Kronos Quartet
Einführungstexte von / Program Notes by Thomas May
Einführungstexte von / Program Notes by Thomas May
Dienstag 16. Mai 2023 19.30 Uhr
A Thousand Thoughts
A Live Documentary with the Kronos Quartet
Written and Directed by Sam Green and Joe Bini
David Harrington Violine
John Sherba Violine
Hank Dutt Viola
Paul Wiancko Violoncello
Sam Green, Joe Bini Buch und Regie
Brian H. Scott Lichtdesign
Scott Fraser Sounddesign
In englischer Sprache
Keine Pause
A Thousand Thoughts was commissioned by The Arts Center at NYU Abu Dhabi, Barbican, Center for the Art of Performance at UCLA, Exploratorium, Christos V. Konstantakopoulos, Krannert Center for the Performing Arts at the University of Illinois at Urbana-Champaign, MASS MoCA, Melbourne Festival, Wexner Center for the Arts at The Ohio State University through its Wexner Center Artist Residency Award program.
Additional support was received from The DrumStick Fund, Genuine Article Pictures, JustFilms/Ford Foundation, Lear Family Foundation, Andrea Lunsford, The National Endowment for the Arts, Sundance Documentary Film Program with support from Open Society Foundation, Gottfried and Janet Tittiger, and Kenneth and Elizabeth Whitney. This film was supported by Sundance Catalyst.
Philip Glass Streichquartett Nr. 2 Company: Movement II *
Terry Riley Requiem for Adam (Ausschnitt) *
George Crumb aus Black Angels: God-music – Threnody I: Night of the Electric Insects (Ausschnitt)
Ryan Brown Pinched *
John Adams Judah to Ocean aus John’s Book of Alleged Dances *
Tanya Tagaq (arr. Jacob Garchik) Sivunittinni (Ausschnitt) **
Ken Benshoof Traveling Music: I. Gentle, easy *
Fodé Lassana Diabaté (arr. Jacob Garchik) Sunjata’s Time:
V. Bara kala ta **
Terry Riley The Wheel *
David Harrington Drone aus Dirty Wars *
Café Tacvba (arr. Osvaldo Golijov) 12/12 (Ausschnitt) *
Philip Glass Streichquartett Nr. 3 Mishima: Blood Oath
Aleksandra Vrebalov The Sea Ranch Songs:
VII. Chapel, Rainbows *
Laurie Anderson (arr. Jacob Garchik) Flow +
John Zorn Meditation (The Blue of Noon) from The Dead Man *
Pérotin (arr. Kronos Quartet) Viderunt omnes (Ausschnitt) +
Clint Mansell (arr. David Lang) aus Requiem for a Dream:
Lux Aeterna – Ghosts of a Future Lost +
John Oswald Spectre (Ausschnitt) *
Wu Man Two Chinese Paintings: II. Silk and Bamboo (inspired by Huanlege) **
Ervin T. Rouse (arr. Danny Clay) Orange Blossom Special (Ausschnitt) +
* Auftragswerk des Kronos Quartet
** Auftragswerk des Kronos Quartet für „50 for the Future“ + Arrangiert für das Kronos Quartet
Samstag 20. Mai 2023 19.00 Uhr
David Harrington Violine
John Sherba Violine
Hank Dutt Viola
Pauk Wiancko Violoncello
Brian H. Scott Lichtdesign
Scott Fraser Sounddesign
Frangis Ali-Sade (*1947)
Mugam-Sayagi für Streichquartett, Schlaginstrumente und Synthesizer/Tonband (1993)
Sofia Gubaidulina (*1931)
Streichquartett Nr. 4 mit Tonband (1993)
Michael Gordon (*1956)
Clouded Yellow für Streichquartett (2010)
Terry Riley (*1935)
One Earth, One People, One Love für Streichquartett und Tonband aus Sun Rings (2002)
Pause
George Crumb (1929–2022)
Black Angels: Thirteen Images from the Dark Land für elektrisches Streichquartett und Schlaginstrumente (1970)
I. Departure
Threnody I. Night of the Electric Insects –Sounds of Bones and Flutes – Lost Bells – Devil-music –Danse Macabre
II. Absence
Pavana Lachrymae (Der Tod und das Mädchen) –Threnody II. Black Angels –Sarabanda de la Muerte Oscura – Lost Bells (Echo)
III. Return God-music – Ancient Voices – Ancient Voices (Echo) –Threnody III. Night of the Electric Insects
Franghiz Ali-Zadeh’s Mugam-Sayagi was commissioned by Nora Norden.
Sofia Gubaidulina’s String Quartet No. 4 was commissioned by Mrs. Ralph I. Dorfman, the Barbican (London), and Théâtre de la Ville (Paris).
Michael Gordon’s Clouded Yellow was commissioned by the Hopkins Center, Dartmouth College.
Terry Riley’s Sun Rings was commissioned by the NASA Art Program, the National Endowment for the Arts, The Rockefeller Foundation’s Multi-Arts Production Fund, Hancher Auditorium/University of Iowa, Society for the Performing Arts, Eclectic Orange Festival/Philharmonic Society of Orange County, SFJAZZ, Barbican, London, U.K., and University of Texas Performing Arts Center, Austin (with the support of the Topfer Endowment for Performing Arts).
Ein Gespräch mit David Harrington
Als das Kronos Quartet im November 1973 sein erstes Konzert gab, bestand das Publikum aus ganzen neun Personen – fünf von ihnen waren Verwandte des Geigers David Harrington, dem Gründer des Ensembles. Trotzdem motivierte das Gefühl, dass die grenzenlosen Möglichkeiten dieses musikalischen Mediums noch lange nicht ausgeschöpft waren, das Quartett, den beispiellosen Weg einzuschlagen, den es dann in den vergangenen fünf Jahrzehnten verfolgte. Schon damals präsentierten die Musiker:innen Stücke, die Kronos selbst in Auftrag gegeben hatte: Im ersten Konzert war ein Werk von Harringtons Kompositionslehrer in Seattle, Ken Benshoof, mit dem Titel Traveling Music zu hören. (Harrington bezahlte es übrigens mit einer Tüte Donuts.)
Die Vergabe von Kompositionsaufträgen für neues Repertoire ist seitdem ein zentrales Anliegen des Kronos Quartet. Bis heute hat das Ensemble die erstaunliche Anzahl von mehr als tausend neuen Werken und Bearbeitungen für Streichquartett vorgestellt: Fünf davon werden im Rahmen der Residenz des Quartetts im Pierre Boulez Saal am 20. Mai zu hören sein – unter anderem Black Angels des kürzlich verstorbenen George Crumb, der Harrington zur Gründung des Ensembles inspirierte.
