Hagen Quartett

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Hagen Quartett

Einführungstext von Martin Wilkening

Program Note by Richard Wigmore

HAGEN QUARTETT

Lukas Hagen Violine

Rainer Schmidt Violine

Veronika Hagen Viola

Clemens Hagen Violoncello

Sonntag 4. Juni 2023 18.00 Uhr

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)

Streichquartett G-Dur KV 387 (1782)

I. Allegro vivace assai

II. Menuetto. Allegro – Trio

III. Andante cantabile

IV. Molto allegro

Streichquartett d-moll KV 421 (417b) (1783)

I. Allegro moderato

II. Andante

III. Menuetto. Allegretto – Trio

IV. Allegretto ma non troppo – Più allegro

Pause Streichquartett Es-Dur KV 428 (421b) (1783)

I. Allegro non troppo

II. Andante con moto

III. Menuetto. Allegro – Trio

IV. Allegro vivace

Dienstag 6. Juni 2023 19.30 Uhr

Wolfgang Amadeus Mozart

Streichquartett B-Dur KV 458 „Jagd-Quartett“ (1784)

I. Allegro vivace assai

II. Menuetto. Moderato – Trio

III. Adagio

IV. Allegro assai

Streichquartett A-Dur KV 464 (1785)

I. Allegro

II. Menuetto – Trio

III. Andante

IV. Allegro non troppo

Pause

Streichquartett C-Dur KV 465 „Dissonanzen-Quartett“ (1785)

I. Adagio – Allegro

II. Andante cantabile

III. Menuetto. Allegro – Trio

IV. Allegro molto

Mühsame Arbeit und festlicher Glanz

Insgesamt 23 Streichquartette hat Wolfgang Amadeus Mozart geschrieben – doch nur die letzten zehn, entstanden in den Jahren 1782 bis 1790, können als ambitionierte Kunstwerke im emphatischen Sinn gelten. Zu ihnen gehören die sechs sogenannten „HaydnQuartette“, die Mozart in der Druckausgabe keinem adeligen Gönner, sondern seinem Komponistenkollegen Joseph Haydn gewidmet hat. Diese Widmung ist keine gesellschaftliche Geste, sie kennzeichnet das Opus vielmehr als eine Art „Kunstbuch“ und markiert auch eine innere Referenz für diese Werke, die gleichzeitig weit darüber hinausgehen.

Vorausgegangen waren diesen reifen Quartetten bereits 13 weitere, komponiert auf Reisen in den Jahren 1772/73 in Mailand und Wien, bei denen Leopold Mozart seinen 17-jährigen Sohn der musikalischen Welt vorstellte und die von rastloser Tätigkeit erfüllt waren. Aus Bozen berichtete der Vater an seine Frau in Augsburg: „Der Wolfg: befindet sich wohl; er schreibt eben für die lange Weile ein quatro. Er empfiehlt sich allen.“ Im Gegensatz dazu entstanden die späteren Quartette niemals mit leichter Hand. Das Autograph der „Haydn-Quartette“ zeigt ebenso wie überlieferte Skizzen den teilweise langwierigen Entstehungsprozess. Es finden sich zahlreiche Korrekturen, Ausradierungen und Ergänzungen, auch Verschiebungen von Einfällen an andere Stellen des Formprozesses.

Mozart selbst hat diese für ihn scheinbar ungewöhnliche Komplizierung des Arbeitsprozesses mit einem berühmt gewordenen Ausdruck auf den Begriff gebracht, der „mühsamen“ oder „mühevollen Arbeit“. In seinem im Original italienischen Widmungsblatt der sechs Quartette an Haydn schreibt er, der während der Arbeit an diesen Werken zwischen 1782 und 1785 selbst zweimal Vater geworden war: „Berühmter Mann und mein teuerster Freund, nimm hier meine Kinder! Sie sind wahrhaftig die Frucht einer langen, mühsamen Arbeit, doch ermutigte und tröstete mich die Hoffnung – einige Freunde konnten sie mir geben –, diese Arbeit wenigstens zu einem Teil belohnt zu sehen.“

