Belcea Quartet & Bertrand Chamayou

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Belcea Quartet & Bertrand Chamayou

Einführungstext von Kerstin Schüssler-Bach

Program Note by Harriet Smith

BELCEA QUARTET & BERTRAND CHAMAYOU

Donnerstag 20. April 2023 19.30 Uhr

Corina Belcea Violine

Esther Hoppe Violine

Krzysztof Chorzelski Viola

Antoine Lederlin Violoncello

Bertrand Chamayou Klavier

Ludwig van Beethoven (1770–1827)

Streichquartett F-Dur op. 59 Nr. 1 „Rasumowsky-Quartett“ (1806)

I. Allegro

II. Allegretto vivace e sempre scherzando

III. Adagio molto e mesto –

IV. Thème russe. Allegro

Pause

César Franck (1822–1890)

Klavierquintett f-moll (1878–79)

I. Molto moderato quasi lento – Maestoso – Allegro

II. Lento, con molto sentimento

III. Allegro non troppo, ma con fuoco

Das Belcea Quartet dankt Esther Hoppe, die im heutigen Konzert anstelle von Axel Schacher den Part der zweiten Violine übernimmt.

Fülle des Ausdrucks

Zu den Werken von Beethoven und Franck

Kerstin Schüssler-Bach

Manifest der schrankenlosen Individualität

Beethovens Streichquartett op. 59 Nr. 1

Ein schwebendes Tonleitermotiv zu einer pochenden Begleitung – ein himmelwärts strebender Gesang zu freudigen Herzschlägen. Mehr braucht Ludwig van Beethoven zunächst nicht, um ein neues Kapitel in der Geschichte des Streichquartetts aufzuschlagen. Das erste seiner drei sogenannten „Rasumowsky-Quartette“ verlässt endgültig den Boden höfischen Musizierens. Es ist ein Manifest der schrankenlosen Individualität, das sich zur emotionalen Entäußerung bis hin zur Exzentrik bekennt.

Dabei war der Namenspatron durchaus noch einer jener adligen Gönner, von denen Beethoven trotz aller bürgerlichen Emanzipation bis zuletzt abhängig blieb. Der russische Diplomat Graf Andrej Kirillowitsch Rasumowsky – geboren in der Stadt Gluchow bzw. Hluchiw, damals im russischen Kaiserreich, heute in der Ukraine gelegen – hatte sich als Musikmäzen in seiner Wahlheimat Wien unentbehrlich gemacht. Er spielte selbst Violine, unterstützte aber vor allem das Schuppanzigh-Quartett, das die bislang eher in höfischen Liebhaberkreisen verortete Gattung des Streichquartetts professionalisierte. In Rasumowskys Palais fand wohl 1807 auch die erste Aufführung des Opus 59 Nr. 1 mit dem SchuppanzighQuartett statt. Nach siebenjähriger Pause hatte Beethoven den

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Faden der Quartettkomposition wieder aufgenommen. Mittlerweile waren großformatige Werke wie die „Eroica“-Symphonie entstanden, und so zielen auch die drei „Rasumowsky-Quartette“ auf eine ausgedehntere Form in symphonischer Klangfülle. Die Allgemeine musikalische Zeitung kündigte sie an als „sehr lang und schwierig, tiefgedacht und trefflich gearbeitet, aber nicht allgemeinfasslich.“

Tatsächlich brach das Publikum bei mancher Aufführung des F-Dur-Quartetts sogar in Gelächter aus, etwa bei den ersten Takten des scherzohaften Allegrettos, in denen das Cello nur einen klopfenden Rhythmus auf einem einzigen Ton spielt – unerhörte Bizarrerien für die damaligen Ohren.

