Yulianna Avdeeva

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Yulianna Avdeeva Einführungstext von Meike Pfister Program Note by Harriet Smith


YULIANNA AVDEEVA Samstag 16.

Oktober 2021 19.00 Uhr

Yulianna Avdeeva Klavier


Frédéric Chopin (1810–1849) Polonaise-Fantaisie As-Dur op. 61 (1846) Allegro maestoso

Władysław Szpilman (1911–2000) Das Leben der Maschinen (1933) Suite für Klavier I. [ohne Titel] Langsam beginnen II. Maschine im Ruhezustand. Andante III. Toccatina. Allegro ritmico

Mieczysław Weinberg (1919–1996) Klaviersonate Nr. 4 h-moll op. 56 (1955) I. Allegro II. Allegro III. Adagio IV. Allegro

Sergej Prokofjew (1891–1953) Klaviersonate Nr. 8 B-Dur op. 84 (1939–44) I. Andante dolce II. Andante sognando III. Vivace

Keine Pause

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Von Heimat, Krieg und Überleben Zum Soloabend mit Yulianna Avdeeva

Meike Pf ister

„Es ist nicht gut, den Flügel nicht zum Freund zu haben, denn er wird immer gewinnen. Mit dem Flügel darf man nicht kämpfen“, stellte Yulianna Avdeeva jüngst in einem Interview fest. Umso mehr gekämpft wird in der Musik ihres heutigen Programms: Es umfasst ausschließlich Werke von Komponisten, die Opfer von Aufständen, Kriegen und politischer Repression waren, die ins Ausland flüch­ teten oder – wie im Falle Władysław Szpilmans – mitten im Auge des Taifuns festsaßen. Für den polnisch-jüdischen Musiker, dessen Schicksal durch Roman Polanskis oscarprämierten Film The Pianist weltweite Bekanntheit erlangte, war der Flügel während des Zweiten Weltkriegs mehr als nur ein Freund – er wurde zum Symbol für sein „wunderbares Überleben“ mitten in Warschau. Innerhalb des heutigen Programms stellt seine Suite Das Leben der Maschinen ­dennoch den lichtesten Moment dar, wurde sie doch bereits 1933 komponiert, als Konzentrationslager und Ghettos für die meisten Menschen noch unvorstellbar waren. Auch Frédéric Chopin, Mieczysław Weinberg und Sergej ­Prokofjew waren ebenso brillante Pianisten wie Komponisten, wenngleich sie ihre Freundschaft zum Instrument auf höchst unterschiedliche Weise zu leben schienen. War etwa Chopin für seinen sanften, singenden Anschlag berühmt, so stach Prokofjews Spiel ­neben aller Expressivität auch immer wieder durch seine nüchterne und manchmal stählerne Tongebung hervor. Ihre pianistische ­Persönlichkeit spiegelt sich in den heutigen Werken gleichermaßen wider wie das sie umgebende Weltgeschehen.

