Baupolitische Leitsätze des Landes Steiermark

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BAUPOLITISCHE LEITSÄTZE DES LANDES STEIERMARK EIN ARGUMENTARIUM ZUM THEMENSCHWERPUNKT FREIRAUM

©Paul Ott

Im Auftrag des Landes Steiermark Abteilung A16 Verkehr und Landeshochbau Fachteam Baukultur



INHALTSÜBERSICHT Einleitung 4 Was ist Freiraum? 5 Funktionen und Ökosystemdienstleistungen des Freiraums

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Vielschichtige Funktionen des Freiraums 7 Baupolitische Leitsätze des Landes Steiermark - Argumentarium zum Freiraum

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Schlussfolgerung 14 Freiraum im Planungsprozess 15

Checkliste für Freiraumprojekte 16 Realisierte Beispiele 17 Glossar 28 Literaturverzeichnis 30 Abbildungsverzeichnis 31

Baupolitische Leitsätze des Landes Steiermark - Argumentarium zum Themenschwerpunkt Freiraum

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EINLEITUNG Aufbauend auf den Baupolitischen Leitsätzen des Landes Steiermark (2009) werden erste Ergänzungen zum Themenschwerpunkt Freiraum formuliert. Ein Argumentarium zum Themenschwerpunkt In diesem Argumentarium wird für die vielen unterschiedlich verwendeten, aber synonym zu verstehenden Begriffe, wie Freiraum, Freianlage, Außenanlage, Außenraum oder Grünraum, nur der Begriff des Freiraumes verwendet. Baukultur als permanenter Prozess entwickelt sich immer weiter. Aktuelle Herausforderungen fordern neue Strategien und Lösungen um Lebensqualität zu schaffen, zu erhalten und zu steigern (vgl. Baupolitische Leitsätze des Landes Steiermark 2009), jedoch zeigt die Erfahrung, dass bisher wesentliche Aspekte nicht ausreichend eingeblendet worden sind. Freiräumen, als Teil der Baukultur, wurde in den letzten Jahren zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Baupolitischen Leitsätze des Landes Steiermark sind daher keinesfalls als Endpunkt anzusehen. Sie werden nun um die Aspekte Freiraum und Außenraum ergänzt. Die vielfältigen Aufgaben, die an Freiräume gestellt werden, können nur dann erfüllt werden, wenn qualitätsvoll gestaltet, umsichtig auf das Umfeld abgestimmt und hochwertig geplant, erhalten und gepflegt wird. Die derzeitige Wahrnehmung und Beachtung von Freiraum in der örtlichen Baupraxis ist zu gering. Dies steht in Kontrast zum Wert und der emotionalen Wertschätzung von Landschaft und Grün durch die Allgemeinheit. In Österreich sind 86% stolz auf die heimische Landschaft (vgl. Umfrage der Österreichische Lotterien 2017). Jedoch ist das Bild der Landschaft verklärt: Landschaft ist „die schöne Natur des Tourismuslandes Österreich“. Doch Landschaft ist alles: die atemberaubende alpine Berglandschaft, aber auch die Autobahnknoten und Gewerbeparks. Eine Auseinandersetzung mit der gesamten menschlich beeinflussten Landschaft ist daher auch Aufgabe der Baukultur.

Ziel ist integratives Denken und Handeln

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WAS IST FREIRAUM? Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe Landschaft und Freiraum oftmals synonym verwendet. Präzise bezeichnet Landschaft einen durch Entwicklung, Struktur, Wirkungsgefüge und Bild gekennzeichneten Gesamtcharakter eines Teilraumes der Erdoberfläche und hat damit einen übergeordneten Stellenwert. Freiraum ist ein allgemeiner Begriff für nicht überbaute Flächen, einschließlich der Verkehrsflächen – insbesondere im Stadtgebiet und Ortsbereich. Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung gestalten einzelne Freiräume und sind dafür verantwortlich, diese in die Landschaft einzugliedern.

Elemente und Eigenschaften des Freiraums (Ein grober Überblick) Die gestalterische Auseinandersetzung mit Freiraum erfolgt grob vereinfacht mit folgenden Elementen : • Vegetation • räumlich: Bäume, Sträucher, Gewässerränder etc. • flächig: Rasen, Wiesen, Beete, Gewässer, Wälder etc. • Oberflächen • Topografie • Möblierung/Ausstattung Zusätzliche raumbildende und prägende Eigenschaften des Freiraums: • Zusammenspiel mit der Architektur • Materialität

RÄUMLICH WIRKENDE VEGETATION

FLÄCHIG WIRKENDE VEGETATION

OBERFLÄCHEN

TOPOGRAFIE

MATERIALITÄT

MÖBLIERUNG

Baumhain als Schattenspender im Wohnumfeld (Bsp. Innenhof in München)

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FUNKTIONEN UND ÖKOSYSTEMDIENSTLEISTUNGEN DES FREIRAUMS Im gebauten Alltag wird Freiraum oder Grünraum häufig als reine Dekoration von Flächen rund um Bauwerke angesehen und dementsprechend behandelt. Der Freiraum hat jedoch vielschichtigere Funktionen und Aufgaben. Im Folgenden werden diese beispielhaft erklärt. Die Darstellung auf der nächsten Seite zeigt eine detailliertere Übersicht. Ökologisch Der Klimawandel und immer häufiger werdende Extremwetterereignisse beeinflussen unsere Umwelt. Gleichzeitig steigt der Grad an versiegelten Oberflächen dramatisch. Das dadurch bedingte Aufheizen von Siedlungsräumen wird auch durch das Schlagwort der „Urban Heat Islands“ beschrieben. Diese Erhitzungseffekte können verringert werden. – Außenanlagen sind stark von Vegetation geprägt und minimieren dadurch die negativen Einflüsse von zu hohem Temperaturanstieg: Bäume spenden Schatten und kühlen die Umgebung, Grünflächen ermöglichen die Versickerung von Regenwasser und Blumenbeete bieten Lebensraum für Kleinlebewesen und tragen zur Verdunstung bei. Sozial und ästhetisch Der gestalterische Wert hat naturgemäß eine hohe Bedeutung in der Wahrnehmung von Schönheit (Stimmung, Atmosphäre und Wohlfühlen). Gleichzeitig ist Freiraum essentiell für die Identitätsstiftung von Orten, Städten und Regionen. Außerdem werden durch einen gestalteten Freiraum Ereignisse und Zusammenhänge, wie beispielsweise Jahreszeiten, Witterungen und Klima für uns Menschen erfahrbar. Ökonomisch Eng mit diesen emotionalen Faktoren verbunden sind auch ökonomische Aspekte. Stichwörter dazu sind Toursimus, Immobilienwert, Regenwassermanagement und Verkehrs- sowie Versorgungsinfrastruktur. All diese wichtigen Funktionen kann der Freiraum aber nur dann für unsere Umwelt leisten, wenn für eine anspruchsvolle Planung, Ausführung und Pflege gesorgt ist. Das übergeordnete Ziel ist daher eine qualitativ hochwertige Auseinandersetzung mit allen gestalteten und öffentlich wahrnehmbaren Freiräumen der Steiermark. Als Maßnahme sollen Kriterien formuliert werden, womit Freiräume und ihre Vegetation beurteilt werden können.

Atmosphäre und Leitung durch Vegetation (Bsp. Straßenraum in Wien Donaustadt)

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VIELSCHICHTIGE FUNKTIONEN DES FREIRAUMS

©3:0 Landschaftsarchitektur

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BAUPOLITISCHE LEITSÄTZE DES LANDES STEIERMARK ARGUMENTARIUM ZUM FREIRAUM Im Folgenden werden aufbauend auf den Baupolitischen Leitsätzen des Landes Steiermark (2009) Ziele und Handlungsmaximen für den Freiraum formuliert. Dabei sind die grauen kursiven Passagen Zitate aus diesen Leitsätzen, die durch in schwarzer Schrift gestaltene Passagen um die Sicht des Freiraums ergänzt werden und gemeinsam zu lesen sind.

BAUKULTURELLES LEITBILD Ziele der Leitsätze Landschaft verbindet uns alle. Die gesamte Baukultur besteht in und als Landschaft. Dieses Bewusstsein muss gefördert und verstärkt werden, um eine gesamtheitliche Sicht zu ermöglichen und Projekte nicht lediglich als Einzelobjekte im Raum zu sehen. Das „Dazwischen“ ist wichtig, denn Freiraum ist öffentlicher Raum und verbindet Bauwerke miteinander. Durch die gezielte Fokussierung auf das Thema „Freiraum“ soll das Bewusstsein für diesen Aspekt Einzelne Projekte sowohl in der Fachwelt als auch in der Bevölkerung gestärkt nebeneinander werden.

