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Rechtsecke

NBU-Beiträge und Insolvenzentschädigung

Ein Dauerbrenner für den Rechtsdienst ist der ungerechtfertigte Abzug der NBU-Prämie für Poliere durch den Arbeitgeber. Gemäss Art. 14 Abs. 3 GAV Baukader zahlt bekanntlich der Arbeitgeber und nicht wie im LMV-Bereich der Arbeitnehmer die Prämien der Nichtbetriebsunfallversicherung.

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TEXT: Markus Bischoff, Rechtsanwalt

Was aber passiert mit den irrtümlich abgezogenen Prämien, wenn der Arbeitgeber in Konkurs fällt? Muss die Insolvenzentschädigung die irrtümlich abgezogenen Prämien dem Arbeitnehmer ausrichten oder nicht? Dazu konnte ein erfolgreicher Gerichtsentscheid eines kantonalen Versicherungsgerichtes erstritten werden.

Sachverhalt

Ein Mitglied arbeitete seit Sommer 2017 als Vorarbeiter und seit Frühling 2018 als Polier für eine Baufirma. Zuerst galt der LMV und mit dem neuen Vertrag wurde der GAV Baukader für anwendbar erklärt. Die NBU-Prämien hatte entgegen den Bestimmungen des GAV Baukader (Art. 14.3) immer der Arbeitnehmer zu zahlen. Letzter Arbeitstag war Ende Januar 2019. Danach fiel der Arbeitgeber in Konkurs. Der Lohn für Januar 2019 wurde nicht mehr bezahlt. Das Mitglied wandte sich an Baukader Schweiz, damit der Verband ihm beim Ausfüllen der Formulare für Insolvenz und die Konkurseingabe behilflich sein könne. Dabei wurde das Mitglied darauf aufmerksam gemacht, dass die NBU-Prämien vom Arbeitgeber zu tragen seien. Deswegen wurde nicht nur der Lohn für Januar 2019, sondern auch die abgezogenen NBU-Prämien für Oktober bis Dezember 2018 im Umfang von CHF 765.15 bei der Insolvenzentschädigung eingefordert.

Insolvenzentschädigung

Die Insolvenzentschädigung deckt die letzten vier Monate des Arbeitsverhältnisses ab. Die Konkurseröffnung muss nicht direkt am Ende der letzten vier Monate erfolgen. Wer bis Ende April eines Jahres arbeitet, kann bei einer Konkurseröffnung im Juni desselben Jahres für die letzten vier Monate des Arbeitsverhältnisses (Januar bis April) Insolvenzentschädigung beantragen. Der Arbeitnehmer darf aber nicht zu lange zu warten, um den ausstehenden Lohn beim Arbeitgeber einzufordern. Der Lohn ist schriftlich einzufordern und wenn dieser nicht innert gesetzter Frist bezahlt wird, ist nach Ablauf der Frist eine Betreibung einzuleiten. Wie lange der Arbeitnehmer zuwarten darf, bis er aktiv wird, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Einem Vorarbeiter im Baugewerbe wurde ein Zuwarten von drei Monaten bis zur schriftlichen Geltendmachung des Lohnes als genügend zugestanden, während für einen hochbezahlten Projektverantwortlichen die Frist von drei Monaten als zu lange angesehen und deshalb die Insolvenzentschädigung verweigert wurde.

Entscheid Arbeitslosenkasse

Die Arbeitslosenkasse verweigerte die Auszahlung der Insolvenzentschädigung. Sie machte geltend, es sei seit Frühling 2018 bekannt gewesen, dass der GAV Baukader anzuwenden sei. Der Polier hätte deshalb die Lohnabrechnungen prüfen und wegen des NBU-Abzuges reklamieren müssen. Weil er dies nicht getan habe, sei die Schadenminderungspflicht verletzt worden. Deshalb wurde ihm die Auszahlung des eingeforderten Betrages von CHF 765.15 verweigert.

Entscheid Gericht

Gegen diesen Entscheid wurde beim zuständigen kantonalen Gericht Beschwerde erho-

MARKUS BISCHOFF, Rechtsanwalt

ben. In der Beschwerde wurde darauf hingewiesen, dass hier nicht der gleich strenge Massstab wie bei einem nicht bezahlten Lohn angewendet werden könne. Es gehe um einen geringen Lohnbestandteil von ca. 3%, weshalb die Schadenminderung nicht gleich streng sein könne. Ebenso handle es sich bei der Bestimmung im GAV Baukader um eine eher unbekannte Regelung, welche anders als im LMV sei und auch von Baukadern selbst oft übersehen werde. Das Gericht befand, es liege kein grobfahrlässiges Verhalten vor. Zwar hätte der Polier die Sache abklären müssen, doch sei nicht ein derartiges Aktivwerden zu erwarten, wie wenn der Lohn ausbleibe. Zudem wäre es aufgrund der Fürsorgepflicht auch Sache des Arbeitgebers gewesen, den Polier auf die veränderten Vertragsbestimmungen beim Übergang vom LMV zum GAV Baukader aufmerksam zu machen. Das Gericht verneinte somit das Vorliegen einer Verletzung der Schadenminderungspflicht. Es verpflichtete die Arbeitslosenkassen, den Betrag von CHF 765.15 nachzuzahlen. Weiter hatte die Arbeitslosenkasse an die Anwaltskosten einen Betrag zu zahlen, welcher höher als die eingeforderte Summe war!

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