Danish String Quartet

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Danish String Quartet

Einführungstext von / Program Note by Kerstin Schüssler-Bach

DANISH STRING QUARTET

Dienstag 23. Mai 2023 19.30 Uhr

Rune Tonsgaard Sørensen Violine

Johannes Marmen Violine

Asbjørn Nørgaard Viola

Fredrik Schøyen Sjölin Violoncello

Franz Schubert (1797–1828)

Streichquartett a-moll D 804 „Rosamunde“ (1824)

I. Allegro ma non troppo

II. Andante

III. Menuetto. Allegretto – Trio

IV. Allegro moderato

Pause Anna Thorvaldsdottir (*1977)

Rituals für Streichquartett (2022)

I –Ascension –

II – III – IV –

Ascension –

V – VI – VII – VIII – IX

Deutsche Erstaufführung

Franz Schubert

Gretchen am Spinnrade D 118 (1814)

Bearbeitung für Streichquartett

Das Danish String Quartet dankt Johannes Marmen, der im heutigen Konzert anstelle des verletzten Frederik Øland den Part der zweiten Violine übernimmt.

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Doppelgänger

Streichquartette von Franz Schubert und Anna Thorvaldsdottir Kerstin

Aus heutiger Sicht ist es kaum zu glauben, dass nur ein einziges von Franz Schuberts Streichquartetten zu seinen Lebzeiten öffentlich aufgeführt wurde: das a-moll-Quartett D 804 mit dem Beinamen „Rosamunde“. Dabei begleitete diese Gattung das kurze

Leben des Komponisten sehr intensiv: Mit seinen Brüdern und seinem Vater spielte er selbst Quartett und übernahm dabei meist den Bratschenpart. Die für das Familienensemble geschriebenen

Jugendwerke tat er später mit der Einschätzung ab, dass an ihnen „nichts daran“ sei. Nach einer längeren Pause hatte Schubert dann schließlich wieder mit der Quartettkomposition begonnen. Ein Ziel der Arbeit an ambitionierten Kammermusikwerken war es, sich „auf diese Art den Weg zur großen Sinfonie“ zu bahnen, wie er bekannte.

Tatsächlich schien Schubert im Wiener Musikleben endlich Fuß zu fassen, als sein „Rosamunde-Quartett“ vom einflussreichen Ensemble des Geigers Ignaz Schuppanzigh zur Uraufführung angenommen wurde. Die Premiere am 14. März 1824 im Saal „Zum Roten Igel“ rief wohlwollende Reaktionen hervor – wobei der Kritiker der Allgemeinen musikalischen Zeitung irrte, als er die Novität als „Erstgeburt“ bezeichnete, hatte Schubert zuvor doch mindestens zwölf Streichquartette geschrieben, von denen freilich kaum jemand

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„Außerordentlich zart“ Schuberts „Rosamunde-Quartett“

etwas wusste. Das „Rosamunde-Quartett“ erschien sogar im Druck, erwies sich allerdings als Ladenhüter. Schuberts Hoffnung, sich weiter etablieren zu können, war wieder einmal gescheitert.

Seinen nicht vom Komponisten stammenden Beinamen verdankt das Werk dem zweiten Satz. In diesem Andante verarbeitet Schubert eine Melodie aus der Bühnenmusik, die er ein Jahr zuvor für Helmina von Chézys Schauspiel Rosamunde, Fürstin von Zypern geschrieben hatte. Dieses ruhige, in sich geschlossene Thema ist unverkennbar eine Schöpfung Schuberts: liedhaft-schlicht, aber von einer unterschwelligen Melancholie durchzogen. In wechselnder Beleuchtung und unerwarteten harmonischen Fortschreitungen dominiert es den ganzen Satz des Quartetts. Auch der Kopfsatz ist bereits von lyrischer Stimmung geprägt, hier allerdings mit einem seine Schönheit scheu verhüllenden Thema, von der zweiten Violine in unruhigen Achteln begleitet, von Bratsche und Cello auf nachdrückliches rhythmisches Fundament gestellt. Erst im dritten Anstieg leuchtet das Thema in A-Dur auf. Mit warm singender Melodik fließt das zweite Thema dahin. In der Durchführung verdichtet sich das Geschehen durch synkopische Kontrapunkte und thematische Sequenztechnik.

