Sohrab Pournazeri & Sahar Boroujerdi

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30. Oktober 2021

SOHRAB POURNAZERI & SAHAR BOROUJERDI

Pierre Boulez Saal Saison 2021/22


SOHRAB POURNAZERI & SAHAR BOROUJERDI Samstag 30.

Oktober 2021 19.00 Uhr

Sohrab Pournazeri Komposition und Kamantsche Sahar Boroujerdi Gesang Mahyar Toreihi Santur und Bass-Santur Shahab Paranj Tombak und Udu Ali Ghanbari Tār und Oud Siamand Mohammadi Live-Elektronik und Sound Design Arash Razzaghi Associate Artistic Director Hoda Arbabi Kostümdesign

Sorrow The Agony and Blood of Love Improvisation (Āvāz-e Esfahān) Longing Improvisation (Āvāz-e Dashti) Drunkard Dawn Improvisation (Āvāz-e Navā) Solitude Improvisation Allah-Veisi Abandon Your Deceit

In Zusammenarbeit mit dem Museum für Islamische Kunst Staatliche Museen zu Berlin


Im Iran entwickelte sich über Jahrtausende hinweg eine faszi­nierende Kulturlandschaft. Zwischen Wüsten, Bergketten und ­Gewässern war die Region Heimat bedeutender historischer ­Zivilisationen, deren künstlerische Errungenschaften jedoch weit­gehend unbekannt sind. Gerade heute wird es immer wichtiger, das zu ändern. Iran ist das ­Zentrum einer der bedeutendsten Kulturregionen weltweit und ein überregionaler kultureller, künstlerischer und wissenschaftlicher ­Impulsgeber – auch für Europa. In einer neuen Sonderausstellung des Museums für Islamische Kunst Berlin werden 360 herausragende Kunst- und Meisterwerke aus der Sarikhani Collection London und den Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin gezeigt. Sie gleicht einer Zeitreise durch das reiche kulturelle Erbe des Landes von den ­frühen Stadt­kulturen bis zur Glanzzeit von Isfahan in der Neuzeit – ­erzählt mit atemberaubenden Objekten. Iran – Kunst und Kultur aus fünf Jahrtausenden Sonderausstellung in der James-Simon-Galerie / Pergamonmuseum 4. Dezember 2021 bis 20. März 2022

Begleitend zur Ausstellung findet im Pierre Boulez Saal eine ­vierteilige Konzertreihe statt. Zu Gast sind Musikerinnen und ­Musiker aus dem Iran sowie aus weiteren Ländern der Region, die über den persischen Raum als jahrtausendealter „Kulturautobahn“ zwischen Asien, Afrika und Europa miteinander und mit der ­Geschichte Irans verbunden sind. Nächster Konzerttermin Sainkho Namtchylak & Ensemble 24. November 2021, 19.30


Over thousands of years, a fascinating cultural landscape developed in Iran. Situated between deserts, mountain ranges, and bodies of water, the region has been home to great historical civilizations, yet its artistic achievements are unknown to many. Today more than ever it is a vital challenge to change this. Iran is located in one of the oldest and most important cultural regions in the world, but has also been home to key cultural, artistic, and scientific trends and ­discoveries that have had a wide-ranging impact, reaching all the way to Europe. A new exhibition at the Museum für Islamische Kunst features 360 outstanding works of art from the Sarikhani ­Collection London, complemented by unique pieces from the ­collections of the Staatliche Museen zu Berlin. It takes visitors on a journey through time and the country’s rich ­cultural heritage, from the early urban cultures to the Golden Age of Isfahan in the modern period, told through breathtaking artefacts. Iran—Five Millennia of Art and Culture Exhibition at the James-Simon-Galerie / Pergamonmuseum December 4, 2021 to March 20, 2022

The exhibition is complemented by a four-part concert series at the Pierre Boulez Saal. It features musicians from Iran as well as other countries of the region that have been closely connected with each other’s and Iran’s history by way of the “cultural highway” ­connecting Asia, Africa, and Europe that has been developing in the Persian realm over millennia. Upcoming Concert Sainkho Namtchylak & Ensemble November 24, 2021, 7.30pm

