Jahrhundertkneipen in Berlin

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INTERACTIVE BOOK

CLEMENS FÜSERS

JAHRHUNDERT KNEIPEN IN BERLIN 2


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INHALT DIENER TATTERSALL, CHARLOTTENBURG (S. 08–19)

XANTENER ECK, WILMERSDORF (S. 52–59)

KUCHEN KAISER, KREUZBERG (S. 86–95)

ZUR LETZTEN INSTANZ, MITTE (S. 134–147)

Von der Ausspannung zur Künstlerkneipe, von der Kaschemme für trinkfeste Kutscher zum Who is Who der Boheme. Der Treffpunkt schlechthin zwischen Ku’damm-Bühnen, Renaissance-Theater und Theater des Westens. Hier wurden schon in der Pause die Theaterpremieren diskutiert, hier prügelten sich die Stars, hier lagen die Fans ihren Idolen zu Füßen. Unverändert rustikales Ambiente im Proletarierstil der Kaiserzeit. Bei Musikern sehr beliebt, da keinerlei Beschallung.

Eine simple Eckkneipe mausert sich zur „Schatztruhe“ des mittleren Ku’damms. Ehemalige Nazistammkneipe und Treffpunkt für Spione aus Ost und West während des Kalten Krieges. Heute behagliche Gastlichkeit und beliebtes Ambiente bei Künstlern und Politikern mit Hang zu deftiger Küche. Stammlokal des verstorbenen Altkanzlers Kohl und des Lebemanns Rolf Eden. Ein Bollwerk der Urberliner Gastronomie mit einem Dutzend Biersorten vom Fass, immer wieder begehrter Standort für Investoren aus China. Größter Fan des Lokals ist ein ehemaliger Bürgermeister vom Niederrhein, jeder zweiter Xantener war schon hier.

Ein Lieferwagen explodiert, eine Drehtür klemmt, eine Dame bricht tot zusammen, ein Zeppelin fängt Feuer. Immer dabei: die Kuchen und Torten von Kuchen Kaiser. Produkte von Spitzenqualität erobern vom Oranienplatz aus die Welt. Lieblingskaffeehaus des Reichstagspräsidenten Friedrich Ebert. Seit über 130 Jahren immer auf dem neuesten Stand der Gastrotechnik, die Speisen immer frisch, immer handgemacht. Die erste Adresse für alle Kreuzberger Naschkatzen. Kalorienzählen verboten!

Mit fast 400 Jahren die älteste Restauration der Stadt. Bis zur Eröffnung des nahen Landgerichts bürgerliches Biedermeierambiente zum Klang des Glockenspiels der Parochialkirche. Riesiger Kachelofen, auf dem schon Napoleon gesessen haben soll. Seit der Wende Treffpunkt der großen Politik mit direktem Draht ins Weiße Haus, nicht selten offizielle Ausgehstätte für Staatsgäste. Prominente Besucher aus aller Welt lernten hier die deftige Berliner Küche kennen. Die Speisekarte ist ein Lehrbuch für Justizdeutsch mit Berliner Zungenschlag.

E. & M. LEYDICKE, SCHÖNEBERG (S. 60–69)

Die Großraumgastronomie als Jugendstilmuseum mit eigenem Ballsaal, Bibliothek und Konferenzraum. Fragile Glasmalerei mit rustikalem Ambiente unter dem Patronat von Wilhelm Busch, der dem Gründer Fournier persönlich seine Einwilligung zur Namensgebung gab, unter der Bedingung, dass einmal pro Woche gratis Erbsensuppe für Bedürftige ausgegeben wird. Heimstatt der Krimischriftstellerinnen „Mörderische Schwestern“, letzter Drehort für Filmlegende Romy Schneider.

MOMMSEN-ECK, CHARLOTTENBURG (S. 20–29) Nach der Oktoberrevolution Anlaufstelle für Exilrussen im Herzen Charlottengrads und Stammkneipe des Medizinpioniers Robert Koch, heute Dreh- und Angelpunkt im Hindemithkiez. Großgas­ tronomie mit Wintergarten, Biergenuss als philosophisches Gesamtkonzept. Einführungskurse in die Kunst der Bierbrauens und des Zapfens, alle Weltrekorde rund ums Bier sind abrufbar. Haus der 100 Biere ist offizieller Teil des Namens, aber untertrieben: 100 Flaschenbiere aus aller Welt, 15 vom Fass. Beliebter Treffpunkt für Schauspieler nach Theaterpremieren, Drehort der legendären Arzt­s erie „Praxis Bülowbogen“. Boulette mit Kartoffelsalat heißt hier „Pferdeapfel auf Heu“.

Von der Likörfabrik zum gastronomischen Mythos am Rande Schönebergs. Der Inbegriff der Destille, weit über die Grenzen des Bezirks berüchtigt, vorwiegend durch die Eiserne Lucie, die Mutter aller Berliner Wirtinnen, Rekordhalterin im Erteilen von Hausverboten. Seit Jahrzehnten Pflichtprogramm für Klassenfahrten. Heute trotzt Enkel Raimon allen Verfallserscheinungen. Seit 130 Jahren haben die Wände keine Farbe und keinen Pinsel gesehen. Jedes Tischbein hat Geschichte. Urig, zerknittert und abgeranzt, absolut authentisch.

WENDEL, CHARLOTTENBURG (S. 30–39)

HENNE, KREUZBERG (S. 70–79)

Gastronomisches Urgestein im Schatten des Charlottenburger Rathauses. Vor knapp 100 Jahren löste gepflegte Gastlichkeit pöbelnde Pferdehändler ab. Ein kaiserlicher Küchenchef avancierte zum stadtbekannten Wirt mit Sinn für Ordnung und Marketing. Würfeln und Kartenspielen verboten! Zwölf Biere vom Fass und Berliner Küche genießen erlaubt. Erste Anlaufstelle für Bezirkspolitiker und Bedienstete der Deutschen Oper, da beides in Sichtweite. Antrittsbesuche von neugewählten Bürgermeistern ist Pflicht. Und jeder kann dem Koch beim Boulettenbraten über die Schulter schauen.