Projekte in Verbindung miteinander

Gerade für Freiraum, der zum Zeitpunkt der „Fertigstellung“ noch nicht fertig ist (Pflanzenwachstum!) und dessen Wirkung über die Projektgrenzen hinausreicht, ist eine gesamtheitliche Betrachtung essentiell. Die Formulierung aus den Baupolitischen Leitsätzen gilt daher ganz besonders: „Ziel der „Baupolitischen Leitsätze des Landes Steiermark“ muss es sein, in allen Bereichen von einer kurzfristigen Betrachtung zu einer gesamtheitlichen Sicht und zu vernetztem Handeln zu kommen.“ Grundlage für eine hochwertige Baukultur ist eine funktionierende Landesraumplanung. Raumplanerische Instrumente sind wichtig und dürfen in keiner Gemeinde mehr fehlen. Die örtliche Raumordnung (RO) gehört aktiv gelebt und als Entscheidungshilfe verwendet. Eine übergeordnete, gesamtheitliche Planung ermöglicht qualitative Einzelprojekte, die im Konnex zueinander stehen. Die räumliche Entwicklung steht nicht still und ao ist auch die Raumplanung kein statisches Werkzeug. Viele gesetzliche Regelungen erscheinen nicht mehr adäquat, um zielführend auf die Entwicklungen in den Bundesländern reagieren zu können. Flächenverbrauch und nicht abgestimmte regionale Entwicklungen führen zu wenig nachhaltigen Lösungen. Ein Erfahrungsaustausch und das Lernen von guten Beispielen, vor allem aus Nachbarländern wie Deutschland und der Schweiz, erscheint umso unumgänglicher. Relevant für diese Thematik sind zusätzlich der Dritte Baukulturreport (2017) und die Baukulturellen Leitlinien des Bundes (2017) mit besonderem Fokus auf die Leitlinie 2 „Flächen sparsam und qualitätsvoll entwickeln“.

Ausmaß der Zersiedelung- im Vergleich Österreich und Schweiz Quelle: Plattform Baukultur 2015 Baupolitische Leitsätze des Landes Steiermark - Argumentarium zum Themenschwerpunkt Freiraum

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HANDLUNGSMAXIMEN BEDARF UND STANDORT Der (geplante) Bedarf Freiraum hat wichtige Funktionen, welche die Qualität von Projekten und Orten beeinflussen. Diese Funktionen sind aber oft nicht leicht monetär bewertbar. Die Baupolitischen Leitsätzen geben vor: „In jedem Anlassfall, egal ob Neu-, Zuoder Umbau, ob Sanierung oder auch Anmietung oder Erwerb eines Gebäudes, muss der Bedarf unter Berücksichtigung dieser steiermarkweiten Bedarfsplanung [...] kritisch hinterfragt werden; die verschiedenen Optionen sind in einer Nur Gebäude bewertet Freiraum und Gebäude Kosten-Nutzen-Rechnung gegenüberzustellen.“ Dies trifft bewertet nicht nur auf Gebautes zu, auch die Berücksichtigung des Freiraums und dessen potentielle Veränderung ist in den verschiedenen Optionen zu berücksichtigen und hat in die Bewertung miteinzufließen. Gerade der Verlust von Bäumen und offenen Grünflächen darf nicht nur aus unmittelbarer monetärer Sicht bewertet werden.

Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert die Qualität von integrativen Projekten. Beiträge der Landschaftsplanung (als Ordnungsplanung) und Landschaftsarchitektur (als Objektplanung) helfen, die Vernetzung zwischen einzelnen Projekten zu verbessern. Diese Disziplinen sind daher in jedem Fall in der Entscheidungsfindung dieser Phase zu beteiligen. In den Baupolitischen Leitsätzen wird festgehalten: „Insbesondere raumplanerische, bau- und verkehrstechnische sowie finanzielle Fragen müssen dabei von Expertinnen und Experten beantwortet werden“. Hier sind auch die Landschaftsplanung und -architektur zu ergänzen. Es ist wie bei gutem Essen: Wenn der Tisch nicht entsprechend gedeckt ist, passt etwas nicht, wir nennen das Esskultur. Auch in der Baukultur sind alle Elemente (Fachrichtungen) Bestandteil, und nur gemeinsam kann ein gutes Projekt geplant und geschaffen werden.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit von ExpertInnen

Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Expertinnen und Experten

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Der (passende) Standort Ein Standort kann gut für ein Projekt geeignet sein, doch das geplante Projekt würde wichtige Standortbedingungen verändern. Wenn ein Projekt negative Auswirkungen auf positive Standortfaktoren, wie beispielsweise Frischluftzufuhr, Sichtbeziehungen etc. hat, muss dieser Standort erneut beurteilt werden. Gegebenenfalls sind Ausgleichsmaßnahmen dringend zu empfehlen oder gar zwingend vorzuschreiben und gesetzlich verpflichtend umzusetzen. Wenn keine adäquaten Ausgleichsmaßnahmen möglich sind, wird der Projekt mit negativen Standort wird bewahrt Standort ausgeschlossen. Ausschlussgründe für Standorte Folgen auf Standort werden ermittelt, bewertet und in die Beurteilung des passenden Standorts einbezogen. Dies geschieht in der örtlichen Raumplanung. Die Baupolitischen Leitsätze werden daher um folgende Aspekte bei der Standortwahl ergänzt: – mögliche Ausschlussgründe beachten (Frischluftschneise, Sichtschutz, etc.) – Erreichbarkeit (Zentrumsnähe) – Technische Erschließung (Wasser, Strom, Wärme, Telekommunikation) – Bauplatzeignung (Tragfähigkeit, Geländebeschaffenheit) – Bauplatzgröße (Grundstücksform, Reserveflächen, Bebauungsdichte) – Besonnung, Beschattung, Wind (allgemein Mikroklimatologie) – Objektumfeld (Orts- und Landschaftsbild, kleinregionale Abstimmung des Einzugsgebietes, Nachbarschaft, Lärm- oder Staubemissionen) – Gefahrenpotenzial (z.B. Hochwasser) – Qualität (bzw. das Vorhandensein) der Infrastruktur (Schulen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen, Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, Handel etc.) – Belebter Boden als Klimapuffer

Flächenrecycling bzw. Nachverdichtung / Ortskernverdichtung im Sinne von Freiraumverdichtung Ortskernbelebung und -revitalisierung sind aktuelle Ziele vieler Gemeinden und Regionen, denn gerade im ländlichen Raum kämpfen viele Zentren ums Überleben. Daher muss ein Fokus auf die Belebung dieser Zentren gesetzt werden. Dabei darf nicht nur Nachverdichtung im Sinne von Bebauung stattfinden, sondern verschiedene Optionen müssen angedacht werden. Ein attraktiver Freiraum in zentraler Lage wertet den Ortskern auf, kann ihn beleben und ist identitätsstiftend. Besonders die soziale Funktion ist hier bedeutsam, denn Freiraum ist Treffpunkt, Ort der Kommunikation und Ort des Aufenthalts. Durch unterschiedliche gestalterische Möglichkeiten kann für jedes Zentrum eine passende Lösung gefunden werden. Freiräume Ungenutzte Freifläche im Gestalteter Freiraum im ermöglichen ein hohes Maß an Flexibilität von Funktionen Ortskern Ortskern auch für die Zukunft.

Planungsteam Jedes Projekt befindet sich in einer Landschaft. Eine Auseinandersetzung mit der Integration in die Landschaft und/oder den Freiraum ist daher notwendig. Daher sollten bei jedem Projekt LandschaftsarchitektInnen in die Planungsteams miteinbezogen werden.

