Karim Said

Page 1

Karim Said


Karim Said Donnerstag

4. Oktober 2018 19.30 Uhr

Karim Said Klavier

William Byrd (um 1540–1623) Fantasia MB 27

Ludwig van Beethoven (1770–1827) 15 Variationen mit Fuge über ein eigenes Thema Es-Dur op. 35 „Eroica-Variationen“ (1802) Introduzione col basso del tema. Allegretto vivace – Tema – Variationen I–XV – Finale alla fuga. Allegro con brio

Arnold Schönberg (1874–1951) Drei Klavierstücke op. 11 (1909/10) I. Mäßig II. Mäßige Achtel III. Bewegt


Nikos Skalkottas (1904–1949) Passacaglia für Klavier aus 32 Klavierstücke (1940–41) Grave – Agitando, molto ritmico – Vivo – Allegro – Moderato – Tempo primo Pause

Nikos Skalkottas 15 kleine Variationen für Klavier (1927) Thema. Allegretto scherzando – Variationen I–XV

Johannes Brahms (1833–1897) Klaviersonate Nr. 2 fis-moll op. 2 (1853)

I. Allegro non troppo ma energico II. Andante con espressione – III. Scherzo. Allegro – Trio. Poco più moderato IV. Finale. Sostenuto – Allegro non troppo e rubato

This concert is supported by the Abu Dhabi Festival

3


Eine der wichtigsten Fragen, die wir uns heute stellen, ist, wie Europas ­Zukunft aussehen kann und muss. Ich selbst mache mir viele Gedanken zu diesem Thema. Jeder Kontinent der Welt – Asien, Afrika, Nord- und Südamerika – besitzt etwas Besonderes, einzigartige Eigenschaften und Quali­ täten, die er der Welt gibt. Eines der wichtigsten Geschenke Europas an die Welt ist die europäische Kultur. Jedes einzelne europäische Land leistet einen Beitrag dazu, und es ist diese Diversität, die Europas Kultur so unverwechselbar macht. Aufgabe der europäischen Gemeinschaft muss es sein, diese vielfältige und doch gemeinsame Kultur zu ­schützen und zu stärken. Kultur hat, auf ganz unterschiedliche Art und Weise, die Kraft, Menschen zusammenzu­ bringen. Nirgends kann ein Deutscher einen Franzosen so gut kennenlernen und verstehen wie in den Werken von Baudelaire, Debussy oder Cézanne. Und nirgends kann ein Franzose einem Deutschen leichter näherkommen als in denen Beethovens oder Goethes. Aus diesem Grundgedanken heraus setzen wir in dieser Spielzeit einen ­musikalischen Akzent auf Griechenland, die Wiege der europäischen Kultur. In der Staatsoper spielen wir zwei Stücke, die auf Figuren der griechischen ­Mythologie basieren, Medea und Elektra.

4

Im Konzert – in der Abonnementreihe der Staatskapelle ebenso wie im Pierre Boulez Saal – gibt es einen kleinen Schwerpunkt auf Werke des griechischen Komponisten Nikos Skalkottas. Skalkottas kam als Geiger nach Berlin und studierte Komposition bei Arnold Schönberg. Schönbergs Werke wurden zu seiner Zeit nur selten gespielt, und so konnte man sich auch als einer seiner Studenten nur wenig Hoffnung auf große Anerkennung machen. Skalkottas blieb daher weitgehend unbekannt, ­obgleich er ein bedeutender Komponist wurde. Schönberg brachte Skalkottas zur Zwölftonmusik – Skalkottas schrieb das erste dodekaphonische Klavier­ konzert der Musikgeschichte. Trotz des Studiums bei Schönberg blieb er aber auch seinen griechischen Wurzeln treu und komponierte unter anderem eine Sammlung griechischer Tänze sowie andere Werke, die seine Herkunft ­reflektieren. Wir möchten Ihnen Skalkottas als einen wichtigen Exponenten euro­ päischer Kultur nahebringen und mit unserem musikalischen Schwerpunkt in den kommenden Monaten einen kleinen Beitrag zur Stärkung und Wertschätzung dieses wunderbar vielfältigen Erbes leisten.


One of the most important questions we ask ourselves today is what the ­future of Europe can and should look like. I have often thought about this. Each of the world’s continents—Asia, Africa, the Americas—has special traits, unique characteristics and qualities to give to the world. One of Europe’s most important gifts is European ­culture. Each country in Europe contributes to it, and it is this diversity that makes European culture so unmistakable. It must be the responsibility of the European community to protect and strengthen this diverse yet shared culture. In many different ways, culture has the ability to bring people together. There is not better way for a German to get to know the French people than through the works of Baudelaire, Debussy, or Cézanne, just as there is no better way for a French person to understand the German people than through Beethoven or Goethe. This is why this season we offer a musical focus on Greece, the ­cradle of European culture. At the Staats­oper, we will perform two works based on characters from Greek mythology, ­Medea and Electra. In concert— both in the subscription series of the Staatskapelle and at the Pierre

Boulez Saal—you will hear a small ­selection of works by the Greek composer Nikos Skalkottas. Skalkottas came to Berlin as a violinist and studied com­position with Arnold Schoenberg. Schoenberg’s own works were rarely performed at the time, and as one of his students a young musician could have little hope of wide recognition. Skalkottas thus remained relatively ­unknown, even though he became an important composer. Schoenberg introduced him to the twelve-tone technique—Skalkottas wrote the first ever twelve-tone piano concerto. Although he studied with Schoenberg he also ­remained true to his Greek roots and composed a collection of Greek dances and other works that reflect his background. We would like to present Skalkottas to you as a major exponent of European culture and, with our musical focus over the next few months, make a small contribution to supporting and appreciating this wonderfully diverse heritage.

