Elisabeth Kulman & Eduard Kutrowatz - Schubert Lieder

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Elisabeth Kulman & Eduard Kutrowatz EinfĂźhrungstext von Antje Reineke Program Note by Richard Wigmore


Elisabeth Kulman & Eduard Kutrowatz Samstag

9. Dezember 2017 19.00 Uhr

Elisabeth Kulman Mezzosopran Eduard Kutrowatz Klavier

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Franz Schubert (1797–1828) An die Nachtigall „Er liegt und schläft“ D 497 Abendlied der Fürstin D 495 Klage D 415 Gretchen am Spinnrade D 118 Walzer für Klavier D 145 Nr. 6 Am Bach im Frühlinge D 361 Hochzeit-Lied D 463 Die vier Weltalter D 391 Walzer für Klavier D 365 Nr. 21 Der König in Thule D 367 Abschied (nach einer Wallfahrtsarie) D 475

Pause

Lied der Mignon II „So laßt mich scheinen“ D 877 Nr. 3 Thekla (Eine Geisterstimme) D 595 Die Rose D 745 Viola D 786 Walzer für Klavier D 145 Nr. 7 An mein Herz D 860 Der liebliche Stern D 861 In der Mitternacht D 464 Leb’ wohl, du schöne Erde D 829

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Das Gefühlte, Lichte, Sanfte Lieder von Liebe und Tod

Antje Reineke

„Es lebte, was edel und sittlich war, in der Frauen züchtigem Busen: Die Flamme des Liedes entbrannte neu an der schönen Minne und Liebestreu“, heißt es in Friedrich Schillers Gedicht Die vier Weltalter, das der 19-jährige Schubert 1816 vertonte. Die Männer sind in dieser symbiotischen Konstellation als Dichter und Musiker die aktiv Handelnden, die Frauen – züchtig, schön und treu – ihre passive Quelle der Inspiration.Viele der heute abend zu ­hörenden Lieder berichten von Frauenschicksalen oder ­geben vor, die Gefühle von Frauen auszudrücken – und verbreiten dabei vor allem die Frauenbilder ihrer männlichen Schöpfer. Die gleichen sich durchaus nicht immer: Wo Schiller die „Töchter der frommen Natur“ und die „züchtige Hausfrau“ gepriesen habe, so die Historikerin Ute Frevert, hätten Romantiker wie Friedrich von Schlegel „mutige, ­erfahrene, geistvolle Frauen“ bevorzugt, die „an den intellektuellen und wissenschaftlichen Debatten ihrer Zeit regen Anteil“ nahmen. Wie Schubert hierüber dachte, wissen wir nicht. Seine Freundeskreise, in denen über Literatur, Philosophie und Politik diskutiert wurde, waren männlich geprägt. Die Rolle, die Frauen in seinem Leben spielten, ist weitaus weniger gut dokumentiert – und dies gilt auch für sein Liebesleben. Mit etwa 18 Jahren soll er sich in Therese Grob, die Tochter einer befreundeten Familie, verliebt und sogar an Heirat ­gedacht haben. Dazu hätte er den Behörden jedoch ein ausreichendes Einkommen nachweisen müssen. Für Thereses Sopranstimme komponierte er mehrere geistliche Solo­ gesänge und Solopartien in Kirchenwerken, außerdem stellte er 1816 ein Liederheft für sie zusammen. So spielte sie in dieser Zeit tatsächlich die Rolle der Muse für ihn. Ein anderer Name, der oft genannt wird, ist der von Schuberts Klavier- und Gesangsschülerin Comtesse Caroline Esterházy. Ihr ist die vierhändige f-moll-Klavierfantasie und, schenkt 4


Träumerisch, heiter, klagend, ekstatisch

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man den Erinnerungen eines Freundes Glauben, „ohnehin alles gewidmet“.  Außerdem werden seit langem das Thema der möglichen Homosexualität Schuberts und seine Beziehung zu einigen engen Freunden wie Schober oder Johann Mayrhofer diskutiert. Mit beiden teilte er nicht nur seine vielfältigen literarischen Interessen, sondern zeitweise – in Schobers Fall mehrfach – auch die Wohnung. Doch auch hier existieren nur Indizien, die schwer schlüssig zu interpretieren sind. Die Annahme der Frauenrolle in Gedichten und Liedern wäre so jedenfalls eine Möglichkeit gewesen, die eigenen Gefühle für einen Mann auszusprechen. „Nachtigall, ach! Nachtigall, ach! Sing mir den Amor nicht wach!“ Das heutige Programm beginnt mit Matthias Claudius’ An die Nachtigall eher verspielt. Doch die Ver­ unsicherung und das Gefühl der Selbstentfremdung, die Liebe hier auslöst, weisen bereits auf Dunkleres und Ernsteres voraus. Mit seinen beständig wechselnden Gedanken und Empfindungen zeichnet das kurze Lied ein lebendiges ­Porträt inneren Schwankens: träumerisch, heiter, klagend, ekstatisch – was die Frage aufwirft, ob Amor nicht vielleicht doch erwachen soll. Während die Frau in Mayrhofers Abendlied der Fürstin zu Hause sitzend und im Schein der untergehenden Sonne und des Abendsterns Hesperus träumend der „Erdenqual“ entrinnt, zieht der Mann, der Jäger – ­vielleicht ihr Geliebter – hinaus in die gefährliche Welt. Entsprechend beginnt das Lied als pastorale Idylle und schlägt mitten in der dritten Strophe unvermittelt in ein dramatisches Rezitativ um. Wie die vierte Strophe inhaltlich auf die erste zurückgreift, so kehrt auch die Musik nach ­einer beredten Pause mit tastenden Überleitungstakten zum Anfang zurück. Doch die Idylle hat sich als trügerisch ­erwiesen, das Lied endet mit einer bestürzten Frage. Diese Doppelbödigkeit setzt sich in Klage und Am Bach im ­Frühlinge fort. Beide Lieder stellen der Schönheit der Natur das Dunkel des Herzens gegenüber. Klage, auf einen Text des seinerzeit beliebten Friedrich von Matthisson, ist nur als Entwurf überliefert, das Autograph von unbekannter ­(Schuberts?) Hand durchgestrichen. Am Bach im Frühlinge wechselt wie das Abendlied der Fürstin in der dritten Strophe ins Rezitativ und stößt uns so abrupt zurück ins trostlose „hier“. Das blaue Blümchen beschwört dabei nicht allein Novalis’ berühmtes Sehnsuchtssymbol, sondern scheint auch auf die Vergissmeinnicht in einer Elegie von Christian zu Stolberg anzuspielen, die dort, in einen Bach gestreut, auf


