Streichquartett der Staatskapelle Berlin - Schubert-Zyklus

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Streichquartett der Staatskapelle Berlin Schubert-Zyklus EinfĂźhrungstexte von Michael Kube Program Notes by Gavin Plumley



Streichquartett der Staatskapelle Berlin Sonntag

3. Dezember 2017 11 Uhr

Wolfram Brandl Violine Krzysztof Specjal Violine Yulia Deyneka Viola Claudius Popp Violoncello

Franz Schubert

(1797–1828)

Streichquartett Nr. 12 c-moll D 703 „Quartettsatz“ Allegro assai Streichquartett Nr. 5 C-Dur D 46 I. Adagio – Allegro con moto II. Andante con moto III. Menuetto. Allegro – Trio IV. Finale. Allegro Streichquartett Nr. 11 E-Dur D 353 I. Allegro con fuoco II. Andante III. Menuetto. Allegro vivace – Trio IV. Rondo. Allegro vivace Pause Streichquartett Nr. 13 a-moll D 804 „Rosamunde“ I. Allegro ma non troppo II. Andante III. Menuetto. Allegretto – Trio IV. Allegro moderato



Streichquartett der Staatskapelle Berlin Mittwoch

7. Februar 2018 19.30 Uhr

Wolfram Brandl Violine Krzysztof Specjal Violine Yulia Deyneka Viola Claudius Popp Violoncello

Franz Schubert

(1797–1828)

Streichquartett Nr. 3 C-Dur D 32 I. Presto II. Andante III. Menuetto. Allegro – Trio IV. Allegro con spirito Streichquartett Nr. 1 g-moll / B-Dur D 18 I. Andante – Presto vivace II. Menuetto – Trio III. Andante IV. Presto Streichquartett Nr. 9 B-Dur D 112 I. Allegro ma non troppo II. Andante sostenuto III. Menuetto. Allegro – Trio IV. Presto Pause Streichquartett Nr. 14 d-moll D 810 „Der Tod und das Mädchen“ I. Allegro II. Andante con moto III. Scherzo. Allegro molto – Trio IV. Presto


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Streichquartett der Staatskapelle Berlin Montag

5. März 2018 19.30 Uhr

Wolfram Brandl Violine Krzysztof Specjal Violine Yulia Deyneka Viola Claudius Popp Violoncello

Franz Schubert

(1797–1828)

Streichquartett Nr. 2 D-Dur D 94 I. Allegro II. Andante con moto III. Menuetto. Allegretto – Trio IV. Presto Streichquartett Nr. 6 B-Dur D 68 I. Allegro maestoso II. Allegro Streichquartett Nr. 8 Es-Dur D 87 I. Allegro moderato II. Scherzo. Prestissimo – Trio III. Adagio IV. Allegro

Pause

Streichquartett Nr. 15 G-Dur D 887 I. Allegro molto moderato II. Andante un poco mosso III. Scherzo. Allegro vivace – Trio. Allegretto IV. Allegro assai


Streichquartett der Staatskapelle Berlin & Frans Helmerson Mittwoch

13. Juni 2018 19.30 Uhr

Wolfram Brandl Violine Krzysztof Specjal Violine Yulia Deyneka Viola Claudius Popp Violoncello Frans Helmerson Violoncello

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Franz Schubert

(1797–1828)

Streichquartett Nr. 4 B-Dur D 36 I. Allegro II. Andante III. Menuetto. Allegro – Trio IV. Allegretto

Streichquartett Nr. 7 D-Dur D 74 I. Allegro ma non troppo II. Andante III. Menuetto. Allegretto – Trio IV. Allegro

Streichquartett Nr. 10 g-moll D 173 I. Allegro con brio II. Andantino III. Menuetto. Allegro vivace – Trio IV. Allegro

Pause

Streichquintett C-Dur D 956 I. Allegro ma non troppo II. Adagio III. Scherzo. Presto – Trio. Andante sostenuto IV. Allegretto


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„… den Weg zur großen Sinfonie bahnen“ Über Franz Schuberts Streichquartette

Michael Kube

Im Laufe seines Lebens konnte Franz Schubert 472 e­ igene Kompositionen im Druck herausbringen. Eine überraschend hohe Zahl, die sich allerdings schon bei ober­ flächlicher Betrachtung relativiert – sie enthält allein etwa 180 Lieder und fast 200 Tänze für Klavier, jedoch keine einzige der Symphonien und nur eines der insgesamt 15 vollständig überlieferten Streichquartette. Bereits zu Lebzeiten Schuberts blieben sie vielfach unbekannt, und es bedurfte einiger Jahrzehnte, bis die Quartette nach der Jahrhundertmitte wieder entdeckt, aufgeführt und gedruckt wurden. Zu sehr stand der Liederkomponist Schubert im Vordergrund. Und doch wird bis heute vielfach übersehen, dass keine andere Gattung in seinem bemerkenswert großem Œuvre so deutlich die drei Phasen seiner kompositorischen Entwicklung repräsentiert wie das Streichquartett: vom begabten Schüler über die Jahre der suchenden schöpferischen Neuausrichtung bis hin zum frühvollendeten Meister mit allen Ver­suchen, Belastungsproben – und Abbrüchen. Auch wenn Schubert das Streichquartett von Anfang an satztechnisch und klanglich in einer sehr persönlichen Weise formte, sind seine Partituren aus der gewichtigen Tradition dieser Gattung nicht wegzudenken – einer Gattung, mit der seit ihrer Begründung durch Joseph Haydn musikalisch wie ästhetisch ein nahezu unverändert gebliebener Anspruch verbunden ist. So galt und gilt das Streichquartett nicht nur als Inbegriff der Kammermusik, mit der sich schöpferisches Bewusstsein, musikalische Würde und atmosphärische Intimität verbindet, vielmehr stellt es in seiner geradezu idealen vierstimmigen, klanglich in sich homogenen Besetzung jede Komponistengeneration vor immer wieder neue Herausforderungen – sowohl was das musikalische Material betrifft als auch hinsichtlich seiner Ausarbeitung und Konzentration. Zudem ist es der dem Streichquartett geradezu angebore11


„Hier kann sich jede musikalische Tugend bewähren“

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nen Beschränkung auf rein musikalische Strukturen zu verdanken, dass in keiner anderen Gattung stilistische Eigenarten und Innovationen so dicht neben bewusstem Rückgriff oder Anlehnung an Früheres stehen können. Dies zeigt sich nicht nur in der fast unübersehbaren Fülle des Werkbestandes, sondern mehr noch in der Qualität der Kompositionen. Béla Bartók bemerkte bereits 1937 mit Blick auf sein eigenenes, den späten Beethoven reflektierendes Schaffen: „In den Quartetten kondensiere ich bis zum Äußersten.“ Und über den ohnehin skrupulösen Johannes Brahms ist durch seinen Biographen Max Kalbeck überliefert, dass er in den Jahren vor Drucklegung der beiden Streichquartette op. 51 bereits mehrere ausgearbeitete Werke vernichtet hatte, die den eigenen Anforderungen nicht mehr genügten. Der ästhetische Anspruch, der sich in solchen selbst­ kritischen Zweifeln und reflektierenden Kommentaren widerspiegelt, hatte freilich schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend abstrakte Formen angenommen. In seiner 1841 erschienenen Ästhetik der Tonkunst stellte Ferdinand Hand, ein in der Musikbewanderter Altphilologe, hinsichtlich des kompositorischen Niveaus diese bemerkenswert deutlichen Forderungen an ein Streichquartett: „Alle Formen des Schönen lassen sich in ihm ausprägen. Das formal Schöne erreicht in der einfachen harmonischen Vollständigkeit den höchsten Grad von Klarheit und Bestimmtheit; das Charakteristische erscheint hier in der feinsten Zeichnung; das Ideale findet in den Geweben der Harmonie den lebendigsten Ausdruck. Hier kann sich jede musikalische Tugend bewähren. Der aufstrebende Künstler betrachte das Quartett als eine der spätesten Aufgaben.“ Angesichts einer solchen Zuspitzung verwundert es kaum, dass sich mit dem Streichquartett vielfach eine fast metaphysiche Überhöhung verband – bis hin zu einer über alle anderen musikalischen Gattungen erhabenen „Sphäre“. Klanglich greifbar wird dies etwa in Arnold Schönbergs George-Vertonung „Ich atme Luft von anderen Planeten“ in seinem die Grenzen der Tonalität überschreitenden Streichquartett fis-moll von 1907/08. Literarisch klingt diese Idealisierung einer musikalischen Gattung noch nach in dem Roman Der Ruinenbaumeister von Herbert Rosendorfer aus dem Jahr 1979. Darin sinnt Ruinenoberbaurat Weckenbarth, das Ende der Welt vor Augen, über den unbeschadeten musikalisch begleiteten Übergang ins Jenseits nach: „Wenn ich denke, dass unser Heil … dort drüben … der Theorie nach davon abhängt,


dass uns vier bestimmte Instrumente zur Verfügung stehen, ja mehr noch: dass nicht einer in der Aufregung am Schluss falsch greift und wir von einem Missklang getragen ins Jenseits schlittern…“

