Isabelle Faust, Kristian Bezuidenhout, Elizabeth Kenny & Kristin von der Goltz Einführungstext von / Program Note by Anne do Paço
FAUST, BEZUIDENHOUT, KENNY & VON DER GOLTZ Freitag
13. Mai 2022 19.30 Uhr
Isabelle Faust Violine Kristian Bezuidenhout Cembalo Kristin von der Goltz Violoncello Elizabeth Kenny Theorbe
Johann Sebastian Bach (1685–1750) Sonate für Violine und Cembalo Nr. 2 A-Dur BWV 1015 (vor 1723) I. [Ohne Bezeichnung] II. Allegro assai III. Andante un poco IV. Presto
Johann Paul von Westhoff (1656–1705) Sonate für Violine und Basso continuo Nr. 4 d-moll (1694) I. Aria. Largo – II. Allegro III. Aria. Andante – Allegro IV. Arioso
Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704) Sonate für Violine und Basso continuo Nr. e-moll C 142 (1681) [Ad libitum] – Adagio – Variatio. Allegro – Adagio – Presto – Aria – Variatio. Presto – Adagio
Johann Paul von Westhoff Sonate für Violine und Basso continuo Nr. 3 d-moll (1694) I. Grave – Andante II. Largo III. Imitatione delle campane IV. Adagio – Allegro
Pause
Johann Sebastian Bach Sonate für Violine und Basso continuo G-Dur BWV 1021 I. Adagio II. Vivace III. Largo IV. Presto Sonate für Violine und Cembalo Nr. 3 E-Dur BWV 1016 (vor 1723) I. Adagio II. Allegro III. Adagio ma non tanto IV. Allegro
Johann Paul von Westhoff Sonate für Violine und Basso continuo Nr. 2 a-moll (1694) I. Largo II. Presto III. Imitatione del liuto. Presto – IV. Aria. Grave – V. Finale
Das heutige Konzert wird per Audio-Livestream auf Pierre Boulez Saal Online übertragen und dort später zum Nachhören veröffentlicht. boulezsaal.de/online
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Freiheit des Denkens Violinmusik von Westhoff, Biber und Bach
Anne do Paço
Manche Musik wird uns zum ständigen Begleiter – wir k önnen sie hören, sooft wir wollen, sie ist widerstandsfähig gegen Gewöhnung, scheint längst vertraut und doch immer wieder neu, sagt alles und bleibt doch offen. Einer der Komponisten, dessen Œuvre in diese Liga gehört, ist Johann Sebastian Bach. Mehr noch: Er zählt zu jenen, bei denen nur das Werk selbst zu uns spricht, denn über Bachs Leben ist wenig bekannt. Briefe, wie sie Wolfgang Amadeus Mozart ein halbes Jahrhundert später an Konstanze schrieb, Konversationshefte, die in der ganzen Wirrheit, die sie offenbaren, Einblicke in die innere Verfassung Ludwig van Beethovens geben, Tagebücher wie die Robert Schumanns oder Richard Wagners: solche Selbstzeugnisse gibt es von Bach nicht – nicht, weil sie verloren wären, sondern weil es in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht üblich war, im Umfeld eines Kapellmeisters und Kantors Privates zu artikulieren. So wenig wir jenseits der überlieferten Fakten über Bachs Leben wissen, so inspirierend ist es, ihn hörend im Kontext seiner Um gebung zu erkunden, der musikalischen Strömungen und Interessen seiner Zeit. Eine solche Hörreise in die Vergangenheit unternimmt im heutigen Konzert Isabelle Faust gemeinsam mit Kristin von der
