Javier Perianes
Einführungstext von Martin Wilkening Program Note by Gavin Plumley
JAVIER PERIANES Freitag
19. November 2021 19.30 Uhr
Javier Perianes Klavier
Ludwig van Beethoven (1770–1827) Klaviersonate As-Dur op. 26 (1800–01) I. Andante con variazioni II. Scherzo. Allegro molto – Trio III. Marcia funebre sulla morte d’un Eroe IV. Allegro
Frédéric Chopin (1810–1849) Klaviersonate b-moll op. 35 (1837–39) I. Grave – Doppio movimento II. Scherzo III. Marche funèbre. Lento IV. Finale. Presto
Joan Guinjoan (1931–2019) La llum naixent Klavierstück nach einem Gedicht von Antoni Clapés (2018)
Manuel de Falla (1876–1946) El amor brujo Suite aus dem Ballet (1924) I. Pantomima II. El aparecido – Danza del terror III. El círculo mágico IV. Danza ritual del fuego
Franz Liszt (1811–1886) Funérailles aus Harmonies poétiques et religieuses S 173 (1848–53) Introduzione. Adagio – Lagrimoso – Allegro energico assai – Più lento
Richard Wagner (1813–1883) / Franz Liszt Isoldes Liebestod aus Tristan und Isolde S 447 (1867)
Keine Pause
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Durch die Nacht Klavierwerke von Beethoven bis Guinjoan
Mar tin Wilkening
Eine Sonate aus dem Geist der Variation Ludwig van Beethovens 1801 entstandene As-Dur-Sonate wurde ein Jahr später als Einzelwerk mit der Opuszahl 26 veröffentlicht. Aus derselben Zeit stammen auch die beiden Sonaten op. 27, die der Komponist schon durch den Titel „Sonata quasi una fantasia“ ausdrücklich in ein Spannungsverhältnis zum klassischen Gattungsmodell stellte, insbesondere zur viersätzigen, an der Symphonie orientierten Form. Anders als die beiden Fantasie-Sonaten hält die Sonate op. 26 äußerlich an dieser Viersätzigkeit fest, doch sie verwandelt das Modell auf andere Weise, durch eine Transformation seiner inneren Gewichtsverteilung und Dynamik. Dieser Sonate wird vorenthalten, was gemeinhin als ihr Typischstes gilt – an die Stelle des Hauptsatzes mit markanter Themenaufstellung, Durchführung und Reprise setzt Beethoven einen lyrischen Variationssatz. Zwar lassen sich dafür Vorbilder bei Haydn wie bei Mozart finden, Beethovens Sonate aber zeichnet sich durch einen entscheidenden Unterschied aus. Während ähnlich anhebende Werke jener Komponisten durch Verkürzung der gesamten Satzfolge sich gleichsam
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als Sonaten-Ausschnitt präsentieren, konzipiert Beethoven hier einen paradoxen Gegenentwurf zum viersätzigen Modell, der dieses gleichzeitig bestätigt und auflöst. Diese Auflösung besteht darin, dass das Prinzip der Variation hier den Hauptsatz eines vierteiligen Zyklus’ bestimmt, den ein Scherzo, ein langsamer Satz und ein schneller, überraschend kurzer Schlusssatz vervollständigen. Die Idee der Variation reicht in diesem Stück über den eigentlichen Variationssatz hinaus – als Vorstellung einer unendlichen Verschachtelung und Metamorphose. So wie das Thema selbst schon von vielfacher Variantenbildung durchzogen ist und die Variationen jeweils einzelne Aspekte des Themas in figurativ-motivischer Vergrößerung herausgreifen und ausbreiten, strahlen die einzelnen Variationen auf die drei folgenden Sätze aus, die so an den Kopfsatz anzuknüpfen scheinen. Den charakteristischen