Auch in Schuberts innerer wie äußerer Biographie kommt der Gattung Streichquartett eine vielleicht nicht immer präsente, doch kaum zu übersehende Position zu. Sie steht in engem Zusammenhang mit äußeren Einflüssen, aber auch mit dem eigenen Umfeld. Schubert erlernte schon in frühester Jugend das Geigenspiel, später wechselte er auf die Bratsche und wurde Teil des „Haus-Quartetts“ der Familie. Sein Bruder Ferdinand Schubert, der posthum für die Bewahrung der nur im Manuskript nachgelassenen Kompositionen sorgte, beschrieb 1839 diese musikalischen Unterhaltungen in einem Aus Franz Schuberts Leben überschriebenen Artikel: „Für seinen Vater und die älteren Brüder war es ein vorzüglicher Genuss, mit ihm Quartetten zu spielen. Dies geschah meistens in den Ferial-­Monaten […]. Bei diesen Quartetten spielte Franz immer Viola, sein Bruder Ignaz die zweite, Ferdinand (dem Franz unter seinen Brüdern vorzüglich zugetan war) die erste Violine, und der Papa Violoncello.“ Für dieses Musizieren im Kreis der Familie werden bereits die beiden Streichquartette D 18 und D 94 sowie die nur rudimentär überlieferten Fragmente D 2 C und D 3 entstanden sein. Sowohl die Partitur als auch die teilweise eigenhändig angefertigten Stimmen zeigen eindrücklich, dass die Werke nicht nur aufgeführt, sondern von Schubert auch überarbeitet wurden, so dass er sich mit den Anforderungen der Gattung gleichsam in doppelter Weise auseinandersetzte. Dies gilt zumal für die zwischen Herbst 1812 und Frühjahr 1815 in nahezu regelmäßigen Abständen entstandenen Werke. Sie überspielen das für die weitere Entwicklung Schuberts bedeutsame Ausscheiden aus dem Stadtkonvikt Ende Oktober 1813 und belegen den aktiven Fortbestand des gemeinsamen Musizierens. Zum Abbruch dieser in direkter Beziehung zur Aufführungspraxis stehenden Produktion kam es erst mit dem Auszug aus dem Elternhaus im Herbst 1816. Das Quartett D 353 markiert so einen vorläufigen Schlusspunkt unter die anhaltende Auseinandersetzung mit der Gattung. 13


Erfolglose Veröffent­ lichungspläne

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Trotz des vorhandenen Bedarfs an neuen Streichquartetten auf dem Musikalienmarkt jener Zeit erschien kein einziges dieser frühen Werke im Druck. An mangelnder Courage oder fehlendem Interesse Schuberts dürfte das kaum gelegen haben – vielmehr kündigt ein neu geschriebenes autographes Titelblatt zum Quartett D 74 einen solchen Schritt geradezu an: „Trois Quatuors […] composés par François Schubert écolier de Msr. de Salieri“, heißt es dort, ergänzt durch Salieris eigenhändigen Zusatz „premier maître de chapelle de la cour imp: et Royale de Vienne.“ Wann Schubert sich zu der angestrebten Publikation entschloss und welche zwei weiteren Werke er dafür vorge­sehen haben könnte, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Jedenfalls scheint (so eine durch Schuberts ersten Biographen Heinrich Kreißle überlieferte Erinnerung) sich der Wiener Verleger Domenico Artaria gerade an diesem Zusatz gestoßen zu haben, was Schubert wiederum zu einer grundsätzlichen Distanzierung bewog: „Dem Kunstverleger Domenico Artaria wollte er, wie mir Herr Doppler mittheilte, keine seiner Compositionen überlassen, weil dieser einmal drei Streichquartette die Sch. noch als Schüler Salieri’s componirt, und mit der Aufschrift ‚Herrn Anton Salieri von seinem Schüler F.  Sch. gewidmet‘, ihm überreicht hatte, mit den Worten zurückwies: ‚Schülerarbeit nehme ich nicht!‘“ Schubert selbst entwickelte nur wenige Jahre später zu diesen frühen Werken, von denen wenigstens das Aufführungsmaterial im Elternhaus oder beim Bruder Ferdinand verblieben war, einen inneren Abstand. Als Ferdinand am 3. Juli 1824 berichtete, er habe angefangen, „deine Quartetten wieder zu spielen“ (u. a. mit dem gemeinsamen Bruder Ignaz), reagierte Schubert, der sich zu dieser Zeit als Klavier­ lehrer der Komtessen Esterházy im ungarischen Zseliz aufhielt, mit verhaltener Ironie und deutlicher Distanz zu den eigenen Schöpfungen: „Über Deine Quartetten-Gesellschaft wundere ich mich umsomehr, da Du den Ignaz!!! dazu bewegen vermochtest. Aber besser wird es seyn, wenn Ihr Euch an andere Quartetten als die meinigen haltet, denn es ist nichts daran, außer daß sie vielleicht Dir gefallen, dem alles von mir gefällt.“ Diese Aussage wird umso verständlicher, je mehr man den als „Jahre der Krise“ bezeichneten Abschnitt in Schuberts schöpferischer Biographie zwischen


1818 und 1823 bedenkt, der sich auch in der Streichquartett-­ Produktion widerspiegelt: Das im Dezember 1820 begonnene Quartett c-moll D 703 wirkt noch heute wie eine radikale Neuorientierung und blieb dennoch Fragment. Mit den beiden innerhalb weniger Wochen Anfang 1824 entstandenen Quartetten a-moll (D 804) und d-moll (D 810) strebte Schubert dann einem ganz anderen Ziel entgegen – wie er in jenem vielzitierten Brief an Leopold Kupelwieser mit kurzen, eindringlichen Worten umreißt: „In Liedern habe ich wenig Neues gemacht, dagegen versuchte ich mich in mehreren Instrumental-Sachen, denn ich componirte 2 Quartetten für Violinen,Viola u. V   ioloncello u. ein Octett, u. will noch ein Quartetto schreiben, überhaupt will ich mir auf diese Art und Weise den Weg zur großen Sinfonie bahnen.“ Ob das im Sommer 1824 niedergeschriebene Streichquartett G-Dur (D 887) noch mit diesem Vorhaben in Verbindung steht, lässt sich nicht sagen. Das d-moll-Werk wurde von Ignaz Schuppanzigh und seiner Quartettvereinigung abgelehnt, und so blieb das von Schuppanzigh im März 1824 aufgeführte Quartett a-moll das erste und einzige, das zu Schuberts Lebzeiten vollständig in einem öffentlichen Konzert erklang.Vielleicht verlor Schubert mit der zögerlichen Drucklegung aber auch das Interesse an der Konzeption einer weiteren Komposition. V   on den als Opus 29 angekündigten „Trois Quatuors“ erschien lediglich das a-moll-Werk im Druck – vielleicht auch in Folge einer grundlegenden Veränderung des Musiklebens im bürgerlichen Salon, wo allmählich das Klavier die Vorherrschaft erlangt hatte. Die Nachfrage nach anspruchslosen Kompositionen nahm jedenfalls in beängstigendem Maße zu, wie Schubert selbst in einem Brief an Franz von Schober erwähnt (dabei geht es um den Liederzyklus Die schöne Müllerin): „Mit Leidesdorf [einem seiner Verleger] geht es bis dato schlecht, er kann nicht zahlen, auch kauft kein Mensch etwas, weder meinige, noch andere Sachen außer miserable Mode-Waare.“ Auch die Verlage Schott, Breitkopf & Härtel und Probst, zu denen Schubert in den folgenden Jahren Kontakt suchte, nahmen keines der Quartette in ihre Programme auf; sie wurden noch nicht einmal zur Durchsicht angefordert. Der zusehends gesteigerte satztechnische und ideelle Anspruch des Streichquartetts – an dem sich das handwerkliche Vermögen eines Komponisten zu messen hatte – konnte von vielen Musik­ liebhabern nicht (mehr) nachvollzogen werden. Und 15


„…auch kauft kein Mensch etwas, außer miserable Mode-Waare“

wer sich dennoch dafür interessierte, wich auf öffentliche Darbietungen professioneller Ensembles aus. Bezeichnenderweise gelangten Schuberts späte Streichquartette, die noch heute zum Kernrepertoire einer jeden Quartettvereinigung gehören, erst nach der Jahrhundertmitte über den Konzertsaal ins allgemeine Bewusstsein. Was aber diese letzten großen Werke mit den frühen unbekannten verbindet, ist ihr „großer Stil“, der trotz der kammermusikalischen Außenschicht auch das symphonische Element in sich aufnimmt – ganz so, wie schon Eusebius Mandyczewski, Herausgeber der alten Schubert-Gesamtausgabe, im Jahre 1897 treffend resümierte: „Aber trotz des langwierigen Weges, den Schubert auf diesem Felde ging, haben alle seine Quartette eines gemein: die Neigung zum Orchestermässigen. Dies gilt sowohl von der inneren Beschaffenheit der musikalischen Gedanken als auch demgemäss von der Behandlung der Streichinstrumente. Es ist etwas specifisch Schubertisches, und mag darin seine Erklärung finden, dass ihn, wie aus allen seinen Werken ersichtlich ist, der mächtige Drang beherrschte, sich immer möglichst voll und ganz auszusprechen.“

Michael Kube ist Mitglied der Editionsleitung der Neuen Schubert-Ausgabe ­(Tübingen) und Juror beim Preis der deutschen Schallplattenkritik. Darüber hinaus lehrt er an der Musikhochschule Stuttgart und an den Universitäten in Tübingen und Würzburg und konzipiert für die Dresdner Philharmoniker die Familien­ konzerte „phil. zu entdecken“.