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Goltz, Elizabeth Kenny und Kristian Bezuidenhout – drei ausgewiesenen Expertinnen und Experten für die Musik dieser Epoche –, indem sie sich neben Bach auch dem Böhmen Heinrich Ignaz Franz Biber und dem Dresdner Johann Paul von Westhoff widmet. Beide zählten zu Lebzeiten zu den größten Violinvirtuosen nördlich der Alpen und waren von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der Violinmusik im 17. Jahrhundert. Bachs Werke neben die seiner Vorgänger zu stellen, zeigt nicht nur, so Kristian Bezuidenhout, „in welchem Ausmaß Bach die Kreuzung von Stilen auf ein neues Level brachte“, sondern führt auch zu einer anderen Hörerfahrung mit dem scheinbar längst Bekannten: „Wenn man Biber vor Bach spielt, klingt Bach anders, weil ein klanglicher Kontext für die Musik entsteht. Der Bach, den wir dann sehen, ist nicht nur ein ‚deutscher‘ Komponist, sondern ein echter Kosmopolit; kein Konservativer, sondern einer, der bewusst Regeln bricht; kein isoliertes Genie, sondern ein Komponist, der sich der Bedeutung seines eigenen Werkes sehr bewusst war.“ Im fantastischen Stil Johann Paul von Westhoff findet man bis heute eher selten auf Konzertprogrammen – und das ist verwunderlich. Denn ist man einmal eingetaucht in seine Musik, sieht man sich in eine Welt versetzt, die einen so schnell nicht mehr loslässt: Voller Imaginationskraft und Erfindungsgabe entfalten sich die meist kurzen, an Ornamentik und Manierismen reichen Kompositionen im „stylus phantasticus“. Das Werkverzeichnis, das Westhoff hinterließ, ist schmal – und ausschließlich der Violine gewidmet, bestehend aus der Sonate La guerra für Violine und Basso continuo (Paris 1682), einer Suite für Violine solo (Paris 1683), sechs Sonaten für Violine und Basso continuo (Dresden 1694) sowie sechs Suiten für Violine ohne Bass (Dresden 1696). Letztere wurden erst 1971 wiederentdeckt. Johann Sebastian Bach müssen sie bekannt gewesen sein, wovon ein Vergleich mit dessen Solo-Partiten und -Suiten zeugt. Nach den wenigen gesicherten biographischen Daten zu urteilen, scheint Westhoff ein bewegtes Leben geführt haben, das ihn in die Musikzentren Europas und an die großen Höfe führte. Geboren 1656 in Dresden als Sohn des Lübecker Rittmeisters, Lautenspielers und Posaunisten Friedrich von Westhoff erhielt er eine umfassende Bildung und trat 1674 als Geiger in die Dresdner Hofkapelle ein.
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Bis 1697 gehörte er dieser an, unterbrochen durch einen Militärdienst im Ungarnfeldzug gegen die Türken 1680 sowie durch mehrere Reisen nach Schweden, ins Baltikum, nach Italien, Frankreich, England und nach Wien. Hier zeigte er sich nicht nur als Künstler, sondern war auch in diplomatischen Diensten unterwegs. Mit seinen Auftritten als Violinist beeindruckte er den Sonnenkönig Ludwig XIV. in Versailles ebenso wie den Wiener Kaiserhof, wo er mit der Verleihung einer Gnadenkette geehrt wurde. Als sich August der Starke entschied, zum Katholizismus zu konvertieren, beendete der bekennende Protestant Westhoff 1697 seinen Dienst in Dresden und übernahm eine Professur für Fremdsprachen an der Universität zu Wittenberg, wozu ihn seine große Sprachbegabung qualifizierte. 