Das an dritter Stelle stehende Menuett entfaltet sich ebenfalls in verfeinerter Klanglichkeit. So wie das rastlose Begleitmotiv des Hauptthemas aus dem Kopfsatz vage das Lied Gretchen am Spinnrade anklingen lässt, bringt Schubert im Menuett ein weiteres Eigenzitat: Das Hauptmotiv ist mit der 1819 entstandenen Schiller-Vertonung Die Götter Griechenlands verwandt. Ob ihr Textanfang „Schöne Welt, wo bist du? Kehre wieder, holdes Blütenalter der Natur“ gleichsam programmatisch für Schuberts Seelenzustand fünf Jahre später stehen mochte?

Mit aufgeheiterter Stimmung und in tänzerischer Gelöstheit kommt das Finale daher, sein mit Trillern und Vorschlägen verziertes Thema schwingt in fröhlicher Eleganz aus. Es ist, als wische Schubert hier alle Wehmut beherzt beiseite und erinnere sich an die Gesellschaftsmusiken im Freundeskreis. Dieser Stimmung nachsinnend, haken sich die Schlusstakte in einer Aufwärtsbewegung fest und treten auf der Stelle – als ob sie den Tanzsaal nicht verlassen wollten. Schuberts Freund Moritz von Schwind, Augenzeuge der Uraufführung, hatte die Eigenart des Stücks intuitiv erkannt. An Franz von Schober schrieb er: „Das Quartett von Schubert wurde aufgeführt, nach seiner Meinung etwas langsam, aber sehr rein und zart. Es ist im ganzen sehr weich, aber von der Art, daß einem Melodie

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bleibt wie von Liedern, ganz Empfindung und ganz ausgesprochen. Es erhielt viel Beifall, besonders der Menuett, der außerordentlich zart und natürlich ist.”

Rituale im Lied

Anna Thorvaldsdottirs Rituals

Im jüngst kontrovers diskutierten Film Tár mokiert sich die fiktive Dirigentin Lydia Tár, gespielt von Cate Blanchett, scharfzüngig über jenes Stück, das einer ihrer Studierenden für einen Meisterkurs ausgewählt hat. Die Komposition, die der junge Mann vordirigiert, stammt von Anna Thorvaldsdottir, deren Name in dieser Szene auch mehrfach fällt. Mit ätzender Spottlust äußert sich Tár über das Werk, das für sie so klingt, als ob die Streicher noch mit Stimmen beschäftigt wären – zu simpel, zu naturhaft. Eine Ansicht, die wohl kaum zu verwechseln ist mit der Haltung des Regisseurs und Drehbuchautors. Immerhin stammt die Originalmusik zu Tár von Hildur Guðnadóttir, die mit ihrer Landsfrau Anna Thorvaldsdottir seit Teenagerzeiten befreundet ist.

Die überkritische Reaktion der keinesfalls sympathischen Figur Lydia Tár repräsentiert eher eine längst aufgebrochene Überzeugung des Musikbetriebs, neue Musik habe kompliziert und anstrengend zu sein. Ihr Angriffsziel ist daher gerade Anna Thorvaldsdottir, die für den Erfolg einer vor allem aus Skandinavien und England kommenden neuen Generation klassischer Komponist:innen steht. Die Musik der in Island geborenen und heute in der Nähe von London lebenden Komponistin erreicht ein breites Publikum und wird von bedeutenden Orchestern und Musiker:innen rund um den Erdball aufgeführt. Dass sie in einem wichtigen Kinofilm „mitspielt“, ist ein weiterer Ausweis ihrer Prominenz.