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„Melancholisches Lächeln, schaudererfüllte Stille“ Frédéric Chopins Polonaise-Fantaisie op. 61 Als ein „wolllüstiges Vergnügen der Hand, die das glatte Elfenbein der Tasten liebkost“ beschreibt der Musikphilosoph Vladimir Jankélévitch Chopins Klavierspiel. Dass ein so zärtliches Verhältnis zwischen Spieler und Instrument keineswegs hitzige musikalische Kämpfe ausschließt, beweist die Polonaise-Fantaisie op. 61 in ­be­sonderem Maße. „Eine elegische, von verstörten Bewegungen unter­brochene Trauer herrscht vor, melancholisches Lächeln, un­ erwartete Erschütterungen, schaudererfüllte Stille, wie sie Menschen empfinden, die von allen Seiten in einem Hinterhalt eingeschlossen sind, denen am weiten Horizont keine Hoffnung mehr auftaucht, denen die Verzweiflung wie im Übermaß des Cypernweines zu ­Gehirn steigt, […] der den Verstand bis zu einer an Delirium ­grenzenden Reizbarkeit bringt.“ So äußerte sich Franz Liszt über Chopins letzte große Klavierkomposition, die er selbst erst im hohen Alter zu schätzen lernte. Von Natur aus bereits menschenscheu und kränklich, litt Chopin seit seiner Flucht vor den politischen Unruhen in Warschau im Jahr 1831 zudem unter anhaltendem Heimweh. Sein letzter Wunsch auf dem Sterbebett war, dass sein Herz in Polen beigesetzt werden möge. Dort ruht es – in Cognac eingelegt – tatsächlich bis heute, wohingegen seine Gebeine auf dem Pariser Friedhof Père-Lachaise verblieben. In der Hinwendung zur polnischen Folklore, namentlich zu Polonaisen und Mazurken, verlieh er seiner Sehnsucht musikalisch Ausdruck. Die 1846 komponierte Polonaise-Fantaisie entspricht in ihrer starken Stilisierung und formalen Freiheit jedoch nur noch entfernt dem typischerweise ritterlichen und entschlossenen ­Charakter einer Polonaise. Wie schon der Titel des Stückes nahelegt – Chopin tat sich nach eigenen Aussagen schwer, eine passende ­Bezeichnung zu finden – ist gerade die Unentschlossenheit ein ­Wesensmerkmal für das bewusst nur zögerlich in Schwung kommende Werk. Zu Beginn sucht die Musik gleichsam nach sich selbst, bevor nach etwa 20 Takten ein verhaltenes, mit „mezza voce“ überschriebenes Thema erklingt, das schließlich nach mehreren ­Anläufen in eine fulminante Schlussapotheose mündet.

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Motorische Energie Władysław Szpilmans Das Leben der Maschinen Chopin spielte nicht nur für Władysław Szpilman ganz per­ sönlich eine zentrale Rolle, sondern auch für die polnische Widerstands­bewegung in der Zeit des Zweiten Weltkriegs ins­ gesamt. Er wurde zu einem Sinnbild des Patriotismus, den die Sprengung des Warschauer Chopin-Denkmals im Jahr 1940 nur noch weiter befeuerte. Innerhalb des Warschauer Ghettos war ­Chopins Musik verboten, aber keineswegs vergessen. Szpilman ­ignorierte das Verbot dahingehend, dass er – solange die National­ sozialisten noch kulturelle Veranstaltungen im Ghetto zuließen – ­Musik im Stile Chopins komponierte und aufführte. In seinen Kriegsmemoiren Das wunderbare Überleben schildert er unmittelbar nach Kriegsende seinen Überlebenskampf der ­vergangenen sechs Jahre. Er war 28, als sich die Mauer um das ­Warschauer Ghetto schloss, den Ort, an dem er seine Eltern und seine drei Geschwister zum letzten Mal sehen sollte. Dank eines ­jüdischen Polizisten, der ihn im letzten Moment aus der Reihe der zur Deportation versammelten Jüdinnen und Juden riss, entkam er als einziger dem Vernichtungslager Treblinka. Ihm gelang die Flucht und das schier Unvorstellbare – sich jahrelang mitten im belagerten und bombar­dierten Warschau versteckt und dank der Hilfe von Freunden über Wasser zu halten. Eine Schlüsselrolle spielte der ­deutsche Offizier Wilm Hosenfeld, der ihn kurz vor der Befreiung der Stadt in den Trümmern entdeckte und über mehrere Wochen mit dem ­Nötigsten versorgte. Auf einem zurückgelassenen Klavier spielte Szpilman ihm zum Dank Chopins Nocturne cis-moll vor – dasselbe Stück, das er in seiner letzten, vom Bombenhagel unter­brochenen Sendung im polnischen Rundfunk gespielt hatte und auch das erste, mit dem er nach dem Krieg wieder auf Sendung ging. Szpilmans Suite Das Leben der Maschinen entstand bereits 1933 während seines Kompositionsstudiums in Berlin bei Franz Schreker. Eine Anspielung auf Kriegsmaschinen ist im Titel daher kaum zu vermuten. Vielmehr entsprechen die munter motorische Bewegtheit und die disparaten Einflüsse etwa aus Jazz oder Neo­klassizismus den typischen Tendenzen der Zeit. In den toccatahaften, rhythmisch ­geprägten Ecksätzen schimmert vor allem Prokofjews Klangsprache immer wieder durch. Das Manuskript des Werkes, das Szpilman glücklicherweise rechtzeitig ins Ausland geschickt hatte, wurde 2020

