ist mittlerweile eine Stütze des BMW-Portfolios. Und als SUV-Coupé ein Beispiel für geglücktes Downsizing: ein kleiner Bruder des X6, mit dem die Bayern einst eine neue Kategorie riskierten. Und dem das Publikum zunächst, weil arg ungewöhnlich, Tiernamen gab, deren merkwürdigster „kackender Elefant“ war. Helmut Fallmann ist Fabasoft-Boss in Linz, Cloud-Pionier und mit seinem Bruder Daniel der spiritus rector des sensationell erfolgreichen Browsers „Mindbreeze“. Er ist der Avantgarde verpflichtet. Und war einige Zeit der Erste und Einzige, den ich im SUV-Coupé X6 sah. Denn die Scheu vor Neuem, wie auch die Angst vor Fremden, ist unausrottbar. Das SUV-Coupé setzte sich über X6 und X4 nun auch als kompakter X2 durch. Der Einstieg liegt bei 36.050 Euro. Schon mein einfaches Modell fand im Test Bewunderer. Auch wegen der strahlenden Farbe Azur-Blau, die BMW und Ford und Renault (Alpine) wieder modern machten. Der junge Polizist war am Fahrzeug, nicht an meinen Verkehrssünden interessiert. Ich sah ihn gleich schön wie Apoll. Und sang ihm mein monatliches Danklied an die Freunde und Helfer, wie Johnny Cash, nur schöner. I was born one morning when the sun didn’t shine I picked up my shovel and I walked to the mine You load sixteen tons – and what do you get? Another day older and deeper in debt. „Was Schöneres“, sagte der Polizist, in dessen Augen Intelligenz und Rührung schimmerten, „habe ich über meinen Beruf nie gehört.“ In diesem Sinn: Be good, next time, same station.
FOTO: ANDREAS RIEDMANN
rede damit dem auto revue-Kollegen Wolfgang Hofbauer hinterher. Er verspottete mit homerischer Heiterkeit die werblich gerühmte, totale Connectivity. Sie ermöglicht dir, auch im Auto mit allem in Verbindung zu bleiben, was dich nervt. Die Möglichkeit, diese Verbindung zu kappen und während der Fahrt wieder Frieden zu finden, wäre die bessere Werbung. In allen Testautos vermisste ich den großen roten Knopf „CUT!“, der mich vom Hintergrund-Geraschel von Radio, Navi, Telefon und Smartphone befreit und wie Major Tom in die Stille meines eigenen Weltalls entlässt. VORZUG AUTO 4: ORT DER STILLE. Ich
Revue MODELLE & TRENDS
PORSCHE CAYENNE COUPÉ
Kreisverkehr mit 12 autorevue 4/2019 extra
Aus dem SUV, das aus dem Sportwagen entstand, wird jetzt wieder ein Sportwagen, ohne jedoch kein SUV mehr zu sein. Aber das haben wir ja schon öfter gehört.
Scharf
FOTOS: WERK
S
port-SUV. Das Muster ist mittlerweile weit verbreitet, nämlich aus eigentlich viertürigen Autos viertürige Autos mit potenziell weniger Kopffreiheit im Fond zu machen und sie Coupé zu nennen. Natürlich ist da noch was dahinter: Diese Limousinen- oder SUV-Coupés schauen meistens ziemlich gut aus, und das ist auch beim Cayenne Coupé der Fall. Der Nutzwert des Autos (Schülertransporter in besseren Gegenden usw.) wird etwas eingeschränkt, denn es gibt hinten nur zwei Einzelsitze. Der Kofferraum ist auch etwas kleiner als beim normalen SUV (maximal 1540 statt 1710 Liter), die Kopffreiheit allerdings ist in der Tat kaum schlechter als sonst: Was die absinkende Dachlinie wegnimmt, ersetzt man einfach durch Absenken der Rücksitzbank. Dadurch sitzt man näher an der Straße und fühlt sich gar nicht mehr wie in einem SUV. Schlecht? Es gibt zwei Dachvarianten: Glas oder Carbon. Zur Markteinführung sind zwei Motoren genannt: Sechszylinder-Turbo mit 340 PS, zu haben mitsamt Auto ab 104.126 Euro, und Vier liter-V8 („Cayenne Turbo Coupé“) mit 550 PS um allerdings 189.674 Euro. Bestellt und gekauft werden kann jetzt schon, die Schauräume werden im Mai beschickt. 4/2019 extra autorevue 13
Revue MODELLE & TRENDS
CUPRA FORMENTOR
Strandläufer
Cupras erster Eigener wurzelt natürlich tief im Konzern. Benannt nach einem Strand im Nordosten Mallorcas, hat der erste so halbwegs richtige Cupra das Glück, nicht nach einem Strand im Südwesten zu heißen. Natürlich basiert auch der Formentor auf einem Seat, es ist der Ateca. Man darf erwarten, dass er auch dessen Antriebstechnik übernimmt (und die des Audi SQ2 bzw. des im Herbst kommenden VW T-Roc R), also einen TSI mit rund 300 PS. Die auf dem Autosalon in Genf gezeigte Studie (im Bild) verfügte allerdings über einen Plug-in-HybridAntrieb, der Realität werden dürfte. Ebenso die Umkehrnutzung: Ein Formentor als Seat mit zivilerer Motorisierung gilt als wahrscheinlich.
14 autorevue 4/2019 extra
FOTOS: GETTY IMAGES, WERK
Big Brother Peugeot
Peugeot 508 Performance Hybrid Concept. Peugeots Ziele für die Zukunft sind streng auf die Einhaltung der 95-Gramm-CO2-Grenze und die Profitabilität des Konzern ausgerichtet. Böse Jungs, sagt Markenchef Jean-Philippe Imparato, könne man sich daher nicht leisten – und mit „böse Jungs“ meint er jene, die unverträglich viel CO2 in die Luft blasen würden –, trotzdem wolle man jene, die nach der Freude am Autofahren Jean-Philippe Imparato, suchen, zufriedenstellen. Die Concept-Version Peugeot-Chef des 508 mit einem Performance-Hybrid und mehr als 400 PS Leistung zeigt, wie das gehen soll: Keine eigenen batterieelektrischen Modelle werde Peugeot anbieten, sondern pro Modellreihe zur Verfügung stellen, was die jeweiligen Märkte mit ihren unterschiedlichen Bedingungen verlangen würden. Ob thermische Antriebe oder elektrische, jeder bekommt, was er braucht. Gleichzeitig werde man ab Anfang 2020 in den jeweiligen Märkten Instanzen installieren, die tagesgenau die Einhaltung der CO2-Grenze bei den Anmeldungen überwachen werde. Unser Vergnügen wird also sauber, aber auch überwacht sein. „Keinen Euro Strafzahlung“, sagt Imparato, das sei beschlossene Sache.
Revue MODELLE & TRENDS
AUS UNSERER SERIE
Das fast geführte Interview Heute: Othmar Thann, Vorsitzender des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) zur Unfallwelle beim Frühjahrsputz. Von Wolfgang Hofbauer
Das KFV hat eben prognostiziert, dass bis Ende Mai 4000 Personen im Spital behandelt werden müssen, weil sie sich beim Frühjahrs putz verletzen. Ja, man kann, in Abwandlung vom „Schlachtfeld Straße“, durchaus vom „Schlachtfeld Wohnung“ sprechen.
Der Elektropolide
Jetzt gibt es schon das zweite Auto, das es noch nicht gibt. Polestar ist einerseits der Haustuner von Volvo, so wie AMG von Mercedes, andererseits seit 2017 auch die neue Volvo-Marke für Elektroautos. Nach dem schon im Vorjahr vorgestellten Polestar 1, einem Hybridauto um 150.000 Euro, das noch heuer auf den Markt kommen soll, warten wir nun noch ein Jahr auf ein zweites Auto: konsequenterweise Polestar 2 genannt. Dieses hat einen reinen Elektroantrieb und wird klar gegen den Tesla Model 3 aufgestellt sein. Die Leistungswerte sind natürlich wieder so, dass man sich fragt, ob Klimaretten nicht auch auf kleinerem Fuß geht: 408 PS, 660 Nm maximales Drehmoment, damit soll Sprint von null auf hundert in unter fünf Sekunden möglich sein. Im Unterboden des Autos sind insgesamt 27 Batterie-Module eingebaut, die Reichweite gibt Polestar mit rund 500 Kilometern an. So was kann man mittlerweile einigermaßen glauben, mit kleinen Abstrichen vor allem im Winter. Entsprechend dem Tesla Model 3 soll der Preis des Polestar 2 bei ungefähr 40.000 Euro beginnen, und ebenfalls wie Tesla bietet Polestar eine deutlich teurere Launch-Edition an. Eigene Autogeschäfte spart man sich mehr oder weniger gleich – Tesla sperrt ja jetzt alle wieder zu – und setzt stattdessen aufs Internet. Man konfiguriert dort und kauft auch gleich. Eine Probefahrt wird dennoch möglich sein. Wie der Tesla wird auch der Polestar gerne als Volkselektroauto tituliert. Glücklich das Volk, wo ein 40.000-Euro-Auto so genannt werden kann.
König von Bayern
BMW 7ER-REIHE. Sofort fällt der Kühlergrill auf, es ist jetzt einer wie beim X7: großmäulig, amerikanisch, arg. Bei der Vorstellung des Autos in Portugal waren manche Kollegen irritiert. Den meisten gefiel es, auch uns, und sowieso gilt die Regel: Man soll sich mehr trauen. Was dem Siebener nun geschehen ist, war ein stärkeres Facelift zur Lebensmitte (Markteinführung war Ende 2015). Innereienmäßig wurde neben der Aufwertung von Fahrassistenz und Infotainment vor allem die Plug-in-Hybrid-Variante ganz neu konzipiert. Jetzt Sechs- statt Vierzylinderbenziner: Leistet 286 PS (bisher 258), kommt um die 50 km weit rein elektrisch und soll ziemlich gleich viel verbrauchen wie der Vorgänger (ca. 2,1 Liter). Den großen Bericht zum neuen Siebener finden Sie im Maiheft der autorevue. 16 autorevue 4/2019 extra
Tatsächlich? Was passiert denn so? Die Menschen fallen aus den Fenstern, von den Leitern, Tische und Kästen fallen auf sie drauf. Tödliche Stromschläge beim Lampenputzen haben wir fast täglich. Viele ertrinken auch beim Putzen der Badewanne.
Othmar Thann vom KFV hat eine alarmierende Prognose.
Das ist ja furchtbar! Sie sagen es. Voriges Jahr sind mehr als 50 Menschen beim Einrollen des Wohnzimmerteppichs erstickt, weil sie sich mit eingerollt haben. Nein! Doch! Und was glauben Sie, wie viele erfroren sind, weil sie sich beim Balkonputzen versehentlich ausgesperrt haben, und dann ist Ostern wieder mal Schnee gefallen? Sagen Sie’s! Über 100. Aber meistens sind es richtig handfeste Sachen. Gebrochene Arme, Beine, Schädelbasisbruch, offene Wunden, in den Staubsauger eingesaugte Augäpfel, Nasen und Ohren. Dazu kommen Herzinfarkte, Schlaganfälle und andere Kollateralschäden. Es ist schrecklich! Was kann man tun? Putzen verbieten? Das wäre ein erster Schritt. Das Kuratorium fordert außerdem mittelfristig eine Helmpflicht im Haushalt, außerdem Lawinenairbags für alle, die auf Leitern steigen. Langfristig wollen wir die Opferzahlen so um bis zu 70 Prozent senken.
FOTOS: WERK
POLESTAR 2
Wie das? Viele Wohnungen sind echte Todesfallen. Daher artet der jährliche Frühjahrsputz immer öfter in ein echtes Gemetzel aus.
revue | KOMMENTAR
Strikt nach Plan A 4.0
Wir alle nichts zu verbergen Habende können dem Datamining unserer modernen Autos mit gutem Gewissen zustimmen. Aber erst sollten wir bitte das Kleingedruckte lesen, meint David Staretz.
N
och vor zwanzig Jahren konnte man ein moderner Mensch sein, ohne überhaupt ein Telefon, einen Fernseher zu besitzen. Konsumverweigerung, Aussteiger-Romantik, Rebellion oder einfach uninteressiert – das war alles kein Sozialproblem, im Gegenteil. Modernitätsverweigerung hatte damals noch einen gewissen Charme. Heute funktioniert kein Plan B mehr. No way. Heute ist man gesellschaftlich unvorhanden, wenn man keinen Account bei Twitter, Instagram, Snapchat bedient, und wer noch nie bei Facebook war (oder es jetzt noch ist) – ab in die Gruft! Wir sind so online, das wir die Gegenfrage nicht mehr verstehen. Gar keine Zeit für so was. Die ins Exponentielle gesteigerte Geschwindigkeit der Veränderungen schafft eine dynamische Instabilität, die wir an allen denkbaren (mittelbaren) Stellwerken erfahren, ohne sie unbedingt auf den herrschenden Digital-Duktus zurückführen zu können. Sicher ist: Wer jetzt keinen Anrufbeantworter 4.0 hat, den bestraft das Leben, also Google, Amazon, Zalando, Lauda Motion, und du kannst dir als Offliner kein Elektroauto zulegen.
Analoge Strukturen konnte man untergraben mit Witz und Lebenskünstlerei. Diesen Ausweg gibt es heute nicht mehr.
ier komme ich zum Thema, nämlich zur verdächtigen Monokultur der Elektrizität, die insofern problematisch erscheint, als sie absolutistische Züge anzunehmen droht. Vielleicht übertreibe ich, doch mir dräut eine Elektrozukunft, verdrillt mit den wirtschafts- und kapitalpolitischen Implikationen eines integral durchstrukturierten Systems … Himmel, wo sind wir da gelandet? Machen wir uns nichts vor: Wir haben auch analoge Strukturen nicht durchschaut. Doch man konnte ihnen irgendwie ausweichen, sie ein wenig untergraben mit Witz und Lebenskünstlerei. Diesen Ausweg gibt es heute nicht mehr. Dazu sind wir auch horizontal, also sozusagen nachbarlich zu sehr auf Kontrolle ausgelegt. Demnach: zu viele Kameras, Registrierkassen, Onlineformulare, Self-Check-ins. Und jetzt noch das eigene Auto, das uns in den Rücken fällt. Damit meine ich nicht die Heckklappe des neuen Audi A6 Avant, die mir eine Serie von schmerzhaften Fehlfunktionen lieferte, sondern Neufahrzeuge von GM, die in den USA im großen Stil Datamining betrieben, wie das Onlinemagazin The Verge berichtet: Te18 autorevue 4/2019 extra
U
nd das sind nur die ersten Schritte. In einem Report-Beitrag berichtete der US-Nachrichtensender CNBC von „White Hat Hackers“, die sich das Unfallwrack eines Tesla 3 vornahmen und im Computersystem unverschlüsselte Daten aus siebzehn Parametern über praktisch jeden Vorgang im Auto auslesen konnten. Der Wagen hatte einer Konstruktionsfirma gehört und war von elf Fahrern und verschiedensten Beifahrern bevölkert, die alle ihre persönlichsten Spuren hinterließen. Also nicht nur Telefonnummern, Telefonbücher, Mail-Adressen und Kalendereinträge. Die Untersucher konnten auch 73 Orte auflisten, die sich im Navigationsarchiv befanden. Dazu gab es Aufzeichnungen aus den sieben Bordkameras zu sehen, zuletzt den finalen Crash, aber auch einen weniger schweren Unfall einige Zeit davor. Ein Mitarbeiter der unabhängigen FTC (Federal Trade Commission) erklärte, dass Tesla seinen Kunden allerdings ein optionales Factory Reset anbiete. Dieses mehr oder weniger unabsichtliche Datenhorten betrifft nicht Tesla allein, allerdings sind diese Fabrikate gerade wegen ihrer überdurchschnittlich vielen Sensoren besonders feine Datenreusen. Übrigens betrifft dieses Thema auch zunehmend das Leihwagen- oder Sharing-Geschäft. Das Verhalten der Kunden lässt sich in einem kritischen Zusammenhang, einem Unfall, einem Verbrechen äußerst feinskaliert auslesen, was uns ja als Gesellschaft wiederum nur äußert recht sein kann, denn wir haben ja alle nichts zu verbergen, strikt nach Plan A 4.0 vorgehend, nicht wahr? < redaktion@autorevue.at
FOTO: ANDREAS RIEDMANN
H
lefon-Anrufe von neunzigtausend per Connectivity angemeldeten Autofahrern in Kalifornien und Chicago wurden demnach verfolgt, desgleichen Text-Messages, Voice Commands und die eingestellten Radiosender. Man konnte sogar auslesen, ob jemand eine Radiowerbung zu Ende gehört hat. Diese Daten wurden per On-Board-WiFi in die GM-Server gesendet. Dies geschah von November 2017 bis Jänner 2018. GM-Sprecher rechtfertigten die Spionage damit, dass alles der besseren Zuschärfung privater Angebote (der Wirtschaft) an den User diene.
COVERSTORY | ELEKTROAUTOS
VERGLEICH JAGUAR I-PACE VS. KIA E-NIRO
Strom statt Sprit
Der Alltag mit Elektroautos enstpannt sich zusehends. Zwei Modelle, die eigentlich unvergleichlich sind, bilden einen guten Rahmen, um den Fortschritt in der Elektromobilität zu beleuchten. Von Rudolf Skarics Fotos Andreas Riedmann
Jaguar I-Pace: Die Sportskanone. 400 PS und Allradantrieb durch zwei Motoren. Batterie 90 kWh. Reichweite im Alltag 300 bis 350 km.
20 autorevue 4/2019 extra
D
ie Elektroautos nehmen zusehends Fahrt auf: Während wir vor vier Jahren bei unserem ersten Vergleichstest noch mit Bauchweh auf die Reichweitenanzeigen schauten und ohne generalstabsmäßige Planung kein erfolgreiches Vorwärtskommen möglich gewesen wäre, zeitigte unser zweiter Vergleichstest in der autorevue 6/2018 schon sehr alltagstaugliche Ergebnisse (beide Tests sind unter www.autorevue.at/thema/elektroautos nazulesen). Mittlerweile sind noch einige Modelle hinzugekommen und die Reichweiten immer weiter gestiegen, da immer größere Batterien zum Einsatz kommen. Auch das Netz an Ladestationen wird langsam dichter, vor allem gibt es immer öfter Kooperationen von Ladenetzbetreibern, sodass die bestehenden Ladesäulen auch besser nutzbar sind, da man mit seiner Ladekarte oder App auch bei unterschiedlichen Anbietern bezahlen kann. Mussten sich frühere Generationen an Elektroautos noch mit Batteriekapazitäten von 20 bis 30 Kilowattstunden begnügen, was realistischen Reichweiten zwischen 100 und 150 Kilometern entsprach, sind heute 40 bis 60 kWh ein übliches Maß für Kompakt- und Mittelklasse-Elektroautos. In der Pre-
mium-Klasse kommen auch Batterien von 90 bis 100 kWh zum Einsatz. Relativ leicht kann man sich die möglichen Reichweiten ausrechnen, wenn man weiß, dass ein Elektroauto einen Stromverbrauch von 15 bis 30 kWh auf 100 km aufweist. Fahrzeuggewicht und Windschlüpfrigkeit sind die wichtigsten Einflussgrößen auf Fahrzeugseite, über alle Maße bedeutend ist aber naturgemäß der Fahrstil. Und noch eine wichtige Botschaft: Im Winter büßt ein Elektroauto noch zusätzlich etwa ein Viertel bis ein Drittel seiner Reichweite ein, da Erwärmung und Warmhalten des Fahrzeugs und seiner Technik zusätzliche Energie erfordern. So liegt das Spektrum an erzielbaren Reichweiten bei einem Elektroauto heute zwischen knapp 200 und gut 400 Kilometern. Auch wenn Premium-Fahrzeuge in der Regel viel größere Batterien an Bord haben, ist ihr Bewegungsradius nicht um das gleiche Maß größer, zumal sie durch höheres Gewicht und größere Querschnittsfläche und mitunter auch überragende Fahrleistungen auch einen deutlich höheren Energieverbrauch aufweisen. Das können wir auch in unserem Vergleich der ungleichen Konkurrenten Jaguar I-Pace und Kia e-Niro in Zahlen bestätigen. >
Kia e-Niro: Das Allroundtalent. 204 PS, ein Motor vorne, Frontantrieb. Batterie 64 kWh. Reichweite im Alltag 350 bis 400 Kilometer.
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COVERSTORY | JAGUAR I-PACE VERSUS KIA E-NIRO
Bekömliches Design. Der e-Niro ist hübsch, unauffällig, geräumig und sehr praktisch im alltäglichen Umgang. Die Ladestecker entsprechen europäischem Standard, der Elektromotor samt Leistungselektronik füllt den Motorraum wie ein Verbrenner, der Auspuff fehlt naturgemäß.
JAGUAR I-PACE: SCHÖN UND SCHNELL
M
it dem I-Pace gab Jaguar als Erster eine Antwort auf den enormen Erfolg von Tesla, der sich im Wesentlichen darauf gründete, die Gewichtsspirale umgedreht zu haben. Frühere Elektroautokonzepte litten ja darunter, dass der geringe Energieinhalt der Batterien den Spargedanken an die oberste Stelle brachte, was immer wieder mickrige Autos zur Folge hatte, die nur echte Freaks zu begeistern vermochten. Die Grundphilosophie der elektrischen Premiumklasse lautet hingegen, sich an eine Kundschaft zu wenden, die den hohen Preis großer Batterien verkraftet und dafür auch gleich ein leistungsfähiges und sehr komfortables Auto bekommt. Auf dieser Ebene ist der I-Pace nach Tesla die Vorhut unter den etablierten Automobilherstellern. Die anderen folgen: Audi beginnt gerade bei seinem e-tron mit der Auslieferung der ersten Modelle an die Kundschaft, Mercedes wird seinen
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EQC im Herbst auf die Straße bringen. Alle diese Fahrzeuge haben gemeinsam, dass sie der Grundstruktur eines SUVs folgen, hinten und vorne je einen Elektromotor haben und die Batteriepakete auf dem Wagenboden zwischen den vier Rädern angeordnet sind. Die Karosserie des I-Pace ist aus Aluminium, die Bodengruppe stammt vom großen SUV F-Pace, in der Silhouette, im optischen Auftritt gibt sich der I-Pace trotz seiner Höhe von 1,6 Metern aber eher geduckt und sportlich. Sein Luftwiderstandsbeiwert von 0,29 ist passabel, aber nicht Spitze wie etwa bei einem Tesla Model S oder Hyundai Ioniq mit jeweils 0,24. Entsprechend reichweitenempfindlich verhält sich der I-Pace auf der Autobahn über 110 km/h. Im flott gefahrenen Alltag (mit Disziplin auf der Autobahn) haben wir sogar unter winterlichen Bedingungen deutlich über 300 Kilometer geschafft, bei moderaten Temperaturen dürften es dann wohl an die 400 Kilometer sein.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Der tiefe Schwerpunkt durch die schweren Batterien am Wagenbogen sorgt in Verbindung mit dem Luftfederfahrwerk des F-Pace für exzellente Straßenlage. Die direkte und exakte Lenkung, die geschmeidige Umsetzung der Gaspedalbewegungen, da darf sich die aufkeimende Konkurrenz anstrengen. In Rekuperationsstufe 2 lässt sich der Wagen sauber und fast ausschließlich übers Gaspedal und mit zarter Hand am Lenkrad dirigieren. Richtig bremsen ist nur steil bergab notwendig. Wenden wir uns noch den elektronischen Displays mit ihren bunt schillernden Einrichtungen zu. Sehr ambitioniert multifunktional angelegt, ist die Bedienung im I-Pace doch eine enorme Herausforderung, zwischen Navi, Heizung, Freisprechanlage und einer etwas begriffsstutzigen Sprachsteuerung. Letztlich lässt man sich aber vom elektronischen Firlefanz doch nicht den Spaß an diesem sonst so tollen Auto verderben.