die Trennung von einem geliebten Freund vorausweisen. Im Kontext des Programms wird man jedoch eher an Goethes Gretchen erinnert – auch ihr bleiben nach einer kurzen Zeit der Liebe nur Verzweiflung und Erinnerung. Gretchen quält genau jene Selbstentfremdung durch die Liebe, die Claudius’ lyrisches Ich fürchtet. Durch Fausts Kuss ist sie ins Spannungsfeld zwischen ihrer Sexualität und den gesellschaftlichen Erwartungen und Moralvorstellungen geraten. Gretchen und Faust, so kommentiert der Germanist Erich Trunz, sind Polaritäten: Wo seine Szenen „männlich, gedanklich, düster und stürmisch“ seien, repräsentiere sie „das Weibliche, Gefühlte, Lichte und Sanfte“. Schubert ­entwickelt Gretchens Monolog zu einer lebendigen Szene, deren angedeutete äußere Handlung ihre Seelenlage reflektiert: die leidenschaftliche Liebe zu Faust und ihre Verzweiflung über die ausweglose Situation. Wenn bei „und ach, sein Kuß!“ die tonmalerische Darstellung des rotierenden Spinn­ rads aussetzt und in mehreren Ansätzen wieder aufgenommen wird, dann ist wichtiger als die realistische Ausgestaltung das psychologische Moment ihres Erschreckens, das Gretchen in die Realität zurückwirft. Dass Schubert ihren ekstatischen Wunsch nach Vergehen in der Liebe wiederholt, um entgegen Goethe mit einer Reprise der Anfangsverse zu schließen, trägt über die Gegenwart hinaus. Wir, die wir das Drama kennen, wissen bereits, wie tragisch ihre Liebe ­enden wird. Unmittelbar zuvor hatte Faust erklärt: „Was muß geschehn, mag’s gleich geschehn! Mag ihr Geschick auf mich zusammenstürzen und sie mit mir zugrunde gehn!“

Tänze wie die Walzer, die gliedernd zwischen die Liedgruppen eingefügt sind, komponierte Schubert in großer Zahl für gesellige Anlässe im Freundes- und Bekanntenkreis. Auch als Vortragsstücke kamen sie zum Einsatz. Schubert sei stets bereit gewesen, so sein Freund Leopold von Sonnleithner, „sich ans Klavier zu setzen, wo er stundenlang die schönsten Walzer improvisierte; jene, die ihm gefielen, wiederholte er, um sie zu behalten und in der Folge auf­ zuschreiben“. Es ist bezeichnend für die zeitgenössische Tanzmode, dass die Walzer D 365 die ersten Instrumentalkompositionen Schuberts waren, die im November 1821 im Druck erschienen, und seine ersten Kompositionen, die ein Verlag regulär ins Programm nahm (die Kosten für die 6


Allgegen­ wärtiges Motiv des Abschieds

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z­ uvor publizierten Liederhefte hatte Schubert mit Hilfe von Freunden selbst getragen). Der tiefen Einsamkeit von Am Bach im Frühlinge stellt ­Johann Georg Jacobis Hochzeit-Lied die ideale Ehe in „Lieb und Treu“ gegenüber. Der Mann schützt seine „Traute“ „immerdar mit frischem Mut“, opfert ihr alles, „Gut und Blut“, und ernährt „sie gern […] für ihren Kuß“. Die Frau macht ihm auch schwere Arbeit „zum Spiel“ und tröstet ihn noch im Sterben. Das alles ist als altes, allgemeines ­Gesetz formuliert und entsprechend einfach ist die musi­ kalische Gestaltung aus kurzen Strophen mit einer einprägsamen Melodie und schlichten Begleitung. Als Erzählung von Liebe und Treue bis in den und über den Tod hinaus schließt hier der König in Thule an. Da es sich um ein weiteres Gretchen-Lied handelt, erhält die anrührende Geschichte allerdings einen bitteren Unterton. Schuberts Vertonung ist dem volksliedartigen Ton der Erzählung gemäß strophisch, fasst jedoch jeweils zwei der kurzen Strophen zu einer ­zusammen und vermittelt so ein Gefühl für die fortlaufende Handlung. Die vier Weltalter stellen eine leichthändige ­Reflektion über die Kunst dar, für die Schiller die auf Hesiod zurückgehende Darstellung der verschiedenen Entwicklungsphasen der Menschheit adaptiert. Zutiefst zwiespältig erscheint das christliche Zeitalter, aus dem „göttliche Phantasie“ und „frohe Jugendwelt“ verschwunden sind. Hoffnung und ­Erinnerung an den verlorenen Urzustand bietet die Verbindung von Liebe und Kunst. Schubert geht mit einer harfenartigen Begleitung und der Vortragsanweisung „behaglich“ von der Figur des Sängers und der Feststimmung des ­Beginns aus, die er durchgehend beibehält. Der König und seine Buhle, das Ehepaar, das der Tod scheidet, der durch die Jahrhunderte wandernde Sänger, verlorene Beziehungen, an die nur noch blaue Blumen erinnern – das Motiv des Abschieds ist allgegenwärtig und wird im gleichnamigen Lied D 475 noch einmal direkt aufgegriffen. Fast alle Kompositionen dieser ersten Programmhälfte datieren von 1816: Schubert war 19 Jahre alt und ­arbeitete als Hilfslehrer an der von seinem Vater geleiteten Schule. Die einzige Ausnahme bildet Gretchen am Spinnrade vom Oktober 1814, die erste von 74 Goethe-Vertonungen und Schuberts Opus 2 nach Erlkönig.


„Sie ist wahr und lauter wie der Himmel“

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Mit Mignon, Thekla, der Rose und V   iola folgen nun vier ganz unterschiedliche Frauengestalten, deren Liebessehnsucht in den Tod führt. Mignon, eine der Hauptfiguren aus Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre, ist ein Kind von etwa 12 oder 13 Jahren. Ihre Vergangenheit und Herkunft liegen lange im Dunkeln. Teils von Natur aus, teils aufgrund traumatischer Erlebnisse ist sie nicht in der Lage, sich anderen zu öffnen. Ihre „sonderbare Natur besteht ­beinah nur aus einer tiefen Sehnsucht“ nach ihrem Vaterland Italien und nach Wilhelm, den sie leidenschaftlich, aber kindlich-unschuldig liebt. So laßt mich scheinen ist ihre Vision eines erlösenden Todes, die sich wenig später erfüllt. Seine träumerische Qualität verdankt das Lied der oft eher un­ bestimmten Harmonik und der leichten, gleichmäßigen rhythmischen Bewegung.Vielsagend ist die überraschende harmonische Wendung, mit der sich aus einer Steigerung heraus der „frische Blick“ ins Jenseits öffnet.  Als noch ­unvermittelter erweist sich die Parallelstelle bei „doch fühlt’ ich tiefen Schmerz“, die sich zu einem Moll- statt des nun erwarteten Durakkords wendet. In Schillers Wallenstein-Triologie ist Thekla die fiktive Tochter des böhmischen Feldherrn, die gemeinsam mit ihrem Geliebten Max Piccolomini Opfer der politischen Intrigen ihrer Väter wird. Max sucht den Heldentod in der Schlacht, während Thekla am Schluss zu seinem Grab und in den ­eigenen Tod aufbricht. Als Frau repräsentiert sie das Gute, Reine, Unschuldige in einer Welt voller Intrigen und Verrat: „Denn alles log mir, was ich hochgeachtet. Nein! Nein! Nicht alles! Sie ja lebt mir noch, und sie ist wahr und lauter wie der Himmel“ – so die Worte des Max. Schuberts V   er­ tonung des Gedichts (das nicht Teil der Dramen ist) wirkt feierlich und emotional zurückhaltend. Dazu bleibt die Komposition geisterhaft leise – der tiefliegende Klavierpart ist durchgehend mit Dämpfer zu spielen – und die Sing­ stimme hat einen extrem geringen Umfang. Jede Phrase ­erklingt, die Idee von der Transformation im Tode aufgreifend, erst in Moll, dann in Dur. Diese tröstliche jenseitige Dimension fehlt den beiden Blumenliedern. Schlegels Die Rose aus dem Zyklus Abend­ röte wird höchst unterschiedlich interpretiert: als Symbol für die selbstbewusst und leidenschaftlich liebende Frau, die ­dafür einen hohen Preis bezahlt, oder als Geschöpf, das ohnmächtig, weil fest in der Erde verwurzelt ist. Schobers Viola ist eine umfangreiche dramatische Ballade über das Veilchen,


