Design für Spiel, Spaß, Spannung

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DESIGN FÜR

SPIEL SPASS SPANNUNG

Gesellschaft für Designgeschichte Schriften 6

Herausgegeben von Melanie Kurz und Thilo Schwer

Gestaltung von Artefakten

zum spielerischen Handeln

Inhalt Vorwort 4 Thilo Schwer / Melanie Kurz Spielerisches Explorieren des Neuen zwischen Realität und Illusion – Eine Einführung – 6 Thilo Schwer Die Bauhäuslerin Alma Siedhoff-Buscher –ein Designerleben für Kinder 26 Michael Siebenbrodt Barbie –eine Reflexion von Material, Form und Narration 36 Frederik Kampe Die Jahrtausendwende in der digitalen Spielkultur –eine Zäsur in Soft- und Hardware, Berichterstattung, Forschung und Ausbildung 48 Rudolf Inderst Illusion als Versprechen –Die unerwartete Überzeugungskraft des frühen 3D-Spiels 58 Jacob Birken
Direkte Manipulation –Berührungspunkte von Computerspiel und Designtheorie zwischen 1980 und 1990 72 Björn Blankenheim Design, Spiel, Metaversum: Zukünfte in der digitalen Kultur 86 Gundolf S. Freyermuth Waffen und militärische Ausrüstung in Systemspielzeugwelten 104 Melanie Kurz Vom Bildschirm aufs Spielbrett –Historische Überlegungen zu analogen Remediatisierungen digitaler Spiele 122 Christin Lumme, Sebastian Pfaller, Peter Podrez Digitalspielartefakte als kulturelle Spiel-Zeugen. Auf den Spuren des japanischen Minimalismus in der gegenwärtigen Retrobewegung 136 Caroline Knoch, Markus Böhm Geld-Spiel, Spiel-Geld. Über den Aufstieg des Features zum Spiel 148 Pia Scharf Autorinnen und Autoren 164 Index 168

In den 1990ern wird 3D-Grafik für Videospiele zum ästhetischen und technologischen Paradigma – eine Zukunftstechnologie in etwas zwiespältigem Sinne, da 3D-Grafik erst gut zwei Jahrzehnte später den „Realismus“ bieten kann, den die Industrie verspricht. In meinem Beitrag will ich die Genese des 3D-Spiels in den 1990er Jahren aus den technischen, formalästhetischen und gesellschaftlichen Bedingungen dieser Zeit heraus analysieren. Was ist das Versprechen der 3D-Grafik; warum nehmen Spieler/innen für den Zugewinn einer simulierten dritten Dimension den Verlust von visueller Information, die die avancierte 2D-Grafik bereits bietet, in Kauf? Welcher Zusammenhang besteht zwischen der rabiaten Fortschrittsideologie der IT-Industrie und der maskulin geprägten Spieleszene?

Abb. A: Tweet von Colin Williamson, 3. Oktober 2022 01

Illusion als Versprechen –

Die unerwartete Überzeugungskraft des frühen 3D-Spiels

Einen „Stupid AI art trick“ nennt der Videospieledesigner Colin Williamson eine Reihe digitaler Doppelporträts, die er im Oktober 2022 auf Twitter veröffentlicht – jeweils zweimal ist hier die gleiche Figur aus dem Spiel „Virtua Fighter“ von 1993 zu sehen, links als kantiges 3D-Modell aus dem Spiel selbst und rechts als fotorealistische Interpretation durch die aktuelle Software Stable Diffusion (Abb. A). Die Bilderzeugungssoftware scheint aus der antiquiert wirkenden, abstrahierten Grafik des Arcade-Games herauszuarbeiten, wie die Figuren wirklich oder zumindest wirklicher hätten aussehen können – Williamsons Tweet-Serie ist damit in der Tat eher eine Spielerei mit teils skurrilen Ergebnissen, doch sie sagt viel über historische und aktuelle Ansprüche an Computergrafik aus und darüber, wie diese Ansprüche zwischen wahrnehmungspsychologischen Phänomenen, technologischen Entwicklungen und ästhetischen Konventionen entstehen.

