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optimus
DAS MAGAZIN FĂœR DEN PRIVATANLEGER
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optimus Risiko
Der Mensch ist auf viele Arten dem ausgesetzt. Moderne Sicherheitskonzepte setzen auf Schadensbewältigung. Bei Banken und Versicherungen ist Risikomanagement gefragt. Investoren wollen Portfolios unter Kontrolle halten. Und Unternehmer haben Erfolg, wenn sie kalkulierte Risiken eingehen. Das Ziel ist stets das gleiche: mehr Sicherheit.
Foto: Prisma
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Installation by Catherine Gfeller at Art Basel 2001, courtesy Galerie Carzaniga + Ueker, Basel.
Kunst kennt keine Grenzen. In diesem Sinn und Geist expandierte die weltweit führende Kunstmesse, die Art Basel, auf den amerikanischen Kontinent. Auch bei UBS spielen dank globalem Know-how weder Grenzen noch Zeitzonen eine Rolle. Von Basel über Buenos Aires und Melbourne bis
Die Kunst, Neues zu entdecken.
Miami Beach garantieren wir unseren Kunden ein weltweit führendes Angebot und eine persönliche Beratung – bei der Vermögensverwaltung, dem Investment Banking und dem Asset Management. UBS, Hauptsponsor der Art Basel, ist jetzt auch Hauptsponsor der
Art Basel Miami Beach. Besuchen Sie
uns unter www.ubs.com/sponsoring.
Issued by UBS AG. Regulated in the UK by the Financial Services Authority. UBS Warburg LLC and UBS PaineWebber Inc. are subsidiaries of UBS AG, US registered broker/dealers and members SIPC.
Liebe Leser Es freut mich sehr, Ihnen mit der neuesten optimus-Ausgabe ein Heft zu überreichen, das wir inhaltlich und optisch erneuert haben. Vieles, was sich bewährt hat, werden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, darin wieder finden. Aber auch Neues entdecken, denn optimus geht mit der Zeit. Von hoher Aktualität ist auch unser Titelthema, das dem Management von Risiken gewidmet ist. Risiko ist ein Thema, das bewegt, und wir alle wissen, dass es die totale Beherrschung jeglichen Risikos nicht gibt. Deshalb hat der Mensch von jeher danach gestrebt, Risiken zu verringern und die eigene Sicherheit zu erhöhen. Auch für mich persönlich ist der Schutz vor Risiken eines der höchsten Ziele überhaupt. Im Beruf wie im Privatleben. Als Manager dieser Bank gehört der Umgang mit Risiken zu meinem Berufsalltag. Dass wir Kredit- oder Anlagerisiken im Griff haben und mit großem Aufwand auf ein Minimum zu reduzieren versuchen, davon gehen Kunden und Aktionäre zu Recht aus. Das größte Risiko für UBS ist aber nicht mehr banktechnischer Art, sondern das Reputationsrisiko, das Risiko also, unser in nahezu 150 Jahren erschaffenes Image aufs Spiel zu setzen. Eine intakte Reputation ist unser höchstes Gut. Darauf basiert das Vertrauen unserer Aktionäre, unserer Kunden und die Stärke unserer Marke. Ich bin mir bewusst, dass dies ein Wert ist, den es tagtäglich zu pflegen gilt. Ein einziges Fehlverhalten kann da immensen Schaden anrichten. Gegen diese Gefahr helfen keine Manuals, keine Weisungen von oben. Das Bewusstsein für Reputation ist eine Haltung. Seinen guten Ruf verliert man bekanntlich nur einmal. Das Handeln nach ethischen Grundsätzen ist das eine, der Umgang mit objektiv vorhandenen Risiken das andere. Über beides werden Sie in diesem Heft lesen können. So diskutieren beispielsweise ein Spitzenchirurg und ein Wirtschaftsethiker über Grenzen und Risiken der High-Tech-Medizin, und ein Fachmann schreibt über Risk-Monitoring von Portfolios. Genießen Sie die Themenvielfalt. Ich bin gespannt auf Ihre Reaktionen. Ihr
Georges Gagnebin Chairman UBS Wealth Management & Business Banking
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optimus ist das vierteljährlich erscheinende Magazin von UBS Private Banking. Es wird durch die Webseite «optimus online» ergänzt, die Nachrichten, Analysen und neueste Informationen zur Vermögensverwaltung sowie ein Archiv früherer Ausgaben enthält. Die unter www.ubs.com/optimus abrufbare Site ist exklusiv für optimus-Leser mit einem speziellen Passwort (siehe S. 6) zugänglich.
Risiko Herzchirurg Marko Turina trifft Wirtschaftsethiker Hartmut Kliemt Debatte über die Risiken moderner Spitzenmedizin und die Grenzen der Finanzierbarkeit von Gesundheitssystemen.
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Mehr gewinnen als verlieren Moderne Sicherheitskonzepte setzen auf Risikoprävention und Schadensbewältigung.
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Risiko und Rendite abwägen Um Shareholdervalue zu generieren, nehmen Banken Risiken in Kauf. Doch scheuen sie auch keine Mühe, umfassende Kontrollprozesse auf die Beine zu stellen.
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Intuition ist häufig ein schlechter Ratgeber Als Fachmann der Finanzpsychologie erklärt Professor Werner de Bondt, welchen psychologischen Einflüssen Anleger bei der Risikoeinschätzung unterliegen.
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Finanzrisiken
zu messen ist kein Kinderspiel. Eine Kombination aus klassischer Statistik und modernen Risikomodellen bietet eine Lösung.
Private Die Schönheit der Zerbrechlichkeit Zeitgenössische Glaskreationen haben sich zu einem künstlerischen Genre entwickelt.
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Der König der Laptops Barry Lam ist nicht nur Gründer von Quanta, dem größten Notebook-Hersteller der Welt, sondern auch ein passionierter Sammler chinesischer Kunst.
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Vorsorgen fürs Alter Die staatlichen Vorsorgeeinrichtungen reichen für ein sorgenfreies Leben im Alter bald nicht mehr aus. Martin Wechsler zeigt auf, wie man sich wappnen kann.
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Die Wein-Kolumne Eignen sich Weine als Investition? Philipp Schwander, Master of Wine, gibt die Antwort.
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Kunst
Ihre genießt weltweites Ansehen: Candida Höfer gehört zu einer Generation von Künstlern, die aus der berühmten Fotoschule Bernd Bechers an der Kunstakademie Düsseldorf hervorgegangen sind.
Corporate optimus online 6 Service Finder, Risk Compass: zwei neue UBS-Angebote im Netz. Breitband: High Speed im World Wide Web. optimus art 8 Candida Höfers Fotos bieten persönliche und packende Einblicke der anderen Art in öffentliche und halböffentliche Räume. Weitere Aktualitäten auf dem Gebiet der Fotografie finden Sie unter optimus art online. optimus news 10 Der Aston Martin Owners Club organisiert für seine Mitglieder Events, die der klassischen Eleganz der Autos in nichts nachstehen.
Menschheit
Von jeher ist die bestrebt, Risiken in den Griff zu bekommen. Moderne Sicherheitskonzepte setzen auf Prävention und Schadensbewältigung, Banken auf Risikokontrolle.
Finance Eine stagnierende globale Wirtschaft driftet wahrscheinlich nicht in eine Rezession ab Unternehmensgewinne werden sich weiter erholen. Das unterstützt Corporate Bonds und eventuell auch Aktienpreise.
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Standpunkt von Dirk Lohmann Die reduzierte Toleranz gegenüber Risiken aller Art droht die bewährte Finanzierung von Schadensfällen außer Kraft zu setzen, schreibt der CEO von Converium.
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Messung von Finanzrisiken Risikoüberwachung ist nicht nur beim Portfolioaufbau von Bedeutung. Vielmehr ist es ein fortlaufender Prozess.
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Business
Im wie auch bei seinen Aktivitäten als Kunstsammler setzt Barry Lam auf chinesische Tradition und westlichen Geschäftssinn. Diese Kombination der Kulturen ist die Basis seines Erfolges.
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Dienstleistungen auf ubs.com:
Service per Mausklick Schnelle Navigation dank Service Finder Online-Angebote einer Bank sind praktisch für den Kunden – sofern sich dieser mit wenig Aufwand im reichen Fundus an Websites zurechtfinden kann. Exakt mit diesem Ziel setzt UBS seit Mitte Jahr mit dem Service Finder erstmals ein Tool ein, das eigens für die Navigation auf komplexen Websites entwickelt worden ist. Mit maximal fünf Mausklicks gelangt der Kunde auf die gewünschte UBS-Website, und zwar unabhängig davon, zu welcher Geschäftseinheit die gesuchte Dienstleistung gehört. Dazu klickt man die linke
www.ubs.com/optimus Zugangscodes und Sicherheit Die Website wurde exklusiv für optimus-Leser geschaffen. Benutzername und Passwort befinden sich im Feld unten. Beide werden laufend aktualisiert und optimus-Leser über Änderungen informiert. Nach Eingabe der URL-Adresse (http://www.ubs.com/optimus) muss der Besucher Benutzername und Passwort eingeben. Man beachte, dass der Zugang zu bestimmten Informationen aufgrund örtlicher Bestimmungen eingeschränkt sein kann.