das beim ersten Läuten der Schneeglöckchen u ­ ngestüm dem Frühling entgegenstürmt und seine Voreiligkeit in der noch winterlich kalten Natur mit dem Leben bezahlt. Das knapp viertelstündige Werk ist oft mit Schuberts großen Liederzyklen verglichen worden hinsichtlich der Art, wie hier die einzelnen Stationen der Handlung zu einem stimmigen Ganzen verbunden sind durch fließende Übergänge und weiträumige Rückbezüge ebenso wie durch gezielte Kon­ traste. Umrahmt und gegliedert wird die Ballade durch das tonmalerisch ausgestaltete Läuten der Schneeglöckchen, das am Ende als Totenglocke auf einen Einzelton reduziert ist. In den zwei Gedichten von Ernst Schulze klagt schließlich ein Mann sein Liebesleid. Ihr resignativer Ton reflektiert offenbar die unglückliche Liebe des Dichters zu einem Schwesternpaar. Die eine – vermutlich der in der Weite des Nachthimmels vergeblich gesuchte „liebliche Stern“ – war früh verstorben; die andere wies ihn ab. Im Motiv des Sternen­ himmels, der sich im Wasser spiegelt und den Sprecher in den ersehnten Tod lockt, erinnert Der liebliche Stern an Die schöne Müllerin. Doch wo der Müllerbursche tatsächlich den Tod im Bach wählt, scheint ihn der Unglückliche hier eher im gefährlichen Leben zu suchen. Das lyrische Ich in An mein Herz ringt dagegen darum, eine hoffnungslose Liebe stoisch zu ertragen. Das angesprochene Herz schlägt zu B ­ eginn wild und stürmisch im Klavier, wird halbwegs besänftigt und bricht doch immer wieder aus.Von enttäuschter Liebe, die still ertragen wird, aber nur im Tod Frieden finden kann, handelt auch Jacobis In der Mitternacht. Die Naturbeschreibung der ersten Strophe gibt die Stimmung für das ganze Gedicht vor, und Schubert hält sie mit fahlem, tief­liegendem Unisono für die Todesstille und einer fließenden Bewegung für die Winde über die folgenden Strophen hinweg fest. In Leb’ wohl, du schöne Erde, einem Melodram, das 1826 für das Schauspiel Der Falke von Adolf von Pratobevera entstand, kommt zum Schluss überraschend auch das gesprochene Wort zu seinem Recht. Als Abschied, der nun nicht mehr nur die schmerz­ lichen, sondern auch wieder die ­schönen Seiten des Lebens würdigt, bildet das Stück das tröstliche Fazit des Abends: „Leb’ wohl, du schöne Erde! Kann dich erst jetzt versteh’n, wo Freude und wo Kummer an uns vorüber weh’n.“ Antje Reineke promovierte an der Universität Hamburg mit einer Arbeit über Benjamin Brittens Liederzyklen. Neben der Musik Großbritanniens gilt ihr besonderes Interesse dem Lied des 19. bis 21. Jahrhunderts.

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Of Maidens and Men Songs by Franz Schubert

R i ch ard Wi g more

Schubert composed his earliest song in 1811, at the age of 14. By the time of his premature death in November 1828, his tally of lieder numbered over 600, many among the most precious creations of Western art. In his instrumental music, he was deeply conscious of his Viennese predecessors Haydn, Mozart, and Beethoven, who by 1810 had been ­enshrined as the great Classical trinity. In song, the medium in which he produced his earliest masterpieces, Schubert had only modest precedents. He did, however, have the stimulus of German Romantic poetry—Goethe’s poems were only just becoming available in conservative Vienna— and the suggestive power of the fast-developing fortepiano, whose dramatic and expressive potential had been richly explored by Beethoven. All but one of the songs in the first half of tonight’s program date from 1816, when Schubert was earning his living as a reluctant assistant teacher at his father’s flourishing school in the Säulengasse. The veiled, off-key introduction to the Matthias Claudius setting An die Nachtigall evokes a string quartet, one of many reminders in the songs that Schubert cut his musical teeth in the family quartet. In this exquisitely delicate piece the main key is only established just before the jaunty little piano interlude depicting the nightingale’s song. After a typically plangent turn to the ­minor at “Nachtigall, ach!” the music melts deliciously back to the major under the held note at “Amor.” In Abendlied der Fürstin, to a typically pessimistic poem by Schubert’s friend Johann Mayrhofer, the gentle pastoral lilt (with a nod to Haydn’s famous My Mother Bids Me Bind My Hair) is rudely interrupted by a quasi-orchestral thunderstorm. Famed among lieder lovers as the poet of Beethoven’s Adelaide, Friedrich von Matthisson was widely admired for the melancholy sweetness of his verses and his gently atmospheric nature descriptions. By the 1810s his poetry was 11


deemed too decorous, too redolent of the departed century, by the new Romantic generation.Yet its melodious grace made a strong appeal to the teenaged Schubert, who set no fewer than 29 of his poems. He seems to have been dissatisfied with Klage, crossing out the autograph in pencil and never offering it for publication. True, there is an awkward balance between the graceful bel canto of the first half of each verse and the edgy minor-keyed music of the second half, as the poet contemplates his own unhappiness. But the limpid opening melody alone makes the song worth hearing.

