Formstrahl

Page 1

» formstrahl Sara Hausmann & Achim Böhmer › Designobjekt, Faltbuch, Plakat › Industriedesign, Grafikdesign, Architektur › 20 Epochen, 20 Formen, 100 Beispiele


DIE AUTOREN UND DESIGNER

VORWORT

Sara Hausmann, Kommunikationsdesignstudentin an der Folkwang Hochschule, und Achim Böhmer, Diplom-Kommunikationsdesigner, arbeiten gemeinsam in ihrem Designbüro »achta« in Dortmund.

Seit einigen Jahren formiert sich vor allem auf internationaler Ebene eine sogenannte Designforschung. Auf Kongressen, Tagungen, Workshops etc. versuchen die dort referierenden Designer und Designerinnen sich selbst als die Retter der Welt darzustellen, indem sie weite Bögen über mannigfaltige Probleme spannen. Es ist unbestritten, dass Design dabei natürlich inter-, multi-, cross-, gar transdisziplinär verstanden und betrieben werden muss. Aber das Spezifische von Gestaltung und die globale Bedeutung von Design basiert auf kulturellen Wechselwirkungen und manifestiert sich in den jeweiligen Produkten.

Bernhard E. Bürdek, Professor für Designtheorie und Designmethodologie, Autor zahlreicher Bücher über Produktdesign, lehrt an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main.

Bei all diesen Bemühungen muss insbesondere deutlich gemacht werden, was die anhaltend zunehmende Faszination von Design überhaupt ausmacht: die Gestaltung der Dinge und damit auch deren Formen. Im beginnenden 20. Jahrhundert war oftmals von Formgestaltung die Rede, ein Begriff, der inzwischen doch reichlich obsolet geworden ist. Unbestritten ist aber auch, dass sich das Design selbst in einem permanenten Wandel befindet. Der Übergang von der funktionalen Betrachtung der Gegenstände hin zu deren semantischer Interpretation ist derzeit allenthalben angesagt. Die Diskurse über die Gegenstände müssen indes noch präziser werden. Der FORMSTRAHL bietet dafür eine unverzichtbare Grundlage: er macht nämlich die Bedeutung oder gar die Aura der Produkte sichtbar und verständlich. In der Wechselwirkung mit Grafikdesign, Architektur und ausgewählten technikund kulturhistorischen Begebenheiten wird deutlich, warum Produkte in der jeweiligen Zeit ihr spezifisches Aussehen besaßen. So gesehen ist der FORMSTRAHL ein wichtiger Beitrag zur Disziplinbildung von Design, der sich erfrischend von den zahlreichen geschwätzigen Texten abhebt, die oft genug nur vorgeben, designtheoretisch zu sein.

Bernhard E. Bürdek 01


Erste wirtschaftlich nutzbare Dampfmaschine von J. Watt (1769)

Anmeldung des Patents für einen mechanischen Webstuhl (1785)

Henry Maudslay entwickelt die Ganzmetall-Drehbank

Erstes US-Patent für eine Schreibmaschine: William Austin Burt (1829)

1. Weltausstellung, London: Glaspalast von Joseph Paxton (1851)

INDUSTRIALISIERUNG

1750

1775

1800

1825

1850

T. Chippendale: »The Gentleman and Cabinet-Maker’s Director« (1754)

Pierre Fournier veröffentlicht das »Manuel typographique« (1764-66)

Beginn des Markenschutzes in Frankreich (1791)

Anfertigung der ersten Fotografie: Joseph Nicéphore Nièpce (1826)

H. Cole veröffentlicht das »Journal of Design and Manufactures« (1849)

Josiah Wedgwood & Sons (gegr. 1759), »Traditional White China«, 1796 Josiah Wedgwood ließ Künstler in seiner Töpferei Modelle entwerfen, die dann in Serie produziert wurden. Mit der Trennung von Entwurf und Produktion begann das »Design«.