Dreißig Jahre nach der Veröffentlichung von „Virtua Fighter“ ist die Spielindustrie durchaus in der Lage, fotorealistische Bilder auf PC-Monitore oder den 4K-Fernseher zu bringen. „Realismus“ bleibt dabei ein beliebtes Verkaufsversprechen – „unglaublich detaillierte virtuelle Welten wie nie zuvor“ soll beispielsweise die aktuelle Grafikkarte der US-Firma NVIDIA bieten, während die PlayStation 5 von Sony „neue Maßstäbe in Sachen Realismus“ setzt.02 Obwohl der Fortschritt hier letztlich in der höheren Leistungsfähigkeit und Spezialisierung der Hardware besteht, ist er an den von ihr hergestellten Bildern ohne Weiteres nachzuvollziehen: Die menschlichen Figuren in „Virtua Fighter“ von 1993 sind noch auf den ersten Blick als digitale Modelle zu erkennen, ihre Körper

01 <https://twitter.com/ColinWilliamson/status/1576760990607155200>.

02 <https://www.nvidia.com/de-de/geforce/grapics-cards/40-series/>; <https://www.playstation.com/dede/ps5/>, 26.10.2022.

58 –59

Abb. A: AI-Experiment. Midjourney 1. Prompt: Duerer style artificial intelligences discovering the new world.

Mit Anbruch der westlichen Neuzeit erfasste Aufklärung – „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ (Kant) bzw. „fortschreitende technische Naturbeherrschung“ (Horkheimer/Adorno) – auch die Zukunft. An die Stelle ihrer historischen Evolution trat zunehmend ihr künstlerischer, intellektueller und schließlich wissenschaftsbasierter Entwurf. In einer stetig wachsenden Anzahl von Medien – Romanen, Sachbüchern und akademischen Publikationen, Presseartikeln und Comics, Dokumentar- und Spielfilmen, Radio und Fernsehserien – präkonfigurierten säkulare Utopien (und Dystopien) „The Shape of Things to Come“ (H. G. Wells). Mit der Digitalisierung erweitern sich erneut die Möglichkeiten für das Design und die Herstellung von Zukünften im Spannungsfeld zwischen Fantasie und Futurologie, Antizipation und Iteration. Denn im prozeduralen Repräsentationsmodus digitaler Spiele können Systeme – also auch Zukünfte – nicht nur wie in der Literatur beschrieben oder wie in Film und Fernsehen audiovisuell dargestellt, sondern in ihrem Funktionieren dynamisch-interaktiv erfahrbar werden.

Design, Spiel, Metaversum: Zukünfte in der digitalen Kultur

Auch die Zukunft hat ihre Geschichte. Sie ist vielfach rekonstruiert worden.01 Dabei zeigte sich immer wieder ein enger Zusammenhang zwischen Formen des Spiels, insbesondere audiovisuellen Ritualen und Darstellungsweisen, und den Prozeduren, Zukünftiges vorherzusehen – seit der Antike etwa in den theatralen Praktiken von Orakel, Rollen- oder Kriegsspiel. Über die Jahrtausende bewiesen die Künste, indem sie Szenarien durchspielten, ihre besondere Befähigung, Zukünftiges zu antizipieren. „Nonartists always look at the present through the spectacles of the preceding age. General staffs are always magnificently prepared to fight the previous war“, beobachtete etwa Marshall McLuhan.02 Alle hingegen, die künstlerisch denken und arbeiten, „are engaged in making live models of situations that have not yet matured in the society at large. In their artistic play, they discovered what is actually happening, and thus they appear to be ‚ahead of their time‘.“03 Zu den klassischen Medien, in denen die Zukunft vorwegnehmend spielerische Gestalt finden konnte – Literatur, bildende Kunst, Theater –, gesellten sich mit der Industrialisierung neue: die professionelle Gestaltung,04

01 Siehe z. B. Bloch, Ernst: Geist der Utopie. Gesamtausgabe in 16 Bänden, Band 3, Frankfurt/Main 1977 [erste Auflage 1918]; Bloch, Ernst: Prinzip Hoffnung. Gesamtausgabe in 16 Bänden, Band 5, Frankfurt/ Main 1977 [erste Auflage 1954–1959]; Freyermuth, Gundolf S.: Utopian Futures. A Brief History of Their Conception and Representation in Modern Media – From Literature to Digital Games. In: Playing Utopia: Futures in Digital Games. Hg. von Benjamin Beil, Gundolf S. Freyermuth und Hanns Christian Schmidt, Bielefeld 2019, S. 9–65; Gidley, Jennifer M.: The Future: A Very Short Introduction. New York 2017; Heilbroner, Robert L.: Visions of the Future: The Distant Past, Yesterday, Today, Tomorrow. New York 1995; Montfort, Nick: The Future. Cambridge, Mass. 2017; Sargent, Lyman Tower: Utopianism: A Very Short Introduction. Oxford 2010.