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zusammen mit seinem Steinway-Flügel und 50 weiteren Objekten versteigert, darunter die beiden einzigen von ihm über den Krieg geretteten persönlichen Gegenstände – eine silberne ­Taschenuhr und ein Montblanc-Füller. Aus Schostakowitschs Fleisch und Blut Mieczysław Weinbergs Sonate Nr. 4 op. 53 Auch Mieczysław Weinberg war ein polnisch-jüdischer Komponist und Pianist, der den Zweiten Weltkrieg als einziges Mitglied seiner Familie überlebte. Dass sein Auftritt im beliebten Warschauer Tanzlokal Café Adria am 6. September 1939 sein vorerst letzter sein würde, konnte er in dem Moment noch nicht ahnen: „Ich kam heim. Ich erinnere mich, dass meine Mutter mir Apfelkompott und Schinkenbrote anbot. Die ganzen letzten Tage hatte die polnische Propaganda uns versichert, dass unsere Armee erfolgreich kämpfe. Plötzlich jedoch verbreitete der Rundfunk einen Befehl: Da der Feind sich Warschau nähere, sollten alle Männer die Stadt verlassen. Mutter und ich waren in furchtbarer Panik. Am nächsten Morgen verließ ich Warschau mit meiner kleinen Schwester in Richtung ­Osten. Da sich ihre Füße in ihren Schuhen wund scheuerten, kehrte sie bald wieder zu Mutter und Vater zurück. Ich aber setzte meinen Weg fort.“ Trotz seiner schwachen körperlichen Konstitution und der ständigen Gefahr, von Gewehrkugeln oder Granaten getroffen zu werden, erreichte Weinberg schließlich Minsk. Dort fasste er als Pianist rasch Fuß und studierte zudem Komposition. 1941 wurde er erneut zur Flucht vor den deutschen Truppen gezwungen und landete dieses Mal im usbekischen Taschkent: „Gestank. Schmutz. Die Stadt wimmelte von hungrigen Kindern, abgemagerten Katzen, die überall umherstreunten, und zerlumpten Flüchtlingen. Und über all dies ergoß sich das gleißende Licht der Sonne des Südens. Wir ­sahen zum ersten Mal Palmen und Kamele und hörten das Geschrei von Eseln. […] Wir waren mit blaugefrorenen Fingern aus einem Landesteil mit fünfzehn Grad unter Null gekommen und ­waren vollkommen überwältigt von dieser Verbindung aus Armut und märchenhaftem Orient.“ Auf ein wichtiges persönliches ­Ereignis – in Taschkent lernte Weinberg seine spätere Frau Natalja kennen – folgte 1943 die Begegnung mit Dmitri Schostakowitsch, die nicht nur sein Leben, sondern auch sein Komponieren maß­geblich ver­änderte. Nachdem Schostakowitsch Weinbergs