Kontrasten zum Trotz könnte man das ganze Stück beinahe als eine immer mehr Material in sich aufnehmende Variationenfolge betrachten. Dazu trägt außerdem bei, dass jeder Satz vom Grundton As ausgeht (in As-Dur oder as-moll) und dass die gesamte Sonate eigentlich nur ein einziges melodischrhythmisch stark ausgeprägtes Thema besitzt, nämlich das des Variationssatzes. Das Thema des kurzen Scherzo-Satzes erscheint wie eine bloße Spielfigur für die metrischen Vertracktheiten des Ablaufs, der Trauermarsch ist rhythmisch-akkordisch profiliert, und der Schlusssatz lässt in seiner Perpetuum-mobile-Bewegung thematische Bildungen nur aufblitzen. Die starke Synkopierung und in der Bewegung versteckte Seufzermotive stellen unterschwellig einen Zusammenhang zu den vorausgegangenen Sätzen her. Hört man das Werk unvorbereitet, mag man sich wundern über die holzschnittartige Form des – im Vergleich zum fein ausgesponnenen Variationssatz eher einfach strukturierten – Trauermarsches, seine weitgehend entsubjektivierte Haltung und vor allem über die mimetischen, lautmalerischen Effekte des Mittelteils mit Trommelwirbeln, Gewehrschüssen und Trompetensignalen. Der Komponist selbst hat ihm den programmatischen Untertitel „sulla morte d’un Eroe“ gegeben – auf den Tod eines Helden. Beethoven nimmt hier den Typus französischer Revolutionsmusiken auf und thematisiert die Dimension des Heroischen, wenige Jahre vor seiner Dritten Symphonie und kurz nach seiner Komposition einer Ballettmusik über Prometheus, den Lichtbringer und Urbild aller für eine bessere Zukunft der Menschheit leidenden Helden. Dass diese heute eher selten gespielte Sonate das ganze 19. Jahrhundert hindurch und bis ins 20. hinein eine besondere Popularität genoss, ist auch einem
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tendenziellen Missverständnis geschuldet: Man sah im Trauermarsch jenen Selbstausdruck des heroisch vorgestellten Komponisten, der durch die Intensität des späteren „Eroica“-Trauermarsches geprägt war. Unterstützt wurde diese Lesart durch die mythenbildende Tatsache, dass zu Beethovens Begräbnis eine textierte Bearbeitung des dritten Satzes von Opus 26 für Vokalquartett und Klavier erklang. Sonate als Bekenntnismusik Frédéric Chopin war bestens vertraut mit Beethovens As-DurSonate. Vor allem den Variationssatz hat er im Unterricht behandelt und in Pariser Salons auch selbst gespielt, „schön, aber nicht so schön wie seine eigenen Sachen, nicht packend, nicht als einen von Variation zu Variation gesteigerten Roman, sondern ideal schön“, wie der russische Musikschriftsteller Wilhelm Lenz etwas enttäuscht berichtet. Chopins Sonate b-moll steht zu Beethovens Opus 26 in einem beziehungsreichen Verhältnis. Auch der jüngere Komponist unternimmt den Versuch, eine Sonate aus Charakterstücken zu entwickeln und geht dabei noch weiter als Beethoven. In Chopins Werk steht an erster Stelle zwar ein regulär gebauter klassischer Sonatenhauptsatz mit zwei kontrastierenden Themen, die im Dreischritt von Exposition, Durchführung und Reprise erscheinen. Getragen wird dieser Verlauf allerdings von einer inneren Spannung, einem gleichsam erzählerischen Verlauf, der die Sonate auch als Ganzes auszeichnet. Chopin geht