Lore Kramer – Ich konnte ohne Keramik nicht leben

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Ich konnte ohne Keramik nicht leben

Lore Kramer (geb. 1926) war Schülerin von Otto Lindig, der vormals als Werkmeister mit Gerhard Marcks als Formmeister an der Dornburger Töpferwerkstatt des Staatlichen Bauhauses Weimar lehrte. Das Werk der Keramikerin Lore Kramer steht für eine zeitlos schöne Form, die aus Schalen, Tellern, Dosen, Tassen und Krügen mehr als bloße Gebrauchsobjekte und Alltagsgegenstände macht. Ganz praxisbezogen schuf sie ein Form- und Farben­repertoire, das einerseits auf einem profunden kultur­historischen Wissen beruht und andererseits einer großen Leidenschaft, Experimentierfreude und Kühnheit entsprang. Den Großteil ihres Œuvre erschuf sie von 1956 bis 1974 als Dozentin und Fachklassenleiterin für Keramik an der Werkkunstschule Offenbach am Main (der späteren Hochschule für Gestaltung Offenbach), und bis zur Schließung der Werkstatt 1988 mit Gast­ studentinnen. Und doch ist es so, dass es einem beim Betrachten von Lore Kramers formvollendeten Keramiken so vorkommt, als seien diese gerade erst dem Brennofen entnommen, als würde ihnen noch keine Geschichte anhaften, allenfalls die einer Moderne, die in Frankfurt am Main in den 1920er Jahren ihren Anfang nahm.

Lore Kramer

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»Es ist nötig, jenen Punkt des Feuers zu erfassen, der einer Substanz den Stempel aufdrückt, wie der Moment einer Liebe, die ein Dasein zu dem macht, was es ist.«1

Vorwort Matthias Wagner K Im Angesicht der Flammen »[...] beginnt die Dialektik zwischen dem Passiven und dem Aktiven, zwischen dem Bewegten und dem Be­ wegenden, zwischen dem Gebrannten und dem Brennenden [...]«2 schrieb der französische, 1962 verstorbene Philosoph Gaston Bachelard in seinem Buch »Die Flamme einer Kerze«. Für ihn stand es außer Zweifel, dass sich der menschliche Geist in seinen Anfängen aus der Meditation über das Feuer entwickelt hat. Und es ist das Feuer, das denn auch eine der ältesten Kulturtechniken des Menschen bestimmt, das Herstellen von Keramiken. In beiden Fällen, und auch wenn mehr als anderthalb Millionen Jahre dazwischen liegen, lässt sich von Feuergeburten sprechen: Nach Bachelard erwächst aus dem Feuer und dessen Betrachtung die menschliche Imagination, die zu Poesie und Wissenschaft führt, wohingegen die Anwendung des Feuers aus Lehm und Ton die ersten Gefäßkeramiken entstehen lässt. 207


»Es ist nötig, jenen Punkt des Feuers zu erfassen, der einer Substanz den Stempel aufdrückt, wie der Moment einer Liebe, die ein Dasein zu dem macht, was es ist.«1

Vorwort Matthias Wagner K Im Angesicht der Flammen »[...] beginnt die Dialektik zwischen dem Passiven und dem Aktiven, zwischen dem Bewegten und dem Be­ wegenden, zwischen dem Gebrannten und dem Brennenden [...]«2 schrieb der französische, 1962 verstorbene Philosoph Gaston Bachelard in seinem Buch »Die Flamme einer Kerze«. Für ihn stand es außer Zweifel, dass sich der menschliche Geist in seinen Anfängen aus der Meditation über das Feuer entwickelt hat. Und es ist das Feuer, das denn auch eine der ältesten Kulturtechniken des Menschen bestimmt, das Herstellen von Keramiken. In beiden Fällen, und auch wenn mehr als anderthalb Millionen Jahre dazwischen liegen, lässt sich von Feuergeburten sprechen: Nach Bachelard erwächst aus dem Feuer und dessen Betrachtung die menschliche Imagination, die zu Poesie und Wissenschaft führt, wohingegen die Anwendung des Feuers aus Lehm und Ton die ersten Gefäßkeramiken entstehen lässt. 207