1699 trat er als Kammersekretär, Kammermusiker und Sprachlehrer für Französisch und Italienisch in die Dienste des Großherzogs von Weimar – war dort also der Vorgänger Bachs. Durch seine zahlreichen Reisen verfügte Westhoff über ein ausgezeichnetes internationales Netzwerk und war mit allen europäischen Musikstilen vertraut, was sich auch in seinen eigenen Werken spiegelt. Mühelos verschränken sich in ihnen französische, italienische und deutsche Charakteristika. Stilisierte Tänze treffen auf Stücke, die von raffinierten Lautmalereien und Imitationen leben – eine Musik, die auch im violinaffinen Italien genauestens beobachtet wurde. Offensichtlichstes und bekanntestes Beispiel ist Antonio Vivaldis Violinkonzert d-moll RV 237, in dem der Venezianer den dritten Satz von Westhoffs Violinsonate Nr. 3 zitiert: eine „Imitatione delle Campane“ – also eine Imitation von Glockenschlägen –, die Westhoff ins Continuo legt und mit Arpeggien in der höchsten Geigenlage mischt. Die drei im heutigen Konzert erklingenden Sonaten stehen sämtlich in Molltonarten und sind vor allem in den langsamen Sätzen, in denen die Violine mit berührend-schlichter Kantabilität und raffinierter Mehrstimmigkeit eine unmittelbar zu uns sprechende Klangrede entfaltet, von einer bittersüßen Melancholie durchzogen. In den schnellen Sätzen folgen Passagen von großer Virtuosität in den Läufen und Arpeggien auf blockhafte Architekturen, die sich aus dem Wechsel von konzertierendem Soloinstrument und dem Basso continuo als Ripieno-Gruppe ergeben. Flirrende Klangexperimente stehen neben einer teils perkussiven Behandlung, wie besonders eindrucksvoll im zweiten Satz der Sonate Nr. 4.
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„Der Beste unter allen“ Mehr als acht Jahrzehnte nach dem Tod Heinrich Ignaz Franz Bibers schrieb der englische Musikchronist Charles Burney 1789 über den Geiger und Komponisten: „Unter allen Violinisten des vorigen Jahrhunderts scheint Biber der beste gewesen zu sein, und seine Soli sind die schwierigsten und einfallsreichsten aller Musik, die ich aus dieser Zeit zu sehen bekommen habe.“ 1644 im nordböhmischen Wartenberg geboren, hatte Biber zunächst eine Anstellung in der Hofkapelle des Fürstbischofs Karl II. von LiechtensteinKastelkorn in Kremsier nahe Olmütz inne (die allerdings vor allem durch ihre Blasmusik bekannt war). Bald schon aber wurde dem hochbegabten Künstler, der seine Ausbildung wahrscheinlich bei Johann Heinrich Schmelzer in Wien erhalten hatte, die mährische Provinz zu eng. Eine Reise ins Tiroler Absam, wo er bei dem berühmten Geigenbauer Jacobus Stainer für das Hoforchester neue Instrumente einkaufen sollte, nutzte Biber zum Absprung, um sich dem Fürsterzbischof von Salzburg vorzustellen, der den Ruf eines großen Förderers der Musik genoss und sofort das ungeheure T alent Bibers erkannte. Nachdem er sich wie damals üblich zunächst in die unterste Stufe der für Musiker geltenden Dienstbotenhierarchie einreihen musste, machte Biber in Salzburg schnell Karriere: 1679 wurde er zum Vizekapellmeister des exzellenten Hoforchesters ernannt, 1684 rückte er zum Kapellmeister auf. Überregionale Anerkennung erhielt er durch die Veröffentlichung seiner Kom positionen, von denen heute vor allem die monumentale Missa Salisburgensis, die „Rosenkranz-Sonaten“ sowie das als „Geistlich- weltliches Saitenspiel, für Kirche wie Marktplatz, für mehrere Streichinstrumente kunstgerecht komponiert und für das