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Erste Symphonie ­gehört hatte, erwirkte er für ihn eine Genehmigung, nach Moskau zu kommen, wo Weinberg bis zu seinem Tod bleiben sollte. In der vierten seiner insgesamt sechs Klaviersonaten, komponiert im Jahr 1956, ist Schostakowitschs Einfluss deutlich spürbar. Auch wenn Weinberg nie offiziell sein Schüler, sondern vielmehr Freund und Duopartner am Klavier war, so bezeichnete er sich doch selbst als „von seinem Fleisch und Blut.“ Die sowjetische Kulturkritik hatte bereits 1948 die stilistischen Ähnlichkeiten erkannt, sah darin jedoch keineswegs einen Gewinn: „Wenn von den ‚kleinen Schostakowitschen‘ die Rede ist, […] die blind die negativsten Züge von Schostakowitschs Stil kopieren, fällt einem als erster Weinberg ein.“ Dieser überstand die Anti-Formalismus-Kampagne des ­Regimes glimpflich, wurde 1953 jedoch kurzzeitig inhaftiert. Der Vorwurf: „Jüdischer bourgeoiser Nationalismus“ – ein mysteriöser Ausdruck, den die politische Obrigkeit ebenso wie „Formalismus“ flexibel einzusetzen pflegte. Es bleibt offen, ob die zurückhaltende, gemäßigt moderne Schreibweise seiner Vierten Sonate eine ­Reaktion auf den politischen Druck darstellt. Unabhängig von den pauschalen Forderungen des Regimes nach einer verständlichen, ­melodischen Musik unter Einbezug folkloristischer Elemente entsprachen diese Prämissen in vielerlei Hinsicht auch Weinbergs ­eigenen ästhetischen Vorstellungen. „Die Last der Früchte“ Sergej Prokofjews Sonate Nr. 8 op. 84 „Sie sind ein Revolutionär der Musik. Wir sind Revolutionäre des Lebens. Wir sollten zusammenarbeiten.“ Mit diesen Worten ­versuchte der damalige Volkskommissar für Bildung Lunatscharski vergeblich, Prokofjew 1918 von seiner Ausreise in die USA ab­ zuhalten. Erst knapp zehn Jahre später ließ sich der Komponist im Rahmen ­einer Konzertreise wieder in der Sowjetunion blicken, um weitere neun Jahre später, 1936, endgültig in seine Heimat ­zurückzukehren. Über die Gründe, die ihn dazu veranlassten, sich in einem Land ­niederzulassen, in dem Stalins Kulturterror gerade erst begann – 1936 erklärte der Diktator Schostakowitschs Oper Lady Macbeth von Mzensk zur musica non grata – wird seither spekuliert. War es ­ausschließlich das zweifellos vorhandene Heimweh? Oder – wie Strawinsky vermutete – das Ausbleiben des

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d­ urchschlagenden Erfolgs im Westen, während Prokofjew in der UdSSR als gefeierter Gastkünstler behandelt wurde? Tatsächlich war er in den USA und später in Paris vor allem als Pianist und ­weniger als Komponist bekannt, was offenkundig nicht seinem Selbstbild entsprach. In seinen Konzerten setzte er folglich oft eigene Werke aufs Programm, für Furore sorgten jedoch insbesondere seine Spieltechnik und sein unvergleichlicher Anschlag. Ein Rezensent der New York Times konstatierte: „Das Duell zwischen seinen zehn hammergleichen Fingern und den Tasten endet damit, dass jede Klangschönheit erschlagen wird. […] Das Klavier schimpft, heult, schreit, schlägt zurück und scheint die Angreiferhand ab­ beißen zu wollen.“ Derart radikale Beschreibungen waren gleichwohl nicht die Regel. Vor allem in späteren Jahren entfalteten sich offensichtlich auch Prokofjews lyrische Qualitäten und sorgten für allseitige Bewunderung. Die Achte Klaviersonate op. 84, die dritte der als Trias zwischen 1938 und 1944 komponierten „Kriegssonaten“, beginnt sogar – eine Seltenheit bei Prokofjew – mit einem lyrischen, getragenen Andante dolce. Eine nicht enden wollende Melodie mit weit ausgreifenden Intervallsprüngen legt von Anfang an den nachdenklichen, grüblerischen Charakter des Satzes fest. Zwei beschleunigte, mit „inquieto“ (unruhig) überschriebene Allegro-Passagen in der Durchführung und der Coda kontrastieren mit den melodiebetonten Abschnitten, ohne jedoch den Gesamtcharakter zu verändern. Der träumerische zweite Satz (Andante sognando) basiert wie auch der Kopfsatz auf bereits vorhandenem musikalischen Material. Mehrfach hatte sich Prokofjew in der Vergangenheit musikalisch mit Alexander Puschkin auseinandergesetzt, ohne dass es jedoch zu einer Aufführung der entstandenen Musik gekommen wäre. In ­seiner ­vorletzten Klaviersonate verarbeitete er nun Teile daraus, etwa ­Melodien aus der Ballszene der Bühnenmusik zu Eugen Onegin. Das auftrumpfende Vivace-Finale legt einen Zusammenhang mit dem damaligen Kriegsgeschehen nahe: Unter Verwendung auffällig vieler reiner Dur-Akkorde brachte Prokofjew diesen Satz erst 1944 zu Papier – sechs Jahre nach dem ersten –, als der Ausgang des ­Krieges bereits absehbar war. Für Swjatoslaw Richter stellte die Achte Sonate einen Höhepunkt in Prokofjews Schaffen dar: „Sie enthält ein ganzes ­Menschenleben mit all seinen Widersprüchlichkeiten. Zeitweise erstarrt es in ihr, als lausche man auf den unerbittlichen Lauf der Zeit. Sie ist ein bisschen schwer zu verstehen, aber durch ihren

