1. Mai 2022
JAKOB BRO
Pierre Boulez Saal Saison 2021/22
JAKOB BRO Sonntag
1. Mai 2022 19.00 Uhr
Set 1 JAKOB BRO & MIDORI TAKADA Jakob Bro Gitarre Midori Takada Percussion
Set 2 JAKOB BRO, ARVE HENRIKSEN, ANJA LECHNER & MARILYN MAZUR Jakob Bro Gitarre Arve Henriksen Trompete und Elektronik Anja Lechner Violoncello Marilyn Mazur Percussion
Das Programm entstand im Auftrag des Pierre Boulez Saals und erlebt heute seine Uraufführung. Unterstützt vom Committee for Music Grants der Danish Arts Foundation im Rahmen des Projekts „New Music from Denmark at the Pierre Boulez Saal“
Das erste Set des heutigen Programms, das Midori Takada und ich gemeinsam spielen, ist vollständig improvisiert. Ich habe lange über dieses Konzert nachgedacht und versucht, mich darauf vorzubereiten, offen zu sein für alles, was passieren wird. Auch wenn noch kein Klang entstanden ist, kommt es mir so vor, als hätte das Konzert in meinem Kopf schon vor Monaten begonnen. Durch meine Zusammenarbeit und enge Freundschaft mit dem Trompeter Palle Mikkelborg habe ich mich künstlerisch in eine Richtung bewegt, in der der Satz „Musik, die nicht wie Musik klingt“ mehr und mehr mein Interesse weckt. Obwohl meine musikalischen Wurzeln vor allem im Jazz liegen, sehe ich mich immer weniger als Jazzmusiker. Ich versuche, mit Klang etwas auszudrücken und habe keinen anderen Ehrgeiz als den, mit meinem Instrument und zusammen mit meinen musikalischen Partnerinnen und Partnern Momente der Schönheit zu schaffen, die nicht erklärbar sind. Midori Takada ist für mich eine Künstlerin, die genau das vermag – einen Moment des Nichts in ein Etwas zu verwandeln. Die Gruppe, die im zweiten Set zu hören ist, besteht aus vier individuellen Klangwelten, die jede für sich stehen können, die zusammenkommen können, und die gemeinsam für sich stehen können. In Zusammenhang mit diesem Programm und diesem spezifischen Quartett möchte ich auf zwei verschiedene Inspirationsquellen hinweisen. Als ich zum ersten Mal den Schlagzeuger A ndrew Cyrille hörte, war ich von seinem Spiel vollkommen fasziniert. Ich hatte das Gefühl, als befinde er sich im Inneren der Musik und reagiere auf all das, was um ihn herum vorging. Gleichzeitig kam es mir so vor, als ob er das Schlagzeug kompositorisch behandelte – alles, was er spielte, hätte auch für sich stehen können, als eigenständiges Stück Musik. So kraftvoll erschien es mir. Außerdem möchte ich die Aufmerksamkeit auf meinen Freund und Kollegen Thomas Knak richten, der unter dem Namen Opiate auftritt. Einige seiner Stücke, die mir am besten gefallen, bestehen aus drei oder vier kompositorischen Ebenen, die zusammen sehr schön klingen, aber auch als separate Kompositionen funktionieren, die sozusagen ein- und ausgeschaltet werden können. Cyrille und Knak haben mich beeinflusst, solange ich denken kann, aber ganz besonders, was meine Vorbereitung auf dieses Konzert im Pierre Boulez Saal angeht. Marilyn, Anja, Arve und ich können mit dem, was wir produzieren, jede und jeder für sich allein stehen. Gleichzeitig besteht überhaupt kein Druck, irgendetwas Bestimmtes zu tun, damit die Musik funktioniert. Wir alle können den
musikalischen Raum betreten und wieder verlassen, wann immer wir möchten. Es gibt keine gegenseitigen Erwartungen. Ich habe mit zwei verschiedenen Tonreihen gearbeitet, um jedem Instrument innerhalb der Gruppe einen kompositorischen Rahmen zu geben, der sowohl akkordisch als auch einstimmig sein kann, schnell, langsam, laut, leise und stumm. Jakob Bro
The first set of tonight’s program, which includes Midori Takada and myself, will be completely improvised. I have spent a lot of time thinking about this concert, trying to prepare myself to be ready and open to whatever will happen. Even though no sound has been produced yet I still feel like the concert has started months ago, in my mind. Through my work and close friendship with the trumpeter Palle Mikkelborg I have been moving artistically in a direction in which the phrase “music that does not sound like music” increasingly has been triggering my interest. Although most of my musical roots lie in jazz, I see myself less and less as a jazz player. I try to express myself with sound and have no ambition with my instrument other than to create unexplainable moments of beauty together with my collaborators. I see Midori Takada as someone who can do exactly that—turn a moment of nothing into something. The group heard in the second set consists of four individual sound worlds that can stand alone, be together, and stand alone, together. I’d like to point out two different sources of inspiration in relation to this program and this particular quartet. The first time I listened to the drummer Andrew Cyrille’s playing I was mesmerized. I felt like he was inside the music, reacting to all of what was going on around him. At the same time, I felt that he had a compositional approach to playing the drums—everything he played could easily have stood alone, be a piece of music on its own terms. It seemed that strong to me. I would also like to draw attention to my friend and collaborator Thomas Knak aka Opiate. Some of my favorite music of his consists of three or four compositional
layers that sound beautiful together but also work as separate compositions that can be turned off and on. I have been inspired by Cyrille and Knak for as long as I can remember but especially in relation to and in my preparation for this concert at the Pierre Boulez Saal. Marilyn, Anja, Arve, and I can stand alone with what we produce. At the same time, there is no pressure to do anything specific in order for the music to work. We can all enter and leave the musical space whenever we want. There are no specific expectations of one another. I have been working on different tone rows, providing each individual instrument in the group with a compositional frame that can be both chordal and singular, fast, slow, loud, quiet, and silent. —Jakob Bro
Das heutige Konzert wird per Audio-Livestream auf Pierre Boulez Saal Online übertragen und dort zu einem späteren Zeitpunkt zum Nachhören veröffentlicht. Tonight’s concert will be audio-streamed live on Pierre Boulez Saal O nline and released at a later date for on-demand listening. boulezsaal.de/online