User Name: private Password: forum «optimus online» setzt Verschlüsselungstechnologie ein. Bei Verwendung von Netscape Communicator 4.x (oder einer höheren Version) oder MS Internet Explorer 4.x (oder höher) werden die Daten beim Transfer zwischen dem Besucher-PC und unserem Server stark verschlüsselt (128-bit-Schlüssel); mit Netscape Communicator 3.x oder MS Internet Explorer werden sie jedoch weniger stark verschlüsselt (40-bit-Schlüssel). Dasselbe gilt für übermittelte Informationen mit dem Kontaktformular auf dieser Seite. Der Browser des Besuchers zeigt diesem mit einem Symbol an, ob die Daten verschlüsselt wurden. Wir empfehlen, die entsprechenden Manuals zu lesen. Bitte beachten Sie, dass die via Kontaktformular gesandten Nachrichten verschlüsselt werden, jedoch nicht Absender- und Empfängeradressen (d.h. die IP-Adresse des Besucher-PCs und jene der UBS), die somit von Dritten gelesen werden können.
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Navigation auf der UBS-Homepage im mittleren, lilafarbenen Bereich an und wählt den gewünschten Bereich aus – also beispielsweise «Angebote für Privatpersonen» oder «Finanzsektor». So
gelangt der Kunde zum UBS Service Finder. Mit jedem weiteren Klick wird das Online-Angebot weiter eingegrenzt, bis schließlich nur noch die Links der gesuchten Themen übrig bleiben.
Risk Compass Optimal zugeschnittene Portfolios kann UBS erst zusammenstellen, wenn die Risikoneigung des jeweiligen Kunden bekannt ist, denn in sich ideale Anlagen gibt es nicht. Der Wunsch eines jeden Anlegers nach maximalem Kapitalgewinn und höchstmöglicher Rendite bei gleichzeitig absoluter Sicherheit bleibt illusorisch, müssen Risiko und Rendite doch gegeneinander abgewogen werden: Eine höhere Rendite birgt unweigerlich auch höhere Risiken. Anhand von zwölf wissenschaftlich ausgearbeiteten Fragen bestimmt die Web-Software Risk Compass die Risikoneigung des einzelnen Anlegers. UBS-Kunden mit einer Bankverbindung in der Schweiz finden den Risk Compass im internetbasierten Beratungsprogramm «my Opportunities». In Hongkong und Singapur wurde der Risk Compass in den «Wealth Optimiser» integriert. e-banking-Benutzer können direkt auf den Risk Compass zugreifen.
Sobald der Anleger die Fragen beantwortet hat, kann er sich aufgrund der vom Risk Compass eruierten Risikoneigung ein Musterportfolio mit Fondsanteilen, Aktien, Anleihen und anderen Anlageinstrumenten zusammenstellen lassen. Auf der Basis dieses Musterportfolios können mit dem Kundenberater weitere mögliche Portfolios erörtert werden. Neben diesem maßgeblichen Tool beeinflusst aber noch eine Reihe anderer Faktoren die Suche nach der individuell besten Anlagelösung. Der Risk Compass hat allerdings eine Stützfunktion in der Beratung.
High Speed im Netz
Illustration: BBF3D
Breitband:
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s bewegt sich etwas im Internet. entpuppen, sobald auch diese TechnoOb sich die Breitbandtechnologie Was die Kommunikationsbran- logie die Marktreife erlangt hat. Die jedoch wirklich durchsetzt, hängt entche seit Jahren verspricht, ist Zahl der High-Speed-Nutzer entwi- scheidend davon ab, wie viele Surfer die technisch nun endlich ausgereift: Die ckelt sich nämlich nur schleppend. In höheren Gebühren zu bezahlen bereit blitzschnelle Auffahrt in die globale Europa sind erst 4%, in den USA 7% sind. Noch lohnen sich die großen InDatenbahn kann beginnen. Bis zu 40 der Bevölkerung an Breitbandnetze an- vestitionen für die Industrie jedenfalls Mal schneller können private Anwen- geschlossen. Bis zum Jahr 2006 sollen nicht. Breitband wird zu spärlich geder nun dank so genannter Breitband- es je ein Drittel werden. nutzt – auch von jenen, die Inhalte zur zugänge durchs Netz gleiten. Der Möglich sind nun Anwendungen, die Verfügung zu stellen haben. So fürchtet Computer wird zum integralen Kom- das Internet bisher nicht oder nur man- beispielsweise die Filmindustrie in Holmunikationsgerät, mit dem Text, Vi- gelhaft zuließ. Wartete man bis anhin lywood negative Folgen auf das traditiodeo und Ton nach Belieben abgerufen vier Minuten auf ein Stück Musik aus nelle Kinogeschäft. werden können. dem Internet, ist derselbe Song nun binErmöglicht wird dies durch ein nen Sekunden zu hören. Während der Peter Hossli ist Korresrasch wachsendes Netz von optischen letzten Fussball-WM präsentierte die pondent verschiedener Faserkabeln. Zwei unterschiedliche FIFA gegen Entgelt Videohöhepunkte europäischer Medien technologische Standards treiben diese aus den Spielen via Internet. Mittlerweile in New York. Unter Entwicklung voran: das www.hossli.com betreibt Fernsehkabel sowie die er sein eigenes Textarchiv. so genannte Digital SubDer Computer wird zum integralen Links zum Thema: scriber Line (DSL), die www.broadbandtelevision.com enorme Datenmengen Kommunikationsgerät Linksammlung zu Breitüber herkömmliche Tebandangeboten im Netz. lefonlinien transportiert. www.attbroadband.com Aufhorchen lassen neuerdings auch ist es technisch auch möglich, Spielfilme Auf der Site wird erklärt, Tests mit drahtlosen Hochgeschwindig- zu sehen, ja selbst wackelfreie Videowas Breitband kann und wie viel es kostet. keitsnetzen in den USA. Diese Technik konferenzen vom Kinderzimmer zu den ist zudem preiswerter als herkömmliche Großeltern in der Nachbarstadt sind Weitere Links unter www.ubs.com/optimus Kabelnetze. Dies könnte sich als Vorteil theoretisch Realität geworden.
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Ungeahnte neue Perspektiven Die Fotografie Candida Höfers:
Candida Höfer, fotografiert von Ricarda Niks.
Stiftsbibliothek St. Gallen I 2001, fotografiert von Candida Höfer.
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Foto Stiftsbibliothek: © 2002 Candida Höfer, mit freundlicher Genehmigung des Schirmer/Mosel Verlags, München Foto Höfer: © Ricarda Niks
Candida Höfer ist eine in der internationalen zeitgenössischen Kunstszene führende Fotografin und zählt zusammen mit Andreas Gursky, Axel Hütte, Thomas Struth und Thomas Ruff zu den zahlreichen berühmten Exschülern Bernd Bechers von der Kunstakademie Düsseldorf. Sie lebt und arbeitet in Köln.
Foto Monroe: © Richard Avedon, TM 2002 Marilyn Monroe LLC by CMG Worldwide Inc. Foto Lopez: © Richard Avedon, zur Verfügung gestellt von Fraenkel Gallery, San Francisco
Foto Miami: zur Verfügung gestellt von Art Basel Miami Beach
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chwerpunkt von Candida Höfers Arbeit in den letzten Jahren sind Aufnahmen öffentlicher oder halböffentlicher und fast immer menschenleerer Räume. Mit Hilfe verschiedener Formate zeigt sie Innenräume von Museen, Bibliotheken, Universitäten, Foyers und anderen öffentlichen Begegnungsstätten und stellt auf diese Weise Aspekte unseres historischen und kulturellen Selbstverständnisses bildlich dar. «Räume faszinieren mich nach wie vor», sagt Höfer, «ihre so verschiedenartigen Eigenheiten und Charakteristiken, einladend für den Besucher oder auch nicht, in jedem Falle aber geprägt von den Spuren der Zeit. Menschen wegzulassen ist keine in Stein gemeisselte Regel. Allerdings: Ohne Menschen im Bild wird erst sichtbar, was diese von Räumen und Räume von Menschen erwarten.» Ähnliches gilt auch für ihre Serie «Zoologische Gärten», in der Räume, aber keine Menschen zu sehen sind. Dafür lädt Höfer den Betrachter ein, die Welt aus der Sicht der Tiere zu sehen – Polarbären, Krokodile, Elefanten und Tiger. Während der typische Stil der Becher-Schule oft als «Dokumentarfotografie» klassiert wird, liegt die Qualität von Candida Höfers Werk in ihrer Fähigkeit, schlichte und doch individuelle Blicke auf räumliche Ereignisse zu eröffnen. Die formelle und atmosphärische Dichte ihrer Fotografien ermöglicht dem Auge ungeahnte Einblicke in die Strukturen und Details von Innenräumen. Spezielle Lichteffekte werden fotografisch eingefangen, Form- und Farbelemente im Raum verstärkt. Die Fotografien eröffnen dem Auge aber auch Zusammenhänge, die wir gewöhnlich als unbedeutend abtun würden. An der diesjährigen Documenta in Kassel stellte die Künstlerin eine Fotoserie über Auguste Rodins SkulpturGruppe «Die Bürger von Calais» aus. Höfer war von Annette Haudiquet vom Museum Calais eingeladen worden, alle zwölf Abgüsse dieser Skulptur, die in verschiedenen Museen ausgestellt, sind zu fotografieren. Das Angebot hat sie angenommen, weil, wie sie erklärt, «ich
berührt gewesen bin von der Vielfalt der Präsentationsformen dieser ziemlich dramatischen Figuren an höchst unterschiedlichen Orten – Räume und Umgebungen, die jedem dieser zwölf Abgüsse eine neue Perspektive verleihen.» Mit ihrem persönlichen Stil und der Qualität, die ihr eigen sind, erarbeitete sie Variationen, verschiedene Ansichten des Themas, die sowohl Rodins Skulptur als auch zeitgenössische Museen und öffentliche Räume in Szene setzen. Candida Höfer hat zurzeit eine Monografie für den deutschen SchirmerMosel Verlag in Vorbereitung und arbei-
tet zudem an Ausstellungen für Dresden, Hamburg und Berlin. Die Räume, in denen diese Ausstellungen stattfinden sollen, hält sie für «besonders attraktiv»: in Dresden das «Japanische Palais», das heute das Völkerkundemuseum beheimatet; in Hamburg das «Jenisch Haus», ein weißes Herrschaftshaus mit üppigem Park; und in Berlin das GeorgKolbe-Museum.
