[t]akte Das Bärenreiter-Magazin
Frühe Oper
2I2008
Informationen für Bühne und Orchester
Francesco Cavalli und Claudio Monteverdi
Neues Musiktheater Giselher Klebe und Manfred Trojahn
Porträt: Das Ringen um Freiheit Der Schweizer Komponist Dieter Ammann
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Raffinierte Verzierungen Monteverdis „L’Orfeo“ im Urtext
Cavalli kommt wieder Zum Start der Gesamtausgabe seiner Opernwerke
„Semiramide va alle stelle!“ Christoph Willibald Glucks erste Oper für Wien
e-Moll Felix Mendelssohns drittes Klavierkonzert
Nach „Il ritorno d’Ulisse in patria“ (2007) erscheint nun mit Claudio Monteverdis „L’Orfeo“ die zweite Oper des Italieners in der Edition Rinaldo Alessandrinis. Der Herausgeber führt in die Prinzipien seiner Ausgabe ein und weist besonders auf die hochentwickelten Formen von Deklamation hin, die große Anforderungen an Interpreten stellen. Unterschiede zu den späteren Opern „Poppea“ und „Ulisse“ sollten dabei beachtet werden.
Mit seinem Konzept standardisierter Handlungen schrieb Francesco Cavalli Geschichte, der sich im 17. Jahrhundert zu einem weit über seine Heimatstadt Venedig hinaus gefragten europäischen Opernkomponisten entwickelte. Die neue kritische Cavalli-Edition bei Bärenreiter, in deren erster Serie 14 Bühnenwerke geplant sind, startet mit „Ercole amante“. Auf der Folie der Sage vom liebenden Herkules entspannt sich eine opulente Handlung, die dem Anlass, der Hochzeit zwischen Ludwig XIV. und Maria Theresa von Spanien, angemessen war.
Christoph Willibald Glucks Dramma per musica „La Semiramide riconosciuta“ nach einer Vorlage von Pietro Metastasio wird 260 Jahre nach ihrer Uraufführung im Wiener Burgtheater zum ersten Mal wieder auf einer Opernbühne zu erleben sein, und zwar ab dem 18. Oktober im Kleinen Haus des Mainzer Staatstheaters. Für die Koproduktion mit der Hochschule für Musik Mainz wurde der Regisseur Peer Boysen gewonnen, die musikalische Leitung liegt in den Händen von Michael Millard.
Ein „neues” Klavierkonzert von Felix Mendelssohn! Aus den vorhandenen Skizzen hat Larry Todd das in den Jahren zwischen 1842 und 1844 entworfene Konzert in e-Moll rekonstruiert und ergänzt. Damit steht Pianisten und Orchestern ein vollgültiges Werk des Komponisten zur Verfügung, das einen besonderen Reiz aus der stilistischen Nähe zum berühmten e-Moll-Violinkonzert bezieht. Die erste Aufführung ist für den 10. Januar 2009 mit Matthias Kirschnereit und dem Sinfonieorchester Basel unter Mario Venzago geplant.
Portrait
Oper / Musiktheater
Oper / Musiktheater
Neues Musiktheater
Neues von Hugo Distler Entdeckungen im Gedenkjahr
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Raffinierte Verzierungen Monteverdis „L’Orfeo“ im Urtext
Vexierbilder der Gewalt Halévys „La Juive“ an der Staatsoper Stuttgart
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Verdi als Wegweiser Literaturoper ist keine Sackgasse. Die Aktualität des Komponisten Giselher Klebe 18
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Cavalli kommt wieder Zum Start der Gesamtausgabe seiner Opernwerke 6
„Tosca“ ad fontes Puccinis Oper erstmals in einer kritischen Ausgabe
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„Semiramide va alle stelle!“ Christoph Willibald Glucks erste Oper für Wien
Wer darf sie spielen? Streit um eine Melodie im Kinderstück von Andreas Tarkmann und Eberhard Streul 31
Das Ringen um Freiheit Der Schweizer Komponist Dieter Ammann
Alchimistische Verwandlungen Der italienische Komponist Osvaldo Coluccino 30
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Mehr als „Carmen“ und „Faust“ Die französische Oper zwischen Revolution und dem Beginn der Moderne 11
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Vokalisen der Seele Manfred Trojahns „La Grande Magia“ wurde an der Semperoper in Dresden uraufgeführt20 e-Moll Felix Mendelssohns drittes Klavierkonzert
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Vexierbilder der Gewalt Halévys „La Juive“ an der Staatsoper Stuttgart
Das Ringen um Freiheit Der Schweizer Komponist Dieter Ammann
Verdi als Wegweiser Die Aktualität des Komponisten Giselher Klebe
Klänge einer Metropole Beat Furrer lauscht in Istanbul
Die 1835 uraufgeführte, seit den 1930er-Jahren von den Bühnen verschwundene und erst in jüngster Zeit zaghaft wieder gespielte „Jüdin“ Halévys ist mit ihrem Ineinander von christlichem Antijudaismus und jüdischem Märtyrertod angesichts der jüngsten Geschichte noch immer von höchster Brisanz. Die Staatsoper Stuttgart hat das Stück, das szenisch wie musikalisch höchste Anforderungen an alle Mitwirkenden stellt, in der vergangenen Saison herausgebracht – eine Inszenierung, die sich der Aktualität des Stoffes auf Aufsehen erregende Weise annähert.
Die Werke von Dieter Ammann werden ab sofort vom Bärenreiter-Verlag verlegt. Nach einem Schulmusik- und einem sich daran anschließenden Kompositions- und Theoriestudium, neben einer beachtlichen Karriere als Jazzmusiker und parallel zu seiner Hochschulprofessur kam er erst spät zum Komponieren. Kürzlich wurde er mit dem Förderpreis der Siemens Kulturstiftung ausgezeichnet. Über die Hintergründe seines Schaffens informiert er im Gespräch.
Giselher Klebes umfangreiches Bühnenwerk beginnt sich zu runden. Dass die Literaturoper keine Sackgasse ist, zeigt sich im musikdramatischen Œuvre des 83-jährigen Komponisten. Die Uraufführung von „Chlestakows Wiederkehr“ in Detmold ist Anlass für ein erstes Resümee, das Hans-Klaus Jungheinrich zieht. Dabei scheint ein Altersstil auf, der die Konstruktivität früherer Werke zugunsten einer glasklaren Lakonik hinter sich gelassen hat.
„Into Istanbul“ ist der Auftakt zu einem weltumspannenden Großprojekt, das vom Ensemble Modern und dem Siemens Arts Programm konzipiert wurde und zusammen mit dem Goethe-Institut durchgeführt wird. Jeweils vier Komponisten sind in einer der Metropolen Dubai, Johannesburg, Pearl River Delta und Istanbul zu Gast und komponieren für das Ensemble Modern. Beat Furrers neue Ensemblekomposition wird am 10. Oktober im ersten Konzert der Reihe in Frankfurt uraufgeführt.
[Premiere]
(Deutsche Erstaufführung)
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-> [[Uraufführung]]
Orchester / Ensemble
Orchester / Ensemble
Orchester / Ensemble
Publikationen / Termine
Klänge einer Metropole Beat Furrer lauscht in Istanbul 21
Werke wie Inseln Mit seinem Orchesterstück „archipel“ setzt Philipp Maintz eine geologische Struktur in 23 Musik um
Mitteilsam und verständlich Ondřej Kukal und sein „Clarinettino“ 27
Neue Bücher
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Neue CDs
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Sieben Himmel Jonathan Harvey und sein neues Chor-Orchesterstück über Engelsnamen 28
Termine (Auswahl)
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Impressum
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Fünf Sterne Andrea Lorenzo Scartazzini schaut für das Collegium Novum in den Himmel 22 Charlotte Seither – aktuell
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Lied der Lieder Matthias Pintschers neue Projekte
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Mein Leben ohne mich Eine neue Ensemblekomposition von Miroslav Srnka 25 Hörende Augen, sehende Ohren Der Komponist Vadim Karassikov und sein neues Werk 26
Un-fassbare Töne Brice Pausets 5. Sinfonie wird in Donaueschingen uraufgeführt
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Titelbild: Szenenfoto aus Manfred Trojahns „La Grande Magia“ in Dresden (Foto: Monika Rittershaus)
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[t]akte Raffinierte Verzierungen Monteverdis „L’Orfeo“ im Urtext Das verlegerische Schicksal des Orfeo brachte es mit sich, dass entsprechend den zeitgenössischen Gepflogenheiten unterschiedliche Ausgaben des Werkes überliefert sind. Die erste stammt aus dem Jahr 1609 und wurde von Amadino in Venedig gedruckt. Sie entstand nach der Uraufführung, die in einem bis heute nicht identifizierten Saal des Palazzo Ducale in Mantua im Jahre 1607 stattfand. Die zweite Ausgabe aus dem Jahr 1615 wurde ebenfalls von Amadino gedruckt. Die typographische Einrichtung beider Ausgaben ist absolut identisch, so dass es zunächst keine Unterschiede zu geben scheint. Eine gründliche Untersuchung offenbarte jedoch in der Ausgabe von 1615, dass die Druckfehler der ersten Edition akkurat beseitigt wurden. Die zweite Ausgabe ist also sehr hilfreich, vor allem für jene Stellen, die auf den ersten Blick trotz ihrer Extravaganz zur manchmal äußerst komplexen Stilistik des Werkes zu gehören scheinen. Es dürfte also nicht schwer fallen, diese wenigen Fälle auf eine flüssigere Version zurückzuführen. L’Orfeo stellt ein faszinierendes Modell der Notation für Stimmen dar. Monteverdis Genauigkeit beim Ausschreiben der Verzierungen ist mit derjenigen vergleichbar, die an Bach so häufig kritisiert worden ist. Heute kennen wir aus zahlreichen Quellen ein hochinteressantes und anspruchsvolles Repertoire einer vokalen Verzierungskunst, die über Triller oder Tremoli verschiedener Art weit hinausgeht. Im Orfeo sind hochentwickelte Formen von Deklamation, von Akzenten und Klangkaskaden zu finden; außerdem wird ausgiebig von der Antizipation von Noten oder Silben Gebrauch gemacht. Es handelt sich dabei um sehr raffinierte Abläufe, die im Allgemeinen dem guten Geschmack des Sängers überlassen wurden. Warum Monteverdi sie derart präzise ausnotiert hat, wissen wir nicht. Von den späteren venezianischen Opern wurde diese Präzision der Notation – außer in seltenen Fällen – nicht übernommen. Ich beziehe mich nicht nur auf die beiden Versionen der Arie „Possente spirto”, die allein genug Material liefern könnte, um ein enormes Repertoire an Verzierungen aufzulisten und deren Anwendungsmöglichkeiten darzustellen. Die Rolle des Orfeo ist vielmehr insgesamt durch einen großen Reichtum an Ornamenten charakterisiert. Insbesondere der lange Monolog zu Beginn des fünften Aktes umfasst Beispiele höchster Qualität und großer Eleganz der Verzierungen. Sie sollten die Aufführungspraxis dieser Oper nachhaltig prägen. Für ihre korrekte Ausführung ist es unbedingt notwendig, sich ihre rhythmische Gestaltung genau vorzustellen, die – insofern sie nicht regelmäßig ist – so doch zumindest in den Unterteilungen konsequent sein sollte. Viel Verwirrung ist in den vergangenen Jahren durch die stilistische Vereinheitlichung der drei Opern Monteverdis entstanden. Der Orfeo kann jedoch nicht auf dieselbe Weise behandelt und aufgeführt werden wie Poppea und Ulisse. Wäh-
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Nach „Il ritorno d’Ulisse in patria” (2007) erscheint nun mit Claudio Monteverdis „L’Orfeo” die zweite der Opern des Italieners in der Edition Rinaldo Alessandrinis. Der Herausgeber führt in die Prinzipien seiner Ausgabe ein.
Jean Corot: Orpheus führt Eurydike aus der Unterwelt (1861)
rend die beiden letzten Opern vom Kontrast zwischen einem ausgereiften rezitativischen Stil und einer bereits expressiven und zusammenhängenden Arien-Form geprägt sind – mit allen daraus folgenden Möglichkeiten einer deutlichen Flexibilität des Tempos – so ist der Orfeo in einem einheitlichen Stil gehalten. Die Zahl der Arien ist äußerst reduziert, und Monteverdi wählt den Stil des „recitar cantando“ nicht nur für die meisten Teile der Oper, sondern auch für die in expressiver und emotionaler Hinsicht wichtigsten Passagen. Die große Genauigkeit der Notation sowie das Voranschreiten des Basso continuo, der rhythmisch manchmal sehr elaboriert ist, legen jedoch für eine korrekte Aufführung nahe, die Minima-Noten, das pulsierende Herz der gesamten Oper, sehr regelmäßig zu dirigieren. Wie bei der Ausgabe des Ulisse, so war es auch hier die Absicht, eine vollständige Notation der ContinuoAkkorde anzubieten, und so sind wir auf dieselbe Weise vorgegangen: Die Anmerkungen des Herausgebers finden sich in Klammern. Beide Ausgaben enthalten nur sehr wenige Informationen über die originale Bezifferung. Diese wenigen Angaben sind außerdem recht konfus und können sich auf unterschiedliche Akkorde beziehen. Die Continuo-Spieler sollten sich also autorisiert fühlen, individuelle Entscheidungen zu treffen. Für die empfindliche Periode des Übergangs zwischen modaler Harmonik und Tonalität ist es außerdem sehr kompliziert, eine eindimensionale Lösung vorzugeben, vor allem für die Bezifferung der Akkorde der vierten Stufe. Da Vorzeichen fehlen, bleibt immer ein Zweifel bestehen, ob ein Dur- oder ein Moll-Akkord zu bevorzugen ist. Die harmonische Analyse des zeitgenössischen Madrigalschaffens bildet keine große Hilfe, da dort beide Optionen in annähernd gleicher Anzahl auftreten. Wenn man die Linie der Stimme im Verhältnis zum Bass analysiert, ergibt sich sehr deutlich, dass die fehlende
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Bezifferung nicht notwendigerweise den Einsatz einfacher Akkorde rechtfertigt, sondern dass es angebracht sein kann, in den kadenzierenden Passagen zusammengesetzte Formeln und Akkorde hinzuzufügen. Abschnitte, die im Original geschwärzt notiert waren, wurden in moderne Notation aufgelöst. Die aktuelle Musikwissenschaft hat für diese Fälle mehrere Lösungen vorgeschlagen. Selbstverständlich wird hier nur eine angewandt: diejenige, die aus musikalischer Sicht am überzeugendsten schien. Es ist einfach, aus dem kritischen Apparat auf die originale Notation zu schließen, so dass die Musiker sich auch für abweichende Proportionen entscheiden können. Die originalen Mensurzeichen wurden erhalten, die Notation ist in den Violinund Bassschlüssel übertragen worden. Die Stücke, die in Chiavette notiert waren, wurden entsprechend der Regel bereits eine Quinte tiefer angegeben. Im Anhang befinden sich eine alternative Version, die um eine Quarte tiefer transponiert ist, und die Originalversion. Monteverdi hat eine große Fülle von Angaben zur Instrumentation hinterlassen. Diese werden vollständig und in der originalen Form aufgeführt. Ergänzende Angaben befinden sich in Klammern. Es sei lediglich daran erinnert, dass die Entscheidung für oder gegen den Einsatz einiger Instrumente den rhetorischen Regeln entsprechen sollte. Aus diesem Grund wurde vermieden, in den ersten beiden Akten die Verwendung von Cornetti und Posaunen vorzuschlagen, da diese Instrumente mit der Umgebung der Hölle im dritten und vierRinaldo Alessandrini ten Akt verbunden sind. (Übersetzung: Christine Anderson)
L’ORFEO FAVOLA IN MUSICA DA CLAUDIO MONTEVERDI RAPPRESENTATA IN MANTOVA l’Anno 1607. & nouamente data in luce AL SERENISSIMO SIGNOR D. FRANCESCO GONZAGA Prencipe di Mantoua, & di Monferrato, &cc. In Venetia Appresso Ricciardo Amadino MDCIX PERSONAGGI La Musica Prologo (soprano), Orfeo (tenore), Euridice (soprano), Choro di Ninfe, e Pastori, [Messaggera (soprano)], Speranza (soprano), Caronte (basso), Choro di Spiriti infernali, Proserpina (soprano), Plutone (basso), Apollo (tenore) STROMENTI Duoi Gravicembani, Duoi contrabbassi de Viola, Dieci Viole da brazzo, Un Arpa doppia, Duoi Violini piccoli alla Francese, Duoi [recte: tre] Chitaroni, Duoi Organi di legno, Tre bassi da gamba, Quattro [recte: cinque] Tromboni, Un regale, Duoi Cornetti, Un Flautino alla Vigesima seconda, Un Clarino con tre trombe sordine
Herausgeber: Rinaldo Alessandrini Verlag: Bärenreiter. Partitur und Klavierauszug käuflich, Aufführungsmaterial leihweise
Nachrichten Eine elfbändige Gesamtausgabe der Vokalwerke des Barockkomponisten Johann Pachelbel (1653–1706) hat der Bärenreiter-Verlag begonnen. Messen, Vokalconcerti, Magnificats und Arien machen diesen umfangreichen und gehaltvollen Werkkomplex aus. Bis 2013 werden die Herausgeber Wolfgang Hirschmann, Thomas Röder und Katharina Larissa Paech die mehr als 60 Vokalwerke gesichtet und ediert haben. Bei Werken, wo dies sinnvoll ist, wird der Verlag Einzelausgaben für die Praxis herausgeben und damit die Wiederentdeckung eines Komponisten möglich machen, der als einer der wichtigsten Schöpfer von Kirchenmusik um 1700 gilt. Felix Mendelssohn Bartholdy hat mit großer Stilsicherheit und Eloquenz eine umfangreiche Korrespondenz unterhalten. Familien-, Reise- und Freund-
schaftsbriefe, Briefwechsel mit bedeutenden Komponisten, Musikern, Künstlern und Verlegern. Berühmte Zeitgenossen wie Robert Schumann, Franz Liszt, Richard Wagner, aber auch Johann Wolfgang von Goethe, Carl Friedrich Zelter und Alexander von Humboldt gehörten zu seinen Korrespondenzpartnern. Die bei Bärenreiter ab November 2008 erscheinende wissenschaftlich-kritische Gesamtausgabe erschließt erstmals sämtliche etwa 5.000 bekannten Briefe Felix Mendelssohn Bartholdys. Die Ausgabe legt quellenkritisch erarbeitete Fassungen der Brieftexte vor, bringt deren historischen Kontext zur Sprache und kommentiert erklärungsbedürftige Details. Sie ist auf 12 Briefbände und eine CD-ROM für das Gesamtregister und Ergänzungen angelegt. Der erste Band erscheint im November. – Nähere Informationen: www.baerenreiter.com.