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ein Schubert’sches Streichquartett-handbuch

quartett nr. 1 g-moll / B-dur

Seit Gustav Nottebohm in dem von ihm 1874 herausgegebenen Verzeichnis der Werke Franz Schuberts unter den bis dato unveröffentlichten Kompositionen D 18 (1810/11) auch „3 Quartette in unbestimmten, wechselnden Tonarten, componirt 1811 und 1812“ erwähnte, gelten zwei dieser frühen Versuche als verschollen (D 19 und D 19 A). Denn Eusebius Mandyczewski, Redakteur der nur wenige Jahre später erschienenen alten Gesamtausgabe, ließ lediglich dieses eine undatierte Werk abdrucken – verbunden mit dem mehr kryptischen als erhellenden Hinweis: „Nicht Alles, was Schubert in dieser Gattung schuf, hat sich erhalten; nicht Alles, was sich erhalten hat, mochte veröffentlicht werden.“ Tatsächlich verblüfft dieses wohl früheste aller Schubert’schen Streichquartette durch seine formale Anlage, die harmonische Struktur und den angeschlagenen Tonfall. Die Unbekümmertheit, mit der die bereits zu jener Zeit definierten Gattungskonventionen ignoriert werden, überrascht noch heute. Denn der dramatische Gestus des Kopfsatzes erinnert eher an Klänge aus dem Orchestergraben eines Opernhauses als an die gepflegte Unterhaltung innerhalb eines kammermusikalischen Quartettzirkels. Die langsame Einleitung nimmt das (einzige) Thema des nachfolgenden Presto vivace vorweg, in dem Schubert durch zahlreiche Tremoli und farbige Ausweichungen in entlegene Tonarten (es-moll) szenische Ausdruckssphären streift. Wie verträumt wirken hingegen das Menuett und der knapp gefasste langsame Satz, bevor das Finale (mit einem Kanon im Mittelteil) den Bogen zum Kopfsatz zurück schlägt.

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quartett nr. 2 d-dur D 94 (1811/12)

quartett nr. 3 c-dur D 32 (1812)

Lange Zeit auf 1814 datiert (was die vergleichsweise hohe Zahl im Werkverzeichnis erklärt), nennt Maurice J. E. Brown dieses Streichquartett in seiner SchubertBiographie lapidar „ein unbedeutendes Werk.“ Insbesondere die merkwürdige tonale Disposition des Kopfsatzes wurde abqualifiziert und für ungeschickt gehalten. Denn Schubert verharrt in der gesamten Exposition auf der Tonika (sogar beim Einsatz des zweiten Themas) und gestaltet die Reprise (die merkwürdigerweise in C-Dur beginnt) mit zahlreichen Umstellungen, Einschüben und Auslassungen sehr frei; das Seitenthema wird erst gar nicht wieder aufgenommen. Nur zu leicht liegt daher der Gedanke nahe, Schubert habe die grundlegenden Prinzipien der Sonatenform nicht verstanden. Doch ist es viel wahrscheinlicher, dass ihm zur Zeit der Entstehung das geforderte verbindliche Formmodell noch gar nicht in aller Konsequenz bekannt war. Dies macht ein Vergleich mit der Ouverture D-Dur D 12 deutlich, die ebenfalls 1811/12, vermutlich gar in unmittelbarer Nähe zum Streichquartett entstand. Hier wird das zweite Thema noch einmal exakt wörtlich verwendet – in der Exposition zunächst wieder in der Tonika, in der Reprise dann aber (in Umkehrung des traditionellen Modells) in der Dominante. Neben diesen eher formalen und abstrakten Überlegungen zeigt die thematische Beziehung zwischen dem Streichquartett und der Ouverture aber auch die unmittelbare Nähe dieser ganz unterschiedlichen Gattungen in Schuberts Frühwerk an.

Obwohl Schubert die einzelnen Teile dieser Komposition durch Bleistifteinträge ordnete, darf es keineswegs als sicher gelten, dass das Stück auch von Anfang an in dieser Form und mit den vorhandenen Sätzen geplant war. Merkwürdig mutet es jedenfalls an, dass die einzelnen Sätze des Werks auf gleich drei separate Manuskripte verteilt sind. Umso erstaunlicher ist es, dass das Quartett dennoch einen in sich geschlossenen Eindruck vermittelt. Zurückzuführen ist dies nicht nur auf die motivisch dicht gearbeiteten und auf diese Weise miteinander korrespondierenden Ecksätze, sondern mehr noch auf das in allen vier Sätzen mar19


kante Unisono – wie gleich zu Beginn von Kopfsatz, Menuett und Finale, aber auch im Mittelteil des Andante. Hinzu kommt ein satzübergreifendes Geflecht von Bezugspunkten und Kontrasten: So erreicht der Mittelteil des langsamen Satzes seinen dynamischen Höhepunkt in C-Dur, und auch das in c-moll anhebende Finale kehrt in der Reprise zur lichten Grundtonart zurück – eine zum Schluss des Werkes dramatisch gesteigerte tonale Disposition, wie man sie auch im Streichquartett G-Dur op. 76/1 von Joseph Haydn findet. Darüber hinaus scheint das Quartett D 32 Haydn noch in anderer Weise verpflichtet zu sein: Dem Finale liegt mit dem Kopfsatz der um 1782 entstandenen Sinfonie c-moll Nr. 78 ein konkretes Muster zugrunde.

quartett nr. 4 B-dur

Ganz in die Sphäre der Wiener Klassiker des ausgehenden 18. Jahrhunderts taucht Schubert mit diesem Streichquartett ein, das zwischen dem 19. November D 36 (1812/13) 1812 und dem 21. Februar 1813 entstand. In nahezu jedem Takt schimmert etwas von der Kantabilität und Leichtigkeit des kontrapunktischen Satzes durch, die in vollendeter Form bei Haydn und Mozart begegnen. Vermittelt wurden diese Erfahrungen vermutlich im Kompositionsunterricht bei Antonio Salieri zwischen 1812 und 1817. Und Schubert muss an diesem Werk hart gearbeitet haben: Im Autograph gehen dem gültigen Andante drei verworfene Satzanfänge voran, eine im April 1813 fertiggestellte Abschrift der Stimmen überliefert das Quartett in einer revidierten Fassung. Alle vier Sätze warten mit einer sorgfältig durchgearbeiteten Satztechnik auf, die im Kopfsatz die Grundlage für zahllose Varianten des mottoartig nahezu den gesamten Verlauf prägenden Themas bildet; der versatzstückartige Seitengedanke kehrt in der Reprise nicht wieder. Angesichts der motivisch-kontrapunktischen Verfahren kann man sich durchaus an den ersten Satz aus Haydns so genanntem „Quinten“-Quartett op. 76/2 erinnert fühlen, dem freilich ganz andere Gestaltungsprinzipien zugrunde liegen. Größten Farbreichtum auf kleinstem Raum entfaltet Schubert im langsamen Satz; das zum Scherzo ausgeweitete Menuett deutet mit dem Wechsel zur Mediante im Trio (von

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D-Dur nach B-Dur) eine aus späteren Kompositionen nicht wegzudenkende tonale Relation an. Das formal zwischen Sonatensatz und Rondo stehende Finale zeichnet sich durch sein ausgelassenes, tänzerisches Hauptthema aus.

quartett nr. 5 c-dur

Bedenkt man die fast schon klassizistische Ausgeglichenheit des vorhergehenden Werkes, muss die formale und unvermittelt einsetzende klangliche D 46 (1813) Radikalität im Kopfsatz dieses C-Dur-Streichquartetts befremden. Schubert gestaltet einen geradezu zerklüfteten Verlauf, dessen Disposition auch die tonalen Eckpunkte der Sonatenform umgeht. Denn die Reprise hebt, allen etablierten Modellen zum Trotz, auf der Dominante an; merkwürdigerweise wurde die vollständige Durchführung erst nach Abschluss des Satzes eingefügt, und zwar als Ersatz für drei alle Stimmen umfassende Pausentakte. Sie stärkt die Funktion der chromatisch absteigenden Linie im einleitenden Adagio, von der man durchaus den Eindruck gewinnen kann, sie sei das eigentliche Hauptthema des Satzes. Getragen wird das vorwärts stürmende Allegro con moto allerdings vom Rhythmus der Triole; deren Bewegungs-Kontinuität tritt im verarbeitenden Mittelteil zugunsten der anfänglichen Chromatik zurück. Wie konzentriert Schubert nicht nur diesen Satz, sondern auch alle übrigen des Quartetts komponierte (einschließlich des mit kantigen Akzenten all’Ongarese versehenen Finales), machen die auf dem Manuskript notierten Daten deutlich: Es ist zwischen dem 3. und dem 7. März 1813 entstanden, und in der folgenden Woche wurden gleich auch die Stimmen ausgeschrieben.