Barbara Hofmann ist Kuratorin und Kunstkritikerin aus Köln.
Mehr über die internationale Kunstszene bei «optimus online»: www.ubs.com/optimus/art «optimus art», die Kunstrubrik im Internet, bietet exklusive Artikel und einen Überblick über interessante Ausstellungen:
Fotografie Ein Bericht über einen weltweit wachsenden Markt. Richard Avedon Eine Retrospektive über die große Porträtfotografie des Starfotografen Richard Avedon. Gezeigt werden 180 Werke von den späten 40er Jahren bis zur Gegenwart – ein umfassendes Porträt der Vereinigten Staaten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Metropolitan Museum, New York, 26. September 2002 bis 5. Januar 2003.
Marilyn Monroe, Schauspielerin. Roberto Lopez, ÖlfeldNew York, 6. Mai 1957. arbeiter. Lyons/Texas, 28. September 1980.
Miami Beach Convention Center.
Art Basel Miami Beach Eine Kritik der mit Spannung erwarteten internationalen Zwillingsmesse der weltweit führenden Ausstellung zeitgenössischer Kunst, Art Basel, in Florida. 5. bis 8. Dezember 2002. Sponsor: UBS. Art Viewing Sehenswerte Kunstausstellungen weltweit: vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert; moderne und zeitgenössische Kunst; Fotografie; angewandte Kunst, Design und Architektur; Numismatik; antike und ägyptische Kunst; asiatische und islamische Kunst; ethnografische Kunst.
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Aston Martin Owners Club:
Ausfahrten nach Maß mit zeitlosen Autos Aston Martin Owners Club: Hüter der klassischen Eleganz
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ochsommer am Schweizer Klausenpass. Ein Dutzend Autos schlängelt sich im Konvoi bergwärts. Groß bereifte Vorkriegsmodelle, aber auch neue, schnelle und schnittige Ausführungen mit Reifen so schmal wie Gummibänder. Alle tragen sie dieselbe unverkennbare Plakette, die das geschulte Auge sogleich als Markenzeichen von Aston Martins, einem der gefragtesten Autos der Welt, erkennt. Und als Zeichen guten Geschmacks gelten sie auch für die 4600 Mitglieder des Aston Martin Owners Club (AMOC) – eines 1935 gegründeten Vereins «zur Förderung des Aston Martin» – und Besitzer eines dieser zeitlos eleganten Fahrzeuge. AMOC-Mitglieder fühlen sich berufen ihr Auto zu hüten wie ihren Augapfel, bis die nachfolgende Generation diese Tradition fortführt. «Mit dem Kauf eines Aston Martin», so ein Besitzer stolz, «tritt man einem erlauchten Club bei. So richtig versteht man das aber erst, wenn man selbst dazugehört.» Der AMOC teilt seinen neuen Hauptsitz mit dem Aston Martin Heritage Trust in der «Barn», einem wunderschönen renovierten Holzbau aus dem 14. Jahrhundert im englischen Oxfordshire, wo ganz in der Nähe das Herz des britischen Motorsports schlägt. Zusammen mit European Routes for Leisure (ERL) organisiert der AMOC für seine
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Mitglieder eine Reihe internationaler Rallyes, die den Autos in Exklusivität und Stil in nichts nachstehen. Eine besondere Rallye mit Vorbildcharakter war die so genannte Millenniumstour, die von UBS, heute weltweiter AMOC-Sponsor, unterstützt wurde. 2001 folgte eine Tour an die oberitalienischen Seen und in die Heimat der bekanntesten Sportwagen Italiens: Modena. Zu den Touren des nächsten Jahres zählt eine Spanien-Exkursion unter dem Motto «Guggenheim bis Gaudí». Der Startschuss fällt bei einem standesgemäßen Empfang in dem berühmten, vom amerikanischen Architekten Frank Gehry entworfenen Guggenheim-Museum in Bilbao. Die Autos, die im vergangenen Juli die Alpen überquerten, nahmen an der «Luxemburg bis Luzern»-Tour mit Besuchen auf Weingütern des Großherzogtums und einem Diner im Château
Villeroy & Boch teil. Auf der Goodyear-Teststrecke prüften die Fahrer ihre Flitzer dann auf Herz und Nieren. Ein Besuch in einer privaten Autosammlung nahe Heidelberg rundete den Trip ab. «Eine fantastisch gemütliche Veranstaltung», schwärmt David Crook, langjähriges AMOC-Ausschussmitglied, der mit seinem DB2/4 Mark III dabei war. «Man trifft alte Freunde und macht neue Bekanntschaften.» Trotz offiziellem Routenplan lässt sich jede Fahrt, wie die Autos auch, auf persönliche Vorlieben und Bedürfnisse zuschneiden. «Auf Mitglieder, die infolge Zeitmangels nur einige Tage mitfahren können oder sich dann und wann ausklinken möchten, stellen wir uns ein», erklärt der Tourorganisator Stephen Brown von ERL. «Maßautos verdienen Maßausfahrten.» Club-Mitglieder wirken zwar diskret, aber mit großer Hilfsbereitschaft.
Alpenüberquerung: Aston-Martin-Sammler genießen Aussicht und Fahrt gleichermaßen.
«Überall bemühen sich Mitglieder der Lokalsektionen, anderen mit ihren Kontakten Türen zu öffnen», so der aktuelle AMOC-Präsident Keith Piper. «So überzeugte ein italienischer Kollege einen Freund, uns seine private Autosammlung zu zeigen. Über 200 Vorkriegsmodelle erwarteten uns bei unserer Ankunft. Es war einfach großartig!» Neben Europa gibt es inzwischen auch in Nordamerika, Fernost und Aus-
tralien AMOC-Sektionen. Dieses internationale Flair macht aus den AMOCTouren einzigartige Erlebnisse. «An der Millenniumstour waren 18 Nationalitäten vertreten – Amerikaner, Kanadier, Puertoricaner, Mexikaner, Australier, Japaner sowie sämtliche Europäer», erinnert sich Brown. Jeder neue Aston-Martin-Besitzer wird über den Club und seine Beitrittsbedingungen genau informiert. Bereits sind
sechs Finnen beigetreten. Seit ein AstonMartin-Händler aus Saudi-Arabien als Mitglied aufgenommen worden ist, dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der AMOC im Mittleren Osten eine Sektion eröffnet. Während sich der AMOC auf diese Weise zunehmend internationalisiert, bleiben die Autos typisch britisch. Handgefertigte Chassis, fein verarbeitete Furniere und Leder: Aston Martin hält die Tradition des britischen Automobilbaus hoch. Sorgfältig ausgewählte Materialien werden von Fachkräften verarbeitet, die ihre Fähigkeiten über Generationen weitergegeben und erhalten haben. Wie alle Maßerzeugnisse werden auch Aston Martins – oft sogar – auf Wunsch individuell gefertigt: in der Farbe, die zum persönlichen Outfit passt, mit Sitzen, die auf eine persönliche Statur zugeschnitten sind. Andere Hersteller von Luxusautos mögen zwar mit ähnlicher Qualität aufwarten, doch lediglich Aston Martin bietet diese echt britische Tradition, die eine spielerische Leichtigkeit mit edlem Understatement zu verbinden weiß. Aston Martins sind eine Rarität. Seit der Gründung des Unternehmens durch Lionel Martin und Robert Bamford 1914 wurden nicht einmal 20 000 Exemplare hergestellt. Selbst im glamourösen Monaco sind Astons ein seltener Anblick, und 140 Stück auf einen Schlag wie anlässlich der Millenniumstour sowieso. Diese Treffen sind indes nicht nur klassischen, alten Modellen vorbehalten; sie stehen allen offen. So war in Monaco vom 1933-er 1,5-Liter Le Mans mit knapp 130 km/h Spitze bis zum neuesten, doppelt so schnellen DB7 Vantage die ganze Palette vertreten. Ein Beweis für die zeitlose Eleganz dieser außergewöhnlichen Automobile.
Ian Adcock ist freischaffender Journalist und Fotograf mit Schwerpunkt Reisen und Automobilindustrie. Weitere Informationen über AMOC finden Sie unter www.amoc.org
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Marko Turina trifft Hartmut Kliemt:
Das Risiko liegt im Erfolg der Medizin Für den Herzchirurgen Turina besteht das größte Risiko der Spitzenmedizin nicht bei der Operation, sondern ist finanzieller Natur. Ethiker Kliemt plädiert gar für Sparen bei der Prävention.
optimus: In industrialisierten Staaten explodieren die Gesundheitskosten. Herr Turina, Sie als Herzchirurg frage ich: Können wir uns Gesundheit nicht mehr leisten? Marko Turina: Ich kann diese Diskussion um die Gesundheitskosten nicht mehr hören. Es ist kein Problem explodierender Kosten, sondern eine Potenzierung der medizinischen Qualität. Die Möglichkeiten und die Erfolge der modernen Medizin sind enorm. Und das hat seinen Preis. optimus: Herr Kliemt, Sie als Ökonom und Ethiker, wie sehen Sie das? Hartmut Kliemt: Es geht bei dieser Frage nicht um Rationalisierung medizinischer Leistungen, sondern um Rationierung. Rationalisierung ist eine ethische und ökonomische Pflicht, mit medizinischen Ressourcen rationell und zielführend umzugehen. Rationierung bedeutet eine Vorenthaltung medizinischer Leistungen, die für den Patienten potenziell von Nutzen sind. Die Frage ist, ob angesichts eines anwachsenden medizinischen Potenzials, also wegen des Erfolges der modernen Medizin, am Ende Rationierung nötig sein wird. Weil aus ökonomischen Gründen in Zukunft nicht jedes medizinische Angebot flächendeckend gemacht werden kann, wird man Leistungen auch Patienten, die davon profitieren könnten, vorenthalten müssen.