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[t]akte Cavalli kommt wieder Zum Start der Gesamtausgabe seiner Opernwerke Pietro Francesco Cavalli (1602–1676), der sich in der Kapelle von San Marco in Venedig vom Chorknaben (1616) bis zum „Maestro di cappella“( 1668) hochdiente, war der bekannteste Opernkomponist in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Während seiner Opernkarriere, die sich über die Jahre 1639–1673 erstreckte, schuf er nicht nur annähernd 30 Werke für venezianische Theater, sondern auch etliche Werke für andere wichtige Zentren in Europa wie Mailand, Florenz und Paris. Viele der Opern, die ursprünglich für Venedig geschrieben worden waren, verbreiteten sich zudem weit über die italienische Halbinsel und darüber hinaus. Obwohl er unzweifelhaft von seiner Verbindung zu Monteverdi profitierte, war Cavallis spezieller Platz in der Operngeschichte ein Ergebnis eigener Begabung. Kurz nach dem Karneval 1637 gründete Cavalli zusammen mit einigen Kollegen (einem Librettisten, einem Sänger und einem Choreographen) eine Produktionsgesellschaft. Die Gruppe übernahm das Teatro San Cassiano, wo sie 1639 Cavallis erste Oper, Le nozze di Teti e di Peleo, produzierten. Er brachte noch acht weitere Opern in San Cassiano zur Aufführung, bevor er sich zu anderen Theatern orientierte, in denen er seine jährlichen Produktionen bis in die späten 1660er-Jahre geradlinig weiterverfolgte. Die Entwicklung der Opernkarriere Cavallis überschneidet sich mit einem Zeitraum bemerkenswerten Wachstums der venezianischen „Opernindustrie“. Das wird an der rasch anwachsenden Zahl von Theatern sichtbar – von einem (1637), zu zwei (1639), zu drei (1640) und schließlich zu vier Theatern (1641) – und dem gleichzeitigen Anstieg der jährlichen Produktion – von einer einzigen Oper 1637 bis zum Höchststand von sieben Opern 1642, zwei davon aus der Feder Cavallis. In den frühen 1640er-Jahren wurde die Oper zu einer der Hauptattraktionen des berühmten venezianischen Karnevals. In den 1640er-Jahren verstand es das Team CavalliFaustini einzigartig, in regelmäßiger Folge Opern herauszubringen. Um die schnelle Produktion neuer Werke zu erleichtern, entstand eine Reihe musikalisch-dramatischer Konventionen, die ihren Platz innerhalb des Kontexts standardisierter Handlungen fanden. Viele dieser Konventionen haben sich bis zum heutigen Tag in der Oper gehalten. Cavallis historische Bedeutung wird seit dem späten 19. Jahrhundert wieder gewürdigt. Aber seine Musik war nur denen zugänglich, die willens und in der Lage waren, sie selbst anhand der handschriftlichen Partituren zu transkribieren. Bis in die jüngere Vergangenheit basierten die meisten Aufführungen auf Editionen, die dem Geschmack eines Publikums entsprechen wollten, das nicht mit dem relativ kargen Opernstil des 17. Jahrhunderts vertraut war. Denn die originalen Partituren bestehen im Wesentlichen aus einer Singstimme und
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Mit seinem Konzept standardisierter Handlungen schrieb der venezianische Opernkomponist Pietro Cavalli Geschichte. Die neue kritische CavalliEdition bei Bärenreiter startet mit „Ercole amante“. einer Basslinie, lediglich einigen Streicherstellen für Ritornelle und einem gelegentlichen Accompagnato einer Aria. Herausgeber fügten oft sowohl Streicher- als auch Holz- und Blechbläserpartien hinzu. Eine zweite Aufführungswelle folgte mit Partituren die, beeinflusst durch die sich entwickelnde „Alte-Musik-Bewegung“, um viele der Zusätze bereinigt worden waren. Der Notentext war aber nach wie vor unzuverlässig, und alle Aufführungen waren abhängig von den Vorlieben und dem Geschmack des jeweiligen Herausgebers. In den vergangenen zehn Jahren wuchs das Interesse des Publikums erneut. Diese Opern werden nun als eine unerschlossene Quelle attraktiver neuer Erfahrungen für das zeitgenössische Opernpublikum betrachtet. Als Reaktion auf dieses Interesse und um den Opernhäusern heute zuverlässige Aufführungsmateriale zugänglich zu machen, entstand die Idee, eine Gesamtausgabe der Werke Cavallis herauszugeben. Unter der Federführung des Bärenreiter-Verlages ist eine erste Serie, die 14 Opern umfassen wird, auf den Weg gebracht worden. Jede Oper wird nach einheitlichen Editionsrichtlinien von einem anderen Musikwissenschaftler herausgegeben. Sobald mit Calisto und Ercole amante 2009 der Anfang gemacht ist, die beide von Alvaro Torrente herausgegeben werden, wird ein Werk pro Jahr erscheinen. Die Partituren, die höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, werden Aufführungen durch die Beseitigung von Unklarheiten in der Notation, durch Hinzufügung von gegebenenfalls notwendigen Instrumentalstimmen und durch die Vorlage des Textes erleichtern. Ellen Rosand Generalherausgeberin Cavalli Edition (Übersetzung: Jutta Weis)
Francesco Cavalli Ercole amante (1662). Hrsg. von Álvaro Torrente. Opere di Francesco Cavalli. Bärenreiter-Verlag 2010. Aufführungsmaterial vorab erhältlich. Erste Aufführung nach der Neuedition: 11.1.2009 Amsterdam. De Nederlandse Opera, Musikalische Leitung: Ivor Bolton, Inszenierung: David Alden Besetzung: Prolog: Cinthia (Sopran*), Tevere (Bass*) – Oper: Ercole (Bass), Venere (Sopran), Giunone (Sopran), Hyllo (Tenor), Iole (Sopran), Paggio (Sopran), Deianira (Sopran), Licco (Alt), Pasithea (Sopran*), Sonno (stumm), Mercurio (Tenor), Nettuno (Bass), Eutyro (Bass*), Bussiride (Alt), Clerica (Sopran*), Laomedonte (Tenor*), Bellezza (Sopran*). * Doppelbesetzung möglich, insgesamt erforderlich 5 Soprane, 1 Alt, 2 Tenöre, 2 Bässe
Orchester: 5 Stimmen
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Ein Held in Liebe Francesco Cavallis „Ercole amante“ in der Neuedition von Álvaro Torrente 1659 wurde Francesco Cavalli dazu aufgefordert, eine Oper anlässlich der Hochzeit Ludwig XIV. mit der Infantin Maria Theresa, Tochter des spanischen Königs Philipp IV. zu komponieren, die nach jahrzehntelangen Kämpfen ein Friedensabkommen zwischen Frankreich und Spanien besiegelte. Der kluge Kopf hinter dieser diplomatischen Übereinkunft war Kardinal Jules Mazarin, der sich entschloss, das Abkommen und die Hochzeit als das aufwendigste Spektakel zu begehen, das jemals in Europa zu sehen war. Da das Ereignis nach Glanz und Pracht verlangte, beauftragte Mazarin den italienischen Architekten Vigarani damit, das außergewöhnlichste Theater Europas zu bauen: die „Salle des Machines“ im Palast der Tuilerien, die 7.000 Zuschauer aufnehmen konnte. Unverwechselbare Besonderheiten des Theaters waren die Maschinen, die fantastische optische Effekte ermöglichten. Ein großer Nachteil war freilich die katastrophale Akustik. Das Opernlibretto von Abate Francesco Buti basiert auf einer Kombination von Sophokles’ Trachinerinnen und Ovids Metamorphosen. Deutlich abweichend vom herkömmlichen venezianischen Libretto ist es in fünf statt in drei Akte aufgeteilt, komische Szenen für einfache Charaktere wurden reduziert und umfangreiche kommentierende Chorszenen hinzugefügt. Herkules’ (Ercoles) leidenschaftliche Liebe zu der jungen Iole, Braut seines Sohnes Hyllo, bringt ihn dazu, seine Frau Deianira zu verstoßen und seinen eigenen Sohn ins Gefängnis zu bringen. Iole ruft den Geist ihres Vaters Eurytos an, der von Herkules getötet worden war und der alle Opfer des Helden auffordert, dessen Tod zu fordern. Um die Liebe ihres Ehemannes zurückzuerlangen, schickt Deianira ihm ein vom Blut des Zentauren Nessos durchtränktes, magisches Gewand, das, wie er versprochen hat, Ercole vor Untreue bewahren soll. Nicht wissend, dass das Gewand vergiftet ist, gibt Iole es Ercole während ihrer Hochzeit. Als er es anzieht, verbrennt sein Körper. Während Hyllo, der für tot gehalten wird, wieder auftaucht, erscheint Juno vom Himmel, um zu verkünden, dass Jupiter Ercole gerettet und ihn mit Bellezza vermählt hat. Die Oper endet mit dem französischen Ercole und der spanischen Bellezza, die im Himmel bejubelt und von Sternen und Planeten umkreist werden. Die Oper vermittelt Ludwig, Maria Theresa und ihrem Hof die moralische Botschaft über die Gefahren von Treulosigkeit und Eifersucht. Cavalli unternahm größte Anstrengungen, um den wichtigsten Auftrag seines Lebens zu erfüllen. Er bediente sich einer ungewöhnlich großen Zahl von Quellen. Das Orchester nimmt eine führende Rolle ein, sowohl in den sinfonischen Instrumentalteilen als auch
Herakles, Deianira und Nessos auf einer attischen Vase aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Louvre, Paris.
bei der Begleitung von Arien, Chören und Rezitativen. Das Werk ist vermutlich nicht nur von den Streicherensembles des französischen Hofs – Les vingt-quatre violons und Les petits violons –, sondern wahrscheinlich auch von Bläsern im Dienste des Sonnenkönigs aufgeführt worden. Große Chöre mit sieben oder acht Teilen kommen im Prolog und der Schlussszene zum Einsatz, während kleinere Ensembles mit kontrastierenden Klangfarben die Handlung betonen und damit eine bedeutende dramaturgische Funktion übernehmen: der Schlummerchor „Dormi, o Sonno dormi“, die Anrufung der Unterwelt „Gradisci o Re“, die Verdammung der Geister „Pera, mora il crudel“ oder die religiöse Anrufung von Juno „Pronuba e casta dea“. Die Oper weist zudem Merkmale auf, die zu Standards der europäischen Oper wurden: das liebliche Duett der jungen Liebenden Iole und Hyllo etwa in „Amor, ardor piu raro“ – mit dem komischen Widerpart von Licco und dem Pagen „Amor chi a senno in se“ – oder das Lamento der verlassenen Deianira „Ahí ch’amarezza“. Ungeachtet aller Bemühungen war der Oper kein Erfolg beschieden, was im Wesentlichen der schlechten Akustik des Theaters zuzuschreiben ist. Nur die Probenarbeiten in Mazarins Palast boten die Möglichkeit, die Musik zu genießen, was Cavalli nicht befriedigte. So kehrte er kurze Zeit später mit dem festen Vorhaben nach Venedig zurück, nie wieder eine Oper zu komponieren. Glücklicherweise hat er sein Wort gebrochen. Álvaro Torrente (Übersetzung: Jutta Weis)
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2I2008 „Semiramide va alle stelle!“ Christoph Willibald Glucks erste Oper für Wien Mitten in Glucks „Wandertruppenjahre“ (1746–1752) fiel ein Ereignis, das seinen weiteren Lebensweg entscheidend bestimmt hat: sein Debut als Opernkomponist in Wien. Das Datum: 14. Mai 1748. Tags zuvor war der Geburtstag der jungen Kaiserin Maria Theresia gefeiert worden. Eine Festaufführung also, für die das „k. k. Hoftheater nächst der Burg“ aufwendig renoviert worden war. Für die Festoper wurde weder bei der Ausstattung – Bühnenbild, Kostüme, Requisiten – noch bei der Verpflichtung der mitwirkenden Künstler gespart, man hatte „die besten Stimmen, so man finden können, zusammen gesucht“ und aus Italien „die ihrer Action halber sehr renomirte Tesi mit noch einigen anderen Virtuosen zu der Orchestre“ engagiert. Vier der sechs beteiligten Solisten hatten bereits in Italien oder London unter Glucks Leitung in seinen Opern gesungen, ein bewährtes „Gluck-Ensemble“ also. Für den dreiunddreißigjährigen Gluck bedeutete der Kompositionsauftrag Ehre und Herausforderung zugleich. Die Wahl des Librettos der Festoper hatte ganz im Zeichen des Geburtstages der Kaiserin gestanden. Metastasios „Dramma per musica“ La Semiramide riconosciuta war mit Bedacht bereits bei der Kaiserkrönung Maria Theresias 1743 in Prag als Festoper in Szene gesetzt worden, in Anspielung auf die „Pragmatische Sanktion“ (die weibliche Erbfolge im Haus Habsburg). Jetzt, im Frühjahr 1748, hatte Metastasios Dramenhandlung um die in Männerkleidung als „König Ninus“ in Babylon regierende Semiramis noch deutlicher, ja hochaktuell Bezug zur politischen Situation: Bei den gleichzeitig stattfindenden Friedensverhandlungen in Aachen ging es um die Anerkennung Maria Theresias als Kaiserin durch die europäischen Mächte. Kenner dieser brisant-problematischen Situation wussten sehr wohl um die Doppelbedeutung des gewählten Operntitels: „riconosciuta“ kann sowohl „wiedererkannt“ als auch „anerkannt“ bedeuten. Die im Libretto abgedruckte Vorgeschichte und die Handlung der Oper sind verwickelt konstruiert. Getrennte Geschwister, alte Freunde, Rivalen und Intriganten begegnen sich – anfangs unerkannt – nach langer Zeit am Hof des babylonischen Königs Ninus (alias Semiramide) wieder, als die am Hof lebende Prinzessin Tamiri aus den herbeigeeilten Freiern einen Gatten wählen soll. Der Königspalast, die legendären Hängenden Gärten der Semiramis und ein malerisches Hafenambiente bilden die Szenerie. Die aus Afrika, Asien und dem Vorderen Orient stammenden Protagonisten sorgen mit ihrem Gefolge für ein farbiges Erscheinungsbild. Bis zur Entwirrung des Knotens kommt es zu Zweikampf, Entführung und einem Giftbecher. Durch den geschickten Einsatz solistischer Instrumente, eine Bühnenmusik „d‘istromenti barbari“, durch eine Tanzszene, den Chor am Schluss der Oper wusste Gluck
Glucks „La Semiramide riconosciuta“ nach einer Vorlage von Pietro Metastasio wird 260 Jahre nach ihrer Uraufführung im Wiener Burgtheater zum ersten Mal wieder auf einer Opernbühne zu erleben sein: ab dem 18. Oktober am Mainzer Staatstheater.
Babylon. Aus der „Schedelschen Weltchronik“. Nürnberg 1493
reichlich klangliche Abwechslung zu schaffen. Interessanterweise ist die Hauptrolle der Semiramis eine relativ tief gelagerte Altpartie. Dem Typus der virtuosen Kastratenpartie entspricht am ehesten die Rolle des Scitalce (Sopran), jene des Ircano zeichnet einen energischen Charakter. Die Tenorpartie des Mirteo bevorzugt gemäßigte Tempi und ist ebenso lyrisch angelegt wie jene der heftig umworbenen Tamiri. Pietro Metastasios Bemerkung – „una musica arcivandalica insopportabile“ – dürfte sich auf manche vom italienischen Geschmack abweichende Wendung der Melodik und auf Kühnheiten der Orchesterbehandlung bezogen haben; Gluck beschränkte sich weder auf geschmeidige Koloraturen noch auf einen gefälligen Orchestersatz. Er ließ das Orchestervorspiel zu einigen Arien weg und verzichtete mitunter auf die Da-capo-Form. Weit vorausblickend, hatte er das Zusammenwirken aller theatralischen Kräfte im Blick und ließ die engen Grenzen der italienisch-virtuosen Gesangsoper hinter sich: „Semiramide va alle stelle“, musste selbst der kritische Metastasio nach dem Erfolg der Oper eingestehen. Gerhard Croll / Thomas Hauschka Christoph Willibald Gluck Dramma per musica in drei Akten. Libretto von Pietro Metastasio Hrsg. von Gerhard Croll und Thomas Hauschka Sämtliche Werke, Band III/12. Bärenreiter-Verlag. Aufführungsmaterial leihweise 16.10.2008: Staatstheater Mainz, Musikalische Leitung: Michael Millard, Inszenierung, Bühne und Kostüme: Peer Boysen Personen: Semiramide (Alt), Mirteo (Tenor), Ircano (Sopran), Scitalce (Sopran), Tamiri (Sopran), Sibari (Sopran) Orchester: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Fagotte – 2 Hörner, 2 Trompeten – Pauken – Streicher – Cembalo – Bühnenmusik „istromenti barbari“
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[t]akte e-Moll Felix Mendelssohns drittes Klavierkonzert Mendelssohn erwog ernsthaft zwischen März 1842 und März 1844, ein Klavierkonzert zu schreiben, das genau wie Opus 64 aus drei zusammenhängenden Sätzen bestehen sollte und für das er außerdem ebenfalls die Tonart e-Moll gewählt hatte. Die Anregung für diese Komposition könnte von Edward Buxton stammen, der für den englischen Verlag J. J. Ewer & Co. tätig war. Mendelssohn erwähnt in einem Brief an Buxton vom 5. März 1842 explizit den Gedanken an ein „drittes [Klavier-]Konzert“ und fährt fort: „ich plane einen Englandbesuch in diesem Frühjahr und beabsichtige, ein paar Wochen in London zu verbringen, um einige neue Kompositionen zu veröffentlichen, die ich geschrieben habe; ich hoffe, bis dahin ein Konzert zu vollenden, und würde es natürlich zuerst Ihnen anbieten, sollte dies der Fall sein“ (Brief Mendelssohns an Buxton vom 5. März 1842). Wie wir wissen, wurde aus dieser Idee zu diesem Zeitpunkt nichts; zwei Jahre später jedoch, als er seine achte Englandreise plante, schrieb Mendelssohn an seinen Leipziger Verleger Breitkopf & Härtel, „ein Clavier-Concert denke ich bis dahin [Mitte April] zu beendigen, und dann möchte ich Sie wohl bitten es abermals in die Welt zu lootsen!“ (Brief Mendelssohns an Breitkopf & Härtel vom 5. März 1844). Obwohl Mendelssohn sein „drittes“ Klavierkonzert für England niemals beendete, hinterließ er einen ausgedehnten Entwurf für die ersten beiden Sätze und war sich seiner Sache sicher genug, um bereits mehrere Seiten einer Orchesterpartitur des ersten Satzes niederzuschreiben. Diese Quellen sind in der Bodleian Library in Oxford erhalten. Im vorliegenden Zusammenhang ist für uns die Tatsache von Bedeutung, dass das Klavierkonzert mit dem Violinkonzert in e-Moll nicht nur die Tonart, sondern auch ein gewisses Maß an thematischem Material gemein hat. Besonders auffällig sind die offensichtlichen Parallelen zwischen dem zweiten Thema des ersten Satzes und dem bekannten zweiten Thema von Opus 64, wo die Bläser die Melodie in G-Dur einführen, während die Solovioline darunter auf der G-Saite einen ausgehaltenen Orgelpunkt spielt. Das G-DurThema für das Klavierkonzert, das über einem Tremolo Felix Mendelssohn Bartholdy Konzert in e Nr. 3 für Klavier und Orchester Rekonstruiert und vervollständigt von R. Larry Todd Bärenreiter-Verlag 2008. Partitur käuflich, Aufführungsmaterial leihweise Erste Aufführung: 10.1.2009 Bad Kissingen (Festival Winterzauber), Matthias Kirschnereit (Klavier), Sinfonieorchester Basel, Leitung.: Mario Venzago (auch 11.1.2009, Garmisch-Partenkirchen) US-Premiere: 18.3.2009 New York, Tatiana Goncharova (Klavier), Lyric Chamber Ensemble
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Ein „neues” Klavierkonzert von Felix Mendelssohn! Aus den vorhandenen Skizzen hat Larry Todd das in den Jahren zwischen 1842 und 1844 entworfene Konzert in e-Moll rekonstruiert und ergänzt.
im Bass erscheint, gleicht einem frühen Entwurf für sein Schwesterthema in Opus 64. In ähnlicher Weise deutet die abgerissene Bewegung des zu Beginn des Klavierkonzerts stehenden e-Moll-Themas, das – bereichert durch den Leitton dis – die absteigende Quarte e-h durchschreitet, auf das Orchestertutti voraus, mit dem der erste Satz von Opus 64 endet. Der fragmentarische Entwurf des dritten Klavierkonzerts erweist sich als ein eindrucksvolles Bindeglied zwischen dem ursprünglichen Entwurf des Violinkonzerts, der Mendelssohn im Juli 1838 keine Ruhe gelassen hatte, und der im September 1844 vollendeten Partitur. Er verwendete also einige im Zusammenhang mit dem Violinkonzert entstandene Einfälle, als er die Arbeit am Klavierkonzert aufnahm; und als er dieses Projekt aufgegeben hatte, tauchte das Material schließlich in Opus 64 auf. Der bekannte Mendelssohn-Forscher R. Larry Todd (Duke University) legt für seine Edition Mendelssohns Autograph-Particell (Oxford) und eine bei Henschke für N. Gade angefertigte Abschrift (Yale University) zugrunde. Mendelssohns Particell hat Todd bis zum Ende des zweiten Satzes orchestriert (Mendelssohns Particell beinhaltet Instrumentenangaben) und Todd fügte als dritten Satz eine Umarbeitung für Klavier der SolostimDouglas Woodfull-Harris me aus Opus 64 hinzu.
2I2008 Mehr als „Carmen“ und „Faust“ Die französische Oper zwischen der Revolution und dem Beginn der Moderne Vom reichhaltigen Repertoire der französischen Oper des 19. Jahrhunderts haben sich nur wenige Werke bis heute auf den Bühnen behauptet: Carmen und Faust sind die bekanntesten. Andere, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert nicht nur die französischen Spielpläne beherrschten, warten auf ihre Wiederentdeckung. Dies erstaunt umso mehr, als man weiß, wie couragiert und verschiedenartig die Produktionen der Pariser Opernhäuser zu jener Zeit waren. Die Opéra-Comique brach Rekorde zum einen durch die hohe Zahl neuer Werke, aber auch durch die Dichte ihrer Vorstellungen; die Grand Opéra festigte die Karrieren der berühmtesten französischen und ausländischen Sänger; das ThéâtreLyrique entdeckte junge Komponisten und trug zu einer außergewöhnlichen Diversifikation der Genres bei; die Opéra bouffe und die Operette beherrschten die Boulevards. Komponisten wie Cherubini, Méhul, Spontini, Boieldieu, Auber, Halévy, Adam, Thomas, Gounod, Lalo, Saint-Saëns, Delibes, Bizet, Chabrier, Massenet u. a. gelangten zu Weltruhm. Nach der Wiederentdeckung der Barockoper in den letzten zwei Jahrzehnten wächst nun auch das Interesse an diesem zum Teil vernachlässigten Repertoire. Im Zuge dessen wird der Bärenreiter-Verlag das reiche Korpus zu neuem Leben erwecken und hat die Veröffentlichung der Reihe L’Opéra français auf die Agenda gesetzt. Sie entsteht nach dem Vorbild der großen DenkmälerAusgaben als kritische Edition der zentralen musikdramatischen Werke, die in der gesellschaftlich spannenden Zeit zwischen der Revolution und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs entstanden sind. Darin sind die Werke enthalten, die in musikalischer und dramatischer Hinsicht von entscheidender Bedeutung oder charakteristisch für einen Stil oder eine Gattung sind. Die Bände entsprechen gleichermaßen den wissenschaftlichen Anforderungen einer kritischen Edition als auch den praktischen Bedürfnissen der Bühnen und der Ausführenden. Alle bekannten Quellen fließen in die Ausgaben ein. Die Ausstattung der Partituren und der Materiale folgt heute gängiger Praxis. Der kritische Bericht ermöglicht es, den Zustand des Werkes in seinen Quellen zu erkennen. Jeder Band enthält eine Einleitung des wissenschaftlichen Herausgebers, das Libretto, die Partitur, den kritischen Bericht zum Notentext und gegebenenfalls Anhänge. Die entsprechenden Aufführungsmateriale werden sukzessive erscheinen, Erstaufführungrechte sind zum Teil noch zu vergeben. Damit wird die Basis geschaffen, um das Repertoire gemäß den heutigen Ansprüchen in seiner Vielfalt den Theatern wieder zugängBV / Red. lich zu machen.
Mit der Editionsreihe „L’Opéra français“ unternimmt Bärenreiter eine Ehrenrettung des französischen Musiktheaters des 19. Jahrhunderts und öffnet auf der Basis gesicherter Quellenerkenntnisse einen reichen Fundus an Werken, die eine Wiederentdeckung lohnen.
Abbildung: Aufführung in der Salle de la rue le Pelletier, Heimat der Pariser Oper von 1821 bis 1873
L’Opéra français Editionsleiter: Paul Prévost Bärenreiter-Verlag Kassel 2008ff. Adolphe Adam: Le Toréador ou L’Accord parfait Hrsg. von Paul Prévost (2008) Aufführungsmaterial bereits leihweise erhältlich Édouard Lalo: Fiesque Hrsg. von Hugh Macdonald (2009) Daniel François Esprit Auber: Le Domino noir Hrsg. von Emmanuel Trombowsky (2010) Ambroise Thomas: Hamlet Hrsg. von Hugh Macdonald und Sarah Plummer (2011) Jules Massenet: Werther Hrsg. von Lesley Wright (2011) Emmanuel Chabrier: L’Étoile Hrsg. von Hugh Macdonald (2012) Aufführungsmaterial ab Frühjahr 2010 leihweise vorab erhältlich Camille Saint-Saëns: Samson et Dalila Hrsg. von Andreas Jacob (2012) Charles Gounod: Roméo et Juliette Hrsg. von Arnold Jacobshagen (2013) Charles Gounod: Faust Hrsg. von Paul Prévost (2013) Georges Bizet: Carmen Hrsg. von Hervé Lacombe (2014) Die Reihe wird ca. 35 Bände umfassen und zur Subskription angeboten.