Daniel Barenboim

5


6


Pioniergeister Klaviermusik aus vier Jahrhunderten

Karim Said

Parallelbewegung Schon immer hat es mich fasziniert, wie sich Kom­ ponisten gegenseitig beeinflussen – ob über Generationen hinweg oder unmittelbar durch die zahlreichen Lehrer-­ Schüler-Beziehungen der Musikgeschichte. Die Parallele zwischen William Byrds tiefgreifendem E ­ influss auf das ­elisabethanisch-jakobinische England und ­Arnold Schönbergs Bedeutung für die Musik des 20. Jahrhunderts, die der amerikanische Musikwissenschaftler ­Joseph Kerman gezogen hat, finde ich als Musiker, der sich sowohl mit ­Alter als auch mit Neuer Musik intensiv beschäftigt, sehr interessant. Byrd selbst hat zwar keine musiktheoretischen Abhandlungen verfasst, doch Thomas Morley, einer seiner vielen Schüler, brachte 1597 sein berühmtes Traktat A Plaine and Easie Introduction to Practicall Musicke zu Papier. Die Schrift gilt als vielleicht wichtigster musiktheoretischer Text der ­elisabethanischen Zeit und nimmt in weiten Teilen auf ­Byrds Kompositionsstil Bezug. Darin beschreibt Morley das Studium der Musik als ein Form der „Kontemplation“ und lässt, über die rührende Widmung an seinen Mentor ­hinaus, die Bedeutung erkennen, die einem musikalischen Ausbildungsverhältnis damals zukam: „Die Überlegungen dazu haben mich bewegt, diese meine Arbeiten Ihnen zu widmen, um der Welt meine Dankbarkeit und Ihnen auf diese Weise die ganze Liebe und Zuneigung, die ich Ihnen entgegenbringe, kund zu tun.“ In der Fantasie in a-moll, eines von Byrds frühesten Werken für Tasteninstrumente, ist wiederum Byrds eigener Lehrer, Thomas Tallis, als Quelle der Inspiration gegenwärtig. In ­einigen Abschnitten erinnert Byrd seine Hörer an die kontinuierliche metrische Variation, die sich in einem der herausragenden Stücke von Tallis, Felix Namque, findet. Davon abgesehen ist die Fantasie sehr frei komponiert; es findet 7


„… bin ich jetzt Schönbergs rechte Hand“

8

kaum eine systematische Durchführung des musikalischen Materials statt, mit der Ausnahme eines populären elisa­ bethanischen Volkliedes, das ungefähr in der Mitte des Stückes in G-Dur eingeführt wird. Wie die meisten Fantasien ­ihrer Zeit stellt auch diese, im wahrsten Sinne des Titels, ein Erkunden der Vorstellungskraft des Komponisten dar. So merkwürdig das Fehlen musiktheoretischer Schriften im Schaffen Byrds ist, so erstaunlich ist es, wie wenig Arnold Schönberg über die Zwölftontechnik, die weithin mit ihm assoziiert wird, geschrieben hat (obgleich Musikstudenten bis heute mit seinen wichtigsten Texten über tonale Komposition konfrontiert werden, darunter die Grundlagen der musikalischen Komposition und die Harmonielehre). Den Großteil unseres Verständnisses dieser Kompositionstechnik verdanken wir dementsprechend den Äußerungen der nach­ folgenden Generation von Komponisten, von denen viele Schönbergs Schüler gewesen waren. Der Einfluss, den er nicht nur als Lehrer, sondern auch als Autorität im öffent­ lichen Musikleben auf Künstler wie Berg, Webern, Eisler, Skalkottas, Cage und eine ganze Reihe von Filmkomponisten in Hollywood hatte, die nach seiner Über­sied­lung nach Los Angeles 1934 bei ihm studierten, ist kaum zu überschätzen. Wie würde wohl die Musik zu vielen Horror­filmen klingen, hätte Schönberg mit der Emanzipation der Dissonanz nicht auch im Filmgeschäft seine Spuren hinterlassen? Die Verehrung, mit der der griechische Komponist Nikos Skalkottas in einem der 56 Briefe an seinen Förderer Manolis Benakis von Schönberg spricht, während er bei ihm an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin studierte, zeigt die Stellung, die Schönberg im Berliner Musikleben der 1920er genossen haben muss: „Wie du weißt, bin ich jetzt Schönbergs rechte Hand, er betraut mich mit all seinen Aufgaben, der Einstudierung seiner Werke.“ Natürlich gibt es noch andere offensichtliche Ähnlich­ keiten zwischen Schönberg und Byrd: beide erlebten ihre künstlerische Blüte während unerträglicher religiöser, ­politischer und sozialer Verfolgung. Zu einer Zeit, in der es im anglikanischen England verboten und gefährlich war, Katholik zu sein, stand Byrd fest zu seinem Glauben und schrieb weiterhin Musik für geheime katholische Gottesdienste. Schönberg dagegen sah sich 1933 gezwungen, in die USA zu emigrieren, nachdem in Deutschland und in seinem Geburtsland Österreich der Antisemitismus immer weiter um sich griff.