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Seidenstraßen Der Iran als kulturelles Drehkreuz

Die Bezeichnung „Seidenstraße“ ist eine Begriffsschöpfung der ­Moderne und steht in jüngster Zeit im Zuge der Entstehung neuer Handelsrouten zwischen China und Europa wieder verstärkt im Mittelpunkt des Interesses. In der langen Kulturgeschichte des Iran ist die sogenannte Seiden­straße jedoch nur eine von vielen Handelsstraßen, die das ­r iesige Land durchquerten. Es gab mindestens drei Routen – im Norden, der Mitte und im Süden des Iran –, die jeweils in einer ­bestimmten Epoche ihre Blütezeit erlebten und große Metropolen inner- und außerhalb der iranischen Hochebene miteinander verbanden. Es ist nicht verwunderlich, dass das „goldene Zeitalter“ des Iran, der in der Mitte der „Alten Welt“ liegt, mit dem Aufschwung von Handelswegen zusammenfiel. Wann immer so etwas wie eine zentrale Macht entstand, widmete sie ihnen daher ihre verstärkte Aufmerksamkeit und investierte in Karanwansereien, Straßen und Wasserwege. Der Iran konnte am meisten vom Handel profitieren, indem er durch ein Angebot von spezifischen kulturellen Praktiken und ­Techniken den Wert der gehandelten Waren steigerte. So wurde beispielsweise die Rohseide, die auf der Seidenstraße transportiert wurde, in exquisite Stoffe verwandelt. Deren Muster und Motive, die jeweils Ausdruck ihrer eigenen, spezifischen kulturellen und ethischen Kontexte waren, fanden dann wiederum in den Zentren anderer Kulturen eine neue Heimat. So gelangten auch manichäische ­Gemälde nach China, der Mithraismus nach Rom, und natürlich fanden persische Dichtung und Musik1 ihren Weg nach China und Andalusien. 1 Über den Einfluss des iranischen Musiksystems in Andalusien ist schon viel gesagt worden, und auch östlich des Iran gibt es Hinweise auf diese Einflüsse. Ibn Battuta, ein marokkanischer Entdecker im 14. Jahrhundert, schreibt von der Musik am Hof eines chinesischen Königs, dass dort zu den Gedichten von Saadi gesungen und gespielt wurde. Andere Dichter, darunter Hafis, berichten vom Einfluss ihrer Poesie, der bis nach Hindustan reichte. Wir wissen, dass die persische Poesie eine direkte und bedeutende Verbindung zu ihrer Musik hat.

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Im Laufe der Jahrtausende hat sich auf dem Gebiet des Iran eine gewisse kulturelle Grundeinstellung entwickelt, für die die Vielfalt der sie umgebenden Welt im Mittelpunkt steht und die sich selbst als Beobachterin dessen versteht, was um sie herum geschieht. In persischen Geschichten, die zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert aufgeschrieben wurden, befinden sich das römische und das chinesische Reich in ständigem Konflikt miteinander, und der Iran wirkt als eine Art Schiedsrichter zwischen den beiden unterschiedlichen Welten, die sich östlich und westlich von ihm ausbreiten. Für diese kulturelle Disposition bedeutet die Schließung und Zerstörung von Handelsrouten – wie wir sie heute erleben – ohne Zweifel ­Rezession und Sterilität.

Hoda Arbabi

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Silk Roads The Cultural Crossroads of Iran