Der weite Atem des aufsteigenden Themas im Kopfsatz öffnet den Raum für das Spiel von Kraft und Gegenkraft, von gespannten Linien und ornamental fließender Bewegung. Zum tiefempfundenen Adagio schrieb Beethoven in seinen Skizzen die rätselhafte Bemerkung nieder, er wolle hier einen „Trauerweiden- oder Akazienbaum aufs Grab meines Bruders“ setzen. Der Bruder Kaspar Karl war durchaus noch unter den Lebenden, hatte allerdings gerade geheiratet. Und mit seiner ungeliebten Schwägerin stand Beethoven auf Kriegsfuß. Von der privaten Familienfehde einmal abstrahiert, taucht dieses großartige Adagio in eine Sphäre ein, die der Romantik in einer neuen Innerlichkeit den Boden bereitet. Trotz dieser zukunftsgewandten Ästhetik bedient sich Beethoven auch barocker Trauergesten wie Seufzermotiven und Verzierungen. Wie er hier aus historischem Vokabular einen so hochindividuellen Ausdrucksgehalt gewinnt, macht sprachlos.

Nach einer zärtlichen Kadenz der ersten Violine schließt sich attacca das Finale an. Als Hommage an Rasumowsky flocht Beethoven hier ein „Thème russe“ ein. Es stammt aus einer russischen Volksliedsammlung, scheint unkompliziert und fröhlich, doch sein Text spricht von der Einberufung eines Soldaten zur Armee. Dass Beethoven hier Material mit populärer Melodik in eine Gattung einfließen lässt, die durch ihn selbst als Königsdisziplin der Kammermusik geadelt wurde, ist auch eine soziale und ästhetische Aussage: Die „edle Simplizität“ greift nach der Teilhabe, Volkslied und komplexeste Form, Natur und Kunst verbinden sich. Das aufspringende Thema wird nicht als importierter Fremdkörper einem banalschmückenden Exotismus preisgegeben. Vielmehr verwandelt es sich wie ein Chamäleon von liedhafter Einfachheit in verschiedenste Farben, von gelöster Bewegung umspielt, von synkopischer Rhythmik fortgerissen, in eine drängende Fuge gegossen. Und endlich

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sammelt sich dieses Thema zu einem nachdenklichen Innehalten, verklärend von der ersten Violine in höchste Lage geführt, bevor es kraftvoll dem Ende entgegengaloppiert.

Monumentale Leidenschaft

César Francks Klavierquintett

Eigentlich hatten sie ein gemeinsames Ziel: Camille Saint-Saëns und César Franck, der kosmopolitisch-universale, aber distanzierte Franzose und der stille, freundliche, als Organist in Paris wirkende Belgier. Es war die Stärkung der französischen Instrumentalmusik, die im operndominierten Frankreich als „zweitrangig“ galt. Die Société nationale de musique sollte hier Abhilfe schaffen. 1871 von Saint-Saëns als Reaktion auf den verlorenen deutsch-französischen Krieg gegründet, wollte sie dem teutonischen Rivalen das Feld der Symphonie und Kammermusik nicht kampflos überlassen. Auch

Franck selbst war Gründungsmitglied der Société.

Doch die Solidargemeinschaft bröckelte bald. Eine der spektakulärsten Zwistigkeiten entspann sich bei der Uraufführung von César Francks Klavierquintett. Am 17. Januar 1880 wurde das im Vorjahr vollendete Werk in einem Konzert der Société in der Pariser Salle Pleyel aus der Taufe gehoben. Das Quatuor Marsick spielte, den Klavierpart übernahm Saint-Saëns persönlich – und zwar vom Blatt. Da das Werk noch nicht gedruckt vorlag, hatte Franck für seinen Kollegen ein eigenes Manuskript erstellt. Enttäuscht berichtete der Komponist später einem Schüler, wie es dieser Abschrift erging: „Ich hatte sie Saint-Saëns gegeben und hatte am Ende (da das Werk ihm gewidmet ist) ‚Meinem lieben Freund Camille Saint-Saëns‘ notiert. Er ließ sie auf dem Klavier stehen, als er von der Bühne ging.“ Und tatsächlich hat er das Quintett nie wieder gespielt.

