Plot #10

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Inszenierungen im Raum

#10

Die Macht

des Klangs

16,50 EUR (D) 15,42 EUR net M채rz 2014 www.PLOTmag.com

ISBN 978-3-89986-153-2

4198458716508 10

Sound als Erz채hlebene in narrativen R채umen Johannes Scherzer 체ber die Rolle des Klangs in der Szenografie Tonangeber hands on sound, Idee und Klang, Klangerfinder und Korinsky geben Einblick in ihre klangvolle Arbeit

9 783899

861532 >

Klang Raum Marke Markenmehrwert durch strategische Klanggestaltung


SOUND ALS ERZÄHLEBENE Text:

Johannes Scherzer

A Poème électronique (S. 22)

B Via Crucis (S. 23)

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C Kugelauditorium (S. 24)


IN NARRATIVEN RÄUMEN

D Himmelsmechanik (S. 25)

E Forest (for a thousand years ...) (S. 26)

F The Murder of Crows (S. 27)

G resonate (S. 28)

H Klangturm / Turmklang (S. 29)

I Im Reich der Schatten (S. 30)

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David Bowie ist nicht nur einer der bekanntesten Musiker der letzten vier Jahrzehnte, David Bowie ist mehr: Seine Rollen – allen voran seine Alter Egos Ziggy Stardust, Aladdin Sane oder Thin White Duke – und die Wahrnehmung ebendieser sind vielfältig und wandeln sich bis heute stetig. Aber wer ist dieser David Bowie nun tatsächlich? Eine Antwort auf jene Frage zu finden ist schwierig, doch die Kuratoren des Victoria and Albert Museums (V&A) in London haben sich dieser Herausforderung gestellt und eine Ausstellung konzipiert, die dem Phänomen David Bowie in all seinen Facetten nachspürt. E

s gibt wohl kaum jemanden, der nicht sofort ein Lied im Ohr oder ein Bild vor Augen hat, wenn er den Namen David Bowie hört. Aber so vielfältig und individuell diese sinnlichen Vorstellungen von dem in Großbritannien geborenen Künstler auch sind, so unterschiedlich sind die von ihm generierten Bilder, die im Frühjahr und Sommer 2013 in London gezeigt wurden. Der Titel der Ausstellung ist bewusst gewählt und genauso bewusst in seiner Gegenwar tsform gehalten. Denn bei „David Bowie Is“ handelt es sich nicht um eine klassische Retrospektive des berühmten Musikers, sondern vielmehr um eine Auseinandersetzung mit seinem umfassenden schöpferischen Werk, mit seinem Einfluss auf verschiedenste künstlerische und gesellschaftliche Prozesse und nicht zuletzt mit seiner Persönlichkeit. Victoria Broackes, Kuratorin, und Geof frey Marsh, Direktor der Abteilung „Theater und Performance“ des weltberühmten Museums für Kunstgewerbe und Design, konzipierten eine thematisch strukturierte und nicht wie sonst üblich chronologisch angelegte Reise durch die faszinierende Welt des David Bowie. Seine Musik spielte dabei – selbstverständlich – eine wesentliche Rolle, und so entwickelten die verantwortlichen Gestalter von 59 Productions und Real Studios eine vielschichtige

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Ausstellungsarchitektur, bei welcher der Klang eng mit den räumlichen Gegebenheiten und Exponaten verwoben ist. Für ihr thematisch und inhaltlich sortiertes Konzept suchten Broackes und Marsh die gut 300 gezeigten Ausstellungsstücke eigenhändig aus dem Archiv des Künstlers, dessen über 60.000 Objekte umfassende Sammlung von einem eigenen Archivar betreut wird. „Ein seltener Glücksfall“, so Marsh, „denn Rockmusiker bewahren normalerweise nichts auf!“ Filmmaterial, Fotografien, Zeichnungen, Texte und eine beachtliche Auswahl an Kostümen fanden so ihren Weg nach London und waren Inspirationsquelle und Basis für die Gestaltung der Ausstellung. Zunächst kreierte das interdisziplinäre Team der in London ansässigen Büros von 59 Productions und Real Studios eine für das gesamte Projekt einheitliche Form- und Farbensprache: Geometrisch facettierte Elemente und eine monochrome Farbpalette – von Weiß über Grau zu Schwarz – mit Akzenten in „Ziggy Orange“ bilden so die Grundlage für die maßgeschneider ten Sequenzen , in denen sich die unterschiedlichen Themen präsentieren. Insgesamt 21 Bereiche können die Besucher durchlaufen. Dies jedoch nicht in einer strikt einzuhaltenden Abfolge, sie können sich vielmehr durch die