Bei der Namensgebung für das Quartett dachte Harrington weniger an den furchterregenden König der Titanen aus der griechischen Mythologie, sondern an das griechische Wort für Zeit
wobei sein besonderes Augenmerk auf der Zukunft lag. Bereits vor einem halben Jahrhundert richtete das Kronos Quartet den Blick nach vorn: Die Philosophie, die Harrington und seine Kolleg:innen von Anfang an vertraten, hat sich für das, was dann tatsächlich geschah, als bemerkenswert prophetisch erwiesen. Denn nicht nur in der Szene der zeitgenössischen Musik, sondern in dem gesamten mit „klassische Musik“ nur unzureichend beschriebenen Bereich entstand das Bestreben, den schöpferischen Geist neu zu beleben, indem man sich von falschen Grenzziehungen löste und Stimmen jenseits des beschränkten Kontextes der westlichen Musik Raum gab.
In Ihrer Einführung zum Projekt „50 for the Future“ schildern Sie, wie Sie eine Gruppe von Freunden aus der Seattle Youth Symphony in den 1960er Jahren in Ihrer Heimatstadt versammelten, um Ihr allererstes Streichquartett zu gründen. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
David Harrington: Ich las damals eine Beethoven-Biographie und war gerade an der Stelle angelangt, an der er seine späten Quartette schrieb. Und ich war einem Schallplattenclub beigetreten und hatte die Aufnahme des Budapest Quartet von Opus 127 bestellt. Als sie mit der Post bei mir ankam, legte ich sie sofort auf den Plattenspieler. Die Es-Dur-Akkorde am Anfang haben sofort etwas bewirkt. Ich habe diesen Klang selbst jetzt, wo ich mit Ihnen spreche, im Ohr. Er hatte mich einfach gepackt, und ich musste unbedingt versuchen, ihn selbst zu erzeugen.
Was hat nach der unvergesslichen Erfahrung, diesen Klang hervorzubringen und das Standardrepertoire zu spielen, zu dem Wunsch geführt, sich neuer Musik zuzuwenden?
Springen wir ein paar Jahre weiter. Inzwischen hatte ich Quartette von Haydn, Mozart und Schubert und auch von Beethoven kennengelernt. Ich ging um einen Globus herum, der bei uns zuhause stand, und mit einem Mal wurde mir klar, dass die Komponisten aller Quartette, die ich kannte, in ein und derselben Stadt und deren Umgebung gelebt hatten. Sie hatten alle dieselbe Sprache gesprochen und waren alle weiß. Und ich fragte mich, wie wohl die Musik aus anderen Städten klänge. Ich wollte einfach mehr erfahren. Wenn man das mit dem Quartettspiel zusammendenkt, dem für mich schönsten Klang der Welt, dann bot die Gründung von Kronos die ideale Gelegenheit, einige Lücken zu füllen.
Was hat Sie dann veranlasst, das Kronos Quartet zu gründen?
Im Sommer 1973 waren meine Frau und ich gerade aus Kanada zurückgekehrt, wo mein Engagement bei der Victoria Symphony zu Ende gegangen war. Ich kann nicht behaupten, im Vietnamkrieg Wehrdienstverweigerer gewesen zu sein – was ich gerne von mir sagen würde –, denn es stellte sich heraus, dass die Army genauso wenig an mir interessiert war wie ich an ihr. An einem Spätsommerabend in diesem Jahr hörte ich im Radio zum ersten Mal Black Angels
Ich war auf der Suche nach Musik, die man nach dem Vietnamkrieg noch spielen konnte. Die Musik, mit der ich aufgewachsen war, bildete zwar eine solide Grundlage, aber sie schien mir nicht das Richtige für mich zu sein. Als ich Black Angels hörte, wurde mir anhand dieses einen Stückes mit einem Schlag klar, welche unendlichen Möglichkeiten sich auf der Bühne boten. In den 50 Jahren, die seitdem vergangen sind, habe ich immer wieder nach solchen Erfahrungen gesucht. Ich konnte gar nicht anders. Wenn mir etwas begegnet, das so eine Energie und Anziehungskraft hat, reißt es mich einfach mit. So hat es angefangen.
Sie, Ihr Geigerkollege John Sherba und der Bratschist Hank Dutt sind seit Ende der 1970er Jahre Mitglieder, aber der Cellopart wurde im Laufe der Jahre von verschiedenen Musiker:innen gespielt. Der Cellist und Komponist Paul Wiancko hat die Position im Februar von Sunny Yang übernommen. Wie haben sich diese personellen Wechsel Ihrem Empfinden nach auf den Charakter von Kronos ausgewirkt?
Seit der allerersten Probe im Jahr 1973 haben mich die anderen Mitglieder von Kronos immer inspiriert. Jede Person, die neu zu der Gruppe gestoßen ist, brachte ihre eigenen Erfahrungen und Klangvorstellungen mit und eröffnete damit den anderen viele neue Möglichkeiten. Es ist interessant, wie sich daraus für die Komponist:innen, mit denen wir in ständigem Austausch stehen, immer wieder neue Bilderwelten ergeben, mit denen sie arbeiten können. Ich selbst spiele einfach gerne mit zwei Geigen, einer Bratsche und einem Cello. Das ist für mich das Wichtigste. Bei jeder Probe ist es so, als würden wir uns gegenseitig beibringen, neu zu hören und anders zu spielen. Sein Leben einem Streichquartett zu widmen, kann ich nur wärmstens empfehlen. Falls jemand meinen Rat hören möchte: Gründet Quartette!
Kronos hat der Welt ein riesiges, vielfältiges musikalisches Werk beschert. Das Ensemble hat nicht nur die Streichquartettliteratur bereichert und ihm ein neues Publikum erschlossen, sondern auch das Bewusstsein dafür verändert,
was in dieser Gattung möglich ist. Gibt es bei all dieser Vielfalt einen roten Faden? Woran merken Sie, ob die Zusammenarbeit funktionieren wird, wenn Sie so unterschiedliche Komponist:innen wie Frangis Ali-Sade, Sofia Gubaidulina, Michael Gordon und Terry Riley beauftragen, die allesamt in Ihrem Programm für den Pierre Boulez Saal zu hören sind?
Alle von Ihnen Genannten haben ihre eigene Geschichte. Ein Freund von mir, der in den 1980er Jahren für die BBC arbeitete, schickte mir die Aufnahme eines Stücks von Frangis Ali-Sade. So etwas hatte ich noch nie gehört, und ich bat sie, für uns zu schreiben. Sofia Gubaidulina lernte ich auf einer Tournee in Amsterdam kennen. Wir hatten ihre frühen Quartette gespielt, und ihr Interesse an Klängen und ihre Vorstellungskraft schien perfekt zu uns zu passen. So gaben wir ihr Viertes Streichquartett in Auftrag, das wir 1994 bei unserem Debütkonzert im großen Saal der Carnegie Hall uraufgeführt haben. Seitdem gehört ihr Werk zu Kronos. Was ich an Michael Gordons Arbeit mit am meisten schätze, ist, dass jedes neue Stück, das er für uns schreibt, eine völlig andere Stimmung vermittelt. Das erste, Potassium, verwandelte uns in eine Elektroband. Clouded Yellow ist ganz anders: Es ist von dem Foto eines Schmetterlingsschwarms inspiriert und lässt uns diese wunderbaren gelben Klangwolken hervorbringen. Mit Terry Riley verbindet uns eine besonders lange Beziehung. Wir haben ihn 1979 am Mills College [in Oakland, Kalifornien] kennengelernt, und er hat inzwischen etwa 30 Stücke für uns geschrieben. Jedes von ihnen bietet einen ganz eigenen Blick auf die Welt.