es tatsächlich um bekenntnishaften Selbstausdruck. Und so erhält die zweite Hälfte des viersätzigen Zyklus, die mit ihrer Abfolge von Trauermarsch und kurzem motorisch bewegten Schlusssatz so unverkennbar auf das Beethoven’sche Vorbild anspielt, eine ganz neue Qualität. Die Rätselhaftigkeit, die diese Dramaturgie schon bei Beethoven auszeichnet, wird hier noch einmal gesteigert und gleichzeitig emotional beglaubigt: Der Trauer folgt ein innerer Taumel, ein Sturz ins Bodenlose. Den gesamten letzten Satz bildet eine einstimmige Linie im Oktav-Unisono, in rastloser triolischer Bewegung ohne jede echte Zäsur oder wahrnehmbare Motivik, scheinbar auch ohne harmonisches Zentrum – wie ein Geisterreigen, der sich auch noch heutigen Hörerinnen und Hörern entzieht und jeden Erklärungsversuch ins Wanken bringt. Das Intervall der verminderten Septime verbindet dieses Schlussstück mit den vier merkwürdigen Einleitungstakten, die Chopin
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als Eingangsformel seiner Sonate voranstellt. Darauf spielte Robert Schumann an, der das Werk kurz nach seiner Publikation 1841 rezensierte: „So fängt nur Chopin an und so schließt nur er: mit Dissonanzen durch Dissonanzen in Dissonanzen […]. So schließt die Sonate, wie sie angefangen hat, rätselhaft, einer Sphinx gleich, mit spöttischem Lächeln.“ Nicht alles, was Schumann hier äußerte, war wohlgemeint, dies aber dürfte Chopin gefallen haben, der die Distanz gerade deswegen kultivierte, um seine Musik frei den feinen Verästelungen seiner Empfindungen öffnen zu können. Diese Haltung wird deutlich auch in Chopins Ankündigung des neuen Werks gegenüber dem Freund Julian Fontana, der praktisch lebenslang die Stelle eines unbezahlten Sekretärs einnahm: „Ich schreibe jetzt eine Sonate in b-moll, welche den Marsch enthalten wird, den du schon hast. Sie besteht aus einem Allegro, einem Scherzo in es-moll, dem Marsch und einem kurzen Finale, in meiner Handschrift etwa drei Seiten. Nach dem Marsch plaudern die linke und die rechte Hand noch etwas unisono.“ Während Beethovens Trauermarsch mit seiner Tonmalerei und Theatralik eher fremd aus der Umgebung der anderen Sätze hervorsticht, bildet Chopins Gegenstück den Kern der Sonate. Vermutlich liegt hier auch entstehungsgeschichtlich der Keim des Werks, war der doch Trauermarsch der erste Satz, den der Komponist schriftlich fixierte und an Fontana schickte. Er entstand im Frühjahr 1839 in Marseille, wo sich Chopin und George Sand von den desaströsen Lebensverhältnissen ihres gescheiterten winterlichen Aufenthalts auf Mallorca erholten, aus dem Chopin, lebensgefährlich erkrankt, zurück nach Frankreich transportiert werden musste. Der Rest der Sonate wurde in den Monaten darauf komponiert, im ersten Sommer, den Chopin auf Nohant, dem Landsitz seiner Freundin verbrachte. Doch schon vom November 1837 stammt ein Skizzenblatt, auf dem jenes Thema notiert ist, das eineinhalb Jahre später den entrückten Mittelteil des Trauermarsches bilden sollte. Liegt also hier, im kontrastierenden Teil, das psychische Zentrum des ganzen Stücks – der Ausdruck eines innigen Gefühls, das dann, durch den Marsch gerahmt und gleichsam begraben, nur noch als Vergangenes fassbar blieb?