Ein Alt-Berliner Wirtshaus, wie es im Buche steht, mit Hirschgeweihen, Likörfässern und Schnapsorgel. Perfekte Kulisse für Historienfilme über die Kaiserzeit, siehe „Der Hauptmann von Köpenick“ mit Harald Juhnke. Früher unmittelbar am Todestreifen gelegen, wurde bis zum Mauerbau Bier über die innerdeutsche Grenze verkauft. Einziges Lokal mit einem persönlichen Brief von John F. Kennedy, der vor seinem Berlinbesuch 1963 vom Wirt eingeladen wurde. Berühmtestes Huhn von Berlin, knusprig frittiertes Jungmasthähnchen mit Suchtcharakter. Unbedingt vorbestellen und Wartezeit einplanen!

WILHELM HOECK 1892, CHARLOTTENBURG (S. 40–51)

ZUR KLEINEN MARKTHALLE, KREUZBERG (S. 80–85)

Die älteste Kneipe Charlottenburgs, feucht-fröhliches Treiben unter den Blicken des strengen Gründungsvaters Wilhelm Hoeck, vertrautes Gewusel zwischen Schnapsfässern, Gluckerflaschen und scheppernder Registrierkasse. Motiv für Zille-Zeichnung, einziges Lokal, dessen ehemaliger Wirt Gold bei Olympia holte. Hier treffen Opernsänger auf Schlagerstars, mischt sich Kiezvolk mit Durchreisenden und debattierenden Studenten. Gerne auch mal Filmkulisse für Hafenkneipen und Kaschemmen. Lautes Skatdreschen zu französischen Akkordeonklängen. Purer Genuss mit Rotem Rogoschin und Schierker Feuerstein, dazu die in Frankreich offiziell ausgezeichnete beste Blutwurst Europas.

Letztes Überbleibsel der damals quirligen Markthalle VII. Ein Kleinod der besinnlichen Einkehr, keine Musik, kein Spielautomat, kein Fernseher. Eher entspanntes Gemurmel bei Knusperhähnchen und „Scharfer Sau“ und „Feiger Sau“, einmal pikant für den Herren, einmal mild für die Dame. Im Winter intimes Tête-à-Tête unter der Vorderfront des mehrere tausend Liter fassenden Weinfasses, im Sommer Turteln im lauschigen Biergarten.

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MAX & MORITZ, KREUZBERG (S. 96–105)

YORCKSCHLÖSSCHEN, KREUZBERG (S. 106–115) Vom Wiener Kaffeehaus über SA-Stammkneipe zur Kreuzberger Institution. Legendäres Wohnzimmer mitten im Trampelpfad der Altlinken und Berufsrevoluzzer im Herzen des alten SW 61. Früher berüchtigt als „Neuschwanstein für Arme“ mit dem allabendlichen „Ball der Hoffnungslosen“. Heute erste Anlaufstelle für Blues-, Funk- und Jazzfreunde, Livemusik auf höchstem Niveau zu kleinen Preisen. Urgemütlich mit Krimskrams und Nippes, dabei ein lauschiger Biergarten mit dem Hauch von Bier und Boulette. ZUM UMSTEIGER, KREUZBERG (S. 116–123) Die einsamste Kneipe in ganz Berlin, das einzige Haus zwischen den Yorckbrücken. Seit über 100 Jahren ein Mekka für Eisenbahnfreunde, zahlreiche Stammtische auch aus dem Ausland für „Pufferküsser“. U-Bahn-, S-Bahn- und Reichsbahndevotionalien, wo das Auge hinblickt. Perfekt für ein schnelles Bier mit Schnaps für „Umsteiger“ zwischen S- und U-Bahn. Klein, aber fein, eine Minikneipe mit Atmosphäre; schon mit 20 Gästen wirkt das Lokal überfüllt. SOPHIENECK, MITTE (S. 124–133) Eine runde Ecke mit langer Geschichte. Mal Dampfwäscherei, mal Backstube, mal Erdmöbellager. Dann kam Mutter Erdmann und sorgte mit weißen Tischdecken für gediegene Bürgerlichkeit inmitten des berüchtigten Scheunenviertels. Heute oft die erste Bekanntschaft von Jungtouris mit Alt-Berliner Gastlichkeit. Dunkle Holzvertäfelung und niedrige Hängelampen sorgen für heimelige Wohnzimmeratmosphäre.

BORNHOLMER HÜTTE, PRENZLAUER BERG (S. 148–157) Traditioneller Feierabendtreff in langjährigem Familienbesitz mit Wirt von echtem Schrot und Korn. Unweit des Grenzübergangs zu DDR-Zeiten ein beliebter Ort für Tausch und Handel in beide Richtungen. Billiges Bier für West-Rentner, Valutadepot für DDRBürger. Älteste noch betriebene Kegelbahn der Stadt im Originalzustand mit Kegel zum Selberaufstellen.

METZER ECK, PRENZLAUER BERG (S. 158–167) Die gute Stube im Prenzlauer Berg, ein Lokal mit Familiensinn und Tradition, seit der Gründung ununterbrochen in Familienbesitz. Urberliner Gemütlichkeit zwischen Viereckkachelofen und Sparbüchsenkonsole. Für viele Alteingesessene ein lebenslanger Begleiter für Geburtstage, Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen. Probe­b esprechungen von Theatergrößen unter dem handgeschriebenen Brief von Heinrich Zille, der aus gesundheitlichen Gründen sein Kommen zu dem nach ihm benannten Ball absagen musste. Stammtisch für „Chorkinder“ und Kulisse für Musikvideos der legendären „Henne“ Hahnemann. Aber niemals ohne Bier und Eisbein!