Die brüske Missachtung durch den „lieben Freund“ war ein öffentlicher Affront. Was hatte Saint-Saëns an diesem Stück so sehr gestört? Zum einen war es sicher die schiere Länge des mit fast 40 Minuten wahrhaft monumentalen Kammermusikwerks, das der Salonkultur der kurzen Amuses-gueules eine klare rote Karte zeigte. Dann dürften auch die progressive harmonische Tonsprache Francks, deren chromatisches Changieren schon auf den Impressionismus weist, und der aufwühlende, dramatische Charakter wenig Gefallen beim eleganten Klassizisten Saint-Saëns gefunden haben. Mit einem

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Wort: zu viel Wagner, zu wenig Ars gallica. Ein drittes, persönliches Motiv für die Ablehnung bemüht den Gesellschaftsklatsch: Franck sei zu dieser Zeit unsterblich in seine Kompositionsschülerin, die irischstämmige Pariserin Augusta Holmès, verliebt gewesen, wovon der leidenschaftliche Gestus des Quintetts Zeugnis ablege. Deswegen habe nicht nur Francks Ehefrau Félicité Saillot Desmousseaux dieses Werk mit Missachtung gestraft, sondern auch Saint-Saëns – der tatsächlich selbst, wie angeblich die gesamte Fakultät des Pariser Conservatoire, für Holmès geschwärmt hat. „Wie Venus die Welt befruchtete, wenn sie ihre Locken knüpfte, so schüttelte Augusta Holmès ihre rötlichen Locken über uns, und wenn sie den Blitz ihrer Augen und den Glanz ihrer Stimme verschwendete, liefen wir zu unseren Stiften, unseren Pinseln, und Werke wurden geboren“, erklärte Saint-Saëns.

Mag die üppige Muse auch den passionierten Drang des Klavierquintetts befeuert haben – es trägt jedenfalls die Züge von Francks erstaunlichem kammermusikalischen Spätwerk, das auch Meisterstücke wie die A-Dur-Violinsonate hervorbrachte. Der aufund abschwellende Klang und die Temporückungen wirken hier stilbildend. Aber auch ein dichtes Netz von motivischen Bezügen, dessen „zyklisches Prinzip“ Schule in Frankreich machte und das letztlich seinen Ausgang von Beethoven nahm, wurde von Franck herausgebildet. Immerhin feierte Vincent d’Indy ihn als „wahren Nachfolger Beethovens“.

Im Klavierquintett ist es das lyrische zweite Thema, das sich mit seiner plastischen Rotation der Intervalle als zyklisches Band für das gesamte Werk erweist. Zuvor aber überrascht in einer langsamen Einleitung die wuchtige, gezackte Linie der ersten Violine, unterstützt von pathetischen Akkorden ihrer Streichergefährten. Das Klavier schweigt noch und löst sich mit einer expressiven Episode heraus. Beide Elemente kreisen umeinander, ohne sich noch zu berühren. Erst am Ende der Einleitung verbinden sich Streicher und Klavier. Das registerartige Absetzen der Klangfarben war Franck durch seine Herkunft von der romantischen Orgel wohlvertraut, ebenso wie das „Schwellwerk“ der auf- und abwogenden Bewegungen. Die rollenden Steigerungswellen des Kopfsatzes münden in einer gewaltigen Apotheose des Klangs.

Der langsame Satz, „mit viel Gefühl“ zu spielen, beginnt über schwebenden Akkorden des Klaviers mit einer Figur der Violine, die die fallende Motivik des Kopfsatzes reflektiert. Auch dessen Seitenthema begegnet uns wieder. Nach dieser träumerischen

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Stimmung nimmt das Geschehen mit Tremolofiguren der Streicher, dynamischen Extremen und harmonischen Abschweifungen wieder dramatische Fahrt auf.