] [t]akte 2I2008 11
[t]akte Halévys „La Juive“ an der Staatsoper Stuttgart
Jossi Wieler, Sergio Morabito und Sébastien Rouland haben im März an der Staatsoper Stuttgart Halévys brisante Oper „La Juive“ herausgebracht und aus dem Stück ein Exempel aktuellen Musiktheaters gemacht.
Die 1835 uraufgeführte, seit den 1930er-Jahren von den Bühnen verschwundene und erst in jüngster Zeit zaghaft wieder gespielte „Jüdin“ Halévys ist mit ihrem Ineinander von christlichem Antijudaismus und jüdischem Märtyrertod angesichts der jüngsten Geschichte noch immer von höchster Brisanz. Die Schwierigkeiten des Umgangs sind im Stück selbst begründet. Halévy und sein Librettist Eugène Scribe haben in La Juive nichts Geringeres unternommen, als das individuelle Schicksal der Hauptfiguren vor ein Geschichtspanorama zu stellen, und das Ganze mit einer amourösen Intrige unterfüttert. Der Jude Eléazar und sein Gegenspieler, der katholische Kardinal Brogni, sind dabei allerdings nicht Protagonisten eines Ideendramas, sondern agieren fast ausschließlich als Individuen ihres Schicksals. Verkompliziert wird die das Stück beherrschende Auseinandersetzung zweier Väter, die gleichermaßen Täter wie Opfer sind, durch Rachels Liebesbeziehung zum Reichsfürsten Léopold – ein Doppelspiel, dessen Gefühlskatastrophe die Handlung zur schlimmstmöglichen Wendung treibt. Erst im Augenblick ihrer Hinrichtung, als es zu spät ist, enthüllt Eléazar, dass seine vermeintliche Tochter Rachel in Wahrheit Brognis Kind ist, das er einst vor dem Feuertod rettete. An der Staatsoper Stuttgart (Premiere: 16.3.2008, Musikal. Leitung: Sébastien Rouland) vertrauten Jossi Wie-
ler und Sergio Morabito in ihrer weitgehend strichlosen Inszenierung Halévys kontrastiver Mischung von emotionalen Affekten und spektakulären Chorszenen. Der erste Schock stellte sich ein, als der Vorhang hoch ging. Man fühlte sich ins Laientheater versetzt: links das Portal einer Kirche – die Handlung spielt 1414 zur Zeit des Konstanzer Konzils –, rechts das schmucke Fachwerkhaus des jüdischen Goldschmieds Eléazar, dazwischen ein Platz, der den Blick auf einen Wehrgang freigibt. Ein pittoreskes Mittelalter im überdimensionierten Puppenstubenformat, wie das Libretto es andeutet. Doch es sollte, scheinbar, noch schlimmer kommen. Wenn der Chor nach dem einleitenden „Te Deum“ von der seitlichen Kulisse auf die Szene strömt und sich die Massenhysterie aus Jahrmarktstaumel und Judenhass auf Eléazar und Rachel entlädt, werden wir zu Zeugen einer farbenfreudigen Verkleidungsshow, die aus den Alltagsfiguren jene Laienschar macht, die als blindwütiges Kollektiv das grausame Katz-und-Maus-Spiel des antisemitischen Pogroms beginnt. Die überrumpelnde Theatralik erinnert an Elias Canettis Beschreibung der Hetzmeute in Masse und Macht und schreckt selbst vor der Groteske nicht zurück – wenn Neider dem Kaiserdarsteller die Krone und den Purpurmantel herunterreißen oder gleich mehrere Päpste sich um den Krummstab balgen.
Vexierbilder der Gewalt
Pittoreskes Mittelalter im Puppenstubenformat. „La Juive“ in Stuttgart (Fotos: Martin Sigmund)
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Schnell wird klar, um was es dem Regieduo Wieler/ Morabito geht: Die Gewalt der Bilder erzeugt Vexierbilder der Gewalt. Die Voyeure auf beiden Seiten der Rampe sind Mitwirkende im Spiel, Zuschauer und Handelnde zugleich. Beklemmend wird dieses Spiel im Spiel im Schlussakt, wenn der Chor im karnevalesken Alptraum mit Hakennasen, Judenhüten und Taschenlampen erst zur Hetzjagd bläst, dann zum Trauermarsch in schwarzer Maskierung kofferschleppend und niedergebeugt den endlosen Zug der Juden in die Shoah karikiert – also das Entsetzen zeigt und zugleich mit ihm Spott treibt –, und schließlich den letzten Gang der Verurteilten beklatscht. Bert Neumann hat die Bilder der fünf Akte auf eine Drehbühne gesetzt, die in den drei Mittelakten mit Laufgängen und Treppen versatzstückartig das hintere Gestänge des vorderen Szenenaufbaus freigibt – ein Gitterwerk, das die Mechanismen der Handlung freilegt, die Figuren gleichsam skelettiert und damit ihre inneren Konflikte nach außen stülpt. Dass dabei auch die Komik – der den starken Mann mimende Schwächling Léopold im weinroten Spießer-Blazer, seine Gattin Eudoxie als Domina in Reizwäsche, die zum farbenfrohen Kinderkreuzzug umfunktionierte Ballettpantomime – dick aufgetragen wird, ist durchaus im Sinne des Stücks. Betroffenheit entsteht gerade nicht durch eine vordergründige Politisierung, sondern durch eine ästhetische „Über-Setzung“, die die Position des Zuschauers hier und heute ins Spiel mit einbezieht. Wieler/Morabito treiben die antisemitischen Klischees dabei so weit, dass uns der Schrecken im Hals stecken bleibt und wir nicht mehr wissen, was Spiel und was Spiel im Spiel ist. Sichtbar werden auf diese Weise gerade die seelischen Ambiguitäten und psychischen Grenzsituationen, in die die Handlung immer wieder die Figuren treibt. Und selbst der veränderte Schluss – Rachel und Eléazar werden nicht hingerichtet, sondern Eléazar entreißt dem als Henker kostümierten Brogni die Pistole und tötet erst Rachel und dann sich selbst – fügt sich ins Spiel: Eléazars ungelöster Zwiespalt zwischen unversöhnlichem Christenhass und väterlicher Liebe wird aufgehoben im Selbstopfer des zum Tode Verurteilten und der fatalistisch liebenden Rachel. Aktueller, brennender kann Musiktheater nicht sein, gerade weil jeder direkte Bezug zur weiterschwelenden Brisanz des Stoffes vermieden wurde. Wer die Inszenierung mehrfach gesehen hat, kann überdies bestätigen, dass die Intensität, mit der alle Beteiligten bei der Sache sind, nicht nachgelassen, sondern noch zugenommen hat. Auch musikalisch hat die Produktion seit der Premiere hörbar an Gewicht gewonnen. Mag für manchen Chris Merritts Eléazar, szenisch ein Fels in der Bran-
Jahrmarktstaumel und Judenhass
dung, stimmlich grenzwertig sein: hier muss er wohl doch so singen, wie er singt! Spielerisch eindrucksvoll, wenn auch stimmlich unausgeglichen, die junge Russin Tatiana Pechnikova als Rachel, grandios in jeder Hinsicht Liang Li als Brogni. Glanzvoll schließlich der Stuttgarter Opernchor: Wie es Wieler/Morabito gelingt, jeden Einzelnen als individuell wahrnehmbare (und individuell gespielte!) Gestalt zu erfassen und gleichzeitig das Kollektiv zur bedrohlichen Masse zu formen, bleibt für jeden, die die Aufführung gesehen hat, unvergesslich. Halévys musikalischer Eklektizismus macht es dem Dirigenten nicht leicht, großbögig die Akte zusammenzuhalten. Sébastien Rouland am Pult hat deshalb mit Nachdruck die einzelnen Facetten hervorgehoben – die Melodramatik all’italianità im zweiten und vierten Akt, die den Lustspielton der Opéra comique streifende Auseinandersetzung zwischen Eudoxie und Léopold im dritten Akt, nicht zuletzt die Unerbittlichkeit der Chöre, die dem Ganzen einen Zug ins Epische gibt und damit auch musikalisch die Originalität des Stücks akzentuiert. Uwe Schweikert
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[t]akte Tosca ad fontes Puccinis Oper erstmals in einer kritischen Ausgabe Die genaue Untersuchung des Autographs von Tosca hat ergeben, dass viele musikalische Details in den Druckausgaben unzureichend wiedergegeben wurden und dass Puccini in seinem musikalischen Denken dem 20. Jahrhundert viel näher war als man es bisher angenommen hat. Bis heute gelten selbst in Fachkreisen Puccinis Autographe nur als Vorstadien zu Werken, die erst im Druck ihre endgültige Form erhalten haben. Wenngleich Puccinis Autographe nie für Aufführungen verwendet worden sind, was aufGiacomo Puccini grund der schweren Lesbarkeit von Puccinis Handschrift mit unzähligen Korrekturen und Verwischungen auch kaum möglich wäre, so sind sie doch die erste gültige Version und Vision des Komponisten, unbeschwert von den Notwendigkeiten des Praktischen und den Mühen der Realisierung. Die Genauigkeit seiner Instrumentation, Dynamisierung und Artikulation ist verblüffend, auch verblüffend modern. Seine Notierungen, von kleineren Fehlern abgesehen, sind äußerst genau, zuverlässig und uneingeschränkt realisierbar. Darüber hinaus sind gestrichene Stellen in allen drei Akten wieder aufgetaucht, die so manche Passage im Werk in einem neuen Licht zeigen. Die Entschärfungen der Harmonik, Vereinfachungen und Angleichungen in Dynamisierung und Artikulation, wie sie in den Druckausgaben zu finden sind, entsprechen nicht dem ursprünglichen Willen eines Musiktheatergenies, das als Dramaturg mindestens so versiert war wie als Komponist. Für die Neuausgabe wurden, neben dem Autograph, sämtliche authentischen Quellen berücksichtigt. Dank Dieter Schicklings „Catalogue of the Works“ (Bärenreiter 2003), der mit äußerster Gründlichkeit und Übersichtlichkeit alle Werke und Quellen auflistet und beschreibt, ist der Zugang zu den authentischen Quellen erheblich erleichtert und eine Orientierung hinsichtlich ihrer Authentizität vorweggenommen worden. Sämtliche Quellen wurden erstmals einer kritischen Bewertung unterzogen, auf Fehler untersucht und nach ihrem Stellenwert als Fassungen definiert oder in Fassungen zusammengefasst. Aus den vorliegenden Quellen (Nomenklatur in Klammern nach Schickling) ergeben sich drei Fassungen: FASSUNG A (1899) – Die autographe Partitur, Januar 1898/September 1899 (69.B.1) – Die Erstausgabe des Klavierauszuges, Ricordi, Mailand, November 1899 (69.E.1)
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Die Verlagsgruppe Hermann veröffentlicht im Rahmen ihrer kritischen Neuausgaben von Bühnenwerken nun auch einzelne Opern von Giacomo Puccini. Den Anfang macht „Tosca”, deren Autograph in einer Faksimileausgabe seit Kurzem öffentlich zugänglich ist. FASSUNG B (1900) – Die zweite Ausgabe des Klavierauszuges, Ricordi, Mailand, 30. März 1900 (69.E.2) – Die Erstausgabe der Partitur, Ricordi, Milano 1900 (69.E.2A) FASSUNG C (1924) – Zweite Ausgabe der Partitur, Ricordi, Mailand 1924 (69.E.2G) Puccini hat als einer der wenigen großen Komponisten noch keine Neubewertung durch eine Kritische Neuausgabe erfahren, zum Teil, weil die Werke in ihrer künstlerischen Qualität oft unter dem Wert gehandelt werden, der ihnen zusteht, zum Teil weil, so paradox das klingen mag, er einer der erfolgreichsten Opernkomponisten aller Zeiten ist und seine Arbeiten daher auch in veralteten Ausgaben immer noch Erfolg haben. „Es hängt eng damit zusammen, dass selbst Puccinis Verehrer sein Werk lange Zeit nicht so ernst genommen haben, wie es gemeint ist. Zwar leiden eigentlich alle Komponisten unter einer schlampigen Interpretenwillkür, aber im Fall Puccinis übersteigt sie wohl sogar das gewohnte Maß … Da das so ist, kann einstweilen keine Rede davon sein, dass der Komponist Puccini in all seiner Subtilität wirklich bekannt wäre. Das liegt allerdings auch daran, dass das für seine Opern verfügbare Aufführungsmaterial keineswegs heutigen Ansprüchen genügt.“ (Dieter Schickling, Puccini. Biografie, Stuttgart 2007, S. 374) Es ist an der Zeit, diese Neubewertung mit editorischen Mitteln zu veranlassen. Als erster Band wird im Herbst 2008 die Partitur zur Fassung A, der Werkzustand vor der Uraufführung, erscheinen. Zusätzlich wird ein Klavierauszug, der alle Fassungen (ABC) darstellt, vorgelegt. Eine Partiturausgabe aller Fassungen (ABC), in simultaner Darstellung, ist in Vorbereitung. Michael Mautner
Giacomo Puccini Tosca Hrsg. von Michael Mautner Verlagsgruppe Hermann Aufführungsmaterial leihweise, Vertrieb: AlkorEdition
2I2008 Neues von Hugo Distler Entdeckungen im Gedenkjahr Als Hugo Distler am 1. November 1942 seinem Leben aus eigenem Willen ein Ende setzte, hat er eine ganze Reihe von unveröffentlichten Werken hinterlassen. In den letzten Jahren wurde nach diesen Werken, von deren Existenz man bis dahin nur Ungefähres wusste, gesucht, und sie wurden tatsächlich gefunden, anschließend ediert und herausgegeben. Mit der Publikation von Distlers einzigem Werk für die Bühne, der Schauspielmusik zu Ludwig Tiecks Ritter Blaubart (1940), und in diesem Sommer mit der Herausgabe der Vier Motetten aus dem fragmentarischen Oratorium Die Weltalter (1942) wird deutlich, dass in seiner letzten Schaffensphase wichtige Projekte entstanden sind. Besonders die WeltalterMotetten für gemischten Chor und Streichorchester nach einem eigenen Text zeigen eine Weiterführung des existenzialistischen Stils der beiden letzten Motetten aus der Geistlichen Chormusik op. 12. Nirgendwo sonst trifft man in seinem Werk eine derart geschärfte, auf die textliche Situation eingehende Harmonik an; in den Weltalter-Motetten begegnet man sogar dem Flüstern des Chores als einem Mittel sublimer, dramatisch eindringlicher Musikalisierung. Diese zyklisch aufführbaren vier Vokalwerke, die sich den antiken Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer widmen, bereichern das Repertoire und können von gemischten Kammerchören, großen Konzertchören oder Kantoreien aufgeführt werden. Die solistische oder chorische Besetzung der Streicher (je zwei Violinen, Violen, Violoncelli und ein Bass) orientiert sich an der Größe des Chores. Die Schauspielmusik zu Tiecks Ritter Blaubart ist vielteilig angelegt und enthält auch einige opernhafte Nummern mit Gesang, wobei neben der Gesamtaufführung auch ausschließlich die orchestralen Sätze (u. a. vier Ouvertüren) als Suite gespielt werden können. Ähnlich besetzt ist das dreisätzige Kammerkonzert für Cembalo und elf Soloinstrumente (1930–32), das in seinem Duktus an die Kammerkonzerte Paul Hindemiths erinnert – eine Neuinterpretation des Topos’ der Brandenburgischen Konzerte Bachs. Mit seiner lebhaften Textur stellt das Kammerkonzert eine bemerkenswerte Bereicherung des relativ schmalen Repertoires an hochrangigen Cembalokonzerten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar. Die Publikation des „Allegro spirituoso e scherzando“ aus dem großen Konzert für Cembalo und Streichorchester op. 14 – ohne Frage Distlers bekanntestes konzertantes Instrumentalwerk – ermöglicht nun wieder Aufführungen des gesamten Werkes in seiner ursprünglich intendierten Viersätzigkeit. In der Handschrift steht dieser Satz, der die Funktion eines Scherzos einnimmt, an dritter Stelle zwischen dem traumhaft schönen langsamen Satz und dem Variationenfinale über Samuel Scheidts altes Lied „Ei du feiner Reiter“. Mit einer Aufführungsdauer von etwa 40 Minuten nähert sich das Konzert in seiner viersätzigen Gestalt einer ausgedehn-
Anlässlich des 100. Geburtstags des Komponisten in diesem Jahr ist sein letztes Werk, die Motetten für Chor und Streicher aus dem fragmentarischen Oratorium „Die Weltalter“, erschienen. Mit ihnen wird die Reihe der in den vergangenen Jahren posthum veröffentlichten Distler-Werke fortgesetzt. ten Streichersinfonie mit obligatem konzertierendem Cembalo an. Die Stringenz der Satzfolge und auch die Architektur des gesamten Werkes tritt bei einer kompletten Wiedergabe deutlich hervor. Man darf vermuten, dass Distlers Streichung des „Allegro spirituoso e scherzando“ nicht aus musikalischen Gründen geschah, vielmehr dürfte es sich um eine Vorsichtsmaßnahme aufgrund der impulsiven Vehemenz und der harmonischen Avanciertheit gehandelt haben, die die drei seinerzeit veröffentlichten Sätze bereits an den Rand des Verdikts der „entarteten Musik“ gebracht hatten. Michael Töpel
Hugo Distler – Ersteditionen Kammerk onzer Kammerkonzer onzertt für Cembalo und elf Soloinstrumente (1930–32). Besetzung: 1,1,1,1 – 1,0,0,0 – V I, V II, Va I, Va II, Vc, Kb / ca. 19 Minuten. Aufführungsmaterial leihweise, Studienpartitur käuflich Uraufführung: 28.11.1998 in Lübeck: Wiener Akademie, Solist und Leitung Martin Haselböck All egro spir Allegro spiriituoso e scherzando für Cembalo und Streichorchester (Scherzo zum Konzert op. 14) (1935/36). Besetzung: V I, V II, Va, Vc, Kb / ca. 8 Minuten. Aufführungsmaterial leihweise Musik zu Lud wig Tieck tter Bla ubar t“ für kleiLudwig Tieckss „Ri „Ritter Blaubar ubart“ nes Orchester (enthält drei Nummern mit Sopran bzw. Tenor und Cembalo) (1940). Personen: Agnes, Anne, Brigitte (Sopran, eine Sängerin), Leopold (Tenor) Orchester: Fl (auch Picc), Ob (auch Eh), Hn, Fag – Schlg (1) - Str - Cemb / ca. 31 Minuten. Aufführungsmaterial leihweise Uraufführung: 29.9.2002 Neubrandenburg: Neubrandenburger Philharmonie, Leitung Stefan Malzew Vier Motetten (1. Der Mensch und die Erde / 2. Der Mensch und das Wasser / 3. Der Mensch und die Luft / 4. Der Mensch und das Feuer) aus dem fragmentarischen Oratorium „Die Weltalter“ für gemischten Chor (SATB; Teilung in zwei 4-st Chöre und T-Solo a. d. Ch. in Nr. 3) und Streicher oder Klavier (1942). Text von Hugo Distler. Mindestbesetzung der Streicher: 2 V, 2 Va, 2 Vc, 1 Kb / ca. 14 Minuten. Partitur mit Stimmen leihweise, Klavierauszug käuflich Uraufführung: 24.6.2008 Lübeck: Kammerchor und Mitglieder des Orchesters der Musikhochschule Lübeck, Leitung Gerd Müller-Lorenz
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[t]akte Das Ringen um Freiheit Der Schweizer Komponist Dieter Ammann takte: Herr Ammann, was sind die wichtigsten Kompositionen Ihrer bisherigen Zeit als Komponist? Gab es Etappen oder Zäsuren? Ammann: Ich muss vorausschicken, dass es mir wichtig ist, einen Personalstil zu formen, natürlich nicht, um sich dann selber zu kopieren, sondern um damit einen Weg in eine selbst gewählte Richtung zu gehen. Es gibt einige Zäsuren: Die eine war nach den ersten beiden Stücken, die noch von seriellem Denken geprägt waren, Developments (1993) und piece for cello (1994/1998). Bei dem Cellostück sind die Tonhöhen noch sehr streng behandelt, rhythmisch und klangfarblich bin ich jedoch schon intuitiv vorgegangen. Und auch Regard sur les traditions (1995) ist im Tonhöhenbereich recht erklärbar. Danach wird es immer intuitiver. In The Freedom of Speech (1995/96) ist diese Freiheit bereits Programm, obwohl der Titel auch mit dem Tod meines Vaters zu tun hat. Hier habe ich zum ersten Mal den bisweilen mühsamen Weg gewählt, einen Anfang zu setzen und daraus das Folgende zu entwickeln. Dann gibt es für mich Stücke, wo ich persönlich weitergekommen bin: Zunächst Gehörte Form – Hommages (1998). Ich hatte sieben Monate Zeit, in Weimar daran zu arbeiten, das hat sich in den zeitlichen Dimensionen und der klanglichen Elaborierung dieser drei Streichinstrumente niedergeschlagen. Nächste Schritte sind wenig später Violation (1998/99), wo die Beziehung zwischen Soloinstrumenten und Ensemble thematisiert wird. Dann kommen drei Orchesterstücke: bei Boost (2000/01) habe ich eindeutig auf Grooves (2000) Bezug genommen, und bei Core (2002) nochmals auf Boost. Schließlich habe ich beim Klaviertrio Après le silence (2004/05) in der Ausdrucksbreite noch auf größere Extreme hin gearbeitet. Diese Extreme dann unter einen Bogen zu bringen, ohne dass die Musik zerfällt, war für mich ein Schritt nach vorne.
Sie haben Begriffe benutzt wie Szenenwechsel, also theatralische Beschreibungen Ihrer Musik. Viele Komponisten nehmen literarische Werke zur Inspiration oder Werke der bildenden Kunst zur Anregung für die Struktur oder emotionale Themen. Haben Sie solche Interessen? Musik ist für mich genau das Medium, das eben keine Inhalte außer sich selbst transportieren muss. Ich gehe daher nicht von solchen Anregungen aus. Was ich versuche, ist, meine akustische Vorstellung in eine auch für andere sinnvolle oder zumindest anregende Form zu bringen. Das sind immer rein akustische Wahrnehmungen, immanent musikalische Vorgänge.