kaleidoskop­a rtige Anordnung der Inhalte frei bewegen und demnach einen eigenen Weg zu David Bowie finden. Unterstützt werden sie auf dieser Reise durch ein speziell programmiertes Audioguide-System, das es ihnen in den teils beengten Räumlichkeiten ermöglicht, die individuell anwählbaren Sprachund Musikdateien ohne Störungen nach außen zu empfangen. Zusätzlich wird durch eine automatische Erkennung der Geräte an Exponaten mit Musikstationen gewährleistet, Audio-Signale in Echtzeit zu übertragen. Die Ausstellung ist dabei in zwei große Bereiche geglieder t, die im V&A auch baulich voneinander getrennt sind: in die Gallery 39 und den North Court. In der ersten Hälfte werden David Bowies frühe Jahre, seine Entwicklung zum Künstler, sein kommerzieller Durchbruch, seine Kollaborationen mit anderen Künstlern und sein kreativer Prozess behandelt, während im zweiten Teil Bowie als Darsteller auf und hinter der Bühne gezeigt wird. Der Rundgang beginnt in der Londoner Nachkriegszeit: 1947, als Bowie mit bürgerlichem Namen David Robert Jones zur Welt kam. Hier werden in Vitrinen, Nischen oder Rahmen mit Hilfe unterschiedlichster Exponate die Einflüsse auf Bowies Leben von der Londoner Vorstadt bis hin zu seinem kom-

Ausstellungsklang


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merziellen Durchbruch 1969 nachgezeichnet. Unter dem Titel „David Bowie Is Making Himself Up“ verwandelt sich Bowie auf einer fünfseitigen Projektion, die an den Innenseiten einen fiktiven Wohnraum zeigt, in seine ersten Rollen: einen Musiker, einen Mimen, einen Maler oder Schriftsteller. Vo r b e i a n e i n e r v o n S t a n l e y Kubricks Film „2001: Odyssee im Weltraum“ inspirierten Szenerie und räumlichen Darstellung des ersten Nummer-Eins-Hits „Space Oddity“ gelangen die Besucher zu einem zentralen Exponat und der ersten Präsentation Bowies als perfekten (Selbst-)Darsteller auf der Bühne. Bis heute ist sein Auftritt bei der englischen Fernsehsendung „Top of the Pops“ aus dem Jahr 1972 legendär: Die Performance seines Songs „Starman“ spiegelte für viele, vor allem junge Zuschauer, die sich verändernden gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten und den damit verbundenen Zeitgeist wider. Zentral in einem Spiegelkabinett ist das vom Designer Freddie Burnett speziell für diesen Fernsehauftritt entworfene und von Kubricks Film „Clockwork Orange“ inspirierte Outfit ausgestellt. So werden nicht nur das Kostüm und die im Hintergrund laufende Aufnahme mehrfach gespiegelt – auch der Besucher sieht sich darin, wird von Bowie aufgefordert einzutreten und damit Teil der Inszenierung.