quartett nr. 6 B-dur

Nur wenig später, zwischen dem 8. Juni und 18. August 1813, ist dieses Streichquartett entstanden, das vermutlich nicht vollständig überliefert ist.Vor allem der D 68 (1813) Kopfsatz zeigt, wie flexibel der junge Schubert immer wieder neu auf die gegebenen formalen Konstruktionsprinzipien schaute. So weist der groß dimensionierte, fast orchestrale Züge annehmende erste Satz in diesem Fall einen veritablen Seitengedanken auf, der neben 21


dem Hauptthema als Kontrast bestehen kann und auch in der Reprise auf der Tonika wiederkehrt. Ferner erprobt Schubert in diesem Satz das von Beethoven her bekannte Verfahren der motivischen Entwicklung. Dass er lange mit der endgültigen Gestalt des Satzes rang, zeigen zahlreiche Streichungen und Verbesserungen im Autograph (das sich seit seiner Versteigerung 1957 in unbekanntem Privatbesitz befindet). Diese umfänglichen Korrekturen fanden allerdings erst in der Neuen Gesamtausgabe im Jahr 1979 Berücksichtigung, so dass der Notentext heute gegenüber allen älteren Drucken nur mehr 247 statt 273 Takte umfasst. Zwischen diesem Satz und dem folgenden Allegro, das mit seinem Kehraus-Charakter unzweideutig ein Finale ist, werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit einst zwei Binnensätze befunden haben – sie sind schon im 19. Jahrhundert verloren gegangen.

quartett nr. 7 d-dur

Nahezu direkt im Anschluss an das vorhergehende Streichquartett schrieb Schubert innerhalb nur weniger Tage zwischen dem 22. August und dem 7. September D 74 (1813) 1813 diese Komposition nieder, die er dem Violoncello spielenden Vater zum Namenstag am 4. Oktober widmete („Zur Nahmensfeyer meines Vaters. Franz, Sohn“) und die vermutlich an jenem Tag auch zum ersten Mal vom „Haus-Quartett“ gespielt worden sein dürfte. Wiederum ist der Kopfsatz der Komposition alles andere als konventionell gestaltet. Zwar wird das zweite Thema in der vollständigen Reprise wieder aufgegriffen, allerdings fehlt dem mehr als 500 Takte umfassenden Satz eine richtige Durchführung. Davon einmal abgesehen, ist die Faktur sehr symphonisch angelegt, eine dem Streichquartett adäquate Satztechnik will sich nicht so recht einstellen. Die häufige Parallelführung der Violinen in Oktaven, die Akkordschläge (besonders im Finale) und ein nahezu wörtliches Zitat aus der Ouverture zu Mozarts Zauberflöte am Ende des Kopfsatzes verleihen dem Werk ein geradezu orchestrales Klangbild. Wohl nicht ganz zufällig vollendete Schubert nur einen Monat später, am 28. Oktober 1813, seine Symphonie Nr. 1 – eine Gattung, zu der er sich somit schon in jungen Jahren über das Streichquartett den Weg bahnte (zu-

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dem besitzt das Hauptthema des Finales eine verblüffende Ähnlichkeit zu dem des Quartetts).

quartett nr. 8 es-dur

Auch wenn die äußere und innere Biographie eines Komponisten nicht immer zwangsläufig parallel verläuft, so ist bei Schubert mit dem Austritt aus dem D 87 (1813) Stadtkonvikt und dem Beginn seiner Lehrer-Ausbildung an der Wiener Normal-Hauptschule im November 1813 doch ein markanter Einschnitt in seinem Œuvre zu beobachten. Der Sprung in der stilistischen Entwicklung lässt sich kaum deutlicher ablesen als an diesem Streichquartett in Es-Dur, das sogar lange Zeit einer späteren Schaffensperiode zugerechnet wurde. Zwar ist es in seiner harmonischen Sprache wesentlich moderater als die Kompositionen der vorangehenden Monate und bewegt sich auch formal in wenig spektakulären Bahnen. Die von Hans Költzsch apostrophierte „klassizistische Glätte“ ist allerdings zu relativieren, denn die in jedem einzelnen Satz den speziellen Anforderungen des Quartettstils genügende thematische Erfindung und Faktur hebt das Werk deutlich von dem mehr oder weniger orchestral geprägten Duktus der ganz frühen Streichquartette ab. Man mag diesen Weg als Konsolidierung beschreiben; weit wichtiger für die kompositorische Entwicklung erscheint jedoch die Intensität, mit der Schubert neben der Ausprägung seiner individuellen Ideen sich beispielhaft Modelle aneignet und verfügbar macht: im ersten Satz etwa Mozarts lichte Satztechnik der sechs Haydn gewidmeten Quartette, im Scherzo dann unzweifelhaft die von Beethoven gepflegte robuste Kraft dynamischer Akzente.

quartett nr. 9 B-dur

Voller Stolz notiert Schubert im Manuskript am Ende des Kopfsatzes: „In 4 1/2 Stunden verfertigt.“ Eine grandiose Leistung, die kaum geringer ausfällt, wenn D 112 (1814) man bedenkt, dass – einer älteren Überlieferung zufolge – Schubert diesen Satz schon zuvor als Streichtrio entworfen haben soll. Sonderbar ist hingegen die zerklüftete Anlage: Zunächst verklingt das eigentliche Hauptthema nach mehreren Ansätzen im piano. Ihm gegenüber hat die forsche Überleitung eine solche 23


Prägnanz, dass tatsächlich der Eindruck nicht ganz täuscht, mit ihr würde der Satz erst richtig beginnen. Denn erst hier kommt jene durchgehende Bewegung auf, die den weiteren Verlauf der Exposition bestimmt. Auch das Seitenthema mit seiner eigentümlich synkopierten Begleitung hat mehr den Charakter einer Episode. Anders als in den vorhergehenden Quartetten erlangt in diesem Werk der langsame Satz erstmals die Bedeutung eines expressiven Zentrums. In seinen fünf Abschnitten lotet Schubert mit einer nahezu dramatischen Geste die harmonische Umgebung der zugrunde liegenden Tonika g-moll aus, so dass manches am Tonfall wie eine Vorahnung der späten Streichquartette klingt. Dieser vertiefende Ansatz zeichnet auch das sich bodenständig gebende Scherzo aus. Das Finale entpuppt sich als ein musikalischer Spaß, bei dem der gliedernde, in sich kreisende Einwurf der ersten Violine den Satz bald mehr bestimmt als alle thematischen Gestalten.

quartett nr. 10 g-moll

Schuberts Selbstvertrauen im kreativen Umgang mit standardisierten Formmodellen spiegelt sich wohl nirgends auffallender wider als im Kopfsatz dieses D 173 (1815) Streichquartetts. Hier folgt der vergleichsweise konventionell anmutenden Exposition eine kurze, fast rezitativisch angelegte Durchführung, bei der die geheimnisvoll flirrenden, großflächig angelegten Unterstimmen entgegen jeder satztechnischen Gepflogenheit „tremolando“ überschrieben sind. Abgesehen von diesem die Grenzen der Kammermusik sprengenden Klangfeld negiert Schubert in der sich anschließenden Reprise die Grundpfeiler der tonalen Disposition, indem er den Ausgleich auf dem Grundton verweigert.Vielmehr werden die Tongeschlechter der beiden Themen vertauscht: Der Hauptgedanke setzt in B-Dur ein, das Seitenthema in g-moll. Was für eine vehemente Distanzierung vom Prinzip des Sonatensatzes! Vor dem Anspruch dieser unkonventionellen Maßnahmen treten die eher schlicht gehaltenen Mittelsätze und das Finale deutlich zurück. Kaum verständlich erscheint allerdings angesichts der angeschlagenen Kühnheit eine in der Wiener Zeitung gedruckte Rezension der ersten öffentlichen Auf-

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führung durch das Hellmesberger-Quartett vom 29. November 1863 – freilich war zu diesem Zeitpunkt die Stellung des Werkes innerhalb von Schuberts Œuvre kaum abzusehen: „Es enthält manches von der ursprünglichen Frische, von der Naivetät und Liebenswürdigkeit Schuberts, reicht aber in der Totalität nicht an die maßgebenden Werke desselben. Man macht recht gerne die Bekanntschaft dieses Quartetts, wird sie aber kaum erneuen.“

quartett nr. 11 e-dur D 353 (1816)

quartett nr. 12 c-moll D 703 „Quartettsatz“ (1820)

Obwohl diese Komposition gemeinsam mit dem Es-Dur-Quartett D 87 bereits 1830 als op. posth. 125/2 im Druck erschien und somit in gewisser Weise einen Vorteil gegenüber den anderen, für Jahrzehnte ungedruckt gegliebenen Jugendwerken besaß, lässt sich merkwürdigerweise vor 1890 keine einzige öffentliche Aufführung nachweisen. Dabei mutet die Komposition mit ihrer kleingliedrigen Motivik, der durchbrochenen Arbeit und der stringenten Verarbeitung geradezu „klassisch“ an. Freilich gestaltet Schubert auch in diesem Werk die tonale Disposition nach eigenem Ermessen: In der Reprise des Kopfsatzes erscheint das Seitenthema in G-Dur, was dem Verlauf eine ganz eigenartige Färbung verleiht. Harmonischer Reichtum zeichnet den langsamen Satz aus, wenn kurz vor dem letztmaligen Einsatz des A-Teils ein heikel zu intonierender Terzenzirkel durchschritten wird (A–F–Des–A). Das vorwärtsstürmende Allegro vivace des Menuetts weist über den traditionellen Tanzcharakter des Satzes weit hinaus, und auch das durch den Quintenzirkel jagende Finale lebt von einem äußeren Schwung, der im Detail von metrischen Akzenten pointiert wird.