Sie bilden in Ihrer Musik häufig extreme Spannungskontraste aus, stellen also Strukturen gegeneinander,
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Die Werke von Dieter Ammann werden ab sofort vom Bärenreiter-Verlag verlegt. Kürzlich wurde er mit dem Förderpreis der Siemens Kulturstiftung ausgezeichnet. Über die Hintergründe seines Schaffens gibt er im Gespräch Auskunft. die ein schnelles Wechselspiel etwa zwischen sehr energetischen, bewegten und sehr ruhigen Zonen ausprägen, und diese bilden sich jeweils aus äußerst komplex geschichteten Einzelereignissen. Das hängt mit meiner persönlichen Vorliebe beim Gestalten von musikalischen Verläufen zusammen. Ich bin ein ungeduldiger Mensch und mag es, wenn ich überrascht werde, wenn ich als Hörer in ein Wechselbad von musikalischen Zuständen geworfen und mitgerissen werde. Mir ist Musik, die mich quasi „anspringt“, lieber als solche, bei der ich erst siebzehn Türen öffnen muss, bevor ich herausfinde, was die Substanz sein könnte, worauf es dem Komponisten ankommt. Das heißt, wenn ich schreibe, dann immer auch für mich als Hörer, das ist natürlich ein subjektives Verfahren. Jedenfalls hat diese Neugier und Ungeduld dazu geführt, dass ich, außer in zwei frühen Stücken, aufgehört habe, in langen Verläufen mit einem Material zu arbeiten und dieses in all seinen Facetten zu beleuchten. Vielmehr ist es so, dass gewisse Regeln, die ich mir gebe, bisweilen auch nur ganz punktuell wirken. Wenn ich merke, dass ich gerne einen anderen Hörverlauf hätte, nehme ich mir die Freiheit und modifiziere oder verlasse das Material. Das war einerseits eine Befreiung, andererseits kann man sich nicht hinter der akademischen Kunst der Materialbehandlung und Beleuchtung verstecken, weil man völlig subjektiv für sich entscheiden muss, ob diese Idee, diese Klangfindung standhält und sich legitimiert. Das sind extrem subjektiv gefundene Klangvorstellungen, die ich dann versuche, in einem dieser Vorstellung möglichst adäquatem Material wiederzugeben. Deshalb gibt es auch tonale Gebilde bei mir, manchmal Räume, in denen Dissonanz und Konsonanz unterscheidbar sind, dann aber auch wieder das chromatische Total bis in die Vierteltönigkeit hinein, die ich dann als nochmalige Differenzierung der Chromatik verstehe. Ich finde es spannend, etwas Direktes, Haptisches zu gestalten und trotzdem musikalische Tiefe im räumlichen Sinn zu schaffen, so dass man bei einem wiederholten Hören Dinge dahinter wahrnehmen kann, die einem beim ersten Mal gar nicht bewusst waren.
Sie werden wahrscheinlich oft auf den Jazz angesprochen. Es ist klar, dass Improvisieren etwas anderes ist als Komponieren. Trotzdem wird es ja Bezüge geben. Über meinen Vater, der Naturwissenschaftler und Lehrer war, ging mein Zugang zur Musik zunächst über das Spielen nach Gehör. Auch heute noch ist für mich die Notation immer ein Umweg. Ich denke, ich habe ein anderes Verhältnis zu rhythmischen Aspekten. Es gab und gibt viel neue Musik, in der es nie pulsen darf. Ich weiß nicht mehr genau, von welchem Komponisten der Ausspruch stammt, das Problem der neuen Musik sei, dass
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Etwas sagen, was andere nicht sagen: Dieter Ammann
alles Rubato sei. Zudem spürt man meinen Ursprung als interpretierender Musiker in der Instrumentalbehandlung. Mir ist wichtig, dass spieltechnisch zwar Grenzen ausgelotet werden, dass die Musik aber immer realisierbar bleibt. Dabei habe ich gemerkt, dass sich meine Intention mit den technischen Möglichkeiten des Instruments sehr oft trifft, dass ich irgendwie aus dem Instrument heraus fühle und denke. Ein Wesenszug aus der improvisierten Musik ist auch, dass sie fast in jedem Moment dialogisch angelegt ist. Dieses Actio-reactioPrinzip versuche ich auch in der komponierten Musik zwischen Instrumentalgruppen oder einzelnen Instrumenten zu realisieren, vielleicht wirkt es auch deshalb so lebendig.
Schließlich eine ganz allgemeine Frage: Müssen Sie komponieren? Ich habe ja tatsächlich wegen einer Anfrage von außen begonnen zu komponieren. Ich würde niemals ohne Auftrag schreiben. Aber: Wenn ich komponiere, bin ich so damit beschäftigt, dass über Monate ein Stück wie ein roter Faden durch mein Leben läuft. Es kann sein, dass ich mich ein Jahr lang mit fünfzehn Minuten Musik beschäftige. Ich bin auch ein Familienmensch, liebe meine Kinder und meine Frau sehr, und unterrichte gerne. Aber wenn ich komponiere, kann ich mich monatelang in eine Klangwelt begeben, und das brauche ich mittlerweile extrem. Es kommt noch etwas hinzu: Ich habe das Gefühl, dass ich in der komponierten Musik etwas zu sagen habe, das andere nicht oder anders
sagen würden. Ich glaube, dass ich da etwas leisten kann, wofür sich eine lebenslange Beschäftigung lohnt. Ich war ja, bis ich dreißig war, nicht Komponist im engeren Sinn, sondern Interpret, Instrumentalist. Natürlich habe ich in Bands Stücke entwickelt, aber das ist etwas ganz anderes als das „akademische Komponieren“. Hier gibt es etwas Eigenständiges, das wirklich etwas von mir enthält, etwas Persönliches.
Ein kurzer Ausblick: Was sind Ihre nächsten Projekte? Ich werde in den nächsten Monaten mit der Komposition meines zweiten Streichquartetts beschäftigt sein. Daneben wird meine Unterrichtstätigkeit an den Musikhochschulen Luzern und Bern viel Zeit und Energie absorbieren. Im Frühling 2009 werde ich einer Einladung Schweizer Festivals les Muséiques als Composer in residence nachkommen und mich dort auch als Musiker im Freefunk-Bereich präsentieren. Für 2010 steht eine weitere Einladung eines großen Festivals an. Mit dem damit verbundenen Auftragswerk nehme ich mich einer kompositorischen Aufgabe an, die ich schon seit längerer Zeit in mir trage: ein mehrheitlich ruhiges Stück für Orchester zu schreiben, welches fähig sein soll, sich mit meinen beiden Orchesterwerken Boost und Core zu einer schlüssigen Trilogie zu vereinen. Gesprächspartnerin: Marie Luise Maintz
Informationen zu Biographie und Werken von Dieter Ammann unter www.dieterammann.ch.
] [t]akte 2I2008 17
[t]akte Verdi als Wegweiser Literaturoper ist keine Sackgasse. Die Aktualität des Komponisten Giselher Klebe In einem knappen, kursorischen Aufsatz über Verdi („Motivfläche und Motiventwicklung: Dialog und Instrumentalsatz bei Verdi“) macht Carl Dahlhaus, der luzideste und produktivste deutsche Musikologe des ausgehenden 20. Jahrhunderts, eine interessante Parallele namhaft: die Rolle, die die „Motivfläche“ als Orchesterstütze rezitativischer Deklamation nicht nur beim jungen Verdi spielt, sondern auch noch in der Musikdramatik der letzten Jahrzehnte, und Dahlhaus nennt dabei ausdrücklich die „sogenannte Literaturoper“. Bei Verdi entstand die „Motivfläche“ (Dahlhaus analysiert sie unter anderem anhand des ersten Rigoletto-Finale, der Entführung Gildas) als ein den trockenen Rezitativduktus belebendes und dramatisierendes Moment, das zugleich der integralen Musikalisierung diente und dabei dennoch fähig war, den Primat der Gesangsstimme zu gewährleisten. Dieses „Fundament, das die melodische Diskontinuität der Gesangsstimmen vor dem Zerfall ins Amorphe bewahrt“ (Dahlhaus), bekommt in den neuen Opern zusätzlich die Aufgabe, zwischen der „durchkomponierten“ Gestaltung und der Gliederung in „geschlossene“ Formen zu vermitteln. Somit bezeichnet die „Motivfläche“ (die auch als ein in sich bewegter, dynamisierter „Klangraum“ beschreibbar ist) ein zentrales musikdramatisches Element, das einen Durchbruch bedeutet für künstlerisch überzeugende „Textdarbietung“ in der Oper einerseits, für eine ausgleichende Homogenisierung der Musikströme andererseits. Die Motivfläche als ein ordnender und zusammenfassender Faktor ist umso wichtiger in einer Tonsprache, die, wie diejenige von Giselher Klebe, auf die Voraussetzungen der tonalen Funktionsharmonik im Wesentlichen verzichtet.
Kein Anlass zur Scham Mit seinem Befund berührt Dahlhaus mithin insbesondere die Produktivität Giselher Klebes, der – neben Hans Werner Henze und Aribert Reimann – der wichtigste Vertreter der deutschsprachigen „Literaturoper“ nach dem letzten Weltkrieg ist. Es fällt auf, dass Dahlhaus
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Giselher Klebes umfangreiches Bühnenwerk beginnt sich zu runden. Die Uraufführung von „Chlestakows Wiederkehr“ in Detmold ist Anlass für ein erstes Resümee. den Begriff „Literaturoper“ in seinem Aufsatz von jeglicher Abschätzigkeit freihält – sehr im Gegensatz zu Beurteilungen, die, zum Beispiel von rigoros avantgardistisch-materialästhetischen Prämissen bewegt oder medienästhetisch motiviert, sich eher in polemischer Abgrenzung von Praktiken der „Literaturoper“ definierten. Der „Literaturoper“ haftete ihnen zufolge etwas Konservatives an; die vermeintlich altmodische „Vertonung“ einer Bühnenhandlung stand quer zu Tendenzen etwa des „instrumentalen Theaters“, die die musikalischen Aktionen selbst zum theatralischen Gegenstand machten. So wichtig solche von Cage, Kagel und Schnebel methodisch vorangetriebenen Musiktheatertypen waren (die auch bei Wolfgang Rihm, Heiner Goebbels und sogar Hans Werner Henze ihre Spuren hinterließen), so fragwürdig wäre es doch, im Sinne eines linearen Fortschrittsbegriffs ihre Hegemonie für alle Zukunft zu postulieren. Dem Bewusstsein einer vielsträhnigen Tradition und eines mäandernden Geschichtsverlauf drängt sich die Wahrscheinlichkeit auf, dass auch vorübergehend vernachlässigte oder alternative künstlerische Optionen die Chance einer Neuentdeckung und Neubewertung haben. „Literaturoper“ muss ja nicht heißen, dass eine musikdramatische Praxis, um überhaupt erst bedeutend zu werden, sich an bedeutende LiteraturLokomotiven anhängt, sie sozusagen vampiristisch aussaugt. Ein Streichquartett, das sind selbstverständlich vier Musiker in Aktion. Gut und schön, aber man darf sich auch freuen, wenn ein Streichquartett „intime Briefe“ vorträgt oder ein „Dankgebet an die Gottheit in lydischer Tonart“ anstimmt, wenn es also – sagen wir – so etwas wie einen poetischen, programmatischen, außermusikalischen „Hallraum“ dabei gibt. Die Oper als Konglomerat aus vielen unterschiedlichen Komponenten braucht sich ihrer Geklittertheit niemals zu schämen; die „Literaturoper“ schon gar nicht. Namentlich mit seinem Opernœuvre hat Giselher Klebe einen Werkblock von imponierendem Ausmaß und Format geschaffen. Fast ausnahmslos verband sich diese Arbeit mit bedeutenden Stoffen der Weltliteratur, etwa mit Kleist (Alkmene, 1961), Goethe (Das Märchen von der schönen Lilie, 1968), Schiller (Die Räuber, 1957, Das Mädchen von Domrémy, 1975) oder Balzac (Die tödlichen Wünsche, 1959). Bemerkenswert ist Klebes besondere Liebe zur österreichisch-ungarischen Sphäre Ödön von Horvaths und seiner intrikaten, künstlichen, dämonisierten Folklore (Figaro lässt sich scheiden, 1963, Der jüngste Tag, 1980). Aber auch ein pralles Stück irischer Alltagsmythologie (Ein wahrer Held nach J. M. Synge, 1974) fand in Klebe einen geistesverwandten musikdramatischen Ausdeuter.
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Vom konstruktiven Komponieren zu glasklarer Lakonik Die kompositorischen Anfänge des gebürtigen Mannheimers (Jahrgang 1925) standen im Zeichen der Schönberg-Schule und eines breiten atonal-zwölftönigen Konsens’ in seiner Generation. Damals fühlte sich Klebe durchaus an vorderster Front und betroffen von unverständigen oder reaktionären Angriffen auf die aktuelle Musik; so debattierte er schriftlich mit Widersachern wie Friedrich Blume und Erich Doflein und mischte sich in die öffentliche Musikdiskussion ein, was er später kaum noch tat. Unter dem Einfluss des neugierig-undogmatischen Boris Blacher weitete sich indes die Perspektive eines freilich stets auch stark konstruktivistisch geprägten Komponierens. Der frühe Operneinakter Die Ermordung Cäsars (nach Shakespeare, 1959) gehört zu den „härtesten“, aggressivsten Partituren jener Jahre. Zunehmend wendete Klebe dann eine Zitattechnik an, die den Texturen zu immer reicherer Komplexität verhalf: Insbesondere in die Opern Die Fastnachtsbeichte (nach Carl Zuckmayer, 1983) und Gervaise Macquart (nach Zola, 1995) wurde eine Fülle von heterogenen Materialien bis hin zu Marsch und Volkslied eingearbeitet und mit dodekaphon-atonalen Strukturen synthetisiert. In seiner jüngsten Oper Chlestakows Wiederkehr (nach Gogols Revisor, 2008) erwies sich Klebe als eigenwillig-ingeniöser Librettoschreiber, der die Vorlage noch um eine bitter sarkastische Schlusspointe zu bereichern vermochte. Hierbei hatte ihm seine verstorbene Frau, Lore Klebe, die geschickte und überzeugende literarische Mitarbeiterin der früheren Opern, nicht mehr helfen können. Einen wesentlichen Anteil an Klebes Bühnenwerken haben zahlreiche Ballettkompositionen, die auf Anregung von und in Zusammenarbeit mit der Choreographin Tatjana Gsovsky entstanden. Seinen ersten aufsehenerregenden Erfolg hatte Klebe übrigens 1950 mit einer Orchesterkomposition in Donaueschingen, der Zwitschermaschine nach einem berühmten Bildtitel von Paul Klee; der schweizer Maler gehörte zu Klebes künstlerischen Initiationserlebnissen. Bei Chlestakows Wiederkehr fiel die glasklare Lakonik der Diktion auf – das Fehlen von Redseligkeit und Redundanz ist ja keineswegs die selbstverständliche Qualität eines jeden Altersstils. Klebe orientierte sich dabei offensichtlich an Verdis Falstaff und tat gut daran, einen fettfreien, drahtigen Komödienton zu avisieren. Wie hellsichtig die Verbindungslinie war, die Carl Dahlhaus von Verdi zum literarischen Operntypus à la Klebe zog, zeigt sich nicht nur hier. Verdi gehörte überhaupt von je zu den Hausgöttern Klebes, und er widmete diesem großen Vorbild bereits 1963 einen Aufsatz in der Zeitschrift Opernwelt („Verdi als Maß“). Und sein Konzert für zwei Klaviere mit dem Untertitel Poema drammatico (1999) spickte er mit zahlreichen Verdi-
Schweres Durcheinander. Szene aus der Uraufführung von „Chlestakows Wiederkehr“ im April 2008 am Landestheater Detmold (Foto: LT Detmold/Rainer Worms)
Zitaten und -Anspielungen. Zweifellos ist es auch Verdis (in einem weiteren Sinne christlich geprägte) humanistische Grundhaltung, die für den Künstler Giselher Klebe wegweisend blieb. Hans-Klaus Jungheinrich
Giselher Klebe Opern bei Bärenreiter Das Märchen von der schönen Lilie. Nach J. W. v. Goethe. Schwetzingen 1969 Ein wahrer Held. Text nach John Milligton Snyges Stück „The Playboy of the Western World“. Zürich 1974 Das Mädchen aus Domrémy. Nach Friedrich Schiller. Stuttgart 1976 Das Rendezvous. Libretto nach Michail Sostschenko. Hannover 1977 Der Jüngste Tag. Nach dem Schauspiel von Ödon von Horvath. Mannheim 1980 Die Fastnachtsbeichte. Nach einer Erzählung von Carl Zuckmayer. Darmstadt 1983 Gervaise Macquart. Nach Emile Zola. Düsseldorf 1995 Chlestakows Wiederkehr. Nach Gogols „Revisor“. Detmold 2008
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[t]akte Vokalisen der Seele Manfred Trojahns „La Grande Magia“ wurde an der Semperoper in Dresden uraufgeführt Das Wunderbare an diesem Abend liegt in der glückhaften Verquickung von Musik, Text und Bühnengeschehen: Das Fadenscheinige, Feinnervige, zum Teil Neurasthenische der Klänge, in denen momentweise sogar französisches Flair aufblitzt … und des Komponisten kolossales Gespür für das, was man die Vokalisen der Seele nennen könnte, findet sich nicht nur in der musikalischen Umsetzung durch die fabelhafte Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Jonathan Darlington …,
Ein Komödie mit hoher melancholischer Beimischung ist Manfred Trojahns jüngste Oper. Auch wenn (oder gerade weil) der große Zauber nur ein Taschenspielertrick ist, weist das Geschehen weit über die Handlung hinaus. Eine Auswahl aus den Pressestimmen. sondern ist zudem minutiös in der Inszenierung Albert Langs in der Ausstattung Rosalies gespiegelt. Jürgen Otten / Opernwelt Juli 2008 Trojahns Musik ist … von einer zagen, zarten, zerbrechlichen Schönheit des Zweifelns und Verzweifelns; ein delikat tiefsinniges Konversationsstück im kunstvollen Wechselspiel kreisend wiederkehrender Grundformeln und dagegengesetzter, quasi irregulärer Ausbrüche. Salzburger Nachrichten 26.5.2008 Trojahn holt aus dem Ensemble eine erstaunliche Palette von detailliert illustrierenden Klängen heraus, in den lichten Tonketten der Holzbläser spürt man fast trocken-salzigen Mittelmeerwind, die Celesta umgibt den traurigen Zauberer mit billigem Glitzerkonfetti und den fortschreitenden Lähmungsprozess der italienischen Großfamilie hört man zu Beginn des zweiten Teils aus dem ergebnislos kreisenden A-cappella-Fugato ebenso heraus wie aus der eingedunkelten Sprödigkeit des kammermusikalischen Satzes. Jörg Königsdorf / Süddeutsche Zeitung 29.5.2008
Die Illusion im Käfig. Szene aus „La Grande Magia“ (Foto: Matthias Creutziger)
Manfred Trojahn La Grande Magia. Frei nach Eduardo De Filippos gleichnamigem Schauspiel. Libretto von Christian Martin Fuchs Uraufführung: 10.5.2008 Dresden (Sächsische Staatsoper), Musikalische Leitung: Jonathan Darlington, Regie: Albert Lang, Bühnenbild: Rosalie Personen: Marta Di Spelta, eine junge Frau (Sopran), Calogero Di Spelta, ihr Mann (Tenor), Matilde Di Spelta, seine verwitwete Mutter (Sopran), Rosa Intrugli, seine Schwester (Sopran), Oreste Intrugli, deren Mann, Calogeros Schwager (Tenor), Marcello Polvero, der Schwager Matildes (Bariton), Gregorio Polvero, der Fehltritt seiner Frau (Tenor), Mariano D’Albino (Bariton), Otto Marvuglia, ein Zauberer (Bariton), Zaira, seine Frau (Sopran), Arturo Recchia, ein Überlebenskünstler (Tenor), Amelia, ein krankes Mädchen, angeblich seine Tochter (Koloratursopran) Orchester: 2 Flöten (2. auch Picc), 2 Oboen (2. auch Englisch Horn), 2 Klarinetten in B (beide auch Bassetthörner in F), Bassklarinette in B, 2 Fagotte (2. auch Kontrafagott) – 2 Hörner in F, 1 Trompete in C, 1 Posaune – Klavier, Celesta, Harmonium (2 Spieler) – Harfe – Pauken, Schlagzeug (1) – Streicher (6 Violinen, 4 Violen, 4 Violoncelli, 2 Kontrabässe) Verlag: Bärenreiter
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Am Ende wird das Thema des „großen Zaubers“ … als fauler Zauber … entlarvt. Die eigentliche Magie des Stücks aber entsteht im Orchestergraben und in den Ornamenten des Ziergesangs auf der Bühne. Oscar Wilde hat es auf den Begriff gebracht: Nur flache Menschen urteilen nach dem Schein. Es gibt – musikalisch wie philosophisch – viel zu entdecken in diesem intelligenten Werk. Und bisweilen entstehen tatsächlich magische Momente. Wolfgang Sandner / F.A.Z. 13.5.2008 Mit ihrem parlandoartigen Konversationston changiert Trojahns neue Oper zwischen Komödie und Tragödie. Die Musik hat viele eindrucksvolle Momente, vor allem im Lyrischen. Georg Friedrich Kühn / Neue Zürcher Zeitung 16.5.2008
Manfred Trojahn – aktuell Bei den Londoner „Proms“ in der Royal Albert Hall ati on v on Fr anz wurde Manfred Trojahns Orchestr Orchestra tion von Franz uber ts „Bei Dir all Schuber uberts allein Sch ein“ op. 95, 2 von Angelika Kirchschlager (Mezzosopran) und dem Gürzenich Orchester unter Leitung von Markus Stenz uraufgeführt (22.8.08). +++ Eine Neuproduktion der Oper Limonen aus Sizilien hatte in Berlin an der Universität der Künste Premiere. Die Musikalische Leitung hatte Errico Fresis, für die Inszenierung zeichneten Dagny Müller, Karoline Gruber und Manfred Trojahn verantwortlich (26.6.08).
2I2008 Beat Furrer lauscht in Istanbul
„Into Istanbul“ ist der Auftakt zu einem weltumspannenden Großprojekt, das vom Ensemble Modern und dem Siemens Arts Program konzipiert wurde. Beat Furrers neue Ensemblekomposition im Rahmen dieses Projekts wird am 10. Oktober in Frankfurt uraufgeführt.