Richard Trevithick (1771-1833), Dampflokomotive, 1808 Die Erfindung der Lokomotive auf der Basis der Dampfmaschine war ein bedeutender Schritt in der Entwicklung der Industrialisierung und Mobilisierung. Ihre Form visualisiert elementare, funktionale Prinzipien.

Robert Thorne (1754-1820), »Egyptienne«, ca. 1815 Eine große Innovation im Bereich der Schriftgestaltungen war die neue Gruppe der extrem serifenbetonten Schriften (»Egyptiennes«), die die Plakate zu Beginn der Massenkommunikation prägten.

Die Shaker (gegr. Mitte des 18. Jh.), Kleiderbügel, ca. 1850 Diese Religionsgemeinschaft (ab 1774 in den USA) übertrug ihre ethischen Werte wie Ordnung, Einfachheit und Reduktion auf ihre Alltagsgegenstände und begründete damit eine frühe Form funktionaler Gestaltung.

Michael Thonet (1796-1871), Stuhl »Nr. 14«, ca. 1862 (Entwurf 1859) Der Möbelfabrikant entwickelte ein Verfahren, bei dem Holz mithilfe von heißem Dampf in Form gebogen wurde. Die leichten, praktischen Bugholzmöbel waren in Einzelteilen verschiffbar.

INDUSTRIALISIERUNG

› Trennung von Entwurf und Produktion

› Beginn der Standardi-

sierung und der Serienproduktion

› Funktionale Produktlösungen

‹ Gem Manufacturing Ltd.

of England, »Gem«-Büroklammer, 1894

»

Alles Maschinelle kann schön sein, wenn es nur schmucklos ist. Oscar Wilde, 1882

02


Der moderne Büstenhalter befreit die Frauen vom Korsett (1891)

Patentierung revolutionärer Showeffekte der Tänzerin L. Fuller (1893)

Erste öffentliche Filmvorführungen der Brüder Lumière, Paris (1895)

Ebenezer Howard löst in England die »Gartenstadt«-Bewegung aus

George Eastman entwickelt mit der »Brownie« die erste Billig-Kamera

1892

1894

1896

1898

1900

Gründung der Zeitschrift »The Studio« (1893), London

S. Bing eröffnet die Galerie »Maison de l’Art Nouveau«, Paris (1895)

Gründung der Zeitschrift »Die Jugend«, München

Gründung der »Darmstädter Künstlerkolonie« (1899)

Weltausstellung, Paris: Höhepunkt des Art Nouveau

Alphonse Mucha (1860-1939), Werbeplakat für Job Zigarettenpapier, 1896 Seine Plakatmotive nymphenhafter Frauen mit verschlungenem Haar machten sein Lieblingsmodell, die Schauspielerin Sarah Bernhardt, zur Ikone und Mucha zum gefragten Illustrator.

Henry van de Velde (18631957), Gürtelschnalle, ca. 1898 Der große belgische UniversalDesigner war eine prägende Figur des internationalen Art Nouveau. Beeinflusst von keltischer Ornamentik setzte er abstraktere, nicht die Natur imitierende Linien ein.

Victor Horta (1861-1947), Treppenhaus der »Maison Horta«, 1898-1900 Der Pionier der Art-NouveauArchitektur formte auf innovative Weise aus Gusseisen, Holz, Glas und Stein faszinierende, organisch-ornamentale Gesamtkunstwerke.

Hector Guimard (1867-1942), Metrostation »Porte Dauphine«, Paris, 1900 Der französische Art-NouveauArchitekt wurde durch seine Arbeit für die Pariser Métro so berühmt, dass sich Begriffe wie »Style Métro« und »Style Guimard« etablierten.

Otto Eckmann (1865-1902), Schrift »Eckmann«, 1900-02 Als einer der wichtigsten deutschen Vertreter des Jugendstils schuf Eckmann mit seinem extrem organischen Entwurf den Archetyp der Jugendstilschrift und prägte als Illustrator die Zeitschrift »Jugend«.