Auch das Danish String Quartet hat Anna Thorvaldsdottir mit einem Auftrag bedacht, unterstützt von sieben internationalen Institutionen. Für seine Beschäftigung mit den späten Kammermusikwerken Franz Schuberts hat sich das Ensemble ein besonderes Projekt einfallen lassen. Dessen Titel „Doppelgänger“ verweist auf das gleichnamige Schubert-Lied – und darauf, dass sich Lieder und Instrumentalmusik im Schaffen dieses Komponisten immer wieder gegenseitig durchdringen. Als „Doppelgänger“ Schuberts treten in diesem auf vier Jahre angelegten Projekt vier Komponist:innen in Erscheinung: die Skandinavier:innen Bent Sørensen,

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Lotta Wennäkoski und Anna Thorvaldsdottir sowie der Brite Thomas Adès, deren Werke gemeinsam mit Schuberts Quartetten erklingen.

Ihr Beitrag mit dem Titel Rituals nimmt, sagt die isländische Komponistin, „verschiedene Perspektiven von rituellen Gefühlen“ zum Ausgangspunkt: „Empfindungen, Erkundungen, von der kirchenliedartigen ‚Ascension‘ (Himmelfahrt) bis zu obsessiven perkussiven Materialien.“ Thorvaldsdottir hat selbst früh das Cellospiel erlernt und ist daher mit Streichinstrumenten eng vertraut. Oft bezieht sie sich in ihren Werken auf die beeindruckende Natur ihrer Heimat und definiert so die Struktur und Stimmung ihrer Musik. Eine geheimnisvolle Aura zeichnet sie aus, aber auch ein unbestimmtes Gefühl der Bedrohung. „Meine Musik“, so Thorvaldsdottir, „entsteht als ein Bewusstseinsstrom, der fließt, gefühlt, gespürt, geformt und dann gestaltet wird.“

Rituals verströmt über weite Strecken eine meditative Ruhe. Doch immer wieder mischen sich kleine „Schmutzpartikel“ oder Irritationen ein: huschende Notenwerte, das Schlagen der Saite mit dem Holz des Bogens, durch starken Bogendruck erzeugte „kratzende“ Töne oder hart aufspringende, schnell wiederholte, durch die Bogentechnik des Saltando. Ein wichtiges Gestaltungsmittel ist auch das Glissando, das den Hörenden sacht den Boden unter den Füßen wegzieht. Wie ein schlichtes, melancholisches Lied setzt die choralartige „Himmelfahrt“ ein: „mit Wärme und fundamental aufsteigender Traurigkeit“, wie die Vortragsanweisung in der Partitur lautet. Innerhalb der neun unmittelbar aneinander anschließenden Teile zählt die wiederholte „Himmelfahrt“-Passage als eigener Abschnitt: „Jeder Teil ist ein eigenes Ritual und die elf Teile bilden zusammen ein Ritual.“ So wie sich Rituale im Leben wiederholen, so kreist auch dieses Stück immer wieder um dasselbe Material. „Rituale in der Lyrik – Rituale in der Hoffnung – Rituale in der Wiederholung – Rituale im Lied – Rituale im Material –Rituale im Gebet – Rituale in der Besessenheit – Rituale im Leben“, sagt Thorvaldsdottir.

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Angst vor der Ekstase

Schuberts Gretchen am Spinnrade

Nicht nur im „Rosamunde-Quartett“ schafft Schubert Querverbindungen zu anderen Werken. Das unmittelbar nachfolgende d-moll-Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ zählt zu jenen Kompositionen, die Lieder inkorporieren – zitathaft oder als Basis für einen Variationensatz, wie etwa im „Forellenquintett“ oder den Variationen über Trockne Blumen

Eines der berühmtesten Schubert-Lieder ist das Meisterwerk eines Siebzehnjährigen. Mit Gretchen am Spinnrade schlug 1814 „die Geburtsstunde des eigentlichen, großen Schubertliedes“, erklärt Dietrich Fischer-Dieskau. Zwei Jahre später schickte Josef von Spaun das Stück zusammen mit anderen Goethe-Vertonungen seines Freundes an den Autor der Gedichtvorlage nach Weimar. Dass der Geheimrat Goethe das Paket kommentarlos wieder zurückgehen ließ, gehört zu den traurigsten Missverständnissen der Musikgeschichte.