Mit einer einstimmigen Melodie, die vielfach durch spektrale Filter verwandelt wird, als würde man sie in verschiedenen Räumen hören, arbeitet Beat Furrer in seiner neuen Komposition Xenos für das Ensemble Modern. Von engen metallischen Tönen „wie in einer Blechdose“ bis zur weichen Resonanz wie in einem weiten Raum reicht das Spektrum dieser Verwandlung von Grundtönen durch gefilterte Obertonharmonien. Im Verlauf der Zeit präsentiert sich die Melodie zunächst zur Unkenntlichkeit verzerrt und wird erst am Schluss in der Bassflöte identifizierbar. Die Gewalt des Schreiens über eine Barriere hinweg ist die Assoziation, die Beat Furrer mit diesem Beginn verbindet. Die Faszination durch das unkontrollierbare Oszillieren eines Schreis
und der dramatischen Wirkung des Unvorhergesehenen ist schon seit geraumer Zeit in seinen Werken präsent, wenn er sie etwa in seiner Oper invocation zur kompositorischen Initiale für die gesamte Form werden lässt. Beat Furrer schildert aus Istanbul eindrückliche Erlebnisse, den Reichtum der osmanischen Kunst im Topkapi, wie dort Räume mit Ornamenten und Licht gebaut wurden, oder erzählt von der Gewalt des Gesangs des Imam in der Blauen Moschee, der Prediger, Textausdeuter, Priester zugleich ist und den Zuhörer mit einer charismatischen Macht vereinnahmt. Im Konzert des Ensemble Modern wird seine Komposition neben denen von Mark Andre, Samir Odeh-Tamimi und Vladimir TarMarie Luise Maintz nopolski präsentiert.
Beat Furrer – aktuell
Rückblick FAMA wurde bei den Salzburger Festspielen aufgeführt (10.8.08), die Berliner Erstaufführung veranstaltete die Deutsche Staatsoper in ihrer Spielstätte Magazin (4.9.2008). +++ Beim Festival Agora in Paris spielte das Klangforum Wien die Uraufführung von Beat Furrers lotofagos IIII für zwei Soprane und Ensemble (20.6.08). ts für Kla vier und +++ Die Uraufführung des Konzer onzerts Klavier Orchester spielte Nicolas Hodges in Köln mit dem Sinfonieorchester des WDR unter der Leitung von Peter Rundel. Die Fassung für Klavier und Ensemble führte das Ensemble Intercontemporain unter Leitung des Komponisten in Paris auf (12.1.08). +++ Die italienische Erstaufti notturni wurde zusammen mit still führung von can canti vom Orchester der RAI Turin bestritten (28.2.2008). +++ FAMA setzte seine lange Aufführungsserie in Moskau und Madrid fort. Das Klangforum Wien präsentierte die szenische Fassung beim Jubiläum des Stanislawski Theaters in Moskau, in Madrid spielte das Ensemble Contrechamps die konzertante Fassung unter Leitung des Komponisten (9.2.08).
Klänge einer Metropole
Ausblick vierk onzer ts Die österreichische Erstaufführung des Kla Klavierk vierkonzer onzerts spielt das RSO Wien beim Steirischen Herbst Graz und bei den Wiener Festwochen 2009. Solist ist Nicolas Hodges (4.10.08). +++ Das Münchner Kammerorchester interpretichesis. tiert am 9.10.08 im Prinzregententheater an antichesis Es dirigiert Alexander Liebreich. +++ Beat Furrer ist einer der Komponisten, die an dem Großprojekt „into …”. Kompositorische Annäherungen an Istanbul, Dubai, Johannesburg und Pearl River Delta des Ensemble Modern und Siemens Arts Program in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut mitwirken. Seine neue Ensemblekomposition Xenos wird in Frankfurt vom Ensemble Modern uraufgeführt (11.10.2008). +++ Im März 2009 ist Beat Furrer ein Porträt bei der Biennale Salzburg gewidmet, bei dem vierk onzer ti vo durch das EnKlavierk vierkonzer onzertt und Rec Reciita tati tiv u. a. das Kla semble Contrechamps aufgeführt werden (8.3.2009). Foto: tevfikret, www.photocase.de
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[t]akte Fünf Sterne Andrea Lorenzo Scartazzini schaut für das Collegium Novum in den Himmel Eine Metamorphose, die der Komponist wie einen alchimistischen Prozess beschreibt, ist Ausgangspunkt von Kassiopeia, der neuen Ensemblekomposition von Andrea Lorenzo Scartazzini. Im ersten und im fünften Satz wird sein früheres Stück scongiuro in eine jeweils andere Stofflichkeit verwandelt. Im fünften ist dies ein Vorgang des Anreicherns, des Verstärkens von inneren Bezügen, der klanglichen Verdichtung. Der erste Satz reduziert das Material auf eine Art Schwarzweißzeichnung. Mit einem leisen Raunen, einem Wirbel der großen Trommel über Kontrabasspizzicati, hebt das Stück an und entfaltet dann in Klavier, Perkussion, Violine, Cello und Kontrabass zunächst eine gedämpfte Klanglichkeit. Doch vollzieht sich eine Steigerung. Ein dreimaliges Neuansetzen dieses geheimnisvollen Beginns strukturiert den Ablauf des Satzes, der, wie Scartazzini sagt, erst am Schluss „zu leuchten oder glitzern“ beginnt. „Bei der Perkussion habe ich sämtliche klingenden Instrumente vermieden, so dass es insgesamt einen trocken dumpfen, knöchernen Klang ergibt, ähnlich wie ein Gerippe, wie ein Kupferstich oder eine Radierung.“ Im fünften Satz wird die dreiteilige Steigerungsform dann in eine rauschhaft-gläserne Klanglichkeit in voller Besetzung mit Bläsern und Harfe, sozusagen in eine volle Farbigkeit, gekleidet. „Man könnte dieses Vorgehen parallel zu Verfahren in der Malerei sehen, Themen in anderen Stofflichkeiten zu bearbeiten oder Materialien immer wieder aufzugreifen.“ Um archaische Wirkungsmuster und Klanglichkeiten geht es in dieser Komposition: „Seit einiger Zeit fasziniert mich der rituelle Aspekt von Musik, Formen des Wiederholens. Dieses Interesse steht im Gegensatz zu meiner früheren musikalischen Sprache, die ich eher als
Andrea Lorenzo Scartazzini – aktuell Ausblick ttief und Mond“ für Countertenor und Violon„Nachttief „Nach cello wird in Basel als Schweizer Erstaufführung geopeia für sungen und gespielt (21.12.2008). +++ Kassi Kassiopeia Ensemble von Andrea Lorenzo Scartazzini wird in Basel durch das Collegium Novum im Gare du Nord uraufgeführt und anschließend in der Tonhalle Zürich gespielt. (22./23.1.2009). Rückblick In Basel wurde Siegel für Sopran und Orchester durch Claudia Barainsky (Sopran) und die Basel Sinfonietta unter Leitung von Peter Hirsch uraufgeführt (20.1.2008). Die Deutsche Erstaufführung war am 22.1.2008 in Gütersloh. +++ Das Ensemble Intercontemporain spielte in Paris unter Leitung von Susanna Mälkki die Französische Erstaufführung von scongi uro (24.1.2008). giuro
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„Kassiopeia“ wählt Andrea Lorenzo Scartazzini als Titel seiner neuen Komposition für das Collegium Novum Zürich: Sinnbild für sein fünfsätziges Ensemblestück sind die fünf Sterne, die zusammen ein „W“ und eines der hellsten Sternbilder am Himmel bilden.
organisch wuchernd beschreiben würde: wie ein Gewächs, das sich entwickelt und weiterwächst, oder wie eine Musik des Werdens, die durchaus rhapsodisch gedacht war. Im Gegensatz dazu fasziniert mich in den neueren Stücken der Aspekt des Wiederholens. Schönberg sagte, dass wir erst Form erkennen können, wenn eine Gestalt wiederholt wird, das heißt wieder erkannt werden kann. So findet man seinen Platz in der Musik.“ Der Titel des Werks bezieht sich ausschließlich auf das Sternbild und nicht auf die mythologische Figur Kassiopeia. Bezugspunkt ist die quasi-symmetrische Erscheinung des Sternbilds und die poetische Klangwirkung des Namens, dessen vokalische Abfolge auch in sich symmetrisch ist (A – I – O – EI – A). „Der Titel soll nicht nur poetisch sein, sondern zugleich auch etwas über die formale Gestalt des Stückes ausdrücken; in diesem Fall geht es um fünf Sätze (Gestirne), die zu einem Ganzen finden. Die eng verwandten (bzw. verwandelten) Außensätze finden ihre Entsprechung in der Lautfolge des Titelworts (zu Beginn und am Schluss ein A), in der Mitte ein kreisender Satz ohne Anfang und Ende, ein Ruhepunkt, der einer Zeitlichkeit enthoben ist, passend zu dem kreisenden O. Auch der zweite und der vierte Satz werden Affinitäten aufweisen, dies aber in versteckterer Form. Harmonisch finden die mittleren Sätze zu einer größeren Weichheit der Klänge, während die Tonalität der Ecksätze expressiv geschärft ist.“ Die Faszination des Archaischen verklammert die jüngeren Stücke Scartazzinis. So komponiert er in scongiuro, auf das sich Kassiopeia bezieht, eine „Beschwörung“ oder „verhüllt“ in Siegel für Sopran und großes Orchester ein orphisches Sonett von Rilke. Mit der Sehnsucht nach einer bestimmten rituell-kultischen Form von Musik hängt auch sein Interesse am Musiktheater zusammen, das per se in einem solch kultartigen Charakter besteht. „Mir geht es um narrative Qualitäten in einer dramatisch angelegten, gestalthaften Musik, die den Zuhörer ergreifen und mitnehmen soll und das Gegenteil von polierter Oberfläche ist. Siegel zum Beispiel ist eine differenzierte Partitur mit vielen Schichten und Ebenen, trotzdem war das Ziel nicht eine möglichst komplexe Ohrenfälligkeit, sondern dass man diese Musik als sinnliches Erlebnis aufnimmt. “ Marie Luise Maintz
2I2008 Werke wie Inseln Mit seinem Orchesterstück „archipel“ setzt Philipp Maintz eine geologische Struktur in Musik um In den musikalischen Umkreis seines neuen Opernprojekts MALDOROR, das Philipp Maintz für die Biennale München 2010 komponiert, gehört auch archipel. musik für großes orchester. Der Titel ist Formkonzept und inhaltlicher Wegweiser: „Ein Archipel ist eine Inselgruppe, die unter dem Wasser miteinander verbunden ist und deren Höhen herausragen.“ Die „unterirdische“ Verbindung ist zum einen der Bezug zum musikalischen Material der Oper, das versucht wird „durchzudeklinieren“, ohne es wörtlich vorwegzunehmen: „Um die Oper herum haben sich Stücke gruppiert, die einem offenen Werkbegriff Rechnung tragen.“ Zum anderen ist der Begriff Archipel auch eine Beschreibung der Struktur der Komposition, denn Philipp Maintz konzipiert das Stück als eine Gruppierung separater Teile, deren Fluss und Verzweigung durch vertikale Schnitte an der Oberfläche unterbrochen sind. „Das Stück hat mehrere Zentren, die zunächst einmal unverbunden sind, von denen aus Variationen und Ableitungen gebildet werden können.“ In dem Konzept zur Oper MALDOROR ergibt sich die Spannung des Stoffs aus einer grundlegenden disparaten Personenkonstellation. Unter dem Pseudonym Lautréamont veröffentlichte der französische Dichter Isidore Lucien Ducasse (1846–1870) seine Chants de Maldoror, eines der radikalsten Werke der französischen Literatur. Mit Maldoror schuf er eine Figur als Alter Ego, die das Böse, Zynische, Destruktive in Reinform verkörpert, um letztlich eine Klage gegen die Schlechtigkeit der Welt zu führen. In ihrem Opernszenario lassen Philipp Maintz und sein Librettist Thomas Fiedler beide Figuren einander vermischen und entwickeln den Versuch eines Psychogramms Lautréamonts, durchkreuzt mit den Schandtaten des Maldoror, wobei vor allem der Dichter als schillernder, abgründiger, schizophrener Charakter im Vordergrund steht, denn er erschafft jene Figur des Bösen, die ihn schließlich tötet. Gegenkonzept dazu ist der reflektierende Gesang einer weiblichen Figur, einer Art Mutter Erde: „Gleich einer Repräsentanz der Unvergänglichkeit ist sie womöglich der einzige Halt in einer grausamen und gottlosen Welt, in der ein triumphierender Maldoror mit verheerender Konsequenz waltet.“ (Thomas Fiedler). In seiner Komposition océan für Sopran, großes Ensemble und Live-Elektronik, die im Januar 2008 in Paris vom Ensemble Intercontemporain uraufgeführt wurde, verwies Philipp Maintz schon auf diese Frau, die er als „eine Mischung aus Kassandra und Königin der Nacht“ imaginiert. Der musikalische Duktus des fließenden und dramatisch ausschlagenden Gesangs wird für Philipp Maintz zu einem stilistischen Mittel auch der Orchesterkomposition. „Das Komponieren für Stimme hat mein bisheriges Vorgehen, bei der Komposition vorrangig mit Rechenoperationen und Algorithmen zu arbeiten, teilweise aufgelöst. Ich komponiere freier und intuitiver, um mich auf diese Weise in Atmosphäre, Sprach-
Philipp Maintz schreibt ein Orchesterstück für seine Heimatstadt Aachen. Das Sinfonieorchester Aachen unter der Leitung von Marcus R. Bosch wird es am 22. Oktober zur Uraufführung bringen.
Unterirdische Verbindungen (Foto: cruisi, www.photocase.de)
duktus und die Farbe der Oper hineinzuarbeiten. Dabei war archipel als Titel eine spontane Idee, die mir gut gefiel, um die Konstruktion des Orchesterstücks zu beschreiben. Dieser Vorgang ist vielleicht reziprok zu meinem früheren Orchesterwerk heftige landschaft mit 16 bäumen, bei dem ich sehr früh wusste, wie eine Musik zu diesem Titel zu klingen hat.“ Die Eigenschaften von archipel sieht Philipp Maintz vor allem in einer kammermusikalischen Differenzierung des musikalischen Satzes in Partien, die zwischen größeren Höhepunkten „immer wieder das ganze Orchester zusammenstürzen lassen, bis einzelne Geräusche übrig bleiben.“ Marie Luise Maintz
Philipp Maintz – aktuell Ausblick Philipp Maintz bereitet eine neue Orchesterkompositipel. m usik für großes orchester wird in on vor: archi archipel. musik seiner Heimatstadt vom Sinfonieorchester Aachen unter der Leitung von Marcus R. Bosch uraufgeführt (22./ 23.10.2008). +++ Bei Musik der Zeit des WDR in Köln wird on. m usik für vi olondas Absolut Trio tourbill tourbillon. musik vio vio oline, vi cell o und kla vier zur Uraufführung bringen (22.11.08). cello klavier Rückblick Das Ensemble Intercontemporain spielte in Paris unter Leitung von Beat Furrer die Uraufführung von océan. m usik für sopr an, großes ensembl e und li vemusik sopran, ensemble liv ektronik mit Marisol Montalvo als Solistin (12.1.08). elektronik el +++ Die italienische Erstaufführung von gelände/ zeichn zeichnung ung spielte Maria Grazia Bellocchio in Mailand (15.2.08). +++ Die Ersteinspielung von gelände/zeichektronik ist auf nung vier und li ve-el ung. musik für kla klavier liv e-elektronik einer Porträt-CD des Pianisten Jan Gerdes bei der edition zeitklang erschienen.
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[t]akte Lied der Lieder Matthias Pintschers neue Projekte „Ein absolut verdichtetes Kompendium von fast entgrenzten emotionalen Zuständen“ ist für Matthias Pintscher das „shir ha shirim“, das „Lied der Lieder“, das Hohelied Salomos. „Alle Gesänge erwecken den Eindruck, dass sie keinen Anfang oder kein Ende, keine Mitte haben, sondern es gibt einfach Ausdruckszustände, die in sich kreisen.“ Aus dem fünften Gesang stammt der Text, den Pintscher in seinem A-cappella-Werk für das SWR Vokalensemble komponiert. Jenes „she-cholat ahavah ani“ heißt übersetzt „so krank bin ich vor Liebe“ und umreißt für den Komponisten als Kernsatz das Thema des Liebesgesanges. Auch strukturell eröffnet der berühmte hebräische Text besondere Perspektiven. „Im Hebräischen sind Worte wie Inseln, Energieträger, da alles aus kurzen Wortstämmen abgeleitet wird. Für einen Musiker oder Komponisten ist das eine Chance, tief in die Konnotation der Worte hineingehen zu können, weil man den Fluss, die Wege zwischen den einzelnen Worten, die wie Objekte sind, selber gestalten kann. “ Jenes Kreisen, Wiederholen und Fortspinnen von Bildern „vom tiefen Abgrund bis zur Verzückung und Entrückung“, das den Text auszeichnet, ist für Pintscher prädestiniert für eine chorische Vertonung, weil sich die Erzählperspektive ständig ändert und ein Spiel mit Farbwechseln evoziert. „Erstens kann man sagen, es ist ein großer Liebesgesang des Hashem, also Gottes, an sein erwähltes Volk Israel, zum anderen ist es auch ein ganz weltliches Liebeslied. Es sind sozusagen Hochzeitscarmina, wobei die Perspektive des Singenden ständig wechselt, mal Mann, mal Frau, mal die Töchter von Jerusalem, so gibt es ständig ein Vexierspiel, von welcher Position gerade gesungen oder gesprochen wird.“ Für die Behandlung der Stimmen realisiert Pintscher einen ausschließlich gesungenen Vokalsatz, ohne phonetisches Aufbrechen des Textes. „Die Abstraktion im Klang versuche ich im Tonsatz selbst zu finden, das heißt hauptsächlich in den Harmonien, im Aussparen, in der Perspektive von verschiedenen Lagen, die ich sehr bewusst einsetze, aber auch in einem sehr kammermusikalischen Tonsatz für den Chor: Wie eine Schrift in einem abstrakten Raum. So stelle ich mir vor, dass dieser Text eine Schrift in dem abstrakten Feld des Tonsatzes ist.“ Die Formelhaftigkeit der Wortinseln des Hebräischen trifft sich mit seinem Interesse an den Übermalungen eines Cy Twombly, dessen gleichnamige Bildfolge Pintscher zum Zyklus treatise on the veil inspirierte, zu dem auch sein neues Streichquartett gehört, das im Januar in Salzburg uraufgeführt wird. Wie Folien liegen die Werke dieses Zyklus übereinander, „als ob ein Maler einen gleichen Zustand mit verschiedenen Techniken immer wieder malt, als ob sich ein Stück aus dem anderen weiterschreibt, aber die gleiche Aussage mit völlig neuen Techniken trägt, mit anderen Materialien, UnterMarie Luise Maintz gründen, Farben, Medien.“
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Matthias Pintschers neue Projekte umfassen eine Chorkomposition für das SWR Vokalensemble und ein Streichquartett. Im Oktober wird „pourquoi l’azur muet“, seine Musik aus dem Musiktheater „L’espace dernier“ für Sopran, Mezzosopran und Orchester in London uraufgeführt.
Matthias Pintscher – aktuell Ausblick uet. m uMatthias Pintschers pourquoi l’azur m muet. musique de „L ano o „L’’espace dernier“ pour sopr soprano ano,, mezz mezzo et orchestre wird vom BBC Symphony Orchestra unter Leitung von Kazushi Ono in London uraufgeführt (10.10.08), die Deutsche Erstaufführung spielt das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart unter Krzysztof Urbanski, Solistinnen sind Anu Komsi und Claudia Mahnke (23.4.09). +++ In Turin dirigiert Matthias Pintscher die italienische Erstaufführung seie beim Orchestra Sinfoniner Fünf Orchesterstück Orchesterstücke ca Nazionale della RAI (13./14.11.08). +++ Bei der Mozartwoche Salzburg werden ein neues Streichquaröte so Flöte sollo uraufgeführt. Intett und ein Werk für Fl terpreten sind das Minguet Quartett und Emmanuel Pahud (26.1.09). +++ Zudem spielt das Mahler Chamber Orchestra unter Daniel Harding die österansir onzer reichische Erstaufführung von Tr Transir ansir.. K Konzer onzertt für Fl öte und Kammerorchester mit Chiara Tonelli als Flöte Solistin (1.2.09). +++ Beim Stuttgarter Festival Eclat bestreitet das SWR Vokalensemble die Urauffühla avah ani (Shir Ha-Shir im rung von she-cho she-chola latt ah aha Ha-Shirim V) für 32 Stimmen a cappella (6.2.09). +++ Matthias erk Werk Pintscher hat den Auftrag erhalten, ein Neues W zur Eröffn ung der El bphilh armonie Hamb urg zu Hamburg Eröffnung Elbphilh bphilharmonie schreiben, das 2011 von den Philharmonikern Hamburg unter der Leitung der Intendantin Simone Young uraufgeführt wird. +++ In der Spielzeit 2008/ 09 ist Matthias Pintscher als Artist in residence Gast im RSO Spektrum des Radiosinfonieorchesters Stuttgart. Rückblick Pierre Boulez dirigierte die Uraufführung von Osiris mit dem Chicago Symphony Orchestra (21.2.08). Die europäische Erstaufführung spielte das London Symphony Orchestra unter Pierre Boulez in Brüssel und London (7/11.5.08). +++ Anders Nyström spielte th for trum pet die Uraufführung von Shining for forth trumpet bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik (26.4.08). +++ Das London Philharmonic Orchestra führte unter Leitung von Vladimir Jurowski towar ds Osir is in London auf (25.5.08). +++ Die Oper ards Osiris Frankfurt präsentierte die deutsche Erstaufführung des Musiktheaters L’espace dernier unter Paolo Carignani konzertant in der Alten Oper Frankfurt und in der Kölner Philharmonie (17./18.5.08). +++ Bei Kaidine, tenebr ae und ros ist die neue CD mit en sour sourdine, tenebrae Refl ecti ons on Narc issus erschienen, interpretiert Reflecti ections Narcissus u. a. von Frank Peter Zimmermann, Christophe Desjardins, Truls Mørk und dem Ensemble Intercontemporain sowie dem NDR Sinfonieorchester.