David Bowie Is

In den folgenden Bereichen können sich die Besucher weiteren Themengebieten widmen, aber sie begegnen vor allem den Inspirationen des Künstlers und seiner inspirierenden Wirkung auf andere. Platten, handschriftliche Liedtexte, Kostüme, aber auch Bücher und Zeichnungen zeigen die Vielschichtigkeit seiner Interessen, der eigenen Darstellungen und der damit einhergehenden Rollen. Es wird klar, David Bowie ist Musiker, Schauspieler, Künstler, Provokateur, Impulsgeber – und wird es auch bleiben. Damit endet der erste Teil der Ausstellung, und die Besucher werden zum zweiten inhaltlichen Schwerpunkt geleitet: David Bowie auf und hinter der Bühne. Musikvideos, weitere Kostüme und die Darstellung seines Aufenthalts von 1976 bis 1978 in Berlin lassen seine Einflussnahme auf Musik- und Modestile, in denen sich David Bowie präsentierte, deutlich erkennen. Im Fokus, inhaltlich ebenso wie gestalterisch und klanglich, stehen hier jedoch die sogenannten „Show Moments“. Zwar ist der Raum in drei eigenständige Bereiche gegliedert, aber die Projektionen auf den raumhohen Leinwänden und ein genau abgestimmter Klangteppich führen zu einem immersiven 36 0 -GradErlebnis. Die Besucher werden hier zu Zuschauern einer gigantischen Show und somit eingehüllt in eine aufwendige Abfolge von Songs,

Videos und Live-Auftritten Bowies, die den Künstler nicht zuletzt durch unzählige originale Bühnenkostüme in vielen seiner Facetten als darstellerisches Chamäleon zeigen. Allmählich entlassen werden die Besucher schließlich in den letzten Bereichen der Ausstellung, die sich deutlich von der vorherigen Schau abheben, aber dennoch versuchen, das Bild zu vervollständigen. In klassischer musealer Art und Weise wird hier zunächst eine Vielzahl von Fotografien präsentiert, die Aufnahmen von Bowies Verwandlungen in seine unterschiedlichen Charaktere zeigen. Des Weiteren werden in Bildern und Filmen mehr oder weniger berühmte Personen, die sich von seinem Image und seinem Stil haben inspirieren lassen, vorgestellt. Nach dieser so intensiven Auseinandersetzung mit der Musik, der Arbeit und dem Leben des Künstlers fragt sich der Besucher, sobald er das Museum verlassen hat, dennoch: Wer ist dieser David Bowie tatsächlich? Und auch wenn sich ein (oder mehrere) Ohr würmer sowie alte und neue Bilder im Kopf festgesetzt haben, ist eins sicher: Niemand kann sich sicher sein, wer David Bowie wirklich ist. Im Gegenteil: Neue Fragen stellen sich. Aber genau das macht auch den Reiz und den Erfolg dieser Ausstellung aus, denn vielleicht ist David Bowie jeder.

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Idee und Klang (Basel) Idee und Klang wurde 2003 von den Audio-Designern Ramón De Marco (R) und Daniel Dettwiler gegründet. In ihrem Firmensitz in Basel verfügen sie über ein einzig­ artiges Tonstudio, in welchem ihre hochgesteckten Ziele und qualitativen Ansprüche umgesetzt werden können. In diesen Räumlichkeiten befindet sich nicht nur eine in Europa einzigartige Mikrofonsammlung, sondern auch ein ganzes Lautsprecherorchester, auf welchem die Klangkünstler ihre akusmatischen Installationen entwerfen und komponieren.