“Silk Road” is a term that has been established in the modern era and has increasingly become the center of attention with the emergence of international trade and trade routes that connect China and Europe. In the cultural realm of Iran and its long history, however, the ­so-called Silk Road is only one of many trade routes that have crossed its vast lands. We find at least three routes in the northern, middle, and southern regions of Iran that were each booming in a certain period of time and connected great cities both inside and outside of the Iranian plateau. It is no surprise that the most flourishing era of a land located in the middle of the “Old World” coincided with the ascent of trade routes. Therefore, whenever a central power would emerge, it would dedicate its attention to trade routes and the construction of caravanserais, roads, and waterways. The way Iran could profit most from trade was by providing ­cultural techniques and practices that would add value to the traded goods. For example, raw silk fiber traded on the Silk Road was transformed into exquisite fabrics. Their patterns and motifs, each an expression of their own, specific ethical and cultural systems, would then find new homes in the hearts of other cultural regions. Through these routes, Manichaean paintings would travel to China, Mithraism would spread to Rome, and, of course, Farsi songs and poetry1 would reach China and Andalusia. Over millennia, a certain cultural disposition had developed in this region for which the diversity of the outside world is the ­primary concern and that understands itself as an onlooker to what surrounds it. In Farsi stories written between the 5th and 7th centuries,

1 A great deal has been said about the influence of the Iranian music system in Andalusia, and other indications of these influences have been found in the East. Ibn Battuta, a Moroccan explorer in the 14th century, writes of the music of a Chinese king’s court that would sing and play to the poetry of Saadi. Other poets, including Hafez, speak of their poetry’s ­influence that had reached the lands of Hindustan. We know that Farsi poetry has a direct and significant connection to its music.

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the Chinese and the Romans engage in constant battles, and Iran is the arbitrator of the conflicts between these two different worlds that were expanding on both sides of its cultural territory. For this kind of cultural disposition, the demolishing and shutting down of trade routes—which we witness today—surely means recession and sterility.

—Hoda Arbabi

Redaktion: Pierre Boulez Saal, Dramaturgie

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Sohrab Pournazeri

Sahar Boroujerdi

Sohrab Pournazeri wurde 1982 im ­iranischen Kermanschah als Sohn einer Musikerfamilie geboren und erlernte früh Tanbur und Kamantsche. Im ­Alter von 13 Jahren trat er erstmals mit dem renommierten Shamss Ensemble seines Vaters Kaykhosro Pournazeri auf, dem er heute als festes Mitglied angehört. Als Solist, Komponist und Sänger war er u.a. gemeinsam mit ­Mohammadreza Shajarian, Shujaat Hussain Khan, dem Beyond Borders Project und dem ­Pacific Symphony Orchestra zu erleben. Konzerte führten ihn ans ­Pariser Théâtre de la Ville, zum ­Barbican Centre in London, in die Düsseldorfer Tonhalle und zum Bozar Brüssel.

Die 1988 in Teheran geborene Sahar Boroujerdi erhielt zunächst Unterricht auf der Setar, bevor sie zum Gesang wechselte. Zu ihren Lehrerinnen und Lehrern gehörten Kaykhosro Pournazeri, Afsaneh Rasayi und Hamidreza Nourbakhsh. Schon früh konnte sie sich als eine der vielversprechendsten Stimmen der klassischen persischen Vokalmusik etablieren. Sie trat u.a. mit Arshad Tahmasbi und Mohammadreza Lofti sowie als Solistin in Behrouz ­Gharbipours Puppenmusiktheater­ werken Hafez und Saadi auf. Darüber hinaus gab sie Konzerte am Théâtre de la Ville in Paris, am Bozar Brüssel und beim Festival des Musiques Sacrées du Monde im marokkanischen Fès.

Sohrab Pournazeri was born into a family of musicians in Kermanshah, Iran, in 1982. He learned to play ­tanbur and kamancheh at an early age and made his first public appearance with his father’s renowned Shamss ­Ensemble, of which he now is a permanent member, at the age of 13. As soloist, composer, and singer, he has appeared with Mohammadrezah Shajarian, Shujaat Hussain Khan, the Beyond Borders Project, and the Pacific Symphony Orchestra. He has given concerts at the Théâtre de la Ville in Paris, London’s Barbican Centre, the Düsseldorf Tonhalle, and Bozar in Brussels.

Born in Tehran in 1988, Sahar ­Boroujerdi initially trained on the setar before becoming a singer. Among her teachers were Kaykhosro Pournazeri, Afsaneh Rasayi, and ­Hamidreza Nourbakhsh. She quickly established herself as one of the most promising voices in traditional Persian music and has performed with artists such as Arshad Tahmasbi and Mohammadreza Lofti as well as in Behrouz Gharbipour’s puppet operas Hafez and Saadi. She has also appeared at the Théâtre de la Ville Paris, Bozar Brussels, and at the Festival des ­Musiques Sacrées du Monde in Fès, Morocco.