2I2008 Mein Leben ohne mich Eine neue Ensemblekomposition von Miroslav Srnka „An den Filmen von Isabel Coixet reizt mich“, sagt Miroslav Srnka, „dass sie immer die Grundfragen des Lebens berühren. Sie behandeln zeitgenössische Themen in einfachen Geschichten mit normalen Menschen, nicht mit stilisierten Figuren. Ich habe die Regisseurin ursprünglich für ein Musiktheaterprojekt kontaktiert, suchte dann aber auch einen Text für das neue Stück für Claron McFadden und das Ensemble Intercontemporain.“ Dramatischer Kernpunkt ist, dass die 23-jährige Ann bei ihrer Krebsdiagnose intuitiv entscheidet, ihren zwei Töchtern, ihrem Mann und ihrer Mutter nicht zu sagen, dass sie bald sterben wird. Stattdessen fügt sie die Konstellationen für deren Leben nach ihrem Tod zusammen und schreibt sich Aufgaben auf, die noch in der knappen Zeit zu erfüllen seien: ihrem Ehemann eine Frau zu finden, die er und die Töchter lieben werden, für die Töchter Geburtstagswünsche bis zu deren 18. Lebensjahr auf Tonband aufzunehmen. Sie selbst möchte noch erleben, dass sich ein anderer Mann in sie verliebt. Miroslav Srnka beschreibt das Tableau: „Der Film läuft als Handlung mit Dialogen ab, aber eigentlich findet das gesamte Geschehen in der Hauptfigur Ann statt. Deshalb entnehme ich dem Drehbuch nur Anns Anteile an den Dialogen. Obwohl es also nur eine Sängerin auf dem Podium gibt, handelt es sich um kein Monodram: Dieser Mitteilungscharakter, das Ansprechen eines nicht vorhandenen Gesprächspartners, ist für mich zentral. Die Texte sind dreischichtig: die Dialog-Ausschnitte im Jetzt, die Monologe über die Vergangenheit und die von Ann auf Band aufgenommenen Wünsche in die Zukunft, eine Art Vermächtnis: Das wird meine Stimme sein, in dem zukünftigen Leben, das ich meinen liebsten Menschen jetzt einrichte. Die Sängerin bewegt sich zwischen diesen drei Textebenen, die auch klanglich sehr unterschiedlich gestaltet sind. Daran interessiert mich die Auseinandersetzung mit verschiedenen Zeitstrukturen, die eigentlich dieses Selbstreflektive der Monologe, das unbewusst Narrative der Dialoge und das jetzt Gesagte, aber in der Zukunft zu Hörende der Wünsche voneinander trennen. Es geht kompositorisch um eine musikalische Auseinandersetzung mit der Zeit, die sich nicht auf etwas Szenisches bezieht. Die Zeit wird von der Hauptfigur sowohl real erlebt als auch gedanklich festgehalten und bewusst für die Zukunft konserviert. Die Dramaturgie besteht aus vier musikalischen Kernstücken, die jeweils wichtige dramatische Augenblicke der Geschichte darstellen. Ich finde diese sehr starke Zentralperson faszinierend. Sie ist eine einfache Putzfrau, mit einer bescheidenen Lebensweise, kommt aber, obwohl sie nie die Zeit hatte, über sich selber zu reflektieren, ganz schnell zu dem Schluss, wie sie den Rest ihres Lebens verbringen soll. Das ist das Thema: diese zugleich manipulative, aber – wie ich finde – auch verständliche und bewun-
Für ihre Familie arrangiert eine junge Frau das Leben nach ihrem Tod. Dem Film „My Life Without Me“ der Regisseurin Isabel Coixet entnimmt Miroslav Srnka Texte und Stoff für seine Komposition für Claron McFadden und das Ensemble Intercontemporain, die am 28. November in Paris uraufgeführt wird. dernswerte Art des Handelns, wie die Frau die Menschen zusammensetzt, um ein Leben ohne sie zu gestalten. Ann tut Dinge, die man in einer normalen Situation moralisch nicht verzeihen würde, um für sich selbst die Stärke zu finden, den anderen das künftige Leben besser zu machen. Es gibt eine fantastische Spannung in dieser Figur, die nicht wie sonst in einer kontrastreichen Hauptfigur aus positiven und negativen Charakterzügen resultiert. Und diese Spannung findet sich auch in der Sprache wieder. Zum Beispiel fragt sie, als der Arzt ihr mitteilt, dass sie sterben muss, diesen nach einem Ginger Candy, also einem Ingwerbonbon, und unterhält sich mit ihm über den Geschmack. Gerade in den Dialogen von größter narrativer Schlichtheit erfährt man am Marie Luise Maintz meisten über die Person.“
Miroslav Srnka – aktuell Ausblick Bei den Kasseler Musiktagen wird die Mezzosopranistin Dagmar Pecková die Uraufführung von Miroslav nach Postkarten von Srnkas Dreizehn Liedern n ach Postkar ten v on than Becker Sohn Jona Jurek Beck er an seinen So hn Jon a th an singen (31.10.08). Das Quatuor Diotima präsentiert ein ProStreichquartett Nr.. 3, dem Kla Klaviergramm mit dem Streichquar tett Nr vierquintett vlnou“ Simpl ple quin tett „Pouhou v lnou“ und Sim pl e Space für Cello solo (1.11.08). +++ Bei dem Eröffnungskonzert des neuen Prager Festival Contempuls wird Emanuele Torquati die Uraufführung von ta větší. Eine V Var aria iati tion ar ia ti on Schlussgesang aus über den Schl ussgesang a us Její pastorkyňa (Jenůfa) für Klavier spielen (9.11.08). +++ Für das Ensemble Intercontemporain und die Sopranistin Claron McFadden bereitet Miroslav Srnka ein Neues Stück für Sopran Ensemble pr an und Ensembl e vor (28.11.2008).
Rückblick Das BBC Philharmonic Orchestra führte Reading llesessons unter der Leitung von Cornelius Meister in einem Konzert in Manchester auf (17.7.2008). +++ Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters spielten die Uraufführung von Miroslav Srnkas Kla Klavierquin vierquintett vierquin tett vlnou“ lnou“ in der Pinakothek der Moderne Mün„Pouhou v chen (17.4.2008). +++ Reserv Reservoirs oirs für großes Ensemble stand auf dem Programm des Prager Frühlings mit der Ostravská banda unter Petr Kotík (21./23.5.2008). +++ Das Ensemble Modern unter der Leitung von Matthias Pintscher spielte die Uraufführung von Les Adieux in der Alten Oper Frankfurt (28.11.07). Eine weitere Aufführung gab es bei der Eröffnung des Festivals „ultraschall“ in Berlin (20.1.08).
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[t]akte Hörende Augen, sehende Ohren Der Komponist Vadim Karassikov und sein neues Werk In Ekaterinburg, an der Grenze zum asiatischen Teil Russlands, wohnt und arbeitet sehr zurückgezogen der Komponist Vadim Karassikov. Seinen Werken begegnet man selten im Konzertsaal, doch wenn sie aufgeführt werden, rufen sie Reaktionen von völliger Verblüffung bis zu Begeisterung hervor. In minutiöser Differenziertheit zeichnet Karassikov seine Partituren, „behaucht“ die Notenseiten mit einer fragilen Bleistiftkalligraphie, die auch in Ausstellungen zeitgenössischer Grafik gezeigt werden könnte. Der Vagheit des überaus präzise, doch verletzlich Notierten entspricht die Musik, denn ihr dynamischer Level bewegt sich an der Grenze des Hörbaren. Wenn man die komplexe Textur des Notierten mit dem klingenden Ergebnis vergleicht, dann wird man zunächst überrascht sein, denn der größere Teil bleibt unhörbar: Karassikovs musikalische Formulierung entzieht sich jeglicher Konvention. Es geht ihm nicht darum, irgendwelche Konventionen durch schlichte Negation zu umgehen, die dann ihrerseits zu neuen Privatkonventionen würden. Der Komponist verweist stattdessen darauf, dass er in seiner Musik eine Art Analogie zu dem erkennt, was uns täglich innerlich und äußerlich umgibt. Auch hiervon bleibt ein Großteil unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle, ist aber vorhanden und unterschwellig bestimmend. Viele der unhörbaren Passagen seiner Musik sind gestisch bedeutsam – etwa durch die Bewegung oder Mimik der Interpreten –, andere sind hörbar, treten jedoch nicht gestisch hervor: Das Gestische und Nicht-Gestische, das Hörbare und Unhörbare – jeweils in feinster Abstufung und interner Beziehung – bilden entschei-
An der Grenze des Hörbaren: Der Beginn von Vadim Karassikovs „in the flame of the dream“
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Seine Musik wächst aus der Stille heraus und in sie hinein: Vadim Karassikovs neue Ensemblekomposition „in the flame of the dream“, ein Auftragswerk des Klangforums Wien, wird am 5. Dezember 2008 in Wien uraufgeführt. dende Parameter seiner Kunst. Hierdurch erfährt das Publikum, dass das Auge auch hören und das Ohr auch sehen kann, beide Sinne wachsen zu einem neuen zusammen, auf ihn ist Karassikovs musikalische Dramaturgie ausgerichtet. Während der Aufführung scheinen sich die Ohren und Augen auszudehnen, so dass man als Zuhörer selbst das feinste Knacken des Saalparketts wahrnimmt, Eigengeräusche des Raumes, mit dem diese Kunst eine bislang ungehörte Zwiesprache einzugehen scheint. Die Darbietungen von Karassikovs Werken nähern sich auch dank der besonderen Betonung der Gestik einer theatralischen Aufführung an, ohne Musiktheater zu sein. Er selbst bezeichnet seine Kompositionen in Ermangelung eines hierfür vorgeprägten Begriffs als „stage art“. Für die Ausführenden und ebenso für das Publikum bietet die Begegnung mit seiner Kunst eine Bereicherung, zumal man die Gestik als integralen Bestandteil einer Komposition und ihrer Interpretation erfährt. Dieses an sich selbstverständliche, doch nicht immer gegenwärtige Bewusstsein für gestisch-musikalische Zusammenhänge dürfte auch bei der Begegnung mit überkommenem Repertoire sensibilisierend wirken. Die Aufführungen seiner Kompositionen wird man vor allem dann als außergewöhnliche Konzerterfahrungen erleben und im Gedächtnis behalten, wenn man versucht, sich seiner Musik voraussetzungslos hinzugeben, denn in Karassikovs Werken ist, bis auf die Tatsache, dass sie sehr leise sind, nichts vorhersehbar. in the flame of the dream for ensemble heißt Vadim Karassikovs neues, im Auftrag des Klangforums Wien entstehendes Werk. Es besteht aus einzeln aufführbaren Stücken für je ein Instrument, die vom Duo, Trio, Quartett bis zum Tutti in allen möglichen Varianten kombiniert und gleichzeitig gespielt werden können. Am 5. Dezember 2008 werden die bislang vorliegenden Teile dieses Werks in Wien uraufgeführt werden. Michael Töpel
5.12.2008 Wien (Konzerthaus) Vadim Karassikov in the flame of the dream (Uraufführung) Klangforum Wien Weitere Stücke in diesem Konzert: Matthias Pintscher: Verzeichnete Spur; Salvatore Sciarrino: Le stagioni artificiali (Österr. Erstaufführung), Beat Furrer: Konzert für Klavier und Ensemble (Österr. Erstaufführung) – Solisten: Gunde JächMicko (Violine), Florian Müller (Klavier).
2I2008 Ondřej Kukal und sein „Clarinettino“
Beim Wettbewerb „Prager Frühling“ 2008 war diesmal das „Clarinettino“ von Ondrej Kukal eins der Wahlstücke. Das anspruchsvolle, aber für Zuhörer leicht verständliche Stück ist eine wichtige Repertoireerweiterung für Klarinettisten. ^
Mitteilsam und verständlich Hand in Hand mit dem Festival „Prager Frühling“ findet bereits seit 60 Jahren zeitgleich der Internationale Musikwettbewerb „Prager Frühling“ statt. Seit 1994 ist es Tradition, dass das Festival für jede Wettbewerbskategorie eine Komposition bedeutender tschechischer Autoren (z. B. Petr Eben, Karel Husa, Viktor Kalabis, Jan Klusák, Ivana Loudová, Otmar Mácha, Jaroslav Pelikán …) bestellt und somit die zeitgenössische Musik unterstützt. Partner dieses Wettbewerbes ist bereits seit einigen Jahren Editio Bärenreiter Praha, die die Wettbewerbspflichtstücke in ihrer Editionsreihe „Prager Frühling“ herausgibt. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Solokompositionen und Kammermusikstücke; in diesem Jahr aber wurde in der Kategorie Klarinette als Wahlstück die Komposition Clarinettino op. 11 (1990) von Ondřej Kukal ausgewählt. ^
Der Komponist, Dirigent und Geiger Ondřej Kukal (* 1964) zählt zu den herausragendsten Künstlerpersönlichkeiten der mittleren Generation in Tschechien. Er absolvierte das Prager Konservatorium und die Akademie der musischen Künste in Prag. Im Fach Violine ist er Schüler von Josef Vlach, Komposition studierte er bei Jindřich Feld, Dirigieren bei Vladimír Válek. Kukals Clarinettino erklang 1994 zum ersten Mal beim Festival „Junges Podium“ in Karlsbad und wurde zu einem beliebten Repertoirestück. Es handelt sich um eine spielerisch virtuose zwölfminütige Kette, fließend als Ganzes ohne Unterteilungen, welche nur durch Tempokontraste schnellerer und freierer Teile geschaffen werden. Durch die gesamte Komposition ziehen sich ein charakteristischer synkopischer Rhythmus und die mehrmalige Wiederkehr des figurativen Grundthemas in unterschiedlichen Variationen. In den langsameren Teilen setzt sich neben dem Soloinstrument auch die Violine ausdrucksvoll durch, und beide Instrumente überbieten sich in Kantilenenvorträgen. Der Klarinettenpart erfordert einen technisch sehr versierten Spieler, der Komponist bewahrt aber völlig die traditionelle Instrumentaltechnik ohne Experimente. Die Komposition lässt sich auch in kammermusikalischer Fassung mit Begleitung von Streichquartett und Kontrabass interpretieren (CD-Aufnahme: Ludmila Peterková, Neues Vlach Quartett, MusicVars 1995). EBP Mit der Komposition von Ondřej Kukal kam ich vor etwa einem Jahr in Berührung, als ich sie in einer Aufnahme in der Interpretation von Ludmila Peterková hörte, der die Komposition gewidmet ist. Das Clarinettino faszinierte mich durch seine fast jazzartigen Elemente. Das Stück ist sehr originell mit vielen tonmalerischen Tei-
Jana Lahodná mit dem Prager Kammerorchester beim Wettbewerb „Prager Frühling“ 2008
len. Für den Zuhörer ist es mitteilsam und verständlich, für den Interpreten allerdings ziemlich anstrengend. Der Autor gesteht selbst, dass er als Geiger dem „Bläserinterpreten“ keine Atem- und Entspannungsmöglichkeiten gewährt. Technisch gesehen beinhaltet es keine besonders großen Tücken, beim Einüben des Auswendigspiels aber zeigten sich viele unauffällige Variationen der ursprünglichen Themen als recht schwer. Jana Lahodná Trägerin des 3. Preises in der Kategorie Klarinette
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Ondrej Kukal: Clarinettino. Concertino für Klarinette und Streicher op. 11
Ondrej Kukal – Werke bei Editio Bärenreiter Praha Concertino für Klarinette und Streicher „Clarinettino“ op. 11 (1990) – Solo-Klarinette – Str / 12' Danse symphonique für großes Orchester op. 10 (1989) – 2 Picc, 2 Eh, 2 Klar, Kfag – 4,3,3,1 – Pk, Xyl, Schlg – Klav – Str / 12’ Das Lied eines wahnsinnig gewordenen Soldaten, op. 19 für Bariton und Orchester – Solobariton – 2,2,2,2 – 2,2,0,0 – Pk, Schlg – Hfe – Str / 21' Kammersymphonie op. 16 (1999) – Str / 20' Konzert für Fagott und Streichorchester „Fagottissimo“ op. 14 (1998) – Solo-Fagott – Str / 22' Konzert für Violine und Orchester op. 7 (1985) Solo-Violine – 2,2,2,2 – 2,0,0,0 – Pk – Str / 20' Symphonie Nr. 1 „Mit dem Glockenspiel“ op. 15 (1999) 2,2,2,2 – 3,3,2,0 – Pk, Schlg – Str / 25' Verlag: Editio Bärenreiter Praha, Vertrieb D, A, CH: Alkor-Edition Weitere Information: www.sheetmusic.com
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[t]akte Sieben Himmel Jonathan Harvey und sein neues Chor-Orchesterstück über Engelsnamen
Mit „Messages“ hat der Engländer Jonathan Harvey ein Stück für die Berliner Philharmoniker und den Rundfunkchor Berlin komponiert, das die himmlischen Sphären der Engel mit dem Apparat eines großen Orchesters auslotet. CD-Neuerscheinung Jonathan Harvey: Timepieces: Tranquil Abiding, Body Mandala, White as Jasmine; Towards a Pure Land, Anu Komsi (Sopran), BBC Scottish Symphony Orchestra, Ilan Volkov, Stefan Solyom, NMC.
Engel im Anflug (Foto: foodmat, www.photocase.de)
Botschaften von den Engeln Von Engeln handeln die Messages , deren Text ausschließlich aus Engelnamen besteht. Das etwa 25-minütige Werk reiht Anrufungsrituale von über hundert geflügelten Boten aneinander, die sich in sieben Himmeln bewegen. „Heaven“ nennt Harvey jedenfalls die sieben ineinander übergehenden Teile seines Stücks, dessen ruhig fließende Metren ausschließlich von der Silbenzahl des jeweils deklamierten Engelnamens abhängen. Diese Ausgangsidee wird von den Chören äußerst differenziert umgesetzt: vom „unhörbar“ eintretenden Summen am Beginn über vielstimmiges Flüstern in Wellen, klar zäsurierten Wechselgesang, improvisierte Tempogestaltung bis zum ätherisch gehauchten Pianissimo des Seventh Heaven. Nicht weniger raffiniert ist die Behandlung des großen Orchesters, das von einer Art Concertino (Celesta, Cimbalom und zwei Harfen) angetrieben wird. Auch hier fächert Harvey den Klang auf und verwandelt die Instrumente beispielsweise nach der Anrufung des Erzengels Raphael im Second Heaven in einen großen Flügel, der mit leisen Glissandi, Tremoli und Bläser-Atmen auf- und abrauscht. Olaf Wilhelmer Jonathan Harvey Messages Uraufführung: 29.3.2008 Berlin, Rundfunkchor Berlin, Berliner Philharmoniker, Leitung: Reinbert de Leeuw Besetzung: Picc/AFl, 2, 2 , Eh, 2 BKlar, 2 – 4,3,3,1 – Schlg (5) – Cel – Cimbalom – 2 Hfe – Str Aufführungsdauer: 25 Minuten Verlag: Faber Music, Vertrieb: Alkor-Edition Weitere Information: www.fabermusic.com.