Mit unablässiger Energie stürmt das Finale vorwärts. Huschende, chromatische Figuren der zweiten Violine irren einsam umher, werden schließlich von düsteren Akkorden des Klaviers und der übrigen Streicher gestützt. Das Flackern greift auf die anderen Stimmen über, und aus dem Klavier wächst ein markant punktiertes, akkordisch aufsteigendes Motiv. Aus ihm bildet sich das von den Streichern unisono geführte Hauptthema in F-Dur heraus, umspielt von rauschenden Akkordketten des Klaviers. Sein rhythmischer Impuls treibt den Satz beständig voran. Themensplitter aus dem Kopfsatz und dem langsamen Satz mischen sich darunter. In all dem Wühlen und Drängen kommt es noch zu einer Steigerung des Ausdrucks, als mit geradezu brutaler Wucht grelle pizzicato-Akkorde wie Peitschenhiebe niedersausen. Nochmals angezogen wird das Tempo in der Coda, das flackernde Tremolo mit breitem Pinsel aufgetragen, bis endlich die dramatischen Schlussakkorde einsetzen. Hinsichtlich seiner Ausdehnung und seinem leidenschaftlichen Impetus hat Francks Klavierquintett – das erste in der französischen Kammermusik des 19. Jahrhunderts – kaum ein Pendant. Die Komponistin und Musikpädagogin Nadia Boulanger stellte fest, es enthalte mehr dreifache Pianissimo- und Fortissimo-Bezeichnungen als jedes andere Stück. Zu Lebzeiten Francks wurde das f-mollQuintett nur noch dreimal aufgeführt. Heute gilt es als Meisterwerk, das den Klavierquintetten von Brahms, Dvořák und Schumann ebenbürtig zur Seite gestellt wird.

Dr. Kerstin Schüssler-Bach arbeitete als Opern- und Konzertdramaturgin in Köln, Essen und Hamburg und hatte Lehraufträge an der Musikhochschule Hamburg und der Universität Köln inne. Beim Musikverlag Boosey & Hawkes in Berlin ist sie als Head of Composer Management tätig. Sie schreibt regelmäßig für die Berliner Philharmoniker, die Elbphilharmonie Hamburg, das Lucerne Festival und das Gewandhausorchester Leipzig. 2022 erschien ihre Monografie über die Dirigentin Simone Young.

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Dramas in Music

Chamber Works by Beethoven and Franck

There was no greater master than Beethoven when it came to thwarting the expectations of his audiences. His three Op. 59 Quartets, known as the “Razumovsky,” offer striking examples of this. Their nickname pays homage to the eponymous Count, the Russian ambassador in Vienna, and a serious patron of the arts. So devoted was Count Razumovsky to the cause that for some years he had a permanent string quartet in his employ, led by Ignaz Schuppanzigh; on occasion the Count himself—a reasonably skilled violinist—would join in the music-making.

The Op. 59 Quartets were written at rare speed for Beethoven, occupying him between April and November 1806, and they challenged the status quo in a great many ways. To start with, one could hardly imagine these works in a domestic setting (not simply in terms of their extreme technical demands but also matters of length). Just as he was doing in piano sonatas around the same time—the “Appassionata” and the “Waldstein”—the composer was taking his music out of the reach of all but the most gifted amateurs and setting it instead into a professional arena. A contemporary review in the Allgemeine musikalische Zeitung rather sums up that difficulty: “Three new, very long and difficult Beethoven quartets— are attracting the attention of all connoisseurs. They are profound in conception and admirably written, but not generally comprehensible …”

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In fact, when the Schuppanzigh Quartet first read through the F-major Quartet heard tonight, the musicians assumed it was a joke. Given that these were the first quartets the composer had written since his initial set of six (Op. 18, completed in 1800), a development of style was only to be expected. But the developments here are enormous, with Beethoven challenging received opinion at every turn and in every aspect of the music, from structure to duration. All four movements are cast in some variety of sonata form, even the scherzo-type one. And how free the bass instrument has become, with Beethoven giving the opening themes of the outer movements to the cello and allowing it to set the second in motion.

The Quartet’s sheer scale is hinted at in the opening moments, the long-breathed cello melody creating an idea of spaciousness that conjures the nobility of the Violin Concerto from the same year. But here Beethoven also injects an element of disquiet through dissonances and a reluctance to resolve them. So broad is this Allegro that there is no exposition repeat as it would have skewed the work’s proportions. However, he tricks the listener into expecting it by starting the development with an exact repetition of the exposition, only to veer off in dramatically charged new directions.