SUV goes Sportwagen oder umgekehrt? Die Struktur ist weitgehend aus Aluminium, die Fahrwerktechnik stammt vom F-Pace. Man sitzt zwar ein bissel höher, die Position ist trotzdem sportlich. Wie bei Tesla versenken sich die Türgriffe nach dem Losfahren. Die Antriebstechnik versteckt sich unter einer Kabelmulde.
KIA E-NIRO: PRAKTISCH UND GUT
M
an kann den Kia e-Niro getrost als Crossover-Vehikel bezeichnen. Er bietet im Wesentlichen das Platzangebot und das Lebensgefühl der Golf-Klasse, ist aber ein bisschen höher gestellt. Solcherart finden die Batterien am Wagenboden Platz, ohne das übrige Raumangebot zu beeinträchtigen. Die Räder sind auch hinten über eine Mehrlenkerachse aufgehängt, womit sich ein sehr sensibles Ansprechverhalten der gesamten Federung ergibt. Damit verdaut das Auto das erhebliche Batteriegewicht sehr gut. Natürlich auch deshalb, weil sich durch die tiefliegenden Batterien auch ein tiefer Schwerpunkt ergibt und es sich damit fein wedeln lässt. Der e-Niro zeigt sich trotz der großen Batterie viel agiler und wendiger als vor eineinhalb Jahren der Opel e-Ampera mit etwa gleich großen Batterien und ähnlicher Statur, der sich im Grenzbereich eher träg und kurvenunwillig verhielt. (Der 4/2019 extra autorevue 23
COVERSTORY | JAGUAR I-PACE VERSUS KIA E-NIRO
Kia e-Niro: Keine Spielereien, keine Futurismus-Experimente. Der Innenraum ist in gewohnter Manier gestaltet, unterscheidet sich nur geringfügig von den Verbrenner-Niros. Die Fahrtrichtungswahl erfolgt mittels Drehsteller an der Mittelkonsole.
Jaguar I-Pace: Die Noblesse des Jaguar liegt vor allem in der üppigen Verwendung von Leder vom Armaturenbrett bis zu den Sitzen. Drei Bildschirme, zwei davon als Touch-Screen ausgeführt, machen einem in ihrer Komplexität das Leben nicht unbedingt leichter.
e-Ampera ist der Neuorientierung von Opel im PSA-Konzern inzwischen ohnehin zum Opfer gefallen.) Die Leistungscharakteristik ist von der Motorisierung her natürlich beeindruckend, und zwar so sehr, dass Fahrwerk und Antriebsschlupfregelung viel zu tun haben und letztlich auch hinter dem Lenkrad Obacht geboten ist. Volles Reinlatschen ins Fahrpedal sollte (naturgemäß) nur unter festem Griff am Lenkrad erfolgen. Man lernt die üppige Motorisierung trotzdem schnell als Sicherheitsreserve zu begreifen. rer Testrunde zwischen Wien und Tulln haben wir im e-Niro durchschnittlich 19,2 Kilowattstunden auf 100 Kilometer verbraucht, mit dichtem Stadtverkehr, flotter Überlandpartie und disziplinierter Autobahnetappe (110 km/h). Im direkten Vergleich benötigte der Jaguar I-Pace 27 kWh. Dass die Verbrauchsanzeige im e-Niro nur 16,4 kWh auswies, ist wohl ebenso auf eine optimistische Grundkonfiguration der Elektronik durch den Hersteller zurückzuführen wie auch auf Verluste beim Laden. <
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Laden: Langsam und schnell. Beim Schnellladen wird üblicherweise Gleichstrom direkt aus der Ladestation in die Autobatterien geschoben. Bei einer üblichen Schnellladestation geschieht das mit einer Leistung von bis zu 50 Kilowatt, bei Hochleistungs-Ladestationen (siehe Bild) mit bis zu 350 kW. Sowohl der Niro als auch der Jaguar sind dafür gebaut, mit bis zu 100 kW zu laden. Damit lassen sich in einer Kaffeepause 300 Kilometer Reichweite reinpumpen. Für die alltägliche Anwendung ist aber eine Ladestation zuhause oder/und am Arbeitsplatz unumgänglich. Das Manko beider Autos: Sie können mit Wechselstrom nur einphasig geladen werden. Das österreichische Stromnetz erlaubt dabei maximal 3,7 Kilowatt. Das dauert. Auch wenn Elektroautos das Gleichstrom-Schnellladen sehr gut verkraften und kein akuter Schaden zu erwarten ist, ist das langsame Laden der Lebensdauer der Batterien auf jeden Fall zuträglicher.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
ABWEICHUNGEN IM VERBRAUCH Auf unse-
Wahlversprechen Die wichtigsten Elektromodelle zwischen purem Luxus und gehobener Vernunft.
Audi e-tron ab € 82.000,–. Nach dem Jaguar I-Pace die zweite Antwort der Europäer auf Tesla. Zwei Motoren, 360 PS, Batterie 95 kWh, Reichweite 300–350 km. BMW i3 ab € 40.300,–. Charmanter und hocheffizienter Kohlefaser-Pionier mit 170 oder 183 PS und Hinterradantrieb. Batterie 42 kWh, Reichweite ca. 250 km.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Beide sind ungefähr gleich praktisch, der Jaguar bietet gegenüber dem Kia mehr Prestige fürs doppelte Geld. DATEN Kia e-Niro Long Range Platin
DATEN Jaguar I-Pace E 400 AWD First Edition
Preis € 48.090,– Basispreis € 37.490,– Antrieb 1 Elektromotor 150 kW (204 PS)/395 Nm, Frontantrieb. Batterien Lithium-Ionen, 64 kWh. Laden Wechselstrom 230 V bis 6,6 kW, Gleichstrom-Schnellladen bis 100 kW. Dimensionen L/B/H 4375/1805/ 1570 mm, Kofferraum 451–1405 l. Gewichte Leer/Zuladung/Anhängelast 1791/439/– kg Fahrleistungen 0–100 km/h 7,8 sec, Spitze 167 km/h, Normverbrauch (WLTP) 15,9 kWh/100 km, Normreichweite (NEFZ): 455 km. Testverbrauch 19 kWh/100 km. Ausstattung: Adaptiver Tempomat, Rückfahrkamera, Smart Key, Lederlenkrad, Rücksitze 60 : 40, Parksensoren, AktionsradiusAnzeige, Sitzheizung, Dachreling. Querverkehr- und Totwinkelassistent, elektrische Fensterheber, Navi- und JBL-Soundsystem, dunkle Scheiben hinten, LEDScheinwerfer, elektrisch verstellbare Ledersitze, diverse OptikFeatures etc. Extras Metallic-Lack € 600,–, Glashubschiebedach € 500,–.
Preis € 102.570,– Basispreis € 78.380,– Antrieb Elektromotor vorne und hinten 294 kW (400 PS)/696 Nm, Allradantrieb. Batterien Lithium-Ionen, 90 kWh. Laden Wechselstrom 230V bis 7 kW, Gleichstrom-Schnellladen bis 100 kW Dimensionen L/B/H 4682/2011/ 1565 mm, Kofferraum 656–1453 l Gewichte Leer/Zuladung/Anhängelast 2208/362/750 kg Fahrleistungen 0–100 km/h 4,8 sec, Spitze 200 km/h, Normverbrauch (WLTP) 21,2 kWh/100 km, Normreichweite (WLTP): 470 km. Testverbrauch 27 kWh/100 km. Ausstattung: Matrix-LED-Scheinwerfer, Parkpaket, Fahrerassistenzpaket, Windsor-Ledersitze, 12,3Zoll-Instrumentendisplay, Touch Pro Duo, Panoramadach, dunkle Scheiben hinten, Frontscheibe heizbar, 20-Zoll-Alufelgen, LederPaket erweitert, Premium-VeloursDachhimmel, Sportlederlenkrad, 3-Zonen-Klimaautomatik, Headup-Display, Activity Key, Digital radio, elektronische Luftfederung, adaptives Fahrwerk.
Hyundai Ioniq ab € 35.490,–. Fünftürige Limousine mit 120 PS und 28-kWh-Batterie. Reichweite 150 bis 200 km. Hyundai Kona ab € 47.790,– SUV mit Technik wie Kia Niro. Nissan Leaf ab € 35.600,–. Vergleichsweise preisgünstige und geräumige Schräghecklimousine. 150 PS, 40-kWh-Batterie, Reichweite ca. 250 km. Renault Zoe ab € 33.490,– (mit Batterieleasing ab € 25.290,– + € 69,–/ Monat). fünftüriger Kompaktwagen mit 41-kWh-Batterie, 92–108 PS. Reichweite ca. 250 km. Smart ab € 23.070,–, zweisitzig, viersitzig oder Cabrio. Geringe Reichweite, kaum mehr als 100 km im Real betrieb aufgrund kleiner 17,6-kWh-Batterie. Tesla Model 3 ab € 58.300,–. Der „kleine“ Tesla vorerst nur mit Allradantrieb, später auch Hinterradantrieb. Größere Tesla-Modelle S (Limousine) und X (SUV). VW e-Golf, ab € 39.990,–, der Kompakt-Klassiker auch elektrisch schon in 2. Generation, Frontantrieb, 136 PS, Batterie 35,8 kWh. Reichweite ca. 200 km.
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neu | DS 3 CROSSBACK
Kompakt und üppig ausgestattet ist der kleine Neuzugang in der französischen Luxus-Abteilung. Und ab Herbst wird er auch als reine Stromversion zu haben sein.
S
tandortbestimmung: DS ist jene Marke, die der Laie bei einer Inventarauflistung des PSA-Konzerns sehr wahrscheinlich vergessen wird. Jahre schon dauert das aufwändige Werdungsmanöver der französischen Luxusmarke, es geht voran, aber zäh (2018 in Österreich: 255 verkaufte Autos). Derzeit befindet sich DS in Entwicklungsphase zwei, nach dem DS 7 rollt nun das zweite Neue-Ära-Modell heran, der kompakte DS 3 – auch er, wie es sich heute gehört, ein SUV, daher Crossback. Nun ist es nicht so, dass im dicht bestellten Kompakt-SUV-Angebot eine deutliche Leerstelle auszumachen wäre, was DS mit intensiver Stilistik verklärt. Auf 4,12 Metern Länge ballt man also seine erwählten Markentugenden, die oberflächlich viel mit Design, Materialwahl und kleinen Hightech- Wundern zu tun haben. Als eines der effekthaschenden Gimmicks etwa seien die plan in der Karosserie liegenden Türgriffe genannt, die bei Annäherung automatisch herausfahren, eine Art technikaffine Willkommenskultur, auf die das DS-Team mächtig stolz ist.
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Der kleine Crossback ist ein Kompakter für jene Lebensart-Menschen, die sich mehr für die Kunst am Kunsthandwerk interessieren. Sie ist hier jedenfalls von überwältigender Präsenz: Rautenmuster am zentralen Bedienfeld, Makrodiamantkanten an den Tasten in der Mittelkonsole, Mikrometallschliff am Rand der Drehschalter – das Szenario lässt vermuten, dass es der Designvorschläge viele gab und man sich einfach nicht entscheiden wollte (was Autokunden in China sehr zu schätzen wissen, im Übrigen). Weil es der Prioritätenordnung entspricht, gleich auch ein Wort zu den Ausstattungsmöglichkeiten: Es gibt viele. Sechs In-
Feistes Näschen. Die Backen mit den LED-Bordüren sind ein Markenzeichen von DS. Dito der massige Kühlergrill, die hohen Flanken und die Finne hinter der B-Säule. Was im Großformat seinen Raum findet, drängt sich hier ehrfurchteinflößend auf 4,12 Metern Länge.
SHORTCUT Was wir mögen Den konzentrierten Luxus im kleinen Format. Die bequemen Sitze und die akustische Ruhe. Was uns fehlt Etwas mehr optische Ruhe. Was uns überrascht 2000 Auswahlmöglichkeiten, was Farbe, Materialien und Ausstattung betrifft. Perfekt, wenn … … man neuen Ausdruck für seine Individualität sucht (und dafür keine Kosten scheut). Die Konkurrenz Audi Q2, Mini Countryman.
FOTOS: WERK
Das großkarierte Cremeschnittchen
DATEN DS 3 Crossback
Stil, zelebriert. Die Sitze sehen nicht nur interessant aus, ganz insgesamt ist das Gestühl komfortabel und langstreckentauglich. An sämtlichen Bedienelemente kamen viele unterschiedliche DesignÜberlegungen zur Anwendung, vor dem Lenkkranz kann auch ein Head-up-Display hochfahren.
terieurwelten bieten sich an, mit unterschiedlichen Materialien (Stoff, Alcantara, Leder) und Farbrichtungen (Bronze, Steingrau, Schwarz und ein sehr schönes dunkles Burgunderrot), dazu neun Karosseriefarben, drei Kontrastfarben fürs Dach (in Wagenfarbe geht natürlich auch). Wer noch Kapazität für sachliche Luxus-Argumente hat: Gegen Aufpreis gibt es auch ein Head-upDisplay in Form einer aufschwenkenden Plexiglas-Scheibe und Matrix-LED-Scheinwerfer, die automatisch abblenden können. Der hochbauende DS 3 legt antriebsseitig einen Vierzylinder-Diesel mit 100 PS und einen Dreizylinder in drei Leitungsstufen (ab 100 PS) vor. Von letzterem fuhren wir die bereits bekannte 130-PS-Version und die neue, wirklich sehr satt anmutende Leistungsversion mit 155 PS. Beide kommen mit Achtgang-Automatik, die auch manuell über –
leider etwas klein geratene – Paddles am Lenkrad geschaltet werden kann. Die 100-PS-Versionen Diesel und Benzin sind als Handschalter erhältlich. Sehr leise ist es im kleinen Crossback übrigens. Er wurde gewissenhaft gedämmt und auch an anderer Stelle sorgfältig unterfüttert, damit man sich gut aufgehoben fühlt. Die Sitze sind überaus bequem und sehen auch sehr gut aus. Als Fünftürer hat er seinem dreitürigen DS-3-Bruder (er wird übrigens – noch – nicht vom Crossback ersetzt) einiges an Nützlichkeit voraus. Die seitlichen Karosseriefinnen und die abgedunkelten Scheiben machen das Leben im Fond aber ziemlich lichtarm und nicht gerade fröhlich. Ab Herbst wird der DS 3 Crossback auch mit rein batterieelektrischem Antrieb angeboten werden. Mit 136 PS und rund 300 km Normreichweite. Susanne Hofbauer
Antrieb 3-/4-Zylinder-Turbomotoren, 6-Gang-Schaltung bzw. 8-GangWandlerautomatik, Frontantrieb. PureTech 100 € 28.380,–, 1199 ccm, 75 kW (100 PS) bei 5500 U/min, 205 Nm/1750 U/min, 0–100 in 12,0 sec, Spitze 181 km/h, CO2 107–110 g/km, Normverbr. 5,5–5,6 l/100 km. PureTech 130 AT ab € 32.180,–, 1199 ccm, 96 kW (130 PS) bei 5500 U/min, 230 Nm/1750 U/min, 0–100 in 9,2 sec, Spitze 196 km/h, CO2 111–115 g/km, Normverbrauch 4,9–5,0 l/100 km. PureTech 155 AT ab € 33.680,–, 1199 ccm, 115 kW (155 PS) bei 5500 U/min, 240 Nm/1750 U/min, 0–100 in 8,2 sec, Spitze 208 km/h, CO2 123–126 g/km, Normverbrauch 5,4–5,5 l/100 km. BlueHDi 100 € 29.580,–, 1499 ccm, 75 kW (100 PS) bei 3500 U/min, 250 Nm/1750 U/min, 0–100 in 12,2 sec, Spitze 180 km/h, CO2 97–100 g/km, Normverbr. 4,1–4,2 l/100 km. Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4118/1791/1536 mm, Tank 44 l (Diesel: 41 + 15 l AdBlue), Kofferraum 350 bis 1050 l. Gewicht ab 1201 kg. Ausstattung So Chic: Klimaaut.,Notrad, Einparkhilfe hi., USB-Anschluss, Safety-Paket, 17”-LM-Felgen etc. Performance Line: + LED-Rückleuchten, ISOFIX, Dynamik-Paket etc. La Premiere: + 18”-LM- Felgen, Einparkhilfe vo. + Rückfahrkamera, Head-upDisplay, kabelloses Handy-Laden, Keyless Entry & Start, el. verstell- + beheizbare Vordersitze, Navi etc. Extras Metallic ab € 605,–, Dach-/ Kontrastfarbe ab € 303,–, Gripcon trol ab € 303,–, Fahrassistenz-Paket (inkl. Fernlicht-Ass.) ab € 1.174,–.
Report WIRTSCHAFT & TECHNIK
Wer die Wahl hat, hat die Wahl
Barzahlung beim Autokauf ist erstrebenswert, aber oft nicht möglich. Dann will zwischen Leasing und Kredit gewählt sein, und zwar keinesfalls voreilig. Und auch an die Versicherung muss noch gedacht werden. Von Martin Strubreiter Illustrationen Bengt Fallström
28 autorevue 4/2019 extra
D
ie Zukunft des Autos wird derzeit nicht nur in den Inge nieursbüros und Marketing abteilungen der Hersteller geformt, sondern auch in allerlei Diskussions runden der Käuferinnen und Käufer. Dabei wird die Rolle des Autos neu de finiert, aber man erkennt unschwer: Sie wird nicht wesentlich anders sein als bisher, und bei den Fahrverboten steht Deutschland ziemlich einsam dar. Wichtig für den Neuwagenkauf ist derlei auch deshalb, weil man beim Unterschreiben des Vertrages ganz gut abschätzen mag, was in ein paar Jahren mit dem Restwert des Autos passiert: Stürzt das Image des Diesels steil ab, dann wird der Restwert mitge rissen. Wird das Elektroauto – derzeit noch bescheiden bei den Neuzulas sungen vertreten – durch eine neue Batterietechnologie revolutioniert, dann verlieren die jetzt aktuellen Modelle stärker an Wert als vermutet. Höchstwahrscheinlich wird das Thema ohnedies auf einer beruhigen den Grundlinie österreichischer Her angehensweise („Alles nicht so schlimm“) abgehandelt, und wer sich jetzt einen Neuwagen kauft, fährt auf der soliden Basis der verpflichtenden Euro-6d-TEMP-Abgasnorm, Diesel in klusive. Und bald wird auch das ge samte Angebot jener Importeure, die von der eineinhalb Jahre lang ange kündigten Norm völlig überrascht wurden, wieder komplett sein. Besonders wichtig ist der Restwert bei Leasingverträgen: Man entkommt ihm zum Vertragsende nämlich nicht. Ist das Auto weniger wert als ange nommen, dann kann man es entweder zur vertraglich fixierten, also erhöhten Summe ankaufen. Oder man überlässt den Verkauf der Leasinggesellschaft, aber wenn die nicht den fixierten Wert erlöst, dann zahlt der Kunde drei Vier tel der Differenz. (Die Kundschaft er hält aber auch drei Viertel des Mehr
LEASING ODER KREDIT? Eine
erlöses, wenn das Auto mehr einspielt als angenommen.) Etliche Leasinggesellschaften kon tern dieses Problem mit einem garan tierten Restwert, wie Michael Osinger, Leasingexperte der Erste Bank, er klärt: „Damit sind zwar die Monatsra ten geringfügig höher, aber die Sum me, die ein Auto mit Vertragsende kos tet, wird eindeutig kalkulierbar. Sollte der tatsächliche Wert höher sein als angenommen, dann kann ein Privat kunde das Auto erwerben und selbst weiterverkaufen. Ist er niedriger, dann gibt man das Auto einfach an die Lea singgesellschaft zurück.“ Natürlich gibt es noch viel mehr Faktoren zu berücksichtigen, bevor man sich beim Autokauf für Barzah lung, Kredit oder Leasing entscheidet. WIE ZAHLT ÖSTERREICH? Der Leasingan
teil bei Neuwagen liegt derzeit bei 40,3 Prozent. Die meisten Pkw-Leasingverträge (konkret: 67,3 %) werden beim Kfz-Handel und seinen Banken abgeschlossen, 14,5 % bei unabhängi gen Kreditinstituten, der Rest im Di rektvertrieb oder bei Versicherungen. Die Aufteilung der nicht über Lea sing finanzierten 59,7 Prozent der Neuwagen ist schwieriger. Wer das Geld bar mitbringt, wird nicht gefragt, ob er gespart oder geborgt hat.
generelle Empfehlung pro Leasing oder Kredit ist inmitten des dichten Angebots un möglich – keine der beiden Möglich keiten ist prinzipiell im Vorteil, es ent scheiden vielmehr die Unterschiede zwischen den Anbietern. Und die per sönlichen Vorlieben: Beim Kredit sind die Monatsraten höher, dafür sind beim Leasing auch Anzahlung (zumin dest meistens) und Restwert fällig. Es will also viel verglichen und ge feilscht werden – und das braucht Zeit: Wer das neue Auto gewissenhaft aus wählt und bei mehreren Händlern den Preis verhandelt, verspielt alle Vortei le wieder, wenn er die Finanzierung nebenbei ausheckt. Wichtig dabei: beim Autohändler wie ein Barzahler auftreten und den Preis aushandeln, erst dann die Finanzierung anspre chen. Michael Osinger: „Zum Ver gleich eignen sich nur die Gesamtbe träge über die gesamte Laufzeit inklu sive aller Gebühren. Beim Leasing zählen dazu auch Anzahlung und Rest wert – ein reiner Vergleich der Mo natsraten ist nicht zielführend.“ Soll der Zinssatz zum Vergleich herhalten, dann muss es der effektive sein, also inklusive aller Gebühren – und nicht der nominale, wie er in der Werbung oft genannt wird. Beiden Finanzierungsformen ist gemein, dass vorab die Bonität der Kundschaft geprüft und gegebenen falls ein kleineres Auto empfohlen wird. Weder Kredit noch Leasing er möglichen also ein Auto, das man sich eigentlich nicht leisten kann. LEASING IM DETAIL. Die
Zeit der syste matischen Problemfälle beim Leasing ist längst vorbei, wie der Verein für Konsumenteninformation erklärt. Falls es doch Ärger gibt, dann haupt sächlich wegen nicht korrekt verstan dener oder mangelhaft durchgelese ner Verträge. Wer vor dem Unter 4/2019 extra autorevue 29
report | FINANZIERUNG
schreiben Fragen hat, kann seinen Leasingvertrag vom VKI durchleuchten lassen.
» Ist eine vorzeitige Rückzahlung der Kreditsumme kostenfrei möglich, falls während der Laufzeit des Kredits doch mehr Geld zur Verfügung steht als angenommen? » Kann man unbürokratisch die Kreditsumme vermindern, falls man sich nach Gewährung des Kredites doch für ein günstigeres Auto entscheidet?