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Barrierefreiheit, Generationenfreundlichkeit, Genderaspekt Freiraum ist Verbindungselement und öffentlicher Raum, deshalb wird Freiraum für alle gestaltet und alle haben die Möglichkeit, sich darin zu bewegen und aufzuhalten. Wichtig ist, dass der Freiraum gestalterisch und funktional angepasst und qualitätsvoll in der Baukultur behandelt wird und auch dassTeilbereiche des Freiraums nutzungsoffen und aneigenbar gestaltet sind, um verschiedenen NutzerInnengruppen zur Verfügung zu stehen. Durch Prinzipien der Barrierefreiheit, Generationenfreundlichkeit und Gendergerechtigkeit wird dies gewährleistet. Bereits in den Baukulturellen Leitsätzen ist festgeschrieben: „Als wesentlicher Bestandteil der sozialen Nachhaltigkeit kommen die Vorteile des barrierefreien Bauens allen Nutzerinnen und Nutzern zugute. [...] Barrierefreiheit ist jedoch nicht nur physisch zu sehen. Barrierearme Umwelten sind daher um weitere Kriterien der sozialen Nachhaltigkeit wie Alltagstauglichkeit, [...] Adaptierbarkeit für wechselnde Bedürfnisse sowie um kommunikative Qualitäten der Gebäude und des Freiraumes zu ergänzen.“

Auf unterschiedliche NutzerInnengruppen achten

Flächeneffizienz Eine Reduktion des Flächenverbrauchs ist dringend notwendig. Der Flächenverbrauch in Österreich beträgt aktuell ca. 15 ha pro Tag [laut Umweltbundesamt und Österreichische Hagelversicherung]. Die „rein rechnerische Optimierung der Flächeneffizienz darf aber nicht dazu führen, dass sinnvolle Mehrfachnutzungen oder Flächenangebote, die Mehrwerte schaffen, wegrationalisiert werden“, so steht es in den Baupoltischen Leitsätzen. Gerade im Freiraum sind Mehrfachnutzungen wesentlich, aufgrund der jahreszeitlich unterschiedlichen Nutzungsansprüche (Anpassungsfähigkeit und ökologische Entwicklung). Keine Beschränkung auf eine Flächeneffiziente Lösung Gestalterisch einzelne Nutzung und auch Veränderungen zuzulassen, sinnvolle Lösung ist sinnvoll. Ein planerischer Spielraum in Bezug auf Flächeneffizienz wird gewährleistet, um kreative Lösungen zu ermöglichen.

Freiräume Freiraum hat ökologische, soziale, ökonomische und ästhetische Funktionen, all diese sind relevant. Das Verständnis für Aufgaben eines Freiraums muss steigen um seine Wichtigkeit und zentrale Funktionen zu fördern. Als öffentlicher Raum ist Freiraum ein wichtiger Ort für alle Menschen und nicht nur für eine spezifische NutzerInnengruppe, wie es bei Gebäuden der Fall ist. Der öffentliche Raum kann als demokratischer Raum bezeichnet werden, da er allen Menschen zur Verfügung steht. Die Baupolitischen Leitsätze bemerken: „Durch Beachtung des Wasserregimes, der standortgerechten Bepflanzung, der richtigen Materialverwendung und Detailausarbeitung wird der Pflegeaufwand gering gehalten und die Folgekosten für die Erhaltung reduziert. Die konzeptionelle, sorgfältige Gestaltung des Freiraumes ist auch budgetär von Beginn an mit zu planen, um die Realisierung in der angestrebten Qualität zu ermöglichen.“

Freiraum – ein Ort für alle, jede und jeder kann kommen und gehen

Alternative Verkehrsmittel Eine Reduktion des Individualverkehrs ist im Hinblick auf Nachhaltigkeit sinnvoll. Ein attraktives Alternativangebot wird durch den Ausbau von Fuß- und Radverbindungen geschaffen (für kurze bis mittlere Distanzen). Mittels neuer multifunktionaler Nutzungen (z.B. Begegnungszonen) wird der Umstieg erleichtert und dem Fuß- und Radverkehr mehr Platz gegeben. Eine Integration des Konzepts der kurzen Wege und der sanften Mobilität in allen Projekten ist zu empfehlen.

Alternative Verkehrsmittel

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Die (anspruchsvolle) Gestaltung Wettbewerbe fördern innovative Ergebnisse. Landschaftsarchitektonische und landschaftsplanerische Inhalte sind zentraler Punkt anspruchsvoller Gestaltung–auch hier sind gute Lösungen gefragt. Durch die Integration von Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur in allen Bereichen des Wettbewerbsverlaufs (Auslobung, Teilnahme und Beurteilung) kann dies gefördert und unterstützt werden. Hingewiesen wird auf die Bemerkungen der Baupolitischen Leitsätze: „Wettbewerbe fördern innovative Lösungen und sind effiziente Verfahren zur Optimierung von Qualität und Wirtschaftlichkeit. Durch gut vorbereitete Planungswettbewerbe wird zumeist die beste Lösung für architektonische und baulich-konstruktive Aufgaben erreicht. Sie werden nach einheitlichen und gut nachvollziehbaren Regeln durchgeführt und erlauben es den Auftraggebern und Auftraggeberinnen, in einem klar strukturierten, transparenten Verfahren das optimale Projekt und den geeigneten Auftragnehmer bzw. Auftragnehmerin zu finden.“ In den Baupolitischen Leitsätzen wird außerdem vermerkt: „Aufgrund der langfristigen Auswirkungen des Bauens kommt einer anspruchsvollen Gestaltung des Bauwerks und seines Außenraums besonderes Augenmerk zu.“ In vielen Projekten wird der Freiraum jedoch als Nebensache betrachtet, oft wird sowohl bei der Planung als auch bei der Gestaltung gespart. Das führt bei geringsten Auswirkungen auf die Projektkosten zu sehr hohen Qualitätsverlusten des Gesamtprojekts. Selbst bei preisgekrönten Hochbauten hinkt die Qualität des Freiraums oftmals nach. Um dies zu verhindern muss der Freiraum von Beginn an mitgeplant werden. Nur Kontinuität in der Planung von der Idee bis zur Nutzung (langfristige Pflege) garantiert einen hochwertigen Freiraum.

Beurteilung ohne Freiraum

Ganzheitliche Beurteilung mit Freiraum

UMWELT UND UMSETZUNG Die (zukunftsorientiere) Umwelt Klimawandel und schrumpfende fossile Ressourcen stehen im Widerspruch zum steigenden Energiebedarf unserer Gesellschaft. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist notwendig. Freiraum kann bis zu einem gewissen Grad für die Erzeugung erneuerbarer Energie eingesetzt werden. Um ein unkontrolliertes und ungeplantes Bauen (und die damit verbundenen negativen Auswirkungen) zu vermeiden, sind neue gestalterische Lösungsansätze zu finden. Durch Förderungen und Gesetze in diesem Bereich können Richtlinien zur Gestaltung von Energieanlagen positiv beeinflusst werden.

Integration in Landschaft

Bei der Errichtung dürfen nicht ausschließlich wirtschaftliche Kriterien gelten. Nur im Falle einer gestalterischen Auseinandersetzung kann auch in diesem Bereich eine Baukultur entstehen, die ein hochwertiger Teil unserer Umgebung ist und die Akzeptanz dieser Anlagen steigert. Erneuerbare Energieformen sind in unsere Landschaft qualitätsvoll zu integrieren, da sie, in Abhängigkeit von der Größe, Form und Gestalt auf das Landschaftsbild einwirken. Aber eine vorausschauende Standortwahl kann Beeinträchtigungen der Erholungsfunktion, der Wohn- und Wohnumfeldfunktion verhindern bzw. einschränken. Ebenso soll eine technische Integration in Stadtund Ortsgebiete Überprägung naherholungswirksamer Bereiche in örtlichen Strukturen vermieden werden. Weiteres dazu kann im Photovoltaik Freiflächenanlagen-Leitfaden für Raumplanungsverfahren des Landes Steiermark (2011) nachgelesen werden (vgl. Land Steiermark 2011). Auch das Mikroklima und der Windkomfort für Menschen hängen sehr stark von begrünten Freiräumen ab, die unmittelbaren Einfluss auf die Nutzbarkeit und die Aufenthaltsqualität besiedelter Räume haben. Hierbei stellen Bäume mit mittelgroßer oder großer Krone einen wichtigen Beitrag dar, sie reduzieren die Kraft des Windes und spenden Schatten.