RESTAURATION ZUR GARDESTUBE – QUARTIER DER HAUPTMANNGARDE, KÖPENICK (S. 168–175) Eine Kneipe als Denkmal, eine begehbare Erinnerung an das berühmteste Verbrechen des Kaiserreichs. Hier dreht sich alles um den Schuster Voigt, der als Hauptmann von Köpenick die Rathauskasse plünderte und das ganze Land zum Schmunzeln brachte. Eine zwinkernde Verbeugung vor Preußens Glanz und Gloria, begleitet von „Marschverpflegung“ und „Stärkung nach der Dienstzeit“. Eine bierselige Bastion im Herzen der Altstadt und im Schatten des Rathauses, eine tapfere Truppe Freiwilliger, die in Originaluniformen die Köpenickiade nachstellt. Darüber lacht sogar der Kaiser.

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INHALT DIENER TATTERSALL, CHARLOTTENBURG (S. 08–19)

XANTENER ECK, WILMERSDORF (S. 52–59)

KUCHEN KAISER, KREUZBERG (S. 86–95)

ZUR LETZTEN INSTANZ, MITTE (S. 134–147)

Von der Ausspannung zur Künstlerkneipe, von der Kaschemme für trinkfeste Kutscher zum Who is Who der Boheme. Der Treffpunkt schlechthin zwischen Ku’damm-Bühnen, Renaissance-Theater und Theater des Westens. Hier wurden schon in der Pause die Theaterpremieren diskutiert, hier prügelten sich die Stars, hier lagen die Fans ihren Idolen zu Füßen. Unverändert rustikales Ambiente im Proletarierstil der Kaiserzeit. Bei Musikern sehr beliebt, da keinerlei Beschallung.

Eine simple Eckkneipe mausert sich zur „Schatztruhe“ des mittleren Ku’damms. Ehemalige Nazistammkneipe und Treffpunkt für Spione aus Ost und West während des Kalten Krieges. Heute behagliche Gastlichkeit und beliebtes Ambiente bei Künstlern und Politikern mit Hang zu deftiger Küche. Stammlokal des verstorbenen Altkanzlers Kohl und des Lebemanns Rolf Eden. Ein Bollwerk der Urberliner Gastronomie mit einem Dutzend Biersorten vom Fass, immer wieder begehrter Standort für Investoren aus China. Größter Fan des Lokals ist ein ehemaliger Bürgermeister vom Niederrhein, jeder zweiter Xantener war schon hier.

Ein Lieferwagen explodiert, eine Drehtür klemmt, eine Dame bricht tot zusammen, ein Zeppelin fängt Feuer. Immer dabei: die Kuchen und Torten von Kuchen Kaiser. Produkte von Spitzenqualität erobern vom Oranienplatz aus die Welt. Lieblingskaffeehaus des Reichstagspräsidenten Friedrich Ebert. Seit über 130 Jahren immer auf dem neuesten Stand der Gastrotechnik, die Speisen immer frisch, immer handgemacht. Die erste Adresse für alle Kreuzberger Naschkatzen. Kalorienzählen verboten!

Mit fast 400 Jahren die älteste Restauration der Stadt. Bis zur Eröffnung des nahen Landgerichts bürgerliches Biedermeierambiente zum Klang des Glockenspiels der Parochialkirche. Riesiger Kachelofen, auf dem schon Napoleon gesessen haben soll. Seit der Wende Treffpunkt der großen Politik mit direktem Draht ins Weiße Haus, nicht selten offizielle Ausgehstätte für Staatsgäste. Prominente Besucher aus aller Welt lernten hier die deftige Berliner Küche kennen. Die Speisekarte ist ein Lehrbuch für Justizdeutsch mit Berliner Zungenschlag.

E. & M. LEYDICKE, SCHÖNEBERG (S. 60–69)

Die Großraumgastronomie als Jugendstilmuseum mit eigenem Ballsaal, Bibliothek und Konferenzraum. Fragile Glasmalerei mit rustikalem Ambiente unter dem Patronat von Wilhelm Busch, der dem Gründer Fournier persönlich seine Einwilligung zur Namensgebung gab, unter der Bedingung, dass einmal pro Woche gratis Erbsensuppe für Bedürftige ausgegeben wird. Heimstatt der Krimischriftstellerinnen „Mörderische Schwestern“, letzter Drehort für Filmlegende Romy Schneider.

MOMMSEN-ECK, CHARLOTTENBURG (S. 20–29) Nach der Oktoberrevolution Anlaufstelle für Exilrussen im Herzen Charlottengrads und Stammkneipe des Medizinpioniers Robert Koch, heute Dreh- und Angelpunkt im Hindemithkiez. Großgas­ tronomie mit Wintergarten, Biergenuss als philosophisches Gesamtkonzept. Einführungskurse in die Kunst der Bierbrauens und des Zapfens, alle Weltrekorde rund ums Bier sind abrufbar. Haus der 100 Biere ist offizieller Teil des Namens, aber untertrieben: 100 Flaschenbiere aus aller Welt, 15 vom Fass. Beliebter Treffpunkt für Schauspieler nach Theaterpremieren, Drehort der legendären Arzt­s erie „Praxis Bülowbogen“. Boulette mit Kartoffelsalat heißt hier „Pferdeapfel auf Heu“.

Von der Likörfabrik zum gastronomischen Mythos am Rande Schönebergs. Der Inbegriff der Destille, weit über die Grenzen des Bezirks berüchtigt, vorwiegend durch die Eiserne Lucie, die Mutter aller Berliner Wirtinnen, Rekordhalterin im Erteilen von Hausverboten. Seit Jahrzehnten Pflichtprogramm für Klassenfahrten. Heute trotzt Enkel Raimon allen Verfallserscheinungen. Seit 130 Jahren haben die Wände keine Farbe und keinen Pinsel gesehen. Jedes Tischbein hat Geschichte. Urig, zerknittert und abgeranzt, absolut authentisch.

WENDEL, CHARLOTTENBURG (S. 30–39)

HENNE, KREUZBERG (S. 70–79)

Gastronomisches Urgestein im Schatten des Charlottenburger Rathauses. Vor knapp 100 Jahren löste gepflegte Gastlichkeit pöbelnde Pferdehändler ab. Ein kaiserlicher Küchenchef avancierte zum stadtbekannten Wirt mit Sinn für Ordnung und Marketing. Würfeln und Kartenspielen verboten! Zwölf Biere vom Fass und Berliner Küche genießen erlaubt. Erste Anlaufstelle für Bezirkspolitiker und Bedienstete der Deutschen Oper, da beides in Sichtweite. Antrittsbesuche von neugewählten Bürgermeistern ist Pflicht. Und jeder kann dem Koch beim Boulettenbraten über die Schulter schauen.