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optimus: Medizinische Kapazitäten sind das eine. Was aber bedeutet Risiko für einen Mediziner? Turina: Risiko ist für mich die Wahrscheinlichkeit eines schlechten Ausganges der Operation oder einer medizinischen Empfehlung. Wenn ich einem Patienten die Operation empfehle, sie durchführe und der Patient stirbt, ist das ein – meist gut errechenbares – Risiko, und über dieses Risiko sprechen wir mit dem Patienten. Wenn ich von der Operation abrate und der Patient stirbt nach ein paar Wochen, ist das auch ein Risiko der medizinischen Empfehlung. optimus: In einem vertretbaren Risikorahmen will ein Arzt also alles tun, was medizinisch möglich ist – unabhängig von den Kosten? Turina: In der Herzchirurgie ist nahezu alles möglich, aber nicht immer sinnvoll. Über Letzteres muss
Marko Turina Herzchirurg
Hartmut Kliemt Philosoph und Wirtschaftsethiker
Marko Turina ist international anerkannter Herzchirurg, Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Universitätsspital Zürich, Ordinarius für Chirurgie an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich und Doktor honoris causa der University of Bristol. Nach dem Medizinstudium in Zagreb (Kroatien) bildete er sich in den USA und der Schweiz weiter. 1999 gelang ihm als einem der Ersten in Europa die Implantation eines Kunstherzens am Menschen. Turina ist ein renommierter Autor medizinisch-wissenschaftlicher Publikationen.
Hartmut Kliemt ist Professor für Philosophie an der Gerhard-Mercator-Universität der Gesamthochschule Duisburg (Deutschland) und ausgebildeter Diplomkaufmann. Er arbeitet sowohl an normativ-ethischen als auch methodologischen Fragen, insbesondere in der interdisziplinären Verbindung von Ökonomik und Philosophie. Kliemt ist Autor zahlreicher Beiträge, die sich mit politischen und sozialphilosophischen Grundsatzthemen befassen, namentlich in den Bereichen konstitutionelle politische Ökonomik, Medizin- und Bioethik.
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Herzchirurg Marko Turina setzt auf Kunstherzen …
jedoch nicht aufhalten. Die übliche Antwort auf die Frage, wann jemand sterben will, ist: Ich will so jung wie möglich sterben, aber dies so spät wie möglich.
Heute weiß man, unter welchem Risiko man ‘einem 80-Jährigen eine Operation zumuten kann ’ Marko Turina
der Arzt entscheiden, nachdem er sich mit dem Patienten beraten hat. Jeder Fall muss individuell analysiert werden. Kliemt: Wir orientieren uns zu wenig an dem, was ich das Akutprinzip nennen würde. Die Weichen in der Gesundheitspolitik müssen so gestellt werden, dass möglichst alle akut lebensrettenden medizinischen Maßnahmen zur Verhinderung massiver Gesundheitseinschränkungen durch ein öffentliches Gesundheitssystem zu finanzieren sind, aber nicht unbedingt alles, was in der Behandlung nicht akuter Leiden medizinisch möglich und sinnvoll ist. optimus: Es gibt im Bereich der Herztransplantation noch einen weiteren einschränkenden Bereich: das viel zu schwache Angebot an Organen in allen Industrieländern. Kliemt: Will man dieses Problem wirklich in den Griff bekommen, muss man sich wohl von der gängigen Praxis verabschieden, Organallokation und -gewinnung getrennt zu halten. Heute gibt es freiwillige Organspender und Empfänger. Im Normalfall besteht kein
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Zusammenhang zwischen Spendenbereitschaft und Empfangsberechtigung. Vernünftig wäre es, bei der Transplantationsmedizin ein Solidarmodell einzuführen, das beides verknüpft. Vorstellbar wäre eine Regelung, wonach jemand, der selbst spendebereit war und ist, Priorität beim Zugang zu Organen haben sollte. optimus: Haben wir nicht einfach verlernt zu akzeptieren, dass das Leben ein Ende hat? Und leben im Bewusstsein, wir können durch Organ-Ersatzteillager das Leben verlängern? Turina: Für mich gilt es einen Unterschied zu machen zwischen krank sein und alt werden. Jeder Mensch spürt mit zunehmendem Alter organische Abnützungserscheinungen. Damit muss man leben. Die menschliche Lebensspanne ist nach modernen Kalkulationen auf 100, 120 Jahre begrenzt; wir rechnen in der Schweiz mit etwa 80 Jahren für Männer und etwa 87 für Frauen. Diese Zeitspanne will man natürlich erleben. Krankheiten, die das verhindern, sollten vermieden werden können. Den Alterungsprozess als solchen kann man
optimus: Ist es möglich, die Technik so weit zu bringen, dass Kunstherzen das Problem der Organknappheit lösen? Turina: Ich setze auf künstliche Herzpumpen. Die Fortschritte der Technik in den letzten Jahren sind enorm. Sie können sich nicht vorstellen, wie hoch die Akzeptanz von diesen Geräten bereits ist. Eine Operation ist auch in kürzester Zeit möglich, weil Sie nicht auf ein Spenderherz warten müssen. Die Rehabilitation, die Erholung des Patienten, der Gewinn an Lebensqualität spricht auch für das Kunstherz. Man kann mit der Technik zudem die ethische Problematik entkrampfen. optimus: Welche ethische Problematik meinen Sie? Turina: Die Zuordnung von Spenderorganen, die geringe Anzahl an Spendern, schließlich Fragen wie die Gefährdung durch Tierviren, welche die Xenotransplantation etwa von Schweineorganen aufwirft. Beim Kunstherz können Sie in Zukunft ein Gerät aus der Schublade ziehen, drei Größen, klein, mittel und groß, und sie brauchen es nur einzusetzen. Durch breite Anwendung werden zudem die Preise für Kunstherzen fallen und damit nicht nur ethische, sondern auch ökonomische Probleme gemildert. optimus: Also wird ein Patient in Zukunft zu Herrn Turina pilgern und sagen, ich brauche ein neues Herz. Eigentlich müsste man die Problematik doch von der Vorsorge her anschauen, damit es gar nicht so weit kommt.
Das Risiko, dass aus ökonomischen Gründen ‘Leistungen rationiert werden müssen, ist vorhanden ’ Hartmut Kliemt
Kliemt: Warum müsste man das? optimus: Weil es Kosten spart. Kliemt: Das ist die Frage. Denn zuerst müssen Sie mal sehen, dass die Gesamtmortalitätsrate immer 100% beträgt, unabhängig davon, wie viel Vorsorge Sie auch betreiben. optimus: Das ist ein zynisches Argument! Kliemt: Moment! Nein, nein, das ist sehr wichtig. Wenn Sie alle Koronarerkrankungen vermeiden, dann werden die Leute an etwas anderem sterben. Das Argument der Kostenersparnis infolge Vorsorge ist so eindeutig nicht. Ein Patient kann möglicherweise an etwas Teurerem sterben als an einem schnellen Herzinfarkt. Wie viel Vorsorge betrieben wird, ist immer auch eine Kostenfrage. Wenn durch Vorsorge spätere Behandlungskosten gespart werden können, stellt sich umgekehrt die Frage, wie viel vorher als Vorsorgekosten aufgewendet werden müssen. Und da gibt es relativ wenige Vorsorgemaßnahmen, die das Kriterium der Kostenersparnis insgesamt wirklich erfüllen. Für Vorsorge Geld auszugeben, ist auch deshalb ethisch eher nicht im gleichen Maße geboten wie eine Akutbehandlung, weil wir alle sehr genau unterscheiden zwischen einem statistisch gefährdeten Leben und einem konkret gefährdeten Leben. Das konkret gefährdete Leben können wir nicht untergehen lassen. Aber wie ist eine statistische Gefährdung zu beurteilen? Wir lassen Bäume an den Straßen stehen, obwohl wir wissen, dass dadurch Menschen sterben werden, weil sie mit dem Auto damit kollidieren. Vorsorgemaßnahmen wirken auch nur statistisch und können daher ebenso unterlassen werden wie das Bäumefällen.
optimus: Sie plädieren dafür, die Vorsorge nicht als Kriterium zur Kostendämpfung gelten zu lassen? Kliemt: Ja, das ist zum großen Teil eine Illusion. Es ist ebenfalls ein fundamentaler Irrtum, dass ein besseres medizinisches System zu weniger Kranken führt. Genau das Umgekehrte ist der Fall. Nehmen Sie die Nierenkranken. Gehen Sie in ein Drittweltland, da gibt es sehr wenig Nierenkranke. Woran liegt das? Nicht etwa an der Vorsorge, sondern daran, dass sie gestorben sind! In Deutschland und natürlich auch in der Schweiz gibt es sehr viele, da hier eine qualitativ hoch stehende Medizin existiert. Die Anzahl Chronischkran-
rend oder kurz nach einer Operation einen Herzinfarkt erlitten haben. Die Lebenserwartung eines Herzchirurgen liegt kaum über dem Durchschnitt der Bevölkerung. Dagegen helfen nur allgemeine Maßnahmen: gesunder Lebenswandel, Sport und regelmäßige Kontrolle von Blutdruck und Blutfett sowie Vermeidung von Übergewicht.