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Wirtschaftlichkeit / Lebenszyklus- und Lebensabschnittskosten Freiraum muss regelmäßig gepflegt werden um seine Funktionen zu erhalten. Damit eine möglichst lange Lebensdauer gesichert werden kann, sind Management und Pflegemaßnahmen sicherzustellen, sowie deren Finanzierung. „Unter Lebenszykluskosten versteht man die Summe aller Kosten, die ein Bauwerk im Laufe seines Lebenszyklus verursacht. Sie beinhalten Projektentwicklungskosten, Anschaffungskosten sowie Folgekosten, die von der Inbetriebnahme bis zu den Rückbau- und Entsorgungskosten reichen.“ Die Baupolitischen Leitsätzen fokussieren aktuell die Lebensdauer von Gebäuden. Diese Aussage hat jedoch auch Gültigkeit für den Freiraum. In Bezug auf Freiraum ist darauf hinzuweisen, dass dieser zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht fertig ist. Da Vegetation sich über Jahre entwickelt, trägt die laufende Pflege wesentlich zur nachhaltigen Entwicklung des Freiraums bei. 2017 2037 Pflegehandbücher helfen bei der Entwicklung und dem dauerhaften Erhalt des Freiraums (Schwerpunkt Vegetation und Regenwasserversickerung). Besonders Vegetation als lebendes Material benötigt sorgfältigen Umgang. Ein professioneller Umgang bei Planung und Ausführung der Pflege ist notwendig und die ÖNORM L1120 (2016) Grünflächenpflege ist zu beachten. Die Baupolitischen Leitsätze schreiben: „Niedrige Lebensabschnittskosten erfordern auch eine ordentliche Wartung und Instandhaltung.“ Ebenso wie für Gebäude gilt dies insbesondere auch für den Freiraum.

Die (ökologische) Umsetzung Vegetation ist lebendig und braucht Zeit sich zu entwickeln. Daher ist es notwendig, verantwortungsvoll damit umzugehen. Bestandsbäume sind oft Jahrzehnte gewachsen und können nicht augenblicklich ersetzt werden. Die Qualität von Neupflanzungen und deren Pflege ist entscheidend, um in späteren Jahren vitale Pflanzen zu erhalten. Neupflanzungen sind entsprechend der Klimaregion auszuwählen (Standortgerechtigkeit) und es dürfen keine invasiven Arten (besonders keine Neophyten) eingesetzt werden. Potentielle Gefahren können durch fachgerechte Planung und Pflege vermieden werden. „Als ökologisch optimierte Bauprodukte werden jene bezeichnet, die über den gesamten Lebenszyklus von der Herstellung über das Recycling bis zur Entsorgung überprüft und zu den besten in ihrer Produktkategorie gehören. Dabei sind künftig Kriterien wie Ressourceneffizienz, Emissionsarmut, Kreislauffähigkeit und Primärenergieinhalt zu berücksichtigen.“, beschreiben die Baupolitischen Leitsätze. Auch Vegetation hat der besten Produktkategorie und Qualität zu entsprechen. Zu kleiner Wurzelraum – Kippgefahr

Großer Wurzelraum – gute Stabilität

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NUTZUNG Die (verantwortungsvolle) Nutzung Veränderung ist grundlegend für den Freiraum, da zumeist lebende Pflanzen zum Einsatz kommen. Innerhalb eines Jahres verändern sich Nutzungsansprüche und Vegetation. Diese Veränderbarkeit muss in der Gestaltung zugelassen werden. Gleichzeitig muss eine fachgerechte, laufende Pflege des Freiraums sichergestellt sein, um bestehende Nutzungen und Vegetation zu erhalten. Pflegemaßnahmen und Kontrollgänge sind mithilfe von Pflegehandbüchern und Pflegeplänen besonders gut zu optimieren. Die in den Baupolitischen Leitsätzen beschriebenen Ansprüche an die Nutzung des Gebauten gelten auch für den Freiraum: „Die Betriebs-, Erhaltungs- und Wartungskosten erstrecken sich über den gesamten Lebenszyklus der Immobilie – es gilt daher, diese „Folgekosten“ bereits in der Konzeption zu optimieren. Dafür ist es notwendig, ein Nutzungsanforderungsprofil zu erstellen und alle Funktionen ausreichend zu dokumentieren (Technische Gebäudedokumentation, Gebäudehandbuch, kurz gefasste „Gebrauchsanleitung“ für die Nutzerinnen und Nutzer auf einer A4-Seite).“

Nutzerinnen und Nutzer unterschiedlichen Alters (Bsp. Schöpfwerkpark)

SCHLUSSFOLGERUNG Durch das Bewusstmachen der großen Bedeutung von Freiraum soll die Aufmerksamkeit in der Planung und Beurteilung geschärft werden. Wenn Bewusstsein und Verständnis für Freiraum wachsen und er als integraler Bestandteil von Baukultur gesehen wird, werden Wert und Qualität zukünftiger Projekte steigen und sich damit positive Auswirkungen für Menschen und Umgebung ergeben. Denn nichts schafft mit so geringem finanziellen Aufwand so viele positive Effekte für die Nutzerinnen und Nutzer. Nur darauf sensibilitierte Menschen wissen damit umzugehen und ihre Expertise ist für jedes Projekt einzuholen.

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FREIRAUM IM PLANUNGS-, BAU- UND ERHALTUNGSPROZESS Im bisherigen Ablauf von vielen Projekten wurde der Freiraum oft nebenbei, verspätet oder gar nicht geplant. Dadurch entstanden häufig Restflächen ohne Qualitäten oder nicht zufriedenstellend funktionierende Flächen. Als Unterstützung für die Umsetzung von hochwertigem Freiraum sollen die ergänzten Baupolitischen Leitsätze helfen. Der Freiraum wird als integraler Bestandteil von Projekt- und Planungsbeginn bis nach Abschluss des Projekts und Übergabe in die Betriebsphase (Pflege) mitgeplant und mitgestaltet.

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CHECKLISTE FÜR FREIRAUMPROJEKTE Um eine möglichst allgemeine und einfach handhabbare Überprüfung für Freiraum zur Verfügung zu stellen, wird im Rahmen des Argumentariums der Baupolitischen Leitsätze des Landes Steiermark eine Checkliste für Freiräume im Planungsprozess erstellt, mit deren Hilfe das Land, die Gemeinden, die FörderwerberInnen und alle Interessierten Projekte in Bezug auf den Freiraum rasch und überblicksmäßig beurteilen können.

Zu berücksichtigen sind: Werden die BewohnerInnen und NutzerInnen des Ortes in die Planung miteinbezogen? Gibt es Bestandsvegetation und hat diese die Möglichkeit, sich zu entwickeln oder in das Projekt integriert zu werden? (Alterungsfähigkeit) Sind Kosten für den Freiraum (Planung, Ausführung, Pflege etc.) schon zu Beginn des Projekts festgelegt und unabhängig von anderen Kosten (Hochbau, Verkehr)? Ist die Pflege für den Freiraum geklärt und für die nächsten Jahren gesichert? Wie können versiegelte Flächen auf ein notwendiges Minimum reduziert werden? Entsprechen Qualität der Neupflanzungen und Pflege des Freiraums den Richtlinien und Normen? (z.B.: ÖNORM L1110 Pflanzen Güteanforderung, ÖNORM L1120 Grünflächenpflege, ÖNORM L1121 Schutz von Gehölzen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen, FLL -Richtlinie Gütebestimmungen für Baumschulpflanzen) Wird das Projekt inhaltlich und planerisch von Beginn des Bauvorhabens (Idee zur Umgestaltung, Neuplanung etc.) bis nach Fertigstellung (kontinuierliche Pflege) begleitet? Trägt das Projekt zur Identitätsstiftung im Gebiet bei? Wird für alle NutzerInnengruppen der entsprechende Freiraum geplant? (Gendergerechtigkeit, Generationengerechtigkeit, Barrierefreiheit) Wird Bezug auf die Umgebung und Strukturen im Nahumfeld des Projekts genommen? Wird auf die Geschichte/den Charakter des Planungsortes eingegangen? (Materialwahl, Pflanzwahl, Beleuchtung etc.) Kann der Freiraum auf neue, zukünftige Interessen/Nutzungen/Aufgaben/Situationen reagieren? (Zukunftsfähigkeit, Alterungsfähigkeit) Wettbewerbe: Sind bei Auslobung und Beurteilung (Jury) LandschaftsplanerInnen/ LandschaftsarchitektInnen beteiligt? Sind laut Wettbewerbsausschreibung LandschaftsplanerInnen/ LandschaftsarchitektInnen verpflichtend beizuziehen?

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REALISIERTE BEISPIELE mit Fokus auf den Freiraum

Im Folgenden werden verschiedene Freiraumtypen anhand von Projekten aus der Praxis präsentiert. Die ausgewählten positiven und negativen Beispiele befinden sich in der Steiermark und auch in ganz Österreich, wobei der Fokus der Betrachtung auf den Außenräumen liegt. Ziel ist die Vermittlung guter Planungsprozesse und -lösungen. Gleichzeitig soll auf Fehler und Mängel, die bei Vernachlässigung des Außenraums auftreten, aufmerksam gemacht werden.