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Das Licht am Ende der Nacht Chopins Sonate schließt als rabenschwarzes Nachtstück. Nachtstücke sind es auch, die den zweiten Teil des heutigen Programms prägen: als großer Abschiedsgesang in Franz Liszts Klavierbearbeitung der Schlussszene aus Wagners Tristan und Isolde oder als Kampf mit den Gespenstern der Vergangenheit in Manuel de Fallas El amor brujo. Hier öffnet sich aber mit der Morgendämmerung der Weg in eine neue befreite Gegenwart. Und was in de Fallas Tanztheater auf der persönlichen Ebene, als Liebesgeschichte, erzählt wird, inszeniert Liszt in Funérailles, dem abschließenden Trauermarsch, als Durchbruch von individueller Trauer zu einem gesellschaftlichen Befreiungsprozess. Einen befreienden, zum Ende hin fast hymnischen Ton schlägt auch das kurze Klavierstück an, das diesen zweiten Konzertteil eröffnet. La llum naixent stammt von dem katalanischen Komponisten Joan Guinjoan – es ist sein letztes Werk und wurde 2019 von Javier Perianes, dem es auch gewidmet ist, in Barcelona uraufgeführt. Der 1931 geborene Guinjoan begann seine musikalische Laufbahn nach Studien in Barcelona und Paris zunächst als Pianist und trat nach anschließender Kompositionsausbildung an der Pariser Schola Cantorum ab 1960 mit eigenen Werken an die Öffentlichkeit. Besonders eng war er, als Komponist, Hochschullehrer und Organisator, mit dem Musikleben Barcelonas verbunden. Sein letztes großformatiges Werk ist die zwischen 1989 und 1991 entstandene, aber erst 2004 am Teatre del Liceu uraufgeführte Oper Gaudí über den katalanischen Architekten, dessen Kathedrale bis heute das unverwechselbare Wahrzeichen Barcelonas bildet. Organisches Wachstum, wie es Gaudís Architekturstil prägt, kennzeichnet auch Guinjoans Klavierstück, das von einem Gedicht des katalanischen Schriftstellers Antoni Clapés inspiriert wurde. Die Musik ist sparsam in der Textur, teilweise einstimmig, aber in latente Mehrstimmigkeit aufgefächert, fließend in der Bewegung und in der Permutation kleiner motivischer Zellen, mit biegsamem Puls. Im Klangraum werden Tiefe und Höhe suggestiv einander gegenübergestellt, die Lineaturen verbinden sich mit glockenartigen Harmonien, bis zum Schluss hin ein beschwörendes pentatonisches Motiv hervortritt, in dessen Wiederholungen die Musik verklingt.
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Die Vertreibung böser Geister Eine Nacht hindurch, bis zum Anbruch des Morgens spannt sich die Handlung, die Manuel de Fallas Tanztheater-Stück El amor brujo zugrunde liegt. In ihm triumphiert die „Liebe als Zauberin“ nicht nur über die Gespenster der Vergangenheit, sondern letztlich auch über die magisch-rituellen Handlungen, die de Fallas Musik ebenso atmosphärisch beschwört wie mit einem Augenzwinkern zu verabschieden scheint. Im Zentrum der in Andalusien angesiedelten Geschichte steht Candelas, eine junge Frau. Nacht für Nacht wird sie verfolgt vom Geist ihres verstorbenen Liebhabers, der so verhindert, dass sie sich einem Anderen zuwenden kann. Magische Rituale zur Mitternachtsstunde, die den Geist vertreiben sollen, bleiben vorerst erfolglos. Was schließlich hilft, sind die Beharrlichkeit der Liebenden und eine kleine Intrige. So kommt es am Ende zum ersten Kuss, der die Macht des bösen Geistes bricht. Als Tanztheater erlebte El amor brujo zwischen 1915 und 1925 eine Reihe von Metamorphosen, vom Jahr der Uraufführung in Madrid als locker gestrickte „Gitanería“ bis zur Uraufführung der definitiven Version als „Ballett mit Gesang“ in London. Bereits zuvor hatte de Falla verschiedene Fassungen für konzertante Aufführungen erstellt, aus denen auch Bearbeitungen der wichtigsten Stücke für Klavier hervorgingen. Im Zentrum der Suite stehen der Tanz des Schreckens (Danza del terror) und der Feuertanz (Danza ritual del fuego). In schnellen Tonrepetitionen über ostinat festgehaltenen Rhythmen hascht hier der Geist des Toten nach seiner verlorenen Geliebten. Der Feuertanz bildet den Höhepunkt der Zauberszene, die mit zwölf Glockenschlägen beginnt, sich um die Hauptfigur herum zu ekstatischen Höhepunkten steigert und am Schluss alle zu Boden sinken lässt. Den Tonfall der Musik bestimmen die Rhythmen und melodischen Wendungen des Flamenco und des ihm zugehörigen Gesangs, des Cante jondo. Falla bricht und verstärkt deren Wirkung in seiner Aneignung durch polytonale Schichtungen, die in ihrer Distanziertheit gleichzeitig etwas Hypnotisches ausstrahlen. Die erste Szene des Ballets, die auf ein Gesangsstück hinsteuert, hat der Komponist nicht für Klavier bearbeitet. In der Solosuite ist stattdessen die „Pantomima“ an den Anfang gestellt, die im Original das Finale eröffnet. Hier gelingt die Intrige, die den Geist ablenkt und das wahre Liebespaar zusammenkommen lässt. Dramaturgisch könnte man die Klaviersuite so als eine Art Rückblende interpretieren.