02 McLuhan, Marshall: Understanding Media: The Extensions of Man. Berkeley (Kindle Edition) 2013 [erste Auflage 1964], loc. 3474.

03 Ebd.

04 Erst ab den späten 1950er Jahren bürgerte sich im Deutschen der Begriff „Design“ ein. (Berents, Catharina: Kleine Geschichte des Design: Von Gottfried Semper bis Philippe Starck. München, S. 19.)

86 –87

Abb. A: Lego-Minifigur als Ritter mit Schwert, 1978 01

Das Nachstellen von militärischen Szenen auf dem Spielbrett oder in Kinderstuben ist seit Jahrhunderten weit verbreitet. Nach dem Zweiten Weltkrieg nimmt das Interesse daran zunächst ab. Am Ende des Millenniums wächst aber erneut die Anzahl und Vielfalt von Waffen in Kinderzimmern – dieses Mal sind sie vor allem Bestandteil von Systemspielzeugwelten. Deshalb gehen die folgenden Überlegungen der Frage nach, welche Voraussetzungen das Fundament für die Entwicklung eines spektakulär aufgerüsteten Waffenarsenals bei Spielzeugherstellern wie Lego bilden. Die dafür konsultierte Spieletheorie von Johan Huizinga verdeutlicht, was den prinzipiellen Unterschied zwischen der Kampfausrüstung von LegoRittern (Abb. A) und den später erscheinenden Piraten-Minifiguren ausmacht.

Waffen und militärische Ausrüstung in Systemspielzeugwelten

Als der unabhängige Lego-Händler Citizen Brick im März 2022 eine Minifigur auf den Markt bringt, die den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj darstellt, und dazu Molotowcocktails im Miniaturformat anbietet, auf denen die ukrainische Flagge zu sehen ist, entbrennt eine Diskussion. Unter dem Titel „Spielen mit dem ukrainischen Präsidenten – gute Idee oder völlig irre?!“ fasst ein Beitrag des Südwestrundfunks die Positionen der Kontroverse zusammen. Für rund 90 Euro gehandelt, ist die limitierte Auflage der Selenskyj-Figur in wenigen Tagen ausverkauft und bringt zusammen mit dem etwa 10 Euro teuren Zubehör insgesamt etwas mehr als 130 000 Euro ein.02 Weil Citizen Brick von Anfang an kommuniziert, den Erlös für humanitäre Hilfe in der Ukraine zu spenden, ist davon auszugehen, dass der Käuferschaft neben Fans von Lego-Minifiguren auch Menschen angehören, denen in erster Linie an der Hilfsaktion gelegen ist. In den Augen von Kritiker/innen steht die Spielzeugfigur – insbesondere in Kombination mit ihrem Utensil – dennoch für eine Verharmlosung von Krieg und Gewalt.

Ein kurzer Rückblick

Physische Kampfhandlungen und Kriegsszenarien im Spieltisch- und Kinderzimmerformat sind zwar keine Erfindungen des 19. Jahrhunderts,03 erreichen in der industriell

01 Alle Abbildungen in diesem Aufsatz – mit Ausnahme von Abb. G – stammen von Melanie Kurz.

02 <https://www.dasding.de/newszone/lego-selenskyj-citizen-brick-spenden-100.html>, 24.05.2022.

03 Während des 18. und 19. Jahrhunderts etablieren sich im Bürgertum die Schlachten auf dem Schachbrett und werden auch in Form von Wettbewerbsveranstaltungen populär. Clausen, Lars: Hypothesen zu einer Soziologie des Schachs. Beiträge der Sektions- und Ad-hoc-Gruppen. In: Friedrichs, Jürgen (Hg.): 23. Deutscher Soziologentag 1986: Sektions- und Ad-hoc-Gruppen (S. 389–392). Opladen 1987, S. 390ff. <https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-150788>, 15.06.2022.