1781 hatte Mozart das verhasste Salzburg verlassen, war nach Wien gegangen, hatte geheiratet, als Klaviervirtuose und -komponist schnell Aufmerksamkeit erregt und 1782 mit der Entführung aus dem Serail einen großen Publikumserfolg errungen. Alljährliche Umzüge in immer größere Wohnungen spiegelten den gewonnenen Status. Als Leopold Mozart zu Beginn des Jahres 1785 für einige Monate bei seinem Sohn zu Gast war, staunte er nicht schlecht und berichtete nach Salzburg an seine Tochter auch von Wolfgangs geschäftlichen Erfolgen, die – in jener Zeit – die Streichquartettkompositionen mit einschlossen: „Diesen Augenb: erhalte 10 Zeilen von deinem Bruder, wo er schreibt, daß er vergangenen Samstag seine 6 quartetten, die er dem Artaria für 100 duccatten verkauft habe, seinem lieben Freund Haydn und anderen guten freunden habe hören lassen.“ 100 Dukaten – das ist der gleiche Betrag, den Mozart für die Komposition des Figaro oder des Don Giovanni erhielt (er entspricht nach heutigem Wert etwa 13000 Euro). Für einen Stimmensatz der sechs Quartette musste man umgerechnet etwa 180 Euro bezahlen.

In dem zitierten Brief erwähnt der Vater auch die wahrscheinlich erste Aufführung der Quartette, von der wir nicht wissen, ob sie tatsächlich alle sechs Werke umfasste und wer daran beteiligt war. Jedenfalls war Haydn vier Wochen später erneut bei Mozart zu Gast, um diese Musik zu hören, und auch davon berichtet der als Geiger berühmte Leopold, der bei dieser Aufführung wahrscheinlich den Part der ersten Violine spielte, während Wolfgang die von ihm geliebte Bratsche übernahm: „Am Samstag war abends H: Joseph Haydn und die 2 Baron Tindi bey uns, es wurden die neuen quartetten gemacht, aber nur die 3 neuen die er zu den anderen 3, die wir haben, gemacht hat, sie sind zwar ein bischen leichter, aber vortrefflich componiert: H: Haydn sagte mir: ich sage ihnen vor

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gott, als ein ehrlicher Mann, ihr Sohn ist der größte Componist, den ich von Person und den Nahmen nach kenne; er hat geschmack, und über das die größte Compositionswissenschaft.“

Dass Leopold Mozart die zweite Trias der „Haydn-Quartette“ als „leichter“ bezeichnet, bezieht sich nicht auf die spieltechnischen Anforderungen, sondern auf Einzelmomente ihres Stils und auf den geistigen Gehalt. Man könnte dabei etwa an den genreartigen äußeren Eindruck des Anfangssatzes zum B-Dur-Quartett mit seinen Dreiklangsmotiven im Sechsachteltakt denken, dem das Quartett seinen Beinamen „Jagdquartett“ verdankt. Allerdings gehört zu diesen letzten drei Werken auch das als „Dissonanzen-Quartett“ bekannte C-Dur-Werk, das mit seiner langsamen Einleitung zum ersten Satz das Ohr auf ganz besondere Weise herausfordert. „Größte Compositionswissenschaft“ spricht Haydn Mozart anhand dieser Werke zu – und diese prägt den verdichteten Tonsatz, den freien Umgang mit Formmodellen und schließlich die beständige Verknüpfung unterschiedlichster Gedanken, Gesten und Gefühle.

Genau dies jedoch erweckte bald nach der Veröffentlichung 1785 auch Unverständnis, Kritik, Widerspruch und schließlich nachlassendes Interesse. Beethoven erinnerte sich viel später: „Man sagte von den 6 Mozartschen Quartetten, daß sie zum totlachen seyen; sie stimmen gar nicht.“ Und Carl Ditters von Dittersdorf sah bei Mozarts Verleger Artaria eine Chance für seine eigenen gefälligeren Quartette, als er ihm 1788 schrieb, dass Mozarts Quartette „zwar bey mir, so wie bey noch grössern Theoretiquern alle Hochachtung verdienen, aber wegen der allzugrossen darinne beständig herrschenden Kunst nicht Jedermanns Kauf seyn“.