WAS GENERELL ZU BEDENKEN IST:
LEASING VON DER BANK ODER VOM HÄNDLER? Ob man den Leasingvertrag bei ei-
ner unabhängigen Gesellschaft oder beim Geldinstitut eines Autoimporteurs abschließen sollte, ist nicht generell zu sagen. Die Importeure und Händler stützen den Verkauf eines Modells bisweilen über günstige Leasing-Aktionen, allerdings bekommt der Verkäufer möglicherweise auch für abgeschlossene Leasingverträge Provisionen. Die zahlt indirekt die Kundschaft. EIN PAAR DRAUFGABEN. Um Kunden zu
gewinnen, geben Leasinggesellschaften gerne kleine Zugaben. Bei s Leasing beispielsweise wird der All-inclu30 autorevue 4/2019 extra
FIXER ODER VARIABLER ZINSSATZ. Auch
sive-Gedanke, wie er ursprünglich gewerblichen Kunden vorbehalten war, auch auf Privatkunden ausgedehnt. Die Kundenkarte ermöglicht somit vergünstigtes Beziehen von Treibstoff, Reifen oder Autozubehör, auch Mietwagen oder Einkäufe an manch Raststation werden günstiger. DER KREDIT. Das System des Kredits ist
simpel: Man borgt sich Geld aus und zahlt es in Portionen zurück. Oder man legt diese Portionen zur Finanzierung eines endfälligen Kredits an. Fiona Gomes, Kreditexpertin der ING: „Wer den Autokauf mit einem Kredit finanziert, kann sich beim Händler als Barzahler deklarieren, damit lassen sich oft mehr Rabatte lukrieren. Und über einen Kredit können auch Gebrauchtwagen finanziert werden, bei uns überhaupt alle Fahrzeuge, Motorräder und Oldtimer inklusive. Beim Kreditkauf ist man Eigentümer des Fahrzeuges, der Typenschein muss nicht hinterlegt werden.“ Bei einem Kredit kann es von Vorteil sein, wenn er einen etwas flexibleren Umgang mit dem Geld ermöglicht: » Kann das Geld bei der Bank deponiert werden, bis das Auto ausgeliefert ist? Immerhin erspart man sich so die Zinsen für die Wartezeit.
wenn die meisten Kredit- oder Leasingverträge über eine Laufzeit von lediglich fünf Jahren verfügen, ist die Entwicklung der Zinsen wichtig. Derzeit ist das Zinsniveau sehr niedrig, ein Ansteigen im Lauf des heurigen Jahres ist unwahrscheinlich, längerfristige Prognosen sind seriös eher nicht möglich. Ein variabler Zinssatz ist derzeit niedrig, er wird alle drei Monate dem Euribor-Zinssatz angepasst. Ein fixer Zinssatz ist etwas höher, dafür ist das Risiko steigender Zinsen über die gesamte Vertragsdauer abgefedert. DANN NOCH DIE VERSICHERUNG. Nach
dem Kauf will das neue Auto versichert sein, nur Spielernaturen verzichten beim Neuwagen auf Vollkasko. Auch hier führen Vergleichen und Feilschen zur günstigsten Polizze, Internet-Rechner wie www.durchblicker. at oder www.versichern24.at liefern den ersten Überblick. Natürlich können auch bestehende Versicherungsverträge zugunsten eines günstigeren gekündigt werden, aber nicht zu jedem Zeitpunkt. Möglich sind Versicherungswechsel » bei einem Fahrzeugwechsel, » bis zu zwei Monate nach Ankündigung einer Prämienerhöhung, » bis zu einen Monat vor dem jährlichen Stichtag (das ist der Erste des dem Vertragsabschluss folgenden Monats), » nach Schadensfällen bis zu einen Monat nach Eintreffen der Verständigung, ob entschädigt wird oder nicht. Gar nicht klug ist die Kündigung der bisherigen Polizze, bevor die Zusage der neuen Versicherung schriftlich vorliegt. <
ILLU: BENGT FALLSTRÖM
» Gilt die Anzahlung als Depotzahlung oder als Mietvorauszahlung? Eine Depotzahlung wird für den Kunden veranlagt, steht also nach Ablauf der Leasingdauer zur Verfügung. Eine Mietvorauszahlung wird den Raten zugebuttert, senkt sie aber damit. » Steht beim Restwert etwas von Andienungsrecht, dann muss das Auto auf jeden Fall zu Vertragsende gekauft werden. » Ist der Restwert (abseits der vorhin genannten Unsicherheiten) realistisch angesetzt? Bisweilen werden nämlich noch immer unrealistisch hohe Restwerte angenommen, um niedrige Monatsraten anbieten zu können. » Das geleaste Auto gehört der Leasinggesellschaft, daher sind ganz kreative Umbauten (Spoiler, Radkastenverbreiterungen etc.) nicht so leicht möglich wie beim eigenen Auto. » Bei finanziellen Problemen ist von Totstellen oder Untertauchen abzuraten – wer bei der Ratenzahlung in Bedrängnis gerät, soll am besten beim Leasingunternehmen vorsprechen und gemeinsam an der Lösung tüfteln. Diese Empfehlung gilt natürlich auch für Kreditnehmer.
REPORT | AUTOMARKT IN ÖSTERREICH
IMPRESSUM
Tesla Model 3. Endlich ist Teslas Mittelklasse lieferbar, damit geht sich für die Marke die höchste Zuwachsrate des bisherigen Jahres aus.
VW T-Roc. Das meist verkaufte SUV Österreichs bringt langsam den Golf in Bedrängnis – und da mischt der T-Cross noch nicht mit.
Mazda CX-3. 13 der Top 20 stammen im Februar aus dem VW-Konzern, der meistverkaufte Japaner ist der Mazda CX-3 auf Rang 17.
ÜBERSICHT
Automarkt in Österreich
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN, WERK
Topmarken Jänner - Februar 2019 Marke, Marktanteil Stück Type 2019 I-II/19 VW 18,0 % 8.819 Škoda 9,4 % 5.478 Seat 8,1 % 3.937 Opel 6,3 % 3.075 Ford 6,1 % 2.959 Renault 5,2 % 2.557 BMW 5,2 % 2.554 Hyundai 4,0 % 1.966 Mercedes 3,8 % 1.850 Audi 3,6 % 1.752 Fiat 3,4 % 1.657 Peugeot 3,3 % 1.591 Dacia 3,1 % 1.522 Suzuki 2,5 % 1.220 Mazda 2,5 % 1.211 Kia 2,4 % 1.178 Citroën 2,4 % 1.158 Toyota 1,5 % 716 Volvo 1,4 % 683 Nissan 1,4 % 665 Mitsubishi 1,3 % 635 Jeep 1,2 % 611 Mini 0,7 % 333 Honda 0,6 % 316 Land Rover 0,5 % 257 Alfa Romeo 0,5 % 227 Smart 0,4 % 196 Tesla 0,4 % 187 Jaguar 0,3 % 162 Porsche 0,1 % 72 Subaru 0,1 % 70 DS 0,1 % 39 Lexus 0,1 % 44 SsangYong 0,1 % 44 Lada 0,0 % 20 Maserati 0,0 % 8 Exoten 0,1 % 28 GESAMT 100,0 % 48.897
Stück I-II/18 9.681 4.652 3.676 3.664 2.987 3.090 2.404 2.011 2.260 2.805 2.193 1.722 1.362 1.399 1.648 1.382 1.212 1.373 705 884 951 604 332 429 310 347 137 52 206 226 131 55 67 36 21 21 32 55.067
Prozent +/– –8,9 % –1,6 % +7,1 % –16,1 % –0,9 % –17,2 % +6,2 % –2,2 % –18,1 % –37,5 % –24,4 % –7,6 % +11,7 % –12,8 % –26,5 % –14,8 % –4,5 % –47,9 % –3,1 % –24,8 % –33,2 % +1,2 % +0,3 % –26,3 % –17,1 % –34,6 % +43,1 % +259,6 % –21,4 % –68,1 % –46,6 % –29,1 % –34,3 % +22,2 % –4,8 % –61,9 % –12,5 % –11,2 %
Die Leistungsklassen
Wie stark unsere neuen Autos sind
bis 26 kW (35 PS) 27-40 kW (36-54 PS) 41-60 kW (55-82 kW) 61-77 kW (83-105 PS) 78-92 kW (106-125 PS) 93-105 kW (126-143 PS) 106-125 kW (144-170 PS) ab 126 kW (171 PS)
1-2/2019 1-2/2018 62 14 240 3 5.679 6.733 8.691 10.623 12.221 15.369 5.250 4.472 9.535 9.819 7.229 8.034
Top 20 Februar 2019 VorMarke monat 2/2019 1. VW Golf 1. 918 2. Škoda Octavia 3. 877 3. VW T-Roc 6. 824 4. VW Polo 2. 675 5. Fiat 500 16. 507 6. Ford Focus 20. 504 7. Škoda Fabia 4. 496 8. VW Tiguan 5. 439 9. VW Bus 7. 434 10. Renault Mégane 10. 419 11. Seat Arona 15. 356 12. Seat Ateca 9. 329 13. VW Touran 22. 328 14. Renault Clio 19. 326 15. Seat Ibiza 8. 325 16. Škoda Karoq 14. 325 17. Mazda CX-3 29. 303 18. Renault Captur 21. 269 19. VW Caddy 23. 256 20. Dacia Duster 30. 255 GESAMT 23.640
1/2019 1.010 738 546 748 392 316 638 549 533 456 408 489 281 323 519 410 245 294 270 239 25.257
2/2018 1.089 882 498 587 552 299 721 797 185 479 325 330 396 336 288 310 201 195 303 212 26.499
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test | FORD MUSTANG BULLITT 5,0 V8
Es fetzt
50 Jahre nach Bullitt zelebriert der Ford Mustang den Film und sich selbst mit einem Sondermodell. Dabei ist vieles gut gegangen, manches aber auch schief, schräg und quer. Von Martin Strubreiter Fotos Andreas Riedmann
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SHORTCUT Was wir mögen Tanzen auf Asphalt (natürlich auf Privatgrund, andernfalls drohen filmreife Verfolgungsjagden). Was uns fehlt Die eigenen Latifundien zum Spielen. Auf öffentlichem Grund bleiben rund 350 PS ungenutzt. Was uns überrascht Welche Sau in uns schlummert. Perfekt, wenn … ... Geld und Alltagsauto schon im Haus (bzw. davor) sind. Die Konkurrenz Tut sich schwer. Nur Corvette, Camaro oder Dodge Charger schaffen Ähnliches.
W
er sich und anderen das Potenzial dieses Autos ernsthaft vorführen mag, wird im ersten Gang schon schwer illegal, und dann gäbe es noch fünf Gänge zum Nachlegen. Wir verabschieden uns also besser schon hier von der Vorstellung, dieses Auto sei eine Blümchenwiese heimeliger Mobilität: Stimmt nicht, es ist eine Sau, und es kehrt Ähnliches aus uns hervor. Solchermaßen befreit von der Notwendigkeit gemäßigten Umgangs mit den Möglichkeiten zieht man sich zum Spielen am besten auf einen Salzsee zurück oder auf sein österreichisches Pendant, das brachliegende Gelände abgewrackter Industriezweige. Es wird wohl nicht das eigene sein, weil dann könnte man sich auch diesen Mustang nimmer leisten, andererseits: 464 PS um 67.950 Euro, da kommt ein PS um 146 Euro und 44 Cent aus dem Schauraum. Beim günstigsten Dacia Duster kostet das PS 104,26 Euro, da liegen keine Welten dazwischen. Bei den Fahrleistungen natürlich schon, denn hier gilt es, einen hochmodernen V8 alter Schule zu zelebrieren. Hochmodern heißt vor allem noch ein bissel stärker als die normalen V8-Mustangs mit ihren 450 PS. Hier liegen 464 davon an, hochgekitzelt durch ein Open Air Induction System, also den freiliegenden Luftfilter, der im Motorraum ein wenig ausschaut wie ein Lampenschirm. In weiteren Hauptrollen: 87 mm Drosselklappen-Durchmesser zum freieren Einatmen, und das Motormanagement ist nach Art des Shelby Mustang GT 350 abgeschmeckt. Im Auge hat man von all der Technik aber eher den Drehzahlmesser. Der verdeutlicht mit seinem orangen Bereich
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test | FORD MUSTANG BULLITT 5,0 V8
von 3000 bis 5000 Umdrehungen pro Minute, dass alles darunter Schmarrn ist. Bei 4000 U/min steht der Zeiger senkrecht, man möge diesen Hinweis zu deuten wissen. Und man weiß. Denn beim untertourigen Einkuppeln ist der Motor etwas rumpelig, und wenn man sich dabei ganz lasch anstellt, stirbt er sogar ab. Da wurde der DrehmomentBerg also ein wenig nach oben verschoben, wovon man aber ab 1000 U/min schon fast nichts mehr merkt. Die lässt sich der Mustang bereits anstandslos gefallen, und darüber wird er zu jenem dumpf bollernden Dampfhammer, den man von einem V8 erwartet; er dreht sich wirklich frei und dich schwindlig, der Drehzahlmesser wird erst bei 7400 Touren unruhig. Es sind jene Momente, in denen das Heck abhauen würde, wäre es nicht an den Zügeln des ESP. Also schaltet man alle Fahrdynamikregelungen ab, wenn die Gegend einsam daliegt und im Idealfall auch ein wenig nass und gatschig ist, und wischt übers Geläuf wie ein Fetzen beim Bodenaufwaschen, nur lauter. Und jetzt endlich will jenes Wort hingeschrieben sein, das den Mustang in seiner Persönlich34 autorevue 4/2019 extra
Sitzt, passt. Auf einen würdigen Parkplatz ist besonders bei der Bullit-Sonderedition zu achten. Ihn anzulegen, kann allerdings etwas Geld und Mühe kosten, dafür erfreut er nebenbei auch als Trainingsstrecke.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Spielkonsole, aber in echt. Da man die weiß glänzende Schaltkugel besonders gerne berührt, ist sie leider nur auf obigem Foto zu sehen. Es hapert beim Fahren mit dem Mustang aber oft auch an der Wahrnehmbarkeit der Umgebung. Die wirkt dann sehr verschwommen.
keit, seinem Auf- und Antritt punktgenau umreißt: räudig. Und das in allen Facetten, da kann der Lack noch so sehr dagegen anglänzen und der Innenraum im tadellosen Ausgeh-Outfit dastehen: brachialer Schub bei großvolumig stampfendem Bass, es könnte glatt die Gänsehaut den Rücken raufkriechen, würde sie nicht vom Druck der Sitzlehne sofort wieder glattgepresst. Aber vielleicht sollten wir kurz innehalten, um das Auto vorzustellen: Ford Mustang Bullitt, eine Hommage an die berühmteste Verfolgungsjagd der Filmgeschichte, die vor 50 Jahren erstmals über die Leinwände gut beleumundeter Kinos lief. Der Ruf dieser Verfolgungsjagd kommt auch aus der Tatsache, dass es mit rund zehn Minuten die längste war, da kommt schon einiges zusammen an Drifts und Fast- Crashes, an verlorenen Radkappen und Schaltmanövern (16 Mal rauf, ein kleiner Regie-Durchhänger) und auch Schusswechseln, schließlich verfolgte Lieutenant Bullitt die Gangster nicht zum Spaß. Die Story zu den Filmautos ist in autorevue 11/2018 nachzulesen, wir schauen hier lieber auf die
aktuelle Interpretation, also den jetzt jungen Mustang, lackiert im originalgetreuen Montana-Grün. Wer das nicht so mag, kann auch Iridium-Schwarz bestellen, beides Metallic-Lacke, und sie sind beim Sondermodell Bullitt aufpreisfrei dabei. Das kann der am Anfang dieser Geschichte zur Illustration der Preiswürdigkeit herangezogenen Dacia Duster nicht, wohl aber der Lada Vesta. Wir bitten um Verzeihung für diesen dummen Vergleich. Man erkennt allerdings, dass Vernunftargumente am Mustang Bullitt keinesfalls abperlen. So hat er nur zwei Aufpreisposten, und beide waren auch in unserem Testauto versammelt: Recaro-Sportsitze, also quasi Sport-Sportsitze, denn auch das Seriengestühl erinnert nicht an Küchensessel. Hier allerdings: mit noch ein wenig schraubstockigerem Halt, und weil der US-Amerikaner nicht unbedingt als schmächtig gilt, sitzt man auch als Mitteleuropäer nicht eingezwickt zwischen den seitlichen Wulsten der belederten Sitze. Das Leder ist bei allen Mustangs serienmäßig, aber nur hier sind die Nähte in Montana-Grün gehalten. Feingeister unter den Glü4/2019 extra autorevue 35
test | FORD MUSTANG BULLITT 5,0 V8
hern wissen solch feinziselierte Korrespondenzen zwischen den Teilen eines Autos sehr zu schätzen. Gleiches gilt für das zweite Extra: das MagneRide-Fahrwerk. Die Flüssigkeit der Dämpfer ändert beim Anlegen eines Magnetfeldes ihre Viskosität, damit wird die Dämpfung bei Bedarf straffer, spielt aber unter unaufgeregten Bedingungen dem Komfort in die Hände. Das alles geschieht natürlich unmerklich schnell, so bleibt der Fahreindruck straff wie erwartet, aber dieser Mustang prügelt nicht, schon gar nicht seine Passagiere. Er bietet aber einen schönen Ausblick, sogar im Stillstand: Die gebürstete Alu-Blende vor den Passagieren und die vernähten Bezüge des Armaturenbretts und der Türver36 autorevue 4/2019 extra
kleidungen, die Alu-Kippschalter (wir verraten jetzt lieber nicht, dass der Bullitt-Mustang ein Start/Stopp-System hat, sagen aber, das man es ausschalten kann) haben erfrischend wenig mit jenem Eh-wurscht-Plastik zu tun, für das USSportler noch vor Jahren völlig zu Recht geprügelt wurden. Das Armaturenbrett ist auch stilistisch ein gut sortierter Volltreffer, da wurde beim Aufräumen viel hinübergekehrt ins Lenkrad, das jetzt etwas überladen dasteht. Lässt sich aber alles beherrschen, sofern man nicht grad mit sehr schnellem Lenken beschäftigt ist. Damit die Ablenkung gering bleibt und das Sondermodell dem originalen Bullitt-Mustang möglichst nahe kommt, hat Ford auch die Logos weggelassen: Kein Pony am Auto, so
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Gute Inspiration. Ein Luftfilter wie ein Lampenschirm, ein Schaltgriff wie eine Billardkugel und Instrumente wie ein Computerspiel. Klingt nach Flohmarktstand, ist aber eine wunderbare Mischung hochbeschleunigten Aufgeigens. Auch Alu und Leder harmonieren hervorragend, da kann man selbst nicht anders, als sich ins Gesamtkunstwerk integrieren. Nahtlos.
DATEN Ford Mustang Bullitt 5,0 V8 Fastback
wollte es schon Steve McQueen. Weil nach dem Pferdepflücken ein paar unschöne Leerstellen blieben, findet man dort jetzt ein Bullitt-Logo, das mit seinen Zielscheiben-Zitaten an den Tatort-Trailer gemahnt, aber so unpassend ist diese Assoziation gar nicht. Man ahnt spätestens hier: Der Mustang ist zwar irgendwie klassenlos, aber auf eine eigene Art und mit leicht plebejischem Einschlag. Er passt allen, vom Jung-Zuhälter bis zum alternden Playboy, vom nicht so stillen Genießer bis zum fröhlichen Abfindungs-Investor (Abfindung alt natürlich). Mit all den Bildern in den umstehenden Kopfkinos kommt man aber ganz gut zurecht, sofern das Selbstwertgefühl halbwegs intakt ist, und bald macht es unglaublichen Spaß, die Umgebung ein wenig zu verwirren: Irgendwann kommt eine Oper auf Ö1, und die 1000-Watt-Soundanlage von Bang & Olufsen kann laut sein. Besonders bei offenen Fenstern. Nicht so einfach zu beheben ist ein wesentlicher Nachteil des Bullitt-Mustang: Es gibt ihn nicht als Cabrio. Wir hätten wegen dieses Abdriftens vom Original garantiert kein böses Wort verloren. Wir verlieren ja auch keines wegen der nicht ganz dem Original nachempfundenen Optik des Sondermodells. Wer aber den Bullitt-Mustang dem originalen Filmauto in Eigenregie noch etwas annähern will, kommt recht kostengünstig davon: Das Applizieren von Dellen gelingt mit dem Schnitzelklopfer sicher ganz gut, und ein Exemplar davon ist familienintern sicher am kleinen Instanzenweg auszuborgen; und ein Drahtwaschel zum Mattieren des Lacks ist für weniger als einen Euro zu haben. Bei Leasingautos ist von beiden Verfeinerungen dringend abzuraten. <
Preis € 67.950,– (NoVA 32 %) Basispreis € 49.250,– (NoVA 11 %) Steuer jährlich € 2.728,44 Motor, Antrieb V8-Zylinder-Benziner (4951 ccm), 6-Gang-Getriebe, Hinterradantrieb. Leistung/Drehmoment 341 kW (464 PS)/7000/min, 529 Nm/6000/min. Fahrleistungen 0–100 km/h 4,6 sec, Spitze 250 km/h, Normverbrauch/ CO2 16,6/8,8/12,4 l/100 km/277 g/ km. Testverbrauch 13,3 l/100 km. Dimensionen 2+2 Sitze, L/B/H 4794/1916/1381 mm, Tank 61 l, Kofferraum 408 l. Räder 255/40 R 19 vorne, 275/40 R19 hinten. Gewichte Leergewicht 1599 kg, Zuladung 433 kg. Sicherheit Euro NCAP ***/72/32/78/61 % (2017) Ausstattung 2-Zonen-Klimaautomatik, LED-Scheinwerfer & -Rücklichter, Brembo-Bremssättel rot, B&O-Soundsystem, Klappen-Auspuffanlage, Ledersitze mit grünen Nähten, Alufelgen, Metallic-Lack, Navigation, Alu-Paneel am Armaturenbrett, Berganfahrassistent, Spurhalte- und Fernlichtassistent, KeyFree-System, Rückfahrkamera. Extras MagneRide adaptive Dämpfung € 2.997,–, Recaro Sportsitze € 2.676,–.
Die paar guten Adressen
VERGLEICHBAR
Chevrolet Camaro Preise € 51.537,– bis 73.973,–. Motoren 2,0-Liter-Vierzylinder (275 PS), 6,2-l-V8 mit 453 PS. Der Camaro ist ein Muscle Car wie der Mustang, bringt also brachiale Leistung um vergleichsweise wenig Geld. Laboriert in seiner Einstiegsversion auch am Vierzylinder, ist auch offen zu haben.
Dodge Challenger Preise ab € 43.510,– Motoren 3,6-l-Sechszylinder (292 PS) & zwei V8 (5,7 l/375 PS, 6,2 l/720 PS). Noch brachialer als Mustang & Camaro: Bis zu 720 PS, erspart sich und uns den Vierzylinder, ist aber nicht offen zu haben. Exotisch mit exotischer Händlerdichte.