Gretchen am Spinnrade blieb jedoch keineswegs erfolglos: Von der 1821 erschienenen Druckausgabe wurden in kurzer Zeit mehr als 500 Exemplare verkauft, was Schubert einen bescheidenen Verdienst bescherte. Josef Hüttenbrenner, ein anderer Freund, schrieb begeistert werbend: „In mehreren Privatkonzerten wurde dieses Stück mit einstimmigem Beifall ausgezeichnet, und jeder Gesangsfreund sieht dem Erscheinen einer Komposition in der Öffentlichkeit mit Begierde entgegen, welche dem Schüler der großen Meister, Salieri und Vogl, so viel Ehre macht. Der Eindruck, den das musikalische Gemälde hinterläßt, kann kaum erschütternder gedacht werden. Die Klavierstimme, welche in dem Ausdruck der Bewegung des Spinnrades so glücklich nuanciert und die meisterhafte Durchführung des Motivs ist auch vorzüglich bemerkbar.“ Hüttenbrenner verglich die „Originalität und Unnachahmbarkeit“ des Lieds mit Beethovens Adelaide und Mozarts Abendempfindung, zwei frühen Meilensteinen der Gattung.

Schuberts kongeniale Vertonung des Gedichts zeichnet die Unruhe und Verstörung der erstmals liebenden jungen Frau so plastisch nach, dass es des Textes kaum bedarf. Mit der nervös unterbrochenen Gesangslinie kontrastiert das unablässige, fatalistische Surren des Spinnrads. Erst als sich Gretchen an Fausts Kuss erinnert, setzt auch die Sechzehntel-Begleitfigur aus – ein psychologischer Höhepunkt in diesem so leidenschaftlich bewegten Lied, das sich weiter und

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weiter in Gretchens Herzenssturm verliert und das Spinnrad erst zögerlich wieder einsetzen lässt.

Zusätzliche Popularität erlangte Gretchen am Spinnrade durch Franz Liszts zweieinhalb Jahrzehnte später entstandene Klavierbearbeitung. Seine virtuose Transkription respektiert trotz ihrer pianistischen Anforderungen die feinen seelischen Zwischentöne der Schubert’schen Komposition. Wenn nun das Danish String Quartet ein Streicherarrangement vorlegt, wird darin die Gefühlswelt Gretchens durch vier gleichberechtigte Instrumente gespiegelt: Herzklopfen und Ablenkung durch rastlose Tätigkeit, Erregung und Angst vor der eigenen Ekstase.

Dr. Kerstin Schüssler-Bach arbeitete als Opern- und Konzertdramaturgin in Köln, Essen und Hamburg und hatte Lehraufträge an der Musikhochschule Hamburg und der Universität Köln inne. Beim Musikverlag Boosey & Hawkes in Berlin ist sie als Head of Composer Management tätig. Sie schreibt regelmäßig für die Berliner Philharmoniker, die Elbphilharmonie Hamburg, das Lucerne Festival und das Gewandhausorchester Leipzig. 2022 erschien ihre Monografie über die Dirigentin Simone Young.

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Doppelgänger

From today’s perspective, it seems hard to believe that only one of Franz Schubert’s string quartets was performed in public during his lifetime: the A-minor work D 804, popularly known as the “Rosamunde” Quartet. But the genre accompanied the composer throughout his short life: together with his brothers and father, he regularly played quartets, usually taking the viola part. He later dismissed his youthful works written for the family ensemble, claiming there was “nothing to them.” After a lengthy hiatus, Schubert finally began composing quartets again. One of his goals in creating ambitious chamber music works, he said, was to “pave the way towards a grand symphony in this manner.”

Indeed, Schubert seemed to finally be gaining a foothold in Vienna’s musical life when the violinist Ignaz Schuppanzigh’s influential ensemble agreed to give the first performance of his “Rosamunde” Quartet. This premiere at the “Zum Roten Igel” building (The Red Hedgehog) on March 14, 1824 met with a favorable reaction—even though the reviewer for the Allgemeine musikalische Zeitung erred in calling the new work a “firstborn,” as Schubert had previously written at least 12 string quartets, virtually unknown to anyone at the time. The “Rosamunde” Quartet was even published, but failed to sell. Schubert’s hope of further establishing himself took yet another beating.

