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Viel Arbeit für Zufriedenheit und Flexibilität
Welche Arbeit wird vom Zentralvorstand im Hintergrund geleistet? – Anlässlich des Schwerpunktes «Soziales» hat Redaktorin Anita Bucher mit Alfred Thommen, Vizepräsident, und Markus Roesli, Zentralvorstandsmitglied, Hintergrundgespräche darüber geführt, welche Arbeit von den beiden in den Ressorts «Soziales» geleistet wird und warum diese so wichtig ist.
TEXT: Anita Bucher
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Als Berufsverband setzt sich Baukader Schweiz stets auf mehreren Ebenen gleichzeitig für seine Mitglieder ein. Viele dieser Gremienarbeiten werden von den Mitgliedern des Zentralvorstandes geleistet. Die Diskussionen mit den Vertragspartnern, stetige Verhandlungen zum Wohle der Mitglieder, Entscheide zu Gesetzesänderungen, politische Annäherungen, der Aufbau von Beziehungen mit den Sozialpartnern und das Mitwirken in wichtigen Gremien sind zeitintensiv und kurzfristig oft ohne sichtbare Resultate. Dennoch passiert im Hintergrund sehr viel.
Gesamtarbeitsverträge im Fokus
Der Baukadervertrag und der Gesamtarbeitsvertrag für das Holzbaugewerbe (GAV Holzbau) bieten gute Rahmenbedingungen für die Arbeitnehmer. Die Verträge schützen hierbei auch gezielt diejenigen Mitarbeitenden, die mit ihrem Arbeitgeber weniger gut selbst verhandeln können. Der bestehende Bauführervertrag wurde bereits länger nicht mehr besprochen, Baukader Schweiz strebt an, diese Verhandlungen wieder aufzunehmen. Im Gesamtarbeitsvertrag für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR) werden die Bedingungen für einen frühzeitigen Altersrücktritt geregelt. Baukader Schweiz ist bemüht, alle Verträge immer wieder an neue Gegebenheiten anzupassen, wie zum Beispiel die Berufs- und Familienvereinbarkeit, was ständige Verhandlungen erfordert. Davon bekommen die Mitglieder aber meistens erst etwas mit, wenn auch Resultate erzielt wurden.
Finanzierung sichern beim Parifonds Bau und beim FAR
Die Zentralvorstandsmitglieder mit dem Ressort «Soziales» bringen sich auch im Vorstand des Parifonds Bau und in der Stiftung FAR ein und helfen Entscheidungen zu treffen, welche die beiden Institutionen langfristig finanziell absichern und stärken, damit Baufachleute Parifonds-Beiträge erhalten und bei Eignung rechtzeitig ein FAR-Rentengesuch in der Geschäftsstelle von Baukader Schweiz einreichen können.
WEITERE INFORMATIONEN:
Alfred Thommen,
Vize-Präsident Baukader Schweiz
«DER BAUKADERVERTRAG MUSS MODERNER WERDEN.»
Im Hintergrundgespräch mit Alfred Thommen, zeigt der VizePräsident von Baukader Schweiz auf, warum es Anpassungen beim Baukadervertrag braucht, was beim Parifonds Bau gerade so läuft und was es für erfolgreiche Verhandlungen bei den Sozialpartnerschaften braucht.
INTERVIEW: Anita Bucher
Alfred Thommen, Du wünschst Dir Anpassungen im Baukader-Vertrag. Welche sollten das sein?
Es braucht flexiblere Arbeitsmodelle für die Poliere, Möglichkeiten Teilzeit zu arbeiten, eine bezahlte Znüni-Pause und der Wegfall der täglichen unbezahlten Vorbereitungszeit.
Jahrelang waren eure Verhandlungen mit dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) ohne Resultat. Nun hast Du aber Hoffnung, dass sich etwas ändern kann. Weshalb? In den letzten Jahren war es tatsächlich schwierig mit dem SBV eine Lösung zu finden. Die Themen, die unsere Mitglieder bewegen, wurden vom SBV, trotz vielen Hinweisen von uns, nicht als relevant befunden. Wir finden aber, es braucht dringend eine Attraktivierung des Polier-Berufes. Im Frühling 2021 hat Baukader Schweiz deshalb zusammen mit der UNIA und der Syna einen offenen Brief an den SBV geschrieben. Darin haben wir vor einem drohenden Fachkräftemangel gewarnt, wenn es nicht attraktiv bleibt, als Polier zu arbeiten. Im Rahmen des Masterplanes 2030 hat der SBV im Jahr 2021 selbst eine Befragung mit über 500 Polieren in Auftrag gegeben, die nun zu ähnlichen Resultaten gekommen ist, wie wir.