Sportwagen werden oft über ambitionierte Händler importiert, die man als Interessent kennen sollte. In den USA lassen sich Camaro und Challenger locker per Probefahrt vergkosten, in Österreich ist der Vertrieb der beiden US-Sportler solcherart gestrickt, dass von einem Netz nicht gesprochen werden kann: Für beide gibt es einen einzigen, dafür aber ambitionierten Händler, nämlich das Autohaus Ludwig in Wien 23, Triester Straße 172. www.autoludwig.at
test | HYUNDAI KONA 1,6 CRDI
Die gute Fee von Level 6 Hyundais kleines SUV jetzt auch als Diesel. Erfüllt Euro 6d-TEMP, die Ansprüche der verwöhntesten Zeitgenossen und peppt sogar ein wenig.
E
s überrascht ein wenig, dass der Hyundai Kona keine durch die Decke gehenden Verkaufszahlen zeigen kann, zumindest nicht in Österreich. Im eigenen Haus muss er sich hinter i10, i20, i30 und ix20 anstellen, außer Haus verkaufen sämtliche naheliegenden Gegner mehr: Ob Kia Stonic, Opel Crossland, Seat Arona oder Peugeot 2008 – überall das gleiche Bild. Vielleicht sind auf der Internetseite und in der Broschüre doch zu viele Frauen mit dem Auto abgebildet, und vielleicht sind die Männer doch konservativer, als sie es im Jahr 2019 sein sollten: Die Angst davor, ein Frauenauto zu haben – was immer das sein soll –, geht wohl noch um. Als es dem Diesel noch gut ging, hätte man die Einführung eines Dieselmotors als Verkaufszahlenbeförderer gesehen. So eindeutig ist das jetzt nicht mehr, und wenn doch, dann in die andere Richtung. Vielleicht ändert sich das ja wieder.
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Das Auto selbst leidet unter dem 136 PS starken Selbstzünder jedenfalls nicht. Im Rahmen seiner Möglichkeiten tut er gute Arbeit, man erkennt an den Zahlen, dass es hier um einen sehr gutbürgerlichen Rahmen geht. Und man erkennt als Autotester, wie vollkommen ausreichend das alles ist. Laufruhe und harmonische Kraftentfaltung sind das Ding des Kona Diesel, und was er nicht besonders sportlich ist, ist er dafür sparsam. Wir kamen selten über fünfeinhalb Liter hinaus, was – bei besonders ökonomischer Fahrweise – Reichweiten von an die 1000 Kilometer ergeben kann. Auch so was ist Lebensqualität, denn Tanken kostet Zeit und Geld und macht die Hände schmutzig. Gesellen sich hinzu ein freundliches Fahrwerk, für die größere Parkplatz-Wahlfreiheit im schneereichen Winter ein Allradantrieb und ein seidenglatt schaltendes 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Ideal für alle, die sich wenig aus dem Autofahren ma-
Doppelter Boden im Kofferraum. Geld, Juwelen und Drogen transportiert man besser im unteren Stockwerk.
SHORTCUT Was wir mögen Die Kürze der Mängelliste. Was uns fehlt Irgendwas für die Mängelliste. Was uns überrascht Dass der Lautstärkeregler unbeheizt ist. Perfekt, wenn … … man das Perfekte im Kleinen sucht. Die Konkurrenz Kia Stonic, Ford Ecosport, Citroën C3 Aircross, Mazda CX-3, Opel Crossland X, Seat Arona, VW T-Cross, Renault Captur, Peugeot 2008 und vermutlich noch ein paar Dutzend andere.
Vollwertausstattung mit Bildschirm in Sichtachse und dem Head-up-Display des kleinen Mannes. Vier Drehregler schaffen Vertrauen, die LCD-Leiste zwischen den großen Klimareglern ist ein bissel von gestern.
DATEN Hyundai Kona 1,6 CRDi 4WD 7DCT Level 6
chen, sondern einfach wollen, dass alles passt und funktioniert. Das sind auch immer Menschen, denen vor allem die reichhaltige Ausstattung eines Autos wichtig ist (neben der Farbe). Wir reden hier und im Falle unseres Testwagens von einem 35.000-Euro-Hyundai, man ahnt schon, dass es praktisch keine Fehlstellen geben wird. Wir sitzen auf sehr bequemen Serienledersitzen, natürlich alles elektrisch verstellbar und sogar klimatisiert. Wir greifen ein feines Lederlenkrad, natürlich beheizbar. Wir legen unser iPhone auf die Induktionsschale, auf der es nicht geladen wird, woran aber Apple schuld ist, nicht Hyundai. Und wir schauen auf ein Head-upDisplay, das aber das in dieser Klasse noch
immer weit verbreitete Plastiktaferl am Armaturenträger ist, dem die richtige Hightech-Anmutung dann doch ein wenig abgeht. Häufig gebrauchte Funktionen wie alles, was mit Klima zu tun hat, sind über konventionelle Tasten abzurufen, einen Lautstärkedrehregler gibt es auch, und will man was mit den schönen App-Icons am Touchscreen anfangen, muss man halt drauftapsen. Der Kofferraum ist insofern bemerkenswert, als er doppelstöckig ist. Unter dem mit der Ladekante fast plan liegenden Boden ist noch einiger Platz für Dinge unter Business trolleygröße. Dahinter steht wohl der Gedanke: Sichtschutz ist Diebstahlschutz. Wolfgang Hofbauer
Preis € 35.790,– (NoVA 7 %) Basispreis € 20.290,– (1,0 T-GDI) Steuer jährlich € 739,44 Motor, Antrieb 4-Zylinder-Turbo diesel, 1598 ccm, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb. Leistung/Drehmoment 100 kW (136 PS)/4000/min, 320 Nm/ 2000–2250/min. Fahrleistungen 0–100 km/h 11,2 sec, Spitze 186 km/h, Normverbrauch/CO2 4,7/5,2/4,8 l/ 100 km/123 g/km. Testverbrauch 5,5 l/100 km. Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4165/1800/1550 mm, Tank 50 l, Kofferraum 361–1143 l. Reifen 235/45 R18. Gewichte Leergewicht 1435 kg, Zuladung 515 kg, Anhängelast 1250/600 kg. Sicherheit Euro NCAP *****/87/85/62/60 % (2017) Ausstattung Spurhalteassist, autonomer Notbremsassist mit Fußgängererkennung, Querverkehrswarner hinten, Totwinkelassist, Einparkhilfe vo./hi., LED-Scheinwerfer, Kurvenlicht, Navigationssystem, Smartphone-Integration und induktives Laden, Head-up-Display, Ledersitze, vorne beheiz- und belüftbar etc. Extras Farbpaket Limette bzw. Rot € 450,–, Metallic/Pearl € 550,–.
VERGLEICHBAR
Renault Captur Preise ab € 16.990,– Motoren Benziner mit 90, 130 und 150 PS, Diesel mit 90 PS.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Preislich noch unter dem Kona angesiedelt, auch weil er trotz Geländeoptik nicht mit Allradantrieb zu haben ist. Kommt selbst als topausgestatteter Initiale nur knapp über 30.000 Euro.
VW T-Roc Preise ab € 22.190,– Motoren Benziner mit 115, 150 und 190 PS, Diesel mit 115 und 150 PS.
Im heiß umkämpften SUV-Kompaktsegment will der Kona mit einem Hauch exzentrischer Optik punkten. Das klappt zwar – allerdings mittlerweile bei den Mitbewerbern auch schon.
In den Preisen knapp über dem Kona, jedoch bei der Ausstattung nicht so freigiebig. Ähnliche Motorisierungen, Allrad ist zu haben, 7-Gang-DSG ebenfalls. Sieben Zentimeter länger als der Kona. 4/2019 extra autorevue 39
Test | BMW 330I
„Gut schaust aus!“ „Wirklich, sieht man mir etwas an? Dabei habe ich extra 55 Kilo abgenommen!“
K
Von Werner Jessner Fotos Andreas Riedmann
ernkompetenz des Dreiers war, ist und wird immer sein: das geschmeidige Fahren. Ein Auto, das während der Fahrt scheinbar immer kleiner wird, bis es am Körper anliegt und in Bewegung zur Selbstverständlichkeit wird. Die aktuelle, siebente Generation, G20 im Fachsprech, steht hier komplett und folgerichtig in der Tradition ihrer durchwegs begehrenswerten Vorgänger. Du setzt dich rein, fährst ein paar Kurven und weißt: So gehört das. Zuvor will der Neue jedoch unfallfrei aus der Garage gepfriemelt werden, und schon sehr bald ist klar, warum es so viele Sensoren, Kameras, Bildschirme und Piepser gibt. Im Stillstand ist G20 keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Latifundium. Plus 76 Millimeter in der Länge, 16 in der Breite und 41 im Radstand gegenüber dem Vorgänger
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lesen sich per se nach nicht viel, aber er wächst halt auch schon sechs Generationen lang, und in manchen Dingen hat er den ersten Siebener bereits erreicht (siehe Kasten). Doch was will man eitel jammern: Es gibt ja eh Einser und Zweier, und wer den Dreier unübersichtlich findet, der mag bei der hauseigenen Abteilung für Höhergestelltes glücklich werden. Klar kommt das Plus an Platz auch und vor allem den Passagieren zugute, wobei man hinten zwar gut, wegen der eleganten Dachlinie aber nicht gräflich sitzt. Der Platz, um den es geht, ist ohnehin der vorn, und der ist royal – vor allem, wenn man ins Gesparte gegrätscht ist und gut zu sich selbst war. Zuerst der Schock: Unser Testwagen hatte Extras um knapp 26.000 Euro drin und kostet, so wie er dasteht, 72.472 Euro. Jetzt die Entwarnung: Viel mehr Dreier geht aktuell nicht. „Aber der Reihensechszylinder!“, wer-
SHORTCUT Was wir mögen Das Fahren. Die gleichzeitige Höflichkeit. Die Perfektion in der Ergonomie. Was uns fehlt Die Übersichtlichkeit der Vorgänger. Was uns überrascht Dass der persönliche digitale Assistent auf die essenziellen Fragen keine Antwort kennt („Hey BMW, wie isst man korrekt Weißwurst?“) und uns stattdessen nach Tirol navigieren will. In eine Weißwurstbraterei immerhin. Perfekt wenn … … man draufgekommen ist, eigentlich keinen Fünfer zu brauchen. Die Gegner Am Papier die ewigen Audi A4 und Mercedes C-Klasse selbstverständlich, in der Praxis wohl auch die komplette Phalanx preislich passender Premium-Hochsitze.
den die Gusseisernen jaulen und fragen, ob es sich lohnen wird, auf den ab Sommer erhältlichen 340i mit sechs Zylindern und 374 PS zu warten. Kann man wahrscheinlich machen, Freunde, aber Gemach: Gegen den hier zur Anwendung gebrachten Vierzylinder-Turbo mit zwei Litern Hubraum kann man objektiv nichts Schlechtes sagen. Ehrliche 7,8 Liter Durchschnittsverbrauch bei 258 PS, feine Leistungsabgabe, nicht mal das große Ärgernis aller zu klein geratenen Motoren in zu groß geratenen Autos bergab, nämlich die indiskutabel schwache Motorbremse, nervt. Er dreht beim steilen Bergabfahren halt ein bissel höher und wird ein bissel lauter, aber ein kurzer Tipper aufs Bremspedal, und schon sind Geschwindigkeit und Akustik wieder stabil. (Vorausgesetzt natürlich, man hat sich nicht in den pubertären Sport-Modus inklusive Auspuffkrawall verirrt, für den dieses Auto definitiv zu erwachsen ist.)
Mit den Sonderausstattungen kommt Lebensqualität, und die spielt sich anno 2019 schöner-wohnen-mäßig im Innenraum ab. Vor die Wahl gestellt, 1.000 Euro in die optionalen 18-Zoll-Felgen oder doch in die Haman-Kardon-Boxen oder das Wärmepaket mit Standheizung und Kuscheldrähten an Hintern und Hand zu investieren, muss man sagen: Die Felgen werden verlieren, so fesch sie auch sind. Überhaupt lohnt es sich sehr, sich nicht allein auf seine Konfigurationskünste zu verlassen, sondern um professionelle Unterstützung der Aufpreislisten-Fachkraft beim Händler des Vertrauens zu bitten – auch weil es für manche Sonderausstattungen Rabatt gibt, wenn du andere bereits ausgewählt hast, etwa für das edle Leder-Armaturenbrett in Verbindung mit dem Luxus-Paket. Kostet dann nur noch die Hälfte. Da kann einem schon schwindlig werden. Viele nütz-
DER DREIER WIRD WÄHREND DER FAHRT SCHEINBAR IMMER KLEINER, BIS ER AN DER HAUT ANLIEGT UND ZUR SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT WIRD.
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Ton in Ton. Die Luxury-Line-Ausstattung steht dem neuen Dreier gut, wenngleich hier optisch noch ein wenig mit Sportsitzen und dunklen Scheiben nachgeholfen wurde. Die beiden Displays sind 12,3 bzw. 10,25 Zoll groß, also riesig und selbstverständlich anpassbar. Ablagenseitig gibt es keine Gründe, zu meckern, außer vielleicht: Wer das Auto nicht mittels Digitalschlüssel auf dem Handy aufsperrt und startet, weiß nicht, wo er den riesigen Originalschlüssel hingeben soll außer in den Becherhalter. 42 autorevue 4/2019 extra
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Test | BMW 330I
liche, tolle, innovative und eigentlich unentbehrliche Innovationen verstecken sich auch – aber nicht nur – in Paketen, die bisweilen deutlich günstiger sind als schnödes Extra-Addieren. Dafür nimmst du halt auch in Kauf, dass sich das Radio wieder einmal lauter dreht, während du mit der Beifahrerin sprichst, weil die Gestensteuerung im Gesamtpaket „Innovation“ mit dabei war beim unverzichtbaren Laserlicht, dem nicht weniger unverzichtbaren Head-up-Display und dem Connected-Paket. Da werden die Gusseisernen der Reihensechszylinder-mit-Handschaltung-und-Heckantrieb-aber-sonst-bloß-nix abermals jaulen, aber: Es ist durchaus gescheit und folgerichtig, beim G20 in den Innenraum zu investieren, um für die Zukunft gerüstet zu sein. In ein paar Jahren wird keiner mehr ein Auto kaufen, bei dem man das Handy noch nicht induktiv laden kann, sondern wie in der Steinzeit mit Kabeln rumwurschteln muss. Und ein Radio ohne DAB-Empfang wird dann sein wie ein Kassettenradio. Ein wenig Sentimentalität keimt höchstens beim Digitalcockpit auf. Kann alles, ist gut ablesbar, passt sich den Fahr-Modi an, tadellos. Aber es ist halt schon sehr anonym und könnte auch von Kia oder Lamborghini stammen. Gerade das BMW-Fahren hat immer sehr vom heimelig-warmen Glimmen
DATEN BMW 330i
des Lagerfeuers hinter den im Lauf der Generationen immer wieder anders, aber stets unverwechselbar designten Armaturen gelebt. Doch Jammern hilft nichts, denn der neue Dreier ist deutlich mehr Laptop denn Lederhose, um dieses Bild aus dem bayrischen Paläozoikum wieder einmal zu exhumieren. Da sind jetzt nicht nur satt Extras reingeknallt, weil man es eben kann, sondern es wird kommuniziert. Schussel können den Schlüssel daheim lassen und mit dem Handy aufsperren. Sagt das Navi auf der Bergstraße zum Achtgang-Automatikgetriebe: Brauchst nicht hochschalten, kommt wieder eine Kurve, und die Sensoren des adaptiven Tempomat nicken dazu. Stop-&-GoAssistent, ein Extra, das bald jeder wollen wird. Auch das teilautonome Fahren funktioniert recht brauchbar, nicht so wie anders oft, wo das Auto zwischen den Leitlinien torkelt wie ein Burgenländer nach der Mittagspause. Die vielleicht größte Kulturleistung des G20: Dass ein Auto, das so viel mehr kann als der Vorgänger, das größer ist und stärker, gleichzeitig leichter geworden ist und bei all dem Wohlstand den inneren Sportler nicht verleugnet, der er immer war. Ja, das sind Muskeln unter dem Hemd, keine Speckrollen. <
Preis € 72.472,– (NoVA 8%) Basispreis 330iA € 46.450,– Steuer jährlich € 1.369,44 Motor, Antrieb Reihenvierzylinder, 1998 ccm, TwinScroll-Turbolader, Direkteinspritzung, variable Ventilsteuerung, Doppel-VANOS. Achtgang-Automatik, Heckantrieb. Leistung/Drehmoment 190 kW (258 PS)/5000–6500/min, 400 Nm/ 1550–4400/min Fahrleistungen 0–100 km/h 5,8 sec, Spitze 250 km/h, Normverbrauch/ CO2 7,7/5,2/6,1 l/100 km, 139g. Testverbrauch 7,8 l/100 km. Dimensionen 4 Türen, 5 Sitzplätze. L/B/H 4709/1827/1442 mm, Radstand 2851 mm, Tank 59 l, Kofferraum 480 l, Rückbank geteilt umklappbar. Reifen Serie 225/50 R 17, optional bis 225/40 R 19 vorn, 255/35 R 19 hinten. Gewichte EU-Leergewicht 1545 kg, Zuladung 580 kg, Anhängelast 1600/750 kg. Sicherheit Euro NCAP n. n. getestet Ausstattung 8 Airbags, DSC, DTC, LED-Scheinwerfer, LED-Heckleuchten, Start-Stopp, Regensensor, Tempomat, Multifunktionslenkrad, Freisprechanlage mit USB, iDrive, Audio mit 6 Lautsprechern etc. Extras Paket Luxury Line (Chrom, LED-Nebelscheinwerfer, Einparkhilfe, Leder, Holz, Klimaautomatik etc.) € 5.443,–, Business Paket Plus (Alarmanlage, Connected-Package, drahtloses Smartphone-Laden, Cockpit Professional etc.) € 3.007,–, Innovationspaket (Fernlichtassistent, Driving Assistant, Laserlicht, Adaptiv- Tempomat, Head-up-Display etc.) € 4.342,–, DAB-Tuner € 350,–, Sportsitze € 596,– etc.
IST 3 DAS NEUE 7? Wir vergleichen den neuen Dreier (G20) mit dem ersten Siebener (E23; 1977–1986) G20 Länge E23 4.709 mm 4.860 mm Breite 1.827 mm
1.800 mm
Höhe 1.442 mm
1.430 mm
Radstand 2.851 mm 2.795 mm Kofferraum 480 l
480 l
Leergewicht 1.600 kg 1.545 kg (E23 730i A)
AERODYNAMIK, DIE MAN NICHT SIEHT: VERKLEIDETER UNTERBODEN, GEZIELTE UMSTRÖMUNG DES VORDERWAGENS UND VERSCHLIESSBARE NASENLÖCHER (EINST ALS NIEREN BEKANNT).
Fazit: Mehr Radstand, weniger Länge, weniger Gewicht, der Rest fast identisch: Der siebte Dreier ist tatsächlich schon knapp am ersten Siebener. 4/2019 extra autorevue 43
test | PEUGEOT 508 GT 1,6 PURETECH
KatzenpfotenCoupé Gern wird das Französische an sich beschworen. Doch den höchsten Liebreiz automotiver Wohnlichkeit fanden wir im Massage-Menü.
S
o stellt man sich eine markante fünftürige Sportlimousine vor – flüssige aber bullige Linie, stämmig dastehend, geräumig genug, um Konkurrenten wie VW Arteon, BMW 4er Gran Coupé, Kia Stinger oder Audi A5 Paroli zu bieten. Dazu steile Lichtsäbel, eine durchlaufend schwarze Leiste im Heck, rahmenlose Seitenscheiben, markante Formensprache. Wir fuhren den turbogeladenen, 225 PS starken 1600er namens Puretech 225. Doch ehe wir dies noch realisiert hatten, steckten wir guten Glaubens die Diesel-Tülle in den Tankstutzen, was man als naturbelassenen Hinweis auf die angestrengte Motorcharakteristik des Vierzylinders verstehen kann. Vielleicht liegt es am aktiven Soundprozessor? Immerhin konnten wir Werte von 7,5 Liter/100 km abrufen – nicht zuletzt dank der agilen Achtgang-Automatik, die sich eifrig um ideale Momenten-Umsetzung bemüht. Viel Mühe hat sich Peugeot mit einem wohnlichen Innenraum gemacht. Allein die
metallgebürsteten Tasten vor dem Touchscreen stimmen ein auf eine Clublounge-Atmosphäre jenseits des Funktionellen – und so schlecht funktionieren sie dann auch, solange man die Funktionen nicht auswendig kann. Die feingefrästen Symbole sind aus der Fahrerposition heraus kaum zu erkennen. Aber das meiste lässt sich direkt ins Touchscreen-Glas eingeben – hierzu hilft die Tastenleiste als Stütze. Allerdings provoziert man dadurch Fehlfunktionen. Die Mittelkonsole gibt sich luxuriös, der
Klaviatur. Das Tastenmenü sieht klasse aus, provoziert aber Bedienungsfehler.
44 autorevue 4/2019 extra
Säbelzahn. Front kann er am besten. Das war bei Peugeot nicht immer so.
SHORTCUT Was wir mögen Den Versuch, dem internationalen Grundkonsens der Cockpit-Funktionen zu entkommen. Was uns fehlt Die überzeugende Stimmigkeit des Gesamtkonzeptes. Man muss sich erst einarbeiten. Was uns überrascht Diese Kleines-Lenkrad-Hochgesetzter-Instru-Cluster-Situation. Manchen gefällt das. Perfekt, wenn … … man sich wieder generös französisch zurücklehnen möchte ohne Autofahr-Hektik. Die Konkurrenz Die Sportlimousinen-Klasse ist ein echtes Geschäftsmodell, von VW Arteon bis Kia Stinger.