The work owes its epithet—not chosen by the composer—to its second movement, an Andante in which Schubert used a melody from the incidental music he had composed a year earlier for

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Helmina von Chézy’s play Rosamunde, Fürstin von Zypern (Rosamunde, Princess of Cyprus). This calm, self-contained theme is unmistakably Schubert, its songlike simplicity shot through with subliminal melancholy. Illuminated from different angles and in unexpected harmonic sequences, it dominates this entire movement of the quartet. The first movement displays a lyrical mood as well, but here in a theme that modestly hides its beauty, accompanied by the agitated eighth notes of the second violin over a decisive rhythmic foundation provided by the viola and cello. Only in its third appearance does the A-major theme shine out. The second theme flows forth in a warm, songful melody. In the development section, the action is intensified by syncopated counterpoint and a sequencing of themes.

The following minuet also unfolds in finely wrought sonority. Just as the restless accompanying motif of the first movement’s main theme is vaguely reminiscent of the song Gretchen am Spinnrade, Schubert quotes himself again in the minuet: the main motif is related to his 1819 setting of Schiller’s Die Götter Griechenlands. Might its opening lines, “Schöne Welt, wo bist du? Kehre wieder, holdes Blütenalter der Natur” (“Fair world, where are you? Return again, sweet springtime of nature”), have described Schubert’s mindset five years later?

The finale brings a cheerful mood and dance-like serenity, its theme, with trills and ornaments, swinging along in light-hearted elegance. It is as if Schubert were valiantly sweeping aside all his wistfulness, recalling evenings of joint music-making among his friends. Echoing this atmosphere, the final measures seem to get hooked and stuck on an upward movement—as if loath to leave the ballroom. Schubert’s friend Moritz von Schwind, who witnessed the first performance, intuitively recognized the characteristics of the piece. He wrote to Franz von Schober: “Schubert’s quartet was performed, a bit slowly for his taste, but very pure and tender. On the whole, it is very gentle, but in a way that the melody stays with you, as if from his songs, all feeling and all quite pronounced. It received lots of applause, especially the minuet, which is extraordinarily tender and natural.”

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In the recent controversial motion picture Tár, the fictitious conductor Lydia Tár, played by Cate Blanchett, offers sharp-tongued commentary on the piece one of her students has chosen for a master class. The composition the young man conducts is by Anna Thorvaldsdottir, whose name is mentioned several times during the scene. Tár heaps caustic ridicule on the piece, which to her sounds as if the strings were still busy tuning—too simple, too naturalistic. An opinion hardly matching that of the film’s director and screenwriter—after all, the original score for Tár was composed by Hildur Guðnadóttir, a friend of her compatriot Anna Thorvaldsdottir since their teenage days.

Instead, the overly critical reaction of Lydia Tár—by no means a likeable character—represents a long-disproven conviction in the music business that new music must be complicated and strenuous. So it makes sense for Tár to attack Anna Thorvaldsdottir, who represents a successful new generation of classical composers, mainly from Scandinavia and England. The works of Thorvaldsdottir, who was born in Iceland and lives near London today, have reached a broad audience and are performed by leading orchestras and musicians all around the world. The fact that she “plays a role” in a major motion picture is just additional proof of her prominence.

The Danish String Quartet has also commissioned a new work from Anna Thorvaldsdottir, with support from seven international institutions. The ensemble has come up with a special project to frame its exploration of Franz Schubert’s late chamber music works. Its title, “Doppelgänger,” refers to Schubert’s eponymous song—and to the fact that songs and instrumental music are deeply interwoven in that composer’s oeuvre. Four artists feature as Schubert’s “doppelgängers” in this four-year project: Scandinavians Bent Sørensen, Lotta Wennäkoski, and Anna Thorvaldsdottir, as well as the British composer Thomas Adès, who are contributing companion pieces to Schubert’s quartets.

Entitled Rituals, her contribution takes “various perspectives of ritualistic feelings” as its point of departure, says the Icelandic composer: “sensations, explorations, from the hymn-like Ascension to obsessive percussive materials.” Thorvaldsdottir herself learned to play the cello at an early age and therefore has a deep familiarity with string instruments. She often refers to the impressive natural landscape of her homeland in her works, using it to create the structure and atmosphere of her music. It is marked by a mysterious aura, but also an undefined feeling of threat. “My music,” says

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Thorvaldsdottir, “emerges as a stream of consciousness that flows, is felt, sensed, shaped, and then crafted.”