Programm I

Die Quartette KV 387, 421 und 428

Für die Veröffentlichung der „Haydn-Quartette“ wählte Mozart eine Anordnung, die im Wesentlichen der Entstehung der Werkgruppe folgte. Die beiden mittleren Quartette jedoch wurden vertauscht, so dass eine chronologisch angelegte Aufführung wie die heutige hier von der Reihenfolge der Erstpublikation abweicht. Das Es-Dur-Quartett ist zeitlich gesehen das dritte, im Erstdruck jedoch das vierte. Mozart komponierte es 1783, fast gleichzeitig mit dem d-moll-Quartett. Aus dem Jahr davor stammt das Quartett G-Dur, das die Reihe eröffnet.

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Und es ist wirklich eine Eröffnung: Fast wie ein Chorsatz sind die vier Stimmen angelegt, in ihn eingebettet das fanfarenartige Aufbruchsmotiv der ersten Violine, das vom Grundton über die Quinte in die Oktave aufsteigt. Dieses Oktavmotiv verbindet die Anfangsthemen der ersten drei Quartette. Im d-moll-Quartett erscheint es in pathetischer Deklamation als Oktavsprung abwärts über der bewegten Begleitung. Und im Es-Dur-Quartett bildet der Oktavsprung aufwärts den Kopf eines seltsam statuarischen UnisonoThemas der vier Stimmen, das von dissonanten Intervallen geprägt ist. Auffällig ist in allen drei Quartetten die Tendenz zur Brechung (und indirekten Erhöhung) des Pathos durch die Dynamik. Die düstere Monumentalität zu Beginn des Es-Dur-Quartetts erscheint im geheimnisvollen Piano; der leidenschaftliche Gesang des d-mollQuartetts ist „sotto voce“, gleichsam verinnerlicht, vorzutragen; und das strahlende Forte im ersten Takt des G-Dur-Quartetts wird in der Fortsetzung durch abrupte piano-Passagen unterbrochen und erhält so etwas Flackernd-Unstetes.

Die obligatorische Viersätzigkeit der Quartette wird auf ganz unterschiedliche Art dramaturgisch gestaltet. Im Quartett G-Dur KV 387 sind die Gegensätze zunächst eher schwach ausgeprägt, die ersten drei Sätze sind annähernd gleich lang und auch von der Ereignisdichte her ähnlich angelegt. Das etwas kürzere Finale dagegen bringt gleichzeitig auch eine starke innere Verdichtung, es wirkt mit seinen abrupten Wendungen, Abbrüchen und Einschüben wie ein Opernensemble, in dem am Aktschluss noch einmal das turbulente Geschehen aus verschiedenen Perspektiven rekapituliert wird. Das Gerüst eines Sonatenhauptsatzes verbirgt sich dabei hinter der Fassade einer Fuge, deren erstes Thema sich schnell wieder in theatralischer Konfusion auflöst und mit dem zweiten Thema dann noch einmal einen erfolgreicheren Anlauf nimmt.

Das d-moll-Quartett KV 421 ist Mozarts einziges in einer MollTonart – der gleichen, die auch im geheimnisvollsten der Klavierkonzerte des Komponisten (KV 466) in Erscheinung tritt, ebenso wie in Don Giovanni oder im Requiem. In diesem Quartett umrahmen zwei ausgedehnte Außensätze die kürzeren Mittelsätze. Das Finale, vom Bewegungstyp her ein melancholisch eingefärbtes Siciliano, ist als Variationenfolge konzipiert. Das ganze Stück besitzt über die kontrastierenden Satzcharaktere hinweg starke Bindekräfte, durch die allen Sätzen gemeinsame Verteilung von Schatten und Licht, den bis in das Menuett hinein fortwirkenden emotional gespannten Tonfall und schließlich auch durch die Pathosformel des

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Beginns: Die nach unten abfallende Oktave bildet das motivische Substrat des gesamten Stückes, das sie buchstäblich vom ersten bis zum letzten Takt umklammert.