DATEN Peugeot 508 GT 1,6 PureTech 225
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Mehrleister. Das It-Merkmal modernen Autodesigns findet man neuerdings im Querschluss der Heckleuchten
Schalt-Shifter weist den Weg in die Moderne, muss aber speziell für schnelles Retourgang-Einlegen geübt werden. Denn manchmal, vornehmlich beim schnellen Rangieren, nervt er nur. Darunter ist noch eine Ablage versteckt samt Induktions-Ladefunktion, die sich allerdings nicht mit unserem aktuellen Smartphone verbinden wollte. Dem extrakleinen Lenkrad wurden rundum Segmentbögen rausgeschnitten, um es in jedem Drehwinkel unrund zu machen – wohl damit man besser auf den hochgesetzten Instrumentencluster sehen kann. Dem entspricht allerdings das Lenkgefühl, welches ziemlich ungenau rüberkommt. Auch die Speichentasten sind deshalb eher dichtgedrängt. Wie wäre es, wieder einmal einen eleganten dünnen Reifen zu führen in einer Luxuslimousine? Denn gerade hier auf Sportlichkeit zu setzen, ist verfehlt. Das Fahrwerk schlägt ohnehin schon im Komfortmodus reichlich hart durch. Von den Extrapreis-Zuschlägen der deutschen Hersteller konditioniert, ist man doch überrascht von der kompletten Grundausstattung voller Dinge, die ohnehin Teil einer modernen Sportlimousine sein sollten: Full- LED-Scheinwerfer, adaptive Fahrwerksregelung, Safety Paket Plus, Key-
less-System, i-Cockpit mit Zehn-ZollTouchscreen inklusive Navigationssystem, Zweizonen-Klimaautomatik, plastisches Focal-Soundsytem. Freilich packte man uns noch das Drive Assist Plus Paket dazu, das City-Paket 3, 19-Zoll-Alufelgen, die auffallende Rot-Lackierung, sensorgesteuerte Heckklappe und Panorama-Ausstell-/ Schiebedach, womit der Gesamtpreis auf 52.280,80 Euro klettert. Wirklich enorm ist das Platzangebot sowohl im Fond, der sich erfreulich wohnlich gibt und trotz der Dachabsenkung nicht bedrückend wirkt, als auch im Laderaum, der sich beim Öffnen der Heckklappe in planer Größe auftut. Doch zuletzt noch das allerfeinste Kapitel: die Sitze, speziell vorne. Sehen gut aus, geben seitlichen Halt, ohne einzuengen, und sind um 800 Euro Aufpreis mit einem Massagemenü ausgestattet, das von Katzenpfoten-Massage über Wave-Wellenbewegung zu Rollen von unten nach oben, zu spezieller Schulterbehandlung oder konventionellem Rumoren führt, alles in dreistufige Intensität einstellbar. Allerdings muss man sich über eine Menü-Brücke von Fahrer zu Beifahrer hanteln. Hier fehlt den Franzosen die schlüssige Bedien-Logik der Deutschen. <
Preis € 48.500,– (NoVA 8 %) Basispreis € 34.150,– (1,5 HDi 130) Steuer jährlich € 1.144,44 Motor, Antrieb Vierzylinder-DITurbobenziner (1598 ccm), 8-GangAutomatik, Frontantrieb. Leistung/Drehmoment 165 kW (225 PS)/5500/min, 300 Nm/1900/min. Fahrleistungen 0–100 km/h 7,3 sec, Spitze 250 km/h, Normverbrauch/ CO2 7,5/4,6/5,7 l/100 km/131 g/ km. Testverbrauch 7,5 l/100 km. Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4750/1859/1403 mm, Tank 62 l, Kofferraum 487–1537 l. Räder 235/45 R 18. Gewichte Leergewicht 1420 kg, Zuladung 580 kg, Anhängelast 1600 kg. Sicherheit Euro NCAP noch nicht getestet Ausstattung Zweizonen-Klimaautomatik, adaptive Fahrwerksregelung, Müdigkeitswarner, LED-Scheinwerfer mit Kurvenlicht, Fahrmodi-Schalter, Safety Paket Plus (aktive Sicherheitsbremse, Totwinkel-Kon trollsystem, Abblendautomatik, Verkehrszeichenerkennung etc.), Parkhilfe vorne, Rückfahrkamera, Echtholz-Dekoreinlagen, Lederlenkrad, Keyless-System, Polsterung Alcantara/Kunstleder, Sitzheizung v, Alufelgen 18”, 3D-Navi etc. Extras Sonderfarbe € 704,–, Voll-Lederpaket € 1.472,–, Heckklappe sensorgest. € 480,–, Panorama-/Ausstelldach € 1.344,–, Night Vision € 1280,–, Komfortsitze plus € 800,–.
VERGLEICHBAR
Kia Stinger Preise ab € 44.090,– Motoren 200-PS-Diesel, 245-PS- Benziner, AWD-Topmodell 366 PS. Schrägheckorientierte Limousine mit Lifestyle-Bonus. Basisversion mit 200 PS, überkomplette Ausstattung, sieben Jahre Garantie.
BMW 4er Grand Coupé Preise ab € 43.100,– Motoren 150/190/258 PS Diesel, 184/252 PS Benzin. xDrive möglich. Sofa-Clublounge-Coupé mit Habsburgerlippe, Hochkultur auch in Dieselversion. Überländliches Dahinströmen mit 7,5 l im Top-Diesel. 4/2019 extra autorevue 45
test | MERCEDES AMG CLS 53 4MATIC+
V6 mit Hybrid statt V8 mit Geräusch. Doch alles halb so schlimm. Das Fortkommen ist ordentlich, Benzin haben wir genug verbraucht, und dass der Krach fehlt, kann auch entspannen. Von Wolfgang Hofbauer Fotos Andreas Riedmann
46 autorevue 4/2019 extra
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Auf halbem Weg fahrengeblieben
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
M
ercedes-AMG verwendet neuerdings unter dem Druck des nachtragenden Weltklimas einen Motor, der sich als sparsam und daher klimafreundlich kommunizieren lässt und es im Kontext großer Limousinen, die in weniger als fünf Sekunden von null auf hundert beschleunigen, wohl auch ist. Letzteres zeigt schon das Dilemma: Wer solche Autos baut wie AMG, schnell, böse und sinnlos, gleichzeitig super und begehrenswert, wie soll der im Chor der Weltretter mitsingen können? Die Antwort lag auf der Hand: ein bissel was mit Elektro, das klingt immer gut und tut den Fahrleistungen nicht weh; im Gegenteil. Also wurde es ein Hybrid, aber einer von der Sorte, die nicht dick aufträgt. Man nennt diesen: Startergenerator. Er leistet maximal 22 PS und drückt mit dem nicht unbeachtlichen Drehmoment von 250 Nm an. Damit hilft sich der CLS unter anderem beim Beschleunigen. Der E-Motor ersetzt außerdem die Lichtmaschine und den Anlasser, beherrscht das Rekuperieren und das Segeln, versorgt das 48-Volt-Stromnetz. Und er speist schließlich auch den elektrischen Verdichter, der in 300 Millisekunden auf 70.000 Umdrehungen hochfährt und damit seinerseits den Abgasturbolader unterstützt zum Wohle des gleichmäßigen Vortriebs. Ja, kompliziert ist alles geworden, aber es gereicht dem Auto bzw. dessen Schöpfern zur Ehre, dass man von all dem eh kaum was mitkriegt. Der Reihensechszylinder mit dem Startergenerator stammt von Daimler, heißt (für Fachleute) M256 und wurde 2017 zuerst in der S-Klasse verbaut. Da hatte Audi – für seine Rückständigkeit gerne gescholten – den turbounterstützenden Verdichter schon seit einem Jahr im Programm (SQ7). Und diesen Motor – das nur noch am Rande – pflanzt man auch ein in den gegenständlichen AMG CLS sowie in die AMG-Varianten von E-Klasse-Coupé und -Cabrio. Damit sich das alles gleich auszahlt. Zahlt es sich aber für uns aus? Fahren wir mit den Ohren, dann nicht so. Ein Sechszylindermotor wird nie so klingen wie einer mit acht Zylindern. Und wenn wir jetzt sagen, er muss ja auch nicht, dann geben wir das preis, was AMG ausmacht: das rohe, ungehobelte, rüpelhafte Draufdreschen von allem auf alles. Garniert mit einem Design, das sich stets ganz weit hinauslehnt.
Und wenn wir jetzt sagen, er muss ja nicht wie ein V8 klingen, dann geben wir das preis, was AMG aumacht: das rohe, ungehobelte, rüpelhafte Draufdreschen von allem auf alles.
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test | MERCEDES AMG CLS 53
Wer Carbon-Optik mag, ist hier richtig. Das Armaturenlayout kennen wir aus der E-Klasse, es ist hier nur auf sportlich aufgepeppt.
Bei den 53er-Modellen ist das alles nicht so. Schon der Auftritt des Autos ist ziemlich verträglich, Twinblade-Kühlergrill (bedeutet: zwei Querstreben), Seitenschwellerverkleidungen und eine kleine Heckspoilerlippe sind für die Außenwirkung zuständig. Nicht sehr massiv ist das. Direkt unpeinlich. Doch, um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Der CLS 53 ist keine Friedenstaube. Unter fünf Sekunden auf hundert, das macht einigen Eindruck und wirbelt in jeder Hinsicht Staub auf. 250 km/h Spitzentempo sind klassenüblich, ebenso die Öffnung desselben auf 270, so man das Driver’s Package kauft. Der alte AMG CLS 63 musste 557 PS, 720 Nm und zwei Zylinder 48 autorevue 4/2019 extra
mehr aufbieten, um auch so ungefähr diese Fahrleistungen liefern zu können. Als Bonus legte er einen Soundteppich drüber, der sich geschmirgelt hatte. Auch der Sound des Sechszylinders ist alles andere als Amselgezwitscher, hat durchaus Erotik in sich, beim Antritt rau, ein bissel Krachen beim Runterschalten ist auch einprogrammiert, man hört, sie haben sich bemüht. Wenn auch das Stimmchen insgesamt dünner geworden ist. Sagen wir es so, acht ist Macht, sechs macht aber auch nix. Die vornehme Zurückhaltung auf dieser Ebene der AMG-Modelle hat wohl auch strategische Gründe. Denn bald nach dem CLS und seinen E-Klasse-Brüdern ist der viertü-
SHORTCUT Was wir mögen AMG mit Understatement. Was uns fehlt Dann doch das hirschhafte Röhren des V8. AMG ohne Musik ist ein bissel komisch. Was uns überrascht Wie der Touchpad-Commander auch nach zwei Wochen nicht besser wurde. Perfekt, wenn … … man etwas mehr von allem möchte. Die Konkurrenz Maserati Ghibli, BMW 8er Gran Coupé (kommt im Herbst), Porsche Panamera.
DATEN Mercedes-AMG CLS 53 4MATIC+
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Heckspoilerlippe muss sein als kleines Zugeständnis an die Provenienz des Autos. Wir glauben, der AMG CLS würde bei erlaubter Autobahnrichtgeschwindigkeit auch ohne den Spoiler hinten nicht zu leicht werden. Eine Fachwerkstatt kann das Ding sicher behutsam entfernen.
rige GT erschienen, wie der CLS auf der E-Klasse basierend, aber doch mit richtig Arg zu haben (mit dem hier besprochenen Motor allerdings auch). Den ausführlichen Test dazu gibt’s übrigens in einer der nächsten autorevue-Ausgaben. Zurück zum CLS: Beim Zustieg empfängt einen die bekannte Welt der E-Klasse samt Derivaten, im AMG-Fall mit reichlich Carbon gleichermaßen technologisch-performativ wie unwohnlich gemacht – was das Ambiente betrifft. Die Vielfalt der Wohnraumgestaltung ist hingegen luxuriös. So können die Sitze alles, was Sitze können können: heizen, kühlen, Massage mit vielen Programmen. Die gewaltigen Bildschirme sind keine Touchscreens, das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass Mercedes, sonst beim Kopieren nicht immer zimperlich (GLC-, GLE-Coupé), bei der Bedienung einen sehr eigenen Weg geht und dabei mit dem Touchpad, wenn schon nicht gerade scheitert, so doch auch nicht gewinnt. Das unsichere Herumgewische auf der Berührungsfläche ist wenig erfreulich. Überhaupt stolpert das Auto, soweit es das Infotainment angeht, über die Vielfalt seiner Möglichkeiten, die auszuschöpfen tiefes Wissen und hohe Konzentration vor-
aussetzt. Letztere sollte eher dem Fahren gehören, das sich diese nämlich auch verdient hätte. Dank Luftfahrwerk gleitet der CLS souverän-gleichmütig über die unterschiedlichsten Beläge, lässt sich auch bei höherem Tempo nicht aus der Ruhe bringen und zeigt immer wieder, was er eigentlich ist: der schnelle, komfortable Langstreckenläufer. Fahrprogramme erweitern die Kompetenzen ins Sportliche hinein, aber so richtig kann das bei einem 2000-Kilo-Auto nichts werden, muss und soll auch nicht. Hier findet die Familie Platz, Sicherheit und Ruhe und kommt doch schneller ans Ziel als mit einem Škoda Octavia, zumindest in Ländern ohne Autobahnlimit, von denen es neben Nordkorea, Afghanistan, Somalia und dem indischen Bundesstaat Uttar Pradesh noch Deutschland gibt. So beweist denn der AMG CLS dasselbe wie AMG-GT-Viertürer und Coupé und Cabrio, nämlich, dass man aus einem Auto (E-Klasse-Basis) nahezu unbegrenzt viele Varianten zaubern kann, eine funkelnder als die andere. Was jetzt noch fehlt, wäre eine rein elektrische Variante, wenn möglich auch eine von AMG. Auf den Krach kommt es dort eh nicht mehr so an. <
Preis € 116.500,– (NoVA 23 %) Basispreis € 71.870,– (CLS 300d) Testwagen € 147.930,– Steuer jährlich € 2.539,44 Motor, Antrieb Reihensechszylinderbenziner, doppelt aufgeladen, E-Startergenerator. 2999 ccm. 9-Gang-Automatik, Allradantrieb. Leistung/Drehmoment Verbrenner 320 kW (435 PS)/6100/ min, 520 Nm/1800–5800/min. E-Motor 16 kW (22 PS), 250 Nm. Fahrleistungen 0–100 km/h 4,5 sec, Spitze 250 km/h, Normverbrauch/ CO2 8,9 l/100 km/203 g/km. Testverbrauch 11,3 l/100 km. Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4988/1890/1435 mm, Tank 80 l, Kofferraum 490 l. Reifen 245/40 ZR19 (v.), 275/35 ZR19 (h.). Gewichte Leergewicht 1980 kg, Zuladung 570 kg, Anhängelast 750/1900 kg. Sicherheit Euro NCAP *****/95/90/77/62 % (2016, E-Klasse) Ausstattung 20”-LM-Räder, LED- High-Performance-Scheinwerfer, Sitzheizung vo., Spurhalteassistent, Kommunikationsmodul LTE, Touchpad mit Controller, SD-Kartennavigation, Mercedes-Notrufsystem etc. Extras Nappaledersitze € 3.282,–, beheizb. Frontscheibe € 865,–, Vordersitze mit Massage € 2.374,–, Totwinkelassistent € 672,–, Fahrassistenzpaket plus (Abstandstempomat, Ausweichassist, Lenkassist etc.) € 2.996,–, TV-Tuner € 1.480,– etc.
VERGLEICHBAR
BMW 8er Gran Coupé Preise Noch unbekannt. Motoren Der V8 aus dem 850i Coupé (530 PS) wird dabei sein. Als Ersatz zeigen wir das Foto der Studie von 2018. Das echte Auto haben wir schon gesehen, es ist aber noch unter strafbelegtem Embargo. Kommt im Herbst und sieht gut aus: besser als die Studie!
Maserati Ghibli S Q4 Preis € 117.835,– Motor 3-Liter-V6 mit 430 PS. Höchstgeschwindigkeit 275 km/h. Von Anspruch und Status her ein würdiger Gegner des Mercedes. In Dimension, Preis und Motordaten ähnlich, freilich ohne Hybrid, Auch infotaimentmäßig etwas hinter dem Deutschen zurück. 4/2019 extra autorevue 49
Sport
HINTERGRUND & ERGEBNISSE
Erste ohne Grenzen Noch nie hat Österreich so viele Vollgastiere ins Ausland exportiert. Immer mehr Rennfahrer suchen sich ihre Steuerparadiese in Rennserien in aller Welt. Der Legionärs-Report. Von Gerald Enzinger
50 autorevue 4/2019 extra
FOTOS: T.OGASAWARA
Big in Japan. Nach einem Aufwärmtraining in Neuseeland rast Neo-RedBull-Junior Lucas Auer nun in der Superformula. Mit Blick auf den Fujiyama. 4/2019 extra autorevue 51
sport | COCKPIT-LEGIONÄRE
F
ür Lucas Auer geht die Sonne früher auf, und unserer Zeit voraus, das ist er auch. Mit 24 hat für den Tiroler, der 2018 in der DTM oft der Schnellste und meist der Unglücklichste war, eine neue Karriere begonnen. Der Wechsel könnte kaum radikaler sein: Von Deutschland über Neuseeland nach Japan, von Mercedes zu Red Bull, von den schnellsten Tourenwagen der Welt zurück in den FormelSport. Und so wird er 2019 nun dort verbringen, wo Niki Lauda einst durch eine Aufgabe zur Legende wurde und wo Toni Sailer kein Edelweiß blühen sah: in Fuji, am Fuße des Fujiyama, und auf vielen anderen Rennstrecken in Japan. Nach seinem (späten) Einstieg in das Red-Bull-Junior-Team fährt er heuer in der japanischen Super-Formula-Serie. Der Tiroler ist es gewohnt, für seinen Traum von der Formel 1 weite Wege zu gehen. Schon mit 16 tourte er mit der dortigen Formel BMW durch Asien, heuer im Winter verschlug es ihn noch für einen Monat nach Neu-
seeland, um in der dortigen Toyota Racing Series sein Formel-Wissen wieder aufzupeppen. Gesamtplatz drei hinter Liam Lawson (der daraufhin prompt auch zum Red-Bull-Junior nominiert wurde) und Ferrari-Jüngling Marcus Armstrong war okay, aber nicht überwältigend. Ende April geht es nun in Japan los. In einer Serie, in der etwa Pierre Gasly seinen Durchbruch schaffte, fährt er um Superlizenz-Punkte, Siege und den Titel. Was nicht gerade leicht ist, denn das Team von Auer war zuletzt nicht annähernd so stark wie das seines wichtigsten Rivalen. Denn auch Dan Ticktum, zweifacher Macao-Formel-3Sieger und derzeit auf Platz 1 in der Warteliste für ein Formel-1-Cockpit im Hause Red Bull, ist in der Serie am Start, und das in einem Rennstall, der zuletzt erfolgreicher war. Trotzdem wird Auer ihn schlagen müssen, um seinen Traum vom Grand-Prix-Sport doch noch wahr werden zu lassen. Einen Test im Force India in Budapest 2017 hat er ja schon hinter sich, nun kommt er als Red-Bull-Junior zumindest zum Trockentraining im Simulator in Milton Keynes. Franz Tost,
Teamchef von Toro Rosso, scheint positiv gestimmt, dass sein junger Tiroler Landsmann noch die Kurve schafft. Und Franz gilt als großer Japan-Fan, seit er dort einst als Mentor einen gewissen Ralf Schumacher auf Formel-1- Niveau gehoben hat. Dass Auer auch Honda-Junior ist, kann der weiteren Karriere nicht schaden, wenn man weiß, wie loyal die Japaner zu ihren jungen Piloten sind. André Lotterer, Loic Duval – viele, die einst in Japan fuhren, sind sehr lange geblieben, als gut bezahlte und durchaus zufriedene Rennfahrer. AUER HÄTTE AUCH in
der DTM bleiben können, lukrative Angebote gab es genug. Doch er weiß: Es ist seine letzte Chance auf eine Formel-1-Karriere. Und dafür muss er eben in die Ferne. Eine Ferne, die noch nie so viele Österreicher wie heuer gesucht haben. Noch sind nicht überall alle Cockpits vergeben, aber es sind sicher mehr als 30 schnelle Chauffeure, die heuer ihr Glück in internationalen Rennserien in aller Welt suchen. Und zum Teil auch finden werden. Philipp Eng ist nun Österreichs neue
FOTO: GRUPPE C PHOTOGRAPHY
Klaus in der Schleife. Der Steirer Klaus Bachler kennt in Europa keine Grenzen. Er siegt im ADAC GT Masters, rast in der Blancpain GT, jubelt in der VdV-Serie. Und ja, in der VLN hat er den Nordschleifen-Rekord.
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FOTOS: PHILIP PLATZER/RED BULL CONTENT POOL , PORSCHE AG
Nummer eins in der DTM, er hat in seinem ersten Jahr in Gerhard Bergers hart umkämpfter Rennserie als „Rookie des Jahres“ aufgezeigt und auch mit einer Pole Position und zwei Podien. Heuer soll der nur mehr kurze Schritt zum Siegfahrer gelingen. Philipp, der nach Jahren in Deutschland, nun längst wieder in Österreich (am Mondsee) lebt, ist als BMW-Werksfahrer sehr gefragt. Im Vorjahr hat er „so nebenbei“ die 24 Stunden von Spa gewonnen und die Klassiker in Le Mans, Daytona oder Bathurst bestritten. Auch heuer ist er parallel im BMW M8 GTE im Einsatz, etwa bei den 24 Stunden auf der Nordschleife. Ausdauer hat er genug: Als Radfahrer ist er, wie Kollegen meinen, nicht weit weg vom Profi-Niveau. Und im SIM-Racing ist er so etwas wie eine Legende, die schon ganz große Meisterschaften gewonnen hat.
Ri(t)ch in Sebring. Mit einer Klasse-Leistung in den USA (beim Laufen, aber auch im Rennen) brachte sich Porsche-Werkspilot Richard Lietz in WM-Position.
Aston Martin gegen Kaliber wie Paul di Resta bestehen muss. Ferdinand war auch im Team von WRT-Audi als Fahrer erwartet worden, wechselte aber dann doch noch das Lager. Jetzt gilt es, im neuen Auto viel Pionierarbeit zu machen. Wie bodenständig der junge Mann ist, sah man im Winter: Der Spross aus einer der berühmtesten Dynastien der europäischen Geschichte reiste einen Monat als Rucksack-Tourist durch Südostasien und schlief in Jugendherbergen. Einer seiner Gegner aus Kart-Zeiten wird heuer sein zweites Jahr im
HEUER TRIFFT ENG in der DTM erstmals
auf einen Österreicher, mit dem er im Vorjahr im Spielberger Rahmenprogramm Palatschinken gemacht hat – und der ihn als „absolutes Vorbild“ bezeichnet. Auf Ferdinand Habsburg, der quasi in der Gegenrichtung von Auer unterwegs ist und vom Formelsport in den Tourenwagen umsteigt. In das private Team von R-Motorsport, wo er im
Hari geht mit dem Hyundai Gas(si). Knittelfelds Hari Proczyk ist eine große Nummer in TCR & Co., aber nun fährt er einen neuen Wagen: Hyundai.
hochklassigen ADAC GT Masters bestreiten: Max Hofer. Der Wiener fährt nun für Land Motorsport, also weiter einen Audi. Mit dem 19-jährigen Simon Reicher debütiert ein anderes Talent bei T3 Motorsport, ebenfalls in einem Audi. ZU DEN FAVORITEN für die Meisterschaft
in dieser Serie zählt Klaus Bachler. Der Steirer, der im Herbst der wohl auffälligste Pilot war, wurde im Team Kues 75 befördert. Heuer fährt er an der Seite von Teambesitzer Timo Bernhard. Und der ist als WEC-Weltmeister, LeMans-Sieger und Nordschleifen-Seriensieger eine echte Benchmark für Bachler. Der übrigens zu den fleißigsten Piloten am Kontinent zählt: Denn neben dem GT Masters fährt Bachler auch noch die Blancpain Serie, LMP3Rennen und seine heiß geliebte VLN Langstreckenmeisterschaft. In dieser hat er im Herbst einen neuen Nürburgring-Rekord aufgestellt. Nie zuvor ist einer die VLN-Variante der sagenumwobenen Strecke so schnell gefahren wie der Unzmarkter. Ebenfalls im Murtal zu Hause ist Gottfried Grasser, der mit seinem Lamborghini-Team schon lange auf der Erfolgsstrecke ist: Sieg in Daytona, Sieg in Sebring – das neue Jahr hat verheißungsvoll begonnen. Nun geht es 4/2019 extra autorevue 53
sport | COCKPIT-LEGIONÄRE
im ADAC GT Masters und in der Blancpain-GT-Serie um Siege, ja, wohl auch um Titel. APROPOS TITEL: Diese hat Richard Lietz
in seiner Karriere schon gesammelt, heuer könnte der Porsche-Werksfahrer zum zweiten Mal WEC-Weltmeister werden. Nach dem Sieg in Sebring ist der Niederösterreicher nur mehr 25 Punkte zurück, und zwei besondere Rennen stehen noch am Kalender: Spa und Le Mans. Seine ersten WEC-Rennen absolviert auch Thomas Preining, der nach seinen Seriensiegen im Porsche Carrera Cup (Meister!) und im Supercup bei Porsche bleibt, auch wenn Engagements in der DTM (Test bei HWA, Gerüchte um Verhandlungen mit Aston Martin) und in der Formel 2 (wo sein Langzeit-Sponsor BWT dabei ist) kursierten. Doch wie Habsburg dürfte Preining sich auf den GT- bzw. Tourenwagensport konzentrieren und den Traum von der Formel-1-Karriere Traum sein lassen. Den leben freilich die noch jüngeren weiter: wie Lucas Dunner. Der fährt heuer in einem Formel 3 in der Euroformula Open. Davor gewann er eben sein erstes Autorennen in der französischen VdV-Serie, wo er für das Wiener Team Wimmerwerk fährt wie auch (an freien Wochenenden) Klaus Bachler.