gemeinsame Spiel geeignete“ Fidicinium Sacro-profanum im Repertoire verankert sind. Weniger bekannt sind dagegen die Acht Sonaten für Violine und Basso continuo, die in Salzburg in Noten gestochen und 1681 in Nürnberg publiziert wurden. Komponiert hatte Biber sie wahrscheinlich, um mit ihnen vor Kaiser Leopold I. zu brillieren, als er diesen um ein Adelspatent ersuchte. Die umfangreiche, aus mehreren Abschnitten bestehende Sonate Nr. 5 e-moll C 142 ist durch eine Kombination aus Variationstechnik sowie Doppel- und Dreifachgriffen geprägt, die – mit frei gestalteten, rhapsodischen Passagen abwechselnd und in einer reichen Harmonik – komplexe Texturen und Affekte erschaffen. Sie zeigt aufs Schönste, wie wenig Biber daran interessiert war, seiner musikalischen Fantasie
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Grenzen zu setzen und stattdessen Musik voller Lust an Überraschungsmomenten, Unberechenbarkeiten und Improvisatorischem komponierte, die die Interpretin oder den Interpreten sowohl in spieltechnischer als auch in gestalterischer Hinsicht enorm fordert. Kontrapunktischer Ernst und Italianità Johann Sebastian Bach hatte bereits im Kindesalter von seinem Vater gelernt, wie man einen Bogen hält und damit die Saiten streicht. Nicht zuletzt verdankte er auch der engen Beziehung zur Violine seine ersten Karriereschritte, trat er doch kurz vor seinem 18. Geburtstag seinen Dienst als Violinist am Weimarer Hof an, wo zuvor Johann Paul von Westhoff wirkte (den Bach vermutlich 1702 auch persönlich getroffen hatte). Und als Bach 1717 die Leitung der Köthener Hofkapelle übernahm, spielte er auch dort die erste Geige. Natürlich war er mit dem „State of the Art“ des Komponierens für Violine, wie ihn u.a. Westhoff und Biber formuliert hatten, bestens vertraut. Insbesondere die Technik des akkordischen Violinspiels übte auf ihn eine große Faszinationskraft aus. Zugleich beobachtete er aber auch sehr genau, welche Entwicklungen die Musik in Italien nahm, was sich u.a. in jenem vor 1723 in Köthen komponierten Zyklus für Violine und Cembalo spiegelt, der in der Tradition verwurzelt ist und zugleich die Tür weit in die Zukunft öffnet: die unter dem Titel „Sei Sounate [sic] à Cembalo certato è Violino Solo“ publizierten Kammermusiken, zu denen die beiden Sonaten A-Dur BWV 1015 und E-Dur BWV 1016 zählen. Es ist kein Zufall oder Fehler, dass das Cembalo an erster Stelle genannt wird, sondern vielmehr ein Hinweis auf die Besonderheit dieser Sammlung, mit der Bach – soweit bekannt – erstmals in der Musikgeschichte das Cembalo aus der Rolle des begleitenden Tasten instruments herausholte und der Violine als gleichberechtigten Partner zur Seite stellte. Damit gelten diese Werke als die ersten vollgültigen Duosonaten der Violinliteratur. Formal und satztechnisch betrachtet, bewegt sich der Zyklus in eng gesteckten Grenzen, bezieht seine Vielfalt quasi aus der Beschränkung. Die Architektur folgt dem Prinzip der Sonata da chiesa mit der Satzfolge langsam–schnell–langsam–schnell. Geprägt hatte diesen Typus zunächst der Italiener Arcangelo Corelli, der 1681 mit seinen Zwölf Kirchensonaten op. 1 ein Kompendium vorgelegt hatte, das sich mit großem Erfolg schnell in ganz Europa verbreitete.
