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Wer hat da noch den Durchblick?

Arbeitszeit, Gleitzeit, Normalarbeitszeit, Überstunden, Überzeit, Blockzeit, Vertrauensarbeitszeit, … «Früher war alles einfacher», so heisst es zumindest immer wieder. Im Bereich der Arbeitszeiten stimmt das aber vielleicht sogar. Vor noch nicht allzu langer Zeit gab es hauptsächlich die Arbeitszeit, die der Arbeitgeber vorgab und der Arbeitnehmer strikte einzuhalten hatte. Man konnte weder zu wenig noch zu viel arbeiten.

TEXT: Martin Basler, Rechtsanwalt

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Heute gibt es verschiedenste Möglichkeiten, die vereinbarte Arbeitszeit zu leisten. Nachfolgend eine kurze Auflistung der häufigsten Begriffe und deren Bedeutung:

Arbeitszeit / Normalarbeitszeit

Als Arbeitszeit gilt die Zeit, während der sich Arbeitnehmende zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten haben (Art. 7 Baukadervertrag). Nicht an die Arbeitszeit angerechnet werden aber bspw. Pausen sowie gemäss Art. 12.3 Baukadervertrag die Reiseizeit (Hinund Rückfahrt ab und zur Sammelstelle) von weniger als 30 Minuten pro Tag. Die Arbeitszeit wird üblicherweise aufgeteilt in eine Jahres-, Wochen- und Tagesarbeitszeit.

Überstunden

Die über die wöchentliche Arbeitszeit gemäss Arbeitszeitkalender hinaus geleisteten Stunden sind Überstunden (Art. 8.6.1 Baukadervertrag). Überstunden sind grundsätzlich mit einem Zuschlag von 25% zu entschädigen oder im Verhältnis 1:1 zu kompensieren (Art. 321c Obligationenrecht). Der Baukadervertrag sieht in Art. 8.6 eine differenzierte Lösung vor: So dürfen nicht mehr als 25 Stunden pro Monat auf das Überstundenkonto übertragen werden und dieses darf gesamthaft nicht mehr als 100 Stunden betragen. Alles was darüber liegt, muss im Folgemonat zum Grundlohn ausbezahlt werden. Werden aber in einer Woche mehr als 48 Stunden geleistet, sind diese Stunden

(also die Arbeitszeit ab der 48igsten Wochenstunde) im Folgemonat mit einem Zuschlag von 25% auszubezahlen.

Überzeit

Überzeit ist diejenige Arbeitszeit, welche die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 45 bzw. 50 Arbeitsstunden pro Woche übersteigt. Auf dem Bau gilt eine Höchstarbeitszeit von 50 Stunden, im Büro von 45 Stunden (Art. 9 Arbeitsgesetz). Bei einer Höchstarbeitszeit von 50 Stunden ist jede zusätzlich geleistete Arbeitszeit mit einem Zuschlag von 25% auszubezahlen oder – wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer einverstanden sind – im Verhältnis 1:1 zu kompensieren. Bei einer Höchstarbeitszeit von 45 Stunden sind die ersten 60 Überzeitstunden pro Jahr nicht zuschlagspflichtig, sie sind jedoch ebenfalls zu vergüten bzw. zu kompensieren.

Gleitzeit

Bei einem reinen Gleitzeitmodell können die Arbeitnehmer selber bestimmen, wann sie ihre Arbeitszeit leisten können. Weder wird festgelegt, wann der Arbeitstag beginnt, noch, wann er endet oder wann Pausen gemacht werden. Üblicherweise wird bei der Gleitzeit gleichwohl ein bestimmter Rahmen gesetzt, in welchem Zeitraum die Arbeitszeit zu leisten ist (z. B. von Montag bis Freitag zwischen 06.00 und 20.00 Uhr). Beim Gleitzeitmodell gibt es keine Überstunden, da der Arbeitnehmer selber dafür verantwortlich ist, dass der Stundensaldo ausgeglichen ist. Bei hoher Arbeitslast und entsprechender Weisung durch den Arbeitgeber sind aber auch beim Gleitzeitmodell Überstunden möglich. Auch bei Gleitzeit ist die Arbeitszeit zu erfassen.

Blockzeit

Blockzeiten werden üblicherweise beim Gleitzeitmodell eingesetzt. Dabei schreibt der Arbeitgeber gewisse Zeiten vor, an welchen die Arbeitnehmer anwesend sein müssen (z.B. während den Büroöffnungszeiten).

Eine Regelung könnte z. B. so aussehen: Gleitzeit von Montag bis Freitag zwischen 06.00 und 20.00 Uhr, wobei jeweils von 09.00–12.00 Uhr sowie von 14.00–17.00 Uhr Anwesenheitspflicht gilt.

Vertrauensarbeitszeit

Bei der Vertrauensarbeitszeit wird ganz oder teilweise auf die Arbeitszeiterfassung verzichtet. Der Arbeitnehmer entscheidet frei, wann und mit welchem zeitlichen Aufwand er die Aufgaben erledigen will. Ein solches Modell ist gesetzlich jedoch nur bei Arbeitnehmenden erlaubt, welche nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt sind (vgl. Art. 3 und 46 Arbeitsgesetz sowie Art. 73a der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz, etwa bei einem CEO denkbar), da die Erfassung der Arbeitszeit gesetzlich zwingend ist (Art. 73 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz Buchstabe c, d, e und h).

Zusammenfassend:

Tatsächlich scheint es, als wäre es früher einfacher gewesen mit der Arbeitszeit. Hingegen besteht mit den neuen Modellen für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, seine Arbeitszeit flexibler an seinen Alltag anzupassen. Bei beinahe allen Zeitmodellen ist jedoch die Arbeitszeit ordentlich zu erfassen, damit die gesetzlichen Ansprüche aus Überstunden und Überzeit kontrolliert und korrekt abgerechnet werden können. Bestehen Sie deshalb darauf, dass Ihre Arbeitszeiten erfasst werden und Sie monatlich Einblick in die Stundenabrechnung erhalten. In der Praxis zeigt sich leider immer wieder, dass bei fehlender Zeiterfassung eine Durchsetzung von ausstehender Überstunden- und

Überzeitentschädigung sehr schwierig ist –beweispflichtig für die geleistete Arbeitszeit, insbesondere bspw. von Überstunden, sind im Auseinandersetzungsfall nämlich Sie.

MARTIN BASLER,

Rechtsanwalt

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