Die Akte Grasser. Amerika haben die Lambos von Gottfried Grasser heuer schnell erobert (Siege in Sebring und Daytona), nun gibt’s die Hausaufgaben in der Blancpain und dem GT Masters (in Spielberg).
Viel Spa für Dunner. Lucas Dunner ist 17, Schüler – und wochenends trotzdem im Stress. Die European Formula Open Serie ist dem Spa-Experten lieber als jede mathematische Formel.
Vier gewinnt. Die GT4-Serien sind weiter begehrt, viele Österreicher sind in diversen Renn-Klassen in ganz Europa mit von der Partie. Natürlich auch die KTM-Truppe mit ihren X-Bows.
britischen Formel Ford eingestiegen ist, macht nun den Brexit – er stellt sich in der Formel 4 der Konkurrenz. Und das im Topteam von Peter Mücke. Gruber ist übrigens einer der Legionäre, die sich das Wochenende vom 7. bis zum 9. Juni ganz fett im Kalender notiert haben: Im Rahmen des ADACGT-Masters wird er wie so viele andere hier sein Heimspiel geben. Wie GT-Star Klaus Bachler, wie Hyundais TCR-Ass Hari Proczyk oder wie die vielen Österreicher-Asse im GT4. Etwa Aston-Martin-Junior David Griessner, Thomas Jäger, Reini Kofler – oder Österreichs schnellste Frau in einer Meisterschaft, Laura Kraihamer. < 54 autorevue 4/2019 extra
aura Bei Laura läuft’s. Österreichs Renn-Lady Nummer eins im modernen Rennsport ist L Kraihamer. Und die Salzburgerin kehrt im Juni im GT4 German dorthin zurück, wo sie den Siegespodest schon sehr gut kennt: auf den Red Bull Ring in Spielberg.
FOTOS: PHILIP PLATZER/RED BULL CONTENT POOL, JOEL KERNASENKO
UND NICO GRUBER, der im Vorjahr in der
FAHRER & TERMINE 2019 | sport
Startaufstellung ganz in Rot-Weiß-Rot
Unsere Legionäre: Österreicher, die heuer im Ausland Gas geben. Auer Lucas (24) Bachler Klaus (27) Baumann Dominik (26) Binder Rene (27) Bortolotti Mirko (29) Dunner Lucas (17) Eng Philipp (29) Gruber Nico (17) Habsburg Ferdinand (21) Hofer Max (21) Jäger Thomas (24) Klien Christian (36) Kofler Reinhard (34) Kraihamer Laura (27) Lauda Mathias (38) Lietz Richard (36) Niedertscheider Lukas (24) Preining Thomas (20) Proczyk Harald (42) Ragginger Martin (31) Reicher Simon (19) Schmarl Jürgen (45) Schmied Clemens (27) Siedler Norbert (36) Stengg Roland (24) Tweraser Gerhard (29) Wagner Simon (25) Wimmer Felix (28) Zöchling Christopher (31)
Superformula Japan ADAC GT, VLN, VdV, Blancp. u. a. Intercontinental GTC IMSA ADAC GT, Blackpain u. a. Euroformula F3, VdV DTM, WEC, IMSA, VLN ADAC Formel 4 DTM ADAC GT Masters VLN, GT4, Diverse Serien VLN, GT4Euro VLN, GT4 Euro WEC WEC TCR Deutschland Carrera-& Supercup, WEC TCR Deutschland u. a. VLN ADAC GT Masters Langstreckenrennen, Kart u. a. Blancpain GT u. a. Int. Gt Open ERC Rallye EM Blancpain ERC Rallye EM VDEV Endurance Diverse Serien
B-MAX Honda u. a. Kues75, Falken, Wimmer, Dinamic u. a. Mercedes AMG/Strakka Juncos Grasser-Lamborghini Teo Martin, Wimmer BMW Mücke R-Motorsport Aston Martin Land Audi Hofor noch offen KTM KTM Aston Martin Porsche Hyundai Porsche Hyundai Falken-Porsche T3 Audi u. a. Target Honda Attempo Audi Frey Lamborgini Opel Grasser Opel Wimmer Werk LMP3 noch offen
Philipp Eng
FOTOS: ANDREAS BEIL, MOTORPIX.EU, BILDAGENTUR KRÄLING
Rasen-Legionäre. Immer mehr Österreicher fahren im Ausland Rennen und Serien. Darunter als einer der Stars auch Philipp Eng, der bei BMW zu den Besten in der DTM avanciert ist; David Griessner, der nach vielen Erfolgen in der VLN nun Aston Martin Academy Driver ist, und Porsches Allzweck-Talent Thomas Preining.
KALENDER 2019 RED BULL RING 2019 18.–19. Mai Rundstreckentrophy X-Bow-Battle/BOSS GP 23.–25. Mai ADAC GT Masters 7.–9. Juni 28. Juni–30. Juni Formel 1 Grand Prix von Österreich MotoGP Grand Prix von Österreich 9.–11. August 5. Oktober Ventilspiel 12.–13. Oktober Histo-Cup – Finale SALZBURGRING 2019 24.–26. Mai Histo-Cup – Mozartpreis 4. August 50-Jahr-Feier 23. August Salzburgring Classic 20.–22. September Histo-Cup RALLYE ÖM 2019 5.–6. April 3.–4. Mai 18.–20. Juli 27.–28. September 8.–9. November
Lavanttal-Rallye Wechselland-Rallye Rallye Weiz NÖ-Rallye Rallye W4
HISTO-CUP 2018 26.–28. April 24.–26. Mai 14.–16. Juni 5.–7. Juli 9.–11. August 20.–22. September 11.–13. Oktober
Brünn Salzburgring Rijeka Pannoniaring Night Race Slovakia Salzburgring Spielberg
DTM 2018 3–5. Mai 17.–19. Mai 7.–9. Juni 5.–7. Juli 19.–21. Juli 9.–11. August 23.–25. August 13.–15. September 4.–6. Oktober RALLYCROSS-ÖM 2019 13.–14. April 1.–2. Juni 16. Juni 20–21. Juli 28. Juli 24.–25. August 31. August–1. September 19.–20. Oktober
David Griessner
Thomas Preining
Hockenheim Zolder Misano Norisring Assen Brands Hatch Lausitzring Nürburgring Hockenheim
Wachauring Fuglau Greinbach Sedlcany Fuglau Greinbach Wachauring Maggiora
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sport | NACHWUCHS IM WETTBEWERB
Fulltimejob Bubentraum
Als Racing-Rookie-Gewinner 2018 schlägt sich Luca Pröglhöf in der Vorbereitung auf das echte Rallyeleben derzeit die Nächte um die Ohren – nicht auf Partys, sondern in der Werkstatt nach der Schule. Wie schön, dass ein paar andere Verrückte seinen Traum mit ihm teilen. Von Julian Sparrer Fotos Jürgen Skarwan
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Star(t) der Mission 2018 gewann Luca Pröglhöf den Racing Rookie und damit einen rallyefertigen Ford Fiesta ST. Jetzt bereitet er sich, sein Team und sein Auto auf eine erfolgreiche Rallyesaison vor.
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Ungesittet. Unweit einer ehemaligen Motocross-WM-Strecke ackert Luca die Sittendorfer Gegend um, während das Rookie Rallye Team schon einmal das Jubeln für den Ernstfall probt.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Trainings-Training. Bevor es mit neuem Fahrwerk und Differentialsperre an die Rallye-Trainings mit den Instruktoren der ÖAMTC Fahrtechnik geht, wird mit halb fertigem Auto noch fürs Training trainiert.
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sport | RACING ROOKIE-NACHWUCHSWETTBEWERB
Auspuff Mit dem Schalldämpfer konnte sich das Team nicht anfreunden, also geht das Rohr jetzt ab dem Katalysator geradewegs hinaus. Man will ja Rallye erfahren mit allen Sinnen.
Fahrwerk Zum vergünstigten Tarif wurde bei KW ein Gewindefahrwerk geordert, das noch verbaut wird. Für die fachmännische Feinjustierung wird das Team eingeschult.
S
onntag Abend, halb neun, und an Feierabend ist nicht zu denken. Luca sitzt immer noch am Finetuning, denn morgen ist der große Tag, an dem alles passen muss. Er will sich keine Blöße geben. Also nimmt er sich noch einmal die Standard-Normalverteilung vor. Weil die letzte Mathematik-Schularbeit ein Fleck war, sollte er die morgige besser hinbekommen, damit er die Matura an der HTL Mödling planmäßig absolvieren kann. Ein gewöhnliches Wochenende sieht bei ihm freilich anders aus. Da werden die Nächte statt hinterm Schreibtisch in der Werkstatt verbracht, zum Beispiel um das Getriebe auszubauen und für die spezialangefertigte Differentialsperre abzumessen. Zu viert stehen er, sein Papa, Do58 autorevue 4/2019 extra
Folierung Sponsorenlogos verstehen sind von selbst. Frontschürze, Dach und Seitenschweller sind rot abgesetzt, um sich auch von den anderen RookieAutos optisch abzusetzen.
Differentialsperre Serienmäßig im Fiesta ST nicht verfügbar, greift das Team auf eine für den Rallyebetrieb optimierte Spezialanfertigung zurück, die die Koppelung der angetriebenen Räder regelt.
minik und Andre da und freuen sich. Dann merken sie, dass das Schalten plötzlich nicht mehr geht, und kommen wenig später drauf, warum: Die Kugeln an den Synchronringen der Schaltmuffe sind beim Wiedereinbau rausgefallen, weswegen die Schaltmuffe herumschlackert. ALSO NOCH EINMAL: Getriebe ausbauen, Schaltmuffe richten, Getriebe einbauen. Der Arbeitstag begann um 9 Uhr in der Früh und endete um 1.15 Uhr in der Nacht. Dass keiner der Beteiligten beim Erzählen aufstöhnt, liegt entweder an der hohen Konzentration fürs Fotoshooting oder an dem gemeinsamen Traum, den sie alle teilen. Der lautet recht bescheiden: die Jugend für den Motorsport zu begeistern und so eine nächste goldene Ära des Rallyesports einzuläuten. Nach seinem Sieg beim Racing Rookie 2018 trommelte
Hydraulische Handbremse Mit der am ABS-Block angeschlossenen hydraulischen Handbremse kann Luca einen kontrollierten Drift einleiten.
Verstärktes Fahrgestell Bei den Rallyes wirken enorme Kräfte auf das Auto. Die übereinander liegenden Bleche z. B. an den Domlageraufnahmen oder am Unterboden wurden daher verschweißt.
Luca seine Freunde zusammen und eröffnete ihnen, dass er für die Rallyesaison 2019 ein verlässliches Team brauche, das aus ihnen bestehen werde, und im Übrigen mögen sie sich schon einmal diesen Zeitraum freischaufeln. Absagen hätte er nach eigener Aussage wahrscheinlich akzeptiert, doch es willigten ohnehin alle ein, und das Herzstück der Mission war geboren: das Rookie Rallye Team. Dazu gehören natürlich zunächst Luca Pröglhöf und sein Beifahrer Peter Medinger, der mit 50 Rallye-Teilnahmen und einer Top-Ten-Platzierung bei der Rallye-Staatsmeisterschaft die nötige Erfahrung bei den Rallyes einbringt. Er fuhr schon mit Lucas Vater und wollte eigentlich keinen Neuling mehr ans Rallyefahren heranführen, aber die familiäre Nähe und Lucas Entschlossenheit ließen ihn doch umschwenken.
DOCH EIN GUTTEIL der
Atmosphäre im Team ist den sechs Burschen zu verdanken, die Lucas frecher Ansage nach seinem Sieg keine Absage erteilten. Sie verbindet eine Motorsport-Besessenheit, die sie etwas unterschiedlich ausleben, sowie das nötige Knowhow in ihren Bereichen, das sie sich entweder im HTL-Zweig Fahrzeugtechnik, beim Schrauben mit dem Opa oder autodidaktisch erarbeitet haben. Würden Peter, Dominik, Andre und Mario nicht die Service-Abteilung bestreiten, wären sie wohl weiterhin mit Projekten wie jenem beschäftigt, aus zwei kaputten Škoda Fabias einen funktionierenden zusammenzubauen. Luca bei seiner Mission zu unterstützen ist ihnen aber lieber, denn da können sie im Rallye-Betrieb noch einiges lernen. Einer bezeichnet es als actionreiches Praktikum, und das trifft es ganz gut. Bislang haben sie neben den mühsamen Ausmessarbeiten des Getriebes das Fahrgestell an kritischen Stellen wie den Domlageraufnahmen
Der gemeinsame Plan lautet recht bescheiden, die Jugend für den Motorsport zu begeistern und so eine nächste goldene Ära des Rallyesports einzuläuten.
oder dem Unterboden verstärkt, indem sie die ab Werk gepunkteten Bleche verschweißt haben. Mit der Bremskraftverteilung der eingebauten hydraulischen Handbremse sind sie aber noch nicht ganz zufrieden, außerdem werden noch die berüchtigte Differentialsperre, neue Achsen und ein KW-Gewindefahrwerk verbaut, bei dem das Team eine eigene Einschulung fürs Einstellen erhält. HIER STEUERT AUCH Lucas
In den Startlöchern. Das ganze Team kann es kaum erwarten, mit dem fertigen Auto ab 18. Juli in Weiz die Rallye-Saison zu starten und dort das Auto unter Zeitdruck zu warten.
Vater sein Wissen bei, der sich in zurückhaltend beratender Funktion sieht. Seinen Rat berücksichtigt man aber lieber, weil er leider immer recht hat, gesteht Luca etwas zerknirscht ein. Komplett auf eigenen Beinen steht das Rookie Rallye Team hingegen, was die mediale Inszenierung angeht. Spricht man mit Jakob, dann hört man von permanenter Bereitschaft, sich wöchentlich verdoppelnden Reichweiten auf Social-Media-Kanälen, viel zu kurzen Nächten und unheimlichem
Peter Weissenböck Mechaniker, Finanzen
Christoph Pfabigan Foto und Video
FOTOS: JÜRGEN SKARWAN
Andre Hirzenberger Mechaniker
Mario Hasenegger Mechaniker
Peter Medinger Beifahrer
Dominik Stawowy Mechaniker, Design Luca Pröglhöf, Fahrer
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sport | RACING ROOKIE-NACHWUCHSWETTBEWERB
Potenzial. Nach zwei Minuten mit ihm ist man voll geladen mit Visionen und versteht, warum er der Pressesprecher des Teams ist. Die Mediensektion komplettiert Christoph hinter der Kamera, der schon einige Erfahrung im Festhalten von Motorsport-Events hat. Fetzige Aufnahmen wechseln sich mit schicken Zeitlupen ab. Wenn man auf YouTube die Momente aus der Werkstatt in Slow Motion mit klassischer Musik unterlegt sieht, kann man sich wirklich kaum ein entspannenderes Hobby vorstellen als Motorsport.
Auffällig unauffällig. Vom Konzept Eishockeymama halten Lucas Eltern eher wenig. Ihr Sohn stemmt das Projekt so entschlossen, dass sie sich bis auf ein paar Tipps eher zurücknehmen können.
fort wieder poliert. Währenddessen postet Jakob eine Instagram-Story, und Lucas Eltern fragen ihn, wie sie die Story liken können. Mit seinem Vater kümmert sich Luca um die Sponsorenakquise und ist mit seinem ausgearbeiteten Medienkonzept recht erfolgreich, wie man auf www.proeglhoef.racing sieht. Sein Rookie-Winterevent mit einer Schnitzeljagd und anderen Teambewerben
ZUM GLÜCKLICHSEIN brauchen
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FOTOS: JÜRGEN SKARWAN
die Burschen nicht mehr als ein paar Feldwege, die die Bauern der Umgebung zum Heizen für sie freigeben, und eine Werkstatt, wo sie weiter ihr Gerät verbessern. Das war schon vor Jahren so, das Rookie Rallye Team ist einfach der logische nächste Schritt, um ihre Begeisterung professioneller ausleben zu können. Während Luca das Auto für ein paar Fahraufnahmen auf die Bahn bringt, wird simultan alles umgestellt, die Sichtbarkeit der Sponsoren diskutiert und das Auto nach dem Ablichten so-
Umverteilung. Effekthascherisch ums Eck biegen geht jetzt schon ganz gut. Und das, obwohl an der Bremskraftverteilung für die hydraulische Handbremse noch gearbeitet wird.
zog über 100 Teilnehmer in 43 Autos an und war in den sozialen Medien präsent, das Begeistern der Jugend für den Motorsport funktioniert also schon recht gut. Mit Stolz in der Stimme erzählt Luca vom steigenden Medienwert des Teams für Sponsoren. Er hat noch viele Konzepte im Kopf, aber über ungelegte Eier spricht er ungern. Doch so professionell der Auftritt ist, die Rallyes stehen alle noch bevor. Nächste Woche kommen Fahrwerk und Sperre, dann kann er hoffentlich bald mit den Trainings beginnen. Am 18. Juli startet Luca bei der Weiz-Rallye. Bis dahin heißt es, die perfekte Abstimmung zu finden – sowohl was das Fahrzeug angeht, als auch die Zusammenarbeit mit Peter Medinger betreffend. Das Rookie Rallye Team ist natürlich fasziniert vom Ausblick, das komplett heiße Auto im Schnelldurchgang zwischen zwei Sonderprüfungen zu reparieren. Auch Jakob, der ursprünglich wenig mit Motorsport am Hut hatte, haben sie bereits voll infiziert. Doch wie bereitet man sich auf etwas völlig Neues vor? BEI JEDEM GANG in
die Werkstatt werden sämtliche Handgriffe protokolliert, damit man in den heißen Phasen
Blödeleien zeigen, dass die Dynamik passt, auch wenn sie bei Rallyes tendenziell weniger ausgelebt werden können. Pressesprecher Jakob Supper (3. v. r.) merkt man am Foto gar nicht an, welcher Informationsschwall einen im Gespräch mit ihm erwartet.
nicht zuerst überlegen muss, welchen Schlüssel man wofür braucht. Auch unter erschwerten Bedingungen werden sie noch trainieren müssen, meint Luca. Das heißt, ohne Hebebühne, mit aufgebocktem Fahrzeug. Vielleicht werden sie das Getriebe ausbauen, während sie sein Vater mit dem Gartenschlauch abspritzt, um Regen zu simulieren. Vielleicht ein Plan für das nächste gewöhnliche Wochenende.
Alles auf Anfang! W
er glaubt, das Zeug zu haben, um in Lucas Fußstapfen zu treten, und schon immer ambitionierte Pläne für die Freizeitgestaltung des Freundeskreises hatte, der kann sich für die heurige Ausgabe des Racing Rookie anmelden. Die schlechte Nachricht: Von den 480 Teilnehmenden jährlich kann nur eine oder einer Racing Rookie 2019 werden. Die anderen verbringen einen gaudigen Halbtag auf Handlingparcours mit bis zu 350 PS für nichts und wieder nichts. Herantasten an die Ideallinie, unbeschwert auf abgesicherten Kursen heizen und das schnelle Autofahren von Profis lernen – alles umsonst. Das darauffolgende Jahr sind sie dazu verdammt, einen regelmäßigen Schlafrhythmus und das Leben ganz normaler Jugendlicher zu führen. Wer damit leben kann, darf sich zum Racing Rookie 2019 anmelden. Und wer nicht damit leben kann, sollte ihn besser gewinnen.
RACING ROOKIE 2019 1. Mai Teesdorf 30. Mai Melk 20. Juni Teesdorf 20. Juli St. Veit an der Glan 3. August Saalfelden Anmeldung für die Geburtsjahrgänge 1998–2002 unter:
www.racingrookie.at Anmeldegebühr € 30,–
Vorher steht aber neben der Mathematik-Schularbeit noch die Abgabe der Diplomarbeit an. Mit zwei Kollegen aus dem Team arbeitet Luca da an der Strömungsoptimierung von Heckspoilern, die sie sich bei den Flossen von Buckelwalen abgeschaut haben. Ist die fertig, kann sich das Team endlich wieder auf die schönen Dinge im Leben konzentrieren. Schrauben, tüf< teln, trainieren und schrauben.
Lebensart REISE • MENSCHEN • SACHEN
WINGS & WHEELS
Oben, unten, überall
E
inziger Nachteil der Idee: Man kommt vielleicht mit dem Schauen nicht mehr nach, wenn man sich den Flugzeugen und den Autos gleichermaßen widmen will. Andererseits: Wer den ganzen Tag Zeit hat, kann Aufmerksamkeit und Begeisterung nach Belieben aufteilen. Immerhin haben die Autos einen entscheidenden Vorteil: Sie sind gut zugänglich und ziemlich statisch geparkt, man darf sich mit dem Schauen ein bissel Zeit lassen, wenn die Flugzeuge grad ihren Formationsflug in den Himmel zeichnen. Wings & Wheels wird erstmals Österreichs Veranstaltungskalender bereichern, und zwar am 15. Juni, und wer dabei sein mag, darf schon Bad Vöslau ins Navi 62 autorevue 4/2019 extra
einprogrammieren. Kurzfassung: Das Austrian Airfest, von Erwin Kreczy und seinem Team bereits in Kneixendorf und Bad Vöslau souverän organisiert (wir sagen das nicht leichtfertig daher, sondern haben rund 40.000 Besucherinnen und Besucher als Zeugen), wird diesmal Ergänzung am Boden erfahren. Die kommt von Autos und Motorrädern, die das Herz erfreuen oder den Asphalt erzittern lassen oder sonstwie besonders sind – zu erwarten sind Old- und Youngtimer, USCars, Dragster, Motorräder. Der, der das verspricht, ist Roman Buchta, bestens trainiert als Co-Veranstalter der Motornights, die früher in der wunderbaren Werft Korneuburg residierten und künftig in der Freudenau,
Flieger, Flammen, Flundern. Zutaten für einen guten Tag, am 15. Juni am Flugplatz in Bad Vöslau. Näheres unter www. wingsandwheels.at
direkt hinter dem Lusthaus, zum zwanglosen Treffen bitten. Jeden ersten Freitag des Monats nämlich – am 3. Mai wird die heurige Saison loslegen, die Mischung verrückter Fans funktioniert dort quer durch alle Geschmacksrichtungen der Autobegeisterung hervorragend. Die Idee, das Austrian Airfest mit Autos und Bikes zu erden, stammt von Roman Buchta, und Erwin Kreczy musste nicht lange überzeugt werden. Immerhin ist die Brücke zwischen Fahr- und Flugzeugen trittfest, seit die Brüder Wright in ihrer Fahrradwerkstatt am Flugzeug tüftelten, und viele der frühen Flugmotoren stammten von Autokon strukteuren, wir sagen nur: Ferdinand Porsche, Austro Daimler.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN, WWW.MOTOGRAFIE.NET, WILDBERGAIR, DIETMAR SCHREIBER
Wenn zwei wunderbare Treffen gleichzeitig stattfinden, dann am besten schichtenweise übereinander. Es wird gelingen, funktioniert ja beim Ildefonso auch!