Im Quartett Es-Dur KV 428 sind die Kontraste am stärksten ausgeprägt, innerhalb der einzelnen Sätze ebenso wie zwischen ihnen. Hier herrscht ein kunstvolles Nebeneinanderstellen, ein fast montageartiges Verfahren von Überblendungen und Schnitten. Auf die Erhabenheit und den Ernst des Unisono-Beginns folgen sogleich Ausflüchte, Gesten der Verlegenheit. Auch das Menuett setzt diesen Widerspruch fast schon karikierend als Wechsel zwischen Auftrumpfen und Verzagtheit fort. Und die hohe Stilebene, die den ersten Satz insgesamt, wenn auch nicht ungebrochen, charakterisiert, findet im Schlusssatz ihr direktes Gegenstück: Hier wendet sich Mozart, ein einziges Mal in seinen reifen Quartetten, der einfachen Rondoform zu. Und doch geschieht dies nicht ganz uneingeschränkt, denn der Modulationsplan entspricht – im Gegensatz zur Themenanordnung – nicht der Rondo-, sondern der Sonatenform. Verfolgt man den Satz vor dem Hintergrund dieser Matrix, wird man an der Stelle der Durchführung durch eine Generalpause überrascht, die – wiederum im Sinne eines Rondos verstanden –schlicht den Wiedereintritt des Themas hinauszögert. Die Widersprüche dieses Werkes werden noch dadurch verstärkt, dass der an zweiter Stelle stehende langsame Satz nicht nur der längste des ganzen Stückes ist, sondern dass sich allein an dieser Stelle ein einheitlicher Ausdruckscharakter entfalten kann, der zudem von ganz eigenartigem Ernst erfüllt ist. Das „Thema“ des Satzes ist eigentlich keine Melodie, sondern ein eng geführter, von Vorhalten geprägter dreistimmiger Tonsatz der Oberstimmen über einer rhythmisch gleichförmigen aber intervallisch ausdrucksvollen Basslinie – fast wie ein Stück „alter“ Musik, das hier in die verwirrende Aktualität des Tages hineinklingt.

Programm II

Die Quartette KV 458, 464 und 465

Festliche Stimmung und tänzerische Bewegung verbinden die Quartette B-Dur, A-Dur und C-Dur, auch wenn ihnen Schatten nicht fehlen und das tänzerische Element gerade hier aus dem Genrehaften herausgehoben und transzendiert wird.

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Das B-Dur-Quartett KV 458 verströmt mit seinem Kopfmotiv –absteigenden Dreiklangsbrechungen im Sechsachteltakt – eine Aura von Hörnerschall und divertimentoartiger Freiluftmusik, die ihm den Beinamen „Jagd-Quartett“ eingetragen hat. Das ganze Stück ist voll witziger Pointen gelehrter wie populärer Art. Zu den ersteren zählt die Tatsache, dass die Exposition des ersten Satzes das Seitenthema vorenthält und dieses dann überraschenderweise zu Beginn der Durchführung erscheint. Unterschwellig vermittelt sich solche Asynchronität verschiedener Ebenen auch intuitiv durch den Aufund Abbau von Spannungsbögen. Wirklich „gelehrt“ erscheinen hingegen die systematisch angelegten kontrapunktischen Vertauschungen der Stimmen im Schlusssatz, der aber gleichzeitig, in seinem gesanglich-fröhlichen Seitenthema, auch mit einem Zitat aus Mozarts damals populärstem Werk aufwartet, dem versöhnlichen Vaudeville aus der Schlussszene der Entführung aus dem Serail: „Wer so viel Huld vergessen kann, den seh’ man mit Verachtung an.“ Als langsamen Satz schreibt Mozart, das einzige Mal in seinen „HaydnQuartetten“, ein Adagio. Es entwickelt sich aus seinem chorischen, fast bläserartig gesetzten Beginn zunächst in ausgedehnten Passagen der ersten Violine. Sie werden später in einem Zwiegesang zwischen erster Violine und Cello fortgesetzt, der schon an Momente der späteren „Preußischen Quartette“ erinnert.