… Philosoph Hartmut Kliemt sieht darin kein ethisches Problem.
ker bildet ein zuverlässiges Maß für die Qualität einer medizinischen Versorgung. optimus: Trotz hoch stehender Medizin bleibt der Beruf des Arztes ein Risikojob. Wie gehen Sie persönlich damit um? Turina: Ich bin mir bewusst, dass ich zu einer Hochrisikokategorie gehöre, und ich kenne genug Kollegen, die wäh-
René Lüchinger ist optimus-Redaktor. www.ubs.com/optimus Unter dieser Site finden Sie die volle Länge des Debattengespräches in der deutschen Originalsprache.
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Foto links: Prisma, Foto rechts: Julius Salinas
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Risikoprävention:
Mehr gewinnen als verlieren Jede Risikovorsorge steht vor der zentralen Frage: Schadensfälle in jedem Fall zu vermeiden oder aber Schadensprozesse unter Kontrolle zu halten. Sicherheit ist dann in hohem Maße gewährleistet, wenn Sicherheitskonzepte beide Gesichtspunkte zu verbinden im Stande sind.
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erstmals über 30 Mrd. US-Dollar (zu Preisen von 2001 gerechnet). Das Jahr 2001 geht mit einem versicherten Gesamtschaden von mehr als 60 Mrd. US-Dollar, der zu einem großen Teil auf die Terroranschläge des 11. September zurückgeht, als bislang teuerstes Jahr in die Geschichte der Assekuranz ein. Weniger Unfälle einerseits, aber trotzdem mehr Katastrophen mit stark ansteigenden Kostenfolgen anderseits? Was auf den ersten Blick als Widerspruch erscheint, ist erklärbar: Solange Sicherheitsmaßnahmen primär darauf abzielen, Schadensereignisse in jedem Fall zu verhindern, wird eine Risikovorsorge vernachlässigt, die auf eine Begrenzung der Schadensausmaße abzielt, ebenso wie auf Maßnahmen zur Bewältigung einmal eingetretener Schadensfolgen. Die Zahl von Schadensereignissen kann dann zwar eine rückläufige Tendenz aufweisen, der finanzielle Schaden pro Ereignis bleibt jedoch gleich oder nimmt sogar zu. Beispiel Brandschutz: In den USA ging die Zahl der Brände nach einer Statistik der National Fire Protection Agency (NFPA) 1977 von 3,2 Mio. auf 1,7 Mio. im Jahr 2000 zurück. Analog sank die Zahl der Brandtoten von 6000 im Jahr 1978 auf 3420 im Jahr 2000. Dennoch hat sich die Zahl der Todesopfer pro 1000 Brände von 1,8 auf 2,0 erhöht. Und die durchschnittlichen Sachschäden pro Brand sind – inflationsbereinigt – um 30% gestiegen.
Foto links: Prisma, Foto rechts: Julius Salinas
atastrophen sind vermeidbar, aber nicht mit endgültiger Sicherheit zu verhindern. Deshalb vollziehen derzeit viele staatliche und private Katastrophenschutzorganisationen einen tief greifenden Paradigmenwechsel: Versuchten sie lange Zeit, technische Gefahren und Naturgewalten zu beherrschen, um Schadensereignisse in letzter Konsequenz unmöglich zu machen, setzen moderne Sicherheitskonzepte auf Resistenz – auf die Fähigkeit, Schadensereignisse wenn nicht gänzlich zu verhindern, so doch wenigstens auf erträgliche und zu bewältigende Ausmaße zu begrenzen. Risiken bestehen überall dort, wo potenzielle Gefahren Schadensfälle auslösen können. Insofern ist zumindest relative Sicherheit dadurch zu erzielen, dass Gefahrenpotenziale in ihrer Wirkung reduziert oder gar eliminiert werden. Waldbrände können verhindert werden, wenn die Entfachung offenen Feuers verboten ist und sich die Menschen daran halten. Hochhäuser werden auf mächtigen Gummipuffern errichtet, um die Schwingungsenergie von Erdbeben zu absorbieren. In Cockpits von modernen Flugzeugen sind Computer und ausgeklügelte Software installiert, um eine Fehlbedienung durch Piloten auszuschließen. Wird dieses Prinzip der Risikominderung konsequent angewendet, so die Statistik, wird die Häufigkeit von Schadensereignissen wie auch deren durchschnittliches finanzielles Schadensausmaß deutlich reduziert. Dennoch nehmen Anzahl und Ausmaß technischer Katastrophen und Schadensfälle durch Naturgewalten zu. Nach der Statistik des Schweizer Rückversicherers Swiss Re ist die Zahl der Katastrophen pro Jahr seit Beginn der 1970er Jahre von durchschnittlich 100 auf heute mehr als 300 Ereignisse pro Jahr gestiegen. Die versicherten Schäden lagen 1992
Risikofaktor Mensch, Risikofaktor Technik: Moderne Sicherheitskonzepte setzen auf Risikoprävention und Schadensbewältigung.
Das Ziel ist die Kontrolle von Schadensprozessen ‘und fehlerverträgliche Systeme ’ Diese Entwicklung ist in sämtlichen Industrieländern zu beobachten – und weltweit geben die Feuerwehren für dieses Phänomen die stets gleiche Erklärung: Die meisten Menschen bemühen sich zwar redlich, Brände zu verhüten, wissen aber nicht, was im Brandfall zu tun ist, um die Folgen unter Kontrolle zu halten. Das führt dazu, dass im Schadensfall meist aus Unkenntnis oder Panik die falschen Maßnahmen ergriffen werden. Bei einem Brand – um bei diesem Beispiel zu bleiben – wird oft versucht, diesen eigenhändig zu löschen, statt sofort die Feuerwehr zu alarmieren. Scheitern diese Löschversuche oder führen sie gar zu Verletzungen, wird die Feuerwehr zu spät alarmiert und der Brand ist schon weit fortgeschritten, bis sie die Einsatzstelle erreicht. Jede Risikovorsorge steht vor dieser zentralen Frage: Schadensfälle in jedem Fall vermeiden zu wollen oder aber das
Ausmaß von Schadensprozessen mittels geeigneter Maßnahmen kontrollierbar zu halten. Daraus lassen sich zwei diametral entgegengesetzte Sicherheitskonzepte ableiten. Zum einen die Vermeidung von Schadensprozessen – mit dem Idealziel fehlerfreier und dann auch schadenfreier Systeme. Zum anderen die Kontrolle von Schadensprozessen mit dem Idealziel fehlerverträglicher Systeme, in denen Schadensereignisse als Realität akzeptiert, jedoch systematisch in ihren Ausmaßen begrenzt werden. Beispiel Wirbelstürme: Diese entstehen nur über aufgeheiztem Meereswasser. Es wäre also im Sinne einer Risikovermeidung, Wirbelsturmkatastrophen zu verhindern, indem man die extremen Tiefdruckgebiete, in denen sich Wirbelstürme aufbauen, künstlich auflöst, bevor diese Küstengebiete erreichen und überhaupt Schäden anrichten können.
Eine Möglichkeit wäre, die Wolken per Flugzeug mit Silberjodid zu impfen, was ein vorzeitiges Abregnen bewirkt. Solange diese Technik jedoch nicht ausgereift ist, bleiben Wirbelstürme eine reale Bedrohung. Folgerichtig wird versucht, mögliche Eskalationsprozesse zu kontrollieren: Mittels baulicher Maßnahmen werden Gebäudeschäden zwar nicht gänzlich verhindert, wohl aber erheblich reduziert. Hoch entwickelte Frühwarnsysteme ermöglichen es, die akut bedrohten Küstenzonen rechtzeitig zu evakuieren. Dies verhindert zwar keine Sachschäden, rettet aber weltweit Jahr für Jahr zahlreichen Menschen das Leben, zumal in dicht besiedelten Gebieten wie beispielsweise Bangladesh. Da es wohl keine absolute Sicherheit geben kann, wäre es falsch, bei der Risikoprävention lediglich auf Schadensvermeidung zu setzen. Es wäre aber ethisch nicht akzeptierbar und ökonomisch auch nicht sinnvoll, Schadensfälle ausschließlich durch private Assekuranz oder staatlichen Katastrophenschutz bewältigen zu wollen. Moderne Theorien der Risikoprävention und Schadensbewältigung versuchen deshalb beide Gesichtspunkte zu kombinieren: Schadensfälle zu vermeiden im Bewusstsein, dass es «eben doch passieren kann» – und für diesen Fall gilt es vorzusorgen. Dies verlangt ein Umdenken und ein Denken in Risikopotenzialen, statt absolute Sicherheit zu propagieren. Keine Fluggesellschaft wirbt mit dem Argument, die Risiken des Fliegens seien sehr gering. Mit gutem Grund: Pas-
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Weise Entscheidung: An folgendem Beispiel lässt sich nämlich aufzeigen, wie sich ein an sich harmloser Vorfall zu einer Katastrophe auswachsen kann, da die Möglichkeit eines Schadensfalles zu wenig in Betracht gezogen und viele mögliche Vorkehrungen unterlassen worden sind: Am Morgen des 19. Oktober 1991 bricht nordöstlich der kalifornischen Stadt Oakland ein kleines Grasfeuer aus. Aus vielerlei Gründen, die später als Verkettung unglücklicher Umstände bezeichnet werden, wächst sich der Kleinbrand
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bis zum Mittag zu einer mächtigen Feuerwalze aus, die unaufhaltbar auf das wohlhabende Wohnviertel East Bay Hills zurast. 3354 Gebäude – knapp 2% des Gebäudebestandes von Oakland – brennen vollständig nieder. 25 Menschen kommen ums Leben, einige von ihnen durch Verkehrsunfälle während der hastigen Evakuierung des Wohngebietes. Mit über 1,2 Mrd. US-Dollar entsteht der drittgrößte Brandschaden in der Geschichte der USA, nur übertroffen vom Stadtbrand im Jahre 1871 in Chicago und dem großen Erdbeben in San Francisco im Jahre 1906. Die Ursache des «East Bay Hills Fire» ist nach offizieller Lesart Brand-
Risikofaktor Natur: US-Katastrophenschutzbehörde vertraut auf Selbstverantwortung der Bürger.