Zwischen den noch in Schuberts Jugendjahren entstandenen Quartetten und den drei letzten Werken, die seine kompositorische Meisterschaft repräsentieren, wirkt der im Dezember 1820 niedergeschriebene Quartettsatz c-moll wie eine seltsam entfernte Insel: „Keine Brücke führt zu ihm“, konstatiert Alfred Einstein in seiner Schubert-Biographie. In der Tat bleibt dieser Satz mit seiner düsteren, rastlos bohrenden 25


Unruhe singulär – und führt Schuberts mühevollen, von zahllosen gescheiterten Versuchen gesäumten Weg zu seinem früh vollendeten Spätwerk auf immer wieder bestürzende Weise klanglich vor Augen. Die nach Erlösung strebende Reprise wird harsch in den letzten elf Takten mit der in sich kreisenden chromatischen Geste der Hauptthemengruppe gewendet, als gäbe es kein Entrinnen. So geschlossen dieser Satz heute anmutet, so bleibt auch er in den „Jahren der Krise“ Fragment eines unvollständigen Streichquartetts: Der Andante überschriebene zweite Satz bricht nach 41 Takten ab. Dass die Komposition dennoch schon früh Eingang in das Repertoire fand, ist Johannes Brahms zu verdanken, der das Manuskript aus unbekannter Hand erworben hatte. Er organisierte sowohl eine Aufführung durch das Hellmesberger-Quartett am 1. März 1867 als auch die drei Jahre später erfolgte Drucklegung mit dem von ihm angeregten Titel „Quartett-Satz (C moll)“.

quartett nr. 13 a-moll

Mit weit ausschwingenden Bögen und atmender Ruhe findet Schubert in diesem Quartett seinen Ton. Nicht motivisch-thematische Arbeit (wie etwa bei D 804 „Rosamunde“ Beethoven), sondern gleichsam singende Linien prägen (1824) den Verlauf. Am wohl deutlichsten formulierte diese Andersartigkeit Moritz von Schwind unmittelbar nach der Uraufführung der Komposition am 14. März 1824 in einem Brief an Franz von Schober: „Das Quartett von Schubert wurde aufgeführt, nach seiner Meinung etwas langsam, aber sehr rein und zart. Es ist im ganzen sehr weich, aber von der Art, dass einem Melodie bleibt wie von Liedern, ganz Empfindung und ganz ausgesprochen.“ Obgleich es erfolgreich im Rahmen der Subskriptionskonzerte des in Wien vielbeachteten Schuppanzigh-Quartetts aufgeführt wurde, das auch die schwierigen letzten Quartette von Beethoven aus der Taufe hob, finden sich in der zeitgenössischen Berichterstattung kaum Hinweise. Lediglich die in Wien erschienene Allgemeine musikalische Zeitung kommentierte am 27. März: „Neues Quartett von Schubert. Diese Komposition muss man öfter hören, um dieselbe gründlich beurteilen zu können.“ Und in der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung

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findet sich am 29. April die lapidare (Rand-)Bemerkung eines Korrespondenten: „als Erstgeburt nicht zu verachten.“ Der mit dem Werk verbundene Beiname „Rosamunde“ stammt nicht von Schubert selbst; er geht auf eine Themenverwandschaft des langsamen Satzes mit der nur wenige Wochen zuvor entstandenen Zwischenaktmusik aus der Bühnenmusik zu Rosamunde, Fürstin von Zypern zurück. Dort leitet die Musik zu einer Schäfer-Idylle über, in die sich die bitter enttäuschte Prinzessin zurückgezogen hat. Ob Schubert hier wohl einen nur für ihn selbst verständlichen, übergeordneten Bezug „mitkomponierte“? Ferner erinnern einzelne Motive des dritten Satzes stark an die Schiller-Vertonung Die Götter Griechenlands. Dort sind sie mit den Worten „Schöne Welt, wo bist du?“ und „Kehre wieder, holdes Blütenalter der Natur“ unterlegt.

quartett nr. 14 d-moll D 810 „Der Tod und das Mädchen“ (1824)

Direkt im Anschluss an die Vollendung des a-mollQuartetts schrieb Schubert im März 1824 sein wohl bekanntestes Streichquartett. Zentrum des ganzen Werkes ist der langsame Satz, dessen Thema der Komponist seinem 1817 entstandenen Lied Der Tod und das Mädchen entlehnte. Im dichten akkordischen Gerüst vorgestellt, wird die in der Melodie fokussierte romantische Todessehnsucht in teils selig-verträumten, teils dramatisch überhöhten Variationen ausgeleuchtet: „Sei guten Muts! Ich bin nicht wild, sollst sanft in meinen Armen schlafen!“ Nicht weniger radikal gebärden sich die übrigen Sätze mit ihrem düsteren Tonfall und einem wild aufreizenden Gestus. Die scharfen Kontraste, die kaum einmal vermittelt werden und schließlich im Totentanz-ähnlichen Finale kulminieren, mussten Schuberts Zeitgenossen freilich unverständlich erscheinen. Zu hoch waren außerdem die spieltechnischen Anforderungen, die einer öffentlichen Aufführung entgegenstanden. So berichtet Franz Lachner, der als Augen- und Ohrenzeuge einer Probe des Schuppanzigh-Quartetts beiwohnte, Jahrzehnte später über die einst vehemente Ablehnung, die das Werk erfahren hatte: „Im meiner Wohnung wurde […] das herrliche Streichquartett d-Moll mit den Variationen über das Lied ‚Der Tod und das Mäd27


chen‘ produziert. Das letzte Quartett, welches gegenwärtig alle Welt entzückt und zu den großartigsten Schöpfungen seiner Gattung gezählt wird, fand durchaus nicht ungeteilten Beifall. Der erste Violinspieler Sch., der allerdings wegen seines hohen Alters einer solchen Aufgabe nicht gewachsen war, äußerte nach dem Durchspielen gegen den Komponisten: ‚Brüderl, das ist nichts, das lass gut sein; bleib du bei deinen Liedern!‘, worauf Schubert die Musikblätter still zusammenpackte und sie für immer in seinem Pulte verschloss.“

quartett nr. 15 G-dur

Diese in gleich mehrfacher Hinsicht bahnbrechende Komposition setzt einen kompromisslosen Schlusspunkt unter Schuberts so vielgesichtiges QuartettD 887 (1826) schaffen. Sowohl die zeitliche Ausdehnung als auch die mit Konventionen brechende Harmonik und Klangregie machen sie zu einem Werk, dessen Progressivität allenfalls mit Beethovens späten Streichquartetten zu vergleichen ist.Wie diese weist Schuberts Komposition mit ihrer dissonant ausschreitenden Harmonik weit ins 20. Jahrhundert und sprengt mit ihren dramatisch auffahrenden Kulminationen die Grenzen der Gattung. Sie durchziehen nicht nur den gespannten Kopfsatz mit seiner von g-moll (!) ausgehenden Einleitung, sondern auch das zunächst lyrisch geprägte Andante. Im Scherzo führt Schubert den absteigenden Dreiklang des Hauptmotivs geradezu systematisch durch alle zwölf Töne der chromatischen Skala. Neben diesem geisterhaft huschenden Verlauf wirkt das Trio wie eine trügerische Idylle. Kaum zu fassen, dass Schubert diese drei Sätze und das nachgerade aberwitzig dimensionierte Finale innerhalb weniger Tage zwischen dem 20. und 30. Juni 1826 fixierte. Die Uraufführung des ersten Satzes fand wahrscheinlich am 26. März 1828 im Rahmen von Schuberts einzigem Kompositions-Konzert statt – zumindest war zur Eröffnung der erste Satz „eines neuen Streich-Quartetts“ vorgesehen. Der von langer Hand vorbereitete Abend wurde allerdings von der Wiener Presse nicht beachtet – der Termin war freilich auch denkbar schlecht gewählt. Denn in jenen Wochen eroberte Niccolò Paganini mit seinen violinis-

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tischen Zauberkünsten das Wiener Publikum. Nur Korrespondenten auswärtiger Zeitungen nahmen von Schuberts Kompositionen Notiz. So findet sich in der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung am 7. Mai über den aufgeführten Satz der Hinweis, er sei „voll Geist und Originalität.“ Erst das HellmesbergerQuartett sorgte am 8. Dezember 1850 in Wien für die Uraufführung des vollständigen Streichquartetts.