Neue Wege „Meine Musik muss kurz sein. Knapp! In zwei Noten: nicht bauen, sondern ‚ausdrücken‘“, schrieb Schönberg 1909 an seinen Freund, den Komponisten und Pianisten Ferruccio Busoni, nachdem er seine Drei Klavierstücke op. 11 fertig gestellt hatte. Im gleichen Brief beschreibt Schönberg sein Streben nach einer „vollständigen Befreiung von allen Formen“, „von allen Symbolen des Zusammenhangs und der Logik“ – eine überraschende Forderung vor allem in puncto Logik, gerade wenn man sich die hochgradig ­methodische, fast Beethovensche Durchführung des er­ öffnenden, walzerartigen Themas im ersten der Stücke vor Augen führt. Ich frage mich, ob Busoni – der später ein ­Arrangement des zweiten Stückes veröffentlichte, das durchaus als eigenständiges Werk bestehen kann – die Forderung nach der „Befreiung von allen Formen“ so ganz ernst nehmen konnte, als er die Noten zum ersten Mal zu Gesicht bekam. Denn es lässt sich unschwer erkennen, dass am Ende des Stücks das Eröffnungsthema über einem relativ ­tonalen Bassostinato in Triolen (auf den Tönen F–D–F) wiederkehrt. Damit präsentiert sich das Stück in einer ziemlich unkomplizierten A-B-A-Struktur – nicht nur eine der zentralen Formen der deutsch-österreichischen Musik­ tradition des 18. und 19. Jahrhunderts, die Schönberg bewunderte und gegen die er gleichzeitig rebellierte, sondern auch das Modell für das erste Stück aus op. 11. Eigentlich entspricht nur das dritte Stück, mit seinen kantigen melo­ dischen Aus­brüchen und kurzen Motiven, Schönbergs ­ursprünglicher Beschreibung. Als musikalischer Revolutionsführer an der Wende zum 20. Jahrhundert folgt Schönberg einem anderen Wiener Komponisten aus früheren Zeiten. In Bonn geboren, ließ Beethoven sich mit 21 Jahren in der österreichischen Hauptstadt nieder und gab 13 Jahre später der Musik­ geschichte mit der Uraufführung seiner „heroischen“ Dritten Sinfonie in Es-Dur eine völlig neue Richtung. Das revolutionäre Werk verblüffte sowohl das Publikum als auch seine engsten Vertrauten. Ferdinand Ries zum Beispiel, einer der von Beethoven meistgeschätzten Schüler und ­Assistenten, war nach eigener Erinnerung „sehr nah daran“, von Beethoven „eine Ohrfeige zu erhalten“. „Beethoven hat es mir lange nicht verziehen“, berichtet Ries, dass er eine „böse Laune“, die Beethoven in die Hornstimme der 9


Symphonie geschrieben hatte, für e­ inen Fehler des Hornisten gehalten hatte. Im ersten Satz nämlich nimmt das Horn das Hauptthema zwei Takte vor dessen eigentlicher Reprise vorweg, „als ob der Hornist schlecht g­ ezählt habe und ­verkehrt eingefallen ist“ – eine typische Finte Beethovens, die seine Hörer noch heute stutzig macht. Natürlich lag in Europa gegen Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts Revolution in der Luft. Die Dritte ­Sinfonie, heute als „Eroica“ bekannt, war ­ursprünglich mit „Bonaparte“ betitelt, als Ehrerbietung an den französischen Revolutionshelden. Napoleons Selbstproklamation zum Kaiser 1804 veranlasste Beethoven dann allerdings dazu, in ­einem denkwürdigen Wutausbruch dessen Namen von der Titel­seite des Manuskripts ungestüm wieder auszu­ kratzen. Dies war keineswegs das einzige Mal, dass Beethoven mit einem grundsätzlichen, sein Schaffen betreffenden Entschluss haderte. Das pizzicato-Thema aus dem letzten Satz der Symphonie (Es–B–B–Es) taucht sowohl in seiner ­Ballettmusik Die Geschöpfe des Prometheus auf, als auch im Contredanse Nr. 7, WoO 14, und in den 15 Variationen mit Fuge über ein eigenes Thema in Es-Dur op. 35, die ich ­heute Abend spielen werde. In all diesen Werken entwickelt sich diese Melodie zum harmonischen Gerüst, das sich ­quasi leitmotivisch durch das Leben Beethovens zieht, den angesichts seiner fortschreitenden Ertaubung Selbstmord­ gedanken umtrieben. In seinem sogenannten Heiligen­städter Testament von 1802, adressiert an seine B ­ rüder Carl und ­Johann, schreibt er: „Wenn jemand den Hirten Singen hörte, und ich auch nichts hörte, solche Ereig­nisse brachten mich nahe an Verzweiflung, es fehlte wenig, und ich endigte selbst mein Leben – nur die Kunst, sie hielt mich zurück, ach es dünkte mir unmöglich, die Welt eher zu verlassen, bis ich das alles hervorgebracht, wozu ich mich auferlegt fühlte …“ Lässt sich Beethovens Beharren auf dem „Eroica“-Thema womöglich als Reflex seines eigenen Hero­ismus a­ ngesichts eines tragischen inneren Kampfes verstehen? Echos und Variationen Die Vergangenheit zum Ausgangspunkt für die Zu­kunft der Musik zu machen (eine auch als Neoklassizismus bezeichnete Idee), war in der Zwischenkriegszeit nichts Ungewöhnliches – man denke nur an Strawinskys Pulcinella von 1919/20. Auch die Komponisten der Zweiten Wiener Schule 10