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Reichtum wie ein Baum, dessen Zweige die Last der Früchte zu ­tragen haben.“

Meike Pfister lebt als Pianistin, Musikwissenschaftlerin und Moderatorin in Berlin und ist hauptsächlich an der Universität der Künste und der Philharmonie Berlin sowie an der ­Elbphilharmonie in Hamburg tätig. In ihrem Podcast Hellhörig spricht sie über Werke und Phänomene der klassischen Musik.

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Im September 2020 lud mich die Familie Władysław Szpilmans ein, auf seinem Klavier zu musizieren. Szpilman ist weithin bekannt für seine Erlebnisse während des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs, die er in seinen Lebenserinnerungen Der Pianist schildert, welche Roman Polanski als Vorlage zu seinem Film dienten. Vielleicht war es eine Fügung des Schicksals, dass ich in unseren eigenen unbegreiflichen Zeiten – in denen sich unsere geschützte und ­vertraute Welt durch die Pandemie urplötzlich in unsicheres, ja ­bedrohliches Terrain verwandelt hatte – ausgerechnet auf diesem ­Instrument spielen sollte. Ich glaube, das Klavier ist der engste Freund seines Besitzers (oder seiner Besitzerin) und bewahrt seine und ihre intimsten Empfindungen und Geheimnisse. Einige der Stücke, die für Szpilmans Biographie von besonderer Bedeutung waren, auf seinem eigenen Klavier spielen zu dürfen, war für mich eine einmalige Gelegenheit, dieser faszinierenden Persönlichkeit näher zu kommen. Zu den Werken, die ich spielte, gehörte auch Chopins cis-moll-Nocturne op. posth. Es war dieses Stück, das Szpilman 1944 in den Ruinen des Warschauer Ghettos einem deutschen Offizier vorspielte – ein ­Ereignis, das sein Leben retten sollte. Die Noten zur Klaviersuite Das Leben der Maschinen wurden mir von Szpilmans Sohn Andrzej anvertraut. Das Autograph stammt aus dem Jahr 1933 und galt lange als verschollen. Nach Aussage von Andrzej Szpilman war sein Vater nach seinen traumatischen Kriegserlebnissen nicht in der Lage, den ersten und zweiten Satz aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren, und so stellt es einen ­besonderen Glücksfall dar, dass sein eigenes Exemplar der Noten wieder ­auftauchte und im Jahr 2000 an seinen Sohn zurückgegeben wurde. In diesem Stück betrachtet Szpilman die Industrialisierung mit einem Sinn für Humor, indem er den Maschinen menschliche Adjektive musikalisch zuordnet und einen Satztitel wie „Maschine im Ruhezustand“ verwendet. Die Suite vermittelt einen kleinen ­Eindruck davon, was Szpilman komponiert haben könnte, hätte er nicht die Gräuel des Krieges erlebt. Yulianna Avdeeva

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Music in the Shadow of Politics Piano Works by Chopin, Szpilman, Weinberg, and Prokofiev

Harriet Smith

The musical focus of tonight’s program takes us from 19th-century Poland to mid–20th century Russia. It opens with one of Frédéric Chopin’s most extraordinary freestanding works, the Polonaise-Fantaisie, written just three years before his death and showing the composer experimenting with a genre of his own invention in which he combines the courtly polonaise (a dance of the Polish nobility) with free-flowing fantasy. The piece begins almost tentatively, with the sense of Chopin molding his raw ­material, gradually giving the work form; simultaneously, there is the feeling of gearing up for something epic (this is hardly Chopin the miniaturist!). We are teased with hints of the characteristic dotted polonaise rhythm, and then suddenly in it bursts with a show of self-confidence. But before long the composer is off on another flight of fancy, leaving the listener with only the incessant polonaise rhythm for guidance as the keys become ever more remote. ­Another aspect that Chopin explores ceaselessly in this piece is the effect of setting the same musical idea against different backdrops, transforming it in color, mood, and key. The central section, for ­instance, takes a more inward look at earlier ideas, before leading back to the opening material. That in turn is soon overtaken by a coda that is by turns desperate and triumphant, the polonaise rhythm ringing through defiantly. But it is a hollow victory, as the quiet bars that follow tell us, banished finally with a peremptory chord. Chopin left Poland at the age of 20, mere weeks before the 1830 November Uprising, and because of the country’s troubled history he was never to return, remaining in exile in Paris for the remainder of his life. Władysław Szpilman, born in Warsaw