Streichquintett c-dur D 956 (1828)

Am Ende seines kurzen, doch so schaffensintensiven Lebens stößt Schubert mit seinen letzten Kompositionen noch einmal ein Tor hin zu einer vollkommen neuartigen Klanglichkeit auf. Dies betrifft seine drei letzten Klaviersonaten und die in weiten Teilen skizzierte Symphonie D-Dur D 936 A, vor allem aber das vermutlich im September 1828, nur wenige Wochen vor seinem Tod niedergeschriebene Streichquintett. Schon die Wahl der dunkel getönten Besetzung mit zwei Violoncelli ist ungewöhnlich; in Wien war eher die Variante mit zwei Bratschen üblich, die sich so auch bei Mozart, Mendelssohn, Brahms und Bruckner findet. Schubert nutzt die sich daraus ergebenden Möglichkeiten bereits in den ersten Takten der Komposition, wenn der Vordersatz des Hauptthemas von der ersten Violine, der Nachsatz aber von dem ersten Violoncello in wundervoll melancholischer Tenorlage gespielt wird. Später treten sich die beiden Instrumentenpaare mehrfach dialogisierend gegenüber. Sowohl der stehende Beginn dieses Satzes wie auch das der Zeit vollkommen entrückte Adagio machen deutlich, dass mit dieser Komposition eine ganz neue Wahrnehmung des musikalischen Satzes in die Musikgeschichte eindringt (weniger indes das kraftstrotzende Scherzo und das all’Ongarese gefärbte Finale). Wie viele der Streichquartette blieb auch das zukunftsweisende Quintett für nahezu drei Jahrzehnte unerkannt liegen. Nach der Uraufführung am 17. November 1850 im Wiener Musikverein durch das um Josef Stransky erweiterte Hellmesberger-Quartett erschien es im folgenden Jahr im Druck.Von der Handschrift aber fehlt bis heute jede Spur. Michael Kube 29


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Out of the Shadows Schubert and the String Quartet

Gavin Plumley

Of all Schubert’s string quartets—15 in total, according to conventional cataloguing—only the A-minor work known as the “Rosamunde” quartet was published during his lifetime. Similarly, public performances were infrequent. Such a narrative contrasts markedly with the history of Beethoven’s string quartets, the majority of which had both been performed and published during their composer’s lifespan. Even those who did present Schubert’s chamber music in public were wont to detract from its qualities, including the violinist Ignaz Schuppanzigh, who presumptuously told Schubert to stick to composing songs. As in so many ways, Schubert lagged behind Beethoven, 26 years his senior and held up as an idol by much of musical Vienna. With no symphonic successes to his name and a handful of abortive forays into the world of theater, the younger Schubert instead became a source of what might be termed Gebrauchsmusik (“music for use”), revolving around genres such as the male-voice chorus, as well as songs and piano duets. All of these could be easily disseminated and performed, although they made relatively little impact on the public when compared to Beethoven’s celebrity. This, of course, is only part of the story and one that has been filled in since Schubert’s death. That is largely thanks to the overdue acceptance of Schubert’s work in the three genres that Beethoven made his own: the symphony, the piano sonata, and the string quartet. In each, Schubert reveals significant and unique riches. And in the case of the string quartet, that is not only true of the established works of his maturity—the A-minor, D-minor and G-major quartets, as well as the final String Quintet in C major—but also those of the apprentice teenage composer and that decisive springboard to his musical adulthood, the Quartettsatz (Quartet Movement) of December 1820. Indeed, chamber music for strings was Schubert’s (almost) constant companion from cradle to grave and, when performed in toto, his quartets 31


provide a telling narrative about his development as a composer and, moreover, the transformations in the string quartet as a genre, as it became an effective counterpart to the symphony.

Performing with the family quartet

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For Schubert, this tale begins on a humble footing, in his family home in the Himmelpfortgrund, north of the center of Vienna (today’s ninth district). It was there that he first heard and played string quartets, providing a case in point for Wagner’s claim in Über deutsches Musikwesen (1840) that “instrumental music [issued] from the heart of German family life… It is an art that can neither be understood nor estimated by the mass of a crowded audience, but solely by the home-like circle of the few. A pure and noble Schwärmerei is needed to find in it that ecstasy it sheds on none but the initiate; and this can only be the true musician, not the mass of an entertainment-craving public of the salon.” Though it would be an exaggeration to call Schubert’s father a “true musician,” it was nonetheless he who taught the young Franz “the necessary rudiments of violin playing and trained him to the point of being able to play easy duets quite well.” Such was Schubert’s promise by the age of eight that more esteemed violin and piano teachers had to be found. At home, however, Schubert continued to play the viola in the family quartet, with his loyal brothers Ferdinand and Ignaz playing the violin—Ignaz was also his younger brother’s first piano teacher—and the boys’ father on the cello. It was doubtless for this ensemble that Schubert wrote his first quartets, often modelled on Haydn and Mozart’s examples (and performed alongside quartet arrangements of their orchestral music). Schubert completed his seven earliest surviving quartet compositions between 1810 and 1813, at a time when he was attending the Stadtkonvikt school, part and parcel of his membership of the Hofkapelle. Providing exact dates for these early works—and thereby their chronology—has proved a tricky endeavor. We can be sure, however, of the influence of Schubert’s teachers, principally Salieri, who helped lend greater shape and sense of purpose to the very young composer’s musical arguments.Yet these works equally show evidence of more maverick choices, the like of


“That which sorrow alone has produced…”

which would continue to emerge from such a singular and tenacious musical mind. Independence of thought, wedded to a firm understanding of Classical form and style, finds early realization in a further four string quartets that would emerge over the next three years, all surely premiered at home and composed alongside Schubert’s first decisive forays into song. There then elapses a gap of four years before he penned what became known as the Quartet Movement in C minor (D 703), his brilliant if curtailed attempt at another complete quartet. And then there are the three undoubted masterpieces of Schubert’s short-lived maturity, written in 1824 (D 804 and 810) and 1826 (D 887), before the project concludes with the String Quintet of 1828 (D 956), completed but weeks before the composer’s death. These late works in particular reveal a much deeper emotional core. “What I produce is due to my understanding of music and to my sorrows,” Schubert wrote in his notebook of 1824. “That which sorrow alone has produced seems to give least pleasure to the world.” Despite such negative claims, it is surely this expressiveness that differentiates Schubert most from his contemporaries. Perhaps, giving Schuppanzigh the benefit of the doubt, that is why the violinist urged Schubert to keep writing lieder, considering his gift more suited to song than what had, to date, been expected of the string quartet.Yet despite such comments and other unfavorable comparisons to his peers, Schubert boldly continued to reimagine the quartet, pushing the parameters of Classical form in order to give articulation to his fundamentally subjective musical personality. In so doing, he introduced more subsidiary key centers, extended the span and scope of his melodic material, and likewise drew out transition passages, which became crucial subsections within their own right. Furthermore, Schubert did not constrain motivic elaboration to the development section but allowed it to be an on-going process, so that jeopardy, deriving its power from tonal and harmonic tensions—not least his characteristic juxtaposition of major and minor keys—was present throughout. And although these qualities are equally evident in Schubert’s piano sonatas, they largely follow the example of his quartets.

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This may not be Hegel put into music, as Adorno once described the work of Beethoven, yet Schubert’s quartets claim a distinct arena of their own, in which the open nature of his sonata (and other) forms reaps significant rewards. This “lack of constraint,” to quote Charles Rosen, sets Schubert apart from Beethoven. Taking his lead from Adorno, Carl Dahlhaus went even further in his description of Schubert’s instrumental music: “Despite biographical documentation, the opinion that, as an instrumental composer, Schubert stands ‘in Beethoven’s shadow’ is considered folly among the initiated. It is evident that we should not sacrifice historical fairness to a norm based on aesthetics or composi­ tional techniques—thus, that Schubert’s lyric-epic sonata form ought not to be measured by the standards of Beethoven’s dramatic-dialectic form.” The emphasis on a “lyric-epic sonata form” provides a suitably emotional though no less intellectual pole to Beethoven’s logical—and, indeed, teleological—approach. In terms of the string quartet, Beethoven honed that methodology over a period of 27 years. Schubert, on the other hand, had but 18 years to complete his quartet project. Nonetheless, it is one in which spontaneity is paramount, both despite and because of its intensely formal procedures, suggesting an equally broad but perhaps even more sensitive vision of what the genre could achieve.

Gavin Plumley is a writer and broadcaster specializing in the music and culture of Central Europe. He appears frequently on the BBC and writes for newspapers, magazines, and opera, concert, and festival programs worldwide. He also commissions and edits the English-language program notes for the Salzburg Festival.