104 –105

Abb. A: Als Game-Design Geschichte schrieb: zwei Auflagen von Super Mario Bros.01

In der japanischen Sprache gibt es einen oft verwendeten Begriff, der sich in seiner Gesamtheit kaum übersetzen lässt. Die Rede ist von kirei – einem Adjektiv, das als zentrales Element der japanischen Ästhetik gilt. Die höchste Form von kirei ist ein weißes Blatt Papier, das illustriert, dass in Japan mit dem Schönheitsbegriff sowohl der Terminus der Reinheit als auch das Prinzip des Minimalismus einhergeht. Als sich Japan im 19. Jahrhundert öffnete, begann eine Zeit der kulturellen Begegnung. Insbesondere Farbholzschnitte, genannt Ukiyo-e, wurden im Westen mit Begeisterung aufgenommen. Der Austausch setzte sich fort. In den 1980er Jahren faszinierten japanische Digitalspiele die westliche Welt – eine Faszination, die sich auch in der Ästhetik des heutigen Retrotrends wiederfindet. In unserem Beitrag betrachten wir diese kulturellen Bestrebungen von Ost nach West, analysieren und deuten spielinhärente Bewegungsräume sowie eine ästhetische Rückwärtsgewandtheit.

Digitalspielartefakte als kulturelle Spiel-Zeugen. Auf den Spuren des japanischen Minimalismus in der gegenwärtigen Retrobewegung

Einleitung

Digitale Spielkultur kann als eine Praxis der Begegnungen bezeichnet werden – nicht nur im kompetitiven, sondern ebenso im kulturellen Sinne. Gerade in den frühen Jahren digitaler Spielgeschichte ist dabei ein Streben von Ost nach West zu konstatieren, eine Ausrichtung, die gleichfalls in der Geschichte Japans und der bildenden Künste zu erkennen ist. Das Land war bis 1854 fast vollständig von der Außenwelt abgeschottet. Nach einer über 200 Jahre andauernden Phase der Isolationspolitik brach dann die Zeit der Öffnung des Landes an. Über den einsetzenden Schiffsverkehr erreichten fortan nicht nur westliche Waren den Inselstaat, auch japanische Kulturgüter wurden mit Begeisterung aufgenommen, besonders von westlichen Kunstschaffenden. Auf der Suche nach einem Neuanfang war dies ein Stimulus, der einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur modernen Kunst ermöglichte.02

130 Jahre später kam es zu einer weiteren bedeutsamen kulturellen Begegnung: Seit den 1980er Jahren sind japanische Digitalspiele mitverantwortlich für die Faszination gegenüber allem Fernöstlichen. Dabei kann der japanische Einfluss auf die heutige westliche Popkultur mit den damaligen Transformationsprozessen in Kunst und Malerei verglichen werden.

Während der westliche Konsolenmarkt einbrach, veröffentlichte Nintendo 1983 mit dem Famicom03 seine erste Heimkonsole und startete seinen bis heute andauernden Triumphzug. Der Erfolg gründet auf der Entscheidung für qualitatives Game Design und Narrationen. Als Exempel für Ersteres dient die populäre Super Mario Bros.-Reihe. 04

02

03

Raum. Köln 2014, S. 10.

Nintendo: Famicom. Kyōto 1983.

04 Nintendo: Super Mario Bros. Kyōto 1985.

136 –137
01 Foto: Caroline Knoch, Markus Böhm. Scherer, Elisabeth; Mae, Michiko: Nipponspiration. Japonismus und japanische Populärkultur im deutschsprachigen

Autorinnen und Autoren

Jacob Birken

ist Medientheoretiker und Kulturhistoriker. Nach Anstellungen am ZKM Karlsruhe, der Universität Heidelberg, der KHS und Universität Kassel und der Hochschule Düsseldorf ist er seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter für Nordamerikanische Geschichte an der Universität zu Köln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Dar- und Vorstellungen des Geschichtlichen zwischen Utopien, Dystopien und anderen Ausnahmezuständen; 2018 promovierte er zu Bildern des Erdbebens 1906 in San Francisco. Als Medientheoretiker beschäftigt er sich mit den technischen und ästhetischen Bedingungen des digitalen Bilds. Zuletzt veröffentlichte er 2022 in der Buchreihe Digitale Bildkulturen des Wagenbach Verlags den Band „Videospiele“.