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Darüber hinaus zeigen die Sonaten aber auch, wie gut sich Bach in der musikalischen Sprache Antonio Vivaldis auskannte. Eine an dem Stil des Venezianers geschulte Virtuosität und unbeschwerte Italianità verbindet Bach mit der Ernsthaftigkeit barocker Poly phonie – und schafft auf diese Weise etwas ganz Eigenes. Die Fantasie und der Klangreichtum in der Ausgestaltung dieser eng abgesteckten Parameter und der Konstellation Cembalo/Violine versetzen auch heute noch in höchstes Staunen. Die Sonate Nr. 2 A-Dur BWV 1015 beginnt mit einem Dolce im pastoralen Duktus, auf das ein Allegro im Stil einer großen Konzertszene mit Kadenz folgt: Mit einem Thema, das in einem freien Fugato verarbeitet wird, steigern sich Violine und Cembalo immer weiter in eine effektvoll inszenierte Virtuosität. Auch die beiden folgenden Sätze sind von kontrapunktischer Satzweise bestimmt, die sich aber nie dem heiter-virtuosen Charakter der Komposition entgegenstellt. Im fis-moll-Andante folgen die beiden Oberstimmen einander in einer eleganten Linienführung über einem unaufhaltsam in Sechzehnteln und „staccato sempre“ voranschreitenden Ostinato-Bass in der einfachsten Form des Kanons – dem Canone all’unisono. Das Presto ist eine Fuge, die sich immer weiter bis in die Engführung des Themas verdichtet. Mit einem prächtigen Adagio, das in seinem erhabenen Charakter geradezu orchestrale Züge trägt, eröffnet Bach die Sonate Nr. 3 E-Dur BWV 1016. Aus einem kreisenden Motiv aus Terzen und Sexten entfaltet das Cembalo einen vollgriffigen Satz, über dem sich die Violine in einer mit raffinierten Verzierungen und Läufen an gereicherten Kantilene erhebt. Im folgenden Allegro verwickelt Bach ein galantes Thema in eine dreistimmige Fuge, über deren fröhlichem Charakter Molleintrübungen und eine anpackende Gestik allerdings einen Schleier der Melancholie legen. Das zweite Adagio ist eine lyrische Elegie in cis-moll. Über einem Passacaglia-Bass entspinnt sich zwischen der Oberstimme des Cembalos und der Violine ein Zwiegesang, der sich schließlich mit einem Halbschluss ins Finale öffnet. Dieses ist ein dreiteiliges Allegro voller brillanter Virtuosität. Über die genaue Entstehungszeit der Sonate G-Dur BWV 1021 ist nichts bekannt, wahrscheinlich aber fällt sie in die Jahre vor 1720. Das Werk zählt zu dem Kompendium von Triosonaten BWV 1021, 1023 und 1024, von dem vermutet wird, dass es einst sehr viel umfangreicher gewesen sein dürfte, aber nach Bachs Tod verloren ging. Die Triokomposition galt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Prüfstein für jeden Komponisten von Rang, wie der Musik
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theoretiker Johann Mattheson in seiner 1739 publizierten Schrift Der Vollkommene Capellmeister erklärte: „Es müssen hier alle drey Stimmen, jede für sich, eine feine Melodie führen; und doch dabey, soviel möglich, den Dreyklang behaupten, als ob es nur zufälligerweise geschehe.“ „Seine Musik kommt von weit her; sie spricht eine Sprache, die wir verstehen und in der wir doch eine andere erahnen“, schrieb Martin Geck über Bach. In der Kombination mit den Werken Bibers und Westhoffs lässt das heutige Konzert diese „andere Sprache“ mehr als ahnen und zeigt zugleich, wie sehr Bachs Musik stets auch offen ist, mit den Ohren der Zeit gehört zu werden, in der sie gerade erklingt – und damit immer zeitgenössisch bleibt.
Anne do Paço studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Germanistik in Berlin. Nach Engagements am Staatstheater Mainz und der Deutschen Oper am Rhein ist sie seit September 2020 Chefdramaturgin des Wiener Staatsballetts. Sie veröffentlichte Aufsätze zur Musik- und Tanzgeschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts und war als Autorin u.a. für die Kammerphilharmonie Bremen, das Wiener Konzerthaus und die Opéra National de Paris tätig.