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a Schubertian String quartet handbook

quartet no. 1 in G minor / B-flat major

Although listed as Schubert’s first complete quartet in Otto Erich Deutsch’s catalogue, we cannot be sure that this piece “in various keys” was, in fact, his first official foray into the form. It dates from either 1810 or 1811, by which time Schubert had been a pupil D 18 at the Stadtkonvikt for a couple of years, taking composition lessons from Antonio Salieri. The Italian composer naturally favored models from his homeland, principally those of the opera house, although Schubert had already come to know the Viennese Classical repertoire through his family’s string quartet— who doubtless gave the private premiere of this work—as well as by playing in the school orchestra and singing in the Hofkapelle. This four-movement work opens with a searching Andante in C minor. Somewhat ungainly in its gestures, it nonetheless features tender touches of melancholy, as well as a dramatic sense of purpose, which is then unleashed in the Presto vivace (in G minor). A blithe minuet in F major that sounds like an aria from a contemporary singspiel gives way to a more reticent trio, the unison passages of which refer back to the introduction to the first movement.Yet more songful music follows in the Andante, whose decorations provide rich interplay between the two violinists (originally Schubert’s brothers). Continuing in the same key of B-flat major, Schubert then concludes with a Presto full of harmonic surprises.


quartet no. 2 in d major D 94

quartet no. 3 in c major D 32

Deutsch’s customarily accurate chronology falls short when it comes to this D-major quartet. Although placed by him between works dated to November 1813 and September 1814, this piece’s year of composition is still uncertain. Most musicologists hedge their bets, opting for something between 1811 and 1812, i.e. written alongside the earliest of Schubert’s surviving quartets. Formally, it is certainly not as assured as the later works with which it is sometimes associated— Alfred Einstein called the first movement “unbalanced”—though the searching nature of its opening material is as bold as anything the composer wrote in 1813 and 1814, when his promise as a songsmith came to glorious fruition with Gretchen am Spinnrade. There is a similar ease to the melodies in this quartet, as if it too were informed by Romantic poetry rather than Classical prototype.Youthful impetuosity, however, unsettles the extended Andante con moto. The minuet strikes a contrastingly imperious note, before a bashful trio comes into its terpsichorean own. Schubert takes a more mischievous approach to the finale. Einstein thought this music had “a Haydnesque ring,” though his claim that the material was “undeveloped” does not entirely hold true. It is occasionally guilty of veering off the predicted path, but it is none the worse for that.

For many years, this C-major work from September and October 1812 was thought to be incomplete. Although its first and third movements survived, only a few bars of the finale could be found and there was no slow movement. It was published in this incomplete form in the Gesamtausgabe in 1890, before musicologist and Schubert biographer Maurice Brown discovered the slow movement and the missing section of the finale in an archive in Malmö. Finally, the complete quartet was issued by Breitkopf und Härtel in 1954. It opens with a discursive Presto, part Haydnesque “hunt” and part opera buffa scene, with unexpected deviations in both harmony and mood. More meditative is the barcarolle Andante, in which the melody constantly trails off. Indeed, an unsettled quality reveals itself throughout this movement, not least in 37


the searching middle section.The minuet sounds almost Czech in origin, with its furiant-like emphasis on two beats in an otherwise triple-time form. The trio is sweet, even demure, with a melancholy palette, before more harmonic quirks are displayed in the ducking and diving finale, providing a mirror to the first movement.

quartet no. 4 in B-flat major

If most of Schubert’s early quartets were written for and perhaps even in his family home, we are certain that this work in B-flat major was composed under D 36 Salieri’s direct guidance. His hand is clearly marked on the autograph manuscript, created between November 19, 1812 and February 21, 1813. While the first performance was almost certainly given at Schubert’s home, publication would again have to wait until 1890. Under Salieri’s watch, Schubert was able to fashion a much more ambitious work, as demonstrated by the contrapuntal textures in the opening Allegro. The occasionally erratic phrasing of earlier quartets has been replaced by greater assurance and care with the thematic material, consequently lending a real sense of purpose to the musical drama. For the players, too, this is a demanding, expressive work. The minuet is more traditional in type, though Schubert again employs a wide harmonic spectrum, preparing for the tender and touching tonal side steps of the trio. The theme of the finale is presented in two parts: one blithe, the other more intemperate.These two characters duke it out over the course of the Allegretto, though it is the former who finally wins through.

quartet no. 5 in c major

Although Salieri no doubt helped rationalize the teenage Schubert’s music, the rich harmonic language often associated with his mature work is already evident D 46 in these early quartets. In this piece from March 1813, it is heralded by a particularly somber Adagio, which as well as looking ahead to the language of the Quartet Movement and the String Quintet, shows Schubert’s deep knowledge of Mozart’s “Dissonance” String Quartet No. 19 in C major. The introduction pro-

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vides the harmonic fingerprint for the bravura Allegro con moto, which is constantly haunted by minor-key shadows. Chromaticism likewise runs through the Andante con moto, though it does not disturb its pacifying nature. The minuet, on the other hand, begins with the kind of vaulting motif with which the musicians of the Mannheim court were so readily associated during the mid-18th century, with major and minor constantly juxtaposed. Finally, in a chirruping, bustling finale, the shades of chromaticism are gradually vanquished. Despite the initially furtive nature of its theme, this last movement has great resolve, which spreads throughout the texture from the first violin and closes the work in giddy terms.

quartet no. 6 in B-flat major D 68

quartet no. 7 in d major D 74

Unlike in the case of the C-major Quartet D 32, the middle movements of this work have never been found, if they were ever completed. The two surviving Allegros were written between June and August 1813. The exposition of the first displays the same confidence—in terms of material, harmonic language, and tonal breadth—as the C-major Quartet D 46, written earlier that year. Occasionally, the first Allegro seems to lurch from key to key, yet these experiments are not the work of an immature mind, but deliberate in their attempts to push the bounds of sonata form. Indeed, this early work features not only the customary plot of bipartite exposition, development, and recapitulation, but also various subplots, in turn triggering subsidiary keys. The pioneering nature of the first of the work’s “two” movements is highlighted by the backward glances of the finale, whose model is doubtless Haydn. There is certainly something of the genre’s “father” about the playful abbreviation of the cadence points and the theatrical pauses that follow.

The dual forces of family and schooling are again evident in this quartet in D major from late summer 1813. It was written for and dedicated to Schubert’s father, in celebration of his name day on October 4 that year, though it was examined by Salieri, shortly 39


before Schubert turned down a scholarship to continue his education at the Stadtkonvikt. Having made that decision, Schubert returned to his family home in November and began training as a teacher. The influence of Mozart is palpable in this quartet too, not least in its allusions to Die Zauberflöte (in the first and last movements) and to the D-major “Paris” Symphony K. 297 (in the finale). And yet the manner in which these are presented is Schubert’s own. Evidence of tonal subplots within the sonata-form narrative demonstrates that the experiments of the (incomplete) B flat–major String Quartet D 68 were no blunder. The spirit of Mozart again lends a hand with the melodic shape of the Andante, a soulful aria for a latter-day Pamina or Tamino, rather than for Papageno and his hoped-for consort. Those more comic characters are present in the music of the finale, which comes after a charmingly lilting minuet and trio. The last movement’s cheery jig, combined with fanfares, as if from Sarastro’s court, brings the quartet to a rousing conclusion, perfectly suiting its name-day function.

quartet no. 8 in e-flat major

For some time, and with the absence of an autograph manuscript, this November 1813 work was thought to have been composed at some point during 1824. D 87 That would have made it contemporaneous with the “Rosamunde” and “Tod und das Mädchen” quartets, as well as the F-major Octet D 803. Indeed, like many passages in those works, there is an abundance of thematic material on display.Yet the rather clear-cut manner in which Schubert subdivides his sonata form differentiates this score from those mature, fluid creations. When the autograph finally came to light, a correct date could be established, linking the work to a period in which, having graduated from school, Schubert was beginning to forge his own path. As in the slow movement of the Quartet in D major D 74, the Adagio recalls Mozart in his most pensive, dramatic vein, though its homophonic textures suggest the church more readily than the opera house. The brief scherzo ably lives up to its jesting name, containing within it a searching C-minor trio. The finale

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then provides a summation of these distinct elements, with the melodic honors given to the first violin. Eventually, the others catch up, imitating motifs and responding to various dynamic shifts with alacrity. Things settle to something sweeter when the second theme arrives, but the work’s contrasts are far from settled, as witnessed in the erratic development section.

quartet no. 9 in B-flat major D 112

quartet no. 10 in G minor D 173

Originally, this quartet, written between September 5 and 13, 1814, was cast as a string trio—perhaps one of Schubert’s brothers was unavailable to perform at the time. The first movement, according to the sketch, was written in just four and a half hours, in which Schubert created a melodically rich and harmonically expansive Allegro ma non troppo. Throughout the opening movement, he toys with the listener’s expectations, coming to an abrupt hiatus just when the melody wants to continue and then blurring the end of one phrase with the beginning of the next. The earlier experiments with the parameters of sonata form begin to achieve their ambitions here, with chromaticism providing another expressive agent. The Andante, in G minor, is less discursive, even brooding, though a restive quality runs through this music and soon brims to the surface. A minuet with a ländler-like upbeat follows, cast in contrastingly robust and reflective hues, with the latter coming to the fore in the trio, with its plangent sighs and delicate pizzicato accompaniment. Another distinct pair of musical characters appears at the opening of the finale, one moving demurely by step, the other skittering around with will-o’-the-wisp-like vigor, proving so infectious that the whole texture soon teems with life.