ART NOUVEAU/JUGENDSTIL

ART NOUVEAU/ JUGENDSTIL

› Organische Gestaltung › Schwungvolle,

dynamische Formen

› Betonung der Linie › Florale oder geo-

metrische Ornamentik

‹ Victor Horta, Türklinke im »Hôtel Solvay«, Brüssel, 1895-1900

»

Eine Linie ist eine Kraft – sie entlehnt ihre Kraft der Energie dessen, der sie gezogen hat. Henry van de Velde, 1902

05


Guglielmo Marconi gelingt die erste transatlantische Radioübertragung

George Blickensderfer stellt die erste elektrische Schreibmaschine her

Die Brüder Wright starten den ersten bemannten Motorflug

I. W. Rubel (USA) und C. Hermann (D) erfinden das Offset-Druckverfahren

Frank Lloyd Wright stellt das »Larkin Building« in Buffalo fertig

1901

1902

1903

1904

1905

Frank Lloyd Wright veröffentlicht »The Art and Craft of the Machine«

»Sezessionsausstellung« zeigt G. Klimts »Beethovenfries«, Wien

Gründung der »Wiener Werkstätte« durch J. Hoffmann und K. Moser

Hermann Muthesius publiziert das Buch »Das englische Haus«

Gründung der expressionistischen Künstlervereinigung »Die Brücke«

Otto Wagner (1841-1918), Vitrinenschrank, 1898-99 Als Professor für Architektur an der Kunstakademie Wien prägte er das Denken der nachfolgenden Generation. Seinen Stil der schlichten, eckigen Möbel, oftmals mit offengelegter Konstruktion, nannte er »Nutzstil«.

Josef Hoffmann (1870-1956), Besteck »Flaches Modell«, 1903-04 Der Mitbegründer sowohl der »Wiener Secession« als auch der »Wiener Werkstätte« und des »Österreichischen Werkbunds« machte das Quadrat zu seinem persönlichen Markenzeichen.

Charles Rennie Mackintosh (1868-1928), Stuhl »Willow 1«, 1904 (Reedition Cassina) Mitglied der Gruppe »The Four« und Architekt der »Glasgow School of Art«. Der japanisch inspirierte Stil seiner Möbel machte ihn zum Visionär des modernen Designs.

Frank Lloyd Wright (1867-1959), Drehstuhl, ca. 1904 Dieser herausragende Architekt aus Chicago beeinflusste die moderne Architektur entscheidend. Da er jedes seiner Häuser als Gesamtkunstwerk sah, schuf er auch die individuell passenden Möbel und Einrichtungen.

Koloman Moser (1868-1918), Kästchen, ca. 1905 Einer der künstlerischen Leiter der »Wiener Werkstätte«. Begann in seinen Entwürfen für Möbel, Metallwaren, Textilien und Plakate naturalistische Motive durch abstraktere, geometrische Muster zu ersetzen.

FRÜHE MODERNE

FRÜHE MODERNE

› Einflüsse aus Fernost › Geometrische Muster › Strenge Linienführung › Schwarz und Weiß bevorzugt

‹ Josef Hoffmann,

Geometrisches Design, (auch »Hoffmann-Quadratl« genannt), um 1930

»

Form follows function. Louis H. Sullivan, 1896

06


FALZMARKEN ->

Technisierung des Krieges: die Briten setzen die ersten Panzer ein

Die »Original Dixieland Jazz Band« veröffentlicht die erste Jazzplatte

G. Apollinaires »visuelle« Gedichte »Calligrammes« postum veröffentlicht

Ernest Rutherford löst die erste künstliche atomare Kernreaktion aus

Erstes regelmäßiges Programm eines Radiosenders, Philadelphia

1916

1917

1918

1919

1920

DE STIJL Gründung der Dadaistischen Bewegung, Zürich

Gründung der Zeitschrift »De Stijl« und Bildung der »De Stijl«-Gruppe

P. Mondrian publiziert seine Theorie des »Neoplastizismus« in »De Stijl«

Walter Gropius gründet das »Staatliche Bauhaus«, Weimar

Gründung der Kunsthochschule »WChUTEMAS«, Moskau

Vilmos Huszár (1884-1960), Schriftzug für »De Stijl«, 1917 Um Doesburgs Zeitschrift »De Stijl« bildete sich eine Gruppe von Malern, Architekten und Grafikern. Huszár schuf mit dem auf rechteckige Elemente reduzierten Schriftzug ein grafisches Manifest dieser Gemeinschaft.