Das Quartett A-Dur KV 464 beginnt mit zwei Sätzen im Dreivierteltakt. Sonatenhauptsatz und Menuett werden hier von zwei verschiedenen Seiten aus einander angenähert. So wie der erste Satz in seiner Bewegung von latenten Menuett-Anklängen gespeist wird, so nimmt das Menuett, sicher das gewichtigste, geistvollste aller sechs „Haydn-Quartette“, Züge eines Sonatensatzes mit echter Durchführung an. Die melancholische Stimmung, die mit der tänzerischen Bewegung einhergeht, entsteht durch die gemeinsame Motivik, die nicht nur diese beiden, sondern alle vier Sätze des Werkes eng miteinander verbindet. Eigentlich sind es zwei Motive, die in den ersten beiden Takten in einer Arabeske der ersten Violine verbunden sind: ein chromatischer Abstieg von der Quinte zur Terz und ein diatonischer (d.h. der Durtonleiter entsprechender) Abstieg von der Quinte zum Grundton. Im ersten Satz erscheinen beide Motive, die Themen der mittleren Sätze werden aus dem Quintdurchgang gebildet, und der Schlusssatz benutzt das griffig-kurze, aber durch die Chromatik instabile, offene Motiv, das eine Terz umspannt.

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Das A-Dur-Quartett vermittelt also einerseits eine ungewöhnliche strukturelle Dichte, andererseits umspannt es wie kein anderes Mozart’sches Quartett eine Weite musikalischer wie lebensweltlicher Bezüge. Beispielweise erscheint im letzten Satz in der Durchführung, nachdem die Bewegung in einer Generalpause plötzlich aussetzt, eine fremde, choralartig nur in ganzen und halben Noten gesetzte Musik von fast mysteriösem Charakter. Andererseits machen die Variationen des langsamen Satzes im Schlussteil ausführlichen Gebrauch von einem denkbar trivialen musikalischen Mittel, dem sogenannten Murky-Bass, der mit seinem gleichmäßigen Pulsieren über einem festgehaltenen Grundton den Klang einer Handtrommel imitiert. Doch gerade diese Passage strahlt auch etwas Geheimnisvolles aus. Der Bass (der übrigens die motivische Keimzelle des ganzen Stückes umkreist) bewegt sich seltsam getrennt von den anderen Stimmen, die ihn schließlich, langsam Abschied nehmend, in Fragmenten wieder in Erinnerung rufen. Der gesamte Variationensatz erinnert an einen, womöglich nächtlichen, Maskenzug oder an die Melancholie inmitten eines jener „Galanten Feste“ des späten Rokoko, wie sie etwa die Malerei von Antoine Watteau zum poetischen Topos gemacht hatte.

Festlicher Glanz bestimmt auch das Quartett C-Dur KV 465. Bevor aber der erste Satz zu seinem freien Flug der Empfindungen ansetzt, einem unermüdlichen Ausschöpfen der Energien des Hauptmotivs, das mit seinem Dreiachtel-Auftakt fast durchgehend präsent ist, hat Mozart dem Stück als einzigem seiner Quartette eine langsame Einleitung vorangestellt. Ungewöhnlich ist dieser Beginn nicht nur durch seine Entlehnung aus dem Bereich der Symphonie, sondern schon durch sich selbst: ein Vorantasten mit orientierungslos erscheinenden, dissonanten Einsätzen der Oberstimmen über dem pulsierenden Grund des Cellos. Von dieser Einleitung, deren Ausdruck darin besteht, dass er noch nach Gestalt sucht, hebt sich die wohlgeformt auftretende Schönheit des Folgenden umso deutlicher ab.

Gleichzeitig aber bleiben die Energien, die sich nicht mit den einmal geformten Gebilden zufriedengeben können, das ganze Stück hindurch spürbar. Auch hier besteht ein hohes Maß an motivischer Bindung, die sich vor allem in den Transformationen des Auftaktmotivs zeigt, auf das selbst noch das eigentlich nicht direkt auftaktige Thema des langsamen Satzes zurückgeführt werden kann. Tänzerische Charaktere scheinen überall in diesem Stück durch, so wirkt das Seitenthema des ersten Satzes wie eine Gavotte,

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und im Andante verbinden sich, wie in traumartig gedehntem Zeitempfinden, zwei Tänze: eine Polonaise im Hauptthema und ein Menuett im zweiten Thema. Das Konfliktpotential, das in der gebundenen Formung des an sich ungebundenen menschlichen Ausdrucks steckt, hat Mozart in der Schlusswendung des Werks noch einmal witzig pointiert: Während erste Violine und Cello auf der Eins des Schlusstaktes mit einer Achtelnote ihre Linie beenden, folgen zweite Violine und Bratsche erst eine Achtel später.