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There is so much to praise on this CD that it’s hard to know where to begin. In reviewing previous recordings I’ve noted that Jonathan Harvey’s music juxtaposes moments of disarming simplicity, of naivety almost, with others of considerable sophistication and intricacy … The opening premise of both Tranquil Abiding and Body Mandala are cases in point: in the first, an alternation of two sonorities carries the piece forwards inexorably to its conclusion. By contrast, the arc structure of … Towards a pure land engenders considerable discontinuity. Each piece inhabits its own space. The virtuosity of Harvey’s orchestration is breathtaking … Not surprisingly to those familiar with Harvey’s concerns, all but one of these pieces explore different facets of spirituality, particularly those drawn from Eastern religions. Perhaps the most immediately involving is White as Jasmine, based on texts by a 12th-century Hindu saint. Here, soprano Anu Komsi delivers a superbly controlled performance of great vocal beauty. In her first entry, she is virtually indistinguishable from the surrounding instruments (and it’s satisfying, by the way, to hear singing in which each pitch can be clearly discerned, vibrato notwithstanding). But the musicianship here transcends questions of technique: all the participants deserve equal credit for their involvement in a richly rewarding project. Gramophone September 2008 Four of the five pieces in this impressive selection of Jonathan Harvey’s orchestral pieces deal in different ways with Harvey’s deep fascination with eastern religions … All are striking, beautifully achieved pieces. The Guardian er BühDer neue Kassel Kasseler tal og 2008/09 ist nenkatal talog nenka erschienen und kann ab sofort bei der Alkor-Edition angefordert werden. Auf fast 400 Seiten listet er alle musikalischen Bühnenwerke auf, die im Vertrieb von Alkor erhältlich sind. KASSELER BÜHNENKATALOG Systematische Register er2008/09 möglichen die Suche nach Gattungen, Stoffen, Librettisten, literarischen Vorlagen etc. Bärenreiter · Alkor
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2I2008 Un-fassbare Töne Brice Pausets 5. Sinfonie wird in Donaueschingen uraufgeführt Nach seiner Sinfonie Nr. 4 „Der Geograph“, die im März 2007 in der Kölner Philharmonie uraufgeführt wurde, geht Brice Pauset nun diese Gattung aufs Neue an: Im Rahmen der Donaueschinger Musiktage 2008 soll am 19. Oktober seine Sinfonie Nr. 5 „Die Tänzerin“ zum ersten Mal erklingen. Der Titel wirft die Frage auf: Um was für eine Tänzerin mag es sich handeln? „In der ganzen Sinfonie stellt die Tänzerin den Mittelpunkt der Welt dar. Man muss sich dabei vorstellen, dass die Beobachtung der Tänzerin nicht nur vom Zuschauerraum aus stattfindet, sondern auch von ganz weit weg. Es geht um diesen ganz besonderen ästhetischen Reiz, diese ganz besondere Empfindung“, erläutert der Komponist. „Die Tänzerin, um die es hier geht, steht für die zur Kunst gewordene Bewegung eines Körpers; das ist ein Sinnbild, das für alle Tänzerinnen gilt, und ein Symbol.“ Brice Pauset sucht sich über eine auf die Spitze getriebene prosaische Haltung Materialien mit einer tief gründenden Poesie, es handelt sich jedoch keineswegs um herkömmliche Ballettmusik. Als Basismaterial für seine Arbeit wählte er beispielsweise die Geräusche, die entstehen, wenn der Fuß der Tänzerin den Boden berührt bzw. wenn sie sich in der Luft dreht, oder das Rascheln des Stoffes ihres Kostüms. Es sind diese un-fassbaren Töne, die den Komponisten interessieren, Töne, die man in einem Ballett so deutlich sonst nicht vernimmt. Doch wie können diese Töne über den Blickwinkel des Betrachters Aufschluss geben? Genau um diese Frage geht es in dem neuen Werk. Denn natürlich hängt die Art der Wahrnehmung eines Tänzers vom Standort des Beobachters ab: Je nachdem, wo man sich befindet, ändert sich die Perspektive. Aber von welchem Blickwinkel aus ein Zuschauer auch immer einen Tanz betrachtet: Die Bewegung des Körpers ist und bleibt reine Kunst. Und ohne Rücksicht auf den Blickwinkel des Zuschauers spielt die Musik mit dieser Beständigkeit der ästhetischen Bewegung, und zwar mit Mitteln des Zooms auf die verschiedenen Tonsatzmaterialien, es ist ein Spiel mit den musikalischen Zeitabläufen, mit der Gleichzeitigkeit verschiedener Taktarten (beispielsweise durch das Übereinanderschichten eines 3/4- und eines 4/4Taktes) usw. Pausets 5. Sinfonie steht in engem Zusammenhang mit seinen anderen Werken. In erster Linie ist „Die Tänzerin“ Teil eines Zyklus von drei Sinfonien (Nr. 4, 5 und 6), der in einer Phase komponiert wurde und ein einheitliches Ganzes darstellt. Dabei hat jede dieser Sinfonien zwar eine ihr ganz eigene Dramaturgie, gleichzeitig sind sie jedoch durch eine gemeinsame Thematik miteinander verbunden: durch den Begriff der Unmöglichkeit. In Der Geograph ist es die Unmöglichkeit, die Welt darzustellen (es sei denn durch die Schaffung von Rastern, die in der Aufführung vom Klavier fixiert und vom Orchester ausgefüllt werden); die Unmöglichkeit, die ästhetische Bewegung darzustellen (es sei denn
Mit den Mitteln eines Zooms gestaltet der französische Komponist Brice Pauset sein neues Orchesterstück. Im Fokus: eine Tänzerin, die zum Mittelpunkt eines vieldimensionalen musikalischen Vexierspiels wird. durch die Erfindung eines vom ursprünglichen Objekt losgelösten Bildes); die Unmöglichkeit, Materie darzustellen (außer mittels einer Extremsituation: der Explosion). Wir haben es mit einem Projekt zu tun, das mit den Grenzbereichen der Genres spielt. Die 4. Sinfonie war ein Flirt mit der Gattung des Konzerts: Dem Orchester steht ein Klavier als Hauptinstrument gegenüber. Und die 6. Sinfonie wird Singstimmen mit einbeziehen. Ihre Uraufführung ist für die Spielzeit 2009/10 in München geplant (Chor und Orchester des Bayerischen Rundfunks, Experimentalstudio Freiburg). Neun Sinfonien als Zielvorgabe? Tief gründende Poesie. Brice Pauset C. Daguet, Editions Henry „Nein,“ antwortet der Komponist, (Foto: Lemoine) „nach der 6. Sinfonie werde ich dieser Gattung wohl etwas müde sein. Außerdem hätte ich das Gefühl, in einen Manierismus zu verfallen, in einem Reliquienschrein zu sein. Bei der Arbeit an sinfonischen Werken entwickelt sich meine Tonsprache weiter, und ich bekomme dann Lust auf andere Formen, in die ich das, was ich bei den letzten Arbeiten erworben habe, einfließen lassen möchte.“ Benoît Walther Brice Pauset Sinfonie Nr. 5 „Die Tänzerin“ Uraufführung: 19.10.2008, Donaueschinger Musiktage, SWR Sinfonierochester Baden-Baden und Freiburg, Leitung: Sylvain Cambreling Orchester: 4 (Picc),3,Eh,3,BKlar,3,Kfag – 4,4,4,1 –2 Pk, 3 Schlg – Klav – Hfe – Str Aufführungsdauer: ca. 13 Minuten Verlag: Editions Henry Lemoine, Vertrieb: Alkor-Edition Weitere Information: www.henry-lemoine.com
„takte“ jetzt auch online Unter der Internetadresse www.takte-online.com ist das Bärenreiter-Magazin takte ab sofort auch im Internet erreichbar. Neben den Artikeln aus den letzten Heften finden sich dort auch aktuelle Aufführungstermine. Ein takte-Newsletter ergänzt das Internetangebot.
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[t]akte Alchimistische Verwandlungen Der italienische Komponist Osvaldo Coluccino Osvaldo Coluccino (* 1963) bezeichnet Absum, eine elektroakustische Komposition aus dem Jahr 1999, als sein erstes Werk oder auch Quale velo (2000/01) für Ensemble. Das bedeutet jedoch nicht, dass er erst im Alter von 36 Jahren begonnen hätte zu komponieren, sondern es ist die Konsequenz künstlerischer Entscheidungen, einer Suche, die in ihrem Verlauf einen Fall für sich darstellt. Von 1989 bis 2003 widmete sich Coluccino gänzlich der literarischen Arbeit, schrieb Gedichte, Prosa und Verstragödien, denen von Kritikern und Wissenschaftlern Interesse und Bewunderung entgegengebracht wurde. Bereits in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre begann er autodidaktisch, sich mit Musik zu beschäftigen und zu komponieren. Heute sieht er seine literarischen Erfahrungen als abgeschlossen an und ist ein Komponist, der keinen Grund sieht, sich an seine Frühwerke zu erinnern. Sein Werkkatalog enthält Kompositionen, deren eigenständige kompromisslose Ästhetik von Anfang an fertig ausgeprägt erscheint. Ein Weg zum Verständnis dieser plötzlich eingetretenen reifen Eigenständigkeit und extremen Strenge in Coluccinos Musik führt über die Beschäftigung mit seinem literarischen Schaffen. Zu einer solchen Perspektive lädt eine Beobachtung des Musikwissenschaftlers und Komponisten Ramón Montes de Oca ein, der anlässlich der Aufführung des Bläserquintetts Diffratta aria (2002) beim Festival Cervantino 2004 in Guanajato/Mexiko über Coluccino schrieb: „Wenn man über die musikalische Ästhetik dieses wichtigen italienischen Künstlers spricht, muss man unbedingt auf seine bemerkenswerte dichterische Sprache verweisen, denn Osvaldo Coluccino war zunächst ein großartiger Dichter und hat sich danach in einen Komponisten herausragender neuer Musik verwandelt. Wir kennen das Interesse des Dichters für das Wort, das aus der Stille entspringt, und wir kennen ebenso das Interesse des Komponisten für die Stille, die sich aus dem Klang erhebt. Diesem intimen, vagen und kargen Klang, den der Künstler, abgeklärt wie ein Alchimist, in Reflexe aus Farben, Tonhöhen, Timbres, Wörtern und Stillen verwandelt, die ins Nichts zurückkehren.“ Coluccino schreibt äußerst ausgewogen, bedachtsam, konzentriert auf das Wesentliche und definiert präzise jedes Detail, so als ob von der Wahl jeder Tonhöhe, jedes Intervalls, jeder Klangfarbe das Gelingen des Ganzen abhinge. Die so definierten Klangobjekte sind in Stille eingesenkt, in einen statischen, geheimnisvollen Raum, in dem die Bewegung des Alltäglichen aufgehoben ist. Es überrascht nicht, dass er Maler schätzt, die Objekte darstellen, die von Stille umgeben sind: Piero della Francesca, Cézanne, Morandi. Es sind die angehaltene Zeit und der statische Raum, für die Coluccino mit dem spä-
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Ausufernde Üppigkeit ist seine Sache nicht. Die Reduktion auf das Wesentliche ist eher Osvaldo Coluccinos Maxime. Ein Porträt des Komponisten, der spät zum Komponieren kam, nachdem er in der Literatur seines Heimatlandes bereits einen bekannten Namen hatte.
Suche nach dem Wesen des Klangs: Osvaldo Coluccino
ten Nono und mit Feldman verglichen worden ist. Mit diesem Vergleich treten jedoch die Unterschiede nur deutlicher hervor. Insbesondere gibt es keine Ähnlichkeiten zu den enorm gedehnten Tempi und dem QuasiMinimalismus des späten Feldman, denn Coluccino behält stets die Kontrolle über seine Formverläufe, und Knappheit entsteht bei ihm aus einem Bedürfnis nach Konzentration auf das Wesentliche. Deshalb auch lotet er den Klang innerhalb eines dynamischen Bereiches aus, der nur sehr selten das Mezzopiano übersteigt, so dass magische Wirkungen entstehen, ein Effekt der alchimistischen Verwandlung seines ausgedünnten, ausgetrockneten Tonsatzes. Daraus entstehen verborgene Spannungen, festgehalten in einer Unbeweglichkeit, die jedoch unvorhersehbaren und unkonventionellen Formverläufen nicht im Wege steht. Manchmal spielen seine poetischen Titel auf diese Formen an. Ich denke beispielsweise an den Verlauf von Voce d’orlo (2006) oder an die Spreizung, die von der Kombination zweier Wörter suggeriert wird, die mit Geburt und Tod verbunden sind: Gamete stele (2007). Die Spreizung zwischen der Weichheit des Gallerts und der Härte des Steins drückt sich hier mit konzentrierter, jedoch anti-rhetorischer Dichte aus und führt zu einem sanfteren Ergebnis. Die Negation von Without Witness (2004) scheint schließlich nach dem Wesen des Klanges zu suchen und lädt den Komponisten ebenso wie den Hörer ein, loszulassen: das eigene Ego, die Schwere des Ichs. Paolo Petazzi (Übersetzung: Christine Anderson)
Information: Die Kompositionen von Osvaldo Coluccino erscheinen bei RAI Trade (Vertrieb: Alkor-Edition)
2I2008 Wer darf sie spielen? Streit um eine Melodie im Kinderstück von Andreas Tarkmann und Eberhard Streul takte: „Die verlorene Melodie“ ist Ihre erste Zusammenarbeit mit dem Theaterautor Eberhard Streul, mit dem Sie die Liebe zum Kabarett verbindet. Wie kam es nun zu dieser ersten Begegnung? Tarkmann: Trotz unseres teilweise ähnlichen Betätigungsfelds war die Begegnung mit Eberhard Streul kein Zufall, sondern fand auf Vorschlag der Alkor-Edition statt. Eberhard Streul suchte nämlich einen Komponisten für einen Text, den er schon vor Jahren für ein Kinderkonzert geschrieben hatte. Was hat Sie an seinem Text besonders gereizt? Auf jeden Fall ist es schön, eine Geschichte zu vertonen, die noch keiner kennt. Das erhöht natürlich die Neugier und Spannung bei den jungen Zuhörern. Dann spielt die Geschichte in einer sehr „musikalischen Welt“: Ein zerstreuter Komponist schreibt eine Melodie, die durch Zufall in einem Orchester landet und um die von den verschiedenen Instrumenten heftigst gestritten wird. Um die Melodie zu schützen, reißt eine kleine Geige mit ihr aus. Geige und Melodie erleben einige merkwürdige Abenteuer und werden schließlich von der resoluten Großmutter, der Bassgeige, ins geläuterte Orchester zurückgeholt. So eine Geschichte ist für einen Komponisten natürlich eine reizvolle Aufgabe, weil er hier alle Register ziehen kann. Überhaupt fand ich Streuls Geschichte auf Anhieb originell und witzig, sprachlich sehr pointiert und geistreich, ohne die kindliche Ebene zu vernachlässigen. So können die Kinder zwar eine Menge über Musik und Instrumente erfahren, werden aber nicht offensichtlich „belehrt“. Haben Sie den Wortlaut eins zu eins übernommen? Der Originaltext ist im Hinblick auf eine melodramatische Vertonung geschrieben. So waren keine nennenswerten Änderungen nötig. Wir haben lediglich das musikdramaturgische Gerüst zusammen abgesprochen: wann, wo und wie viel Musik an bestimmten Textstellen erklingen soll. Ansonsten hat mir der Autor dankenswerterweise keine Vorschriften gemacht. An welche Altersgruppe wendet sich „Die verlorene Melodie“ und wie war die Resonanz bei der Uraufführung im Frühjahr in Ludwigshafen? Wir schlagen das Stück für Kinder ab fünf Jahren vor. Es ist ganz bewusst für die jüngeren Kinder geschrieben und wurde von ihnen begeistert aufgenommen. Aber nicht nur von diesen: Eltern und Orchestermitglieder waren genauso angetan. Die Geschichte wendet sich letztlich gegen den Egoismus und plädiert für das gemeinschaftsstiftende Band des Musizierens.
Streit, Flucht und Rückkehr: Viel geschieht im neuen Kinderkonzertstück „Die verlorene Melodie“ von Andreas Tarkmann und Eberhard Streul. Wer will, kann sogar eine Botschaft daraus lesen. Die Uraufführung in Ludwigshafen war ein großer Erfolg. Diese Botschaft ist nur ein Teilaspekt des Stücks und ich finde es nicht schlimm, wenn andere Seiten des Gesamtstücks sie vielleicht verdrängen. Für viele junge Kinder ist es wahrscheinlich der erste Konzertbesuch und die allererste Begegnung mit einem Orchester: Da gibt es ungeheuer viel Interessantes zu sehen und zu hören … „Die verlorene Melodie“ geht von der klassischen Konzertsituation aus. Das junge Publikum wird nur gelegentlich vom Erzähler angesprochen, der aus dem Stück heraus Fragen formuliert, bei denen es unter anderem um die Identifizierung von Instrumenten geht. Welchen Stellenwert räumen Sie diesem Kinderkonzertstück in der Nachfolge von „Peter und der Wolf“ ein im Vergleich zu Konzepten, bei denen Kinder und Jugendliche von Anfang an und in einem größeren Maß in die Erarbeitung eines neuen Stückes und dessen Aufführung integriert werden? Ich denke, dass beide Konzertmodelle ihre Berechtigung haben und dass Kinder auch mit beiden konfrontiert werden sollten. Natürlich ist es wichtig, dass sie aus einer passiven Konsumentenrolle herausgeholt werden und dass die Konzerte im wahrsten Sinne des Wortes „begreifbarer“ werden. Auf der anderen Seite sollten Kinder auch lernen, eine gewisse Zeit konzentriert zuzuhören. Ich glaube, diese Konzentrationsfähigkeit sollten wir den Kindern auch zutrauen und sie fördern. In diesem Sinne ist ein Stück wie Die verlorene Melodie ein guter Einstieg. Takte: Verraten Sie uns zum Abschluss noch Ihre nächsten Projekte? Nachdem ich letztes Jahr mit meiner ersten Kinderoper La belle au bois dormant (Dornröschen) in der Philharmonie Essen einen schönen Erfolg hatte, komponiere ich nun für das Theater Aachen als Kinderoper den Räuber Hotzenplotz (Uraufführung April 2009). In der Tonhalle Düsseldorf wird 2009 ein weiteres Kinderstück von mir uraufgeführt, darüber hinaus arbeiten Eberhard Streul und ich schon an etwas Neuem, aber mehr darf darüber noch nicht verraten werden. Fragen: Redaktion
Andreas N. Tarkmann Die verlorene Melodie. Ein Konzertstück für Kinder für Sprecher und Orchester mit einer Geschichte von von Eberhard Streul Besetzung: Sprecher – Orchester: 2,2,2,2 – 2,2,1,1 – Schlg (1) – Str Aufführungsdauer: ca. 30 Minuten Verlag: Cecilia Music Concept GmbH Verlag Köln, Vertrieb: Alkor-Edition
] [t]akte 2I2008 31
[t]akte Neue Bücher Andreas Waczkat: Georg Friedrich Händel. Der Messias. Bärenreiter Werkeinführung 2008. 146 Seiten. € 14,95 / CHF 26.90. Wie gelang es Händel, eine solch zündende Komposition zu schaffen? Welche Botschaften wurden für die Zuhörer damals transportiert, wo setzten Händel und sein Librettist Charles Jennens die Akzente? Andreas Waczkat erläutert diese und weitere Fragen in drei Schritten. Ein erster Teil widmet sich der Entstehung des Werkes und dem Libretto. Der zweite Teil untersucht Satz für Satz Text und Musik. Abschließend skizziert Waczkat die Wirkungsund Rezeptionsgeschichte des Messias. Praktische Hinweise zu den verschiedenen Fassungen und Editionen des Werks runden die Einführung ab. Ingo Schultz: Viktor Ullmann. Leben und Werk. Bärenreiter-Verlag/Verlag J. B. Metzler 2008. 280 Seiten. € 29,95 / CHF 46.00. Eine umfassende Darstellung von Viktor Ullmanns Leben und Schaffen (1898–1944) von den prägenden Eindrücken seiner Jugend in Teschen und Wien über die nach dem Ersten Weltkrieg ansetzende Laufbahn als Kapellmeister und Komponist in Prag bis hin zu den letzten großen Werken, die er den Lebensverhältnissen in Theresienstadt abgerungen hat. In den analytischen Abschnitten entsteht das Bild eines Komponisten, dessen unverwechselbare „Handschrift“ sich in differenzierter Harmonik, unkonventioneller Kontrapunktik und eigenwilliger Rätselhaftigkeit zeigt. Jörg Konrad: Miles Davis. Die Geschichte seiner Musik. Bärenreiter-Verlag 2008. 202 Seiten. € 19,95 / CHF 35.90. Kein Musiker hat den modernen Jazz stärker geprägt und verändert als Miles Davis. In chronologischer Folge und in Form eines übersichtlichen Handbuchs porträtiert Jörg Konrad 86 Alben, an denen der Trompeter beteiligt war. Aber auch wichtige persönliche Umstände von Davis’ Leben bringt Konrad ans Tageslicht und setzt sie in Beziehung zu dem musikalischen Kosmos, den Miles Davis kreiert hat.
32 [t]akte 2I2008
Charlotte Seither – aktuell Charlotte Seither – aktuell Ausblick Charlotte Seither ist von Kulturstaatsminister Bernd Neumann mit dem Stipendium der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo ausgezeichnet worden und wird 2009 einen einjährigen Stipendienaufenthalt in Rom verbringen. +++ Gustav Rivinius (Violoncello) und Eduard Brunner (Klarinette) werden bei den Tagen für Interpretation und Aufführungspraxis Neuer Musik in Saarbrücken ein neues Auftr Auftrags agsw ags werk für Klarinette Vio oncello Klar inette und Vi oloncell o von Charlotte Seither zur Uraufführung bringen (15.10.08). +++ Der Deutschlandfunk Köln widmet der Komponistin ein ausführliches Rundfunkportrait (18.10.08). Rückblick Im August 2008 war Charlotte Seither als ReturnResident bei der Akademie Schloss Solitude Stuttgart zu Gast. +++ Vom Goethe-Institut Santiago de Chile wurde Charlotte Seither als Guest Composer zum Festival Música Contemporánea eingeladen (31.7.–10.8.08). +++ In Krefeld kam das neue OrchesEssays Shado adow Truth terstück Essa ys of Sh ado w and Tru th als Auftragswerk der Niederrheinischen Sinfoniker unter der Leitung von Graham Jackson zur Uraufführung. Zitate aus Pressekritiken: „Eine halbe Stunde lang entfachen die Niederrheinischen Sinfoniker einen akustischen Sturm, der aufschreckt, verblüfft, fasziniert. Seithers Orchesterwerk überzeugt “ (Westdeutsche Zeitung), „so weit durchdifferenzierte Klänge wünschte man sich öfter. Viel Beifall für Werk und Orchesterleistung“ (Rheinische Post) (29.4.08). +++ Beim Forum Neue Musik des Deutschnev landfunks Köln wurde das Auftragswerk ne ver real, alw al ways true für Akkordeon solo von Margit Kern uraufgeführt (5.4.2008). +++ An der Universität Oldenburg standen ihre Werke im Rahmen eines Portraitkonzertes im Mittelpunkt (13.6.08). +++ Nach Aufführungen in Osnabrück und München ist die Produktion ihres Musiktheaterwerks Der hell helle e Rand Furchtt und Erw Erwachen von Furch achen mit acht weiteren Aufführungen am Staatstheater Kassel zu Ende gegangen. +++ In seiner Rundfunkreihe „Hear and Now“ stellte BBC London die Werke Music for orchestr orchestra, a, Gran All’aper perto an passo und All’a Gr per to vor, die mit dem BBC Symphony Orchestra London, Mark Knoop, Klavier und den BBC Singers London zur Aufführung gekommen waren (31.5.08).