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sagiere wollen keine Risiken und seien sie statistisch gesehen noch so klein. Sie wollen «Sicherheit» – zumindest im ursprünglichen Sinne des Wortes, das vom lateinischen securus für «ohne Sorge» stammt. Tatsächlich hat die Luftfahrt ihr heutiges – sehr hohes – Sicherheitsniveau erreicht, weil sie sich ihrer Risiken bewusst ist. Damit sich die Passagiere sicher fühlen können, muss die Besatzung ständig in Risiken denken. An potenzielle Schadensfälle zu denken, ist zwar unangenehm, weil das Verunsicherung hervorruft. Wir kommen aber nicht umhin, uns mögliches Schadensgeschehen vorzustellen und zu durchdenken, wenn wir Systeme und Prozesse so gestalten wollen, dass die Folgen von Schäden und die Verluste auf ein zu bewältigendes Maß begrenzt werden. Aus diesem Grund vollzog die amerikanische Katastrophenschutzbehörde Federal Emergency Management Agency (Fema) Mitte der 1990er Jahre einen tief greifenden Paradigmenwechsel, indem sie nicht mehr nur die Vermeidung von Katastrophen propagierte, sondern seither an die Bürger appelliert, ihre Gemeinden und Städte in eigener Verantwortung katastrophenresistenter zu gestalten.
ein Teil eines Wohnviertels wie im beschriebenen Fall in Flammen, ist ein Inferno mit großflächigen Schäden kaum noch zu verhindern, zumal wenn nach wochenlanger Dürre auch noch starker Wind herrscht und es sich bei den Bäumen um importierte Eukalyptusarten handelt, die dank ihrer ätherischen Öle leicht Feuer fangen. In den East Bay Hills trat ein Dominoeffekt ein, der die Katastrophe erst ausgelöst hat.
stiftung. Dies erklärt jedoch lediglich, wie das Grasfeuer entstanden ist. Die katastrophalen Ausmaße der Sach- und Personenschäden sind erst als Folge einer unglücklichen Verkettung von Umständen Realität geworden und darauf zurückzuführen, dass niemand bedacht hat, was passieren kann, wenn ein an sich harmloses Feuer nicht rechtzeitig gelöscht wird. Und so nahm eine fatale Wirkungskette ihren Lauf: Aus der Luft betrachtet sehen kalifornische Wohnviertel nämlich oft aus wie eine Stadt mitten im Wald. Oder ein Wald inmitten der Stadt. Es existieren kaum freie Räume, von denen aus eine wirksame Brandbekämpfung möglich wäre. Steht
Ob Seveso, Harrisburg oder Tschernobyl, ob Tunnelbrand im Montblanc oder im Gotthard, ob Zugunglücke oder Flugzeugabstürze, ob Zusammenbruch eines Unternehmens oder einer Volkswirtschaft, ob Erdbeben-, Sturmoder Überschwemmungskatastrophen, ob Hungersnöte oder Pandemien, ob politischer Kollaps oder gar Krieg: Keine Katastrophe ist auf eine einzelne Ursache zurückzuführen. Menschliches Fehlverhalten, technisches Versagen oder gewaltige Naturereignisse sind zwar Auslöser von Schadensprozessen. Welchen Verlauf diese dann nehmen und zu welchen Folgen eine Eskalationsspirale schließlich führt, bestimmen nicht die Auslöser, sondern die technische, soziale und ökonomische Struktur der betroffenen Systeme. Oder, um bei einem Bild zu bleiben, das Arrangement der Dominosteine prägt die Topografie eines Katastrophenfalles. Mit dem erwähnten «Project Impact», das mittlerweile auch in anderen Ländern Schule macht, hat die USKatastrophenschutzbehörde Fema den Umgang mit möglichen Katastrophen enttabuisiert und zur Angelegenheit aller Bürgerinnen und Bürger gemacht: Im Familienkreis, in Kindergärten und Schulen, in Betrieben, in Wirtschaftszirkeln oder auf Kongressen politischer Parteien – überall wird seither, von der Fema fachlich begleitet sowie organisa-
torisch und finanziell unterstützt, über mögliche Katastrophen nachgedacht und debattiert. Wie sie entstehen und sich auswirken, wie sie vermieden, begrenzt und bewältigt werden können. Auf diese Auseinandersetzung mit Schadensszenarien aller Art reagierte die Bevölkerung in Diskussionsrunden und Arbeitskreisen nicht etwa verunsichert. Ganz im Gegenteil: Sie entdeckte in den Diskussionen rund um Risikoprofile ihre eigenen, persönlichen Chancen, mit diesen umzugehen. Sie hat gelernt, dass es nicht darauf ankommt, nie zu verlieren. Sondern darauf, unter dem Strich mehr zu gewinnen als zu verlieren.
Christian Brauner war lange Jahre als Wissenschaftsjournalist und Sachbuchautor tätig. Heute ist er selbstständiger Risikomanager mit Schwerpunkt Katastrophen- und Krisenbewältigung. Links zum Thema: www.cred.be Online verfügbare Katastrophendatenbank. www.fema.gov Detaillierte Informationen über Project Impact. neic.usgs.gov Informationen über Erdbebenereignisse in aller Welt. Weitere Links unter www.ubs.com/optimus
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Beitrag zum Shareholdervalue:
Risikomanagement in Finanzinstituten
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reichen, in denen es das Ergebnis einigermaßen kontrolliert, möglichst stark zu engagieren und sich in Bereichen, in denen das Ergebnis gar nicht zu steuern oder kein ursächlicher Zusammenhang erkennbar ist, möglichst zurückzuhalten. Eine weitere Lehre aus 2001 besteht darin, auf Risiken zu achten, deren Eintrittswahrscheinlichkeit gering ist, die aber enorme Auswirkungen haben, wenn sie eintreten (so genannte Extremrisiken). Die negativen Folgen solcher Ereignisse gehen weit über die finanziellen Auswirkungen hinaus und können die Reputation eines Finanzinstitutes ernsthaft beschädigen. Diese Risiken sind trotz ihrer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit nicht zu vernachlässigen. Der wirksamste Schutz dagegen ist Diversifikation – kurz: nicht alles auf eine Karte zu setzen. Risiken einzugehen ist für Finanzinstitute Teil des Geschäftes, kalkulierte Risiken jedoch, die in einem ausbalancierten Verhältnis zum daraus resultierenden Ertrag stehen. Der Risikorahmen, den sich eine Bank absteckt, muss langfristig angelegt sein. Häufig steht er in Konflikt mit dem kurzfristigen Charakter vieler
Finanzaktivitäten. Unabdingbar ist, dass jede Aktivität, die ein Risiko beinhaltet, unter einer angemessenen Kontrolle steht. Risikokontrolle muss über einen kurzfristigen Horizont hinausgehen, da die Kosten heutiger Fehlentscheidungen möglicherweise erst in Zukunft und über Jahre sichtbar werden. Finanzerträge werden jedoch in der Regel in wesentlich kürzerer Zeit erzielt. Dieser Gegensatz wird branchenüblich gelöst, indem Banken Tagesgeschäft und Profit generierende Aktivitäten wie Verkauf vom Risikomanagement trennen. Darüber hinaus wird jede risikobehaftete Aktivität meist einem umfassenden Kontrollprozess unterworfen. Aufgrund einer
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as Risikomanagement gehört zum Kern des Bankgeschäftes und muss jedem Finanzinstitut auch in ruhigen Zeiten ein Anliegen sein. Die Umwälzungen des Jahres 2001 waren für die meisten Banken Anlass, ihre Grundsätze, Richtlinien und Modelle der Risikohandhabung zu überprüfen. «Risiko» leitet sich vom frühitalienischen Wort risicare (wagen) ab. Dass mit Risiko eher eine mutige Entscheidung als ein Schicksalsschlag gemeint ist, zeigt auch das Sprichwort «Wer nicht wagt, der nicht gewinnt». Genau um das geht es: Wer eine Herausforderung annimmt, will gewinnen; niemand nimmt eine Chance wahr mit dem Ziel, zu verlieren. Es besteht also die Chance eines Gewinnes wie auch die Gefahr eines Verlustes. Wird eine Entscheidung auf dieser Basis getroffen, ließe sich Risiko am besten als das Eintreten eines unerwünschten Ereignisses definieren, welches das gesetzte Ziel gefährdet. Die Ereignisse des letzten Jahres – vom weltweiten Konjunkturabschwung über die Zweifel an der Bonität von Schuldnern bis hin zur Tragik des 11. September – haben gezeigt, dass sich die Zukunft nicht vorhersagen lässt. 2001 hat aber auch demonstriert, wie effektive Grundsätze der Risikohandhabung ein Schlüsselfaktor des Shareholdervalues sein können. Für ein Finanzinstitut bedeutet effektives Risikomanagement, sich in Geschäftsbe-
Mit einfachen Prinzipien und komplizierten Praktiken behalten Banken ihr Risiko im Auge.