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Mahyar Toreihi Mahyar Toreihi erhielt ab seinem sechsten Lebensjahr Unterricht auf der Santur von Reza Salahi und Ardavan Kamkar. Später studierte er an der Universität der Künste in Teheran. Er hat mit zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern zusammengearbeitet, darunter Tahmoures und Sohrab Pournazeri, Fardin Khalatbari, Homayoun Shajarian und Alireza Ghorbani, und trat u. a. beim Rudolstadt-Festival, bei Au Fil des Voix in Paris und am Bozar in Brüssel auf. Sein Soloalbum Collage ­erschien 2017.

Shahab Paranj

Shahab Paranj studierte Komposition am San Francisco Conservatory of Music, an der Manhattan School of Music und an der University of ­California, Los Angeles, und tritt als Virtuose auf der Tombak und anderen Schlaginstrumenten mit zahlreichen bedeutenden Künstlerinnen und Künstlern auf. Dabei verbindet er persische Melodik und Rhythmen mit westeuro­ päischen Texturen und Formen. Er komponierte Auftragswerke u. a. für das San Francisco New Music Festival und die Long Beach Opera. Außerdem ist er Gründer und künstlerischer Mahyar Toreihi started playing the ­Leiter des Festivals Du vert à l’infini ­santur at the age of six, receiving lessons für zeitgenössische Musik in Frankreich. from Reza Salahi and Ardavan Kamkar. He later graduated from the Tehran Shahab Paranj studied composition University of Arts. He has collaborated at the San Francisco Conservatory of with many leading Iranian artists Music, Manhattan School of Music, ­including Tahmoures and Sohrab and the University of California, Pournazeri, Fardin Khalatbari, Los Angeles, and appears as a virtuoso ­Homayoun Shajarian, and Alireza on the tombak and other percussion Ghorbani and has appeared at instruments with a wide range of ­Germany’s Rudolstadt Festival, Au ­renowned artists, blending Persian Fil des Voix in Paris, and Bozar in melodies and rhythms with Western Brussels, among others. His debut solo textures and forms. He has been comalbum Collage was released in 2017. missioned to write new works for the San Francisco New Music Festival and the Long Beach Opera, among many other ensembles and institutions. He is also the founding artistic director of the new music festival Du vert à l’infini in France.

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Ali Ghanbari

Siamand Mohammadi

Ali Ghanbari stammt aus Tabris im Nordwesten des Iran und begann seine musikalische Ausbildung im Alter von elf Jahren auf der Tār. Zu seinen Lehrern zählten Hooman Ghanbari, Ata Mahjoub, Ghazem Rahimzadeh und Dariush Pirniakan. Derzeit ­studiert er an der Universität der Künste in Teheran. Er wurde bei zahlreichen nationalen Musikwettbewerben mit Preisen ausgezeichnet.

Siamand Mohammadi, geboren 1995 im Iran, lebt in Teheran und ist als ­Produzent für elektronische Musik und Toningenieur tätig. Zu seinen künstlerischen Partnern gehörten in der Vergangenheit renommierte iranische Musikerinnen und Musiker wie die Brüder Sohrab und Tahmoures Pournazeri, Homayoun Shajarian und die Sängerin Hani Mojtahedy.

Born in Iran in 1995, Siamand Ali Ghanbari hails from the city of ­Mohammadi is a Tehran-based producer ­Tabriz in the northwestern part of Iran of electronic music and sound engineer. and began his musical education at His artistic partners have included the age of 11 on the tār. Among his many renowned Iranian musicians such teachers were Hooman Ghanbari, Ata as the brothers Sohrab and Tahmoures Mahjoub, Ghazem Rahimzadeh, and Pournazeri, Homayoun Shajarian, Dariush Pirniakan. He is currently and singer Hani Mojtahedy. ­enrolled at the University of Arts in Tehran and has received numerous awards at national music competitions.

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