From numb ­pathos to ­hysterical ­longing

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Schubert composed his first setting of a poem by the great Johann Wolfgang von Goethe on October 19, 1814— a red-letter day in the history of the lied. The story of Gretchen’s seduction and abandonment by Faust, and her subsequent execution for killing her child, was prompted by real-life cases of infanticide in an age when unmarried mothers were routinely treated as pariahs. Gretchen am Spinn­ rade, sung in the original version of Faust after Gretchen’s seduction (though later placed at an earlier point in the play), is an impassioned scena, rising from numb pathos to ­almost hysterical erotic longing. The accompaniment that miraculously unifies the song simultaneously evokes the ­rotation of the spinning wheel and mirrors every shade of Gretchen’s agitated emotions. From the early 1820s, Schubert’s piano dances—waltzes, ländler and écossaises—were always in demand with Viennese publishers. We can guess that the three waltzes interleaved with the songs in this program began life as improvisations at the home of friends and were later refined for publication. Perhaps the most delectable of these miniatures is the B-minor Waltz D 145 No. 6—music of wistful elegance that seems to foreshadow Chopin. The sounds and rhythms of water always guaranteed a memorable Schubert song, as in his setting of his friend Franz von Schober’s Am Bach im Frühlinge. Transcending the clichéd sentiments of the verses, the song begins as a vernal idyll, buoyed by gently rippling triplets, then darkens into the minor key for the second verse. The third (“Hier treiben immer gleiche Winde”) is set as a troubled recitative. The first two verses are then repeated to round off and balance


the song, with minor-key melancholy having the last word. In Hochzeit-Lied Schubert responds to the poem’s demand for a song “in the old style” with music of cheery directness and simplicity. The 12 verses of Schiller’s Die vier Weltalter trace a poeticized history of the world, from Arcadian innocence to a war-torn present redeemed by music and love. Schubert ­ignores the verses’ philosophical content and writes a jolly drinking song, taking his cue from the “crimson wine” of Schiller’s first verse. How many verses of the poem he ­intended to be sung is anyone’s guess. In 1816 Schubert’s staunchest friend Josef von Spaun ­encouraged him to send a handsomely bound collection of Goethe songs, including Gretchen am Spinnrade, to the great sage in Weimar. A few weeks later the package was returned unopened and without acknowledgement.Yet if Goethe—who abhorred musical elaboration in settings of his poems—had had the time or inclination to look at the songs, he would surely have approved of the simplicity and directness of Der König in Thule, with its archaic, bardic flavor. In Part I of Faust, the innocent Gretchen sings these verses softly to herself as she reflects on her first meeting with Faust. Abschied, which closes the first half of tonight’s recital, is supposedly based on an old pilgrims’ chant, although this has never been identified. No matter: Mayrhofer’s characteristic vision of parting and dissolution inspired a song of hypnotic beauty, framed by a sequence of ethereal piano chords, and punctuated by evocations of the alphorn echoing around the mountains.

Like countless other composers, Schubert was irresistibly drawn to the poems sung by Mignon and the Harper in Goethe’s sprawling semi-autobiographical novel Wilhelm Meisters Lehrjahre: two enigmatic outsiders who, like Byron’s Manfred, haunted the Romantic imagination. The blind, half-crazed old Harper, who first appears when he plays to Wilhelm (partly a self-portrait of the young Goethe) and his acting troupe in an inn, has escaped to Germany from an Italian monastery and is tormented by a secret guilt: his incestuous love for his sister, Serata, of which Mignon is the fruit—though neither father nor daughter knows it. On the 13


In a spirit of rapturous pantheism

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cusp of womanhood, Mignon herself is an ethereal, intuitive figure of unstilled longings who has vowed never to reveal her tragic past, in which she has been kidnapped by a troupe of rope dancers and brought to Germany from her native Italy. Wilhelm has bought her release and befriended her as a protecting father figure. Goethe relates that So laßt mich scheinen was sung “with unbelievable charm” by Mignon at a children’s party, dressed as an angel in a white robe with a golden belt and diadem. The girl knows that she is destined to die young, reflected in the mingled pathos and gravity of Schubert’s two songs of 1821 and 1826 (two earlier settings of the poem were left as fragments). The 1821 setting (D 727) is fragile and childlike, while the later song (sung here), with its hypnotic pavane rhythm, is more richly textured and more passionate in expression. In 1812 the 15-year-old Schubert had began studies in counterpoint, fugue, and the Italian vocal style with ­ Antonio Salieri, the venerable Imperial maestro di capella whose p­ osthumous reputation has barely recovered from unfounded rumors of intrigues, and worse, against Mozart. Salieri was no fan of what he dubbed “the barbarous ­German language.” But his tuition surely influenced the quasi-operatic style of many of Schubert’s early songs. ­Recitative mingles with plain yet strangely touching song in Thekla (Eine Geisterstimme), dating from summer 1813. Schiller penned the poem in r­ esponse to complaints that the fate of Wallenstein’s saintly daughter Thekla was unresolved at the end of his Wallenstein trilogy. Here, her spirit voice sings of her blissful reunion in heaven with her lost beloved Max Piccolomini and with her father, now cleansed of the blood he has shed on earth. In the years 1819–20, while lodging with his friend Mayrhofer, Schubert was frequently drawn to the early ­poems of Friedrich von Schlegel, who by middle age had morphed from a flagbearer of the new Romanticism to a reactionary éminence grise in Viennese literary circles. Schubert set 11 poems from Schlegel’s Abendröte (“Sunset”) cycle, where in a spirit of rapturous pantheism the poet creates “characters” from the natural world (birds, a river, a rose, a shepherd, a wayfarer, and so on) who join to celebrate the oneness of creation. In the exquisite miniature Die Rose, the prematurely wilting flower symbolizes both the loss of maidenly virtue and the cruelty of early death. After the


central verse hymning the dawn (with a suggestion of fairy trumpets), the final verse transposes the opening music into the minor key, with a final tiny, bittersweet keyboard envoi in the major.

Biographical speculation is always a risky game with Schubert. But it is tempting to suggest that the composer, suffering from the first symptoms of syphilis when he wrote Viola in March 1823, closely identified with Schober’s ­sentimental “floral ballad” of crushed innocence. The upshot is the most tender and reflective of all Schubert’s episodic ballad settings, full of picturesque detail and subtly constructed, with thematic links between the sections and a motto theme that recurs, rondo-like, at verses 5, 14, and 19. Near the end, as the violet is found, pale and wilted, Schubert conjures a piercingly expressive modulation for the sad final refrain. The following two songs, both from December 1825, are settings of the short-lived Saxon poet Ernst Schulze, something of a romantic fantasist for whom the boundaries ­between the real and the imagined were increasingly hazy. In his feverish setting of An mein Herz, Schubert seizes, ­typically, on the poem’s dominant image—the palpitating heart—and makes it the basis of the accompaniment. The whole song can be heard as a process of continual variation, always chained to the same inexorable rhythm and colored by uneasy equivocations between minor and major. In Der liebliche Stern, Schubert again takes a single image—the stars’ reflection on the sea—as a cue for dancing keyboard figuration that unifies the whole song. Schulze’s vain aspirations to transcend his earthly existence are mirrored in ­music of quiet obsessiveness, with mesmerically reiterated open fifths in the keyboard bass. After the hushed stillness of In der Mitternacht of 1816— a haunting little nocturne of nameless grief—the program closes with a Schubertian one-off, Leb’ wohl, du schöne Erde. This is not a song at all, but a piece of so-called “melodrama” —spoken verse with musical accompaniment—which Schubert composed for the play Der Falke (“The Falcon”) by the young Adolf von Pratobevera, privately performed in February 1826 to celebrate the birthday of Pratobevera’s ­father. According to Schubert’s first biographer, Heinrich Kreissle von Hellborn, the music accompanied the words 15


of the dying knight Hugo, whose squire was nicknamed “Meister Kummer”—hence the punning reference in the second verse. With a nod, perhaps, to Haydn’s valedictory song O Tuneful Voice, the music shares a quality of rapt, timeless meditation with the slow movements of the String Quintet and the B-flat Piano Sonata from Schubert’s final months.