Björn Blankenheim

ist Mitarbeiter im Lehrgebiet „Gestaltungstechnik und Kunstgeschichte“ an der Fakultät für Kunst und Design der Bergischen Universität Wuppertal. Er forscht u.a. zu den Themen Game Design und „Game Rhetoric“. Von 2015 bis 2018 hat er das Projekt „Historische Kunstlehre“ betreut, dessen Ergebnisse als Sammelband „Kunstlehre/Lehrkunst“ sowie als Nachschlagewerk „Grundbegriffe der Historischen Kunstlehre“ erscheinen. Seine Dissertationsschrift in Kunstgeschichte befasst sich mit der Produktionsästhetik von Computerspielen (1982–1996) im Kontext historischer Kunstliteratur. Zuletzt hat er die Ausstellung „Game Designers & Software Artists“ kuratiert und das Symposium „History of Games – PAtCHʼD“ organisiert.

Markus Böhm

(geb. Matt) studierte Medienkulturwissenschaft und Neuere Deutsche Literatur an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg i.Br. sowie Design Interaktiver Medien an der Hochschule Furtwangen – wo er auch Lehrbeauftragter ist. Er arbeitet als Konzepter und Texter in einer Digitalagentur in Karlsruhe und ist Doktorand an der Universität Koblenz in Kooperation mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Sein Promotionsprojekt beschäftigt sich mit dem Erzählen in Digitalspielen.

Gundolf S. Freyermuth

ist (Gründungs-) Direktor des Cologne Game Lab der TH Köln, dort Professor für Media and Game Studies sowie an der ifs internationale filmschule köln Professor für Comparative Media Studies. Er studierte Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin und promovierte zur medialen Digitalisierung. Außerakademisch arbeitete er u.a. als Redakteur für die von Hans Magnus Enzensberger herausgegebene Zeitschrift „TransAtlantik“ sowie als Chefreporter für das Zeitgeist-Magazin „Tempo“. Er verfasste eine zweistellige Zahl von Romanen und Monographien sowie rund 500 Reportagen und Aufsätze. Zuletzt veröffentlichte er u.a. Games | Game Design | Game Studies. An

Autorinnen
und Autoren

Introduction (2015), sowie als Mitherausgeber Playing Utopia: Futures in Digital Games (2019) und Playful Materialities: The Stuff That Games Are Made Of (Herbst 2022).

Frederik Kampe

studierte Germanistik, Geschichte und Ästhetik an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sein Forschungsinteresse umfasst die Felder Konsumästhetik, Alltagsästhetik und Designforschung. Dabei bewegen sich seine Arbeiten oft an Fächergrenzen und sind geprägt von einer interdisziplinären Perspektive. Er ist überzeugt, dass Thesen aus dem zu untersuchenden Material zu entwickeln sind und sich theoretische Überlegungen anhand dieser Gegenstände überprüfen lassen müssen. Im Herbst 2021 hat er die Arbeit an der Dissertation zum Thema „Barbie. Ästhetik und Kultur auf eleven-and-ahalf-inch.“ aufgenommen, die von Prof. Dr. Heinz Drügh betreut wird. Frederik Kampe arbeitet in der privaten Hochschulförderung der Goethe-Universität.

Rudolf Thomas Inderst

ist Professor für Game Design an der IU Internationale Hochschule mit Schwerpunkt Game Studies. Er studierte Politikwissenschaften, Neuere Geschichte und Amerikanische Kulturgeschichte in München wie Kopenhagen und promovierte sowohl zu Vergemeinschaftungen in Online- Rollenspielen (2009) als auch zur Darstellung von Wissenschaft, Forschung und Technologie im digitalen Spiel (2019). Er spricht, lehrt und publiziert regelmäßig national wie international im Bereich der Spielforschung. Zudem ist er als Ressortleiter des Schweizer Kulturjournals Nahaufnahmen tätig, editiert den wöchentlichen Newsletter Game Studies Watchlist und verantwortete den redaktionellen Social-Media- und Community-Auftritt des Spiele-Distributors Koch Media von 2013 bis 2021.

Caroline Knoch

studierte Medienkonzeption sowie Design Interaktiver Medien an der Fakultät Digitale Medien der Hochschule Furtwangen. Sie ist als Designerin mit den Schwerpunkten UX Konzept, UI Design und Typografie in Karlsruhe tätig und ist aktuell Doktorandin an der Universität Koblenz in Kooperation mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im Bereich der Medien- und Kulturwissenschaften. Ihr Promotionsprojekt beschäftigt sich mit den typografischen Grenzen zwischen Schrift und Bild.