Aufgrund einer separaten Hierarchie und einem eigenen Reporting funktioniert die Risikokontrolle somit wirklich unabhängig. Allerdings leben Risikomanager und -controller nicht im Elfenbeinturm, auch bei UBS nicht. Risikokontrolle ist eine dynamische Aufgabe, die Manager erfordert, die eng mit Bankern und Händlern zusammenarbeiten.
Balanceakt: Risikokontrolle ist eine dynamische Aufgabe, die vom Manager enge Zusammenarbeit mit Bankgeschäft und Handel erfordert.
Die formale Trennung von Generierung und Risikomanagement bzw. -kontrolle ist eines, die Entwicklung eines umfassenden Systems von Grundsätzen zum Risikomanagement sowie eines Genehmigungsverfahrens für Transaktionen das andere. Der bedeutendste Risikofaktor jedes Institutes liegt in seiner Risikokultur. Das Risikoverhalten einer Bank wird von ganz oben vorgegeben, vom obersten Management des Institutes und seinem Aufsichtsrat. Eine effektive Risikokontrolle wird aber nur erreicht, wenn die gesamte Organisation die Grundsätze des Risikomanagements als täglich gelebte Haltung verinnerlicht. Dies beginnt bei der gewissenhaften Identifikation und Quantifizierung der Risiken. Die größten Risiken sind die nicht richtig erkannten. Natürlich sind nicht alle Risiken präzise quantifizierbar. Aber die Finanzdienstleistungsbranche hat in den vergangenen 15 Jahren rasch dazugelernt und ist zunehmend in der Lage, Risiken sowohl unter normalen Marktbedingungen als auch in Stresssituationen genau zu erkennen und zu messen. Die Fähigkeit zur Risikoidentifikation und -messung allein garantiert jedoch noch kein erfolgreiches Risikomanagement. Denn diese Instrumente können lediglich als Entscheidungsgrundlagen dienen, auf die sich Risikomanager bei Risikoabschätzungen abstützen. Zwei Finanzdienstleister können – bei identischen Informationen über die Risiken – ganz unterschiedliche Geschäfts- oder Anlageentscheidungen treffen. Das liegt
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Risikokontrolle muss über kurze Fristen ’hinausgehen, da Fehlentscheidungen von heute in der Zukunft zu Verlusten führen können ’
daran, dass jedes Institut über eine eigene, gewachsene Risikokultur verfügt. Es ist wie im täglichen Leben: Wenn zwei Menschen gesagt wird, dass sie in ihrem Auto mit 1%iger Sicherheit verunglücken werden, dürfte sich der eine zum Fahren entschließen, während der andere selbst dieses geringe Risiko vielleicht nicht eingehen will. Dieses Beispiel der Risikobeurteilung ist natürlich simpel im Verhältnis dazu, wie Risikomanager in Banken zu entscheiden haben. So konnte man im letzten Jahr beobachten, wie schnell sich die Risiken selbst ändern. Die Instrumente zur Identifikation und Messung von Risiken werden parallel zu diesen Veränderungen
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weiterentwickelt, um den Risikomanagern genügend präzise Informationen an die Hand zu geben. Hauptziel eines Unternehmens ist die Wertschöpfung. Dies gilt auch für Finanzinstitute. Allgemein gilt, dass die Erwartungen von Kunden, Aktionären, Analysten und anderen Marktteilnehmern bezüglich des Ertrags- und Wachstumspotenzials über die Bewertung einer Firma entscheidet. Ebenfalls zentral ist das Risikoprofil, mit dem dieses Potenzial umgesetzt werden soll. In dieser Hinsicht lässt sich Risiko als die Abweichung von diesen Erwartungen definieren; die Abweichung selbst kann verschiedene Gründe haben.
Um die Risiken, denen Finanzinstitute ausgesetzt sind, besser darzustellen, ist zwischen zwei Risikoklassen zu unterscheiden: Geschäftsrisiko und inhärentes Risiko. Ersteres liegt außerhalb der Bank. Es spiegelt wider, wie das Institut dem Marktumfeld, der Branchen- und allgemeinen Wirtschaftskonjunktur, den Branchenaussichten und technologischen Veränderungen ausgesetzt ist. Inhärente Risiken ergeben sich aus den täglichen Geschäftsentscheidungen: Kredit-, Marktund Liquiditätsrisiken sowie Folgerisiken, die etwa aus der Abwicklung sowie aus Compliance-, Rechts- und Steuerfragen entstehen. Einige Risiken lassen sich durch Verfahren wie Stress-Testing und
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Richtungswechsel: Das Unerwartete bietet Anlass, Annahmen zu überprüfen und Wahrscheinlichkeiten zu präzisieren.
trolle tätig sind, ist mitverantwortlich für die Wahrung der Reputation der Bank. Unser unabhängiger Prozess der Risikokontrolle soll einen Rahmen bilden, mit Hilfe dessen alle Mitarbeiter dem Doppelziel Risikomanagement und Ertrag gerecht werden. Gerade im letzten Jahr hat sich dieser Risikokontrollprozess den Anforderungen eines ungewöhnlich volatilen Wirtschafts- und Investitionsumfeldes gewachsen gezeigt.
Value-at-Risk (VaR) genau bestimmen und messen. Finanzinstitute erheben mit solchen Verfahren Daten über Risiken in ihrem gesamten Unternehmen. Risikomanagement ist aber auch ein Lernprozess. Jede neue Erfahrung – letztes Jahr hat uns viele beschert – schenkt uns wertvolle Informationen, mit denen sich der Prozess verfeinern lässt. Die 2001 aufgetretenen Probleme, vom ungünstigen Markt- und Wirtschaftsumfeld bis zu den Auswirkungen des Terrorismus, stellten die Risikomanagementsysteme sämtlicher Finanzinstitute auf eine harte und nicht erwartete Bewährungsprobe. Doch das Unerwartete bietet Anlass, Annahmen zu überprüfen, Wahrscheinlichkeiten zu präzisieren und allgemein robuste Risikokontrollsysteme noch zu verbessern. Für Finanzinstitute sind Risiken Teil des Geschäftes – in einem kontrollierten
Ausmaß allerdings. Auch bei der täglich komplizierter werdenden Regulierung dieser Branche wird anerkannt, dass das Risiko dazugehört. Ziel ist, die unterschiedlichen Ebenen von Risiken für Aktionäre und Kunden transparenter zu machen, auch um die Stabilität des gesamten Finanzsystems zu sichern. Jede Bank entscheidet selbst, wie viel Risiko sie eingehen will. Bei UBS gehen wir bei der Risikoeinschätzung davon aus, dass sich die Bank nur in Geschäften engagiert, wenn wir einen guten Überblick über die möglichen Ergebnisse haben und mögliche Auswirkungen auf unser Geschäft quantifizieren können. Wir wissen auch, dass Risikokontrolle mehr als nur das Management finanzieller Risiken umfasst. Genauso wichtig ist die Wahrung unserer Reputation. Die Grundsätze unseres Risikomanagements sind einfach: Jeder Mitarbeiter, besonders jene, die in der Risikokon-
Walter Stürzinger wurde im Januar 2001 zum Chief Risk Officer bei UBS ernannt. Er stieß 1994 als Leiter des Group Internal Audit zu UBS. Er ist Mitglied des Group Managing Board der UBS.
Marco Suter wurde 1999 zum Group Chief Credit Officer ernannt und ist Mitglied des Group Managing Board der UBS. Er startete seine Bankkarriere 1974 beim Schweizerischen Bankverein. Links zum Thema: risk.ifci.ch Website des International Financial Risk Institute. www.bis.org Website der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ).
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Eine Frage der Wahrnehmung:
Wie Risiko und Rendite abzuwägen sind
Fotos: Prisma
Risikomanagement hat mehr mit vergangenen Erfahrungen als mit Risiko zu tun. Beim Portfolioaufbau darf der Anleger nicht nur auf seine Intuition hĂśren.
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Vorsicht: Anleger lassen sich in ihrem Urteil häufig durch kognitive, intuitive und kulturelle Faktoren beeinflussen.
halbwegs zu, höchstens unter den im ersten Absatz beschriebenen Umständen. In Situationen hingegen, wo sich ein Verlust einer Investition abzeichnet, neigen Anleger oft zum Spiel mit dem Feuer und gehen Risiken ein, die sie unter normalen Umständen vermeiden würden. Dahinter steckt der Wunsch, mindestens ausgeglichen abzuschließen. Fazit: Anleger sind entschieden verlustscheu.