Eines der Markenzeichen von Kronos sind die langjährigen Beziehungen zu Komponist:innen. Trotzdem ist es Ihnen nicht gelungen, George Crumb zu bewegen, etwas für Sie zu schreiben, obwohl er die ursprüngliche Inspiration für Kronos war und über Jahrzehnte hinweg komponiert hat, bis zu seinem Tod im letzten Jahr.
Meine Einstellung zu diesen langen Beziehungen ist ziemlich einfach. Wenn es einmal gut funktioniert, dann funktioniert es ein Leben lang. Ich habe ungefähr 30 Jahre lang versucht, George Crumb dazu zu bringen, ein zweites Quartett zu schreiben, aber leider ohne Erfolg. Es ist übrigens bemerkenswert, dass wir Black Angels im Pierre Boulez Saal spielen werden, denn Boulez sagte einmal [in einem Gespräch mit Irvine Arditti, der 1974 in London das Arditti Quartett gründete]: „Das Streichquartett ist tot.“ Da ich Black Angels kannte, wusste ich, dass er unrecht hatte. Als ich das Stück zum ersten Mal hörte, wurde mir das Potenzial der Gattung schlagartig
klar. Es bedurfte einer enormen Vor stellungskraft wie der von George Crumb, um zu zeigen, wie lebendig diese Kunstform ist. Ich sprach Boulez später darauf an, und er sagte: „Ich habe mich geirrt.“ Er hat seinen Fehler eingestanden, das muss man ihm lassen.
Im Rahmen Ihrer Aufenthalts in Berlin arbeiten Sie mit jungen Musiker:innen an dem Projekt „50 for the Future“, das Kronos als „aufeinander abgestimmte Gruppe von Werken“ definiert, „die sich mit den neuesten künstlerischen Zugängen zum Streichquartett befasst und ausdrücklich für die Ausbildung von Studierenden und des musikalischen Nachwuchses konzipiert ist“. Was ist für Sie dabei als Mentor am wichtigsten?
Ich glaube, dass das Projekt innerhalb unserer musikalischen Gesellschaft verschiedene Aufgaben erfüllt. Mit ihm fördert Kronos junge – und nicht nur junge – Musiker:innen in Quartetten, und es ist auch für die Komponist:innen ein nützliches Format. Innerhalb weniger Stunden kann man sich 50 sehr unterschiedliche Zugänge zur Notation, zum Klang, zum Stil und zur Kultur anschauen. Für Kronos ist es eine Gelegenheit, einige der Dinge, die wir im Laufe der Jahre als Gruppe gelernt haben, anzuwenden und mit anderen Musiker:innen und dem Publikum zu teilen. Wenn ein Ensemble alle 50 Stücke spielen und Konzerte damit veranstalten würde, ergäbe sich ein unglaubliches Mosaik an Möglichkeiten. Am wichtigsten ist es, Anregungen für die nächsten Entwicklungsschritte des Streichquartetts zu geben. Ich hoffe, dass dieses Projekt dazu beiträgt, neue Wege zu eröffnen.
Die Fragen stellte Thomas May. Übersetzung aus dem Englischen: Sylvia Zirden
Das Kronos Quartet geht mit einem Blick zurück Richtung Zukunft
Thomas MaySeit seinem allerersten Konzert im November 1973 hat das Kronos Quartet ein Gesamtwerk in Auftrag gegeben, aufgeführt und eingespielt, das viel zu umfangreich und vielseitig ist, um es vollständig zu überschauen. Diese Gruppe von Musiker:innen denkt im Präsens und im Futur – sich auf erworbenen Lorbeeren auszuruhen kommt nicht infrage. Deshalb ist es bezeichnend, dass die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Ensembles mit dem Projekt „50 for the Future“ zusammenfallen, in dessen Rahmen nicht weniger als 50 Komponist:innen beauftragt wurden, Stücke für Streichquartett zu schreiben, die eine neue Generation von Musizierenden und ihr Publikum inspirieren sollen.
Gleichwohl ist ein Blick auf das bisherige eindrucksvolle Werk des Kronos Quartet angebracht. Denn wie bereits William Faulkner festgestellt hat: „Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen.“ Kronos unterhält langjährige Beziehungen zu den Komponist:innen, die mit neuen Stücken beauftragt werden, sodass im Laufe der Jahre oft mehrere neue Werke entstehen, die beide Seiten zu unvorhergesehenen Entwicklungen inspirieren. Zur Entstehung jedes dieser Werke und seiner Beziehung zu Kronos gibt es eine eigene bewegte und aufschlussreiche Geschichte. Nur Black Angels von George Crumb entstand nicht als Auftragswerk – trotz wiederholter Versuche gelang es dem Ensemble nie, den 2022 verstorbenen Komponisten dazu zu bringen, erneut für diese Gattung
zu schreiben. Sein bahnbrechendes Quartett steht jedoch für den Ursprung von Kronos. Seit er Crumbs beispiellose Komposition im Sommer 1973 im Radio hörte, hatte David Harrington den Wunsch, ein so profundes Erlebnis noch einmal zu erfahren. Alles weitere ist in gewisser Weise ein Echo dieser mit einem Schlag gewonnenen Erkenntnis, wozu ein Streichquartett in der Lage sein kann.
Durch die Verbindung alter aserbaidschanischer Musiktraditionen mit modernen westlichen Kompositionsideen eröffnet Frangis Ali-Sade neue Perspektiven, die in den jeweiligen Kontexten für sich genommen kaum vorstellbar wären. Geboren 1947 in Baku am Kaspischen Meer, der Hauptstadt der sich über zwei Kontinente erstreckenden Republik Aserbaidschan, wurde sie als Pianistin und Musikwissenschaftlerin zu einer einflussreichen Persönlichkeit, die sich sowohl für westliche als auch für sowjetische Avantgarde-Komponist:innen einsetzte. Ali-Sades eigene Musik stieß nach und nach auch im Westen auf Interesse (zum Beispiel bei den Berliner Festwochen), und in den 1980er Jahren wurde David Harrington auf sie aufmerksam.
Mugam-Sayagi ist das erste Werk, das das Kronos Quartet bei Ali-Sade in Auftrag gab. Dabei ermutigte das Ensemble die Komponistin, sich bei diesem Werk für Streichquartett, Schlaginstrumente (die von Kronos gespielt werden) und Tonband auch auf die aserbaidschanische Tradition des Mugham (oder Mugam, nicht zu verwechseln mit dem Muqam der Uiguren) zu beziehen.