P In welchen Bereichen seid Ihr aktiv? R Grob sind wir in zwei Bereiche aufgeteilt. Zum einen gibt es das Tonstudio (Leitung: Daniel Dettwiler) und zum anderen den Audio-Design-Bereich (Leitung: Ramón De Marco). Hier konzipieren, komponieren und produzieren wir für Museen, Galerien, Showrooms oder Events High-End-Klanginstallationen. Dabei sind wir auf raumorchestrierende, akusmatische Installationen spezialisiert. Unser Ziel ist, neben den zu vermittelnden Informationen oder zu generierenden Stimmungen räumlich erfahrbare Gesamterlebnisse zu schaffen. Neben der Audioszenografie realisieren wir aber auch Film- und Bühnenmusik, Sound-Design für Filme und Interactives, Acoustic Branding für Firmen bis hin zu CD-Produktionen für innovative Musiker oder Orchester. P Was macht Euch aus? R Das Mitwirken von der ersten Idee des Projekts bis zum finalen Klang vor Ort! Hinzu kommt ein hohes Qualitätsbewusstsein und die Fähigkeit, komplexe Projekte zu bewältigen, aber dennoch flexibel und unkompliziert zu bleiben. P Was sind Eure Kompetenzen? R Wir stehen für ganzheitlich gedachte Audio-Konzepte. Audio wird insbesondere in szenografischen Projekten meist sträflich vernachlässigt oder viel zu spät einbezogen. Dabei ist Sound das Medium, was extrem effektiv und wirkungsvoll, aber genau so gut auch extrem unterschwellig und diskret eine bestimmte Botschaft oder Stimmung in einen Raum oder ein Objekt transportieren kann. Hier müssen wir meist viel Aufklärungsarbeit betreiben, um dies den Kunden bewusst zu machen. Ein weiterer Aspekt ist die technische Umsetzung: Stimmt zum Beispiel das Lautsprecher-Setup oder die Akustik in einem Raum nicht, kann die auditive Gestaltung noch so gut sein und trotzdem keine Wirkung zeigen. Hier können wir auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen, aber auch auf ein enges Netzwerk von kompetenten Fachleuten. P Was hebt Euch von anderen ab? R Zum Beispiel unsere Philosophie, wie wir mit Klang im Raum arbeiten: Das Akusmatische-Raum-OrchestrierungsSystem (genannt AROS) generiert als einziges System eine „echte“ erlebbare Räumlichkeit. Dabei sind verschiedenartige Lautsprecher im gesamten Raum verteilt: an Decke, Boden, Wänden und Objekten. Jeder Lautsprecher hat seine eigene Klangfarbe und Abstrahlcharakteristik, ähnlich wie auch in einem Orchester jedes Instrument seine eigene Klangfarbe, Abstrahlung und Position im Raum hat. Deshalb wird oft auch von einem Lautsprecherorchester gesprochen. Mit diesem Ansatz wird eine höchstmögliche Tiefenstaffelung für den betreffenden Raum erreicht. Und der Raum wird selbst zum Instrument. Im Gegensatz zu anderen Mehrkanal- und 3D-Audioformaten wie Dolby Surround, Ambisonics oder Wellenfeldsynthese, die allesamt Räumlichkeit simulieren, entsteht beim AROS eine im Raum wirklich vorhandene, reale Räumlichkeit, durch die sich die Rezipienten hindurchbewegen können, um so eine immer wieder neue Perspektive auf das Klanggeschehen zu erleben. Der Raum wird dadurch akustisch orchestriert, das heißt, er ist in jedem einzelnen Bereich und gleichzeitig als Ganzes gestaltet – Raumbespielung, Akustik und Architektur werden so zu einer Einheit. P Warum seid Ihr gut in dem, was Ihr tut? R Weil wir uns nur mit dem Besten zufrieden geben! Unser Anspruch ist es, mit jedem Projekt qualitativ einen Schritt weiterzukommen. Ist das mit aktuellen Projekten nicht möglich, erfinden und realisieren wir selber eins in Form eines Kunst- oder Forschungsprojekts. Dabei können wir auch maximales Risiko eingehen und gegebenenfalls auch aus dem Scheitern unsere Konsequenzen ziehen.

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Tonangeber


P Was sind Eure aktuellen Projekte? R Zurzeit arbeiten wir unter anderem am „King Abdulaziz Center of World Culture“ in Saudi-Arabien (Eröffnung 2015). Dabei handelt es sich um ein Kulturzentrum, mit dem die Erdölfördergesellschaft Saudi Aramco beabsichtigt, die Entwicklung von Kultur und Wissen in Saudi-Arabien zu fördern und die reiche Geschichte des Königreichs vor allem einem jungen Publikum unterhaltsam näherzubringen. In einer der hier entstehenden Galerien planen wir für die Ausstellung „Arabian Journeys“ das gesamte Audio-Design: So werden beispielsweise dreidimensionale Soundscapes den Besuchern das Gefühl geben, mitten in verschiedenen Welten zu stehen. Zum Teil sind diese auch interaktiv und können durch die Anwesenden beeinflusst werden. Das räumliche Sound-Design hilft, die Aufmerksamkeit der Besucher im richtigen Moment an die richtige Stelle zu lenken. Aber es wird hier noch viele weitere Klanginstallationen geben – bis 2015 bleibt es also spannend!