Theo van Doesburg (1883-1931), Buntglasfenster (Entwurf), 1917-18 Der niederländische Künstler tauschte sich sehr stark mit dem Maler Piet Mondrian aus. Genau wie dieser wollte er durch sein Konzept der totalen Abstraktion eine universale Kunst schaffen.

Gerrit Thomas Rietveld (1888-1964), Stuhl »Rot-Blau«, 1918-23 Rietveld wandte die formalen Gesetze der »De Stijl«-Gruppe, wie die Beschränkung auf Waagerechte, Senkrechte und die Primärfarben, auf Architektur, Design und Kunst an.

Cornelis van Eesteren (18971988) & Theo van Doesburg (1883-1931), Design für »Maison d’artiste«, 1923 Aus der engen Zusammenarbeit von »De Stijl«-Architekten und -Künstlern entstanden neuartige Wohnkonzepte, wie dieser kubische Architekturentwurf.

Jacobus J. P. Oud (1890-1963), Klavierlampe, 1928 Als Stadtbaumeister von Rotterdam konnte Oud einige Bauten im »De Stijl«-Look verwirklichen. Auch bei seinen Objekten ging es um die Findung einer harmonischen Balance der Formen.

DE STIJL

› Utopie einer vom

Menschen geschaffenen, harmonischen Ordnung

› Reine geometrische

Formen, Betonung der Horizontalen und Vertikalen

› Verwendung von Primärfarben

‹ Gerrit Thomas Rietveld, Hängeleuchte, 1920

»

Die Erschaffung einer neuen Welt hat begonnen. Theo van Doesburg, 1921

09


Edmund Rumpler baut ein tropfenförmiges Automobil

Weltweite »Ägyptomanie« nach Fund von Tutanchamuns Grab in Ägypten

Le Corbusier publiziert das Buch »Vers une architecture«

Gerrit Thomas Rietveld entwirft das »Haus Schröder«, Utrecht

Präsentation der neu entwickelten Kleinbildkamera »Leica«

1921

1922

1923

1924

1925

»Haus Sommerfeld«, Berlin: Erstes Gemeinschaftsprojekt des Bauhauses

Theo van Doesburg beginnt seinen »De Stijl«-Kurs, Weimar

Erste Bauhaus-Ausstellung, Weimar

Werkbundausstellung unter dem Motto »Die Form ohne Ornament«

»Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes«

László Moholy-Nagy (1895-1946), Vorankündigung der Bauhausbücher, 1924 Der ungarische Gestalter trug dazu bei, dass sich am Bauhaus der sogenannte »Bauhausstil« entwickelte, also die Reduktion auf die geometrischen Grundformen und die Grundfarben.

Walter Gropius (1883-1969), »Meisterhaus Kandinsky/ Klee«, 1925-26 Der Architekt gründete 1919 das »Bauhaus« (Hochschule für Gestaltung) und war bis 1928 sein Direktor. Er entwarf das Bauhausgebäude in Dessau und die dortigen »Meister-Häuser«.

Marcel Breuer (1902-1981), Satztische, 1927 Breuer studierte am Bauhaus und lehrte dann dort als »Jungmeister«. Mit M. Stam und L. Mies van der Rohe erfand er die absolut neue Ästhetik der Stahlrohrmöbel, die für das Bauhaus charakteristisch wurde.

Marianne Brandt (1893-1983), Schreibtischlampe, 1929 Die Bauhausstudentin entwickelte zusammen mit Hin Bredendieck Lampen für die Firma Kandem, die zu den funktionalsten und am weitesten verbreiteten Produkten des Bauhauses gehörten.

Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969), Glastisch »Barcelona«, 1929 (Reedition Knoll International) Wichtigster Repräsentant des »Internationalen Stils« der 30er-Jahre. Er strebte nach höchster Qualität und Vollendung in Architektur und Design.

BAUHAUS

BAUHAUS

› Neue Einheit von Kunst und Technik

› Interdisziplinäre Ausbildung

› Industrielle Materialien › Funktionale Gestaltung, reduzierte Formensprache

‹ Marcel Breuer, Stuhl

»Modell Nr. B33«, 1927-1928

»

Weniger ist mehr. Ludwig Mies van der Rohe, 1912

10


Die ersten Mikroprozessoren werden entwickelt

D. Meadows veröffentlicht »The Limits to Growth«

Bau des ersten Hauses, das mit Solarenergie versorgt wird (USA)

Erste Fernsehaufzeichnungen mit Heim-Videorecordern

Verkauf erster, nur als Bausatz lieferbarer Heimcomputer

1971

1972

1973

1974

1975

A. u. P. G. Castiglionis Ready-madeHocker »Mezzadro« geht in Serie

Olympische Spiele in München, Erscheinungsbild: Otl Aicher

Gründung von »Global Tools«, einer Schule für Radical Design, Florenz

Die Gruppe »Des-in« aus Offenbach präsentiert »Recycling-Design«

Die britische Mode- und LifestyleKette »BIBA« wird aufgelöst

C. Casati & E. Ponzio (geb. 1936 & 1923), Lampen »Pillola«, 1968 Trotz des gesellschaftskritischen Ansatzes der »Radical«Designer wurden Entwürfe wie die Lampe »Pillola« durch die Ausstellung »Italy: The New Domestic Landscape« im MoMA zu sehr begehrten Objekten.

Gaetano Pesce (geb. 1939), Aufblasbarer Sessel »Up 5«, 1969 Radikal neue Konzepte für Sitzmöbel wie die Sessel »Sacco«, »Blow up« oder »Up5« richteten sich gegen vorgeschriebene Sitzhaltungen und gesellschaftliche Wohnkonventionen.

Archizoom Associati (19661974), »Fotomontaggi Urbani, Aerodynamic City«, 1969 Viele »Anti Design«-Gruppen verzichteten auf das Gestalten von Gegenständen und protestierten mit Projektentwürfen, die surreale Welten visualisierten, gegen die Konsumgesellschaft.

Superstudio (1966-1978), Tisch »Quaderna«, 1971 Die Gruppe »Superstudio« aus Florenz überzog Gegenstände provokant mit gitterartigen »Superstrukturen«, um zu demonstrieren, dass ein zu weit getriebener Rationalismus in die Absurdität führen kann.

UFO Group (gegr. 1967), Prototyp »Doric Temple«, 1971 Das neue Material Polyurethanschaum wurde begeistert aufgenommen, weil daraus nahezu alles formbar war und es so die bildhafte, illusionistische und ironische Sprache des Radical Design ermöglichte.

RADICAL DESIGN

RADICAL DESIGN

› Kritik an Konsumgesellschaft und übertriebenem Rationalismus

› Ironie und Provokation › Experimentelles Design › Gestaltung von

»Bildern« anstelle von Produkten

‹ De Pas, D’Urbino & Lomazzi, Sessel »Joe«, 1970

»

Die gute Form betört mich nicht. Ettore Sottsass

17


Eröffnung des »Centre Pompidou« in Paris, Entwurf: Renzo Piano (1977)

Erstes tragbares Stereo-Kassettengerät, der »Walkman« (1979)

Philip Johnson entwirft das »AT&T Building«, New York (1980-84)

Erste »Personal Computer« mit Festplatte und Maus (1983)

Die ersten Swatch-Armbanduhren kommen auf den Markt (1983)

1976

1978

1980

1982

1984

»Design for Need«-Konferenz des »ICSID«, London

»Studio Alchimia«-Objekte auf der Mailänder Möbelmesse (1979)

Gründung der Gruppe »Memphis«, Mailand (1981)

Gründung der Designhochschule »Domus«, Mailand

Die erste Ausgabe der Zeitschrift »Emigre« erscheint, Kalifornien

Alessandro Mendini (geb. 1931), Sofa »Kandissi«, 1978 Mendini und seine Gruppe »Studio Alchimia« behaupteten, dass originelle Gestaltung nicht mehr möglich sei und Designer nur dekorieren könnten. Typisch für die Entwürfe waren Symbole, Stilzitate, Kitsch und Ironie.