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Ein Panorama der Trauer „Oktober 1849“ lautet der Untertitel von Franz Liszts Trauermarsch Funérailles. Der Komponist selbst hat nicht eindeutig festgelegt, auf welches Ereignis diese Bezeichnung verweist. Der französische Ausdruck lässt sich durch die grammatische Form auf eine oder mehrere Totenfeiern beziehen, und vermutlich ist genau diese Offenheit intendiert – als Rückblick auf viele Monate der gesellschaftlichen Umbrüche und persönlichen Verluste. Chopins Tod steht am Ende dieser Reihe, die Verurteilung der Freiheitskämpfer der ungarischen Erhebung im Revolutionsjahr 1848, der Liszt leidenschaftlich verbunden war, an deren Anfang. Man muss sich nicht für die eine oder andere Zuordnung entscheiden, denn auch die musikalische Spannweite der unterschiedlichen Abschnitte dieser Komposition lässt sich am ehesten wie ein Panorama der Trauer verstehen, in dem außerdem Momente der Trauermärsche aus Beethovens wie aus Chopins Sonate nachklingen. Das Ritualhafte des langsamen gemeinsamen Trauerzuges bildet den Ausgangspunkt, grundiert von schweren Glockenklängen. Dann wird dieses Atmosphärische plötzlich weggeblendet, die Musik kippt in eine andere Perspektive, und von der klanglichen Üppigkeit bleibt allein eine langgezogene absinkende Bass-Melodie mit sparsamen Begleitakkorden. Deren starre Düsterkeit öffnet sich emotional in einen „lagrimoso“ (tränenreich) bezeichneten Abschnitt. Doch „dramatico“ kündigt sich dann mit Dreiklangsfanfaren über bebendem Bassgrund eine Apotheose an – gleichzeitig die Vision eines positiven Endes, in der noch das Echo kriegerischer Auseinandersetzungen nachhallt. Auf diesen schlussendlich triumphierenden Trauermarsch folgt zum Ende des Programms eine von Liszts zahlreichen Klaviertranskriptionen: die Verklärung in Selbstauflösung, die Richard Wagner in Tristan und Isolde rauschhaft zelebriert. Schon vor der Premiere, auf die der Komponist sechs Jahre warten musste, hatte Wagner selbst die Sterbeszene der Isolde zusammen mit dem Vorspiel der Oper als Instrumentalstück im Konzert bekanntgemacht. Liszts Klavierversion entstand 1867, zwei Jahre nach der Uraufführung. Sie orientiert sich im Vergleich zu vielen anderen seiner Bearbeitungen sehr eng am Original und beschränkt sich grundsätzlich auf eine Übertragung des Orchestersatzes, der bei Wagner in sich sinntragend ist. Bruchstücke der Gesangspartie fließen an einigen Stellen im Sinne von Wagners Vorstellung einer „unend-
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lichen Melodie“ ein, die in dieser Oper in besonderer Weise verwirklicht ist – jenseits einer Unterscheidung von vokaler oder instrumentaler Stimme.
Martin Wilkening, geboren 1959 in Hannover, lebt seit 1977 in Berlin, unterbrochen von mehrjährigen Aufenthalten in Korea und Albanien. Er studierte Musik und Literaturwissenschaft und arbeitet seit 1981 als Autor, Musikkritiker, Dozent, Lektor und Verleger.