Ein Alt-Berliner Wirtshaus, wie es im Buche steht, mit Hirschgeweihen, Likörfässern und Schnapsorgel. Perfekte Kulisse für Historienfilme über die Kaiserzeit, siehe „Der Hauptmann von Köpenick“ mit Harald Juhnke. Früher unmittelbar am Todestreifen gelegen, wurde bis zum Mauerbau Bier über die innerdeutsche Grenze verkauft. Einziges Lokal mit einem persönlichen Brief von John F. Kennedy, der vor seinem Berlinbesuch 1963 vom Wirt eingeladen wurde. Berühmtestes Huhn von Berlin, knusprig frittiertes Jungmasthähnchen mit Suchtcharakter. Unbedingt vorbestellen und Wartezeit einplanen!

WILHELM HOECK 1892, CHARLOTTENBURG (S. 40–51)

ZUR KLEINEN MARKTHALLE, KREUZBERG (S. 80–85)

Die älteste Kneipe Charlottenburgs, feucht-fröhliches Treiben unter den Blicken des strengen Gründungsvaters Wilhelm Hoeck, vertrautes Gewusel zwischen Schnapsfässern, Gluckerflaschen und scheppernder Registrierkasse. Motiv für Zille-Zeichnung, einziges Lokal, dessen ehemaliger Wirt Gold bei Olympia holte. Hier treffen Opernsänger auf Schlagerstars, mischt sich Kiezvolk mit Durchreisenden und debattierenden Studenten. Gerne auch mal Filmkulisse für Hafenkneipen und Kaschemmen. Lautes Skatdreschen zu französischen Akkordeonklängen. Purer Genuss mit Rotem Rogoschin und Schierker Feuerstein, dazu die in Frankreich offiziell ausgezeichnete beste Blutwurst Europas.

Letztes Überbleibsel der damals quirligen Markthalle VII. Ein Kleinod der besinnlichen Einkehr, keine Musik, kein Spielautomat, kein Fernseher. Eher entspanntes Gemurmel bei Knusperhähnchen und „Scharfer Sau“ und „Feiger Sau“, einmal pikant für den Herren, einmal mild für die Dame. Im Winter intimes Tête-à-Tête unter der Vorderfront des mehrere tausend Liter fassenden Weinfasses, im Sommer Turteln im lauschigen Biergarten.

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MAX & MORITZ, KREUZBERG (S. 96–105)

YORCKSCHLÖSSCHEN, KREUZBERG (S. 106–115) Vom Wiener Kaffeehaus über SA-Stammkneipe zur Kreuzberger Institution. Legendäres Wohnzimmer mitten im Trampelpfad der Altlinken und Berufsrevoluzzer im Herzen des alten SW 61. Früher berüchtigt als „Neuschwanstein für Arme“ mit dem allabendlichen „Ball der Hoffnungslosen“. Heute erste Anlaufstelle für Blues-, Funk- und Jazzfreunde, Livemusik auf höchstem Niveau zu kleinen Preisen. Urgemütlich mit Krimskrams und Nippes, dabei ein lauschiger Biergarten mit dem Hauch von Bier und Boulette. ZUM UMSTEIGER, KREUZBERG (S. 116–123) Die einsamste Kneipe in ganz Berlin, das einzige Haus zwischen den Yorckbrücken. Seit über 100 Jahren ein Mekka für Eisenbahnfreunde, zahlreiche Stammtische auch aus dem Ausland für „Pufferküsser“. U-Bahn-, S-Bahn- und Reichsbahndevotionalien, wo das Auge hinblickt. Perfekt für ein schnelles Bier mit Schnaps für „Umsteiger“ zwischen S- und U-Bahn. Klein, aber fein, eine Minikneipe mit Atmosphäre; schon mit 20 Gästen wirkt das Lokal überfüllt. SOPHIENECK, MITTE (S. 124–133) Eine runde Ecke mit langer Geschichte. Mal Dampfwäscherei, mal Backstube, mal Erdmöbellager. Dann kam Mutter Erdmann und sorgte mit weißen Tischdecken für gediegene Bürgerlichkeit inmitten des berüchtigten Scheunenviertels. Heute oft die erste Bekanntschaft von Jungtouris mit Alt-Berliner Gastlichkeit. Dunkle Holzvertäfelung und niedrige Hängelampen sorgen für heimelige Wohnzimmeratmosphäre.

BORNHOLMER HÜTTE, PRENZLAUER BERG (S. 148–157) Traditioneller Feierabendtreff in langjährigem Familienbesitz mit Wirt von echtem Schrot und Korn. Unweit des Grenzübergangs zu DDR-Zeiten ein beliebter Ort für Tausch und Handel in beide Richtungen. Billiges Bier für West-Rentner, Valutadepot für DDRBürger. Älteste noch betriebene Kegelbahn der Stadt im Originalzustand mit Kegel zum Selberaufstellen.

METZER ECK, PRENZLAUER BERG (S. 158–167) Die gute Stube im Prenzlauer Berg, ein Lokal mit Familiensinn und Tradition, seit der Gründung ununterbrochen in Familienbesitz. Urberliner Gemütlichkeit zwischen Viereckkachelofen und Sparbüchsenkonsole. Für viele Alteingesessene ein lebenslanger Begleiter für Geburtstage, Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen. Probe­b esprechungen von Theatergrößen unter dem handgeschriebenen Brief von Heinrich Zille, der aus gesundheitlichen Gründen sein Kommen zu dem nach ihm benannten Ball absagen musste. Stammtisch für „Chorkinder“ und Kulisse für Musikvideos der legendären „Henne“ Hahnemann. Aber niemals ohne Bier und Eisbein!