Zeit großer musikalischer Experimente

haben sich in den 1920ern, einer Zeit der großen musika­ lischen Experimente, damit beschäftigt. Sie entfernten sich zunehmend vom gewissermaßen „aufreibenden“ Stil des atonalen Expressionismus und wandten sich den geordneten, „rationaleren“ Tonreihen der Zwölftonmusik zu. Musik wurde nun gemäß einer bestimmten Anordnung der zwölf Töne der chromatischen Tonleiter geschrieben, die nur auf sich selbst bezogen waren. Schönbergs ganz eigene Form des Neoklassizismus in seiner Suite für Klavier op. 25 aus dem Jahr 1923 ist besonders faszinierend: es ist das erste Stück, in dem er seine Zwölftonmethode durchgehend angewandt hat, ausgerechnet in Form einer barocken Tanzsuite. Es überraschet deshalb nicht, dass Nikos Skalkottas in ­seiner Passacaglia – einem der 32 Klavierstücke, die er 1940 in Athen vollendete – vielleicht mit einer gewissen Wehmut musikalisch auf seine Zeit in Berlin (die Jahre 1921 bis 1933) zurückblickt. Die meisten, wenn nicht alle Passacaglien ­haben ihren Ursprung in den langsamen Tänzen Spaniens und Italiens des frühen 17. Jahrhundert; die Bassstimme dient als Fundament, über dem sich der Rest der Kompo­ sition aufbaut. Skalkottas’ Stück nimmt Bezug auf eine ­Vielzahl musikalischer Traditionen. Eine „Elftonreihe“ in der thematischen Bassstimme erinnert an die feierliche Schwere, die man im 19. Jahrhundert paradigmatisch mit ­Johann Sebastian Bachs Passacaglia in c-moll für Orgel assoziierte. Gleichzeitig verweisen die gebrochenen Akkorde in den Variationen 11 und 15 auf die ursprüngliche „Pasacalle“ des 17. Jahrhunderts: geschlagene Gitarrenakkorde zur ­Begleitung einer Improvisation waren die unverkennbaren Merkmale dieses Tanzes. Die 15 kleinen Variationen von 1927, die eine unbeschwertere Seite von Skalkottas’ Charakter zeigen, sind in Berlin entstanden und stark von Schönbergs atonaler Ton­ sprache in den Fünf Klavierstücken op. 23 beeinflusst. Diese Variationen markieren den Beginn von Skalkottas’ Schaffen als atonaler Komponist, sind aber dennoch auch eine ­Hommage an die aufregende Bandbreite musikalischer Stile im Berlin der 1920er Jahre. Man kommt nicht umhin, sich durch die Jazzrhythmen der vierten Variation in ein Berliner Ballhaus ­versetzt zu fühlen; im starken Kontrast dazu stehen die farbenreichen Harmonien, die in charakteristischer Melancholie das Werk beschließen.

11


Brahms der Fortschrittliche

Eine „verschleierte Symphonie“

In seinem Aufsatz Brahms der Fortschrittliche will Arnold Schönberg „beweisen, daß Brahms, der Klassizist, der Akade­mische, ein großer Neuerer, ja, tatsächlich ein großer Fortschrittler im Bereich der musikalischen Sprache war.“ Brahms verdankte seinen Ruf als Vertreter des komposito­ rischen Akademismus zum Teil seinem ungewöhnlichen ­Interesse an der Musik des Mittelalters und der Renaissance; er war besonders fasziniert von den rhythmischen Modellen früherer Epochen, die von anderen Komponisten des 19. Jahrhunderts zum größten Teil unbeachtet blieben. Nachdem er einen Großteil seines Sommers mit dem Studium von Robert Schumanns Musik verbracht hatte, stellte sich der junge Brahms 1853 bei Schumann vor. Seine Begabung als Komponist und Pianist wurde schlagartig ­offenkundig, als er seine Klaviersonate in fis-moll op. 2 vorspielte. Es war, in Schumanns Worten, „ein ganz geniales Spiel, das aus dem Clavier ein Orchester von wehklagenden und lautjubelnden Stimmen machte. Es waren Sonaten, mehr verschleierte Symphonien“. Die fis-moll-Sonate ist von verschiedenen Komponisten beeinflusst, die Brahms während seiner prägenden Jahre intensiv studiert hatte. ­Besonders im vierten Satz hört man den charakteristischen Anfangsrhythmus aus Beethovens Fünfter Sinfonie, ungarisch angehauchte Themen in Transkriptionen à la Liszt, und sogar einen Hauch von Chopin in den improvisiert wirkenden Skalen in der Einleitung und der Coda. Die ­ersten drei Sätze erscheinen als subtile Reverenzen an Komponisten und ­Stile, die eher in der Peripherie von Brahms’ kompositorischem Bewusstsein standen: die methodische, Beethovensche Durchführung eines populären deutschen Volksliedes, „Mir ist Leide“, im zweiten und dritten Satz, die tänzerischen Oktavgesten im Stile Liszts in der Eröffnung des ersten Satzes, und die anschließende, beinahe verspielte „mittelalterliche“ Polyrhythmik. Das Stück ist im besten Sinne eine Mixtur von Stilen, mit denen sich Brahms für den Rest seines Lebens beschäftigen sollte.