2I2008 Termine (Auswahl)
Neue CDs
Oktober 2008
Oktober 2008
3.10.2008 Heidelberg (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: La clemenza di Tito Musikal. Leitung: Cornelius Meister, Inszenierung: Christian Sedelmayer
8.10.2008 Paris (Théâtre des Champs-Elysées) (Premiere) Jean-Baptiste Lully: Armide Chœur et Orchestre Les Arts Florissants, Musikal. Leitung: William Christie, Inszenierung: Robert Carsen
3.10.2008 St. Pölten (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Die Entführung aus dem Serail Freiburger Barockorchester, Musikal. Leitung: Attilio Cremonesi, Inszenierung: Joachim Schloemer
Georg Friedrich Händel: Amadigi di Gaula Al Ayre Español, Leitung: Eduardo López Banzo. Ambroisie Georg Friedrich Händel: Tolomeo Il Complesso Barocco, Leitung: Alan Curtis. Deutsche Grammmophon Christoph Willibald Gluck: Ezio Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele, Leitung: Michael Hofstetter. Oehms Joseph Haydn: Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Camerata Salzburg, Leitung: Sir Roger Norrington. ORF Hector Berlioz: L’Enfance du Christ London Symphony Orchestra, Leitung: Sir Colin Davis. LSO Live Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 3 (Fassung 1873) Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Leitung: Sir Roger Norrington. SWR Hänssler Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 4 (Urfassung 1874) Philharmoniker Hamburg, Leitung: Simone Young. Oehms Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 9 Sinfonieorchester Aachen, Leitung: Marcus Bosch. Coviello Anton Bruckner: Messe f-Moll RIAS Kammerchor, Orchestre des
Champs-Elysées, Leitung: Philippe Herreweghe. Harmonia mundi Reinhard Schwarz-Schilling: Introduktion und Fuge; Symphonie in C Staatskapelle Weimar, Leitung: José Serebrier. Naxos Hugo Distler: Konzert für Cembalo und Streicher op. 14; Schauspielmusik zu Ritter Blaubart Neubrandenburger Philharmonie, Leitung: Stefan Malzew. Klassik Center Kassel Rudolf Kelterborn: Piano Pieces 1–6 See Siang Wong. Guild Salvatore Sciarrino: Storie di altre storie Teodoro Anzellotti (Akkordeon), WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung: Kazushi Ono. Winter & Winter Beat Furrer: Begehren Petra Hoffmann (Sopran), Johann Leutgeb (Erzähler), Vokalensemble NOVA, ensemble recherche, Musikal. Leitung: Beat Furrer, Inszenierung/Choreographie: Reinhild Hoffmann. Kairos (DVD) Manfred Trojahn: Berceuse für Orchester Radiosinfonieorchester Stuttgart des SWR, Leitung: George Alexander Albrecht Auf: Musik in Deutschland 1950–2000. Orchesterstücke 1975–2000. RCA/Deutscher Musikrat
8.10.2008 Ravensburg / 9.10.2008 München / 14.10.2008 Meran Beat Furrer: antichesis Münchner Kammerorchester, Leitung: Alexander Liebreich
10.10.2008 London –> Matthias Pintscher: pourquoi l’azur muet. Musique de „L’espace dernier“ pour soprano, mezzosoprano et orchestre (Uraufführung) 3.10.2008 Utrecht Claudia Barainsky (Sopran), Georg Friedrich Händel: L’Allegro, Claudia Mahnke (Mezzosopran), il Penseroso ed il Moderato BBC Symphony Orchestra, Radio Kamer Filharmonie, Leitung: Kazushi Ono Leitung: Kenneth Montgomery 11.10.2008 Kiel (Premiere) 4.10.2008 Tübingen Georg Friedrich Händel: Alcina Franz Schubert: Die Zauberharfe Leitung: Eduardo López Banzo, Tübinger Ärzteorchester, Leitung: Inszenierung Silvana Schröder Norbert Kirchmann 11.10.2008 Frankfurt –> Beat Furrer: Xenos für Ensemble 4.10.2008 Graz Beat Furrer: Konzert für Klavier (Uraufführung) und Orchester (Österr. Erstauff.) Ensemble Modern, Leitung: Alejo Nicolas Hodges (Klavier), RadioPérez Symphonierorchester Wien, Leitung: Pascal Rophé 11.10.2008 Lyon (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: 4.10.2008 Leipzig (Premiere) La clemenza di Tito Johann Strauß: Eine Nacht in Musikal. Leitung: Jérémie Rohrer, Venedig Inszenierung: Georges Musikal. Leitung: Roland SeifLavaudant farth, Inszenierung: Julia Riegel 11.10.2008 Freiburg (Premiere) 5.10.2008 Zürich (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Ludwig van Beethoven: Fidelio Lucio Silla Musikal. Leitung: Bernard Musikal. Leitung: Patrick Peire, Haitink, Inszenierung: Katharina Inszenierung: Ludger Engels Thalbach 14.10.2008 Wien, Theater an der 6.10.2008 Lille / 21.10. Paris Wien (Premiere) Théâter des Champs-Elysées Christoph Willibald Gluck: Wolfgang Amadeus Mozart: Orfeo ed Euridice Le nozze di Figaro Freiburger Barockorchester, Le Concert d’Astrée, Musikal. Musikal. Leitung: René Jacobs, Leitung: Emmanuelle Haïm, Inszenierung: Stephen Lawless Inszenierung: Jean-François Sivadier 3.10.2008 Wien (Konzerthaus) Beat Furrer: Antichesis Klangforum Wien, Leitung: Beat Furrer
[t]akte 2I2008 33
[t]akte Termine (Auswahl) Oktober 2008
Oktober 2008
Oktober 2008
November 2008
14.10.2008 Genf (Premiere) Hector Berlioz: La damnation de Faust Musikal. Leitung: John Nelson, Inszenierung: Olivier Py
18.10.2008 Luzern (Premiere] Giuseppe Gazzaniga: Don Giovanni Musikal. Leitung: Andrew Dunscombo, Inszenierung: Dominique Mentha
25.10.2008 Prag (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: La finta giardiniera Musikal. Leitung: Tomas Netopil, Inszenierung: Ursel Herrmann, Karl-Ernst Herrmann
1.11.2008 Kassel (Musiktage) Miroslav Srnka: Pouhou vlnou; Streichquartett; Simple space Aurélien Richard (Klavier), Diotima Quatuor
15.10.2008 Wien Rudolf Kelterborn: Four Pieces 19.10.2008 Hannover for Four Players (Österr. Erstauff.) –> Charlotte Seither: Scusi für Collegium Novum Zürich Tenorblockflöte und Klavier (Uraufführung) 15.10.2008 Saarbrücken Ulrike Volkhardt (Tenorblock–> Charlotte Seither: Neues Werk flöte), Darlen Bakke (Klavier) (Uraufführung) Eduard Brunner (Klarinette), 19.10.2008 Genf (Premiere) Gustav Rivinius (Violoncello), Jacques Offenbach: Adrian Oetiker (Klavier) Les contes d’Hoffmann Musikal. Leitung: Patrick Davin, 16.10.2008 Mainz (Premiere) Inszenierung: Olivier Py Christoph Willibald Gluck: La Semiramide riconosciuta 22./23.10.2008 Aachen Musikal. Leitung: Michael –> Philipp Maintz: archipel. Musik Millard, Inszenierung: Peer für großes Orchester (UrauffühBoysen rung) Sinfonieorchester Aachen, 17.10.2008 Berlin (Premiere) Leitung: Marcus R. Bosch Christoph Willibald Gluck: Le Cinesi 23.10.2008 Hokutopia (Japan) Universität der Künste, Musikal. Joseph Haydn: Orlando paladino Leitung: Igor Budinstein, Les Boréades, Musikal. Leitung: Inszenierung: Dagny Müller Ryo Terakado 17.10.2008 Tours (Premiere) Joseph Haydn: Armida Musikal. Leitung: Jean-Yves Ossonce, Inszenierung: Gilles Bouillon 17.10.2008 Liège (Premiere) Christoph Willibald Gluck: Paride ed Elena Musikal. Leitung: Filippo Maria Bressan, Inszenierung: Andrea Cigni 18.10.2008 Oslo Wolfgang Amadeus Mozart: La clemenza di Tito Musikal. Leitung: Rinaldo Alessandrini, Inszenierung: Peter Konwitschny 18.10.2008 Nürnberg (Premiere) Hector Berlioz: Benvenuto Cellini Musikal. Leitung: Guido Johannes Rumstadt, Inszenierung: Laura Scozzi
34 [t]akte 2I2008
23.10.2008 New York (La MaMa Theatre) Charlotte Seither: One-womanopera (USA-Erstaufführung) Cornelia Melian (Stimme), Regie: Judy Wilson 25.10.2008 Köln Beat Furrer: Aria Donatienne Michel-Sansac (Sopran), Ensemble dissonART, Leitung: Beat Furrer 25.10.2008 Kassel (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni Musikal. Leitung: Marco Comin, Inszenierung: Volker Schmalöer 25.10.2008 Bologna Hector Berlioz: Te Deum Orchestra Mozart, Leitung: Claudio Abbado
25.10.2008 Nürnberg Leoš Janáček: Taras Bulba Nürnberger Symphoniker, Leitung: Berhard Gueller 29.10.2008 Paris Matthias Pintscher: Hérodiade-Fragmente Marisol Montalvo (Sopran); Orchestre de Paris, Leitung: Christoph Eschenbach 30.10.2008 Postdam (Premiere) Georg Friedrich Händel: Alcina Musikal. Leitung: Andrea Marcon, Inszenierung: Ingo Kerkhoff 30.10.2008 München Bohuslav Martinů: Legende aus dem Rauch des Kartoffelkrautes Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Leitung: Ulf Schirmer 30.10.2008 Kassel (Musiktage) Manfred Trojahn: Ariosi für Sopran, Bassettklarinette und Orchester Christiane Iven (Sopran), Sabine Meyer (Klarinette), hr-Sinfonieorchester, Leitung: Lothar Zagrosek 31.10.2008 Wien Beat Furrer: Konzert für Klavier und Orchester Nicolas Hodges (Klavier), RadioSymphonierorchester Wien, Leitung: Emilio Pomarico 31.10.2008 Kassel (Musiktage) –> Miroslav Srnka: Dreizehn Lieder für mittlere Stimme und Klavier nach Postkarten von Jurek Becker an seine Sohn Jonathan (*1990) (Uraufführung) Dagmar Pecková (Mezzosopran), N. N. (Klavier)
2.11.2008 Detmold (Premiere) Christoph Willibald Gluck: Orfeo ed Euridice Musikal. Leitung: Jörg Pitschmann, Inszenierung: Kay Metzger 6.11.2008 Zürich (Tage für Neue Musik) Beat Furrer: Canti notturni (Schweiz. Erstaufführung) Tonhalle-Orchester Zürich, Leitung: David Zinman 6.11.2008 London (Premiere) Christoph Willibald Gluck: La rencontre imprévue Guildhall School of Music, Musikal. Leitung: Nicholas Kok, Inszenierung: Stephen Medcalf 6.11.2008 Kassel (Musiktage) Manfred Trojahn: 6 Préludes Clemens Berg (Klavier) 7.11.2008 Tokyo (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte Nissay Theatre Orchestra, Musikal. Leitung: Toshiyuki Kamioka 8.11.2008 Kassel (Musiktage) Ernst Krenek: Lamentatio Jeremiae prophetae Vocalensemble Kassel, Martin Lücker (Orgel), Leitung: Eckhard Manz 9.11.2008 Prag –> Miroslav Srnka: ta větší. Eine Variation über den Schlussgesang aus Její pastorkyňa (Jenufa) (Uraufführung) Emanuele Torquati (Klavier) 13.11.2008 Zürich, St. Peter (Premiere) Christoph Willibald Gluck: Orfeo ed Euridice Vocalino Chor, Symphonisches Orchester Zürich, Musikal. Leitung: Beat Dähler, Inszenierung: Serge Honegger
2I2008 November 2008
November 2008 Dezember 2008
Dezember 2008
Dezember 2008 Januar 2009
13./14.11.2008 Turin Matthias Pintscher: Fünf Orchesterstücke (Ital. Erstauff.) Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI, Leitung: Matthias Pintscher
22.11.2008 Schönebeck 5.12.2008 Wien 20.12.08 Nürnberg (Premiere) Thomas Daniel Schlee: –> Vadim Karassikov: in the flame Wolfgang Amadeus Mozart: Quia tu es Deus of the dream (Uraufführung); Die Entführung aus dem Serail Mitteldeutsche KammerMatthias Pintscher: Verzeichnete Musikal. Leitung: Christof Prick, philharmonie, Leitung: Christian Spur; Salvatore Sciarrino: Le Inszenierung: Andreas Baesler Simonis stagioni artificiali (Österr. Erstauff.) 21.12.2008 Basel Gunde Jäch-Micko (Violine), 16.11.2008 Kassel (Musiktage) 22.11.2008 Köln (WDR – „Musik –> Andrea Lorenzo Scartazzini: Florian Müller (Klavier) KlangNachttief und Mond für CounManfred Trojahn: Die kleinen der Zeit“) forum Wien, Leitung: Matthias tertenor und Violoncello –> Philipp Maintz: tourbillon. Musik Lieder. Gesänge auf Texte von Pintscher (Uraufführung) Heinrich Heine; Dir zur Feier. für Violine, Violoncello und Leslie Leon (Stimme), Fernando Lieder auf Texte von Rainer Klavier (Uraufführung); Rudolf 6.12.2008 Braunschweig Caida Greco (Violoncello) Maria Rilke Kelterborn: Moments musicaux (Premiere) Silvia Weiss (Sopran), Karola absolut trio Wolfgang Amadeus Mozart: 8./11.1.2009 Luleå (Schweden) Theill (Klavier) Die Entführung aus dem Serail Wolfgang Amadeus Mozart: 22.11.2008 Bad Segeberg Musikal. Leitung: Georg Mark, Don Giovanni (konzertant) 19.11.2008 Monte Carlo (Premiere) Johannes Driessler: Dein Reich Inszenierung: Marianne Clement Mahler Chamber Orchestra, Wolfgang Amadeus Mozart: komme Leitung: Daniel Harding Die Zauberflöte Segeberger Sinfonieorchester, 6.12.2008 Düsseldorf (Premiere) Musikal. Leitung: Philippe Auguin, Leitung: Andreas Johannes Antonin Dvořák: Rusalka 11.1.2009 Amsterdam (Premiere) Inszenierung: Jean-Louis Grinda Maurer-Büntjen Musikal. Leitung: John Fiore, Francesco Cavalli: Ercole amante Inszenierung: Jiři Nekvasil Musikal. Leitung: Ivor Bolton, 20.11.2008 Kassel (Musiktage) 22.11.2008 Doorwerth (NL) Inszenierung: David Alden Manfred Trojahn: Klavierquartett Christoph Willibald Gluck/Hector 7.12.2008 Münster Ingolf Turban (Violine), Barbara Berlioz: Orphée et Euridice Matthias Pintscher: 10.1.2009 Bad Kissingen Turban (Viola), Sebastian Hess Osterbeeks Kamerkoor, Leitung: Devant une neige –> Felix Mendelssohn Bartholdy: (Violoncello); Siegfried Mauser Annelis Boone Sinfonieorchester Münster, Konzert in e Nr. 3 für Klavier und (Klavier) Leitung: Erich Wächter Orchester (Uraufführung) 22.11.2008 Passau (Premiere) Matthias Kirschnereit (Klavier), 20.11.2008 Ferrara (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: 10.12.08 Winterthur (Premiere) Sinfonieorchester Basel, Leitung: Ludwig van Beethoven: Fidelio La clemenza di Tito Georg Friedrich Händel: Mario Venzago Musikal. Leitung: Claudio AbbaMusikal. Leitung: Basil H. E. Acis and Galathea (auch 11.1. Garmisch-Partenkirchen) do, Inszenierung: Chris Kraus Coleman, Inszenierung: Wolfram Musikkollegium Winterthur, 15./16.1.2009 Philadelphia J. Starczewski Leitung: Maurice Steger Matthias Pintscher: Osiris 21.11.2008 Toulouse (Premiere) Philadelphia Orchestra, Leitung: Wolfgang Amadeus Mozart: 28.11.2008 Helsinki (Premiere) 12.12.2008 Genf (Premiere) Christoph Eschenbach Le nozze di Figaro Wolfgang Amadeus Mozart: Johann Strauss: Die Fledermaus (auch 29.1. Gran Canaria, Musikal. Leitung: Marco Così fan tutte Musikal. Leitung: Thomas Rösner, 10.2. Luxemburg) Armiliato, Inszenierung: Marco Musikal. Leitung: Kari Tikka, Inszenierung: Uwe Eric LaufenArturo Marelli Inszenierung: Guy Joosten berg 17.1.2009 Bilbao (Premiere) Georg Friedrich Händel: Giulio 21.11.2008 Vitoria (Spanien, 28.11.2008 Paris (Cité de la 12.12.2008 Amsterdam Cesare Premiere) Musique) Jorge E. López: Blue Cliffs Musikal. Leitung: Eduardo López Wolfgang Amadeus Mozart: Asko Schönberg Ensemble, –> Miroslav Srnka: Neues Stück Banzo, Inszenierung: Yannis Idomeneo (konz.) nach Texten und Stoff des Films Leitung: Emilio Pomarico Kokkos RIAS Kammerchor, Freiburger Ba„My Life Without Me“ von Isabel rockorchester, Leitung: René Jacobs (auch 23.11. Valladolid, 25.11. Köln, 27.11. Brüssel, 29.11. Paris) 22.11.2008 Sevilla Georg Friedrich Händel: Giulio Cesare Orquesta barroca de Sevilla, Musikal. Leitung: Andreas Spering, Inszenierung: Herbert Wernicke
Coixet (Uraufführung) Claron McFadden (Sopran), Ensemble Intercontemporain, Leitung: David Robertson 5.12.08 Brüssel (Premiere) Antonin Dvořák: Rusalka Musikal. Leitung: Adam Fischer, Inszenierung: Stefan Herheim
16.12.2008 Sevilla Joseph Haydn: Lo Speziale Orquesta Sinfónica de Sevilla, Musikal. Leitung: Santiago Serrate, Inszenierung: Patrick Mailler 17.12.2008 Lyon (Premiere) Johann Strauss: Die Fledermaus Musikal. Leitung: Emmanuel Krivine, Inszenierung: Peter Langdal
18.1.2009 Salzburg, Landestheater (Premiere) Benjamin Britten: Death in Venice Musikal. Leitung: Kai Röhrig, Inszenierung: Steven Medcalf 18.1.2009 Nizza (Premiere) Jacques Offenbach: Les contes d’Hoffmann Musikal. Leitung: Emmanuel Joel-Hornak, Inszenierung: Paul-Emile Fourny
[t]akte 2I2008 35
[t]akte Termine (Auswahl) Januar 2009 23.1.2009 Zürich –> Andrea Lorenzo Scartazzini: Kassiopeia für Ensemble (Uraufführung) Collegium Novum Zürich, Leitung: Pablo Heras Casado 23.1.2009 Köln (Premiere) Luigi Cherubini: Ali Baba und die 40 Räuber Musikal. Leitung: N. N., Inszenierung: Eike Ecker 24.1.2009 Wien, Volksoper (Premiere) Ernst Krenek: Kehraus um St. Stephan Musikal. Leitung: N. N., Inszenierung: Michael Scheidl
Januar / Februar 2009
März 2009
März 2009
30.1.2009 Hannover (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo Musikal. Leitung: Martin Haselböck, Inszenierung:Philipp Himmelmann
1.3.2009 Zürich (Premiere) Joseph Haydn: La fedeltà premiata Musikal. Leitung: Adam Fischer, Inszenierung: Jens-Daniel Herzog
18.3.2009 New York Felix Mendelssohn Bartholdy: Konzert in e Nr. 3 für Klavier und Orchester (USA-Erstauff.) Tatiana Goncharova (Klavier), Lyric Chamber Ensemble
31.1.2009 Leipzig (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni Musikal. Leitung: Sébastien Rouland, Inszenierung: Werner Schroeter 1.2.2009 Salzburg (Mozartwoche) Matthias Pintscher: transir Chiara Tonelli (Flöte), Mahler Chamber Orchestra, Leitung: Daniel Harding
26.1.2009 Salzburg (Mozartwoche) 6.2.2009 Stuttgart (Eclat) –> Matthias Pintscher: Study IV for –> Matthias Pintscher: she-cholat Treatise on the Veil for String ahavah ani (Shir Ha-Shirim V) Quartet (Uraufführung); für 32 Stimmen a cappella (Uraufführung) –> Matthias Pintscher: Neues Werk für Flöte solo (Uraufführung): SWR Vokalensemble, Leitung: Study III for Treatise on the Veil Rupert Huber for Violin solo; Janusgesicht für Viola und Violoncello; Svelto für 14.2.2009 Gießen (Premiere) Violine, Violoncello und Klavier Joseph Haydn: Orlando Paladino Minguet Quartett, Alexander Musikal. Leitung: Carlos Spierer, Lonquich (Klavier), Emmanuel Inszenierung: Julia Riegel Pahud (Flöte) 7.2.2009 Münster (Premiere) 29.1.2009 Salzburg (Mozartwoche) Wolfgang Amadeus Mozart: Matthias Pintscher: Le nozze di Figaro Verzeichnete Spur Musikal. Leitung: Fabrizio Ensemble Intercontemporain, Ventura, Inszenierung: Wolfgang Leitung: Pierre Boulez Quetes
Impressum [t]akte Das Bärenreiter-Magazin Redaktion: Johannes Mundry Bärenreiter-Verlag Heinrich-Schütz-Allee 35 D - 34131 Kassel Tel.: 0561 / 3105-154 Fax: 0561 / 3105-310 takte@baerenreiter.com Erscheinen: 2 x jährlich kostenlos
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Kontakt Bestellungen Leihmaterial: Alkor-Edition Heinrich-Schütz-Allee 35 D - 34131 Kassel
7.3.2009 Augsburg (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte Musikal. Leitung: Kevin John Edusei, Inszenierung: Marcel Keller
20.3.2009 Lübeck (Premiere) Othmar Schoeck: Penthesilea Musikal. Leitung: Philippe Bach, Inszenierung:Alexander Schulin
7.3.2009 Chemnitz (Premiere) Charles Gounod: Faust Musikal. Leitung: Daniel Marlow, Inszenierung: Jacob PetersMesser
20./22.3.2009 Berlin Joseph Haydn: Orlando Paladino (konz.) Berliner Philharmoniker, Leitung: Nikolaus Harnoncourt
7.3.2009 Salzburg (Biennale) Beat Furrer: spur für Klavier und Streichquintett Per Rundberg (Klavier), stadler quartett
21.3.2008 Amsterdam(Premiere) Joseph Haydn: Orlando Paladino Radio Kamer Filharmonie, Leitung: Alessandro de Marchi
8.3.2009 Salzburg (Biennale) Beat Furrer: Recitativo für Stimme und großes Ensemble; Konzert für Klavier und Orchester Nicolas Hodges (Klavier), Ensemble Contrechamps, Leitung: Beat Furrer 15.3.2009 Antwerpen (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Così fan tutte Musikal. Leitung: Attilio Cremonesi, Inszenierung: Guy Joosten
Tel.: 0561 / 3105-288/289 Fax: 0561 / 3 77 55 E-Mail: order.alkor@baerenreiter.com www.alkor-edition.com Editio Bärenreiter Praha Jana Urbanová, E-Mail: urbanova@ebp.cz Miroslav Srnka srnka@ebp.cz Tel.: ++420 274 0019 11 www.sheetmusic.cz
29.3.2009 Aachen (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: Lucio Silla Musikal. Leitung: Marcus R. Bosch, Inszenierung: Ludger Engels 29./31.3.2009 Avignon, Théâtre d’Avignon et des Pays de Vaucluse (Premiere) Wolfgang Amadeus Mozart: La clemenza di Tito Musikal. Leitung: Jonathan Schiffmann, Inszenierung: Alain Garichot
Promotion: Dr. Ulrich Etscheit Leitung Promotion Bühne und Orchester Tel.: 0561 / 3105-290 Fax: 0561 / 318 06 82 E-Mail: etscheit.alkor @baerenreiter.com Dr. Marie Luise Maintz Projektleitung Neue Musik Tel.: 0561 / 3105-139 Fax: 0561 / 3105-310 E-Mail: maintz@ baerenreiter.com (SPA 51/05)
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