RESTAURATION ZUR GARDESTUBE – QUARTIER DER HAUPTMANNGARDE, KÖPENICK (S. 168–175) Eine Kneipe als Denkmal, eine begehbare Erinnerung an das berühmteste Verbrechen des Kaiserreichs. Hier dreht sich alles um den Schuster Voigt, der als Hauptmann von Köpenick die Rathauskasse plünderte und das ganze Land zum Schmunzeln brachte. Eine zwinkernde Verbeugung vor Preußens Glanz und Gloria, begleitet von „Marschverpflegung“ und „Stärkung nach der Dienstzeit“. Eine bierselige Bastion im Herzen der Altstadt und im Schatten des Rathauses, eine tapfere Truppe Freiwilliger, die in Originaluniformen die Köpenickiade nachstellt. Darüber lacht sogar der Kaiser.

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DIENER TATTERSALL Charlottenburg Grolmanstraße 47 Tel. 030 8815329 www.diener-berlin.de Inhaberin: Barbara Kraehkamp Täglich ab 18.00

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DIENER TATTERSALL Charlottenburg Grolmanstraße 47 Tel. 030 8815329 www.diener-berlin.de Inhaberin: Barbara Kraehkamp Täglich ab 18.00

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ie Geschichte des legendären Künstlerlokals unweit des Ku’damms beginnt genau genommen im ausgehenden Mittelalter, und zwar in England. Auf Geheiß des damaligen Königs Heinrich VI. ließ sein Schatzmeister Lord Ralph Cromwell 1434 in dem kleinen Dorf Tattershall in der Grafschaft Lincolnshire eine Burg erbauen nebst Kapelle, Kloster und College für Kirchenmusiker. Fortan durften die Burgherren den Zusatz „derer von Tattershall“ im Namen tragen. Ein direkter Nachfahre namens Richard Tattersall (das h im Namen war im Laufe der Zeit verschwunden) eröffnete 1766 in London an der Südseite des Hyde Parks eine Reithalle mit Stallungen und veranstaltete die erste öffentliche Auktion für Rennpferde. Kurz darauf folgten Gesellschaftsräume für die höheren Stände. Daraus entwickelte sich ein weitverzweigtes Unternehmen aus Reitschulen, Stallungen und Postkutschenstationen, das auch in Deutschland in zahlreichen Städten, unter anderem in München, Frankfurt, Mannheim, Wiesbaden und Bochum vertreten war. Bald gingen die „Tattersalls“ als gängige Bezeichnung für Reitställe und größere Stallungen in die Alltagssprache ein. Bis 1865 blieben sie in Familienbesitz, bis 1936 wurden sie europaweit betrieben. Das Auktionshaus für Vollblutpferde gleichen Namens existiert bis zum heutigen Tag. Der Tattersall des Westens wurde im Jahre 1896 im damals noch selbstständigen Charlottenburg unmittelbar neben der sich im Bau befindlichen Bahntrasse am Savignyplatz eröffnet. Zu den Tattersalls gehörten naturgemäß sogenannte Ausspannungen, kleinere Schanklokale, in denen sich die Reiter und vor allem die Kutscher vor oder nach – meistens beides – getaner Arbeit mit Hochprozentigem stärken konnten. Daher kursiert in Berlin auch eine andere Erklärung für den seltsamen Begriff Tattersall, denn Alkoholismus galt bei Kutschern quasi als Berufskrankheit, und bevor sie mit ruhiger Hand ihre Pferde anspannen konnten, mussten die Droschkenfahrer ein paar Schnäpse zu sich nehmen, um den morgendlichen Tatterich (Zittern) zu besiegen. Die Stallungen hinter dem Lokal, damals auch als Beermanns Tattersall bekannt, zogen sich bis in die Uhlandstraße und wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg komplett abgerissen, doch die Kneipe blieb. Die Kundschaft der bis dato unscheinbaren Kaschemme änderte sich aber erst, als ein ehemaliger Boxer Anfang der 50er Jahre die Gaststätte übernahm und mit Hilfe eines Mauerdurchbruchs das benachbarte Café Grolman dem Tattersall einverleibte. Auch eine Namensänderung gehörte zu dem Neuanfang; aus dem Tattersall des Westens wurde der Diener Tattersall, denn Franz Diener, ehemaliger deutscher Meister im Schwergewicht, hatte sich nach seiner Niederlage gegen Max Schmeling aus dem aktiven Sport zurückgezogen und den Weg aus dem Ring in die Gastronomie gefunden.