Richard Wigmore is a writer, broadcaster, and lecturer specializing in Romantic and Classical chamber music and lieder. He writes for Gramophone, BBC Music ­Magazine, and other journals, and has taught at Birkbeck College, the Royal Academy of Music, and the Guildhall. His publications include Schubert: The Complete Song Texts and The Faber Pocket Guide to Haydn.

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An die Nachtigall

To the Nightingale

Er liegt und schläft an meinem Herzen, Mein guter Schutzgeist sang ihn ein; Und ich kann fröhlich sein und ­scherzen, Kann jeder Blum’ und jedes Blatts mich freun. Nachtigall, ach! Nachtigall, ach! Sing mir den Amor nicht wach!

He lies sleeping upon my heart; My tutelary spirit sang him to sleep. And I can be merry and jest, Delight in every flower and leaf. Nightingale, ah, nightingale, Do not awaken my love with your ­singing!

Matthias Claudius (1740–1815)

Abendlied der Fürstin Der Abend rötet nun das Tal, Mild schimmert Hesperus. Die Buchen stehen still zumal Und leiser rauscht der Fluß. Die Wolken segeln goldbesäumt Am klaren Firmament; Das Herz, es schwelgt, das Herz, es träumt, Von Erdenqual getrennt. Am grünem Hügel hingestreckt, Schläft wohl der Jäger ein – Doch plötzlich ihn der Donner weckt, Und Blitze zischen drein. Wo bist du, heilig Abendrot, Wo, sanfter Hesperus? So wandelt denn in Schmerz und Not Sich jeglicher Genuß. Johann Mayrhofer (1787–1836)

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The Princess’s Evening Song The evening tinges the valley with red; Hesperus gleams softly. The beech trees stand silent, And the river murmurs more softly. The clouds, fringed with gold, Sail across the dear sky; The heart swells, the heart dreams, Free from earthly sorrow. The huntsman, stretched out on the green hillside, Falls sound asleep; But then he is suddenly woken by ­thunder, And the hiss of lightning. Where are you, sacred evening glow? Where are you, gentle Hesperus? Thus every pleasure Turns to grief and distress.


Klage

Lament

Die Sonne steigt, die Sonne sinkt, Des Mondes Wechselscheibe blinkt, Des Äthers Blau durchwebt mit Glanz Der Sterne goldner Reihentanz;

The sun rises, the sun sinks, The moon’s ever-changing disc gleams, The blue ether is shot through With the brilliant, golden dance of the stars.

Doch es durchströmt der Sonne Licht, Des Mondes lächelndes Gesicht, Der Sterne Reigen, still und hehr, Mit Hochgefühl dies Herz nicht mehr!

But the sun’s light, The moon’s smiling countenance, The dance of the stars, silent and sublime, No longer flood this heart with elation.

Die Wiese blüht, der Büsche Grün Ertönt von Frühlingsmelodien, Es wallt der Bach im Abendstrahl Hinab ins hainumkränzte Tal:

The meadow blooms, the green bushes Echo with spring melodies; In the evening sunlight the brook Gushes down into the wooded valley.

Doch es erhebt der Haine Lied, Die Au, die tausendfarbig blüht, Der Erlenbach im Abendlicht Wie vormals meine Seele nicht!

But the song of the woods, The meadow, blooming with a thousand colors, The alders by the brook in the twilight, Do not uplift my soul as they once did.

Friedrich von Matthisson (1761–1831)

Gretchen am Spinnrade Meine Ruh’ ist hin, Mein Herz ist schwer, Ich finde sie nimmer Und nimmermehr. Wo ich ihn nicht hab’ Ist mir das Grab, Die ganze Welt Ist mir vergällt. Mein armer Kopf Ist mir verrückt Mein armer Sinn Ist mir zerstückt. Nach ihm nur schau’ ich Zum Fenster hinaus, 19

Gretchen at the Spinning Wheel My peace is gone, My heart is heavy, I shall never, never again Find peace. Wherever he is not with me Is my grave, The whole world Is turned to gall. My poor head Is crazed, My poor mind Is shattered. I look out of the window Only to seek him,


Nach ihm nur geh’ ich Aus dem Haus.

I leave the house Only to seek him.

Sein hoher Gang, Sein’ edle Gestalt, Seines Mundes Lächeln, Seiner Augen Gewalt.

His fine gait, His noble form, The smile of his lips, The power of his eyes.

Und seiner Rede Zauberfluß. Sein Händedruck, Und ach, sein Kuß!

And the magic flow Of his words, The pressure of his hand And, ah, his kiss!

Mein Busen drängt sich Nach ihm hin. Ach dürft’ ich fassen Und halten ihn,

My bosom yearns For him. Ah, if only I could grasp him And hold him.

Und küssen ihn So wie ich wollt’, An seinen Küssen Vergehen sollt’!

And kiss him As I would like, I should die From his kisses!

Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)

Am Bach im Frühling

By the Brook in the Spring

Du brachst sie nun, die kalte Rinde, Und rieselst froh und frei dahin, Die Lüfte wehen wieder linde, Und Moos und Gras wird neu und grün.

Now you have broken the frozen crust, And ripple along, free and happy; The breezes blow mild again, Moss and grass are fresh and green.

Allein, mit traurigem Gemüte Tret ich wie sonst zu deiner Flut. Der Erde allgemeine Blüte Kommt meinem Herzen nicht zu gut.

Alone, with sorrowful spirit, I approach your waters as before; The flowering of the whole earth Does not gladden my heart.

Hier treiben immer gleiche Winde, Kein Hoffen kommt in meinen Sinn, Als daß ich hier ein Blümchen finde, Blau, wie sie der Erinnrung blühn.

Here the same winds forever blow, No hope cheers my spirit, Save that I find a flower here, Blue, as the flowers of remembrance.

Franz von Schober (1796–1882)

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Hochzeit-Lied

Wedding Song

Will singen euch im alten Ton Ein Lied von alter Treu; Es sangen’s unsre Väter schon; Doch bleibt’s der Liebe neu:

I will sing you a song in the old style, A song of love and constancy. Our fathers once sang it. But it remains ever new for lovers.