Provinz Hunan, China
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Zu erwarten sind am 15. Juni also rund 100 Flieger in der Luft und etliche als Ausstellungsstü cke am Boden, Flugshows, Mo dellflug, Rundflüge, und wer ech ten Piloten auf die Schultern klopfen mag, wird auch das schaffen. Auch die Autos und Motorrä der werden nicht nur herumste hen, am allerwenigsten bei den Stunt-Shows, und auf Kinder im Kindesalter warten mehr Spiel stationen, als in einem Tag Platz haben: Wer glaubt, das Talent zum Astronauten mitzubringen, darf auch das versuchen, Jobga rantie exklusive. Fehlt fürs nächste Mal nur noch was mit Schiffen, aber dann wäre die Reizüberflutung wirk lich nimmer zu vermeiden. <
Panoramastraße, für den privaten Verkehr gesperrt. Was privat ist, wird in China aber eh flexibel gehandhabt.
ORTE VON BEDEUTUNG
Tianmen Shan Big Gate Road
Die berühmte Bergstraße in China musste schon so manchen Rekord versuch aushalten. Der nächste bringt die virtuelle Welt ins Spiel Was tut man nicht alles, damit die Reise zum selbstgesteckten E-Mobilitäts-Ziel auch vom Publikum mitgefahren wird. Zum Beispiel lässt man den Pikes-Peak- und Goodwood-Rekordfahrer Romain Dumas in einem 680 PS starken VW I.D. R die berühmte „Straße zum Himmel“ in China hinauffahren, 99 Kurven auf 1100 Höhenmetern, flankiert von üblen Abhängen. Normalerweise fahren dort nur Busse mit Touristen. Da für die Straße keine zum Auto passenden Referenzrekorde existieren, veranstaltet man im Vorfeld der Fahrt (heuer im September) einen Gaming-Wettbewerb, in dem die Teilnehmer auf der virtuellen Himmelsstraße ihre Rekorde aufstellen können, ganz ohne die Gefahr, irgendwo runterzukugeln. Die bleibt ganz auf Seiten des Romain Dumas. Er freut sich schon. Vielleicht, weil er die Straße bislang nur von Fotos kennt.
Neues Hörbuch. John Grisham: Das Bekenntnis.
Neu auf Netflix. The Higwaymen
Zieht man sich auf einer eher langen Fahrt (hier darf sie 20 Stunden und 33 Minuten dauern, das ist zum Beispiel Wien–Stockholm) ein Hörbuch rein, sollte es vor allem nicht fad sein. Daher empfehlen wir an dieser Stelle immer wieder die im Jahrestakt erscheinenden Romane von Grisham. Dieser hier, eben als Hörbuch aufgelegt, wird gelesen von Charles Brauer, früher einmal kongenialer Hamburger Tatort-Partner von Manfred Krug. Z. B. als audible-Download, € 24,16
Zwei alte Zausel (Kevin Costner und Woody Harrelson), ehemalige Texas Ranger, werden reaktiviert, um das Gangsterpärchen Bonnie und Clyde zur Strecke zu bringen. Das ist tatsächlich so passiert. John Lee Hancock realisiert hier ein Roadmovie, das vordergründig ein Gangsterfilm ist, hintergründig aber auch ein Film über das Altern, und dass man auch dann noch proper ein Colt-Monitor- Maschinengewehr bedienen kann. 2 Std., 12 min., www.netflix.com 4/2019 extra autorevue 63
lebensart | UHREN CHOPARD L.U.C XPS TWIST QF Eine elegante Asymmetrie leistet sich Chopard am Zifferblatt der L.U.C XPS Twist QF. Die kleine Sekunde liegt leicht versetzt bei 7 Uhr, aber in der Mitte einer konzentrischen Satinierung, die sich über die gesamte Oberfläche des blaugrau galvanisierten Zifferblatts ausbreitet. Das dezente 40-mm-Gehäuse besteht aus Fairmined-zertifiziertem Weißgold, darin arbeitet das ultraflache Kaliber L.U.C 96.26-L, das trotz einer Bauhöhe von nur 3,3 Millimetern über ein Doppelfederhaus und eine Gangautonomie von 65 Stunden verfügt. Limitiert auf 250 Stück, € 18.800,–
HÖCHSTE ZEIT
Auch wenn die Baselworld den größten Aussteller verloren hat: Die Zeiger drehen sich weiter. Analog, mechanisch und immer mit der gleichen Geschwindigkeit.
a Nick Hayek, wie nicht anders erwartet, seine Ankündigung wahrmachte und tatsächlich mit sämtlichen Marken der SwatchGroup von Tissot bis Breguet der Baselworld 2019 fernblieb, ergab sich in der Halle 1 der Basler Messe ein gewisses Platzproblem. Raum war diesmal aber nicht das knappe Gut, sondern eher im Überfluss vorhanden. Schnell kursierten launische Bezeichnungen für die großen freien Flächen, von „Hayek Memorial Plaza“ bis „Breitling Boulevard“ hörte man von langjährigen Besuchern. Durch die Abwesenheit von Omega avancierte der Messestand von Breitling plötzlich zum zentralen Blickfang in der Halle 1, was dem neuen Chef Georges Kern vermutlich nicht unangenehm war. Kern ist gerade dabei, die Marke ein wenig friedlicher und vor allem vielfältiger zu positionieren, Breitling darf jetzt auch surfen, Motorrad fahren und die Antarktis explorieren. Diese Strategie schlägt sich in einer großen Anzahl von neuen Uhren nieder, vor allem auch in der Superocean-Kollektion. Dass man dabei das 64 autorevue 4/2019 extra
klassische Kernthema der Fliegerei nicht vernachlässigt und sogar ein neuer Aviator-8-Chronograph in recht militärischem Look Platz hat, wird Hardcore-Fans erfreuen. Bei den unabhängigen Spitzenmanufakturen von Patek Philippe und Chopard erfreut man sich offenbar an der steten Neuvermessung von horologischen Komplikationen. Chopard präsentiert mit der auf 50 Stück limitierten L.U.C Flying Twin sein erstes Kaliber mit fliegendem Tourbillon, das zusätzlich noch automatisch aufgezogen wird, über einen Sekundenstopp verfügt und trotzdem nur 3,3 Millimeter hoch gebaut ist. Bei Patek Philippe fanden die Meisteruhrmacher in fünfjähriger Entwicklungsarbeit einen Weg, den Zeitzonen mechanismus der Calatrava Travel Time um eine 24-Stunden-Alarmfunktion mit Akustik eines traditionellen Schlagwerks zu ergänzen. Falls jemand vorhat, mit einer Armbanduhr um etwa 200.000 Euro in den Pool zu stolpern: Die Alarm Travel Time Referenz 5520P-001 ist die erste Schlagwerkuhr von Patek Philippe mit wasserdichtem Gehäuse.
FOTOS: WERK
D
Von Xaver Hiebner
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
AUTONAME | lebensart
Zwei hammerförmige Zeiger mit rotem Ende markieren Wochentag und Kalenderwoche. Der einseitig aufziehende Zentralrotor besteht aus 21 Karat Gold.
PATEK PHILIPPE CALATRAVA REFERENZ 5212A Völlig neues Basiskaliber mit neuer Kalenderfunktion, eine ungewöhnliche Darstellung mit eigens für diese Uhr geschaffener Typografie am Zifferblatt und ein bei Patek Philippe äußerst rares Gehäusematerial: Die Genfer Spitzenmanufaktur lanciert einen Showstopper. Mit fünf Zeigern aus der Mitte informiert die Referenz 5212A neben der präzisen Uhrzeit und dem Wochentag auch über die Kalenderwoche und den zugehörigen Monat. Bei drei Uhr vervollständigt ein Fensterdatum die Kalenderindikationen. Das Gehäuse aus poliertem Edelstahl sorgt für höchste Alarmstufe in Sammlerkreisen. € 30.097,–
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lebensart | UHREN
NOMOS TANGENTE SPORT Die oft auch als „Bauhaus-Uhr“ bezeichnete Nomos-Ikone gewinnt an Robustheit. Für die Tangente Sport haben die sächsischen Uhrmacher das Gehäuse, die Dichtungen und die Saphirgläser verstärkt, daher ist die Uhr nun bis 1000 Fuß wasserdicht, was in roter Schrift am Zifferblatt vermerkt wird. Darüber hinaus gibt es überhaupt erstmalig bei Nomos ein Metallband. Dieses sehr flache Gliederkunstwerk wird aus 145 Stahlteilen von Hand verschraubt und ergänzt sowohl optisch als auch funktionell die neue Robustheit. € 3.980,–
TAG HEUER AUTAVIA Der vor zwei Jahren unter dem Label Heuer Heritage neu interpretierte Autavia-Chronograph fand offenbar großen Anklang. TAG Heuer schafft nun eine eigene Autavia-Kollektion, die mit Dreizeiger– uhren in verschiedenen Zifferblatt- und Gehäusevarianten debütiert, im Herbst sollen dann auch Chronographenmodelle folgen. Als werkstofftechnologische Feinheit atmet im Herz der neuen Autavia eine Unruh-Spiralfeder aus amorphem Carbon, die das COSC-zertifizierte Uhrwerk unempfindlich gegenüber Temperatureinflüssen und Magnetfeldern macht. € 3.250,– (mit zusätzlichem NATO-Armband)
HUBLOT CLASSIC FUSION FERRARI GT Hublot intensiviert ein weiteres Mal die Zusammenarbeit mit Ferrari. Chefdesigner Flavio Manzoni und seine Mannschaft im Ferrari Centro Stile durften das Gehäuse dieses Flyback-Chronographen gestalten, der die Classic-Fusion-Kollektion nun mit einem völlig neuen Modell bereichert. Unter dem durchbrochenem Zifferblatt schlägt das im letzten Jahr vorgestellte Manufakturkaliber UNICO HUB1280, das mit einer Höhe von 6,75 mm äußerst flach gebaut ist und über eine Gangreserve von drei Tagen verfügt. Limitiert auf 1.000 Stück, € 21.700,–
66 autorevue 4/2019 extra
AUTONAME | lebensart
FOTOS: WERK
BREITLING PREMIER B01 NORTON Zusätzlich zur jahrelangen Partnerschaft mit einer britischen Automobilmarke (Bentley) kooperiert Breitling seit dem letzten Jahr auch mit dem englischen Motorradhersteller Norton. Diesem Partner wird eine spezielle Edition des B01 Chronographen aus der auch noch sehr jungen Premier-Kollektion gewidmet. Als einzige Uhr der sonst sehr gediegenen PremierKollektion darf der Norton-Chronograph goldene Ziffern anstatt von schlichten Stundenindexen auf dem schwarzen Zifferblatt und ein braunes Rohlederarmband tragen. € 7.500,–
ZENITH DEFY INVENTOR Eine mechanische Uhr ohne Unruh und Spiralfeder. Im Uhrwerk der Defy Inventor ersetzt ein unverschämt filigranes Kunstwerk aus monokristallinem Silizium die rund dreißig Bauteile einer traditionellen Ankerhemmung. Dieser Oszillator schwingt mit einer für mechanische Uhrwerke extrem hohen Frequenz von 18 Hz, was zur Verbesserung der Ganggenauigkeit beiträgt. An der Vorderseite des federleichten Titangehäuses umrahmt eine noch leichtere Lünette aus offenporigem Aluminium-Composite das skelettierte Zifferblatt, an der Rückseite kann das Werk durch den Saphirglasboden bewundert werden. € 17.600,–
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lebensart | DUFT IM AUTO
Wohlgeruch st 68 autorevue 4/2019 extra
Nach dem Geschmack ist der Geruch die windigste Sinneserfahrung, geht aber tief in die Rezeption. Vor allem, wenn was stinkt. Von David Staretz Illustration EvaVasari
att Kohlgeruch 4/2019 extra autorevue 69
lebensart | DUFT IM AUTO
J
a, der Mief. Erst wenn etwas übel riecht, tritt der sonst meist vernachlässigte aller Sinne in Aktion, jedenfalls bei Männern. Frauen sind da feinfühliger. (Behaupten ständig, Gas zu riechen – meistens stimmt es dann auch. Dieses Phänomen ist sogar wissenschaftlich untermauert.) Olfaktorisch ist die Passagierkabine im Auto eine hochverdichtete Duftkakophonie. Schließlich soll der Mensch über eine Billion Gerüche unterscheiden können. Meist bemerkt man sie aber nur dann, wenn, siehe oben, Gestank herrscht. Oder Wunderbaum, was für Protagonisten einer feineren Lebensart diesem gleichkommt. Danach gehen sie feierlich blindverkosten und können Weiß- von Rotwein nicht unterscheiden. (Ebenfalls wissenschaftlich untermauert). Also: Alles in allem ist Duft ein schwieriges Kapitel ohne feste Bezugspunkte. Wirklich gut riechen auf eine männlich vertretbare Art tun nur teure alte Autos: Leder, Benzin, Holz, verschmorte Kabel, ausgetretenes Öl, Hundehaare. Charaktervoll nennt man das. Auf jeden Fall erträglich, so lange keine Feuchtigkeit dazukommt. Kellerfeuchtes Mirchteln, Schimmel, kalte Zigarettenreste – da hilft nur noch Generalreinigung und Ozonbehandlung beim Spezialisten. Wer aber bereits im Neuwagen ein feines Näschen pflegen will, kann dies per Duftoptimierung tun. Als Pioniere haben sich die Franzosen hervorgetan. Die ersten einsteckbaren
Duftflakons im Citroën C4 waren aber so penetrant, dass sie bald den Weg durchs Seitenfenster nahmen. Jetzt beleben solche Duftanstecker vornehmlich den Zubehörhandel als Mitnehmartikel in Kassanähe. Easy Clip rot, Strawberry Duft, 4 Stk. € 4,99. Besonderes Merkmal: „Duftet überall“. Was Frauen aber besonders übel aufstößt: Von fremdem Parfum imprägnierte Sicherheitsgurte beifahrerseits. Diese Textilie ist wirklich höchst verräterisch. Wie man sieht, ist das Thema zu tiefgreifend, um es Amateuren zu überlassen. Deshalb hat Mercedes eine eigene Abteilung für Duftkompetenz eröffnet, wo die Futorologin Sabine Engelhardt „für das Aufspüren von gesellschaftlichen Entwicklungen, kulturellen Bewegungen und soziologischem Wandel, Werten und Sehnsüchten, Trends und kreativen Strömungen“ zuständig sei, so der Haussprech. Demnach konnte man ihr auch das ebenso vage Duftkapitel überantworten. Auf Reisen in Citys und Megacitys zusammen mit Kollegen Mankowski (für den männlichen Riecher) erkundete sie Strömungen von Innovation und Kreativität. Das ALLES mündete dann in die aus der aktuellen S-Klasse bekannten vier Duftkreationen. Serienmäßig ist „Freeside Mood“ eingespeichert, laut Engelhardt „ein unauffälliger, aber präsenter Zitrusduft, sehr rund, ohne Ecken und Kanten“. Gegen Aufpreis kann man im Klimamenü noch „Downtown Mood“, „Sports Mood“ oder „Nightlife Mood“ entfachen. Auf weitere Essenz ihrer Er-
Anclipbare Penetrant-Patronen sind bisweilen der Gefahr, ausgesetzt, den Weg durch das geöffnete Fenster nehmen zu müssen
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FOTOS: WERK, STARETZ
Daimler-Benz versucht, dem Duft sinnlich- elementare Bedeutung zu verleihen. Also erfährt Beduftung ihre S-Klasse- Distinktion im Klimamenü.
„Der optimale sinnliche Komfort, die Behaglichkeit der Menschen, die im Fahrzeug sitzen und die ja heutzutage schlussendlich immer öfter mit geschlossenen Fenstern fahren müssen, weil die Umwelt eben zu aggressiv geworden ist.“ Andreas Freytag von Loringhoven
hebungen angesprochen, meint die Zukunftsforscherin, über das Beduften hinaus herrsche ein globaler Trend zu Green Luxury. Na fein, damit können wir doch alle leben! Doch zurück zum Thema Grundduft Der beste ist immer noch der, den man nicht riecht. Deshalb testen alle deutschen Autohersteller nach der gleichen Methode. Dabei wird der Innenraum auf 65 Grad Celsius erhitzt, denn bei hohen Temperaturen werden die meisten Schadstoffe frei. Etwaige Stinkquellen werden „abgestellt“, was immer das bedeutet. Als Mercedes in den Neunzigerjahren mit Natur- und Recyclingmaterialien zwecks Schalldämmung experimentierte, musste man das besonders rasch abstellen. Der asiatische Markt hat eine neue SmellAwareness geschaffen. Denn einerseits müffeln speziell chinesische Autos besonders übel (dort wird bei moderaten 23 Grad Innentemperatur getestet, wehe, es wird später wärmer), andererseits und demnach sind dort härtere Duft-Bandagen gefragt. Der Markt ist eröffnet! Ein aus Salzburg stammender Weltenbürger, Andreas Freytag von Loringhoven (das „von“, obwohl hier Namensbestandteil, wird freilich inkriminiert, was auch unseren Bundespräsidenten treffen könnte), Freytag Loringhoven also besitzt seit 1978 eine feine Duftstoff-Produktion namens Azur Fragrances in Mouans-Sartoux bei Grasse, demnach in olfaktorisch bester Lage, wovon wir uns bei einem Besuch überzeugen konnten. Hier stellen seine Mitarbeiter in einer sonnigen Grund-
stimmung von Laissez-faire gesuchte Duftstoffe her, zumeist für die Industrie – für Parfüms und Deodorants, Seife, Shampoo, Spül- und Waschmittel, für Raumsprays, Kerzen oder Rasierschaum. Alles unter laufender ISO-Zertifizierung und mit hoher Fertigungstiefe. Zugeliefert werden eigentlich nur die Rohmaterialien. Andreas Freytag, ein liebenswürdiger Charmeur der alten Schule, hat noch ein weiteres Anliegen: „Den optimalen sinnlichen Komfort, die Behaglichkeit der Menschen, die im Fahrzeug sitzen und die ja heutzutage schlussendlich immer öfter mit geschlossenen Fenstern fahren müssen, weil die Umwelt eben zu aggressiv geworden ist, womit sich der Kreis wieder schließt.“ Sein Credo: bloß keine Brachialbeduftung, vielmehr sei eine atmosphärisch angenehme Grundstimmung herzustellen. Schon vor Jahren hat er dafür Atmospheric Conditioning entwickelt, Duftkörper aus Polymeren, die in verschiedener unauffällig Form bereits am Fließband in das Auto-Lüftungssystem integriert werden können. Also ein integriertes System, das harmonischer in das Gesamtkonzept eingreifen soll. Dafür konnte er bereits die Deutsche Bahn und mehrere Automobilhersteller begeistern, zuletzt landete er einen massiven Coup mit der chinesischen Topmarke (und Volvo-/Lotus-/Londontaxi-Besitzer) Geely, worüber aber noch mehr geschwiegen als geredet werden soll. Schließlich ist das Duft-Thema ja ein grundsätzlich dezentes. Jedenfalls solange kein G estank herrscht. < 4/2019 extra autorevue 71
Klassik LIEBLINGE DER REDAKTION
JOCHEN NEERPASCH ZUM 80ER
BMW, aber auch Schumacher
Er war Rennfahrer, dann Sportmanager, Rennleiter, Förderer Michael Schumachers und der BMW Art Cars, und egal wie lange die Liste auch wird: Sie bleibt unvollständig.
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jemals lachen sahen und der bisweilen als sehr verschwiegen galt. Das Duell endete übrigens unentschieden: BMW gewann 1973 die Tourenwagen-EM, Ford die Rennsportmeisterschaft. Zum Rennsport kam Neerpasch als Fahrer, anfangs im Borgward-Team, dann bei Ford. Beide Marken wurden im elterlichen Autohaus in Krefeld vertrieben, die Brücke war so trittfest, dass Neerpasch 1964 bis 1968 in Le Mans mitmischte, anfangs eher von Ausfällen gebremst, 1968 war schon der Klassensieg und ein dritter Gesamtrang drin. 1969 wechselte er als Rennleiter zu Ford. Fotos zeigen einen akkurat gekleideten, jungen Mann, der mit gebo-
Das ganze Team. Jochen Neerpasch, neben Jean Todt auf der Motorhaube sitzend, und das BMW-Team 1973. Ganz rechts Dieter Quester, dessen 80er jetzt auch gefeiert werden will.
Zur Ehre. Klar, dass mit zunehmendem Lebensalter auch die Zahl der Würdigungen zunimmt, zum Beispiel: Neerpasch mit einem BMW Art Car (oben) und mit einer ihm gewidmeten Kunstinstallation.
tener Ernsthaftigkeit seine Aufgabe durchziehen sollte, bis BMW rief. Dort blieb Neerpasch bis 1980, es war die Zeit des M1, bei dem Neerpasch mitmischte, es war die Periode der BMW Art Cars, des ersten Junior Teams, eines üppigen Budgets, das auch die besten Konstrukteure finanzierte – da nähern wir uns wirklich jenem Paradies, das sich Neerpasch vom Wechsel versprochen hatte. Trotzdem ging er 1980 zu PSA, wurde dann Sportfunktionär in wechselnden Positionen, um 1988 als Rennleiter bei Mercedes anzukommen und ein paar Talente zu fördern, deren Namen noch oft in Ergebnislisten auftauchen sollten, und zwar sehr weit oben: Michael Schumacher, Karl Wendlinger, Heinz-Harald Frentzen. Am 23. März feierte Jochen Neerpasch seinen 80. Geburtstag, noch immer ist er gerne als Botschafter des Motorsports präsent: Etliche seiner Autos haben ja auch schon sehr runde Jubiläen absolviert. M.S.
FOTOS: BMW
D
ie Lücke, die Jochen Neerpasch Anfang Mai 1972 bei Ford hinterlassen hatte, war von sprichwörtlicher Größe, aber eine ordentliche Portion Kränkung und Schock waren auch beim Ex-Dienstgeber zurückge blieben: Neerpasch, damals 33 Jahre alt, hatte den Posten des Ford-Rennleiters aufgegeben, um die gleiche Position beim Rivalen BMW anzunehmen, und ein paar höchst fähige Ford-Mitarbeiter hatte er gleich mitgenommen. Die etwas trotzigen und kämpferischen Worte seines Ex-Arbeitgebers konterte Neerpasch mit einer betont höflichen Pressemitteilung, er bedankte sich für die schönen gemeinsamen Jahre und erklärte sachlich, bei BMW endlich jene paradiesischen Bedingungen vorzufinden, die ihm Ford nie hätte bieten können. So war’s dann auch. Jochen Neerpasch gründete die Motorsport GmbH, die erste derartige Deutschlands, aus der später die M GmbH werden sollte. Sein Stellvertreter aus Ford-Tagen, Mike Kranefuss, übernahm die Rennsportabteilung in Köln, womit einander auf der Rennstrecke zwei charakterlich sehr unterschiedliche Rennleiter gegenüberstanden: Kranefuss, diversen Späßen und allerlei Getränken nicht abgeneigt, befetzte sich (meist dienstlich) mit dem ernsten, disziplinierten Neerpasch, den seine Mitarbeiter kaum
SEHR RUNDER GEBURTSTAG
Spielend hundert
Schließlich wollen nicht alle mit einem echten Auto feiern.