Fotos

ATELIER BRÜCKNER GmbH (Stuttgart)

Wir arbeiten aber auch an der „First World War Gallery“ des Imperial War Museum in London (Eröffnung Juli 2014), an der Dauerausstellung „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“ auf der Berliner Geschichtsinsel Zitadelle (Eröffnung Oktober 2014), an einer neuen Ausstellung in der Autostadt Wolfsburg (Eröffnung März 2014), an einem Signet für ein Nachrichtenmagazin des SRF (Schweizer Radio und Fernsehen) sowie an einer Serie High-End Ringtones der Deutschen Telekom.

Arabian Journeys im „King Abdulaziz Center for World Culture“ für Saudi Aramco (Dhahran) 2015

Gestaltung

ATELIER BRÜCKNER GmbH, Stuttgart

Klanggestaltung

Idee und Klang GmbH (Basel)

Web

www.atelier-brueckner.com , www.ideeundklang.com,

www.saudiaramco.com

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GUTE FRAGE! F

reiherr von Knigge, der wesentlich dazu beigetragen hat, das französische „le bon ton“ im Deutschen als guten Ton, also höflichen Umgang oder Anstand, zu etablieren, schrieb im dritten Teil seines „Roman meines Lebens in Briefen herausgegeben“: „Man sieht da die Menschen mehr ihrem Instincte folgen, statt daß in einer Residenz sich alles nach dem Ton stimmt, den der Fürst angiebt (. . .).“ Heutzutage wissen die meisten Personen, ob und wie sie sich an die Etikette zu halten haben, im Berufsleben handeln sie jedoch hin und wieder immer noch instinktiv. Wie lässt sich also der richtige Ton treffen? PLOT fragt bei Experten unterschiedlicher Gestaltungsdisziplinen nach.

Seit den Anfängen des Tonfilms arbeiten

Max Bauer

Geräuschemacher in eigens dafür eingerich-

Sein Handwerk erlernte er allein durch Über-

teten Studios und vertonen laufende Bilder in

lieferung und behütet kleine Geheimnisse der

„Echtzeit“. Sie synchronisieren ganze Szenen

Klangerzeugung wie Zaubertricks. Der frei­

und liefern einzelne Toneffekte für das Sound-

berufliche Geräuschemacher und Tongestalter

Design. Entscheidend für den „richtigen“ Ton

wirkte bisher an etwa 200 Filmproduktionen

sind dabei die Wahl der Requisiten, die Raum-

mit, arbeitet für zahlreiche Theater-, Musical-

akustik, die Mikrofonierung und natürlich das

und Hörspielprojekte und steht mit einer eige-

Timing. Nur wenn der Sound „sitzt“ sowie Bild

nen Geräuschperformance sogar selbst auf

und Ton eine Einheit bilden, kann eine Szene

der Bühne.

glaubhaft wirken. Je besser ein Geräuschemacher ist, desto weniger fällt seine Arbeit auf.