Mugham ist eine komplexe musikalische Praxis, die im Laufe der Geschichte die Grenzen zwischen mehreren Ethnien überschritten hat. Das Wort Mugham bezeichnet sowohl bestimmte Modi als auch eine mehrsätzige Form und ein ausgewogenes Verhältnis von Improvisation und strengen Regeln, je nachdem, wie sich die jeweiligen Modi verhalten. Ali-Sade beschreibt Mugham außerdem als „eine Geheimsprache, die im 16. Jahrhundert verwendet wurde, um Emotionen zu kaschieren, die im Islam missbilligt wurden. Im Mugham konnte etwa die schwärmerische Sehnsucht eines Mannes nach einer Frau als Liebe zu Gott ausgedrückt werden.“
Die Komponistin kommentiert Mugam-Sayagi („im MughamStil“) wie folgt: „Es beginnt wie eine Meditation im Dunkeln, nur das Cello ist beleuchtet und versucht die Welt mit dem Aufruf
zum Gebet zu wecken. Das Cello ist die Stimme der Komponistin, einer Frau. Es gibt keine Veränderungen, und man geht auch nicht davon aus, dass sich etwas ändern könnte. Es geht immer so weiter, bis es plötzlich mit einem Schlag zur Eruption kommt! Heimliche Leidenschaft bricht in wildem Tanz oder in virtuosen Kadenzen hervor. Die Geige spielt ein hemmungsloses Liebeslied, in dem die Seele hoch in den Himmel fliegt. Es entsteht ein Wettstreit zwischen allen Beteiligten: Wer ist am perfektesten? Dann kommen das Finale und ein Schluss. Das Cello ist wieder allein und intoniert das Gebet zum Sonnenuntergang. Im Klang des Triangel widerhallt eine Myriade Sterne.“
Das Reale aus dem Nichtrealen
Sofia Gubaidulina, die zu den bekanntesten Komponistinnen der Gegenwart gehört und seit 1992 in der Nähe von Hamburg lebt, wurde 1931 in der Tatarischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik geboren – einer weiteren Schnittstelle zwischen Europa und Asien. Sie hat im Laufe ihres Lebens und in ihrer Kunst zahllose Grenzen überwunden: zwischen West und Ost, materialistischem Atheismus und Spiritualität, avantgardistischer Innovation und alter Tradition, Vergänglichkeit und Transzendenz.
Für Gubaidulina stellt die rohe Materialität musikalischer Tatsachen – Pulsschläge, Atemzüge, Stimmungen – ein Mittel dar, um uns zu den philosophischen und mystischen Fragen zu führen, die sie als Künstlerin beschäftigen. Sie treibt die Instrumente in einer Weise in die Extreme, die einem Großteil ihrer Klangwelt eine ungeschliffene Unmittelbarkeit, wenn nicht gar Härte verleiht, in der Vorhersehbares keinen Platz hat. Dichotomien, die sonst rein musikalisch betrachtet werden – Akkord und Dissonanz, natürliche und konventionelle Stimmungen – sind hier symbolische Träger existenzieller Bedeutung.
In ihrem Streichquartett Nr. 4 zum Beispiel – das Kronos 1993, im selben Jahr wie Ali-Sades Mugam-Sayagi, in Auftrag gab – wird das „normale“ Bogenspiel und Zupfen der Streichinstrumente mit ungewöhnlichen Klängen und Aufführungssituationen kontrastiert, um das Interesse der Komponistin an der Frage, „wie das ‚Reale‘ aus dem ‚Nichtrealen‘ entsteht“, zu reflektieren, wie Gubaidulina erklärt: „das normale Arco- oder Pizzicato-Spiel aus den geisterhaften Klängen, die sich beim Ricochet-Spiel mit Plastikkugeln ergeben; das ‚reale‘ Spiel des real anwesenden Quartetts auf der Bühne aus
dem ‚nichtrealen‘ Spiel derselben Musiker vom Zuspielband; die realen Farbeinblendungen aus der nichtrealen weißen und schwarzen Farbe. (Weiß und Schwarz bedeutet ja eigentlich Abwesenheit von Farbe. Die Farbe verliert darin ihre Realität.) So ergeben sich drei Dreiheiten: der Klang des Streichquartetts auf der Bühne und dessen zwei Tonband-Hypostasen, die reale Form und ihre beiden ‚Tonbandbegleiterinnen‘ und die künstlerische Realität des Farbenspiels und seine beiden alltäglichen (nichtrealen) Protagonisten: helles Licht und vollständige Dunkelheit.“
Gubaidulina hofft, dass das Stück als „musikalische Reaktion auf die künstlerische Welt dieses großen Dichters“ wahrgenommen wird, und bezieht sich dabei auf T. S. Eliot und einen Gedanken, der ihrer Ansicht nach am besten in seinen Vier Quartetten zum Ausdruck kommt: „die Entstehung der ‚realen Wirklichkeit‘ aus der ‚nichtrealen Unwirklichkeit (keinesfalls umgekehrt). Alle Details dieses Werks – sowohl hinsichtlich des Materials als auch der kompositorischen Anlage – sind durch diese Grundidee bedingt.“
Zu den vielen Grenzüberschreitungen des Kronos Quartet gehört, dass es die raue, subversive Energie des Rock und anderer populärer Musikstile einbezog. Michael Gordon, der 1956 in Florida geboren wurde und seine frühe Kindheit in einer osteuropäischen Gemeinde am Rande von Managua in Nicaragua verbrachte, entwickelte seine musikalische Stimme auf ähnliche Weise. Er war mit der Begrenztheit der etablierten Neue-Musik-Szene unzufrieden und bemühte sich von Beginn seiner Karriere an um eine Fusion –anstelle des Burgfriedens – zwischen der rauschhaften Anarchie des Rock und den fortschrittlichen kompositorischen Verfahren, die er als Student in Yale kennengelernt hatte.
Im Jahr 1987 gründete Gordon zusammen mit den beiden Gleichgesinnten David Lang und Julia Wolfe das Kollektiv Bang on a Can, das sich beim Übergang hin zu der ausschweifenden Vielseitigkeit, die für Komponist:innen des 21. Jahrhunderts charakteristisch ist, als essentielle Kraft erwies. Auch die innovative Zusammenarbeit mit Kunstschaffenden aus anderen Disziplinen wie Film, Theater, Tanz und Comic motivierte Gordon.
Mit Clouded Yellow von 2010 setzte er seine Zusammenarbeit mit Kronos fort, die um die Jahrtausendwende begann. Gordons Arbeit
ist so sehr auf die Arbeitsweise von Kronos ausgerichtet, dass er bisweilen wie ein Mitglied des erweiterten Ensembles erscheint. Er selbst sagt dazu, dass er beim Komponieren immer die Persönlichkeiten und Begabungen der einzelnen Kronos-Mitglieder im Blick gehabt habe. (Zu dieser Zeit war Jeffrey Zeigler Cellist des Ensembles.)