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almost exactly a century after Chopin, faced a different enemy in the form of the Nazis. (His remarkable life story became widely known posthumously through Roman Polanski’s haunting 2002 film The Pianist, based on Szpilman’s own book, published shortly after the Second World War). Szpilman had studied with the finest in Poland and Germany (including with Artur Schnabel) and had a formidable career in prospect as a pianist but had to cut short his studies in Berlin when Hitler came to power. Back in Poland he proved a pianist of wide tastes and great popular appeal, with a repertoire ranging from the classics to jazz. It was this that u ­ ltimately saved him from the fate that befell the rest of his family, as he was recognized and pulled from the queue waiting for deportation to the Treblinka concentration camp, where his all relatives perished. Alongside his career as a pianist he was equally active as a composer, writing in a range of genres. The Life of the Machines dates from 1933 and, though brief in duration, makes a real impact with a mechanistic joie de vivre that is very much in the tradition of George Antheil, Nikolai Roslavets, and Alexander Mosolov. The opening movement has a hard-edged playfulness to it, ending with a dramatic upwards glissando, while contrast comes in the central interlude, which is inward and at times poignant. The closing ­Toccatina has a seamless, sinuous energy and the odd moment of delicate filigree before it ascends to the uppermost reaches of the keyboard.

Mieczysław Weinberg’s emergence into the musical mainstream is long overdue. He was born in Warsaw eight years after ­Szpilman to a musical family, and his own talent showed early when he started work, aged 10, at the Jewish Theatre where his father was a composer. His role was music director and pianist, and this latter skill was one he honed at the Warsaw Conservatory from the age of just 12. This prodigious progress was rudely interrupted by the invasion of Poland by the Germans in 1939, and Weinberg ­escaped to Russia, first to Minsk, where he studied composition for a couple of years before being forced to flee again by the German invasion of the USSR, ending up in Uzbekistan. Had he not ­escaped, he would have surely met the same fate as the rest of his family, who died in the concentration camps. Out of these bleak times, though, one positive emerged: his friendship with Dmitry Shostakovich, which had begun in 1943 after he had sent him the

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score of his First Symphony, which sufficiently impressed the older composer for him to use his influence to have Weinberg relocate to Moscow, cementing a lifelong friendship. From 1943 until his death 53 years later, Weinberg would call the city home, making a living through his compositions and as a pianist. But life was far from straightforward in Stalinist Russia: his father-in-law, the ­eminent Jewish actor Solomon Michoels, was murdered in 1948; five years after that, Weinberg himself was arrested and imprisoned for alleged “Jewish nationalist activities,” his freedom coming only after Stalin’s death on March 5, 1953. Two years later he wrote his Fourth Sonata, which he dedicated to Emil Gilels, who became a keen advocate of the piece after premiering it in February 1957. (Gilels also gave the premiere of Prokofiev’s Eighth Sonata, which closes tonight’s program.) The opening Allegro of Weinberg’s B-minor Sonata sets off in a bustling manner in a style that is very much in the Shostakovich mold, part of its momentum coming from a tendency to avoid ­cadences; this is followed by a more pensive chordal theme. These two ideas generate the material for the entire movement, which is a traditional sonata allegro. In the development section the music becomes increasingly impassioned before being stilled once more, leading to a soliloquy-like passage that draws matters to a gentle conclusion, crowned by a final quiet chord in the major. The second movement is a scherzo in all but name, built from a dotted motif that has a gruffly playful energy to it—demonstrating the kind of sarcasm beloved of Prokofiev but with smoother edges. In the final moments, Weinberg wittily toys with our expectations of precisely when the movement will finish. The Adagio offers great contrast, with a solemn, poignant melody and spare textures. It leaves much to the pianist to bring it alive, demanding a real poet of the keyboard. As it reaches a climax at its midpoint, the harmonies are briefly reminiscent of Janáček (and have his fervor too), before sinking back to a mellow, sonorous close. The rondo finale takes us back to the minor with a darting, ­unsettled quality. Like the first movement, it sounds quite ­Shostakovichian in its glancing moments of dissonance and the way Weinberg builds an entire structure from the simplest of scale motifs. There is contrast in the form of a sharply etched fanfare and a more beseeching episode, and the composer touchingly refers back to earlier movements at the end of the piece.