For much of its duration, Rituals exudes meditative calm. However, small “dirt particles” or irritations sneak in repeatedly: scurrying notes, the hitting of strings with the wood of the bow, “scratching” notes created by strong bow pressure, or rapidly repeated notes bouncing forcefully off the string, using the bowing technique known as saltando. Another important stylistic means is the glissando, which gently pulls the rug from under the listener’s feet. Like a simple, melancholy song, the chorale-like Ascension begins: “with warmth and fundament, ascending sorrow,” as the instruction in the score says. Within the piece’s nine sections, one flowing directly into the other, the repeated Ascension passage counts as a section of its own: “each part is its own ritual and together the eleven parts form one ritual.” Just as rituals repeat in life, this piece revolves around the same material: “rituals in lyricism— rituals in hope—rituals in repetition—rituals in song—rituals in material—rituals in prayer—rituals in obsession—rituals in life,” writes Thorvaldsdottir.

Not only in his “Rosamunde” Quartet did Schubert create cross-references to other works. The work’s immediate successor, the String Quartet in D minor “Der Tod und das Mädchen” (“Death and the Maiden”) is also among those compositions that incorporate songs—whether as quotations or as the basis of a set of variations, as in the “Trout” Quintet and the Variations on Trockne Blumen.

One of Schubert’s most famous songs is a masterwork written by a 17-year-old. With Gretchen am Spinnrade, “the true, great Schubert lied was born” in 1814, declared Dietrich Fischer-Dieskau. Two years later, Josef von Spaun sent the piece to the poem’s author in Weimar, together with other settings of Goethe poems by his friend Schubert. The fact that Privy Councilor Goethe returned the package without comment is one of the saddest misunderstandings in music history.

Gretchen am Spinnrade, however, was not relegated to failure: its 1821 print edition sold more than 500 copies within a short time, bringing Schubert some modest earnings. Josef Hüttenbrenner, another friend, wrote enthusiastically: “In several private concerts, this piece won unanimous applause, and every lover of singing

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eagerly looks forward to the publication of a composition which does the student of such great masters as Salieri and Vogl such honor. The impression the musical portrait leaves could hardly be more moving. The piano part, offering such a nuanced impression of the movement of the spinning wheel, and the masterful development of the motif are also noteworthy for their excellence.” Hüttenbrenner compared the “originality and inimitability” of the song with Beethoven’s Adelaide and Mozart’s Abendempfindung, two of the genre’s early milestones.

Schubert’s ingenious setting of the poem gives such a palpable rendition of the restlessness and troubled mind of the young woman in love for the first time that the text is hardly needed. The nervously interrupted vocal line contrasts with the relentless, fatalistic hum of the spinning wheel. Only when Gretchen recalls Faust’s kiss do the sixteenth notes in the accompaniment pause—a psychological high point in this passionately animated song that delves deeper and deeper into the torment of Gretchen’s heart, while the spinning wheel reluctantly resumes its motion.

Gretchen am Spinnrade won additional popularity through Franz Liszt’s piano arrangement, written some two and a half decades later. Despite its pianistic challenges, his virtuoso transcription is true to the delicate stirrings of the soul expressed by Schubert’s composition. The string arrangement created by the Danish String Quartet reflects Gretchen’s emotional world with four equal instruments: we hear the beating of a heart and its distraction by restless activity, its arousal and fear of its own ecstasy.

Dr. Kerstin Schüssler-Bach has worked as an opera and concert dramaturg in Cologne, Essen, and Hamburg and taught at the Hamburg Musikhochschule and at Cologne University. She is currently Head of Composer Management for the music publishers Boosey & Hawkes in Berlin. She regularly writes program notes for the Berliner Philharmoniker, Hamburg’s Elbphilharmonie, the Lucerne Festival, and Leipzig’s Gewandhaus Orchestra. Her book on conductor Simone Young was published in 2022.

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