»Wie ein Spiel war es. Und immer wieder war es das Erlebnis des Scheiterns, das uns zu neuen, inten­siveren Versuchen herausforderte.«1

Leben mit Keramik – Biografisches zu Lore Kramer Annika Sellmann

225

Zum Sommersemester 1956 unterzeichnet die junge Keramikerin Lore Kramer (geboren 1926 in Berlin als Lore Koehn) ihren Arbeits­ vertrag als Fachklassenleiterin für Keramik an der Werkkunstschule in Offenbach am Main.2 Die Tätigkeit in der Lehrwerkstatt wird in den folgenden Jahrzehnten nicht nur ihr Beruf, sondern auch ihre Leidenschaft sein, der Kramer an langen Arbeitstagen ihre ganze Energie widmet. Bereits im März 1940, nach der Auflösung der Mainzer Staats­ schule für Kunst und Handwerk, sind die Klassen für Töpferei und Keramik der Offenbacher Schule angegliedert worden.3 Als neue Leiterin beginnt Lore Kramer umgehend mit der Renovierung der Werkstatt. Die Inneneinrichtung und Ausbauten übernimmt der Frankfurter Architekt Ferdinand Kramer. Gemeinsam mit den Studierenden erprobt die Dozentin die Zusammensetzung der Tonmassen und Glasuren. In einem regen Briefwechsel mit ihrem ehemaligen Keramiklehrer Otto Lindig


»Wie ein Spiel war es. Und immer wieder war es das Erlebnis des Scheiterns, das uns zu neuen, inten­siveren Versuchen herausforderte.«1

Leben mit Keramik – Biografisches zu Lore Kramer Annika Sellmann

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Zum Sommersemester 1956 unterzeichnet die junge Keramikerin Lore Kramer (geboren 1926 in Berlin als Lore Koehn) ihren Arbeits­ vertrag als Fachklassenleiterin für Keramik an der Werkkunstschule in Offenbach am Main.2 Die Tätigkeit in der Lehrwerkstatt wird in den folgenden Jahrzehnten nicht nur ihr Beruf, sondern auch ihre Leidenschaft sein, der Kramer an langen Arbeitstagen ihre ganze Energie widmet. Bereits im März 1940, nach der Auflösung der Mainzer Staats­ schule für Kunst und Handwerk, sind die Klassen für Töpferei und Keramik der Offenbacher Schule angegliedert worden.3 Als neue Leiterin beginnt Lore Kramer umgehend mit der Renovierung der Werkstatt. Die Inneneinrichtung und Ausbauten übernimmt der Frankfurter Architekt Ferdinand Kramer. Gemeinsam mit den Studierenden erprobt die Dozentin die Zusammensetzung der Tonmassen und Glasuren. In einem regen Briefwechsel mit ihrem ehemaligen Keramiklehrer Otto Lindig


Ich konnte ohne Keramik nicht leben

Lore Kramer (geb. 1926) war Schülerin von Otto Lindig, der vormals als Werkmeister mit Gerhard Marcks als Formmeister an der Dornburger Töpferwerkstatt des Staatlichen Bauhauses Weimar lehrte. Das Werk der Keramikerin Lore Kramer steht für eine zeitlos schöne Form, die aus Schalen, Tellern, Dosen, Tassen und Krügen mehr als bloße Gebrauchsobjekte und Alltagsgegenstände macht. Ganz praxisbezogen schuf sie ein Form- und Farben­repertoire, das einerseits auf einem profunden kultur­historischen Wissen beruht und andererseits einer großen Leidenschaft, Experimentierfreude und Kühnheit entsprang. Den Großteil ihres Œuvre erschuf sie von 1956 bis 1974 als Dozentin und Fachklassenleiterin für Keramik an der Werkkunstschule Offenbach am Main (der späteren Hochschule für Gestaltung Offenbach), und bis zur Schließung der Werkstatt 1988 mit Gast­ studentinnen. Und doch ist es so, dass es einem beim Betrachten von Lore Kramers formvollendeten Keramiken so vorkommt, als seien diese gerade erst dem Brennofen entnommen, als würde ihnen noch keine Geschichte anhaften, allenfalls die einer Moderne, die in Frankfurt am Main in den 1920er Jahren ihren Anfang nahm.

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