Michele De Lucchi (geb. 1951), Holzmodell eines Toasters für Girmi, 1979 Michele de Lucchi entwarf seit 1978 für »Alchimia« Design, war ein wichtiges Mitglied der Gruppe »Memphis« und arbeitete seit den 80er-Jahren für Firmen wie Olivetti und Artemide.

Matteo Thun (geb. 1952), Vasen »Danubio & Volga«, 1983 Thun gehörte zu der von Ettore Sottsass, Michele De Lucchi u.a. gegründeten Gruppe »Memphis«, die einen Designboom auslöste. Er war Art Director bei Swatch und entwarf zahlreiche Porzellanund Möbelobjekte.

April Greiman (geb. 1948), Poster »Warner Records«, 1983 Auch im Grafikdesign formierte sich in den 80er-Jahren mit Einführung des »Desktop Publishing« eine Bewegung, genannt »California New Wave«. Wilde, collagenhafte Grafiken brachen mit allen Traditionen.

Michael Graves (geb. 1934), »Tea & Coffee Piazza« für Alessi, 1983 Der Begriff »Postmoderne«, der aus der Architekturtheorie stammt, wurde nach und nach auch auf »Mikroarchitekturen« und das Design von Gebrauchsgegenständen übertragen.

POSTMODERNE

POSTMODERNE

› Neue Ornamentik und historische Zitate

› Verspielte Designobjekte mit geringem praktischem Nutzen

› Symbolische, bunte

Entwürfe mit hohem Wiedererkennungswert

‹ Ettore Sottsass, Regal »Carlton«, 1981

»

Entwerfen ist Dekorieren. Alessandro Mendini, 1980

18


Neue Entwicklungen in der Bionik, z. B. »Haifischhaut« im Flugzeugbau

Chemie-Nobelpreis für PCR-Technik zur Vervielfältigung der DNA (1993)

Das neue Audiocodierverfahren erhält den Namen MP3 (1995)

Gründung der Internet-Suchmaschine »Google«

Eröffnung der »Tate Modern«, London, Entwurf: Herzog & de Meuron

1992

1994

1996

1998

2000

David Carson gestaltet die Zeitschrift »Ray Gun«

A. Citterio und O. Löw präsentieren transluzente Kunststoffmöbel

»13 nach Memphis«, Museum für Kunsthandwerk, Frankfurt (1995)

Die bonbonbunten iMac-Computer von Apple kommen auf den Markt

Veröffentlichung des Buches »No Logo!« von Naomi Klein

Coop Himmelb(l)au (gegr. 1968), Stuhl »Vodöl«, 1988 Das Architekturatelier von Helmut Swiczinsky und Wolf Prix wollte sich mit schrägen, verwinkelten Formen von der Moderne differenzieren, erkennbar an dieser Dekonstruktion eines Sessels von Le Corbusier.

Droog Design (gegr. 1993), Kommode »dd-22«, 1993 Das niederländische Designkollektiv zeichnet sich durch stark vom Zufall beeinflusste Lösungen aus und schließt an Readymade-Konzepte der 20er-Jahre an. Trockener (»droog«) Humor gehört zu den Markenzeichen.

David Carson (geb. 1957), Illustration, 1995 Der Grafiker revolutionierte durch seinen unkonventionellen, experimentellen Umgang mit Schrift die visuelle Kommunikation der 90er-Jahre. Klassische Seh- und Lesegewohnheiten ignorierte er völlig.

