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Design, Spiel, Metaversum: Zukünfte in der digitalen Kultur
Gundolf S. Freyermuth
Auch die Zukunft hat ihre Geschichte. Sie ist vielfach rekonstruiert worden.01 Dabei zeigte sich immer wieder ein enger Zusammenhang zwischen Formen des Spiels, insbesondere audiovisuellen Ritualen und Darstellungsweisen, und den Prozeduren, Zukünftiges vorherzusehen – seit der Antike etwa in den theatralen Praktiken von Orakel, Rollen- oder Kriegsspiel. Über die Jahrtausende bewiesen die Künste, indem sie Szenarien durchspielten, ihre besondere Befähigung, Zukünftiges zu antizipieren. „Nonartists always look at the present through the spectacles of the preceding age. General staffs are always magnificently prepared to fight the previous war“, beobachtete etwa Marshall McLuhan.02 Alle hingegen, die künstlerisch denken und arbeiten, „are engaged in making live models of situations that have not yet matured in the society at large. In their artistic play, they discovered what is actually happening, and thus they appear to be ‚ahead of their time‘.“03 Zu den klassischen Medien, in denen die Zukunft vorwegnehmend spielerische Gestalt finden konnte – Literatur, bildende Kunst, Theater –, gesellten sich mit der Industrialisierung neue: die professionelle Gestaltung,04
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01 Siehe z. B. Bloch, Ernst: Geist der Utopie. Gesamtausgabe in 16 Bänden, Band 3, Frankfurt/Main 1977 [erste Auflage 1918]; Bloch, Ernst: Prinzip Hoffnung. Gesamtausgabe in 16 Bänden, Band 5, Frankfurt/ Main 1977 [erste Auflage 1954–1959]; Freyermuth, Gundolf S.: Utopian Futures. A Brief History of Their Conception and Representation in Modern Media – From Literature to Digital Games. In: Playing Utopia: Futures in Digital Games. Hg. von Benjamin Beil, Gundolf S. Freyermuth und Hanns Christian Schmidt, Bielefeld 2019, S. 9–65; Gidley, Jennifer M.: The Future: A Very Short Introduction. New York 2017; Heilbroner, Robert L.: Visions of the Future: The Distant Past, Yesterday, Today, Tomorrow. New York 1995; Montfort, Nick: The Future. Cambridge, Mass. 2017; Sargent, Lyman Tower: Utopianism: A Very Short Introduction. Oxford 2010.
02 McLuhan, Marshall: Understanding Media: The Extensions of Man. Berkeley (Kindle Edition) 2013 [erste Auflage 1964], loc. 3474.
03 Ebd.
04 Erst ab den späten 1950er Jahren bürgerte sich im Deutschen der Begriff „Design“ ein. (Berents, Catharina: Kleine Geschichte des Design: Von Gottfried Semper bis Philippe Starck. München, S. 19.)
Abb. A: Lego-Minifigur als Ritter mit Schwert, 1978 01
Das Nachstellen von militärischen Szenen auf dem Spielbrett oder in Kinderstuben ist seit Jahrhunderten weit verbreitet. Nach dem Zweiten Weltkrieg nimmt das Interesse daran zunächst ab. Am Ende des Millenniums wächst aber erneut die Anzahl und Vielfalt von Waffen in Kinderzimmern – dieses Mal sind sie vor allem Bestandteil von Systemspielzeugwelten. Deshalb gehen die folgenden Überlegungen der Frage nach, welche Voraussetzungen das Fundament für die Entwicklung eines spektakulär aufgerüsteten Waffenarsenals bei Spielzeugherstellern wie Lego bilden. Die dafür konsultierte Spieletheorie von Johan Huizinga verdeutlicht, was den prinzipiellen Unterschied zwischen der Kampfausrüstung von LegoRittern (Abb. A) und den später erscheinenden Piraten-Minifiguren ausmacht.