Übersetzung aus dem Englischen: Christoph Schaller

12


13


Auf der Suche nach

Nikos Skalkottas ***

Das Frühjahr 1933 war eine Zeit tief­ greifenden Umbruchs: für die Weimarer Republik, die politisch am Abgrund stand, für Europa, das in den folgenden Jahren in seine größte Katastrophe ­gestürzt werden sollte – und auch für den 29-jährigen griechischen Komponisten Nikos Skalkottas, der, in eine aussichtslose wirtschaftliche Lage geraten, seine Wahlheimat Berlin verlassen musste. Er kehrte nach Athen, in die Stadt seiner Kindheit, zurück; sein gesamter Besitz und alle Manuskripte verlieben in Deutschland. Bis zu diesem Zeitpunkt klingt Skalkottas’ Geschichte wie der Beginn einer überaus vielversprechenden Musikerlaufbahn. Mit 17 Jahren war er nach Berlin gekommen. Dank eines Stipendiums konnte der hochbegabte Geiger und preisgekrönte Absolvent des Athener Konservatoriums ab 1921 an der hiesigen Hochschule für Musik sein Studium fortsetzen. Skalkottas erlebt die rapide wachsende Metropole während einer ihrer schillerndsten Blütezeiten. Berlin avanciert zu einem der führenden Musik­ zentren Europas, hier versammeln sich die renommiertesten Musiker der Zeit. Skalkottas nimmt Unterricht bei Kurt Weill, dann bei Philipp Jarnach; schnell ist Komponieren das neue Berufsziel. 1927 wird er Teil des Zirkels von Schülern, die Arnold Schönberg in seiner 14 14

Kompositionsklasse an der Akademie der Künste unterrichtet. Die Begegnung mit Schönberg ist entscheidend für Skalkottas’ weitere Entwicklung: er wird von seinem Lehrer hoch geschätzt, dirigiert Konzerte mit eigenen Kompositionen und denen seiner Mitstudenten, leitet Proben von ­ Schönbergs Werken und bezeichnet sich selbst in einem Brief als die „rechte Hand“ des Meisters. Skalkottas’ Oktett für Holzbläser und Streichquartett, sein Concerto für Bläser und sein erstes Streichquartett kommen an der Akademie zur Aufführung. Außerhalb des Studiums verdient er seinen Le­bens­ ­unterhalt als Musiker in den Berliner Cafés und Stummfilmkinos. Eine Zeitlang lebt er mit einer Mit­studentin, der Geigerin Matla Temko zusammen; 1927 wird ihre gemeinsame Tochter geboren. Doch nach seinem Studienabschluss 1930 läuft sein Stipendium aus, und er verliert die finanzielle Unterstützung durch einen Freund. Die um sich greifende Rezession trägt ihren Teil dazu bei, dass Skalkottas immer größere Schwierigkeiten hat, Arbeit zu finden. Schönberg, Jurymitglied des Mendelssohn-Kompositions-Stipen­ diums, schlägt einen gemeinsamen ersten Preis für Norbert von Hannenheim und Skalkottas vor, doch die Auszeichnung geht an Hannenheim. 1933 hat


Skalkottas keine Wahl mehr – er verlässt Berlin, nicht ahnend, dass auch Schönberg aufgrund der politischen Situation bereits außer Landes ist. All das bleibt nicht ohne Folgen für seinen Gesundheitszustand. Bereits 1931 hat er offenbar einen psychischen Zusammenbruch erlitten, und die Krise setzt sich auch nach der Rückkehr nach Athen fort. Dort verdingt sich Skalkottas bis zu seinem Lebensende als Orchestermusiker. Seine Persönlichkeit, vormals energiegeladen, wenn auch von Stimmungsschwankungen beherrscht, verändert sich, und er zieht sich zunehmend zurück. In den folgenden knapp 15 Jahren entsteht der Großteil seines Œuvres, darunter etliche Orchesterwerke. Doch Aufführungen bleiben aus, von wenigen tonalen Kompositionen abgesehen. Skalkottas’ künstlerisch konservatives Umfeld ist dafür ebenso verantwortlich wie sein introvertierter Charakter. Die Situation in Griechenland – innerhalb weniger Jahre folgen Diktatur, Weltkrieg, Besetzung und Bürgerkrieg aufeinander – tut ein übriges, es seiner anspruchsvollen Musik schwer zu ­ machen. Doch trotz aller Schwierigkeiten komponiert Skalkottas, voller Ehr­ geiz und Selbstvertrauen. 1946 heiratet er die Pianistin Maria Pangali. Kurz vor der Geburt ihres zweiten Sohnes 1949 stirbt er unerwartet an den Folgen eines Leistenbruchs. Seine Musik wird in weiten Teilen erst nach seinem Tod entdeckt. Mehr als 120 Werke umfasst Skalkottas’ Schaffen: Orchester-, Kammer- und Vokalmusik, Musik für die Bühne und fürs Ballet. Fast alle zeitgenössischen Stilrichtungen fließen in seine Kompositionen ein, teils gleichzeitig, teils nacheinander:

Zwölftontechnik, freie Atonalität, erweiterte und neoklassische Tonalität ebenso wie Elemente griechischer Volksmusik. In einigen Werken finden sich Anklänge an die Berliner Cabaretund Jazz-Szene.Von Anfang an entwickelte er eine eigenständige Zwölftonmethode, die auf Gruppen von Reihen basiert, im Gegensatz zu Schönbergs Prinzip einer einzigen Reihe. Als Meister der Formen und Stile war ­ Skalkottas ein Pioneer, in dessen Musik sich Avantgarde und Tradition, Atonalität und Tonalität, serielle und freie Strukturen, klassische und Volksmusik, europäische und nationale Aspekte begegnen. Sein Werk, so hat es der Dirigent Nikos Christodoulou formuliert, wirkt heute beinahe prophetisch. Christoph Schaller

Wir danken Nikos Christodoulou und der Skalkottas-Akademie, Athen.

15

15


Pioneering Ghosts Piano Music from Four Centuries

Karim Said

Parallel Motion I have always been fascinated by the ways in which composers influence each other, whether across generations or more directly through the master–pupil relationships that they often cultivate. The comparison of William Byrd’s pervasive influence on the Elizabethan/Jacobean world with the impact that Arnold Schoenberg left on the 20th century, as suggested by the American academic Joseph Kerman, seized my interest immediately as a performer with a keen interest in both early and modern music. Although Byrd wrote no works of music theory himself, one of his many pupils, Thomas Morley, penned the famous A Plaine and Easie Introduction to Practicall Musicke in 1597. This treatise serves as perhaps the most important text on Elizabethan music theory and is largely attributed to Byrd’s own style of composition. In it, Morley describes musical study as a form of “contemplation” and, in addition to the moving dedication to his mentor that follows, sheds light on the gravitas that characterized musical apprenticeships at the time: “The consideration of this hath moved me to publish these labors of mine under your name both to signify unto the world my thankful mind, and also to notify unto yourself in some sort the entire love and unfeigned ­affection which I bear unto you.” The Fantasia in A minor on tonight’s program—one of Byrd’s earliest works for the keyboard—invokes his own master, Thomas Tallis, as the main source of inspiration. In some sections Byrd reminds the listener of the gradual metric modulation found in Tallis’s Felix Namque—one of his greatest keyboard works. Otherwise, this fantasia is freely composed with little systematic development of the material, the main exception being the introduction of a popular Elizabethan tune in G major about halfway through the piece. As with most Elizabethan fantasias, true to the 16


l­iteral definition of their titles, the piece is an exploration of the composer’s imagination. In much the same way that there is a mysterious void in Byrd’s writing when it comes to music theory, it is somewhat surprising that Schoenberg wrote so little about the Twelve-Tone Method that is widely associated with him (although music students to this day still study his most ­important texts on tonal musical com­position such as the Fundamentals of Musical Composition and the Harmonielehre). We therefore owe much of our understanding of the method’s compositional technique to the writings of the following generation of composers, many of whom were Schoenberg’s students. His influence—not only as a teacher but also as a contemporary musical figure of enormous stature—on the likes of Berg, Webern, Eisler, Skalkottas, Cage, and a good number of Hollywood film composers who studied with him after his move to Los ­Angeles in 1934, cannot be under­ estimated. What would the music of horror films sound like had Schoenberg not left a permanent mark on the industry with his emancipation of dissonance? The inherent reverence with which the Greek composer Nikos Skalkottas refers to him in one of the 56 letters that he wrote to his patron Manolis Benakis while studying with Schoenberg at the Prussian Academy of the Arts in Berlin, sheds light on the weight the older composer must have carried in the city’s music scene throughout the 1920s: “As you know, I am now Schoenberg’s right hand, he entrusts me with all his tasks, the preparation of his works.” Of course, there are other obvious similarities between Byrd and Schoenberg: they both flourished artistically under in­sufferable religious, political, and social persecution. At a time in history when it was both illegal and dangerous to be a Catholic recusant in Anglican England, Byrd held firmly to his faith and continued to write music for clandestine Catholic services. Schoenberg on the other hand was forced to emigrate to the United States in 1933 because of antiSemitism reaching new heights in 1920s Germany and Austria, the country of his birth.