Frank O. Gehry (geb. 1929), »Guggenheim Bilbao«, 1997 Als einer der führenden Vertreter des Dekonstruktivismus verwendet er spektakuläre, verzerrte Formen, die, oft verstärkt durch metallisch glänzende Oberflächen, futuristisch und surreal erscheinen.

Zaha Hadid (geb. 1950), Stuhl »Crystal«, 2005 Die im Irak geborene Architektin überträgt die bruchstückhaften, expressiven Formen des Dekonstruktivismus auch auf das Produktdesign, wodurch kühle, visionäre »Gebrauchsskulpturen« entstehen.

DEKONSTRUKTIVISMUS

DEKONSTRUKTIVISMUS

› Auflösung traditioneller Gestaltungsmuster

› Fragmentierte,

zersplitterte Formen

› Entstehung

neuer Strukturen und Kompositionen

‹ Daniel Libeskind, Grundriss des Jüdischen Museums in Berlin, 1989-1998

»

Auf zu neuen Ebenen formaler Komplexität! Patrik Schumacher, 2000

20


Gründung der »freien OnlineEnzyklopädie Wikipedia«

D. Libeskind: Entwurf für Neubau auf »Ground Zero«, New York (2003)

Mediale Diskussion über die Risiken und Chancen der Nanotechnologie

Der Begriff »Web 2.0« etabliert sich für neue Entwicklungen im Internet

Der »Vierte UN-Klimabericht« warnt vor der globalen Erwärmung (2007)

DESIGN ZU BEGINN DES 21. JAHRHUNDERTS

2001

2002

2004

2006

2008

C. Reas u. B. Fry starten Open Source Design-Programm »Processing«

»Generative Art and Design Conference«, Mailand

»Design Miami«, eine »Kunstmesse« für Design startet (2005)

John Maeda veröffentlicht das Buch »The Laws of Simplicity«

Ausstellung »Design contre Design«, Grand Palais, Paris (2007)

John Maeda (geb. 1966), Grafik »Fireball«, 2000 Als Professor am Massachusetts Institute of Technology verknüpft Maeda Technologie und Gestaltung, indem er neue Computerprogramme entwickelt, die eigenständig Grafiken generieren.

IDEO (gegr. 1991), CD-Player für Muji, 2002 Ursprünglich während eines Forschungsseminars namens »Without Thought« von DMN und IDEO entworfen. Ziel war ein gestalterischer Ansatz, der den Zweck des Produkts intuitiv erfassbar machen sollte.

Konstantin Grcic (geb. 1965), »Chair_one«, 2003 Die formale Strenge seiner Entwürfe gab dem Schüler Jasper Morrisons den Titel »Gestalter der Neuen Einfachheit«. Vor diesem Hintergrund hat Grcic einen einzigartigen, technologiebedingten Stil ausgebildet.

Patricia Urquiola (geb. 1961), Liege »Antibodi«, 2006 Die Spanierin, die in Italien bei Achille Castiglioni und Vico Magistretti gelernt hat, gestaltet ihre Entwürfe so, dass Muster, Strukturen und der Charakter der verwendeten Materialien dominieren.

Ronan & Erwan Bouroullec (geb. 1971 & 1976), Raumteiler »Rocs«, 2007 Das intelligente Design der Brüder Bouroullec zeigt sich in der Entwicklung von Systemen, die auf ungewöhnlichen Modulen basieren. So kreieren sie eine neuartige Ästhetik.

DESIGN ZU BEGINN DES 21. JAHRHUNDERTS

› Intuitive Bedienbarkeit › Spagat zwischen Einfachheit und Komplexität

› Computergenerierte Ästhetik

‹ Jonathan Ive, »iPod«, 2002

»

Die bestimmenden Qualitätskriterien: Mühelosigkeit und Einfachheit im Gebrauch. Jonathan Ive, 2005

21


» designline Sara Hausmann & Achim Böhmer

› Folding book, design object, poster › Industrial design, graphic design, architecture › 20 epochs, 20 forms, 100 examples


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.