Freiraumtypen öffentlich wirksamer Freiräume: A W G Ö S ÖP PS

Ausbildungsstätten: Kindergärten, Schulen, Universitäten Wohnbauten: Freiräume im Zusammenhang mit Wohnhausanlagen Gewerbebauten: Freiräume und Parkplätze von Industrie und Gewerbe Öffentliche Gebäude: Freiräume öffentlicher Bauten, z.B.: Kirchen, Museen, Spitäler, Friedhöfe, ... Sport- und Spielplätze öffentliche Parkanlagen Plätze und (innerörtliche) Straßen

Ü PR

Überörtliche Infrastruktur: Autobahn, Schnellstraßen, Landstraßen, Bahntrassen Private Freiräume

}

mit öffentlicher Wirksamkeit


QUARTIER LEECH

W WOHNFREIRAUM

Realisierungswettbewerb 2011 Landschaftsarchitektur: Ulrike Hoier (aus dem Büro BRAMBERGER architects) Bauherr: Katholische Hochschulgemeinde Graz

Planung: BRAMBERGER architects Ort: Leechgasse 22, Graz

„Zentrale Gestaltungsidee ist die verbindende Gartengestaltung zwischen Haus L22 und L24. Diese verbindende Geste wird durch eine Vordachkonstruktion über die gesamte Grundstücksbreite der Leechgasse unterstützt. In diesem Bereich wird das Eingangsbauwerk L24 abgetragen und durch eine barrierefreie Rampenerschließung ersetzt, die die Funktionalität in einen gelungenen architektonischen Gestus übersetzt. Diese barrierefreie Erschließung setzt sich in den Häusern L 22 und L24 fort. Beide Erdgeschosszonen L22 und L24 werden öffentlich bespielt und erfüllen somit die Agora mit Leben.“ - Auszug Jurytext 2011 Die Verbindung der Gebäudestrukturen erfolgt über den Freiraum. Durch die geschwungene Einfassung der Pflanzbeete entsteht einerseits ein Sitzelement, welches den Zwischenraum strukturiert und andererseits entstehen kleine Bereiche, die von den unterschiedlichen NutzerInnengruppen in Anspruch genommen werden können. Das Bepflanzungskonzept der Staudenbeete ist auf den jahreszeitlichen Verlauf abgestimmt. Die vorhandenen Bestandsbäume wurden erhalten und durch Neupflanzungen ergänzt. Die Oberflächen sind versickerungsfähig und alle Zugänge zu den Gebäuden barrierefrei mittels Rampen erreichbar.

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STADTGARTEN (INATURA)

ÖP ÖFFENTLICHE PARKANLAGE

Projekt 2003 Landschaftsarchitektur: Krebs und Herde Landschaftsarchitektur Bauherr: Stadt Dornbirn

Architektur: Dietrich Untertrifaller Architekten Ort: Jahngasse 9, Dornbirn

„Ausgehend von der Geometrie der Wasserkraft und der industriellen Vergangenheit wurde die innerstädtische Brachfläche in einen Stadtgarten transformiert. Der Verlauf des unterirdischen Kanals bestimmt die Ausrichtung des Parks und wird sinnlich und visuell erlebbar gemacht mittels Wasserrad, Kanalfenster und Echorohren. Kopfweiden begleiten seinen Lauf und markieren ihn räumlich. Nach dem Kanal richten sich aber auch der Verlauf von Baumreihen, Wegen, Linien und die felderartige Organisation der Parkräume“.- Auszug Beschreibung next.land von Krebs und Herde Landschaftsarchitektur Der Freiraum nimmt Bezug auf die Geschichte des Ortes und überträgt die industriellen Strukturen in einen Stadtgarten. Baumreihen, Wege und Wasserbecken folgen der ehemaligen Struktur und schaffen neue Orte. Der bestehende Hochbau wird durch den Freiraum mit dem Neuen verbunden. Die offene Gestaltung ermöglicht NutzerInnen den Ort frei zu entdecken und zu durchwandern. Schattenspendende Bäume finden sich in allen Teilen des Freiraums und laden zum Verweilen ein. Die Pflanzwahl wurde unter Abstimmung auf den Standort getroffen und ein großer Anteil der Oberflächen ist versickerungsfähig.

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BETREUUNGS- & GESUNDHEITSZENTRUM SCHÜTZENGARTEN

Projekt 2011 Landschaftsarchitektur: Barbara Bacher Bauherr: Gemeinde Lustenau

Ö SPITAL

Architektur: Christian Lenz Ort: Schützengartenstraße 8, Lustenau

„Die inselartige Auflösung der Grünflächen folgt Gehlinien, die besonders auf die Bedürfnisse der Demenzkranken abgestimmt sind. Als Kontrast zur weichen Grundrissgestaltung wurden lineare Pflanzenbänder und architektonische Einbauelemente eingefügt. Die Bepflanzung der Flächen erzeugt unterschiedliche Charaktere und bietet so jahreszeitliche Abwechslung. Beleuchtungslinien folgen wie Bänder den Inseln und zaubern so nachts und im Winter ein bildhaftes Licht im Hof.“ - Auszug Beschreibung next.land von Barbara Bacher Der Freiraum des Betreuungs- und Gesundheitszentrums Schützengarten hat eine klare Formensprache, die der Orientierung und Leitung der PatientInnen hilft. Als Übergang zum Gebäude gibt es eine großzügige Rampe mit Holzverkleidung, die mit der wechselnden Stauden- und Gräserbepflanzung in Verbindung steht. Ein Café befindet sich im Nahbereich des Gebäudes und im tieferliegenden Freiraum. Angepasst an die Lebensumstände der NutzerInnen sind Handläufe um die üppiger bepflanzten Flächen angebracht. Durch die helle Oberflächengestaltung ist die Erhitzung des Freiraums geringer, jedoch gibt es nur einen schattenspendenden Baum. Durch eine Lichtinstallation wird der Freiraum auch abends und nachts bespielt und kann von den Zimmern der PatientInnen aus beobachtet werden.

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WEINGUT GOEDMAKERS

PR PRIVAT

Projekt 2011 Landschaftsarchitektur: Monsberger Gartenarchitektur Architektur: Bernd Masser Bauherr: Privat Ort: Sernau 29, Gamlitz „Das Weingut Goedmakers liegt in der Südsteiermark. Das Gelände um das Weingut wird geprägt von typischen Landschaftsformen der Südsteiermark. Unsere Aufgabe war es den Landschaftsraum um das Weingut aufzunehmen und zu bewerten und eine Freiraumkonzept für das gesamte Gelände (35 ha) zu erstellen. In der 1. Bauphase wurde der unmittelbare Freiraum um den neuen Gebäudekomplex realisiert.“ - Auszug Beschreibung next.land Die schwierige Lage im Hang wird gut durch den Freiraum des Weinguts aufgenommen. Die Mauern verbinden zwei Niveaus und sind gleichzeitig Hochbeete eines Kräutergartens. Durch die extensive Dachbegrünung wird der Blick in die umgebende Landschaft geführt. Im Innenhof verbindet ein Laubengang Gebäude und Freiraum. Dieser Übergang von innen nach außen schafft einen Rückzugsort. Zusätzlich wird der Hof durch den bepflanzten Laubengang beschattet. Versiegelte Flächen sind reduziert und die Bepflanzung wurde an den Standort angepasst.

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ROTER TEPPICH

PS HAUPTPLATZ

Projekt 2011 Planung: nonconform Bauherr: Marktgemeinde Zeillern Ort: Dorfplatz, Zeillern „Die vor ort ideenwerkstatt ist ein sehr wirksames und stimulierendes Planungsinstrument für solche konkreten Dorfentwicklungsaufgaben wie in Zeillern. Es gelingt, in sehr kurzer Zeit eine große Begeisterung für eine gemeinsame Zukunft zu erzeugen und gleichzeitig mit konkreten und sofort umsetzbaren Projektvorschlägen zu punkten.“ - Christian Mitterlehner, Berater für Zeillern von der Niederösterreichischen Dorferneuerung Partizipation war ein wesentlicher Teil des „roten Teppichs“ in Zeillern. BürgerInnen hatten die Möglichkeit, sich aktiv in die Gestaltung des neuen Ortsplatzes einzubringen. Ideen, Meinungen und Anregungen wurden gesammelt und in die Planung einbezogen. Dadurch konnte eine Lösung gefunden werden, mit der die BürgerInnen sich identifizieren können. In der Planung wurde über die konkreten Projektgrenzen hinausgedacht und auch zukünftige Weiterentwicklungen berücksichtigt. Durch die Verbindung mit anderen Ortsbereichen ist eine erfolgreiche Ortskernbelebung sichergestellt. Das Projekt ist kein Einzelobjekt im Raum, sondern fügt sich in die Gemeinde ein. In der Umsetzung wurde mit regionalen Firmen zusammengearbeitet. So konnte beispielweise die Farbe des Belags auf das Kirchdach abgestimmt werden. Auch die mobilen Möbel wurden von lokalen Designern und Tischlern entwickelt.