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ie Geschichte des legendären Künstlerlokals unweit des Ku’damms beginnt genau genommen im ausgehenden Mittelalter, und zwar in England. Auf Geheiß des damaligen Königs Heinrich VI. ließ sein Schatzmeister Lord Ralph Cromwell 1434 in dem kleinen Dorf Tattershall in der Grafschaft Lincolnshire eine Burg erbauen nebst Kapelle, Kloster und College für Kirchenmusiker. Fortan durften die Burgherren den Zusatz „derer von Tattershall“ im Namen tragen. Ein direkter Nachfahre namens Richard Tattersall (das h im Namen war im Laufe der Zeit verschwunden) eröffnete 1766 in London an der Südseite des Hyde Parks eine Reithalle mit Stallungen und veranstaltete die erste öffentliche Auktion für Rennpferde. Kurz darauf folgten Gesellschaftsräume für die höheren Stände. Daraus entwickelte sich ein weitverzweigtes Unternehmen aus Reitschulen, Stallungen und Postkutschenstationen, das auch in Deutschland in zahlreichen Städten, unter anderem in München, Frankfurt, Mannheim, Wiesbaden und Bochum vertreten war. Bald gingen die „Tattersalls“ als gängige Bezeichnung für Reitställe und größere Stallungen in die Alltagssprache ein. Bis 1865 blieben sie in Familienbesitz, bis 1936 wurden sie europaweit betrieben. Das Auktionshaus für Vollblutpferde gleichen Namens existiert bis zum heutigen Tag. Der Tattersall des Westens wurde im Jahre 1896 im damals noch selbstständigen Charlottenburg unmittelbar neben der sich im Bau befindlichen Bahntrasse am Savignyplatz eröffnet. Zu den Tattersalls gehörten naturgemäß sogenannte Ausspannungen, kleinere Schanklokale, in denen sich die Reiter und vor allem die Kutscher vor oder nach – meistens beides – getaner Arbeit mit Hochprozentigem stärken konnten. Daher kursiert in Berlin auch eine andere Erklärung für den seltsamen Begriff Tattersall, denn Alkoholismus galt bei Kutschern quasi als Berufskrankheit, und bevor sie mit ruhiger Hand ihre Pferde anspannen konnten, mussten die Droschkenfahrer ein paar Schnäpse zu sich nehmen, um den morgendlichen Tatterich (Zittern) zu besiegen. Die Stallungen hinter dem Lokal, damals auch als Beermanns Tattersall bekannt, zogen sich bis in die Uhlandstraße und wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg komplett abgerissen, doch die Kneipe blieb. Die Kundschaft der bis dato unscheinbaren Kaschemme änderte sich aber erst, als ein ehemaliger Boxer Anfang der 50er Jahre die Gaststätte übernahm und mit Hilfe eines Mauerdurchbruchs das benachbarte Café Grolman dem Tattersall einverleibte. Auch eine Namensänderung gehörte zu dem Neuanfang; aus dem Tattersall des Westens wurde der Diener Tattersall, denn Franz Diener, ehemaliger deutscher Meister im Schwergewicht, hatte sich nach seiner Niederlage gegen Max Schmeling aus dem aktiven Sport zurückgezogen und den Weg aus dem Ring in die Gastronomie gefunden.

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E. & M. LEYDICKE Schöneberg Mansteinstraße 4 Tel. 030 2162973 www.leydicke.com Inhaber: Raimon Marquardt Täglich ab 19.00


E. & M. LEYDICKE Schöneberg Mansteinstraße 4 Tel. 030 2162973 www.leydicke.com Inhaber: Raimon Marquardt Täglich ab 19.00


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an nannte sie die Gouvernante, My Fair Lady Lucie oder Eiserne Lucie. „Sie war nicht fair, und sie war keine Lady“, schrieb Dieter Hildebrandt in der Wochenzeitung Die Zeit in seinem Nachruf auf die berühmteste Wirtin der Stadt, „aber sie hatte die streitbare Redseligkeit einer Eliza Doolittle. Sie hatte auch nicht nötig, für die Bühne entdeckt zu werden, denn sie besaß alles – Podium, Publikum, Auftritte – im eigenen Etablissement, und wehe dem, der das geringachtete. ‚Ich bin kein Laden, ich bin eine Fabrik‘ hieß einer ihrer ehernen Sätze, und nie meinte sie es so komisch wie es klang.“ Am 16. August 1980 starb im Alter von 82 Jahren Lucie Leydicke, die Übermutter aller Berliner Wirtinnen und die fleischgewordene Gestalt des Mutterwitzes und des „Herz mit Schnauze“. Das Leydicke ist untrennbar mit Lucie verbunden, und Generationen von gehorsamen Zechern und unfreiwilligen Masochisten ließen sich von ihr maßregeln, beschimpfen und nicht selten vor die Türe setzen. Das galt natürlich für diejenigen, die über den Durst getrunken hatten, aber auch für jene, die in ihren Augen zu wenig konsumierten. Aber Lucie konnte, wenn auch nur selten, gnädig sein, ihre Lokalverbote beschränkten sich zumeist auf 24 Stunden, manche schmiss sie aber auch mehrmals am Tag raus. Ein Stammgast meinte dazu: „Keine unserer Feministinnen hat die Männer so das Fürchten gelehrt wie die Eiserne Lucie, aber bei ihr konnte man auch sehen, wie gerne Männer sich fürchten.“ Erst mit Lucie wurde die alte Destille zu einer Berliner Institution, die bis Ende der 80er Jahre zum Pflichtprogramm jeder Klassenfahrt gehörte, und so manch ein Pennäler aus Westdeutschland erlebte hier nach dem Genuss der süßen Likörweine seinen ersten Rausch. 62


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an nannte sie die Gouvernante, My Fair Lady Lucie oder Eiserne Lucie. „Sie war nicht fair, und sie war keine Lady“, schrieb Dieter Hildebrandt in der Wochenzeitung Die Zeit in seinem Nachruf auf die berühmteste Wirtin der Stadt, „aber sie hatte die streitbare Redseligkeit einer Eliza Doolittle. Sie hatte auch nicht nötig, für die Bühne entdeckt zu werden, denn sie besaß alles – Podium, Publikum, Auftritte – im eigenen Etablissement, und wehe dem, der das geringachtete. ‚Ich bin kein Laden, ich bin eine Fabrik‘ hieß einer ihrer ehernen Sätze, und nie meinte sie es so komisch wie es klang.“ Am 16. August 1980 starb im Alter von 82 Jahren Lucie Leydicke, die Übermutter aller Berliner Wirtinnen und die fleischgewordene Gestalt des Mutterwitzes und des „Herz mit Schnauze“. Das Leydicke ist untrennbar mit Lucie verbunden, und Generationen von gehorsamen Zechern und unfreiwilligen Masochisten ließen sich von ihr maßregeln, beschimpfen und nicht selten vor die Türe setzen. Das galt natürlich für diejenigen, die über den Durst getrunken hatten, aber auch für jene, die in ihren Augen zu wenig konsumierten. Aber Lucie konnte, wenn auch nur selten, gnädig sein, ihre Lokalverbote beschränkten sich zumeist auf 24 Stunden, manche schmiss sie aber auch mehrmals am Tag raus. Ein Stammgast meinte dazu: „Keine unserer Feministinnen hat die Männer so das Fürchten gelehrt wie die Eiserne Lucie, aber bei ihr konnte man auch sehen, wie gerne Männer sich fürchten.“ Erst mit Lucie wurde die alte Destille zu einer Berliner Institution, die bis Ende der 80er Jahre zum Pflichtprogramm jeder Klassenfahrt gehörte, und so manch ein Pennäler aus Westdeutschland erlebte hier nach dem Genuss der süßen Likörweine seinen ersten Rausch. 62