Während der Arbeit an diesem Auftragswerk erinnerte er sich an die kleine Schmetterlingsart Colias croceus – den Wandergelbling, im Englischen Clouded Yellow (wolkiges Gelb) genannt –, die in Europa und Großbritannien für ihre Massenwanderungen bekannt ist. „Mir gefällt das Bild einer Wolke von leuchtend gelben Schmetterlingen“, erklärt der Komponist, „und ich finde, das Wort ‚wolkig‘ passt zu den verschwommenen Harmonien und Melodien dieses Stücks.“
Gordon vergleicht die einleitende harmonische Geste der Bratsche und des Cellos mit dem Klang eines Akkordeons, während der Drei-gegen-Vier-Rhythmus für ihn unstet herumflattert. Offene Saiten in der Begleitung klingen wie ein Summen, wobei das tiefe C des Cellos einen durchgehenden Orgelpunkt bildet. Die Geigen lassen „hohe seufzende Klänge“ darüber schweben, die an den Flügelschlag eines Schmetterlings erinnern. „Ich stellte mir vor, ich würde auf einem Schmetterling herumfliegen und durch die Luft gleiten, die so feucht ist wie in einem Regenwald“, erzählt Gordon. „Es war alles sehr unbeschwert und fantasievoll, wie eine Reise durch einen Garten.“
Die anhaltende Verbundenheit des Kronos Quartet mit Terry Riley, dem wegweisenden Komponisten, Interpreten und vorausschauenden Musikguru, gründet gewissermaßen auf der Do-ityourself-Ästhetik, die die nordamerikanische Westküste prägt und die sie beide schätzen. Der aus Kalifornien stammende Riley schrieb 1964 Musikgeschichte, als er im Alter von nur 29 Jahren seinen minimalistischen Meilenstein In C vorstellte – eine vielfach anwendbare Proklamation der Unabhängigkeit von der egozentrischen (und in der Regel weißen, männlichen) Autorschaft zugunsten eines glückseligen kollaborativen Geistes, die eine ganze Generation prägte.
Kronos hat den letzten Abschnitt von Sun Rings ausgewählt, Rileys ehrgeizigem Werk in zehn Sätzen oder „Weltraumland-
schaften“, die dem Komponisten zufolge „eigenständige musikalische Atmosphären sind, die mit der Absicht geschrieben wurden, die Klänge des Weltraums in die Komposition des Streichquartetts einfließen und ein Wechselspiel zwischen live gespielten ‚Streicherklängen‘ und aufgezeichneten ‚Weltraumklängen‘ entstehen zu lassen“. Sun Rings war als szenische Multimediaproduktion für Streichquartett, Chor und diese eigens arrangierten „Weltraumklänge“ konzipiert, die in Zusammenarbeit mit dem Videokünstler und Lichtdesigner Willie Williams und mit Unterstützung des NASA Art Program entstand und 2002 uraufgeführt wurde.
Harrington erinnert sich daran, wie die Anschläge vom 11. September 2001 Riley dazu bewegten, das begonnene Projekt zu verwerfen und neu zu beginnen: „Ursprünglich sollte der Blick in den Weltraum gerichtet sein, doch dann änderte sich die Blickrichtung, und nun ging es darum, vom Weltraum aus auf das zu schauen, was wir haben. Terry hörte die Schriftstellerin Alice Walker im Radio die Worte ‚One Earth, One People, One Love‘ singen und nahm sie sich zu Herzen.“ Walkers aufgezeichnete Stimme ist in Musik gehüllt, die, wie Riley hofft, unser Bewusstsein für das, was wirklich zählt, erweitern kann: „Lassen wir doch einfach zu, dass die Sterne uns das große Bild des Universums vor Augen führen und die Winzigkeit und Kostbarkeit des kleinen Fleckchens darin, das wir bewohnen und Erde nennen, dann werden wir vielleicht demütig und einsichtig genug, um alles Leben und alle Lebensformen gleichermaßen zu lieben und zu schätzen, wohin auch immer uns unsere Reise führen mag.“
„Ich werde nie vergessen, wie ich Black Angels zum ersten Mal hörte. Das hat mein Leben für immer verändert“, sagt David Harrington. Er erinnert sich an jenen Abend im Jahr 1973, an dem er das erschütternde Werk von George Crumb erstmals hörte, als wäre es gerade erst passiert. Zu einem Zeitpunkt, als das Streichquartett und andere klassische Gattungen und Formen vielfach für tot erklärt wurden – auch dies eine Parallele zu unserer heutigen Situation –, war er verblüfft, dass „es all diese Möglichkeiten aufzeigte, die sich mit einem Streichquartett auf der Bühne bieten. Mit einem Schlag wurde mir anhand dieses einen Stückes alles klar.“ Crumbs radikale Musik schaffte es irgendwie, Verbindungen
zwischen Schubert und Renaissancemusik, Bartók und Jimi Hendrix herzustellen.
Crumb, der 1929 in Charleston als Sohn einer Cellistin und eines Klarinettisten zur Welt gekommen war, schuf im Laufe seiner langen Karriere, die im letzten Frühjahr im Alter von 92 Jahren zu Ende ging, eine einzigartig poetische Musik mit theatralisch aufgeladenen Klanglandschaften. Black Angels: Thirteen Images from the Dark Land (1969–70), eine „Threnodie“ für elektrisches Streichquartett und Schlagwerk (darunter Maracas, Tamtams und mit Wasser gestimmte Kristallgläser), war als „eine Art Parabel auf die problembelastete Welt von heute“ gedacht, wie der Komponist es formulierte.
Crumb bestritt zwar, sich explizit auf die Gräuel des Vietnamkriegs zu beziehen, doch die erschreckenden Klangmetaphern für den Teufel und surreale Bilder wie „elektrische Insekten“ (die als Symbol für Kampfhubschrauber interpretiert werden) weckten zwangsläufig Assoziationen mit den Schrecken des Krieges – nicht zuletzt deshalb, weil Crumb seine Partitur mit dem Datum der Fertigstellung versah: „in tempore belli [in Zeiten des Krieges], 1970“ – eine berühmte Formulierung, die der so eng mit der ersten Blütezeit des Streichquartetts verbundene Haydn als Titel für eine seiner Messvertonungen verwendete.
Crumb indessen verwies auf die spirituelle Bedeutung des Quartetts als Darstellung „einer Seelenreise“. Die sorgfältig strukturierte Bogenform von Black Angels umfasst drei Teile, die „den drei Etappen dieser Reise“ entsprechen, nämlich „Aufbruch (in Ungnade fallen), Abwesenheit (spirituelle Auslöschung) und Rückkehr (Erlösung)“. Der Titel des Stücks ist dem Komponisten zufolge ein Bild für gefallene Engel, das „bei frühen Malern ein gängiges Stilmittel war“, um deren Status darzustellen. Black Angels ist durchzogen von einer komplexen musikalischen Symbolik aus intertextuellen Zitaten (Schubert, das Dies irae usw.) einerseits und einer numerologischen Symbolik andererseits, die die Zahl 13 betont –die Anzahl der Sätze und die Anzahl der Sekunden, die die drei größeren Teile voneinander trennen sollen. Crumb vermerkte auch, dass er die Partitur am „Freitag, den dreizehnten März 1970“ fertigstellte.