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HAUPTPLATZ STAINZ

PS HAUPTPLATZ

Realisierungswettbewerb 2016 (Ausführung erster Teil bis Dez. 2017) Landschaftsarchitektur: 3:0 Landschaftsarchitektur Bauherr: Marktgemeinde Stainz

Verkehrsplanung: DI Harald Frey Ort: Hauptplatz, Stainz

Positiv wurde im Projekt 3:0 gesehen, dass das der ersten Phase entwickelte durchgängige System der Längsparker aufrecht erhalten wurde. Es verbreitert den nutzbaren Raum in den Randbereichen zu den Gebäuden und ermöglicht eine gleichwertige Nutzung sowohl der Nord- als auch der Südzeile. Der Entwurf von 3:0 eröffnet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, er macht den Raum für zwei weitere Veranstaltungszonen auf und schafft gemeinsam mit dem Rathausplatz somit insgesamt 3 Bereiche für Veranstaltungen unterschiedlicher Größenordnung. Die Bepflanzung des Platzes ist schlüssig, die Erhaltung der Ulme, einer schon sehr seltenen Baumart, wird als positiv angesehen. Insbesondere die runden Staudenbeete, die einen wunderbaren Kontrast zur gepflasterten Oberfläche bilden, erzeugen trotz hohem Versiegelungsgrad ein „grünes Bild“ des Platzes. - Auszug Jurytext 2016 Die Hauptplatzgestaltung in Stainz wurde schon im Vorfeld der Planung durch ein BürgerInnenbeteiligungsverfahren mitbestimmt. So konnte eine Gestaltung in Abstimmung auf die Wünsche der Bevölkerung entwickelt werden. Auch die lokale Wirtschaft ist in das Projekt einbezogen. Der Ortscharakter wurde in der Materialwahl berücksichtigt und bringt die vorhandenen Gebäudestrukturen zur Geltung. Die Ortskernbelebung stellt die Nutzungen in den Mittelpunkt und schafft neue Qualität im Zentrum von Stainz.

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WEITERE PROJEKTE

Bike City - rajek barosch - Wien - W

Sternbrauerei - Karin Standler - Salzburg - W

Univ. für Chemie/Pharmazie & Theoretische Medizin Monsberger Gartenarchitektur - Innsbruck - A

Parkplatz - Karl Grimm Landschaftsarchitekten - Naturnahe Oberflächenentwässerung durch versieglungsfreie Bauweise Schloss Dyck - Jüchen, D - G

Maria Saal Hauptplatz - nonconform - Maria Saal - PS

Haus Tosters - Gruber+Haumer - Feldkirch - W

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PROJEKTDETAILS Freiraumtyp

W ÖP Ö

Name

Adresse

Ansprechpartner/Planungsbüro

Bramberger architects

Quartier Leech

Leechgasse 22, Graz

Graz

Stadtgarten

Jahngasse 9, Dornbirn

Krebs und Herde Landschaftsarchitekten

Betreuungs- & Gesundheitszentrum Schützengarten

www.bramberger-architects.at

www.krebsundherde.ch Winterthur

Schützengartenstraße 8, Lustenau

Fotorechte

Barbara Bacher

www.barbarabacher.at

©Helmut Tezak ©Christian Schwager ©Krebs und Herde

©Bruno Klomfar

Linz

PR

Weingut Goedmakers

Sernau 29, Gamlitz

Monsberger Gartenarchitektur www.gartenarchitektin.at Gleisdorf

PS

Roter Teppich

Dorfplatz, Zeillern

nonconform

www.nonconform.at

©Monsberger Gartenarchitektur ©Kurt Hörbst

Wien

PS W

Hauptplatz Stainz

Bike City

Hauptplatz, Stainz

Vorgartenstraße 130-132, Wien

3:0 Landschaftsarchitektur www.3zu0.com

©3:0 Landschafts

Wien

architektur

rajek barosch

www.rajek-barosch.at Wien

W

Sternbrauerei

Rainbergstraße, Salzburg

Karin Standler www.standler.at Wien

A

Univ. für Chemie/Pharmazie & Theoretische Medizin

Innrain 52, Innsbruck

G

Parkplatz

Schloss Dyck, Jüchen (D)

W

©Karin Standler

Monsberger Gartenarchitektur www.gartenarchitektin.at Gleisdorf

Karl Grimm Landschaftsarchitekten www.grimm.lojnik.net Wien

PS

©Karin Bechtold

© Angelo Kaunat

©Karl Grimm Landschaftsarchitekten

nonconform

Maria Saal Hauptplatz

Hauptplatz, Maria Saal

Wien

Haus Tosters

Langäckerweg 2, Feldkirch

Gruber+ Haumer Landschaftsarchitektur

www.nonconform.at

www.landschaftsarchitektur-gh.at

©Paul Ott

©Elisabeth Gruber

Bürs

Legende A Ausbildungsstätten W Wohnbauten G Gewerbebauten Ö Öffentliche Gebäude S Sport- und Spielplätze ÖP öffentliche Parkanlagen PS Plätze und (innerörtliche) Straßen Ü PR

Überörtliche Infrastruktur Private Freiräume

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SIEDLUNGSGRENZEN

G GEWERBEGEBIET

undefinierte Siedlungsgrenze

auslaufende Streusiedlungen in Graz-Umgebung

Ausfransen der Siedlungen in die Landschaft

Siedlungsgebiete/Ortsränder Ort: Graz, Steiermark Zersiedlung Die Siedlungsausdehnung des Zentralraums führt zur Suburbanisierung und Entstehung von flächenintensiven Bebauungsformen. Durch den Zuzug und Trend zu kleinen Haushalten wird die Siedlungsdichte vermindert. Dies führt zu großem Flächenverbrauch. Einstige Ortszentren werden aufgelockert und Funktionen verlagern sich vermehrt an die Ortsränder, wodurch landschaftlich genutzte Flächen und Naturräume großem Nutzungsdruck unterliegen und an Nutzbarkeit sowie Durchgängigkeit verlieren. Die Fußläufigkeit und gute Erreichbarkeit ist nicht mehr gegeben und das Auto gewinnt an Wichtigkeit. Ein alltägliches Leben ohne Kraftfahrzeug wird nicht mehr vorstellbar.

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SIEDLUNGSGRENZEN

G GEWERBEGEBIET

scharfe Kanten der Siedlungen

kompakte Siedlung in Bayern

klare Grenzen zwischen Landschaft und Siedlung

Siedlungsgebiete/Ortsränder Ort: München, Bayern Flächensparendes Bauen und Begrenzung der Versiegelung Anders als in Österreich, wo die Örtliche Raumordnung Planungsaufgabe der Gemeinde ist, bedürfen in Bayern Flächennutzungspläne der Genehmigung durch eine höhere Verwaltungsbehörde, i.d.R. Landratsämter, bevor sie in Kraft gesetzt werden können (vgl. STMI 2018). Dies verhindere, dass individuelle Interessen zu stark durchkommen und Einzelbewilligungen erteilt werden, meinte der Leiter der Stabstelle für Raumforschung und grenzüberschreitende Rauplanung Franz Dollinger in einem Interview mit der Tageszeitung Der Standard (vgl. Der Standard 2012). Das Ziel der Bayerischen Staatsregierung ist es, den Flächenverbrauch sowohl deutlich als auch dauerhaft zu senken. Anzustreben ist eine Flächenkreislaufwirtschaft (=System von Planung, Nutzung, Brachliegen und Wiedereinbringung durch dauerhafte Nutzung oder zeitlich befristete Zwischennutzung von Flächen) ohne weiteren Neuverbrauch von Flächen. Um Flächen bestmöglich zu nutzen, werden Siedlungen und Gewerbegebiete verstärkt flächensparend geplant. Die Kommunen werden dabei mit verschiedenen Maßnahmen unterstüzt und das Bewusstsein für das Flächensparen in der Öffentlichkeit erweitert (vgl. StMUV o.J.).