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La llum naixent Si recorrent la nit fosca el camí cada vegada se’t fa més feixuc i et sembla que només hi ha ombres, gira la teva mirada a l’entorn i veuràs que veritat i bellesa són una, i t’acompanyen, aferrades com tronc i escorça. I en el petit oratge de l’albada sentiràs l’herba mormolar una antiga cançó, potser una pregària, adreçada a la llum naixent. Perquè només l’afany de viure amb plenitud s’acompleix en el desig de veritat perdurable. Antoni Clapés
Das anbrechende Licht Wenn du dich durch das Dunkel kämpfst Auf immer mühsamerem Weg Und nichts erkennst außer Schatten, Dreh dich um und du wirst sehen, Dass Wahrheit und Schönheit Eins sind, bei dir sind, verbunden Wie Rinde und Stamm. Und in der leichten Morgenbrise Hörst du das Gras flüstern, Ein altes Lied, vielleicht ein Gebet An das anbrechende Licht. Die Sehnsucht nach einem Leben, Das des Lebens wert wäre, Findet Ruhe nur in der Suche Nach ewiger Wahrheit. Übersetzung: Christoph Schaller
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Ritual and Remembrance Piano Works from Beethoven to Guinjoan
Gavin Plumley
In Wagner’s Tristan und Isolde, the Celtic knight is said by Isolde to have both a heart and head destined for death. Throughout tonight’s program, which ends with Liszt’s transcription of the very last moments from that opera, we encounter music that is similarly characterized by the lugubrious. Beethoven and Chopin’s sonatas, though separated by nearly 40 years, share the trope of a funeral march, as well as other acts of remembrance. Falla’s El amor brujo, originally conceived, like Tristan, as a work for the stage, is no less haunted. And from the same shores, we hear the final work of Catalan composer Joan Guinjoan, while Liszt himself provides another act of heroic mourning in his Funérailles. In 1815, the funeral march from Beethoven’s Piano Sonata in A-flat major Op. 26 formed part of the incidental music to Friedrich Duncker’s drama Leonore Prohaska, celebrating the life of a female soldier who fought for the Prussians during the Napoleonic wars. The music was, however, conceived in 1800–01 without a specific subject, written instead in a Vienna filled with mutilated soldiers—Beethoven played at a benefit concert for the militia at the beginning of 1801—as the full force of the French was felt across Habsburg Europe. The March could consequently throw a pall over the rest of this ambitious Sonata, though given the other
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movements’ intent, it could also be seen as a valediction forbidding mourning. Indeed, the work, published in 1802, the same year as the Op. 27 pair (both “quasi una fantasia”) and the Op. 28 “Pastoral,” is at the vanguard of Beethoven’s “New Path,” leading to yet more audacious acts, both within the sonata and beyond. Aspiration is writ large but imparted sensitively, assuming an almost inconspicuous guise in the Sonata’s first movement, the Andante con variazioni. These variations are nonetheless marked by rising intensity, as new responses, textures, and colors are introduced. The more resolute tone of the final variations persists in the Scherzo, where the propulsion of the composer’s future symphonic dances is already much in evidence. After the funeral march, any finale would need to provide solace and bind together the outwardly discrete statements of the preceding movements—distinctions that are, of course, adumbrated by those initial variations. But Beethoven goes further, simultaneously weighting the end of his Sonata in an act of pianistic symphonism, while delivering such ends with the lightest and most cathartic of means.
In many ways, the individual movements of Beethoven’s A flat–major Sonata reflect the kind of character pieces for which Frédéric Chopin would be famed. When sketching the work, Beethoven even imagined that it might proceed with “some other such character piece,” predicting how Chopin’s Piano Sonata No. 2 in B-flat minor Op. 35 would later develop. It is not entirely clear when Chopin wrote the famous Marche funèbre that would eventually provide its third movement. Some scholars have suggested a date as early as 1835, though 1837 has long been accepted as the year in question, chiming with Chopin’s “dreadful state of mind” at the time, largely due to his abortive relationship with Maria Wodziński, to whom he had proposed the previous September. Luckily, there was requital around the corner, in the form of George Sand, though she had previously been rejected by Chopin as “unattractive” after their meeting at Liszt’s Parisian salon. It was in 1839, now settled at Sand’s summer estate of Nohant in the heart of France, that Chopin eventually completed the Sonata,
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following much of the scheme of Beethoven’s Op. 26—reportedly his favorite among the master’s 32. But instead of its initially meek variations, Chopin’s first movement opens with a brief but thundering introduction, the key of which is concealed by chromatic harmonies, which in turn prepare for the tonic and the restive first theme—more a rhythmic profile assuming different harmonic guises than a subject proper. The second idea, in the relative major, is unashamedly melodic, thereby exaggerating the genre’s distinctions between kinetic and reflective material. And yet the drive of the first subject persists, as it does in the Scherzo and Trio, where Chopin seeks to outdo himself with a towering mazurka-style opening—its music would surely challenge most dancers—followed by a sensuous if introverted waltz. The familiarity of the third movement, whether in this context or appropriated for other purposes, cannot dim its force, with music that is as black on the page as it is in performance. The March’s steady tread, with shades of Schubert’s Winterreise, provides a dark response to the more spirited strides of the Sonata’s earlier movements, while the insistent, repeated notes likewise have complements within the wider structure. But as impressive as this third movement proves—its ominous G-flat trill prompts thoughts of another Schubertian predecessor, the composer’s Piano Sonata in B-flat major D 960—it cannot compete with the heart-on-sleeve remembrance of things past in the ensuing trio. The corpse interred, the memories confirmed, there follows a fleet Presto—what Anton Rubinstein called “wind howling around the gravestones”—as the Sonata’s entire edifice is blown away like chaff.