Und diese sind? Dass der Druck auf die Poliere viel zu gross ist. Dass jeder dritte Polier mit seinem Lohn unzufrieden ist, jeder vierte gerne Teilzeit arbeiten möchte und dass bei 80% der Poliere der Wunsch nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeit riesengross ist.
Wie kann man das Recht auf Teilzeitarbeit im Baukadervertrag verankern, ohne dass der Arbeitgeber damit massiv unter Druck gerät, dass er jedem Arbeitnehmenden dann jeden Pensumwunsch gewähren muss? Das ist tatsächlich nicht einfach. Für eine endgültige Formulierung braucht es zum Schluss sicher die Hilfe von Juristen. – Als erstes wünschen wir uns hierbei aber einfach ein Entgegenkommen des SBV. Es muss eine Formulierung möglich sein, die es dem Polier mindestens ermöglicht, seinen Chef darauf anzusprechen und die allfälligen Möglichkeiten auszuloten, das wäre schon ein Riesenfortschritt zur heutigen Situation. Dafür braucht es aber bei vielen Arbeitgebern einen Sinneswandel oder eben die Einsicht, dass auch sie aktiv zur Attraktivierung des Polierberufes beitragen müssen.
Auch flexible Arbeitsmodelle mit Stundenabrechnungen sind gefragt. Hast Du hierfür einen Vorschlag? Das ist sicher von Firma zu Firma unterschiedlich, was hierbei möglich ist. Aber bei der Aus- und Weiterbildung geht es mit der Flexibilität ja auch. Genauso, wenn auf wechselnde Wetterverhältnisse oder Lieferengpässe reagiert werden muss. Es ist einfach eine Frage der Planung und des Willens.
Auch der Wegfall der täglichen Vorbereitungszeit von 30 Minuten und eine bezahlte Znüni-Pause sind Dir ein Anliegen. Kannst Du dazu etwas sagen bitte? Natürlich. – Die tägliche unbezahlte Vorbereitungszeit ist Schnee von gestern. Heute arbeitet niemand mehr gratis, das ist einfach nicht mehr zeitgemäss und hätte schon längst angepasst werden müssen. Genauso wie eine bezahlte Znüni-Pause. Eine solche kennt man durchwegs in allen Branchen nur auf dem Bau nicht. Das ist wirklich ein Armutszeugnis und sollte dringend geändert werden.
Die Verhandlungen mit dem SBV sind manchmal zäh. Was motiviert Dich trotzdem immer weiterzumachen? Vertragsverhandlungen in den Sozialpartnerschaften sind nie einfach. Wichtig ist aber, dass sich die Sozialpartner auf Augenhöhe begegnen. Hier hilft es, wenn man sich allmählich besser kennt. Gerade bei schwierigen Themen ist der Aufbau einer partnerschaftlichen Beziehung eine wichtige Grundlage für die Verhandlungen. Inzwischen nähern wir uns den von uns gewünschten Themen an, die Verhandlungsdelegation des SBV und wir. Das motiviert mich, weiterzumachen.
Es gibt auch Erfreuliches bei Deiner Arbeit. In Deiner Funktion als Gremiumsmitglied im Vorstand Parifonds Bau hat es kürzlich gute Neuigkeiten für Poliere und Vorarbeiter gegeben … Genau. Da der Parifonds Bau während der Corona-Krise nur wenige Ausbildungen unterstützen konnte (das meiste war ja Pandemiebedingt abgesagt) hat der Ausbildungsfonds einen Gewinn erwirtschaftet, von dem in den nächsten Jahren vor allem Poliere und Vorarbeiter profitieren sollen. Für ihre Weiterbildung wird von 2022 bis 2025 nämlich die tägliche Ausbildungspauschale um CHF 50 erhöht. Dies hat der zuständige Parifonds-Ausschuss im Herbst entschieden. Persönlich hoffe ich, dass dies für ganz viele Berufsleute der richtige Ansporn ist eine Weiterbildung zu machen und sie dabei von ihren Arbeitgebern unterstützt werden. Denn davon profitieren zum Schluss alle: Die Bauarbeiter, der Arbeitgeber und der Baukader selbst. So soll es auch sein.
Vielen herzlichen Dank für Dein grosses Engagement für unsere Mitglieder.
Markus Roesli, Zentralvorstand Baukader Schweiz
«SOLANGE ALLES FUNKTIONIERT,
MERKEN DIE MITGLIEDER NICHTS VON MEINER ARBEIT.»