Diese numerologische Ebene enthält auch „‚magische‘ Beziehungen“, die, wie Crumb anmerkt, „auf unterschiedliche Weise ausgedrückt werden: zum Beispiel in Form von Längen, Gruppierungen von Einzeltönen, Dauer, Wiederholungsmustern
usw. Eine wichtige Tonfolge in dem Werk – aufsteigendes Dis, A und E – symbolisiert ebenfalls die Unglückszahlen 7 und 13. An bestimmten Stellen der Partitur findet sich eine Art rituelles Zählen in verschiedenen Sprachen, darunter Deutsch, Französisch, Russisch, Ungarisch, Japanisch und Swahili.“
Harrington zufolge gelang es Kronos erst, Live-Aufführungen von Black Angels als „einheitliches, stimmiges Erlebnis“ zu gestalten, nachdem die „enorme Vielfalt von Klangbildern“ des Stücks mithilfe einer Studioaufnahme erfasst worden war. Ihre hochgelobte Einspielung aus dem Jahr 1989 „beeinflusste schließlich die Art und Weise, wie wir die Musik seither aufgeführt haben. George Crumbs Black Angels ist für Kronos nach wie vor von zentraler Bedeutung. Es erscheint heute noch genauso aktuell wie 1973.“
Übersetzung aus dem Englischen: Sylvia Zirden
Thomas May ist Autor, Kritiker, Dozent und Übersetzer. Seine Texte erscheinen in der New York Times, in Gramophone und vielen anderen Publikationen. Er ist verantwortlicher Redakteur für die englischsprachigen Veröffentlichungen des Lucerne Festival und schreibt außerdem Programmeinführungen für das Ojai Festival in Kalifornien.
When the Kronos Quartet gave its first concert in November 1973, only nine audience members showed up—five of them relatives of the ensemble’s founder, violinist David Harrington. But a sense of the medium’s limitless possibilities, still to be tapped, motivated them to carve out the unprecedented path they have taken in the five decades since. Already they were introducing music commissioned by Kronos: that first concert included a piece by Harrington’s composition teacher in Seattle, Ken Benshoof, titled Traveling Music. (Harrington paid for it with a bag of donuts.)
Commissioning new repertoire has consistently been at the heart of the Kronos Quartet’s mission. To date, the ensemble has introduced a staggering variety encompassing more than 1,000 new works and arrangements for string quartet: five of these can be heard on the program of May 20 as part of their Pierre Boulez Saal residency including Black Angels by the late George Crumb, which inspired Harrington to found Kronos in the first place.
Rather than the terrifying King of the Titans from Greek mythology, Harrington had in mind the Greek word for time itself when he named the ensemble—with a focus on the future. Already a half-century ago, Kronos was looking ahead: the philosophy
Harrington and his colleagues promoted from the beginning has turned out to be remarkably prophetic of what has indeed come to pass. And not just in the contemporary music scene but across the wider field of what is so inadequately known as “classical music”: namely, the impulse to renew the creative spirit by breaking down false boundaries and opening the platform to voices from outside the narrow narratives in which Western music had become trapped.
In your introduction to the “50 for the Future” commissioning project, you describe getting a group of friends together from the Seattle Youth Symphony in your hometown to form your very first string quartet in the 1960s. What was the inspiration?
David Harrington: I did that because I was reading a biography of Beethoven at the time and had gotten to the part where he was writing the late quartets. And I had joined a record club and ordered the Budapest Quartet’s recording of Opus 127. When it arrived in the mail, I put it on the record player right away. Those opening E flat–major chords did it to me. I can hear that sound right now, as I’m talking to you. It just entered me and I needed to try to make that sound myself.
What led you from the unforgettable experience of producing that sound on your own and playing the core repertoire to your need to focus on new music?
Fast forward a couple of years. By then I’d gotten to know quartets by Haydn and Mozart and Schubert, as well as Beethoven. I was walking around a globe our family had and I had this little moment when I realized that all the composers whose quartets I knew about lived in and around one city. They all spoke the same language and were all white guys. And I thought: what does music from other cities sound like? I just began to want to know more. If you combine that with quartet playing being my favorite sound in the universe and then starting Kronos: it became an opportunity to fill in some of the blanks.
So what made you decide to found the Kronos Quartet?
In the summer of 1973, my wife and I had just returned from Canada, where I’d finished a contract playing with the Victoria Symphony. I can’t claim that I was actually a draft dodger from the Vietnam War—which I would love to be able to say—because it turned out the U.S. Army didn’t want me any more than I wanted them. On
the radio late one night that summer, I heard Black Angels for the first time.
I’d been searching for music that felt right to play in the aftermath of the Vietnam War. The string quartet music I’d grown up with provided a kind of foundation and solidity, but it didn’t feel like the right music for me to be playing. Listening to Black Angels made all kinds of opportunities for what could be done on the stage suddenly explode in one piece. Over the 50 years since then, I’ve been looking for those kinds of experiences. I really have not had a choice. When I encounter something that has that power and magnetic quality, I just get pulled. That’s where it started.
You and fellow violinist John Sherba and violist Hank Dutt have been members since the late 1970s, but the cello position has rotated among several musicians over the years. The cellist and composer Paul Wiancko took over the role from Sunny Yang in February. How has that variability in personnel affected your sense of the Kronos identity?
From the very first rehearsal in 1973, I have always been inspired by the other members of Kronos. Each person that has joined the group has brought his or her experiences and sounds and given the rest of us lots of new possibilities. It’s interesting how that gives the composers we’ve had ongoing relationships with different imagery to work with. I just like working with two violins, a viola, and a cello. For me, that’s the thing. With every rehearsal, it seems like we’re teaching each other to listen in new ways and to play in different ways. I highly recommend the string quartet as a way of life. If anybody wants my suggestion, go form a quartet!
Kronos is responsible for bringing an immense and diverse body of work into the world. This goes beyond expanding the literature and audience for the string quartet but has changed our awareness of what is possible with this medium. Is there a shared thread to all this diversity? How do you sense whether a collaboration will work when you commission composers as widely ranging as Franghiz Ali-Zadeh, Sofia Gubaidulina, Michael Gordon, and Terry Riley, all of which are included on your Pierre Boulez Saal program? Every composer that you’ve mentioned has had a particular story. A friend of mine who worked for the BBC in the 1980s sent me a recording of a piece by Franghiz Ali-Zadeh. I’d never heard anything like this and wanted her to write for us. With Sofia Gubaidulina: I met her in Amsterdam when we were touring. We had played her early quartets, and her interest in sound and her imagination
seemed so perfect for us. So we commissioned her Fourth String Quartet, which we premiered at our debut concert in 1994 at the big hall at Carnegie Hall. Her work has been a part of Kronos since then. One of the things I love most about Michael Gordon is that every time he writes a new piece for us, it has a totally different feel. The first, Potassium, turned us into an electric band. Clouded Yellow is very different: it was inspired by a photograph of migrating butterflies and has us make these fabulous yellow clouds of sound. We have an especially longstanding relationship with Terry Riley. We met him in 1979 at Mills College [in Oakland, California] and he’s written around 30 pieces for us. Each one of them has its own special look at the universe.