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Freedom of Thought Violin Music by Westhoff, Biber, and Bach
Anne do Paço
There are musical works that become our constant companions —no matter how often we hear them, they resist habituation, appearing long-familiar, yet ever new, expressing everything, yet remaining open. One of the composers whose oeuvre belongs in this category is Johann Sebastian Bach. Not only that: he is one of those artists who speak to us only through their works, for little is known about Bach’s life. Letters such as the ones Wolfgang Amadeus Mozart wrote to Constanze half a century later, conversation notebooks such as those offering glimpses into Ludwig van Beethoven’s state of mind, confused as those glimpses may be, diaries such as those kept by Robert Schumann or Wagner: none of these exist in the case of Bach—not because they were lost, but because it was not customary for a conductor and cantor in the first half of the 18th century to articulate private matters. Little as we know about Bach’s life beyond the mere facts that have come down to us, it is inspiring as a listener to explore his work in the context of his surroundings, the musical movements and interests of his era. Such an auditory journey is undertaken in today’s concert by Isabelle Faust together with Kristin von der Goltz, Elizabeth Kenny, and Kristian Bezuidenhout—three eminent experts
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for the music of this era—who are dedicating their program not only to Bach, but also to Heinrich Ignaz Franz Biber from Bohemia and Johann Paul von Westhoff from Dresden. During their lifetimes, both were among the greatest violin virtuosos north of the Alps, playing a decisive role in the development of violin music during the 17th century. Placing Bach’s works alongside those of his predecessors, says Kristian Bezuidenhout, shows not only “the extent to which Bach took the mixing of styles to a new level,” but also allows for a listening experience that affects the seemingly familiar: “If you play Biber before Bach, Bach sounds different, because you create a sonic context for the music. The Bach we see then is not only a ‘German’ composer, but a true cosmopolitan; not a conservative, but a man who consciously broke the rules; not an isolated genius, but a composer who was well aware of the importance of his own output.” In the Fantastical Style Johann Paul von Westhoff is rarely found on concert programs today—and that is a curious fact. For once you delve into his music, you feel transported into a world that holds you captive: full of imagination and inventiveness, his compositions—most of them brief, but rich in ornamentation and mannerisms—unfold in a stylus phantasticus. The catalogue of works left by Westhoff is equally short—and dedicated exclusively to the violin. It contains the sonata La guerra for violin and basso continuo (Paris, 1682), a suite for solo violin (Paris, 1683), six sonatas for violin and basso continuo (Dresden, 1694), and six suites for violin without bass (Dresden, 1696). The latter were only rediscovered in 1971. Johann Sebastian Bach must have known them, as a comparison with his solo partitas and suites shows. Based on the few biographical details that are documented, Westhoff seems to have led an eventful life that took him to Europe’s musical centers and major courts. Born in Dresden in 1656, the son of the riding master, lutenist, and trombonist Friedrich von Westhoff from Lübeck, he received a comprehensive education, joining Dresden’s court orchestra as a violinist in 1674. He remained a member until 1697, interrupted by military service in the campaign against the Turks in Hungary in 1680 and by several journeys to Sweden, the Baltics, Italy, France, England, and Vienna. Here he