Martin Wilkening, geboren 1959 in Hannover, lebt seit 1977 in Berlin, unterbrochen von mehrjährigen Aufenthalten in Korea und Albanien. Er studierte Musik und Literaturwissenschaft und arbeitet seit 1981 als Autor, Musikkritiker, Dozent, Lektor und Verleger.

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The Arduous

and the Joyful

Mozart’s “Haydn” Quartets

Program I

The Quartets K. 387, 421, and 428

The six string quartets that Wolfgang Amadeus Mozart dedicated to his friend and greatest contemporary, Joseph Haydn, in 1785 were indeed “il frutto di una lungha e laboriosa fatica”—the fruit of long and arduous labor”—as the composer proclaimed. He could dash off a symphony or a piano concerto in a couple of weeks, even a few days. But writing for four strings, a medium perfected by Haydn in his widely admired Op. 20 (1772) and Op. 33 (1782) quartets, presented a special challenge to Mozart; and he took infinite pains with each of these six masterpieces, which evolved over a period of more than two years. Surviving sketches suggest the extent of Mozart’s labor. The autograph scores, now in the British Library, are full of false starts, crossings out, and insertions. In the case of the G-major Quartet K. 387 Mozart even made a substantial revision after completing the work, adding a dozen bars of intricate polyphony near the start of the finale.

Hearing the last three quartets in the Mozarts’ apartment in February 1785, Haydn famously declared to Leopold Mozart: “Your son is the greatest composer known to me either in person or by name. He has taste, and what is more, the most profound knowledge of composition.” Yet the textural intricacy and richness of expression that so delight us today were an obstacle for many listeners in

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Mozart’s lifetime. More than any of his other works, the “Haydn” Quartets seem to have been regarded as “difficult” music, technically and expressively. In 1787, the critic of the Hamburg Magazin der Musik accused Mozart of “aiming too high in his artful and truly beautiful works in order to become a new creator,” concluding that the quartets were “too highly seasoned—and whose palate can endure this for long?” The following year, Mozart’s fellow composer and sometime quartet companion Carl von Dittersdorf similarly complained (perhaps with a touch of professional envy?) of the “overwhelming and unrelenting artfulness” of the “Haydn” Quartets.

Dated December 31, 1782, the Quartet in G major K. 387 reveals its “artfulness” most obviously in the finale, which, like that of the “Jupiter” Symphony (and for that matter, some of Haydn’s finales), incorporates stretches of elaborate fugal writing within a sonataform design. Unlike in the “Jupiter,” though, Mozart here pointedly —almost ironically—contrasts the “learned” and “popular” styles, alternating fugue with chattering textures redolent of opera buffa.

The first three movements, with their rich, often chromatic part-writing, would have been even more challenging for Mozart’s contemporaries. In the minuet (placed second), the composer is hell-bent on subverting the aristocratic dance. The upshot is an astonishing, unsettling piece in full sonata form that constantly undercuts its basic three-four meter with abrupt alternations of piano and forte. Again defying convention, Mozart ratchets up the tension still further in the G-minor trio, above all in the piercingly expressive chromatic sequence towards the end.

The Andante cantabile is one of Mozart’s most elevated slow movements. It begins as an aria for first violin but soon expands into the free dialogue textures that characterize the whole work. Here the development is enfolded into the recapitulation, where Mozart works a six-note motif (initiated by the cello) through rich and strange harmonic regions and then builds to a rapturous climax.

The next two quartets both date from the summer of 1783. According to Constanze Mozart, the Quartet in D minor K. 421 was partly composed while she was in labor with their first child in an adjacent room. This fits in with the music’s troubled mood, though as always with Mozart it is too simplistic to hear the quartet as emotional biography. It was the norm in the late 18th century to include one minor-keyed work in a set of six quartets; and for Mozart, far more than Haydn, the minor mode almost invariably signified pathos, even tragedy.

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The work’s depressive spirit is immediately established by the drooping opening theme, sung by the first violin against a falling bass line reminiscent of a Baroque chaconne. After the second group of themes, in F major, temporarily lightens the mood, the development plunges into the remote key of E flat, then within a few bars moves breathtakingly to the brink of its polar opposite, A minor—just the kind of harmonic audacity that provoked charges of excessive “artfulness” in the composer’s lifetime. In the recapitulation Mozart brings back the F-major themes in the minor key, with deeply pathetic effect.