Born in Riudoms, west of Tarragona, in 1931, pianist and composer Joan Guinjoan was as tireless in his promotion of others’ music as he was in the creation of a large body of work, much of it written for his own instrument. Through his chamber ensemble, Diabolus in Musica, which he founded with clarinetist Juli Panyella in 1965, Guinjoan oversaw the premieres of important local works, as well as introducing Spanish audiences to masterpieces by Boulez, Schoenberg, and Stravinsky. His own compositions display similar breadth, embracing free jazz, his Mediterranean roots, and the
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rich culture of Andalusia, though never turning away from finely wrought craftmanship, learned first in Barcelona and then in Paris. His output could encompass the large-scale, including ballet and opera, though his final work, La llum naixent, was fittingly penned for the piano. A five-minute piece, it draws on a poem written for Guinjoan by Catalan polyglot Antoni Clapés. The text describes a solitary nocturnal journey in which truth and beauty are readily apparent, despite the intruding shadows. At dawn, the grass even murmurs “an ancient song, a prayer perhaps,” bidding the traveler to live life as fully as possible. Guinjoan responds with harmonies touching the sound world of Debussy in a fleet toccata, notwithstanding moments of ravishing pause, that was inspired, according to the score, as much by its dedicatee and first performer Javier Perianes’s “magnificent touch” as it was by Clapés’s poem.
El amor brujo, Manuel de Falla’s masterpiece, was also the result of a literary friendship, with feminist writer María Martínez Sierra and her husband Gregorio. Living and working in Paris at the time of their meeting in 1913, the Cádiz-born and Madridtrained Falla was forced to abandon his adopted home at the outbreak of World War I. He returned to Spain and toured extensively with the Martínez Sierras’s theatrical troupe, for which he provided incidental music (now lost). The couple also introduced Falla to Federico García Lorca, and although Gregorio, rather than María, was credited for many of their projects, the latter doubtless wrote the scenario for the original version of El amor brujo, conceived as a gitanería (gypsy scene) and first performed in the Spanish capital in April 1915. It was from this somewhat hybrid work, with sung and spoken parts, as well as dances, that Falla created a concert version in 1916 and, eventually, the ballet of 1925, underlining his unswerving belief in the score. To this day, it remains his calling card; the piano suite heard tonight is the composer’s own, featuring four of the movements. Together, they encapsulate the story of Candela, a young Andalusian woman who is haunted by her late husband, having been killed by the partner of his lover, Lucía. Every night, his spirit returns and
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forces Candela to dance—the second movement, “Danza del terror” —though she has now fallen in love with Carmelo. In order to purge the husband’s ghost, the couple are advised to execute a ritual dance, the famous “Danza ritual del fuego,” which provides the suite’s final movement. When this fails, they lure the husband’s lover Lucía into their nightly ritual (the opening “Pantomime”) and she is eventually taken by the ghost. But before that crucial exorcism, we hear music that originally formed one of Candela’s songs in the gitanería: the “Romance del Pescador.”