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appeared not only as an artist, but also served as a diplomat. His performances as a violinist impressed the Sun King Louis XIV in Versailles just as much as the imperial court in Vienna, where he was distinguished by receiving an honorary chain. When August the Strong decided to convert to Catholicism, the staunch Protestant Westhoff relinquished his position in Dresden in 1697, becoming a professor of foreign languages at the University of Wittenberg instead, a position for which his great talent for languages qualified him. In 1699 he joined the retinue of the Grand Duke of Weimar as a private secretary, chamber musician, and teacher of French and Italian—which made him Bach’s predecessor in the city. His numerous journeys had provided Westhoff with an excellent international network; he was familiar with all major European musical styles, a fact amply reflected in his own works. In them, he effortlessly blended French, Italian, and German characteristics; stylized dances are juxtaposed with pieces distinguished by sophisticated onomatopoeia and imitation. His works were closely observed in Italy, a country of violin enthusiasts. The most obvious and wellknown example is Antonio Vivaldi’s Violin Concerto in D minor RV 237, in which the Venetian quotes the third movement of Westhoff’s Violin Sonata No. 3: an imitatione delle campane—an imitation of bells—that Westhoff entrusts to the continuo, combining it with arpeggios in the violin’s highest register. The three sonatas performed in today’s concert are all in minor keys, and especially their slow movements—in which the violin unfolds an idiom that immediately moves us in its touching, simple songfulness and sophisticated polyphony—are marked by bittersweet melancholy. In the fast movements, passages of extreme virtuosity in scales and arpeggios are interspersed with block-like architectural elements arising from the solo instrument taking turns with the basso continuo as a ripieno group. Shimmering sound experiments stand side by side with a treatment that borders on the percussive; one particularly impressive example is the second movement of the Sonata No. 4. “The Best of All” More than eight decades after Heinrich Ignaz Franz Biber’s death, in 1789, the English music chronicler Charles Burney wrote about the violinist and composer: “Of all the violin players of the
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last century, Biber seems to have been the best, and his solos are the most difficult and most fanciful of any music I have seen of the same period.” Born in Wartenberg in Northern Bohemia in 1644, Biber was first employed by the court orchestra of the Prince Bishop Charles II of Liechtenstein-Kastelkorn in Kremsier near Olmütz (Olomouc), which was, however, mainly known for its wind and brass musicians. Soon the highly talented artist, who probably studied with Johann Heinrich Schmelzer in Vienna, felt that provincial Moravia was too small for him. He took advantage of a trip to Absam in the Tyrol, where he was sent to purchase new instruments for the court orchestra from the famous luthier Jacobus Stainer, to leave his employment and present himself to the Prince Archbishop of Salzburg, who had the reputation of being a great patron of music and immediately recognized Biber’s enormous talent. Initially forced to join the hierarchy of archiepiscopal servants at the very bottom, as was customary for musicians, Biber soon enjoyed a rapidly blossoming career in Salzburg: in 1679 he was appointed assistant conductor of the excellent court orchestra; in 1684 he became its main kapellmeister. He came to wider attention after publishing his compositions, of which mainly the monumental Missa Salisburgensis, the “Rosary” Sonatas, and the Fidicinium Sacro- profanum, a “sacred-secular piece for strings, suitable for church and market square, artfully composed for several string instruments and suitable for ensemble playing,” have remained in the repertoire. The Eight Sonatas for Violin and Basso continuo, on the other hand, are less well known; these were engraved in Salzburg and published in Nürnberg in 1681. Biber presumably composed them to impress Emperor Leopold I when he petitioned him for elevation to the nobility. The substantial Sonata No. 5 in E minor C 142 consists of several sections and is notable for its combination of variations with double and triple stops, which are interspersed with rhapsodic passages of greater freedom and rich harmonics, thereby creating complex textures and emotions. They provide a perfect illustration of how little Biber was interested in limiting his musical imagination, instead composing music that luxuriates in surprises, capriciousness, and improvisational elements, confronting the performer with enormous challenges regarding technique and interpretation alike.