Melanie Kurz

hat seit 2008 die Professur für Designtheorie und Designgeschichte am Fachbereich

Gestaltung der Hochschule Aachen inne. Davor war sie Creative Director für Designstrategie und User Interface Design der deutschen Niederlassung einer internationalen Designagentur mit Sitz in den USA. Sie studierte Produktgestaltung (Diplom) und Communication Planning and Design (Master of Arts) an der Hochschule für Gestaltung

Schwäbisch Gmünd, bevor sie an der Universität Duisburg-Essen mit Auszeichnung promovierte. Zu ihren beruflichen Stationen zählt der Bereich Design der BMW AG. Melanie

164 –165

Kurz ist Gründungsmitglied der Gesellschaft für Designgeschichte. Zuletzt erschienene Monografien: „Designstreit – Exemplarische Kontroversen über Gestaltung“ (2017), „Handwerk oder Design – Zur Ästhetik des Handgemachten“ (2015), „Inspirationsmythen – Zur Ideengeschichte des menschlichen Schöpfungsvermögens“ (2014), zusammen mit Thilo Schwer „Geschichte des Designs“ (2022) in der Reihe „Wissen“ von C. H. Beck.

Christin Lumme

M.A., ist Museologin und Kunsthistorikerin. 2015 bis 2021 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Spielearchiv Nürnberg tätig und seit 2017 zusätzlich mit der Konzept- und Bauplanung für das neu entstehende Haus des Spiels in Nürnberg betraut. Von November 2021 bis Januar 2023 hatte sie die Leitung des Deutschen Spielearchivs sowie die Projektleitung für das Haus des Spiels inne. Seit Februar 2023 ist sie Leiterin der Abteilung Bildung und Vermittlung der Museen der Stadt Dresden. Ihre Forschungsschwerpunkte sind kulturhistorische und museumswissenschaftliche Aspekte des analogen Spiels. Des Weiteren beschäftigt sie sich mit der Darstellung kultureller Stereotype in Spieldesign und -Artwork sowie Fotografie im digitalen Spiel.

Sebastian Pfaller

M.A., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Spielearchiv Nürnberg, koordiniert die Digitalisierung von Kulturdaten bei den Museen der Stadt Nürnberg und betrachtet seine Arbeit gerne durch die Linse der Medienarchäologie. Seine akademische Laufbahn führte über Kulturwissenschaft, Philosophie, Sprach- und Übersetzungswissenschaften schließlich zur Medienkultur- und Kunsttheorie und damit geradewegs zum wahrscheinlich prägendsten medialen Phänomen des 21. Jahrhunderts – dem Spiel.

Peter Podrez

Dr. phil., ist Akademischer Rat am Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte sind u.a.: Spielfiguren, Game Studies analog/ digital, Medien und (urbane) Räumlichkeit, mediale Zukunftsvisionen, medialer Horror, Human- Animal Studies, Gender Studies. Aktuelle Publikationen sind (Auswahl): Urbane Visionen. Filmische Entwürfe der Zukunftsstadt. Würzburg 2021; „Beyond Pawns and Meeples. Material Meanings of Analog Game Figures“. In: Beil, B. et al. (Hg.): Playful Materialities. The Stuff that Games Are Made Of. Bielefeld 2022, S. 279-314.

Pia Scharf

ist seit 2022 Dozentin für Designgeschichte und -theorie am Institut Contemporary Design Practices (ICDP) der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel FHNW. Zuvor war sie in der Lehre an verschiedenen deutschen Hochschulen, zuletzt als Vertretungsprofessorin an der HfG Offenbach am Main, tätig. Sie ist Promovendin der Designwissenschaft und bearbeitet in ihrer Dissertation die Veränderungen im Zugang zu technischen

Autorinnen und Autoren

Funktionen digitaler Produkte, die sich derzeit aufgrund maschinellen Lernens besonders in einem veränderten User Interface abzeichnen. Pia Scharf ist Gründungsmitglied im design inclusion e.V. und selbstständig als Designerin tätig.