“Poetic and religious” is as fitting a description of Liszt—the pianist turned (symphonic) poet turned priest—as it is of his Harmonies for piano. He originally penned a version of the work between 1840 and 1848, itself encompassing a piano composition from 1834 with the same title, taken from the poetry of Alphonse de Lamartine. Having completed that version, Liszt then began a revision almost immediately, eventually finishing the project in 1853, when the set was published. Much of the material, including that based on pre-existing choral works, was repurposed for the revision, though Funérailles, the seventh movement, was new, having been inspired by the events of 1848–9, when revolution spread across Europe, including to Liszt’s native Hungary, the largest constituent Habsburg crownland. It is to the heroes of the failed uprising of October 1849—the date is given as a subtitle—that Funérailles, originally “Magyar,” is surely dedicated, though some have suggested that tribute is likewise paid to Chopin, who also died that month. Glowering chromatic tolling underpins a characteristic dotted rhythm, as the music’s profile rises to suggest a sorrow that cannot be contained. The deadly tread of a march begins, against which a clear melodic line provides an almost vocal utterance. This is given less stark treatment before a hushed pianissimo announces a “lagrimoso” confession of unbearable poignancy. Released into a fully “orchestrated” version, the theme triggers a coda of staggering heroism.
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Writing Tristan und Isolde, Wagner must have known that the opera’s conclusion had to be similarly immense. Both text and music, steeped in the philosophy of Schopenhauer, were required to indicate something of death’s obliteration of the phenomenal world. Throughout Act III, Tristan has been near to extinction, awaiting the arrival of his (adulterous) beloved on the Breton coast. As Isolde “hurries in breathlessly,” he moves towards her, only to collapse at her feet. “Is Isolde cheated,” she asks, “of this single, eternally brief last earthly happiness?” before similarly falling unconscious. A skirmish ensues between King Marke’s forces and Tristan’s friend Kurwenal, before Isolde is revived by her confidante Brangäne. Fixing her eyes on Tristan’s body, Isolde begins to sing what Wagner labelled her “Verklärung” (transfiguration), employing a melody first sung by Tristan in Act II: “So starben wir” (thus might we die). Wagner introduced this final section of the score in a (wordless) orchestral version at a concert in St. Petersburg in February 1863 and went on to conduct it some 19 times. As such, it preceded the 1865 premiere of the complete work in Munich. Not once, however, did Wagner discard his original description; the term “Liebestod” (love-death) instead denoted the prelude to Act I. This was then confused by Wagner’s (later) father-in-law Liszt when he issued his piano transcription of the opera’s ending as Isolden’s Liebestod in 1867. Regardless of the nomenclature, there can be no doubting the music’s force, as the harmonic conundrum—the famous “Tristan chord”—set up in the prelude and repeated throughout the drama finds resolution in what Isolde describes as “supreme bliss,” with a numinous B major triad.
Gavin Plumley is a UK-based cultural historian whose work spans many periods and disciplines. He has written, lectured, and broadcast widely on the music and culture of Central Europe and appears frequently on the BBC. He has been the commissioning editor of English-language program notes for the Salzburg Festival since 2013. His first book, A Home for All Seasons, will be published in 2022.
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La llum naixent Si recorrent la nit fosca el camí cada vegada se’t fa més feixuc i et sembla que només hi ha ombres, gira la teva mirada a l’entorn i veuràs que veritat i bellesa són una, i t’acompanyen, aferrades com tronc i escorça. I en el petit oratge de l’albada sentiràs l’herba mormolar una antiga cançó, potser una pregària, adreçada a la llum naixent. Perquè només l’afany de viure amb plenitud s’acompleix en el desig de veritat perdurable. Antoni Clapés
The Incipient Light You trudge up in the dark, And the path becomes ever more arduous As you recognize nothing but shadows, But if you turn around you’ll see That truth and beauty Are one, that they are with you, together, Like bark and trunk. And by the morning breeze, You’ll hear the grass murmur An ancient song, a prayer perhaps, Hummed for the incipient light. The longing for A life worth living Will only be found in a thirst For perennial truth. Translation: Martí Purull
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