Markus Roesli ist seit 2015 im Zentralvorstand. Zuvor war er über 10 Jahre lang in der Geschäftsprüfungskommission (GPK) von Baukader Schweiz tätig. Nach seiner beruflichen Karriere hatte er das Bedürfnis der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Seine Dossiers sind die Stiftung FAR, die Schweizerische Paritätische Berufskommission Holzbau (spbh) und die Ausgleichskasse 66 SBV. Damit nimmt er an über 40 Sitzungen jährlich teil.
INTERVIEW: Anita Bucher
Markus Roesli, Du bist für Baukader Schweiz im Stiftungsrat der Stiftung FAR. Was gehört zu Deiner Arbeit? Im Stiftungsrat sind wir strategisch unterwegs, damit die Finanzierung langfristig gesichert ist, wir prüfen aber auch Rekurse und Härtefallleistungen. Wenn nötig tauschen wir uns mit weiteren zuständigen Stellen wie etwa dem Staatsekretariat für Wirtschaft (SECO), der Ausgleichskasse (AHV), der Suva, und den Kantonen aus. Prämienanpassungen zum Beispiel müssen wegen der Allgemeinverbindlichkeit bis zum Bundesrat. Für mich heisst das, monatliche Sitzungen, dazwischen viel Papierarbeit, viel Austausch und Gespräche.
Nebst Deiner Arbeit als Stiftungsrat bist Du auch im Ausschuss Rekurs. Was macht ihr da?
Hier geht es um Einzelbetrachtungen, wenn jemand mit den gesprochenen Leistungen nicht einverstanden ist. Wir beurteilen monatlich aufgrund der Aktenlage die vom Rechtsdienst FAR vorbereiteten Dossiers und prüfen, ob wir allenfalls Renten-/Härtefallleistungen gut heissen. Es ist ein intensives Auseinandersetzen mit Einzelschicksalen, das manchmal schon nahe geht.
Weiter wirkst Du im Ausschuss «Asset Management» mit. Worum geht es da? Hierbei geht es um strategische Entscheide bezüglich Investitionen und Vermögensvermehrung, die dem Stiftungsrat vorgeschlagen werden, damit die finanziellen Ziele des Vermögens der Stiftung FAR erreicht werden können. Es ist ziemlich kompliziert. Die Stiftung FAR hat dafür drei Vermögensverwalter engagiert, zudem gibt es ein Investment-Controlling und einen zugelassenen BVG (Berufliche Vorsorge) Experten, die beratend zur Seite stehen. Der Ausschuss trifft sich fünf Mal jährlich für eine Standortbestimmung und zur Kontrolle der Ausrichtungen.
«Die Einzelschicksale beim FAR gehen mir teils nahe.»
«Der GAV Holzbau wird aktuell hinsichtlich Berufs- und Familienvereinbarkeit angepasst.»
Ein grosses Engagement deinerseits gilt auch der spbh. Was machst Du in dieser genau? Auch die Schweizerische Paritätische Berufskommission Holzbau ist paritätisch aufgestellt und hat Mitglieder von der Holzbau Schweiz, der UNIA, der Syna, vom Schweizerischen Kaufmännischen Verband und von uns bin eben ich dabei. Hier bin ich im Vorstand. Wir befassen uns in erster Linie mit den Arbeitsbedingungen in allen unterstellten Holzbaubetrieben und der Durchsetzung des GAV Holzbau.
Was heisst das konkret?
Aktuell sind wir daran den GAV Holzbau zu überarbeiten. Da gibt es sehr viele Ideen, die überprüft und teils eingebracht werden sollen. Mitte Jahr wollen wir damit durch sein. Themen sind die Berufs- und Familienvereinbarkeit, die Einbindung des Vaterschaftsurlaubes und eine Anpassung bei den Erfahrungsjahren. Bislang sind im GAV Holzbau nur bis 10 Erfahrungsjahre geregelt. Ein grosses Thema ist auch: Was tun wir damit Holzbau für die Arbeitnehmer attraktiv bleibt? Das Durchschnittsalter liegt bei 37 Jahren. Vielfach sind es junge Leute, die mit den Erfahrungsjahren in andere Branchen abwandern. Hier setzen wir an.
Wie stellt ihr den Vollzug des GAV Holzbau sicher? Mittels Kontrollen!
Weiter bist Du im Fachbeirat von «Holzbau Plus» und «Holzbau Vital» tätig… Genau. «Holzbau Plus» ist unser Label für Unternehmen, die den GAV richtig umsetzen und zudem für ihre guten Arbeitsbedingungen ausgezeichnet werden. In diesem Fachbeirat geht es hauptsächlich um die Zertifizierungen für das «Holzbau Plus-Label» und die Rezertifizierungen. Beim Holzbau Vital arbeiten wir eng mit der SUVA zusammen. Es geht hauptsächlich um Gesundheit und Sicherheit und um die Förderung entsprechender Kurse, die diese sicherstellen.