The pleasure of subverting the listener’s expectations continues in the second movement, which has elements of scherzo in its mood but not in terms of form or even speed. The opening motif could not be barer or more ambiguous—a simple dotted idea on one note (B flat) in the cello—with an answering phrase in the second violin that seems to establish B-flat major, though at the last moment it swerves to a suggestion of F major. But as the viola takes up the cello’s motif, it is down a tone, onto A flat, with the first violin answering in kind. Beethoven continues to tease us, vehemently emphasizing B-flat major with fortissimo repeated chords. But not for long—the second subject (in what we now realize is a sonata-form movement) is in D minor. Yet it is the first theme that proves dominant, with the composer delighting in using it in the most unexpected ways, right until the final moments.

There have been elements of the “Eroica” Symphony in the epic quality of the opening Allegro, but it is in the funeral-march third movement that the parallels become even more evident. The key is F minor and, in its pacing and depth of emotion, it seems to look forward to the slow movements of Beethoven’s late quartets. Yet it also has links back to his younger self: his very first quartet, in

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F major, also has an F-minor Adagio that, while it does not compete with the desolation of Op. 59 No. 1, like the later work is associated with a note in Beethoven’s sketchbook that offers a rare emotional prompt. In Op. 18 No. 1, this is a reference to the tomb scene in Shakespeare’s Romeo and Juliet. Regarding the present Quartet, he writes: “A weeping willow or acacia tree over my brother’s grave.” (Mysteriously, though, at the time neither of his brothers was dead.) The sense of grief is unstinting in this movement, with the first violin introducing a melody full of sighing phrases set against dissonant, slow-to-resolve harmonies. When the cello takes over, the filigree in the high-lying first violin is almost unbearably fragile. The mood is intensified by Beethoven’s keeping to the minor for the second subject, emphasizing the sense of profound tragedy. Only at the very end do the clouds finally lift, with a cadenza-like passage in the first violin that takes us from minor to major for the finale.

The Russian theme on which this is based offers a homage to Count Razumovsky, though it is a tongue-in-cheek one, with the composer speeding up the melody and transforming its inherent solemnity into a bumptiously playful affair, one underlined by the lively dialogue between the four musicians. But even here, where there is a frenetic quality on the surface, Beethoven underpins it with the most masterly of structures. His reminiscence of the first violin’s cadenza-like writing from the slow movement, now played by the whole quartet at the end of the exposition, is one, while another is the way in which, moments before the close of the entire work, the composer finally permits us to hear that Russian theme slowed down (marked “Adagio ma non troppo”), as if in homage to its original mood—before, just as wittily, sweeping it to an uproarious Presto close.

These days we tend to think of César Franck predominantly as an organ composer—he was himself a formidable exponent of the instrument, famed for his improvisatory skills—and for his long tenure of more than three decades at the Parisian church of Sainte Clothilde. Yet his first instrument was actually the piano, at which he was sufficiently gifted for his greedy and exploitative father to

launch him as a traveling virtuoso; to add insult to injury, he was also required to write salon pieces to order. Perhaps the seriousness of his mature music was in part a reaction to those early experiences. These might also explain why, for almost 40 years, Franck composed nothing for the piano either alone or as part of a chamber set-up.

Another vital impetus for Franck’s newly discovered enthusiasm for chamber music was the foundation of the Société nationale de musique in 1871, which promoted not just French music, but notably French non-vocal music, which had tended to be neglected in favor of opera and song in previous decades. Camille Saint-Saëns, the Quintet’s dedicatee, was the keyboard player at the premiere in 1880. And although Franck’s Piano Quintet was by no means the first such piece to be heard there (Saint-Saëns and Charles-Marie Widor having preceded him) it did cause quite a stir. The quintet line-up can work as a kind of piano concerto in miniature—just think of Brahms’s F-minor Quintet, or, moving into the 20th century, those of Taneyev, Elgar, and Shostakovich—and that is certainly the case here, with Franck seeming to be reconnecting with his child-prodigy self, producing a keyboard part that is deliciously virtuosic.