„Daß immerdar mit frischem Mut Der Mann die Traute schützt, Und alles opfert, Gut and Blut, Wenn’s seinem Weibchen nützt;

“Let the man protect his bride Evermore with new heart, And sacrifice everything, his wealth and his blood, For the good of his wife.

Daß er auf weiter Erde nichts Als sie allein begehrt, Sie gern im Schweiß des Angesichts Für ihren Kuß ernährt. Dann fühlt er noch die kalte Hand Von ihrer Hand gedrückt, Und sich in’s neue Vaterland Aus ihrem Arm entrückt.“ Johann Georg Jacobi (1740–1814)

“Let him desire nothing on this wide earth But her alone, And with the sweat of his brow Joyfully support her, for her kisses. “Then he shall feel his cold hand Pressed by her hand; He shall be borne from her arms To his new homeland.”

Die vier Weltalter

The Four Ages of the World

Wohl perlet im Glase der purpurne Wein, Wohl glänzen die Augen der Gäste, Es zeigt sich der Sänger, er tritt herein, Zu dem Guten bringt er das Beste; Denn ohne die Leier im himmlischen Saal Ist die Freude gemein auch beim ­Nektarmahl.

The crimson wine sparkles in the glass; The guests’ eyes shine; The minstrel appears and enters, To the good things he brings the best; For without the lyre joy is vulgar, Even at a nectar banquet in the hall of the gods.

Ihm gaben die Götter das reine Gemüt, Wo die Welt sich, die ew’ge spiegelt, Er hat alles gesehen, was auf Erden ­geschieht, Und was uns die Zukunft versiegelt, Er saß in der Götter urältesten Rat Und behorchte der Dinge geheimste Saat. 21

The gods gave him a pure soul, In which the eternal world is reflected, He has seen all that happens on earth And what the future has sealed from us, He sat in the most ancient council of gods And listened in on the world’s ­innermost secrets.


Er kommt aus dem kindlichen Alter der Welt, Wo die Völker sich jugendlich freuten, Er hat sich, ein fröhlicher Wand’rer, ­gesellt Zu allen Geschlechtern und Zeiten. Vier Menschenalter hat er geseh’n, Und läßt sie am Fünften vorübergeh’n.

He comes from the childhood age of the world When people indulged in youthful ­enjoyment. A happy wanderer, he has joined With all races and and times. He has seen four ages of man And lets them ignore the fifth.

Drum soll auch ein ewiges zartes Band Die Frauen, die Sänger umflechten, Sie wirken und weben Hand in Hand Den Gürtel des Schönen und Rechten. Gesang und Liebe in schönem Verein Sie erhalten dem Leben den ­Jugendschein.

Thus, too, shall a tender bond Forever entwine these women, these minstrels. They busy themselves, and weave hand in hand The girdle of the fair and just. Song and love, in beautiful union, Preserve life’s youthful sheen.

Friedrich von Schiller (1759–1805)

Der König in Thule

The King of Thule

Es war ein König in Thule Gar treu bis an das Grab, Dem sterbend seine Buhle Einen goldnen Becher gab.

There was a king in Thule Faithful unto the grave, Whose dying mistress Gave him a golden goblet.

Es ging ihm nichts darüber, Er leert ihn jeden Schmaus; Die Augen gingen ihm über, So oft er trank daraus.

Nothing was more precious to him; He drained it at every feast. His eyes filled with tears Whenever he drank from it.

Und als er kam zu sterben, Zählt’ er seine Städt’ im Reich, Gönnt alles seinen Erben, Den Becher nicht zugleich.

And when he came to die He counted the towns in his realm, Bequeathed all to his heirs, Except for that goblet.

Er saß beim Königsmahle, Die Ritter um ihn her, Auf hohem Vätersaale, Dort auf dem Schloß am Meer.

He sat at the royal banquet, His knights around him In the lofty ancestral hall In his castle by the sea.

22


Dort stand der alte Zecher, Trank letzte Lebensglut, Und warf den heilgen Becher Hinunter in die Flut.

The old toper stood there, Drank life’s last glowing draught, And hurled the sacred goblet Into the waves below.

Er sah ihn stürzen, trinken Und sinken tief ins Meer. Die Augen täten ihm sinken; Trank nie einen Tropfen mehr.

He watched it fall and drink And sink deep into the sea. His eyes, too, sank; He drank not one drop more.

Johann Wolfgang von Goethe

Abschied (nach einer Wallfahrtsarie)

Farewell (Based on a Pilgrim’s Song)

Über die Berge zieht ihr fort, Kommt an manchen grünen Ort; Muß zurücke ganz allein, Lebet wohl! es muß so sein.

You go over the mountains And come upon many a green spot; I must return all alone, Farewell, it must be so.

Scheiden, meiden was man liebt, Ach wie wird das Herz betrübt! O Seenspiegel, Wald und Hügel ­schwinden all; Hör’ verschwimmen eurer Stimmen Wiederhall.

Parting, leaving that which we love, Ah, how it grieves the heart. Glassy lakes, woods and hills all vanish; I hear the echo of your voices fade away.

Lebt wohl! klingt klagevoll, Ach wie wird das Herz betrübt. Scheiden, meiden was man liebt; Lebt wohl! klingt klagevoll. Johann Mayrhofer

23

The lament sounds: “Farewell!” Ah, how it grieves the heart. Parting, leaving that which we love; The lament sounds: “Farewell!”


Lied der Mignon II

Mignon’s Song II

So laßt mich scheinen, bis ich werde, Zieht mir das weiße Kleid nicht aus! Ich eile von der schönen Erde Hinab in jenes dunkle Haus.

Thus let me seem till thus I become. Do not take off my white dress! I shall swiftly leave the fair earth For that dark dwelling place below.

Dort ruh’ ich eine kleine Stille, Dann öffnet sich der frische Blick; Ich lasse dann die reine Hülle, Den Gürtel und den Kranz zurück.

There, for a brief silence, I shall rest; Then my eyes shall open afresh. Then I shall leave behind this pure ­raiment, This girdle and this rosary.

Und jene himmlischen Gestalten, Sie fragen nicht nach Mann und Weib, Und keine Kleider, keine Falten Umgeben den verklärten Leib. Zwar lebt’ ich ohne Sorg’ und Mühe, Doch fühlt’ ich tiefen Schmerz genung. Vor Kummer altert’ ich zu frühe; Macht mich auf ewig wieder jung! Johann Wolfgang von Goethe

And those heavenly beings Do not ask who is man or woman, And no garments, no folds Enclose the transfigured body. True, I lived free from care and toil, Yet I knew much deep suffering. Too soon I grew old with grief; Make me young again for ever!

Thekla (Eine Geisterstimme)

Thekla (A Phantom Voice)

Wo ich sei, und wo mich hingewendet, Als mein flücht’ger Schatte dir ­entschwebt? Hab’ ich nicht beschlossen und geendet, Hab’ ich nicht geliebet und gelebt?