Thilo Schwer

seit 2019 Professor für Designgeschichte und -theorie, ab 2021 Leiter des Instituts für Kunst- und Designwissenschaft an der Hochschule der bildenden Künste in Essen (HBK Essen), forscht zur Designmethodologie sowie zum Einsatz von Gestaltungsmitteln. Ab 2011 lehrte er in der Designwissenschaft an der Folkwang Universität Essen, der Goethe Universität Frankfurt und der HfG Offenbach. 2002 gründete er nach dem Studium in Basel und Offenbach das Designstudio speziell® mit Sybille Fleckenstein und Jens Pohlmann. Seine Promotion 2014 an der Folkwang Universität trug den Titel „Produktsprachen: Design zwischen Unikat und Industrieprodukt“; 2021 erschien in Herausgabe mit Kai Vöckler „Der Offenbacher Ansatz. Zur Theorie der Produktsprache“. Thilo Schwer ist mit Siegfried Gronert Initiator der Schriftenreihe der GfDg. Zusammen mit Melanie Kurz: „Geschichte des Designs“ (2022) in der Reihe „Wissen“ von C. H. Beck.

Michael Siebenbrodt

absolvierte ein Architekturstudium an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar (heute Bauhaus-Universität Weimar), dort war er wissenschaftlicher Mitarbeiter. Er ist Mitbegründer der Internationalen Bauhauskolloquien und unternimmt Bauhausforschungen seit 1974. Weitere Stationen: Leiter des Wissenschaftlich-Kulturellen Zentrums (Bauhaus-Museum, Bauhaus-Bühne) am Bauhaus Dessau; leitender Mitarbeiter im Kulturamt der Stadt Weimar; Stadtrat für Kultur (Kulturdezernent); Mitarbeit an der Vorbereitung der documenta 10 und Weimar als Europäische Kulturhauptstadt. Kommissarischer Direktor der Kunstsammlungen zu Weimar und dort Leiter des BauhausMuseums (heute Klassik Stiftung Weimar). Er ist Vorsitzender des Freundeskreises der Bauhaus-Universität Weimar e.V. und leitet das Haus Am Horn (UNESCO-Welterbe). Michael Siebenbrodt ist Träger des Bundesverdienstkreuzes.

166 –167

Spielen ist ein Bedürfnis, das Menschen aller Kulturen und Altersgruppen miteinander teilen. Die Spielenden treffen dabei Verabredungen, stellen Regeln auf, nutzen Spielzeuge oder verkleiden sich, was das Spiel selbst zu einem Akt von Gestaltung macht. Zudem kommt dem Design von Spielwaren und -umgebungen eine wichtige Rolle für das Spielerlebnis zu. Die Industrialisierung führte auch auf diesem Gebiet zu einer Ausdifferenzierung mit zahlreichen technischen Neuerungen. Besondere Fertigungsverfahren ließen trotz niedriger Herstellungskosten eine hohe Detailtreue im kleinen Maßstab zu; Kunststoffe wie ABS erlaubten bunte, stabile Spielwaren für alle; neu entwickelte Maschinen und Fortbewegungsmittel lieferten bisher nicht gekannte Vorbilder und neuartige Spielzusammenhänge. Die Einführung von Computern revolutionierte diesen Bereich abermals: Fiktionale Welten, Geschöpfe und Handlungsweisen werden seither digital erkundet und manipuliert, Erzählungen lassen sich aktiv erleben, Spielpartner/innen können simuliert oder von vielen Orten zugeschaltet werden. Die kulturgeschichtlichen Stationen des Spielens vom Beginn der Industrialisierung bis zur Jahrtausendwende werden sowohl aus dem Blickwinkel der Designgeschichte als auch aus dem der Game Studies betrachtet. Die Bandbreite der Themen reicht von der BauhausWurfpuppe bis zur Barbie, vom Japonismus bis zur Pixelgrafik, von der grafischen Raumillusion zu 3D-Umgebungen und Interaktionsgestaltung, vom Brettspiel bis zum Kriegsspielzeug, von den Utopien der beginnenden Neuzeit bis zu merkantilen Absichten digitaler Spielkonzepte.

Beiträge von Jacob Birken, Björn Blankenheim, Gundolf S. Freyermuth, Rudolf Inderst, Frederik Kampe, Caroline Knoch und Markus Böhm, Melanie Kurz, Peter Podrez mit Christin Lumme und Sebastian Pfaller, Pia Scharf, Thilo Schwer, Michael Siebenbrodt.

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