The first violin opens the work with an almost piercing cry, underlaid by the other strings; the piano then enters relatively calmly. The strings return, again suggesting huge intensity. It is this tension that underpins the whole movement in some form or another, while at the same time Franck continually shifts harmonies and textures, so nothing feels certain or secure. When the piano launches into more agitated writing, the strings cannot help but follow. As the music gathers pace the opening idea is set against a fevered piano accompaniment; the strength of this Allegro lies in the fact that it is based on just two ideas, endlessly reworked and varied. The strings seem almost to act as a gang against the piano and they battle it out to the very end, reaching an uneasy close. This movement operates at such a high emotional temperature that it is easy to give credence to the story that the Quintet was inspired by a rumored affair between Franck and his pupil Augusta Holmès.

Then comes the Lento—not merely slow but living up to Franck’s indication “con molto sentimento”; set in a fragile A minor, it is full of yearning string lines and a sense of barely suppressed passion. The finale, launched by the second violin, creates a buzzing, disturbing world—surely one of the most striking and disconcerting

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movements in the entire piano quintet repertoire. Again, as in the opening movement, there is a dithering between major and minor that destabilizes the whole. How remarkable, too, is the innate way in which Franck reintroduces a theme from the opening movement, his beloved cyclic form used to such subtle effect. But the overriding sensation of this piece is its cumulative emotional impact. Even Liszt was said to be shocked by its intensity, which plays out to the very end, Franck seemingly doing the impossible in conjuring such an epic drama using just five musicians.

Harriet Smith is a UK-based writer, editor, and broadcaster. She contributes regularly to Gramophone magazine and is a former editor of BBC Music Magazine, International Record Review, and International Piano Quarterly

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Belcea Quartet

Das 1994 am Royal College of Music in London gegründete Belcea Quartet zählt zu den international führenden Streichquartetten. Gemeinsam mit dem Artemis Quartett sind die vier Musiker:innen seit der Spielzeit 2010/11 Ensemble in Residence am Wiener Konzerthaus. Unter ihren vielfach preisgekrönten Einspielungen finden sich neben Gesamtaufnahmen der Streichquartette von Beethoven, Brahms, Bartók und Britten auch Werke von Mozart, Schubert, Dutilleux und anderen. Das Belcea Quartet widmet sich zudem regelmäßig zeitgenössischen Kompositionen und hat in den vergangenen Jahren u.a. Werke von Mark-Anthony Turnage, Thomas Larcher, Krzysztof Penderecki, Joseph Phibbs und zuletzt Guillaume Connesson uraufgeführt. Im Pierre Boulez Saal gestaltet das Quartett seit der Eröffnung 2017 regelmäßig mehrere Konzerte pro Saison. Anlässlich seines 25-jährigen Bestehens und des Beethoven-Jubiläumsjahrs interpretierte das Ensemble hier in der Spielzeit 2019/20 eine Reihe von Streichquartetten des Komponisten (der geplante Zyklus konnte pandemiebedingt nicht vollendet werden). Vor einigen Jahren riefen die Musiker:innen den Belcea Quartet Trust ins Leben, der sich der Förderung junger Streichquartette durch intensives individuelles Coaching und der Vergabe von Kompositionsaufträgen widmet. Das Quartett dankt Esther Hoppe, die im heutigen Konzert anstelle von

Founded in 1994 at the Royal College of Music in London, the Belcea Quartet has long been considered one of the world’s leading string quartets. Together with the Artemis Quartett, the four musicians have been ensemble in residence at the Vienna Konzerthaus since the 2010–11 season. Among their recordings, several of which have been honored with major awards, are the complete quartets of Beethoven, Brahms, Bartók, and Britten, as well as works by Mozart, Schubert, Dutilleux, and many others. A dedicated champion of contemporary music, the Belcea Quartet in recent years has premiered new works by Mark-Anthony Turnage, Thomas Larcher, Krzysztof Penderecki, Joseph Phibbs, and most recently Guillaume Connesson. At the Pierre Boulez Saal, the quartet has presented several concerts each season since the hall’s opening in 2017. For its 25th anniversary as well as the Beethoven Year, the ensemble performed a number of the composer’s string quartets here in the 2019–20 season. (The planned cycle could not be completed due to the pandemic.) Several years ago, the musicians created the Belcea Quartet Trust, which aims to support young string quartets through intensive individual coaching sessions and to commission new works from today’s leading composers.