Web www.der-geraeuschemacher.de

Als Jazz-Musiker ist es sehr einfach, den rich-

Marc Feigenspan

tigen Ton zu treffen, denn neben dem falschen

Marc Feigenspan ist Komponist für Film und

liegt gleich der richtige! Jenen kann ich aller-

Medien, entwickelt und produzier t audio­

dings nur dann treffen, wenn ich ihn vorher

visuelle Konzepte für Konzert, Kino, Film, TV,

in mir fühlen, hören und singen kann. Und

Radio oder Events. Als Dozent für Musikpsy-

wenn es mir gelingt, dass auch der Zuhörer

chologie gibt er seinen Studierenden zudem

mitfühlt, mithört oder gar mitsingt – in sich

Tipps, wenn es um die Erforschung universel-

selbst ganz leise oder ganz laut mit uns allen –

ler Gesetzmäßigkeiten beim Musizieren geht.

dann haben wir zusammen den richtigen Ton getroffen! Dann können wir auch den Wert von

Web www.ohrenkino.com

Musik erkennen: kollektive Emotion im Raum. Das ist ein unermesslich großer Wert. Für mich ist Musik Kommunikation in der Urform: „Music is how feelings sound!“

Unserer Meinung nach müssen Musik, Sound-

Raymond Gress

Design und Sprache eine Einheit mit der

Mit seinem Bruder Alexander führt Raymond

Rauminszenierung bilden. Denn alle Aspekte

Gress bereits seit knapp 25 Jahren das Ton-

der letzten Endes wahrgenommenen Ele-

studio Gress und entwickelt nicht nur neue

mente spielen zusammen und sind untrennbar

Klangwelten, sondern auch Musikkompositio-

miteinander verbunden. Deshalb stellen wir

nen, Sound-Designs und Sprache für Film und

auch Fragen wie: Was ist die Aussage? Was

TV sowie Tonkonzepte und Klanginstallationen

soll erreicht werden? Welche Emotionen wer-

für Messen, Ausstellungen oder Events.

den angesprochen? Aber auch der Kontext zur Farbgestaltung, Formensprache sowie räum­ liche Gestaltung und Umfeld sind uns wichtig! Auf Basis dieses Wissens, in Kenntnis des szenografischen Gesamtkontexts entwickeln wir dann die Tonkonzeption, Komposition sowie Klanggestaltung und treffen damit hoffentlich stets den richtigen Ton.

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Web www.tonstudio-gress.de


WIE TREFFEN SIE DEN RICHTIGEN TON?

Sich selbst einzustimmen ist im Gespräch

Agnes Anna Jarosch

genauso wichtig wie in der Musik. Ich nehme

Die Gründerin und Leiterin des Deutschen

mir die Muße, mich auf Menschen und Situ-

Knigge-Rats ist Chefredakteurin des Refe-

ationen einzustimmen. Im Dialog achte ich

renzwerks „ Der große Knigge“, und beim

auch auf meinen Gesprächspartner: Wie ist

Thema Umgangsformen macht ihr niemand

er „drauf“? Welche Sprechmelodie hat er?

etwas vor: Sie gehört seit Jahren zu den Top-

Welches Sprechtempo? Klingt er stimmig

Knigge-Experten Deutschlands, coacht und

oder unstimmig? Wählt er leise oder laute

berät Trainer, Führungskräfte und Veranstal-

Töne? Nur wenn ich selbst in-takt bin, kann

tungsmanager.

ich taktvoll mit anderen Menschen umgehen. Deswegen genügt es nicht, Knigge-Regeln

Web www.knigge-rat.de

schematisch abzuspulen. Das wirkt blutleer und erzeugt keine positive Resonanz. Doch genau darum geht es bei der Suche nach dem richtigen Ton!

Wenn ich vor Leuten in einem bestimmten

Clemens Nicol

Raum spreche, versuche ich mich immer erst

Clemens Nicol ist Sprecher, Sprecherzieher

einmal voll und ganz auf die jeweilige Situation

und Moderator beim Bayerischen Rundfunk.

einzustellen: Wie groß ist der Raum? Wie ist

Nach dem Studium am Institut für Sprech-

er aufgebaut? Wie wirkt er auf mich? Wo kann

kunst und Kommunikationspädagogik an der

ich stehen, mich bewegen? Wie viele Leute

Staatlichen Hochschule für Musik und Dar-

sitzen im Publikum? Wer sitzt da überhaupt?