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Contrapuntal Seriousness and italianità From his father, Johann Sebastian Bach had learned as a child how to hold a bow and move it across strings. It was his close relationship with the violin that led to his first career steps, as he took up a position as violinist shortly before his 18th birthday at the court in Weimar, where Johannes Paul von Westhoff was his predecessor (whom Bach presumably met around 1702). When Bach became leader of the court orchestra in Köthen in 1717, he played first violin there too. He was of course deeply familiar with the “state of the art” of composing for violin, as Westhoff and Biber had formulated it. He was particularly fascinated with the technique of chord-like violin playing. At the same time, however, he kept a keen eye on musical developments in Italy, a fact reflected in, among other works, a cycle for violin and harpsichord he composed in Köthen before 1723, which is rooted in tradition, yet throws open the door to the future: published under the title Sei Sounate [sic] à Cembalo certato è Violino Solo, this collection of chamber music works also includes the two Sonatas in A major BWV 1015 and E major BWV 1016. It is neither a coincidence nor a mistake that the harpsichord is listed first, but rather an indicator of the special nature of this collection: here, Bach became the first—as far as we know—to liberate the harpsichord from the role of accompanying keyboard instrument, placing it alongside the violin as an equal partner instead. These works are considered the earliest duo sonatas proper in the violin repertoire. In terms of form and technique, the cycle moves within closely defined boundaries, seemingly drawing its diversity from limitation. The architecture follows the principle of the sonata da chiesa, or church sonata, with its sequence of a slow movement followed by a fast, another slow, and another fast movement. This type was first introduced by the Italian Arcangelo Corelli, whose Twelve Church Sonatas Op. 1 of 1681 had offered a compendium that quickly met with great success all over Europe. But beyond that, the sonatas also demonstrate Bach’s easy familiarity with Antonio Vivaldi’s musical idiom. Bach combines a virtuosity steeped in the Venetian’s style and a carefree italianità with the earnestness of Baroque polyphony —and in doing so, he creates something all his own. The imagination and sonic richness he employs within the narrow boundaries of these parameters and the harpsichord-violin constellation still elicit astonished awe today.
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The Sonata No. 2 in A major BWV 1015 begins with a Dolce in a pastoral tone, followed by an Allegro in the style of a grand concert scene complete with cadenza: in pursuit of a theme developed in a free fugato, violin and harpsichord vie to outdo one another in effectively staged virtuosity. The two following movements are also dominated by contrapuntal structure, yet one that never gets in the way of the composition’s general air of cheerful virtuosity. In the F sharp–minor Andante, the two upper voices follow each other in elegant lines, suspended over a relentless ostinato bass in sixteenth- notes marked “staccato sempre” and in the simplest form of a canon—the canone all’unisono. The Presto is a fugue that grows ever denser until the theme reaches a contrapuntal stretto. With a sumptuous Adagio that is almost orchestral in its august character, Bach opens his Sonata No. 3 in E major BWV 1016. From a circular motif consisting of thirds and sixths, the harpsichord unfolds a rich tapestry from which the violin rises in a cantilena that is extensively ornamented and replete with scales. In the sub sequent Allegro, Bach develops a gallant theme in a three-part fugue whose cheerful character is, however, shadowed by a melancholy conveyed by minor keys and resolute gestures. The second Adagio offers a lyrical elegy in C-sharp minor. Above a passacaglia bass, the harpsichord’s upper voice and the violin enjoy a dialogue that segues into the finale. This, in turn, is a three-part Allegro of brilliant virtuosity. We do not know when the G-major Sonata BWV 1021 was composed—presumably before 1720. The work is part of a compendium of trio sonatas (BWV 1021, 1023, and 1024) that is claimed to have been far more voluminous, with several pieces lost after Bach’s death. In the first half of the 18th century, writing for trios was considered the touchstone for composers of rank, as the music theorist Johann Mattheson declared in his treatise Der Vollkommene Capellmeister of 1739: “Here all three voices must have a fine melody, each on its own; yet at the same time they must maintain the chord, as if it were a mere coincidence.” “His music comes from far away; it speaks a language we understand, yet within it we catch a glimpse of another,” wrote the late Martin Geck about Bach. In combining it with works by Biber and Westhoff, today’s concert offers more than a glimpse of that “other language.” At the same time, this program demonstrates that Bach’s music may always be heard through the ears of the time of its performance—which makes it perennially contemporary. Translation: Alexa Nieschlag
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Anne do Paço studied musicology, art history, and German literature in Berlin. After holding positions at the Mainz State Theater and the Deutsche Oper am Rhein, she has been chief dramaturg at the Vienna State Ballet since September 2020. She has published essays on the history of music and dance of the 19th to 21st centuries and has written for the Kammerphilharmonie Bremen, Vienna’s Konzerthaus, and the Opéra National de Paris, among others.
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