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GEWERBEPARK

G GEWERBEGEBIET

Gewerbegebiet in Liezen

Êin Mode-Outlet als Beispiel für große Gewerbekomplexe am Stadtrand

Gewerbegebiet in Liezen

Gewerbegebiet Ort: Steiermark (Neumarkt, Hartl, Liezen) Auslagerung der Gewerbenutzung an den Stadtrand: Folgen sind Ausfransen der Siedlungsgrenzen und Umnutzung der landwirtschaftlichen Flächen Siedlungsgrenzen vieler Orte entwickeln sich immer mehr zu reinen Gewerbegebieten. Ortseinfahrten sind von Werbung und riesigen Gewerbeparks geprägt. Probleme der Zersiedlung und aussterbender Ortszentren werden immer massiver. Die unkontrollierte Versiegelung großer Flächen beeinflusst Ökologie und Ästhetik der Landschaft. Ökonomische und soziale Probleme werden vor allem in den Zentren der Gemeinden und Orte ersichtlich, da Gebäude von Leerstand betroffen sind, unbelebte Erdgeschoßzonen den Straßenraum prägen und bestehende Ortskernstrukturen verloren gehen. In vielen steiermärkischen Gemeinden ist diese problematische Entwicklung bereits sichtbar, z.B. in Neumarkt, Hartl und Liezen oder im Raabtal. Der wahrnehmbare Übergang zwischen Ort und NichtOrt, Siedlung und Landschaft wird vollkommen aufgelöst.

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GEWERBEPARK

G GEWERBEGEBIET

lebendiges Zentrum mitten im Ortszentrum mit wirtschaftlichen und kulturellen Nutzungen

Gewerbegebiet Ort: Haslach an der Mühl, Oberösterreich Revitalisierung von Ortskernen durch Sanierung von Leerständen alternative Ansätze in der Raumordnung und ein bewussterer Umgang mit Ortsrändern und Ortszentren Die Anzahl brach liegender Industrieflächen und Gewerbegebiete steigt weiter. Durch eine Revitalisierung des Bestands könnte ein Anteil des Bedarfs gedeckt und weitere Zersiedelung nach außen verhindert werden. In Haslach im Mühlkreis wurde der Vonwiller-Textilbetrieb nach seiner Insolvenz von der Gemeinde aufgekauft. Im Zuge der Ortskernbelebung wurden unter anderem die Fabrik revitalisiert und Konzepte für Neunutzungen entwickelt. Die Vonwiller-Fabrik beherbergt heute wirtschaftliche und kulturelle Nutzungen, u.a. ein Technologie- und Dienstleistungszentrum, eine Textil-Manufaktur und das Textile Zentrum Haslach (vgl. KOMMUNAL 07-08/2014). Die Revitalisierung und Umnutzung bereits bestehender Bausubstanz steuert nicht nur dem rasanten Bodenverbrauch entgegen, sondern belebt auch das Zentrum.

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GLOSSAR FLL-Richtlinie: Die FLL-Regelwerke der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (Deutschland) sind praxisorientierte Bestimmungen, welche Richtlinien, Empfehlungen, Gütebestimmungen, Lieferbedingungen und Prüfbestimmungen im Bereich des Landschaftsbaus und Pfanzen beinhalten. Sie werden in Österreich, Deutschland und in der Schweiz angewandt und sind oft mit den nationalen Richtlinien verbunden.

Freiraum: Allgemeiner Begriff für nicht überbaute Fläche einschließlich der Verkehrsflächen insbesonders im Stadtgebiet und Ortsbereich. Der Begriff „Freifläche“ wird auch im Zusammenhang mit Flächenfestlegungen in den Planungsinstrumenten der Örtlichen Raumplanung verwendet (z.B. NÖ Bauverordnung 1996 idgF § 69 Abs. 2 Zif. 7; Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 idgF § 19 Zif. 12). Die Bezeichnung „Freiraum“ gibt jedoch insbesonders im bebauten Raum Erlebbarkeit, Nutzungsmöglichkeit sowie stadtgestalterische Wirksamkeit – d.h. die städtebauliche Funktionalität – besser wieder als der Begriff „Freifläche“. - ÖNORM L1100

PARKANLAGE

STRASSE

HAUPTPLATZ

PKW-STELLPLATZ

GARTEN

HALTESTELLE

Invasive Arten: Als invasive Arten gelten jene Pflanzen, die sich stark vermehren und dadurch Einfluss auf das Ökosystem nehmen. Durch ihre Eigenschaften verdrängen sie nicht nur andere Pflanzen, sondern zerstören das bisherige Gleichgewicht im Ökosystem und führen zu großflächigen Problemen im europäischen Raum. Besonders negativ wirken sich Neophyten, wie Staudenknöterich, indisches Springkraut oder Sommerflieder, aus.

Klimaregion: Unter Klimaregionen werden Gebiete verstanden, die ähnliche klimatische Verhältnisse aufweisen. Ausschlaggebend sind Temperatur, Niederschlag und Wind. Klimaregionen der Steiermark sind z.B. Mariazeller Becken, Westliche Grazer Bucht, Oberes Mürztal, Ennstaler Alpen, Ausseer Becken oder die Terrassenlandschaft im Raum Fürstenfeld (siehe dazu auch das WEB-GIS Portal GIS-Steiermark).

Landschaft: Der durch Entwicklung, Struktur, Wirkungsgefüge und Bild gekennzeichnete Gesamtcharakter eines Teilraumes der Erdoberfläche. Die in der Landschaft wirkenden und sie prägenden Einflüsse – als Landschaftselemente oder Landschaftsfaktoren bezeichnet – sind Gestein, Relief, Boden, Klima, Wasser, Luft, Pflanzen, Tiere (=Naturgüter) sowie menschliche Einflüsse. - ÖNORM L1100

Landschaftsarchitektur: Planung und Überwachung der Herstellung der künstlerischen Gestaltung und funktionalen Umgestaltung von Landschaftsabschnitten, landschaftsbezogenen Erholungseinrichtungen und Sport-, Spiel- und Freizeitanlagen, Parks und Gärten sowie allgemein von öffentlichen und privaten Freiräumen und Grünanlagen. - ÖNORM L1100

Landschaftsplanung: Formulierung aller Ziele und Darstellung aller Maßnahmen und Wege unter funktionalen und ökologischen Gesichtspunkten zum Schutz, zur Gestaltung sowie zur Pflege und Entwicklung der besiedelten und unbesiedelten Landschaft. Der Landschaftsbegriff ist dabei nicht nur physisch sondern auch sozialräumlich definiert. - ÖNORM L1100