stellende Kunst in Stuttgart steht er immer

Wo muss mein Sprechen überall ankom-

wieder mit verschiedenen Ensembles oder

men? Habe ich ein Mikrofon als Hilfe – oder

solistisch auf der Bühne, wird für Produkti-

schaffe ich das mit meiner Stimme? Wie sind

onen am Mi­k rofon engagiert oder gibt seine

die Lichtverhältnisse? Und so weiter, und so

Erfahrungen als Sprechtrainer weiter.

fort. Wenn ich diese Fragen für mich geklärt habe, kann ich meine Inhalte mit dem Raum

Web www.clemensnicol.de

und den Menschen darin verbinden. Im Idealfall sind mein Körper und mein Geist auf die Situation gut vorbereitet – und dann treffe ich den richtigen Ton ganz von alleine.

In klassischen Wettbewerbssituationen versu-

Adrian von Starck

che ich mich bei der Darlegung des Konzepts

Der gebür tige Kölner ist freier Architekt,

stets auf meinen Gegenüber einzustellen

Konzeptioner sowie Kreativ-Direktor bei der

und mit ihm eine gemeinsame Sprachebene

Stuttgarter Agentur Milla & Partner. Tagtäglich

zu finden, die der Situation angemessen ist.

beschäftigt er sich mit disziplinübergreifen-

Natürlich spielt es dabei eine große Rolle, ob

den Projekten aus den Bereichen Corporate

ich mit einem Vorstandsmitglied oder einem

Architecture, Museumsarchitektur und Aus-

Handwerker spreche. Ich versuche die Prob-

stellungsgestaltung und weiß sich nicht nur

leme des anderen zu verstehen und mit Hilfe

in Wettbewerbssituationen zu behaupten,

meiner Wortwahl Vertrautheit zu schaffen.

sondern ist auch das erste Mitglied unseres

Wenn ich allerdings mit meiner Band „Hel-

PLOT-Gestaltungsbeirats.

den in Hawaii-Hemden“ Gitarre spiele, kann es auch mal sein, dass ich den richtigen Ton

Web www.milla.de

verfehle. Dann versuche ich aber trotzdem mit dem Publikum in den Dialog zu treten und einfach Spaß zu haben.

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KLA NG C O LL A GE

Text:

Sabine Marinescu

Wie sich Klang in Räumen dreidimensional entfalten kann, hat uns in PLOT#10 des Öfteren beschäftigt. An dieser Stelle zeigen wir Ihnen außerdem, wie aus Sound plastische Kunstwerke, poetische Bilder oder Produkte entstehen können, wie alltägliche Gebrauchsgegenstände zu Instrumenten werden und wo längst vergessene Töne archiviert sind. Mit jenem Fachwissen können Sie beim nächsten Smalltalk dann auf jeden Fall den richtigen Ton treffen!

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TIPPS


SICHTBARER SOUND

Foto

2 Fabrica S.p.A (Treviso)

1

3

2

1 Musik berührt die meisten Menschen, ohne dass sie genau wissen, warum. Oft sind es Assoziationen zu vergangenen Erlebnissen, besonderen Personen oder auch zu Dingen. Gerade wenn es sich um eine positive Erinnerung oder Verknüpfung handelt, geht sofort das Kopfkino an, und der Wunsch danach, jenes Geräusch festhalten zu können, wächst. Denken Sie doch mal an Ihr erstes eigenes Auto! Erinnern Sie sich noch, welches Geräusch die Tür machte? Oder wie sich das Starten des geliebten Fahrzeugs anhörte? So wird der ein oder andere bestimmt selig schauen, wenn er den Sound eines PS-starken Automobils vernimmt – wozu mit Sicherheit auch das Motorengeräusch des Mercedes-Benz SLS AMG gehört. Der Berliner Künstler Andreas Nicolas Fischer transformierte nun den unsichtbaren Sound dieses Fahrzeugs in ein sichtbares Bild: Mit Hilfe sogenannter „generativer Kunst“ visualisiert er die Beschleunigung des Gefährts. Dafür benutzt er eine eigens entwickelte, auf einem Algorithmus aufbauende Software, die den Rahmen produziert, in dem sich die digitalen Daten „entfalten“ können. Der dadurch entstehende infinite Prozess generiert unzählige miteinander kombinierbare Varianten. Und so lässt das daraus entwickelte Bild auch visuelle Assoziationen zum Motorengeräusch zu – auch wenn der SLS für die wenigsten das erste Automobil gewesen sein mag . . .