TERMINE 31. TECHNO-CLASSICA 10.–14. April in Essen www.siha.de
Citroën wird 100 Jahre alt, was natürlich besonders jene erfreut, die eines der Modelle aus der schrägen, innovativen, quer gedachten Vergangenheit haben. Und wer keines hat, will auch nicht unbedingt eines, man kann ja den Geburtstag auch anders feiern. Ein paar Ideen dazu vereint Citroën jetzt in der Spielekollektion Citroën Origins, die den grafischen Elementen der 1920er Jahre huldigt. Bei den Modellautos natürlich nicht, die frönen der Designsprache einer weit zurückliegenden Zukunft. Weiters im Jubel-Sortiment: das Citroën-Monopoly, bei dem aber keine Straßen gekauft werden, sondern Autos; das Petit Quizz bietet Kennern der Marke eine Bühne, die Kartenspiele stellen die Meilensteine der Marke vor. Die Silikon-Backform in 2CV-Form und die Kaffeehäferln muss man eher nicht näher erklären.
HISTO-CUP – SAISON-OPENING 12.–14. April am Red Bull Ring www.histo-cup.at 3. OLDTIMER TEILEMARKT 20. April in Stoitzendorf www.oldtimer-stoitzendorf.at 64. INT. OLDTIMER- UND TEILEMARKT 13. April in Garsten bei Steyr www.igfc.at FERRARI CHALLENGE AND GT DAYS 23.–24. April am Red Bull Ring www.fchgt.com
HALBRUNDER GEBURTSTAG
SÜDSTEIERMARK CLASSIC 25.–27. April in und um Gamlitz www.suedsteiermark-classic.com
FOTOS: SÜDSTEIERMARK-KLASSIK, WERK
KLEINER PREIS DER SOPHIENALPE 26. April in Wien/Spohienalpe www.oldtimerschulung.at FAHRTECHNIKKURS FÜR DEN OLDTIMERNACHWUCHS 27. April im ÖAMTC Fahrtechnikzentrum Teesdorf www.restaurations-shop.at 35. INT. SEIBERER BERGPREIS 28. April in Weißenkirchen in der Wachau (für Fahrräder schon am 27. April!) www.seiberer.at 8. BODENSEE-KLASSIK 2.–4. Mai im Raum Bodensee www.bodensee-klassik.de
Kantig fünfundvierzig
1974 kam der erste VW Golf über die Welt. Dann noch ein paar Millionen. Wollte man ein Datum dingfest machen, an dem das Auto wieder einmal in die Neuzeit kam, dann böte sich der 29. März 1974 an. Da startete die Produktion des Golf, und das Ereignis war zumindest für VW einschneidend: Der Käfer hatte endlich jenen Nachfolger gefunden, der rund 20 Jahre lang andiskutiert, aber mehrfach verworfen wurde. Genau genommen so lange, bis VW mit seinen luftgekühlten Heckmotoren hoffnungslos anachronistisch dastand – und dazu passend auch beim Design etwas skurril, wie der VW 412 eindrucksvoll demonstrierte. Der Golf war aber nicht VWs erste Abkehr vom bisherigen Konstruktions-Dogma, das war der Passat ein Jahr davor, und auch der Scirocco hatte schon im Februar 1974
den Karmann Ghia abgelöst. Trotzdem kam mit dem Golf der endgültige Wechsel zum kantigen Design mit wassergekühltem Frontmotor, und natürlich war’s ein bissel unklar, ob die Käferfahrer mitziehen würden. Wenig später war klar: Sie zogen mit, und sie ziehen bis heute. Dass VW alle 35 Millionen seither produzierten Golf zum erfolgreichsten Auto aller Zeiten addiert, stimmt irgendwie, darf aber auch relativiert werden: Immerhin ist der Golf bisher sieben Autos, die halt alle gleich hießen. Und alle wurden wie nicht gescheit gekauft, in Österreich beispielsweise ist der Golf seit 1978 Marktführer – auch wenn jetzt ein paar SUVs sehr nahe kommen. Am ehesten die von VW. 4/2019 extra autorevue 73
klassik | DURCHS WEINVIERTEL IM CITROËN 2CV
Eine Pilgerlustreise
Alfred Komarek, 2CV-Fahrer ohne 2CV, fährt auf seinen eigenen Spuren durchs Weinviertel, erinnert sich ein wenig an Simon Polt und erreicht schließlich sein Presshaus. Auf manches ist eben Verlass. Von Alfred Komarek Fotos Andreas Riedmann
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Kein Paradies ohne Sündenfall: Ich betrog meine Ente mit großen, schnellen Autos. Da saß ich drin, eine fatale Mischung aus Jochen Rindt und Woody Allen, und hatte es ohne Eile eilig. 4/2019 extra autorevue 75
klassik | DURCHS WEINVIERTEL IM CITROËN 2CV
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und Woody Allen, hatte es ohne Eile eilig, machte mich wichtig und lächerlich. Aber die Sehnsucht nach automobiler Unschuld blieb wach, und eines Tages gelang das rettende Bremsmanöver. Gut, ja, ein Charleston musste es schon sein, nachsichtig belächelt von der Entengemeinde. Dann gab’s noch eine froschgrüne Ente, und dann war Schluss. Und heute? Ein sentimentaler Rückblick in eine geliebte, doch auch sehr vergangene Vergangenheit war mir zu wenig. Es musste schon eine neue, lebendige Erfahrung her. Wie wäre es, meinen vielen, vielen Entenreisen zwischen Wien und dem Pulkautal, dicht an der Grenze zu Tschechien, eine weitere, eine aktuelle hinzuzufügen? ABER WER BORGT MIR SCHON EINE ENTE? Dezent gesalzene Straßen und ein Fahrer, der womöglich längst vergessen hat, wie die Symbiose mit einem dermaßen sensiblen Gefährt glücken kann? Eines Tages tat sich ein Tor auf, in Dürnleis. Gerti und Peter traten hervor, schauten freundlich drein, hielten ihre Bangigkeit tapfer im Zaum und holten eine rot-weiß-rote Ende aus der Schatzkammer. Und der Winter gab sich sogar verhalten heiter: zart hingetupftes Pastell, ein Himmel aus blauem Glas darüber. Also los. Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass mein Hinterteil zu solcher Wiedersitzensfreude fähig wäre, innig vermählt mit wohliger Leidenschaft. Die Ente sang und knarzte und erzählte und brabbel-
Wieder daheim. Alfred Komarek fährt jetzt Fiat 124 Spider, die Ente hat ihn aber nie ganz losgelassen. Wohl dem, der Freunde hat, die Autos herborgen für eine Reise zu sich selbst.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
E
s muss in den späten Sechzigerjahren gewesen sein: Stadtflucht, wieder einmal, irgendwohin, der Nase nach. So bin ich über die Donau geraten und weiter nach Norden zu, ins Hügelland. Es war keine Landschaft mit Hügeln, die Hügel waren die Landschaft: weich gerundete Buckel, träge Wogen, ein sich Heben und Senken, Bewegung, die offenbar nur für den Augenblick innehielt. Mein Auto war damals eine Ente, blitzblau und von rührender Hinfälligkeit: der Rahmen geschweißt und so halbwegs zurechtgebogen, der Ölverbrauch weitaus eindrucksvoller als die zwölf Pferdestärken, die sich nur selten zur gemeinsamen Kraftentfaltung herbeiließen. Ich war fremd und recht ratlos zwischen den Hügeln, aber die Ente war hier zuhause. Sich wiegend und neigend fand sie tausend und einen Weg, vergnügte sich schamlos mit kuriosen Kurven und spielte mit dem Wind. Später, als ich mit dem Weinviertel vertrauter war, wurde ich den Verdacht nicht mehr los, dass es ein Treffen zwischen Gott und André Citroën gegeben haben musste, der sich höflich, aber bestimmt ein Lustrevier für seine Enten und ihre sanften Menschen wünschte. Gott streichelte mit zärtlicher Gebärde Land zurecht, und sein Zeigefinger zeichnete viele krumme Straßen und Wege hinein. Voilá, Monsieur! Doch kein Paradies ohne Sündenfall: Ich betrog meine Ente mit großen, schnellen Autos. Da saß ich dann drin, eine fatale Mischung aus Jochen Rindt
Wie im Film. Das Kaufhaus in den Polt-Filmen war durchaus echt, es musste für die Dreharbeiten nur umbenannt werden. Danach wollte der Name einfach draufbleiben. Manchmal können Dinge so einfach sein.
kunft. Ich indes, frei wie ein Vogel und federleicht gelaunt, gestand frohlockend, dass es wohl mehr als hundert Stundenkilometer gewesen sein könnten, ich sei einfach zu stolz und müde für akribische Kontrolle und könne überdies nicht ausschließen, dass die Sinnesfreuden der vergangenen Nacht noch in Spuren messbar sein könnten. Das Monument verharrte in schaurigem Schweigen. Nach zwei, drei Ewigkeiten stahl sich ein merkwürdiger Schimmer ins amtliche Antlitz. „Fahr’n s’ weiter!“
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
WIE BEFOHLEN gen Hollabrunn aufgebrochen und des
te vor sich hin, und alles rings um mich hüllte mich ein, als wäre ich nie fort gewesen. Also erst einmal nach Wien, weil anständige Reisen einen richtigen Anfang brauchen und eilfertige Abkürzungen verbieten. Keine Autobahn, versteht sich, und nach Stockerau, dem vorläufigen Ende der urbanen Welt, machtvolle Beschleunigung bei herzhaftem Rückenwind, eindrucksvolle Rasanz – wie damals, als sich unversehens ein Gendarm ins Bild geschoben hatte: ein rundbäuchiges, waffengegürtetes Monument entschlossener Ordnungsmacht, meinem haltlosen Vorwärtsstreben unmissverständlich Einhalt gebietend. „Na?“, heischte er gnadenlos Aus-
Manhartsbergs stürmische Wehr im zweiten Gang erklommen. Stürmische Wehr … diese maßlose Übertreibung verdanke ich dem langjährigen Redakteur der „Hollabrunner Heimatzeitung“, Kurt V. Strohmer, der mich mit so mancher betäubend eindrucksvollen lyrischen Erfahrung beschenkte. Kurt V. war nämlich auch Dichter, und immerdar wird mir die erste Zeile seiner flammenden Anklage wider allzu eilfertige Mobilität im Gedächtnis bleiben. Sein Gedicht „Abschied“ beginnt mit der unsterblichen Zeile „Wenn auf dem Airport sich die Düse regt“. In Hollabrunn gilt und galt es, von der Bundesstraße Abschied zu nehmen: Aspersdorf, und dann Hetzmannsdorf. Dort steht eine viel zu dick geratene Kirche, überdies dottergelb gestrichen – und gegenüber gab es das multifunktionale Wirkungsfeld von Herrn Planer: Gasthaus, Gemischtwarenhandlung und Tabaktrafik, später dann auch noch Postamt. 4/2019 extra autorevue 77
klassik | DURCHS WEINVIERTEL IM CITROËN 2CV
Wer hier eintrat, dem sollte es an nichts fehlen: Speis und Trank, Reiseproviant, Tageszeitung, Schundheftl, Stempelmarken … Herr Planer wechselte in souveräner Dienstbeflissenheit nicht nur die Funktionen, sondern wählte dazu auch den passenden Arbeitsmantel. Von diesem Universum ist heute nur ein Wirtshaus übrig, doch immerhin. Zeit, einen Haken zu schlagen und Guntersdorf anzusteuern. Ein Schloss nebst Meierei, bitte schön, und schon wieder eine verwehte kulinarische Institution: Der Fleischhauer Erwin Eber (wer sonst?) und seine leberkäsesemmelduftende Imbissecke. Vorbei, ach, vorbei. JETZT HÄLT MICH NICHTS MEHR. Hurtig, aber nicht has-
Das neue Buch. Natürlich ist die Namensgleichheit kein Zufall, man darf nur nicht am Äußeren hängenbleiben: Der Alfred in Alfred Komareks neuem Buch ist ein Mistkübel, und er beschließt, in sich zu gehen. Freilich wird eine witzige, entschleunigte, gefühlvolle Reise draus. Haymon Verlag, 108 Seiten, 14,90 Euro.
Schön vor mollig. Bei manchen Bauwerken ist es durchaus ratsam, sie mit Design-Klassikern zu verparken, indes: Wenn eine Kirche so mollig ist wie jene in Hetzmannsdorf, dann reicht ein einzelner 2CV nicht ganz.
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
tig geht es hügelauf, hügelab, bis in Jetzelsdorf die Reise zum Grenzfall wird. Ins Pulkautal eingebogen und dann in Alberndorf vor dem Karlwirt eingeparkt. Dieses Wirtshaus gab es schon immer und wird es vermutlich in alle Ewigkeit geben, weil der Senior- Wirt mit dem beziehungsreichen Namen Karl Weinwurm nebst Senior-Wirtin Maria zwei muntere Töchter hat, deren nicht minder reizvolle Töchter freudig zur Mutterschaft neigen. Dazumal, in der ehrwürdigen Epoche der blitzblauen Erst-Ente, wollte das gute Tier bei Regenwetter häufig nicht anspringen. Aber an der Schank lehnte ja gewöhnlich ein Gendarm, der sich nach einem Achtel Grünen Veltliners durchaus geneigt zeigte, seinen Streifenwagen vorzuspannen. Polt hieß er übrigens. Zufälle gibt’s. Hinter dem Karlwirt ist ein Fußballplatz zu finden, der zweimal zum weltbewegenden Schauplatz wurde: Hollareithulliöh, das bis heute größte 2CV Treffen in Österreich. Das lag an mir, wie ich in aller Unbeschei-
denheit anmerke, vor allem aber an Bürgermeister Zottl, einen Dorfoberen von epischen Ausmaßen. Als einmal ein dicker Mercedes mit dickem Fahrer neben ihm hielt und Letzterer mitleidig grinsend nach den Sehenswürdigkeiten hierzulande fragte, sprach Herr Zottl: „Die erste steht schon neben Ihnen.“ Als wir gemeinsam das 2CV-Treffen planten, versprach dieser natürlich auch kochkundige Mann feierlich, einen Waschkessel voll Sauschädelsuppe zu kochen. Als sich dann das Treffen dem Ende zuneigte und noch immer nichts davon zu bemerken war, forderte ich ernsten Blickes und mit fester Stimme sein Versprechen ein. Er darauf: „Nicht vor den Kindern streiten!“ Tags darauf dampfte die Suppe vor sich hin, und es war gut so: Regenwetter und saukalt. Die wirklich wahre und alles entscheidende Gipfelkonferenz fand aber in meinem von zahlreichen Enten umringten Presshaus im nahen Obritz statt. Ich bitte euch um Vergebung, ihr Lieben, Lustigen, Gescheiten, aber ich weiß fast keine Namen mehr, obwohl mir die Gesichter noch immer vertraut sind. Aber die Gerti war schon damals dabei: eines jener heimtückischen Weibsbilder, die mit den Jahren immer noch reizvoller werden, während unsereiner an Schäbigkeit kaum noch was zu wünschen übrig lässt. Aber ich bin außerordentlich stolz darauf, sie letztlich ins Weinviertel gelockt zu haben und ihren Peter
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FOTOS: ANDREAS RIEDMANN
Wie immer. Wohl dem, der einen eigenen Weinkeller hat, in dem er die Zeit anhalten kann. Was auf Besucher aus der Großstadt wie ein Museum wirken könnte, ist natürlich keines, sondern bewahrte Behaglichkeit.
gleich mit. Mein Presshaus und der Keller schauen aus wie immer, nur der große Nussbaum davor fehlt – und er fehlt mir sehr: ein alter Freund weniger. Dennoch taugt dieses kleine, wuchtige Gebäude, seltsam unbestimmt ohne Fundament auf den Boden gestellt, heute wie damals zum respektablen, vergnüglichen Reiseziel. Aber der Weg dort hin wäre keiner ohne gehörige, ungehörige Umwege. Also wieder einmal gespürt, wie gut Enten und Kellergassen miteinander können: Für beide mag es wohl Anfang und Ende geben, aber unendlich viele Ziele räkeln sich reizvoll dazwischen. Weiter oben dann im weithin ausgespannten Land nach Norden zur Grenze hin Schnee und Eis (war ja doch eine gute Idee, Winterreifen zu montieren). Die Stille verkostet, mit der Einsamkeit geredet und in die weiße Welt ringsum die Farben alter Bilder gemalt: zaghaft leichtsinnige Frühlingstage, das Entendach sehnsuchtsvoll geöffnet, träge Sommerhitze dann, schwere, sinnliche Gerüche, die sich ins weithin geöffnete Auto drängten, endlich ungenierte
Fruchtbarkeit im Herbst, die Luft voller Wein und ein leiser, elegischer Ton von Abschied darin. DAS ZIEL ZU GUTER LETZT, Presshaus und Keller. Den vie-
len Geschichten lauschen, die sie zu erzählen wissen. In einer dunkel verschatteten Nische haben tschechische Musiker ihre Namen eingetragen. Darunter steht „1987“ zu lesen und „Hoffnung auf gemeinsames Gebet“. Es hat geholfen, wie wir wissen. Das Ensemble hatte damals ein Konzert in Hollabrunn gegeben. Nachher ging der Herr Bürgermeister mit den Herren vom ORF zum Abendessen, und die Musiker waren sich selbst überlassen. Ich habe sie dazu überredet, mit ihrem Autobus doch Kurs auf mein Presshaus zu nehmen. Es wurde ein lange, herzliche Nacht, voll mit Musik, Wein und Freundschaft. Abreise nach Hollabrunn im Morgengrauen. Doch eine Basstuba wurde im Presshaus vergessen. Die reiste dann mit der Ente hinterher, fürwitzig aus dem offenen Dach ragend. Wie auch immer: Aufbruch nach Wien, irgendwann, recht elegisch. Und was hilft in solchen Fällen? Ein Umweg, der viele Umwege und noch mehr Hügelland in sich birgt – und in Dürnleis ja doch mit einem Abschied endet, der kein Abschied sein möchte. Schön, dass es Menschen wie Gerti und Peter gibt, die Enten bei sich wohnen lassen und ihnen immer wieder mit herzlicher Tatkraft helfend ins Gefieder greifen. Ja, und so nebenbei erwähnt: Ich lese neuerdings wieder verschämt und sehnsuchtsvoll Kleinanzeigen. Eh klar, welche. < 4/2019 extra autorevue 79
vorschau & tagebuch
BMW 8er Cabrio
Range Rover Evoque Mercedes CLA
80, aber schnell
Seit 62 Jahren fährt Dieter Quester Rennen, zuerst in Motorbooten, dann auf Motorrädern, seit 1965 in Autos. Damit hört er natürlich nicht auf, nur weil ein runder Geburtstag gefeiert werden will. Aber er trifft Herbert Völker zum Interview und reist natürlich flink an. In einer Cobra. Original, natürlich. Laura Kraihamer
DIES UND DAS UND EH ALLES
Wir rechnen stets mit dem Besten und werden nur selten enttäuscht, so kann das auch im Mai weitergehen. Die Voraussetzungen dafür sind gut, weil der neue Range Rover Evoque zeigen wird, wie verdichtete Noblesse aussieht, BMW 7er & 8er Cabrio gemeinsam ihre Talente aus breiten und das Mercedes CLA Coupé beweisen will, dass Eleganz auch auf überschaubarer Grundfläche geht. Weiters versammeln wir zwei arge Geräte und die Rennfahrerin Laura Kraihamer dort, wo niemand nach Verkehrsregeln fragt.
Sammlers Lohn
Wer fröhlich sammelt, übt seinen Hauptberuf bald nur mehr nebenberuflich aus, hat aber zum Beispiel eine VW-GolfSammlung mit Exemplaren, von deren Existenz selbst in Wolfsburg niemand weiß. Und dann wird ein Museum draus.
Das Mai-Heft der autorevue erhalten Sie am 19. April beim Zeitschriftenhändler.
MARTIN STRUBREITER
Aus dem Tagebuch eines Redakteurs
FOTOS: ANDREAS RIEDMANN, WERK, SKARICS
Die Schraube im Reifen und das Leiden des N. Montag. Da Rudi Skarics seine Geschichten nicht schreibt, sondern „runterklopft“, ist er der lauteste von uns Redakteuren, wie an dieser Stelle schon zu lesen war. Dass ihm der Verlag ein Tastaturmodell zur Verfügung stellt, das für Kriegsgebiete, Bohrinseln und Weltraumexpeditionen entworfen wurde, hat den Verschleiß zwar gemildert, aber nicht gestoppt. Das fällt besonders auf, wenn die Frühlingssonne zart vom Raiffeisen-Haus gegenüber reflektiert und als Querschläger flach bei unseren Fenstern hereingeschubst wird, also jetzt: Rudis Stahlbeton-Tasten, erst 2016 runderneuert, zeigen wieder beträchtliche Erosion, am schlimmsten beim N. Das N als Lieblingsbuchstabe? Oder einfach ein brutaler rechter Zeigefinger? Mittwoch. Fototermin mit Alfred Komarek und einem Citroën 2CV im Weinviertel, und es zeigt sich der Vorteil der 125er-Reifen: Der 2CV fährt sich keine Schraube ein, das Be-
gleitauto mit seinen 195ern schon. Der Defekt wird beim Hollabrunner Reifenhändler prompt geheilt, und wir wissen jetzt: Toll sind Schrauben zwischen den Profilblöcken, das kostet unter 40 Euro. Blöd sind Schrauben am Übergang zur Reifenflanke, das kostet einen neuen Reifen. Nutze die Pause zu einem Fake-Selfie mit Schriftsteller und Schraube. Alfred Komarek, Schraube und ich sind schon echt, aber das Selfie lassen wir als altmodische Menschen von Andi Riedmann fotografieren. Mittwoch. Die Verteilung von Buchstaben in Texten ist, sagt Ö1, einer persönlichen Note unterworfen. So soll einst ein deutscher Schriftsteller nach einem langen Türkei-Aufenthalt so viele Ü geschrieben haben, dass sie seinem Schriftsetzer regelmäßig ausgingen. Passiert heute nimmer, weil das Ü-Reservoir des Computers unendlich ist. Und weil er die Schriftsetzer ersetzt hat. 4/2019 extra autorevue 81
schlusslicht | AUS UNSEREM ARCHIV
Wie man Bilder liest
Von David Staretz 82 autorevue 4/2019 extra
FOTO: WERK
Leider ist der Originaltext zum NSU-Pressefoto aus den Siebzigerjahren verlorengegangen. So müssen wir uns mit einer Situationserfassung aus heutiger Sicht behelfen: Jugendliche Übeltäter werden beim sinnlos vandalischen Akte an einem Oldtimer überrascht, wobei das energisch zupackende Funkenmariechen dem Nachwuchs zeigen kann, wie man eine abgebrochene Antenne zum Haken biegt, womit sich der Türknopf durch das nachlässig gesenkte Seitenfenster entriegeln lässt.