Though minor-key coloring has been prominent throughout Schubert’s quartet project to date, this work, composed between March 25 and April 1, 1815, is the first to be specifically couched in a minor key. The presence of G minor raises the ghost of Mozart once more, not least his “Great” G-minor Symphony K. 550, which was one of Schubert’s favorite works— its combative third movement certainly provides the 41


model for the minuet in this quartet. But just as commentators have seen that symphony as being forwardlooking, Schubert’s deferential quartet keeps one eye on the past and often invokes old contrapuntal models. The Andantino features a dialogue between violin and cello, with the inner parts providing a pulsing accompaniment. It is this latter that creates the driving force for various moments of climax in an otherwise poised movement. And although cast in B-flat major, the minor mode is present throughout, returning decisively in the minuet. Its trio companion is more winsome, throwing the work’s allusions to the past into relief, before they return in the finale, with its reminiscences of Beethoven’s String Quartet in G major op. 18 No. 2, written between 1798 and 1800.

quartet no. 11 in e major

Schubert’s E-major Quartet D 353 marks the last of his “early” quartets. It was completed in 1816, when he was 19 years old and would shortly abandon D 353 teaching at his father’s school and move in with his friend, the not always well-intentioned Franz von Schober. The practical impetus for the early string quartets, to provide repertoire for his family, was therefore about to vanish and so too was the importance of the genre, at least for a while. Song would now take precedent, in a year in which Schubert composed more than 110 lieder. Unlike the innate subjectivity of many of those compositions—and, indeed, the later chamber music— this quartet gives very little away, particularly in its swaggering and somewhat Italianate Allegro con fuoco. Likewise, considering it was written in the same year as Schubert’s searing settings of Goethe’s Gesänge des Harfners, the Andante keeps its cards close to its chest. Even the minor-key shadows of the minuet cannot trouble the work’s predominantly confident mood. And that happy character continues in the finale, giving no indication of the more intense chamber music dramas that would be created during the next chapter of Schubert’s life.

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quartet no. 12 in c minor “Quartettsatz” D 703

1820 was characterized by unfinished business. At the beginning of the year, Schubert abandoned Adrast, his opera about King Croesus, written with his friend Johann Mayrhofer and containing some of Schubert’s most promising music for the stage. Equally fascinating is his proto-Wagnerian oratorio Lazarus, begun in February 1820 but also left half-finished. There are likewise abandoned sketches for symphonic works and then, as winter closed in, Schubert began a string quartet, his first in four years. A second movement was already underway when he abandoned that work too. It was not until 1867 that the lone Allegro assai was heard in public, when Brahms acquired the manuscript and then (anonymously) published it as “Quartet Movement in C minor” three years later. The unfinished second movement appeared with it in the Complete Edition in 1890. Even on its own, however, the Allegro assai seems to herald a new, audacious era and one that would continue decisively in 1824 with the composition of the “Rosamunde” and “Tod und das Mädchen” quartets. As in those masterpieces, this music from December 1820 is imbued with great intensity, suggesting a drama beyond its abstract form. The movement opens with an agitated figure in the first violin, which spreads through the ensemble and builds towards a “Neapolitan” (D-flat major) chord, providing an early moment of tonal crisis. The restlessness continues with the second subject, in A-flat major (Beethoven’s favored ancillary key within the context of C minor), yet there is sweetness here too. Such juxtapositions of mood and tonality typify the exposition as a whole, while lending a feeling of continual development. During the recapitulation, the music finally modulates to C major, casting the second subject in a new light, though one that is ultimately dismissed by the return of the tonic minor.

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quartet no. 13 in a minor

While many of his early quartets allude to Mozart, Beethoven, and Haydn, this A-minor work, written between February and March 1824, draws on a num“Rosamunde” D 804 ber of Schubert’s own compositions. Its nickname is taken from Helmina von Chézy’s drama Rosamunde, Fürstin von Zypern, for which Schubert had provided incidental music in December 1823 (shortly after he had been hospitalized twice due to the effects of venereal disease). The second movement borrows its thematic material from that Rosamunde score, while the first movement refers back to a song from October 1814: Schubert’s groundbreaking setting of Goethe’s Gretchen am Spinnrade. The song (and the poem) were clearly on Schubert’s mind again in 1824, as shown by a letter to his friend Leopold Kupelwieser, penned the same month as he completed this quartet. “‘My peace is gone, my heart is sore, I shall find it never and nevermore,’ I may well sing every day now,” he wrote, no doubt still reeling from the effects of the illness that had eclipsed the previous year. “Each night, on retiring to bed, I hope I may not wake again.” The link between life and music was now firmly established in Schubert’s mind, as was the bond between his songs and his other works. A feeling of thwarted yearning certainly imbues this quartet, as is made clear by the allusion to another of Schubert’s songs, his 1819 setting of Schiller’s Die Götter Griechenlands, with its opening, regretful question, “fair world, where are you?”. Perhaps it was this quartet’s thematic proximity to Schubert’s increasingly popular lied output that led to its publication, following the premiere by Ignaz Schuppanzigh’s quartet in Vienna on March 14, 1824.

quartet no. 14 in d minor

Like the A-minor quartet, this D-minor work was completed in March 1824 and is directly linked to another of Schubert’s songs, Der Tod und das Mädchen, “Der Tod und his 1817 setting of words by Matthias Claudius. But das Mädchen” D 810 while the earlier work is characterized by its abject melancholy, Schubert’s declared sadness manifests itself here as nervous energy. The first movement’s exposition is tense and fidgety, revolving around the

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triplet eighth motif introduced in the opening bars. The second subject, although dogged by the same rhythm, is contrastingly poetic. The Andante refers directly to Schubert’s 1817 song and features a series of variations on Death’s response to the endangered Maiden. After several minor-key utterances, the final statement is delivered in a disconcertingly hushed G major. The scherzo is full of accents and disruptive syncopations, while the trio— half waltz, half minuet—offers a rare moment of respite in an otherwise unnerving work. Even here, however, the music cannot escape the tonic of D minor, which returns once again in the finale. But instead of dominating proceedings, as in the first movement and the scherzo, the cadaverous key hovers unnervingly in the background, before gaining an increasingly firm stranglehold as the tarantella reaches its climax.

quartet no. 15 in G major D 887

1826 was a particularly trying year for Schubert. Following the death of Salieri in 1825, he applied for the position of court composer in Vienna, only for the role to be abolished. To add to his sense of disappointment, many of Schubert’s friends were away from the city at the time and publications and performances of his work were few. And then, of course, there was the ever-present threat of illness, even death.Yet despite all this, 1826 was a productive year, which included the completion of Schubert’s final string quartet. Its opening statements are decidedly brusque, offering the springboard to a wholly bold, energetic work. Rather than returning to the melodic basis of the A-minor and D-minor quartets, Schubert offers a much terser, motif-driven composition. And yet the first subject also has a febrile quality, familiar from those two preceding quartets, as well as being prescient of the C-major String Quintet that was to follow in 1828. The Andante offers a bruised response to such confrontations, though it is not long before its timid lyricism turns to violence. The scherzo is equally fretful and only the ländler-like trio offers a moment 45


of reprieve. This is the lyrical heart of the work, the slow movement for which the listener instinctively yearns. But the return of the scherzo and the aggressively enthusiastic finale deny such relief. The unpredictable shifts in this closing Allegro can seem almost comic at times, but they soon take on a hysterical edge, revealing that, as Adorno would later write about Mahler, “joy flares high at the edge of horror.”

String quintet in c major

Schubert’s unique combination of poetic soulfulness and rigorous (if extended) formal practice found its apotheosis in his String Quintet in C major, completed D 956 not long before his death in 1828. Whether Schubert was aware that the end was nigh has been cause for constant debate. He had certainly consulted Ernst Rinna, one of Vienna’s leading physicians, throughout the summer, but he was well enough to take a walking trip with his brother Ferdinand to Haydn’s grave in Eisenstadt that October. The journey was only a brief remission, however, and Schubert was dead within weeks. Nowadays, the elision of biography and music, often encouraged by the writings of Schubert and his friends, proves far too beguiling when it comes to interpreting this profound quintet. Motivically, everything stems from its opening bars, in which a diminished seventh disturbs the initial C-major chord. Briefly overlooking any potential programmatic intent, we can find in this motif the impetus for the disarming tertiary modulations in the second subject in the exposition and the recapitulation of the first movement. It also provides the basis for the contrast between spellbound purity and unbridled violence in the Adagio that follows. And it haunts the work’s frenzied finale (in the manner of the String Quartet in G major D 887), right up to its last, disturbing cadence. There are contrasts aplenty in the third movement too, where, for all the scherzo’s energy, the trio limps lifelessly along. Heard complete, Schubert’s four movements constitute a musically ingenious and fittingly emotional drama with which to conclude his output of chamber music for strings. —Gavin Plumley

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