You ask me where I am, where I turned to When my fleeting shadow vanished. Have I not finished, reached my end? Have I not loved and lived?

Willst du nach den Nachtigallen fragen, Die mit seelenvoller Melodie Dich entzückten in des Lenzes Tagen? Nur so lang’ sie liebten, waren sie. Ob ich den Verlorenen gefunden? Glaube mir, ich bin mit ihm vereint, Wo sich nicht mehr trennt, was sich ­verbunden, Dort, wo keine Träne wird geweint. 24

Would you ask after the nightingales Who, with soulful melodies, Delighted you in the days of spring? They lived only as long as they loved. Did I find my lost beloved? Believe me, I am united with him in the place Where those who have formed a bond are never Separated, where no tears are shed.


Dorten wirst auch du uns wieder finden, Wenn dein Lieben unserm Lieben gleicht; Dort ist auch der Vater, frei von Sünden, Den der blut’ge Mord nicht mehr ­erreicht. Und er fühlt, daß ihn kein Wahn ­betrogen, Als er aufwärts zu den Sternen sah; Denn wie jeder wägt, wird ihm ­gewogen, Wer es glaubt, dem ist das Heil’ge nah. Dort gehalten wird in jenen Räumen Jedem schönen gläubigen Gefühl; Wage du, zu irren und zu träumen: Hoher Sinn liegt oft im kind’schen Spiel.

There you will also find us again, When your love is as our love; There too is our father, free from sin, Whom bloody murder can no longer strike. And he senses that he was not deluded When he gazed up at the stars. For as a man judges so he shall be judged; Whoever believes this is close to ­holiness. There, in space, every fine, deeply-felt belief Will be consummated; Dare to err and to dream: Often a higher meaning lies behind childlike play.

Friedrich von Schiller

Die Rose

The Rose

Es lockte schöne Wärme, Mich an das Licht zu wagen, Da brannten wilde Gluten; Das muß ich ewig klagen. Ich konnte lange blühen In milden heitern Tagen; Nun muß ich frühe welken, Dem Leben schon entsagen.

Lovely warmth tempted me To venture into the light. There fires burned furiously; I must forever bemoan that. I could have bloomed for long In mild, bright days. Now I must wither early, Renounce life prematurely.

Es kam die Morgenröte, Da ließ ich alles Zagen Und öffnete die Knospe, Wo alle Reize lagen. Ich konnte freundlich duften Und meine Krone tragen, Da ward zu heiß die Sonne, Die muß ich drum verklagen.

The red dawn came; I abandoned all timidity And opened the bud In which lay all my charms. I could have spread sweet fragrance And worn my crown, Then the sun grew too hot— Of this I must accuse it.

25


Was soll der milde Abend? Muß ich nun traurig fragen. Er kann mich nicht mehr retten, Die Schmerzen nicht verjagen. Die Röte ist verblichen, Bald wird mich Kälte nagen. Mein kurzes junges Leben Wollt’ ich noch sterbend sagen.

Of what avail is the mild evening? I must now ask sadly. It can no longer save me, Or banish my sorrows. My red coloring is faded; Soon cold will gnaw me. As I die I wish to tell once more Of my brief young life.

Friedrich von Schlegel (1772–1829)

Viola

Violet

Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein, In den Auen läutest du, Läutest in dem stillen Hain, Läute immer, läute zu!

Snowdrop, snowdrop, You ring through the meadows, You ring in the silent grove. Ring on, ring on for ever!

Denn du kündest frohe Zeit, Frühling naht, der Bräutigam, Kommt mit Sieg vom Winterstreit, Dem er seine Eiswehr nahm.

For you herald a time of joy; Spring approaches, the bridegroom, Victorious from his struggle with winter, From whom he wrested his icy weapon.

Darum schwingt der goldne Stift, Daß dein Silberhelm erschallt, Und dein liebliches Gedüft Leis’ wie Schmeichelruf entwallt:

So your golden rod swings That your silver bell shall resound, And your sweet fragrance wafts gently away, Like an enticing call:

Daß die Blumen in der Erd Steigen aus dem düstern Nest, Und des Bräutigams sich wert Schmücken zu dem Hochzeitsfest. Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein, In den Auen läutest du, Läutest in dem stillen Hain, Läut’ die Blumen aus der Ruh’! Du Viola, zartes Kind, Hörst zuerst den Wonnelaut, Und sie stehet auf geschwind, Schmücket sorglich sich als Braut,

26

So that the flowers in the earth Rise from their gloomy nests, And to prove worthy of the bridgegroom Adorn themselves for the wedding feast. Snowdrop, snowdrop, You ring through the meadows, You ring in the silent grove, Ring the flowers from their sleep! Violet, tender child, Is the first to hear the joyful sound; She rises quickly, And adorns herself carefully as a bride.


Hüllet sich in’s grüne Kleid, Nimmt den Mantel sammetblau, Nimmt das güldene Geschmeid, Und den Brilliantentau.

She wraps herself in a green gown, Takes a velvety blue mantle, Her golden jewels And her dewy diamonds.

Eilt dann fort mit mächt’gem Schritt, Nur den Freund im treuen Sinn, Ganz von Liebesglück durchglüht, Sieht nicht her und sieht nicht hin.

Then she hastens forth with powerful gait, With thoughts only of her beloved in her faithful Heart, inflamed with ardent love, Looking neither this way nor that.

Doch ein ängstliches Gefühl Ihre kleine Brust durchwallt, Denn es ist noch rings so still, Und die Lüfte weh’n so kalt. Und sie hemmt den schnellen Lauf, Schon bestrahlt von Sonnenschein, Doch mit Schrecken blickt sie auf, Denn sie stehet ganz allein. Schwestern nicht – nicht Bräutigam – Zugedrungen! und verschmäht! – Da durchschauert sie die Scham, Fliehet wie vom Sturm geweht, Fliehet an den fernsten Ort, Wo sie Gras und Schatten deckt, Späht und lauschet immerfort, Ob was rauschet und sich regt. Und gekränket und getäuscht Sitzet sie und schluchzt und weint, Von der tiefsten Angst zerfleischt, Ob kein Nahender erscheint. Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein, In den Auen läutest du, Läutest in dem stillen Hain, Läut die Schwestern ihr herzu!

27

But a feeling of apprehension Troubles her tiny breast, For all around it is still so quiet, And the winds blow so cold. She checks her rapid course. Already the sun shines on her, But she looks up in terror, For she is quite alone. No sisters! No bridegroom! She has been too pressing! She has been rejected! Then she shudders with shame And flees, as if swept away by the storm. She flees to the remotest spot, where grass and shade conceal her; She constantly peers and listens To see if anything rustles or stirs. Hurt and disappointed She sits sobbing and weeping, Tormented by the profound fear That no one will appear. Snowdrop, snowdrop, You ring through the meadows, You ring in the silent grove; Call her sisters to her.