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Landschaftsbau (kurz GaLaBau für Garten- und Landschaftsbau): Der Landschaftsbau umfasst vegetationstechnische Maßnahmen der Landschaftsgestaltung, Landschaftspflege und Landschaftssicherung wie Ansaat, Pflanzung, Sicherungs- und Pflegemaßnahmen sowie bautechnische und ingenieurbiologische Maßnahmen unter Verwendung lebender und toter Baustoffe. Diese Baumaßnahmen werden angewendet zur Gestaltung privater und öffentlicher Grünflächen, zur Gestaltung der freien Landschaft, zur Begrünung und Befestigung des Geländes, insbesonders nach erdbaulichen Maßnahmen und zur Sicherung von Gewässerufern. ÖNROM L 1100 Grünraum: Grünraum ist die räumliche Ausdehnung des Grüns im Siedlungsbereich und in der Landschaft. ÖNORM L 1100 Ökosystemdienstleistungen: Ökosystemdienstleistungen bezeichnen jene Vorteile, die der Mensch aus Ökosystemen erfährt, beispielsweise Staubfilterung und Kühlung der Luft durch Bäume. ÖNORM/ L-Normen: ÖNORMEN sind vom Austrian Standard International veröffentlichte nationale Normen, es handelt sich dabei um freiwillige Standards. L-Normen sind technische Richtlinien, die unter anderem Themen des Garten- und Landschaftsbaus behandeln, z.B.: ÖNORM L 1122 Baumkontrolle und Baumpflege. Pflegehandbuch: Das Pflegehandbuch vermittelt das entsprechende Pflegeziel und die notwendigen Pflegekonzepte für Bäume und die entsprechenden Vegetationsflächen. Laut ÖNORM L 1120 Grünflächenpflege wird das Pflegeziel (Sollzustand) und die daraus abgeleiteten Einzelmaßahmen im Pflegekonzept fallbezogen festgelegt und im Pflegehandbuch zusammengeführt. Raumordnung (RO): Gemäß Kompetenzfeststellung durch den VfGH (BGBl.Nr. 162/1954) „die planmäßige und vorausschauende Gesamtgestaltung eines bestimmten Gebietes in Bezug auf seine Verbauung, insbesondere für Wohn- und Industriezwecke einerseits und für die Erhaltung von im wesentlichen unbebauten Flächen andrerseits“. - ÖNORM L 1100 Standortgerechtigkeit: Standortgerechtigkeit bedeutet, dass Pflanzen oder Materialien entsprechend den Standortfaktoren ausgewählt werden. Dadurch wird optimales Wachstum, Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der Pflanzen bzw. Materialien gesichert. Es geht nicht darum, ausschließlich heimische Pflanzen einzusetzen, sondern jene, die für den Standort geeignet sind. Wichtige Faktoren bei der Pflanzwahl sind z.B. Bodenart, Exposition, Temperatur und Jahresniederschlag. Urban Heat Island: Urbane Hitzeinseln entstehen im bebauten Gebiet durch Überbauung durchlässiger Oberflächen durch Asphalt, Beton, Überdachung usw. Dadurch können die Strahlungen der Sonne nicht mehr in die Verdunstungsprozesse der Transpiration und Evaporation fließen. Das heißt, dass eine Abkühlung der Umgebung nicht stattfinden kann und Beschattung durch Vegetation nicht vorhanden ist (vgl. Stadt Wien 2015).

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LITERATURVERZEICHNIS Grundlage Land Steiermark (2009): Baupolitische Leitsätze des Landes Steiermark. Graz Österreichische Lotterien (2017): Wie glücklich sind die Österreicher und was macht sie glücklich?. Wien Umweltbundesamt (2016): Flächeninsanspruchnahme. Online unter: http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/raumordnung/ rp_flaecheninanspruchnahme/ (20.3.2018) Bundeskanzleramt (2017): Baukulturelle Leitlinien des Bundes. Wien Bundeskanzleramt (2017): Dritter Baukulturreport. Wien Land Steiermark (2011): Photovoltaik Freiflächenanlagen-Leitfaden für Raumplanungsverfahren. Graz ÖNORM L1100: 2016-11 Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur Realisierte Beispiele Bramberger architects: Jurytex. Geladener Einstufiger Realisierungswettbewerb- mit anschließendem Verhandlungsverfahren für die Vergabe von Architekturleistungen vom 25.10.2011 Rotzler& Krebs (2007): Stadtgarten Dornbirn. Online unter: https://www.nextroom.at/building.php?id=29205&sid=26182 (20.3.2018) Brabara Bacher (2017): Betreuungs- und Gesundheitszentrum Schützengarten. Online unter: https://www.nextroom.at/building. php?id=38043 (20.3.2018) Next.land (2013): Weingut Goedmakers Außenanlagen. Online unter: https://www.nextroom.at/building.php?id=35971 (20.3.2018) Mitteregger (2012): nonconform architektur vor ort: Roter Teppich für Zeillern. Online unter: http://www.diejungs.at/2012/01/23/roterteppich-fur-zeillern/ (20.3.2018) 3:0 Landschaftsarchitektur (2016): Planerauswahlverfahren Hauptplatz Stainz- Entscheidung der Auswahlkommission über das Siegerprojekt vom 18.7.2016 Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (STMUV) (o.J.): Flächensparen in Bayern. Online unter: http://www. stmuv.bayern.de/themen/boden/flaechensparen/index.htm (23.4.2018) Der Standard (2012): Die Raumordnung und das Kuhfladenprinzip. Online unter: https://derstandard.at/1342139242048/Die-Raumordnung-und-das-Kuhfladenprinzip. Onlineausgabe: 10.7.2012 (23.4.2018) Bayerisches Staatsministerium des Inneren und für Integration (STMI) (2018): Bauleitpläne; Genehmigung. Online unter: https://www. eap.bayern.de/informationen/leistungsbeschreibung/16552523654 (23.4.2018) KOMMUNAL (2014) 07-08 Glossar Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL) Bonn ÖNORM L1120: 2016-07 Gartengestaltung und Landschaftsbau Stadt Wien (2015): Urban Heat Island- Strategieplan Wien. Online unter: https://www.wien.gv.at/umweltschutz/raum/pdf/uhi-strategieplan.pdf (22.3.2018)

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS Grundlage Titelbild: Koralmbahn. 3:0 Landschaftsarchitektur. ©Paul Ott Baumhain: Münchener Rück. Vogt Landschaftsarchitektur. Online unter: https://www.vogt-la.com/de/file/4979 (19.3.2018) Atmosphäre durch Vegetation: Seestadt Aspern. 3:0 Landschaftsarchitektur. ©Herta Hurnaus Zersiedelung: Verein Plattform Baukulturpolitik. ©Frank Schultze Interdisziplinäre Zusammenarbeit: ©3:0 Landschaftsarchitektur Nutzerinnen und Nutzer: Schöpfwerkpark. 3:0 Landschaftsarchitektur. ©Herta Hurnaus Realisierte Beispiele Quartier Leech: Bramberger architects. ©Helmut Tezak Stadtgarten: Krebs und Herde Landschaftsarchitekten, Winterthur. ©Christian Schwager, Winterthur Betreuungs-& Gesundheitszentrum Schützengarten: Barbara Bacher. ©Bruno Klomfar & Geriatriezentrum Liesing. ©3:0 Landschaftsarchitektur Weingut Goedmakers: ©Monsberger Gartenarchitektur Roter Teppich: nonconform. ©Kurt Hörbst Ideenwerkstatt: ©nonconform Hauptplatz Stainz: ©3:0 Landschaftsarchitektur Bike City: rajek barosch Landschaftsarchitektur. ©Karin Bechtold Sternbrauerei: Karin Standler Landschaftsarchitektur. ©Karin Standler Univ. für Chemie/Pharmazie & Theoretische Medizin: Monsberger Gartenarchitektur. ©Angelo Kaunat Parkplatz–Schloss Dyck: ©Karl Grimm Landschaftsarchitekten Maria Saal Hauptplatz: Marktgemeinde Maria Saal. ©Paul Ott Haus Tosters: Gruber+ Haumer Landschaftsarchitektur. ©Elisabeth Gruber Google Earth: Google. Screenshot- Orthofoto Graz - undefinierte Siedlungsgrenze (23.4.2018) Google Earth: Google. Screenshot- Orthofoto Graz - auslaufende Streusiedlungen in Graz-Umgebung (23.4.2018) Google Earth: Google. Screenshot- Orthofoto Österreich- Ausfransen der Siedlungen in die Landschaft (24.4.2018) Google Earth: Google. Screenshot- Orthofoto München- scharfe Kanten der Siedlungen (23.4.2018) Google Earth: Google. Screenshot- Orthofoto Bayern- kompakte Siedlung (23.4.2018) Google Earth: Google. Screenshot- Orthofoto Bayern- Klare Grenzen zwischen Landschaft und Siedlung (24.4.2018) Google Earth: Google. Screenshot- Orthofoto Liezen-Gewerbepark (24.4.2018) Fashion Oulet: cc by-sa 4.0. Online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Parndorf#/media/File:Einkaufszentrum_Parndorf_(01).jpg (7.5.2018) Liezen: ©Christian Huemer. Online unter: http://www.kleinezeitung.at/steiermark/ennstal/4015944/Liezen-wird-steirische-StauHauptstadt (4.4.2018) Vonwiller Fabrik: ©Haeferl cc-by-sa-3.0-at. Online unter: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Haslach_an_der_M%C3%BChl_-_Textiles_Zentrum_Haslach_-_5.jpg (23.4.2018) Google Earth: Google. Screenshot- Orthofoto Haslach an der Mühl (24.4.2018) Vonwiller Fabrik: ©Haeferl cc-by-sa-3.0-at. Online unter: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Haslach_an_der_M%C3%BChl_-_Textiles_Zentrum_Haslach_-_4.jpg (24.4.2018)

Nestroyplatz 1/1, 1020 Wien T: 969 06 62 @: office@3zu0.com www.3zu0.com

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