AMG Soundskulptur von Andreas Nicolas Fischer

Web www.anf.nu 2 Drew Allan, kanadischer Künstler, und Andy Huntington, ein in London lebender Interaktions-Designer, gehen bei der Verbildlichung von Sound noch einen Schritt weiter: Ihre Skulpturen-Serie „Cylinder“ zeigt plastisch gewordene Klangfrequenzen, die durch den Einsatz von Rapid-Prototyping zum dreidimensionalen Leben erwachen. Auch die Grundlagen für die so dargestellten Töne sind räumlicher Natur: Sie wurden nicht nur in ebensolchen aufgenommen, sondern auch mit Hilfe einer Software in für den Druck nötige STL-Daten umgewandelt. Cylinder von Drew Allan und Andy Huntington Web

www.drewings.com, www.andyhuntington.co.uk

3 Und auch die französischen Gestalter von NOCC machten sich die Umwandlung von Sound-Dateien in dreidimensionale Objekte mittels 3D-Proto­ typing zu nutze. Zunächst wurden die Klangprofile der Worte „Can-dle-hol-der“, „Va-se“ und „Li-ght“ aufgezeichnet und als Grafiken dargestellt, die wiederum als Vorlage für die Modelle standen. Die aktuellen Kerzenständer, Vasen und Leuchten tragen somit das Klangprofil der Gestalter. Die Idee für die „Objects of Sound“ ist jedoch, dass jeder sein individuelles Objekt entsprechend seines Wortklangs generieren kann. Objects of Sound von NOCC Web www.nocc.fr www.PLOTmag.com/SFX-VFX

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MEHR PLOT 164 Seiten PLOT sind noch nicht genug? Das finden wir auch! Deshalb gibt es auf www.PLOTmag.com noch viel mehr Projekte – und das nicht nur passend zum Heftthema „Die Macht des Klangs“: Inszenierungen in den Rubriken Ausstellungsgestaltung, Film- und Bühnenarchitektur, Markenwelten und Neue Welten, dazu News aus der Szene, Jobangebote, innovative Produkte und brandaktuelle Termine – natürlich alles in gewohnter PLOT-Qualität. MEHR SOUND

Pink Floyd Studierende des Ins-

Klangidentität Vanessa Zeissig

Klangerfinder Florian Käppler

Forschungsprojekt Wie sich die

tituts „Innenarchitektur und Sze-

und Malte Lahrmann erzählen

stand PLOT Rede und Antwort –

Museumsakustik auf Besucher

nografie“ der FHNW ließen in

anhand von Musik, Klängen und

weit ausgiebiger, als wir es Ihnen

und die Vermittlung von Themen

Basel die Musik der legendären

Geräuschen in der experimentel-

auf Seite 122 vorstellen konnten.

auswirken kann, untersucht die

Band Pink Floyd in vielfältigen

len Ausstellung das Leben der

Auf www.PLOTmag.com erzählt

Universität Stuttgart gemeinsam

begehbaren Raum-, Sound- und

dominikanischen Juristin und

der Klangerfinder nicht nur von

mit dem Lindenmuseum – unter

Lichtinstallationen wieder auf-

Aktivistin Minerva Mirabal nach.

seiner spannenden Arbeit als

anderem in einem eigens einge-

leben. Ein sinnlich-klangvolles

Sehr eindrucksvoll!

S o u n d - D e s i g n e r. U n b e d i n g t

richteten Raumlabor auf dem

lesen!

Campus Vaihingen. Innovativ und

Erlebnis!

interdisziplinär!

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Wir sind gespannt auf neue Projekte! Her damit!

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