17


New Paths

Veneration and rebellion

18

“My music must be brief. Concise! In two notes: not built, but ‘expressed,’” were Schoenberg’s words to his friend, the pianist and composer Ferruccio Busoni, in 1909, as he completed his Three Piano Pieces Op. 11. In that ­correspondence, Schoenberg yearns to “strive for complete liberation from all forms, from all symbols of cohesion and logic”—a rather unexpected statement, especially as far as logic is concerned, when one considers his highly metho­ dical, almost Beethovenian development of the opening waltz-like theme in the first piece. His intended “liberation from all forms” makes me wonder whether Busoni, who would l­ater develop the second of these pieces into an arrangement that stands as a work in its own right, took that assertion with a pinch of salt when he looked through Op. 11 No. 2 for the first time. It is, after all, easy to recognize the return of the opening theme above the somewhat t­onal bass ostinato in triplets (using the notes F–D–F) at the end. This makes for a ­relatively straightforward A–B–A structure—­ central to a large body of music in the Austro-German ­traditions of the 18th and 19th centuries, which Schoenberg both venerated and rebelled against simultaneously, and indeed the very formal structure he uses in the first piece of Op. 11, too. Only the third piece fits the ­description above, with its angular melodic outbursts and short phrases. If Schoenberg was the turn of last century’s leading dissident, he follows in the footsteps of another Viennese composer from decades past. Though born in Bonn, Ludwig van Beethoven settled in the Austrian capital at the age of 21, where he effectively revolutionized the course of musical history with the first performance of his “Heroic” Third Symphony in E-flat major, 13 years later. The revolutionary nature of this work astounded audiences and his closest ­disciples alike. Ferdinand Ries, for example—one of ­Beethoven’s most trusted pupils and assistants—recalled how he nearly had his “ears boxed” by the older composer and that Beethoven did not forgive him “for a long time” after he mistook a “wicked trick” Beethoven gave the horn for a mistake of the player. In the first movement, the horn part ­anticipates the main theme two bars ahead of its recapitulation and “gives the impression that the horn player has counted wrong”—a signature Beethovenian wrong footing that still startles listeners today.


Revolution was of course in the air towards the end of the 18th and beginning of the 19th centuries in Europe. The Third Symphony, now known as the “Eroica,” was first given the title “Bonaparte,” paying tribute to the hero of revolutionary France. Napoleon proclaiming himself ­Emperor in 1804 however led Beethoven to violently scratch out his name from the title page of the manuscript in a ­historic fit of rage. This was by no means the only instance when Beethoven struggled with a fundamental decision ­relating to this work; the pizzicato theme of the last movement (E flat–B flat–B flat–E flat) also appears in his ballet The Creatures of Prometheus, in the Contredanse No. 7, WoO 14, and in the 15 Variations and Fugue on an Original Theme in E-flat major for solo piano, which I will perform tonight. In all of these works, that melody evolves into a harmonic skeleton that supports an important theme for Beethoven, who had recently contemplated ­suicide at the thought of the inevitable onslaught of his deafness. In his so-called “Heiligenstadt Testament” of 1802, addressed to his brothers Carl and Johann, he laments: “Someone heard the shepherd singing and again I heard nothing, such incidents brought me to the verge of despair, but little more and I would have put an end to my life—only art it was that withheld me, ah it seemed impossible to leave the world until I had produced all that I felt called upon me to produce.” Could Beethoven’s persistence with the “Eroica” theme resemble his own heroism in the face of a tragic ­inner battle? Echoes and Variations Using the past as a springboard for the future in music (also known as neo-classical composition) was not uncommon between the two World Wars—think of Stravinsky’s Pulcinella from 1919–20. It also preoccupied composers of the Second Viennese School throughout the 1920s, which was a time of great musical experimentation. The school moved away from the somewhat “exhausting” nature of expressionist atonal composition to the highly ordered, more “rational” tone rows of twelve-tone music. Music was now written ­according to a particular spelling of the twelve notes of the chromatic scale that were related only to one another. Schoenberg’s specific evocation of Neo-Classicism in his Suite for Solo Piano Op. 25 from 1923, for example, is 19


s­triking because it is in fact the first time he uses the ground­ breaking Twelve-Tone Method throughout a complete work, which takes the form of a B ­ aroque dance suite. So it is not surprising that Skalkottas looks back, perhaps with a certain degree of ­nostalgia, to his Berlin years (1921–33) in his Passacaglia—one of the 32 Piano Pieces that were completed in Athens in 1940. As in most, if not all, passacaglias that have their roots in the slow dances of early 17th-century Spain and Italy, the bass line features as a ground on which the rest of the composition is established. In this work, Skalkottas pays tribute to a wide range of past traditions. Using a tone row (of 11 notes) in his thematic bass line, one recalls the somber gravity that was widely ­associated in the 19th century with Johann Sebastian Bach’s ­Passacaglia for Organ in C minor. On the other hand, the broken chords in Variations 11 and 15 revive the spirit of the original 17th-century “Pasacalle,” where strumming chords on a guitar rhythmically in an improvisation created distinguishable character traits for this dance form. Although they show a lighter side to his character, Skalkottas’s 15 Little Variations of 1927 were written in Berlin and are heavily influenced by Schoenberg’s atonal language in the Piano Pieces Op. 23. These variations mark the beginning of Skalkottas’s work as a truly atonal composer, but they also pay homage to an exciting variety of styles found in Berlin during the 1920s; one can’t help feeling the swung Jazz rhythms of the fourth variation with a sense for the ­atmosphere of a popular Berlin dance club, in stark contrast to the gentle, colorful harmonies that conclude the work with characteristic melancholy. Brahms the Progressive In his essay Brahms the Progressive, Schoenberg declares his intention to prove that Johannes Brahms “the classicist, the academician was a great innovator in the realm of musical language.” Brahms’s reputation as an academically inclined composer developed in part because of his unusual interest in Renaissance and medieval music; he was particularly ­fascinated by rhythmic devices of the earlier eras, which remained generally unexplored by other composers in the 19th century. The young Brahms presented himself to Robert Schumann in September 1853 after dedicating a large part 20