HENNE Alt-Berliner Wirtshaus Kreuzberg Leuschnerdamm 25 Tel. 030 6147730 www.henne-berlin.de E-Mail: info@henne-berlin.de Inhaberin: Angela Leistner Di–Sa 18.00–0.00, So 17.00–0.00


HENNE Alt-Berliner Wirtshaus Kreuzberg Leuschnerdamm 25 Tel. 030 6147730 www.henne-berlin.de E-Mail: info@henne-berlin.de Inhaberin: Angela Leistner Di–Sa 18.00–0.00, So 17.00–0.00


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as berühmteste Huhn Berlins prangt weder von einer Kirchturmspitze, noch findet man es im Zoologischen Garten oder im Tierpark. Es lebt nicht einmal, sondern liegt kross frittiert, heiß und fettig auf den Tellern des Traditionslokals Henne und war mal ein Jungmasthähnchen. Seit 1968 lecken sich allabendlich (außer montags) die Liebhaber dieser Hühnerspeise ihre fettigen Finger, und viele träumen schon Wochen vor ihrem Besuch von dieser einzigartigen kulinarischen Köstlichkeit. Legionen von Feinschmeckern wollten schon das Rezept erfragen, manche sogar erschleichen, doch das Geheimnis bleibt gut gehütet und wurde stets nur mündlich von Wirt zu Wirt überliefert. Dieses Geflügel mit Suchtcharakter besitzt Kultstatus und gilt unumstritten als das beste der Stadt, die Plätze in der Henne sind trotz Krise wochenlang im Voraus ausgebucht. Lange Zeit war das Huhn die einzige warme Mahlzeit, die in der Kneipe an der Grenze zwischen Kreuzberg und Mitte serviert wurde, und noch früher gab es hier gar nichts zu essen. Doch der Reihe nach, denn die Geschichte dieser Kneipe ist lang und bewegt. Als der engagierte Gewerkschaftler und überzeugte Sozialdemokrat Paul Litfin seine Arbeit in der Fabrik verlor, entschloss er sich, Wirt zu werden und eröffnet am 24. Juni 1908 ein Bierlokal namens Wirthaus zur Hirsch­ ecke an der Waldemarstraße, Ecke Elisabethufer (heute: Leuschnerdamm). Seine Vorliebe für das Waidmännische zeigt sich bis heute in den zahlreichen Geweihen und Hirschmotiven. Litfin etablierte nicht nur in kürzester Zeit eine stets gut frequentierte Arbeiterkneipe, er organisierte regelmäßig teils verbotene Versammlungen und Gewerkschaftstreffen des ausgebeuteten Proletariats. Darüber hinaus gründete der musikalische Wirt den Sängerchor der Berliner Gastund Schankwirte und fungierte als Präsident des Deutschen Gastwirtverbandes. Im Alter von 58 Jahren übergab Litfin im Jahre 1926 den Zapfhahn an seinen Sohn Konrad, der das Lokal in Alt-Berliner Wirtshaus umbenannte. Als gelernter Klavierspieler und erfolgreicher Bar- und Stummfilmpianist zog „Konni“, unterstützt von seiner Frau Rosel, bald auch die Künstler an und förderte eine ungezwungene Mischung aus Kiezbewohnern, Arbeitern und Künstlern. Selbst der legendäre Hans Albers, mit dem Konni schon vor der Kamera gestanden hatte, verkehrte hier regelmäßig. Von nun an steppte jeden Abend der Bär. Neben dem gemütlichen Bollerofen wurde Skat gedrescht, im hinteren Teil spielte man Schach, und zur vorgerückten Stunde haute Konni selbst in die Tasten und sang Schlager und Operettenstücke. Legendär wurden die „langen Nächte beim Konni“ inklusive Preisskat und Live-Musik, dem Gewinner winkten zwei Mastgänse, dem Zweitplatzierten ein ganzes Huhn, allerdings damals noch

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as berühmteste Huhn Berlins prangt weder von einer Kirchturmspitze, noch findet man es im Zoologischen Garten oder im Tierpark. Es lebt nicht einmal, sondern liegt kross frittiert, heiß und fettig auf den Tellern des Traditionslokals Henne und war mal ein Jungmasthähnchen. Seit 1968 lecken sich allabendlich (außer montags) die Liebhaber dieser Hühnerspeise ihre fettigen Finger, und viele träumen schon Wochen vor ihrem Besuch von dieser einzigartigen kulinarischen Köstlichkeit. Legionen von Feinschmeckern wollten schon das Rezept erfragen, manche sogar erschleichen, doch das Geheimnis bleibt gut gehütet und wurde stets nur mündlich von Wirt zu Wirt überliefert. Dieses Geflügel mit Suchtcharakter besitzt Kultstatus und gilt unumstritten als das beste der Stadt, die Plätze in der Henne sind trotz Krise wochenlang im Voraus ausgebucht. Lange Zeit war das Huhn die einzige warme Mahlzeit, die in der Kneipe an der Grenze zwischen Kreuzberg und Mitte serviert wurde, und noch früher gab es hier gar nichts zu essen. Doch der Reihe nach, denn die Geschichte dieser Kneipe ist lang und bewegt. Als der engagierte Gewerkschaftler und überzeugte Sozialdemokrat Paul Litfin seine Arbeit in der Fabrik verlor, entschloss er sich, Wirt zu werden und eröffnet am 24. Juni 1908 ein Bierlokal namens Wirthaus zur Hirsch­ ecke an der Waldemarstraße, Ecke Elisabethufer (heute: Leuschnerdamm). Seine Vorliebe für das Waidmännische zeigt sich bis heute in den zahlreichen Geweihen und Hirschmotiven. Litfin etablierte nicht nur in kürzester Zeit eine stets gut frequentierte Arbeiterkneipe, er organisierte regelmäßig teils verbotene Versammlungen und Gewerkschaftstreffen des ausgebeuteten Proletariats. Darüber hinaus gründete der musikalische Wirt den Sängerchor der Berliner Gastund Schankwirte und fungierte als Präsident des Deutschen Gastwirtverbandes. Im Alter von 58 Jahren übergab Litfin im Jahre 1926 den Zapfhahn an seinen Sohn Konrad, der das Lokal in Alt-Berliner Wirtshaus umbenannte. Als gelernter Klavierspieler und erfolgreicher Bar- und Stummfilmpianist zog „Konni“, unterstützt von seiner Frau Rosel, bald auch die Künstler an und förderte eine ungezwungene Mischung aus Kiezbewohnern, Arbeitern und Künstlern. Selbst der legendäre Hans Albers, mit dem Konni schon vor der Kamera gestanden hatte, verkehrte hier regelmäßig. Von nun an steppte jeden Abend der Bär. Neben dem gemütlichen Bollerofen wurde Skat gedrescht, im hinteren Teil spielte man Schach, und zur vorgerückten Stunde haute Konni selbst in die Tasten und sang Schlager und Operettenstücke. Legendär wurden die „langen Nächte beim Konni“ inklusive Preisskat und Live-Musik, dem Gewinner winkten zwei Mastgänse, dem Zweitplatzierten ein ganzes Huhn, allerdings damals noch