The quartet is grateful to Esther Hoppe for taking over the part of the second violin in tonight’s concert, replacing Axel Schacher.

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Bertrand Chamayou

Bertrand Chamayou, geboren in Toulouse, absolvierte seine Ausbildung bei Jean-François Heisser am Pariser Konservatorium und bei Maria Curcio in London. Er ist regelmäßig an bedeutenden Institutionen wie dem Théâtre des Champs-Elysées, dem New Yorker Lincoln Center, dem Herkulessaal in München und der Londoner

Wigmore Hall sowie bei den Festivals in Luzern, Salzburg, Edinburgh, Bonn und im Rheingau zu hören. Dabei arbeitete er u.a. mit dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Orchestre de Paris, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, den Symphonieorchestern von WDR und hr, dem Cleveland Orchestra, dem New York Philharmonic und Dirigenten wie Leonard Slatkin, Michel Plasson, Andris Nelsons, Sir Neville Marriner und Pierre Boulez zusammen. Zu seinen regelmäßigen Kammermusikpartner:innen zählen Renaud und Gautier

Capuçon, Antoine Tamestit, Sol Gabetta und das Quatuor Ébène. In der aktuellen Saison gastierte Bertrand Chamayou mit Messiaens Turangalila-Symphonie beim Orchestre de Paris und den Wiener Philharmonikern und ist u.a. mit dem Orchestre Phil-harmonique de Radio France, dem San Francisco Symphony und dem Orchestre des Champs-Élysées zu hören.

Born in Toulouse, Bertrand Chamayou studied with Jean-François Heisser at the Paris Conservatory and with Maria Curcio in London. He regularly appears at renowned venues such as the Théâtre des Champs-Elysées, New York’s Lincoln Center, the Herkulessaal in Munich, and Wigmore Hall in London as well as at the festivals of Lucerne, Salzburg, Edinburgh, Bonn, and Rheingau. He has collaborated with Leipzig’s Gewandhaus Orchestra, Orchestre de Paris, Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, the Cologne and Frankfurt Radio Symphony Orchestras, the Cleveland Orchestra, and the New York Philharmonic under conductors including Leonard Slatkin, Michel Plasson, Andris Nelsons, Sir Neville Marriner, and Pierre Boulez. Among his regular chamber music partners are Renaud and Gautier Capuçon, Antoine Tamestit, Sol Gabetta, and the Quatuor Ébène. This season, Bertrand Chamayou is heard with the Orchestre de Paris and the Vienna Philharmonic in Messiaen’s Turangalila Symphony and makes appearances with the Orchestre Philharmonique de Radio France, the San Francisco Symphony, and the Orchestre des Champs-Élysées, among others.

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SALZBURGER FESTSPIELE · 20. JULI — 31. AUGUST 2023

SOLISTENKONZERT

Zoltán Kodály Sonate für Violoncello op. 8

Béla Bartók Sonate für Violine solo Sz 117

György Ligeti Sonate für Viola solo

Violine Isabelle Faust

Viola Tabea Zimmermann

Violoncello Jean-Guihen Queyras

DI 1. August, 19:00 · Stiftung Mozarteum — Großer Saal

KAMMERKONZERT

LES SIÈCLES · FAUST · ZIMMERMANN · QUEYRAS

György Ligeti Sechs Bagatellen für Bläserquintett

Wolfgang A. Mozart Divertimento (Streichtrio) Es-Dur für Violine, Viola und Violoncello KV 563

Mitglieder von Les Siècles

Violine Isabelle Faust

Viola Tabea Zimmermann

Violoncello Jean-Guihen Queyras

DI 1. August, 22:00 · Stiftung Mozarteum — Großer Saal

www.salzburgfestival.at

FAUST · ZIMMERMANN · QUEYRAS
Stand: 10 April 2023
Isabelle Faust, © SF / Felix Broede

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