Rose nahet, Lilie schwankt, Tulp’ und Hyazinthe schwellt, Windling kommt daher gerankt, Und Narciss’ hat sich gesellt.

The rose approaches, the lily sways, The tulip and hyacinth swell; The bindweed trails along, And the narcissus joins them.

Da der Frühling nun erscheint, Und das frohe Fest beginnt, Sieht er alle, die vereint, Und vermißt sein liebstes Kind.

And now, as spring appears And the happy festival begins, He sees them all united, But misses his dearest child.

Alle schickt er suchend fort Um die eine, die ihm wert, Und sie kommen an den Ort, Wo sie einsam sich verzehrt.

He sends them all off to search For the one he cherishes, And they come to the place Where she languishes alone.

Doch es sitzt das liebe Kind Stumm und bleich, das Haupt gebückt, Ach! der Lieb’ und Sehnsucht Schmerz Hat die Zärtliche erdrückt.

But the sweet creature sits there Dumb and pale, her head bowed; Alas, the pain of love and longing Has crushed the tender one.

Schneeglöcklein, o Schneeglöcklein, In den Auen läutest du, Läutest in dem stillen Hain, Läut Viola sanfte Ruh’!

Snowdrop, snowdrop, You ring through the meadows, You ring in the silent grove; Ring for Violet’s sweet repose!

Franz von Schober

An mein Herz

To My Heart

O Herz, sei endlich stille! Was schlägst du so unruhvoll? Es ist ja des Himmels Wille, Daß ich sie lassen soll.

O heart, be silent at last! Why do you beat so restlessly? For it is heaven’s will That I should leave her.

Und gab auch dein junges Leben Dir nichts als Wahn und Pein; Hat’s ihr nur Freude gegeben, So mag’s verloren sein!

Even though your youthful life Gave you nothing but delusion and pain, As long as it gave her joy Then no matter if it was lost to you.

Und wenn sie auch nie dein Lieben Und nie dein’ Liebe verstand, 28

And though she never understood Your loving or your love


So bist du doch treu geblieben, Und Gott hat’s droben erkannt.

You nevertheless remained faithful, And God above saw it.

Wir wollen es mutig ertragen, So lang nur die Träne noch rinnt, Und träumen von schöneren Tagen, Die lange vorüber sind.

Let us bravely endure As long as tears still flow, And dream of fairer days Long since past.

Und siehst du die Blüten erscheinen, Und singen die Vögel umher, So magst du wohl heimlich weinen, Doch klagen sollst du nicht mehr.

When you see the blossoms appearing, When the birds sing all around, Then you may weep in secret, But you should complain no more.

Geh’n doch die ewigen Sterne Dort oben mit goldenem Licht Und lächeln so freundlich von ferne, Und denken doch unser nicht.

For the eternal stars above Move with a golden light, Smiling kindly from afar And yet with no thought for us.

Ernst Schulze (1789–1817)

Der liebliche Stern

The Lovely Star

Ihr Sternlein, still in der Höhe, Ihr Sternlein, spielend im Meer, Wenn ich von ferne daher So freundlich euch leuchten sehe, So wird mir von Wohl und von Wehe Der Busen so bang und so schwer.

Little stars, so silent in the heavens, Little stars, playing upon the sea, When from afar I see you sparkling so delightfully, Then, for weal or woe, My heart grows troubled and heavy.

Es zittert von Frühlingswinden Der Himmel im flüssigen Grün, Manch Sternlein sah ich entblüh’n, Manch Sternlein sah ich entschwinden; Doch kann ich das schönste nicht finden, Das früher dem Liebenden schien.

The sky trembles in the spring breezes Above the watered meadows; I saw many a star blossom, I saw many a star vanish. But I cannot find the fairest star, That once shone for this lover.

Nicht kann ich zum Himmel mich schwingen, Zu suchen den freundlichen Stern; Stets hält ihn die Wolke mir fern. Tief unten, da möcht’ es gelingen, Das friedliche Ziel zu erringen, Tief unten, da ruht’ ich so gern! 29

I cannot soar to the heavens To seek that kindly star; Clouds forever conceal it from me. Deep below, there I might succeed In reaching the peaceful refuge; Deep below I would gladly find rest.


Was wiegt ihr im laulichen Spiele, Ihr Lüftchen, den schwankenden Kahn? O treibt ihn auf rauherer Bahn Hernieder ins Wogengewühle! Laßt tief in der wallenden Kühle Dem lieblichen Sterne mich nah’n!

Breezes, why do you lull the rocking boat In gentle play? Drive it along a rougher course, Down into the whirlpool! Deep in the cool, turbulent waters Let me draw near to that lovely star.

Ernst Schulze

In der Mitternacht

At Midnight

Todesstille deckt das Tal Bei des Mondes halbem Strahl; Winde flüstern, dumpf und bang, In des Wächters Nachtgesang.

Deathly silence lies over the valley Beneath the moon’s pale beams; Winds whisper, dull and troubled, Mingling with the watchman’s night song.

Hüllt, ihr Wolken, hüllt den Schein Immer tiefer, tiefer ein! Vor ihm bergen will mein Herz Seinen tiefen, tiefen Schmerz. An des Todes milder Hand Geht der Weg in’s Vaterland; Dort ist Liebe sonder Pein; Selig, selig werd’ ich sein. Johann Georg Jacobi

Clouds, conceal the light Ever more deeply! My heart would hide from him Its deep, deep pain. Guided by death’s gentle hand My path leads home. There is love without pain; There I shall find bliss.

Leb’ wohl, du schöne Erde

Farewell, Beautiful Earth

Leb’ wohl, du schöne Erde! Kann dich erst jetzt versteh’n, Wo Freude und wo Kummer An uns vorüber weh’n.

Farewell, beautiful earth! I can understand you only now, When joy and sorrow Pass away from us.

Leb’ wohl, du Meister Kummer! Dank dir mit nassem Blick! Mit mir nehm’ ich die Freude, Dich laß’ ich hier zurück.

Farewell, Master Sorrow! I thank you with moist eyes! Joy I take with me, You I leave behind.

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Sei nur ein milder Lehrer, Führ’ alle hin zu Gott, Zeig’ in den trübsten Nächten Ein Streiflein Morgenrot!

Be a kindly teacher And lead all men to God; In the darkest nights Reveal a gleam of dawn!

Lasse sie Liebe ahnen, So danken sie dir noch, Der früher und der später, Sie danken weinend doch.

Let them know what love is And they will be thankful; Some sooner, others later Will thank you with tears.

Dann glänzt das Leben heiter, Mild lächelt jeder Schmerz, Die Freude hält umfangen Das ruhige, klare Herz.

Then life will be radiantly happy; Every sorrow will smile gently, And joy will hold in its embrace The pure, tranquil heart.

Adolf von Pratobevera (1806–1875)

Translations © Richard Wigmore With thanks to Hyperion Records

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