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nicht nach dem Rezept des heutigen Geheimtipps.

Nach dem Krieg tun sich seltsame Dinge vor der Tür des Wirtshauses, und hektische Baumaßnahmen sorgen für Unruhe. Nach der Aufteilung der Stadt in vier Sektoren ergibt sich für die Ecke Leuschnerdamm / Waldemarstraße eine kuriose Situation: Die Häuser und Vorgärten am Leuschnerdamm befinden sich von nun an im amerikanischen Sektor, während der Bürgersteig und die Straße zum sowjetischen gehören. Volkspolizisten und russische Soldaten patrouillieren nun ständig vor dem Lokal, und viele Anwohner trauen sich nicht mehr, die Straße zu überqueren. Auch gerät der Lieferverkehr und somit die Versorgung des Lokals ins Stocken, denn da die Fahrzeuge gezwungen werden, durch die sogenannte SBZ zu fahren, werden immer mehr Wagenladungen beschlagnahmt. Noch verwirrender ist die Situation bei Notfällen, da die Westberliner Feuerwehr und Polizei die Straße nicht benutzen dürfen und sich die Ost-Seite nicht zuständig fühlt. Als Übergangslösung wird ein „Notweg“ eingerichtet, dem die Vorgärten am Leuschnerdamm und somit auch der Biergarten des Wirtshauses zum Opfer fallen. Schließlich gipfelt die spannungsreiche Lage am 13. August 1961 im Bau der Mauer, die nur fünf Meter vom Gebäude entfernt errichtet wird. Während man am Fernsehschirm im Innern des Lokals voller Verzweifelung die Meldungen über den Mauerbau verfolgt, hören die Gäste unmittelbar vor der Tür die Baugeräusche. Voller Empörung stürmt Konni auf die Straße und ruft den Bauarbeitern zu: „Habt ihr denn keine Mütter, ihr Schweine?“ Vorbei war die Zeit, in der Konni seinen Gästen aus dem Osten über den Zaun hinweg ein Frischgezapftes aus dem Westen servieren konnte. Doch Konni gibt nicht auf; 74

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nicht nach dem Rezept des heutigen Geheimtipps.

Nach dem Krieg tun sich seltsame Dinge vor der Tür des Wirtshauses, und hektische Baumaßnahmen sorgen für Unruhe. Nach der Aufteilung der Stadt in vier Sektoren ergibt sich für die Ecke Leuschnerdamm / Waldemarstraße eine kuriose Situation: Die Häuser und Vorgärten am Leuschnerdamm befinden sich von nun an im amerikanischen Sektor, während der Bürgersteig und die Straße zum sowjetischen gehören. Volkspolizisten und russische Soldaten patrouillieren nun ständig vor dem Lokal, und viele Anwohner trauen sich nicht mehr, die Straße zu überqueren. Auch gerät der Lieferverkehr und somit die Versorgung des Lokals ins Stocken, denn da die Fahrzeuge gezwungen werden, durch die sogenannte SBZ zu fahren, werden immer mehr Wagenladungen beschlagnahmt. Noch verwirrender ist die Situation bei Notfällen, da die Westberliner Feuerwehr und Polizei die Straße nicht benutzen dürfen und sich die Ost-Seite nicht zuständig fühlt. Als Übergangslösung wird ein „Notweg“ eingerichtet, dem die Vorgärten am Leuschnerdamm und somit auch der Biergarten des Wirtshauses zum Opfer fallen. Schließlich gipfelt die spannungsreiche Lage am 13. August 1961 im Bau der Mauer, die nur fünf Meter vom Gebäude entfernt errichtet wird. Während man am Fernsehschirm im Innern des Lokals voller Verzweifelung die Meldungen über den Mauerbau verfolgt, hören die Gäste unmittelbar vor der Tür die Baugeräusche. Voller Empörung stürmt Konni auf die Straße und ruft den Bauarbeitern zu: „Habt ihr denn keine Mütter, ihr Schweine?“ Vorbei war die Zeit, in der Konni seinen Gästen aus dem Osten über den Zaun hinweg ein Frischgezapftes aus dem Westen servieren konnte. Doch Konni gibt nicht auf; 74

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YORCKSCHLÖSSCHEN Kreuzberg Yorckstraße 15 Tel. 030 2158070 www.yorckschloesschen.de E-Mail: info@yorckschloesschen.de Inhaber: Olaf Dähmlow Mo–Sa 17.00–3.00, So 11.00–3.00


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RESTAURATION ZUR GARDESTUBE Quartier der Hauptmanngarde Köpenick Rosenstraße 3 Tel. 030 64167431 www.gardestube.de E-Mail: zurgardestube@gmx.de Inhaber: Oliver Sternbeck Mo 16.00–22.00, Di–Sa 10.00–22.00


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