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A decade earlier, Sergei Prokofiev completed the last of his “War Sonatas” triptych—the Eighth Sonata—which received its first public performance in December 1944, but even the advocacy of Emil Gilels was not enough to convince the audience, who was perplexed by the work’s seemingly incongruous combination of large-­scale lyricism and violent interjections. It is the most ­symphonic of Prokofiev’s nine piano sonatas and less readily assimilable than its companion “War” pieces. And though its technical ­demands are immense, it is also the least blatantly virtuoso of the three. The spacious first movement, an unusual Andante dolce, opens as a symphony of euphony, with bell-like left-hand sonorities, ­ yet from the start the mood is unsettled and, as the movement ­progresses (and picks up speed, as the note values become smaller and smaller), the landscape becomes increasingly stark, the harmonies darken, and any semblance of peace is shattered. The violence spills over as the main ideas are developed, with the dreamscape ­returning in an extensive reprise. Prokofiev has one more shock up his sleeve: the sudden appearance of a fiercely energetic coda, which is just as abruptly quelled into silence. The compact minuet-like second movement, marked “Andante sognando” (dreamily), is often dismissed as a brief intermission of light relief. But its role is every bit as important as Beethoven’s comparably sized movements in his late music (such as the scherzo of the “Hammerklavier” Sonata). Its air of introspective regret also ­reveals a gnawing disquiet in the way Prokofiev obsessively works his opening idea until it becomes all-pervasive. The finale spews out handfuls of notes in the composer’s familiar motoric style. On the surface, it is the most straightforward of the three movements, but there is more to it than simply energy and brutalism: a central idea returns us to the unsettled mood of the first movement, while Prokofiev’s quasi-triumphant ricocheting coda is surely as mocking and emotionally ambiguous as anything to be found in Shostakovich.

Harriet Smith is a writer, editor, and broadcaster based in the UK. She contributes regularly to Gramophone magazine and is a former editor of BBC Music Magazine, International Record Review, and International Piano Quarterly.

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It was in September 2020 that the family of Władysław Szpilman invited me to perform on his piano. Szpilman of course is widely known for his experiences during the Holocaust and World War II, as told in his memoir and Roman Polanski’s film The Pianist, which is based on it. Perhaps it was providence that during our own unprecedented times—with our previously safe and familiar world transformed into an insecure, even threatening terrain by the pandemic—I was going to play this particular instrument. I believe the piano is the closest friend of its owner and becomes the keeper of their most intimate feelings and secrets. Performing some of the pieces that had played a significant role in Szpilman’s biography on his own piano was a unique opportunity to get closer to this inspiring personality. Among the works I performed was Chopin’s C sharp–minor Nocturne Op. posth., which was the piece Szpilman played for a German officer in the ruins of the Warsaw Ghetto in 1944—a performance that saved his life. The score of the piano suite The Life of the Machines was given to me by Szpilman’s son Andrzej. It dates from the year 1933 and was long considered lost. According to Andrzej Szpilman, his father was unable to restore the first and second movements from memory after his traumatic experiences during the war, so it is a stroke of good fortune that his personal copy of the suite was found and ­returned to his son in 2000. In this piece, Szpilman reflects on ­industrialization with a sense of humor by musically assigning human adjectives to the ­machines but also by giving its movements titles like “Machine at Rest.” The suite provides a glimpse of what Szpilman might have composed had he not experienced the atrocities of war. —Yulianna Avdeeva

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