The F-major Andante, in gently swaying 6/8 time, provides relief of a sort, though a pervasive rising arpeggio figure, both in the outer sections and the minor-keyed central episode, gives it a slightly obsessive feel. With its chromaticisms, syncopations, and close contrapuntal textures, the minuet is as far removed from the courtly dance as the corresponding movement of K. 387. In this context, the blithe D-major trio, with its skipping “Scotch snap” rhythms over a pizzicato bass, sounds eerily unreal.

Uniquely in Mozart’s string quartets, K. 421 ends with a set of variations, on a 6/8 siciliano tune that seems to pay homage to the finale of Haydn’s Op. 33 No. 5. The six variations move progressively further from the theme’s melodic and harmonic outline. In the third variation, the viola fragments the lilting siciliano into hesitant, gasping snatches; No. 4 turns to the major, with a Schubertian poignancy, while the final variation, back in D minor, increases the tempo and works an agitated triplet figure with disturbing insistence. The final bars turn to D major. But this is no “happy ending.”

The Quartet in E-flat major K. 428, probably composed more or less simultaneously with K. 421, is less consistently strenuous, as you might expect from a Classical work in the major key. But from the strangely contorted opening, announced in bare octaves and touching nine notes of the chromatic scale, it is hardly less challenging than its companion. Mozart further undermines tonal stability when the theme is repeated in dissonant four-part harmony. Even the gracious second theme only establishes the expected key of B flat after flirting with more distant keys.

Mozart takes dissonance a stage further in the not-so-slow (Andante con moto) second movement, with its shadowy, tenuous themes and densely woven chromatic textures. The harmonic clashes of the second theme (beginning with imitations between viola and first violin) even anticipate the Liebestod in Wagner’s Tristan. Only at

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the very end of the exposition is the music firmly “grounded.” “Highly seasoned,” indeed!

The minuet brings us down to earth with stomping rhythms and rustic drones before continuing in more courtly vein. There are further drones, now more rarefied, in the trio, which begins wistfully in C minor before slipping to B-flat major. The finale, a cross between sonata and rondo, combines Mozartian passion and (in the ardent second theme) lyricism with a Haydnesque sense of fun. In the extended coda, Mozart toys disorientingly with the opening two-note motif. Then, after a teasing pause, the laconic main theme becomes an accompaniment to a new violin counter-melody —a delightful, witty case of role reversal.

Program II

The Quartets K. 458, 464, and 465

Following the private performance of the last three quartets in February 1785 at which Haydn was present, Leopold Mozart wrote to his daughter Nannerl that they were “indeed a little easier [than the first three], but extremely well composed.” That judgement was surely prompted above all by the Quartet in B-flat major K. 458, begun immediately after the D-minor and E flat–major quartets, but then laid aside until the late summer of 1784. In its outer movements and minuet, at least, this is the most diatonic and extrovert work of the set. The nickname “Hunt” (not Mozart’s own) was irresistibly suggested by the first movement’s bounding 6/8 rhythms and horn calls. But this being Mozart, there is subtle craft amid the alfresco vigor. The second theme makes witty play with the little fluttering figure that later (after the appearance of a new lyrical tune) comes to dominate the central development. The climax comes with the extended coda, where Mozart realizes the latent contrapuntal potential of the “hunting” theme and works it in powerful canonic imitation.

Irregular phrase lengths, discreet chromatic touches and sforzando accents ruffle the urbane surface of the minuet. The rapt Adagio (the only truly slow movement in all these quartets) draws much of its eloquence from a gently nagging harmonic tension. In the second theme, subtly shifting harmonies in the middle voices imbue the simple falling phrases of first violin and cello with extraordinary poignancy.

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Mozart flirted first with the idea of a finale in polonaise rhythm, then with a Prestissimo in alla breve time, before arriving at an Allegro assai in 2/4 time based on a variation of the Prestissimo theme. This is a movement full of wit and rhythmic cunning built on three themes, the second a compressed variant of the first, the third more lyrically expansive. In the development Mozart’s contrapuntal virtuosity becomes a vehicle for Haydnesque fun and games.