One of the trademarks of Kronos is how you develop ongoing relationships with composers. Yet you weren’t able to persuade George Crumb to write anything for you, even though he was the original inspiration for Kronos and he continued composing for decades, until the end of his life last year. My feeling on those ongoing relationships is really simple. If it’s good enough to do once, it’s good enough to do your entire life. In the case of George Crumb, I spent about 30 years trying to get him to write a second quartet, but I was unsuccessful. It’s interesting that we’ll be playing Black Angels at the Pierre Boulez Saal, because Boulez once said: “The string quartet is dead” [in an exchange with Irvine Arditti, who founded the London-based Arditti Quartet in 1974]. I knew for a fact he was wrong because of Black Angels. When I heard it for the first time, it made the power of this medium so clear to me. It took an imagination of the magnitude of George Crumb’s to show how vital this art form is. I later asked Boulez about that and he said: “I was wrong.” You have to hand it to somebody that can say they made a mistake.
Part of your Berlin residency involves working with young players on the “50 for the Future” project, which Kronos defines as “a coordinated body of work devoted to the most contemporary approaches to the string quartet, designed expressly for the training of students and emerging professionals.” What is most important to you about this mentoring project?
I think it fulfills various needed roles in our musical society. It’s a contribution Kronos has made and continues to make for young quartet players—for any quartet players—and it’s also a good tool for composers. In the space of a few hours, you can look through 50 very different approaches to notation, to sound, to style, to
culture. It gives Kronos an opportunity to use some of the things we’ve learned over our years as a group and share them with other musicians and with audiences. If a group were to play all 50 of these pieces and make concerts out of them, it would form an incredible mosaic of opportunities and possibilities. What’s most important is to inspire the next steps of the string quartet. Hopefully, this will be a useful tool to help establish new directions.
Interview: Thomas May
The Kronos Quartet Salutes the Future with a Look Back
Thomas MayStarting with the Kronos Quartet’s very first concert in November 1973, the body of work that the ensemble has commissioned, performed, and recorded is far too enormous and varied to survey. Indeed, this is a group of musicians who think in the present and future tenses; resting on laurels is out of the question. It is entirely characteristic that Kronos’s 50th anniversary–season celebrations coincide with the “50 for the Future” project: commissions from no fewer than 50 composers to write pieces for the string quartet medium specifically intended to motivate a new generation of musicians and audiences.
Still, a consideration of some of their most impressive achievements is in order. As William Faulkner observed: “The past is never dead. It’s not even past.” Kronos maintains ongoing relationships with the composers it chooses to commission, often leading to multiple new works over the years in which both parties inspire unforeseen developments. Each of these works has an individual, colorful, enlightening story about its origin and relationship with Kronos. Only George Crumb’s Black Angels was not initiated as a commission —despite continued attempts, the ensemble never managed to persuade the late composer to write for the medium again. Yet his landmark quartet represents an origin story for Kronos. Ever since
hearing Crumb’s unprecedented composition on the radio in the summer of 1973, David Harrington has wanted to replicate the sense of transformative experience it generated for him. The rest has been, in a sense, an echo of its explosive reimagining of what a string quartet could do.
Through the convergence of ancient Azerbaijani musical traditions with modern Western concepts of composition, Franghiz Ali-Zadeh opens up new vistas that could scarcely be imagined within each context taken separately. Born in Baku on the Caspian Sea in 1947—the capital city of the continent-straddling Republic of Azerbaijan—she became an influential figure in promoting both Western and Soviet avant-garde composers as a pianist and musicologist. Ali-Zadeh’s own music began stirring interest in the West (for example, at the Berliner Festwochen), and in the 1980s she came to the attention of David Harrington.
Mugam-Sayagi is the first work that the Kronos Quartet commissioned from Ali-Zadeh. As a general guideline for this work for string quartet, percussion instruments (to be played by Kronos), and tape, they encouraged the composer to draw on the Azeri tradition of mugami (also spelled mugam or mugham—and not to be confused with the muqam of the Uyghurs).
A complex musical practice that historically crossed borders among multiple ethnicities, mugami refers both to modes and to a multi-movement form and to a delicate balance of improvisation and strict regulation according to the behavior of the modes in question. Ali-Zadeh moreover describes mugami as “a secret language used in the 16th century to disguise emotions discouraged in Islam. Through mugami, the ecstatic longing of a man for a woman could be expressed as the love of God.”
The composer provides this commentary on Mugam-Sayagi (which means “in the style of mugam”): “It begins as a meditation, in darkness, only the cello is lit, trying to wake the world with the call to prayer. The cello is the composer’s voice—a woman. Nothing changes, and you don’t believe it can. It goes on and on, then suddenly, it explodes, in a flash! Concealed passion breaks out in wild dancing, or in virtuosic cadenzas. The violin plays an unbounded song of love where the soul flies high into the sky. It’s a
competition among them all—who can be more perfect? Then comes the finale, and an end. The cello is alone again, intoning the sunset prayer. The sound of the triangle echoes a myriad of stars.”
Among today’s most distinguished composers and based since 1992 outside Hamburg, Sofia Gubaidulina was born in 1931 in the Tatar Autonomous Soviet Socialist Republic—another crossroads area between Europe and Asia. She has crossed multiple boundaries in her life and art: between West and East, materialist atheism and spirituality, avant-garde innovation and ancient tradition, transience and transcendence.
For Gubaidulina, the raw, material reality of musical facts—pulses, breaths, tunings—provides a vehicle that can direct us towards the philosophical and mystical issues that preoccupy her as an artist. She stretches instruments to their extremes in a way that gives much of Gubaidulina’s sound world an unpolished immediacy, even harshness, with no place for predictability. Dichotomies that are normally thought of in strictly musical terms—concord and dissonance, natural versus conventional tuning systems—become symbolic carriers of existential meaning.
In her String Quartet No. 4, for example—which Kronos commissioned in 1993, the same year as Ali-Zadeh’s Mugam-Sayagi “normal” bowing and plucking of the strings is contrasted with unusual sounds and performance conditions to reflect the composer’s interest in “how the ‘real’ arises from the ‘unreal,’” as Gubaidulina explains: “the ‘real’ normal play of arco or pizzicato arising from the ‘unreal’ transparent sounds of rubber balls on the strings; the ‘real’ on-stage playing of the quartet arising from the ‘unreal’ playing by the same musicians on a pre-recorded tape; the ‘real’ colored lights arising from the ‘unreal’ white and black (white and black, after all, represent the absence of light; color becomes ‘unreal’ within them).” In the process, “three trinities unfold: the sound of the quartet and its two recorded hypostases; the real form and its two ‘recorded satellites’; and the creative reality of the play of light and its two unreal protagonists of complete light and complete darkness.”