The hidden revolution

of the summer to the intensive study of his music. Brahms’s talents as a composer and performer were immediately ­recognized when he performed his Sonata in F-sharp minor Op. 2. Schumann describes Brahms’s playing as similar to “an orchestra of lamenting and loudly jubilant voices,” ­likening his sonatas to “veiled symphonies.” This particular work draws upon the influence of several composers that Brahms was evidently studying during his formative years. In the fourth movement especially, one hears the distinct rhythm of the opening of Beethoven’s Fifth Symphony, Lisztlike transcriptions of Hungarian-sounding themes, and even Chopin’s ghost in the improvisatory scales of the opening and the coda. The first three movements seem to nod in a subtle way to composers and styles on the periphery of Brahms’s consciousness: the methodical Beethovenian development of a popular German folk song, “Mir ist Leide,” in the second and third movements, the dance-like gestures of the Lisztian octaves in the opening of the first movement, and the almost playful “medieval” polyrhythms that follow. This work rejoices in a true medley of genres that would preoccupy their composer for the rest of his illustrious career.

21


Searching for

Nikos Skalkottas ***

The spring of 1933 was a time of profound upheaval: for the Weimar Republic, which was at the edge of the abyss; for Europe, which was to plunge into its greatest catastrophe during the following years—and for the 29-yearold Greek composer Nikos Skalkottas, who, caught in an untenable economic situation, had to leave his adopted home, Berlin. Returning to Athens, the city of his childhood, he left all his possessions and his musical manuscripts behind. Up to this point, Skalkottas’s story sounds like the beginning of a highly promising musical career. At the age of 17, he had arrived in Berlin. A scholarship enabled the highly talented violinist and prize-winning graduate of the Athens Conservatory to continue his studies at the Hochschule für Musik from 1921 onward. Skalkottas lived in the rapidly expanding metropolis during one of its most fascinating eras. Berlin had become one of the leading musical centers of Europe; the most renowned musicians of the time gathered here. Skalkottas took lessons from Kurt Weill, then from Philipp Jarnach; composition quickly became his new goal. In 1927 he joined the circle of students taught by Arnold Schoenberg in his 22 24

composition master class at the Academy of Fine Arts. The encounter with Schoenberg was decisive for Skalkottas’s further development: he was highly esteemed by his teacher, conducted ­ concerts with his own compositions and those of his classmates as well as rehearsals of Schoenberg’s works, claiming in a letter that he was the master’s “right hand.” Skalkottas’s Octet for Winds and String Quartet, his Concerto for Winds, and the First String Quartet were featured on the programs of the Academy’s concerts. He supported himself by performing in Berlin’s cafés and cinemas, accompanying silent films. For a while he lived together with a fellow student, the violinist Matla Temko, and in 1927 they had a daughter. After his graduation in 1930, however, his scholarship ended and he lost the financial support of a wealthy friend. Within the growing recession, finding work became increasingly difficult for Skalkottas. Schoenberg, as a jury member of the competition for the Mendelssohn Scholarship for Composers in 1932, proposed a joint first prize for Norbert von Hannenheim and Skalkottas, but the prize was given to Hannenheim. In 1933, Skalkottas had run out of option­s­


­ he left Berlin, without knowing that — Schoenberg was already out of the country because of the political situation. All this was not without consequences for his health. He seems to have suffered a nervous breakdown as early as 1931; the crisis continued after his return to Athens. There, Skalkottas worked as an ­orchestral musician until the end of his life. But his formerly energetic character, albeit prone to mood swings, changed and he became withdrawn and reticent. The greater part of his oeuvre, ­including several orchestral works, was written over the following 15 years. But his compositions were not performed, with the exception of a few tonal works. The harsh marginalization of Skalkottas was due to his artistically conservative surroundings but also related to his extremely introverted ­ personality. To add to his troubles, the situation in Greece in those years— from his return to his death, dictatorship was followed by a world war, occupation, and civil war—made it near ­impossible for his demanding music to be performed.Yet ignoring all difficulties, Skalkottas composed prolifically, with ambition and confidence. In 1946 he married the pianist Maria Pangali. Two days before the birth of their second son in 1949, he died unexpectedly from the consequences of a hernia. His music was largely discovered after his death. Skalkottas composed more than 120 orchestral, chamber, vocal, ­incidental, and ballet works. Simultaneously or alternatively, he explored virtually all contemporary styles of his era: dodecaphony, free atonality, extended tonality, and neoclassical tonality, and made use of material from Greek folk

music. In some works there are reminiscences of Berlin’s cabaret and jazz sounds. From the beginning he developed an original twelve-tone method, based on the use of an organized group of tone rows, as opposed to Schoenberg’s principle of a single row. A master of forms and styles, Skalkottas was distinctively original and a pioneer. As the conductor Nikos Christodoulou writes, in Skalkottas’s unified world, different perspectives coexist—avant-garde and tradition, atonality and tonality, serial and free structures, classical and folk music, European and national aspects: today, his work seems almost prophetic. Christoph Schaller

With thanks to Nikos Christodoulou and the Skalkottas Academy, Athens Translation: Alexa Nieschlag

25

23


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.