As with K. 421 and 428, Mozart seems to have worked simultaneously on the last two “Haydn” Quartets, K. 464 and K. 465, entering them in his thematic catalogue on January 10 and 14, 1785. For all its surface grace, the Quartet in A major K. 464 is Mozart’s most cerebral and contrapuntally intricate quartet. Its dense motivic argument made it a favorite of Beethoven, who paid it the sincerest form of flattery in the slow movement and finale of his own A-major Quartet Op. 18 No. 5. Mozart opens with a decorous, minuet-like tune in balanced four-bar phrases. But almost at once he starts to worry away at his theme, working it in imitation and modulating to the unscheduled key of C major. It is typical of the whole quartet that the “learned” contrapuntal devices, here and in the exceptionally complex development, always wear an air of consummate ease.

The minuet is a dance for philosophers: inward-looking, full of contrapuntal subtleties, and mesmerically focused on the three short motifs heard in the opening bars. Beethoven was to remember this extraordinary movement not so much in Op. 18 No. 5 but a quarter of a century later, in the late A-minor quartet Op. 132.

Next comes a set of six variations on a graceful, rather reserved D-major theme, somewhere between a dance and a hymn. The whole movement charts a gradual move inward, from the relative extroversion of the first variation to the movement’s remote, withdrawn heart in No. 4 (in D minor) and the bare, polyphonic No. 5. In the extended final variation, the upper instruments spin their serene lines against a persistent staccato figure in the cello that has given the quartet the nickname of “The Drum” in German-speaking countries.

Fusing the galant and learned styles, the finale crowns the quartet with a lightly worn display of contrapuntal craft. Like the minuet, it makes bricks from a minimum of straw. Apart from one episode in the development, where Mozart introduces a new chorale melody (Beethoven did likewise in Op. 18 No. 5), the whole dazzling movement grows from a couple of brief tags.

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The Quartet in C major K. 465 is the most famous of the “Haydn” set, mainly on account of the labyrinthine slow introduction that spawned the nickname “Dissonance.” The tortuous lines above a chromatically descending bass, blurring all sense of key, baffled players and listeners well into the 19th century. Some even maintained that the printed parts were riddled with errors. In his Mozart biography, the American musicologist Maynard Solomon wrote evocatively of this introduction, which was surely the model for the even more radical opening of Haydn’s Creation: “The opening bars … immediately plunge into the center of symbiotic terror … Here Mozart has simulated the very process of creation, showing us the lineaments of chaos at the moment of its conversion into form … Without knowing precisely where we are, we know that we are in an alien universe… In this introduction, Mozart has simulated the transition from darkness to light, from the underworld to the surface … For whatever our metaphoric frame, this music is ultimately about confinement and emergence. And now the Allegro theme emerges, soaring and liberated.”

This release into the Allegro is one of the most elementally moving moments in all Mozart. Yet for all its healthy, diatonic energy, this is a movement of immense sophistication that draws ever-richer meanings from its radiant opening theme.

The Andante cantabile is the most searching of all the slow movements in the “Haydn” Quartets, reflecting the influence of the introduction in its gradual chromatic intensification. In the recapitulation Mozart expands a series of once-gentle imitations over a murmuring cello figure into a climax of almost anguished force. The minuet, unfolding, like that of K. 387, as a miniature sonata structure, uses chromaticism to more whimsical ends. Its C-minor trio, continuing the minuet’s abrupt dynamic contrasts, evokes an aria for a distraught opera heroine.

Mozart launches the finale with a catchy contredanse tune. But the air of smiling innocence is deceptive. The composer’s nonchalant contrapuntal mastery is again to the fore in a movement full of harmonic drama and chromatic inflexions that distantly recall the introduction. Typically, too, Mozart makes endlessly inventive capital out of the initial motif, right down to the bantering repartee in the final bars.

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Richard Wigmore is a writer, broadcaster, and lecturer specializing in Classical and Romantic chamber music and lieder. He writes for Gramophone, BBC Music Magazine, and other journals, and has taught at Birkbeck College, the Royal Academy of Music, and the Guildhall. His publications include Schubert: The Complete Song Texts and The Faber Pocket Guide to Haydn

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