Gubaidulina hopes that the piece is perceived as “a musical response to the creative world of that great poet,” referring to T. S. Eliot and an idea she says was best expressed in his Four Quartets:
“that ‘real genuine’ is born of the ‘unreal artificial’ (and not the reverse).” From this principle “all the details of the piece—both its material essence and its compositional design—are derived.”
Among the many ways the Kronos Quartet has pushed boundaries is by tapping into the raw, subversive energy of rock music and other vernaculars. Florida native Michael Gordon, who was born in 1956 and spent his early childhood in an East European community outside Managua, Nicaragua, developed his voice by doing something similar. He grew restless with the limitations of the established new music scene and from the start of his career sought a fusion—not a truce—between the delirious anarchy of rock and the advanced compositional methods he had learned as a student at Yale.
In 1987, along with his like-minded colleagues David Lang and Julia Wolfe, Gordon co-founded the Bang on a Can collective, which proved to be a game changer in the transition to the riotous variety characteristic of 21st-century composers. Gordon is also motivated by innovative collaborations with artists from other disciplines, including film, theater, dance, and comic books.
Clouded Yellow from 2010 continued a collaboration with Kronos that began at the turn of the millennium. Indeed, Gordon at times can seem like a member of the extended ensemble, so attuned to the Kronos attitude is his work. He notes that he kept thinking of the personalities and talents of each member of Kronos while composing. (Jeffrey Zeigler was the ensemble’s cellist at the time.) While working on this commission, he recalls reflecting on the characteristics of the small butterfly classified as Colias croceus— otherwise known as Clouded Yellow—a species famous in Europe and the UK for its mass migratory behavior. “I love the image of a cloud of bright yellow butterflies,” says the composer, “and I think the word ‘clouded’ describes the blurred harmonies and melodies of this piece.”
Gordon likens the opening harmonic gesture created by the viola and cello as emerging from an accordion, while the three-over-four rhythmic pattern “flits in and out.” Open strings create a droning effect in the accompaniment, with the cello’s low C furnishing a pedal point throughline. The violins float “high sighing sounds”
above that conjure the flapping of butterfly wings. “I imagined I was flying around on a butterfly, gliding in the air, the air dense with moisture, like in a rainforest,” explains Gordon. “It was all very free and fanciful, like a travelogue around a garden.”
The Kronos Quartet’s ongoing affinity with Terry Riley, the pioneering composer, performer, and foresighted musical guru, is in some ways rooted in a shared West Coast, do-it-yourself aesthetic. The California native Riley changed music history in 1964 when, only 29 at the time, he introduced his Minimalist landmark In C a generation-defining, endlessly adaptable declaration of independence from ego-centered (and usually white male) authorship in favor of a blissfully collaborative spirit.
Kronos have chosen the final section from Sun Rings, Riley’s ambitious work in ten movements or “spacescapes” that, according to the composer, were written “as separate musical atmospheres with the intention to let the sounds of space influence the string quartet writing and then to let there be an interplay between live ‘string’ sound and recorded ‘space’ sound.” Calling for string quartet, chorus, and these specially curated “space sounds,” Sun Rings was conceived as a fully staged, multimedia production created together with visual designer Willie Williams and support from the NASA Art Program; it premiered in 2002.
Harrington recalls how the attacks of September 11, 2001 caused Riley to step back from the project then in progress and start again: “Initially, the viewpoint was going to be looking out into space but then the viewpoint changed and became about being in space and looking back at what we have. Terry heard the poet and novelist Alice Walker chant the words ‘One Earth, One People, One Love’ on the radio and took them to heart.” Walker’s recorded voice is enfolded in the music, which, Riley hopes, can expand our consciousness of what really matters: “If only we will let the stars mirror back to us the big picture of the Universe and the tiny precious speck of it we inhabit that we call Earth, maybe we will be given the humility and insight to love and appreciate all life and living forms wherever our journeys take us.”
“I’ll never forget the first time I heard Black Angels. My life was changed forever,” says David Harrington. He recalls that evening in 1973 listening to George Crumb’s shocking work as if it had just happened. At a moment when the string quartet and other classical media and formats were frequently declared moribund— another déjà vu with our present scene—he was flabbergasted by how “it opened up all of these opportunities for what could be done on the stage with a string quartet. It suddenly all exploded in one piece.” Crumb’s radical music somehow forged connections between Schubert and Renaissance music, Bartók and Jimi Hendrix.
Born in 1929 in Charleston, West Virginia, to a cellist mother and a clarinetist father, Crumb produced a unique musical poetry of theatrically charged soundscapes throughout his long career, which came to an end last spring, when he died at the age of 92. Black Angels: Thirteen Images from the Dark Land (1969–70), a “threnody” for electric string quartet and percussion (including maracas, tam-tams, and crystal goblets tuned with water), was conceived as “a kind of parable on our troubled contemporary world,” as the composer put it.
While Crumb denied specifically commenting on the atrocities of the Vietnam War, the work’s terrifying sonic metaphors for the Devil and surreal images such as “electric insects” (interpreted as a symbol of attack helicopters) invariably evoked associations with horrors of war—not least because Crumb inscribed his score with the completion date: “in tempore belli [in a time of war], 1970”—a phrase Haydn, so closely associated with the first golden period of the string quartet, famously used for one of his Mass settings.
Crumb instead pointed to the spiritual significance of the quartet as portraying “a voyage of the soul.” The carefully planned arch design of Black Angels comprises three parts that correspond to “the three stages of this voyage”—namely, “Departure (fall from grace), Absence (spiritual annihilation), and Return (redemption).” The piece’s title is an image for angels that have fallen, according to the composer, and “a conventional device used by early painters” to depict their condition. Embedded in Black Angels is an intricate musical symbolism via intertextual quotation (from Schubert, the Dies irae, and so on) as well as numerological symbolism, with emphasis given to the number 13—the number of movements as well as the number of seconds that should separate each of the three
larger parts. Crumb also noted that he completed the score on “Friday the Thirteenth, March 1970.”
This numerological dimension entails “‘magical’ relationships” that, Crumb notes, “are variously expressed: e.g., in terms of length, groupings of single tones, durations, patterns of repetition, etc. An important pitch element in the work—ascending D sharp, A, and E—also symbolizes the fateful numbers 7 and 13. At certain points in the score, there occurs a kind of ritualistic counting in various languages, including German, French, Russian, Hungarian, Japanese, and Swahili.”
According to Harrington, Kronos only found a way to make their live performances of Black Angels into “a unified, coherent experience” in the process of capturing its “huge variety of sound pictures” through studio recording. Their acclaimed 1989 recording “ended up influencing the way we have performed the music ever since. George Crumb’s Black Angels remains at the heart of Kronos. It seems as relevant today as it did in 1973.”
Thomas May is a writer, critic, educator, and translator whose work appears in The New York Times, Gramophone, and many other publications. The English-language editor for the Lucerne Festival, he also writes program notes for the Ojai Festival in California.