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luges Investieren bedingt ein Verständnis dafür, wie Menschen auf wirtschaftliche und finanzielle Unsicherheit reagieren. Die klassische Wirtschaftslehre geht davon aus, dass die Erwartungen von Menschen an die Zukunft einerseits die Summe aller ihnen verfügbaren Informationen reflektieren, aber auch das Bestreben, Risiken zu vermeiden. Meist ziehen Privatanleger den Spatz in der Hand (z.B. 100 000 US-Dollar auf sicher) der Taube auf dem Dach (riskante 50% Chance auf 70 000 oder 130 000 US-Dollar) trotz eigentlich gleichwertigem Durchschnittsergebnis vor. Die Finanzpsychologie kommt neuerdings zu einem weniger optimistischen Schluss: Auf Intuition ist bei Geld- und Finanzgeschäften kein Verlass. Natürlich geben Anleger ihr Bestes, doch ihre Fähigkeiten sind weit vom Ideal des Homo oeconomicus entfernt – sie sind auch
«nur» Menschen. Sie vereinfachen den Entscheidungsprozess mit Heuristiken, berücksichtigen Alternativen kaum und nehmen selektiv nur noch die Hauptaspekte des Problems wahr. Sie versuchen nicht, Entscheidungen kontinuierlich zu
Die Definition von Verlust und Gewinn hängt davon ab, wie der Status quo festgelegt wird. Als Anhaltspunkt bietet sich hier die Frage nach den Anlagezielen an: Will man den Kapitalbetrag (ursprüngliche Anlagesumme) erhalten? Die Performance eines Index (z.B. S&P 500) erreichen? Oder verfolgt man andere Ziele? Stimmung und Präferenzen von Anlegern verändern sich ständig. Viele Leute biegen ihre Zielsetzungen nachträglich zurecht, um eine Erklärung für die erzielten Ergebnisse zu haben. Ganz nach dem Motto: alles in Butter, Gesicht gewahrt. Nehmen wir das zweite Quartal 2002 als Beispiel. Die US-Aktienmärkte fielen um rund 13%. Trotzdem gab es Anleger, die sich damit trösteten, mindestens einen Aktien-Leitindex geschlagen zu haben.
Menschen denken in Stereotypen, ziehen leicht‘gläubig Schlüsse aus kleinen Datenmengen und lassen sich oft vom ersten Eindruck täuschen ’ verbessern. Vor allem lassen sie sich aber in ihrem Urteil durch kognitive, intuitive und kulturelle Faktoren beeinflussen. So trifft die Theorie der Risikoaversion nach der Finanzpsychologie nur
So wie wir das Ergebnis unserer Entscheidungen bewerten, so fühlen und entscheiden wir uns auch. Manchmal trauern wir einer Entscheidung nach und wünschen uns, eine andere getroffen zu
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haben. So bedauert es heute eine Freundin von mir, ihr Erbe in einem niedrigverzinslichen Sparkonto angelegt und dadurch die Börsenhausse der 90er Jahre verpasst zu haben. Ihre Erfahrung belegt den Einfluss von Informationen darüber, was hätte sein können. Bedauern heißt, dass man das Rad der Zeit am liebsten zurückdrehen möchte, um Fehler auszubügeln. Anleger wollen anscheinend so wenig wie möglich bedauern müssen. Was sich heute Risikomanagement schimpft, ist eigentlich zu 90% «Reuevermeidung». Die Angst, zu bereuen, führt letztlich zu unerwünscht verzerrten Entscheidungen. So können zum Beispiel tiefere Kosten Anleger dazu bewegen, einer schlechten Strategie treu zu bleiben. Allzu hohe Investitionen versperren Anlegern – oft bar jeglicher Vernunft – den Ausstieg; die Vergangenheit hat sie fest im Griff. Angst kann sich aber auch positiv auswirken, sofern sie überstürzte Entscheidungen verhindert. Nicht immer steht aber die durch Anlageentscheidungen ausgelöste Ernüchterung im Vordergrund. Ob Bedauern empfunden wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Rechnet der Anleger mit Feedback, wenn er auf eine Gelegenheit verzichtet? Trägt der Anleger die alleinige Verantwortung oder kann er die Schuld auf jemand anderen abwälzen? Hat der Anleger bereits günstige Gelegenheiten ausgelassen und dies in schmerzlicher Erinnerung behalten? Die Verhaltensforschung zeigt, dass Menschen ihre Finanzgeschäfte in mentale Konten aufgliedern. Beispiele solcher Konten sind «meine Position in DaimlerChrysler» oder «meine Anlagen in Anleihefonds». Gewöhnlich wird die Performance eines jeden Kontos getrennt beurteilt. Dies erklärt mitunter Entscheidungen, die objektiv, also aus Sicht des Gesamtportfolios, absurd sind. Titel einzeln zu bewerten, kann zum Beispiel dazu führen, dass man unwissentlich an minderwertigen Aktienportfolios festhält. Diese mentale Buchhaltung rührt vom kognitiven Bedürfnis nach Vereinfachung her, vom Wunsch, Herr seiner Gefühle zu sein, und von der Erfordernis, Entscheidungen mit Angehörigen abzustimmen. Richard Thaler, Professor an der Universität Chicago, hat einige dieser Ideen auf die Psychologie des Sparens übertragen. Seiner Ansicht nach haben die meisten Familien ein Privat-, ein Depot- sowie ein Konto für künftige Einnahmen. Die Sparneigung steigt von Konto zu Konto. Mit einem Modell, das dem Anleger zwei Persönlichkeiten zuschreibt, erklärt er, wie eine Familie ihr Erspartes einteilt. Dabei schreibt der weitsichtige Planer dem kurzsichtigen Macher vor, wie viel er von einem Konto für einen bestimmten Zweck ausgeben darf. Während es durchaus akzeptabel ist, die Anzahlung bei einem Haus-
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kauf über das Depotkonto zu bestreiten, gilt dies für die Finanzierung von Urlaub nicht. Maßgebend für das Verhalten von Anlegern ist zudem, für wie unsicher sie die wirtschaftlichen Aussichten erachten. Die Annahme, menschliches Verhalten spiegle echtes Wirtschaftsverständnis wider, wäre eine unzulässige Vereinfachung. Die Haupterkenntnis der Untersuchung intuitiver Entscheidungsfindung ist die, dass Menschen systematisch von ihren kognitiven Vorurteilen gelenkt werden. Wir denken in Stereotypen, ziehen leichtgläubig Schlüsse aus kleinen Datenmengen, messen relevanten Informationen allzu große Bedeutung bei und lassen uns oft vom ersten Eindruck täuschen. Außerdem neigen Menschen – vor allem Männer – zu Überheblichkeit. Sie überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten. Laut einer neuen Studie über den Aktienhandel in den USA handeln allein stehende Männer
Hochs und Tiefs: Die Erfahrung zeigt, dass Anleger alles daran setzen, zukünftige Schäden zu vermeiden.
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67% mehr als ihre weiblichen Pendants – notabene mit 2,3% geringerem Erfolg. Erstaunlicherweise beharrt der Mensch auch dann noch auf der Gültigkeit seiner Prognosen, wie beispielsweise den Sieger eines Fußballspieles vorauszusagen, wenn er genau weiß, dass seine Erfolgsquote alles in allem eher niedrig ist. Eine Entscheidung aufgrund einer statistischen Wahrscheinlichkeit hat nur subjektive Aussagekraft. In Bezug auf das Wahrscheinlichkeitsdenken zeigten die beiden Briten George Wright und Lawrence Phillips in den 70er und 80er Jahren, dass die interkulturellen Unterschiede (z.B. zwischen Briten und Asiaten) im Vergleich zu den intrakul-
turellen (z.B. zwischen indonesischen Muslimen und Christen) und geschlechterspezifischen Unterschieden recht groß sind. Trotz ähnlicher Erfolgsquoten der verschiedenen Gruppen definierten Asiaten Risiko allgemeiner. Sie sagten zum Beispiel eher, sie wären sich 100% sicher, auch wenn diese angebliche Sicherheit illusorisch war. Anlegen ist eine Tätigkeit, die gerne am Stammtisch diskutiert und in den Medien behandelt wird. Eine Befragung finanzkräftiger Anleger in sechs Ländern Europas bestätigte jüngst, dass in diesem Zusammenhang Kultur wichtig ist. Mehr als andere Investoren glauben Aktienanleger an ihren Erfolg und ihre Entscheidungsfreude. Sie bewundern Unternehmergeist, haben Spaß am Investieren und erachten Aktien als die langfristig beste Anlage. Anleiheanleger dagegen sorgen sich mehr um die Zukunft und fürchten sich vor Misserfolgen. Sie halten stärker dafür, Regulierung sei zum Wohle der Gesellschaft. Die Aktienmarktvolatilität macht ihnen Sorgen, und sie glauben fest an eine ethische Dimension des Anlegens. Wir dürfen davon ausgehen, dass kulturelle Werte und Ansichten, die Menschen von sich und der Welt haben und die mit ihrer nationalen Identität verknüpft sind, in Zusammenhang stehen mit der Anziehungskraft gewisser Vermögensklassen und Anlagestrategien.
Werner de Bondt ist Frank-Graner-Professor für Vermögensverwaltung an der University of Wisconsin-Madison, wo er Wertschriftenanalyse, Vermögensverwaltung und Finanzpsychologie lehrt. Er ist auch Direktor des Driehaus Center for Behavioral Finance an der DePaul University in Chicago. Links zum Thema: www.psychologyand markets.org Das Institute of Psychology and Markets untersucht die Psychologie von Anlegern und ihren Entscheidungen. www.mpib-berlin.mpg.de Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung präsentiert auf seiner Website über adaptives Verhalten die Strategien, mit denen Menschen in unsicheren Situationen Urteile fällen. Weitere Links unter www.ubs.com/optimus
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Weiterhin schwierige Zeiten:
Weltwirtschaft kommt nicht in Fahrt Die Weltwirtschaft dürfte sich bis weit in das Jahr 2003 hinein schleppend entwickeln. Eine expansive Geld- und Haushaltspolitik sollte einen Rückfall in die Rezession verhindern. Solange eine solche nicht eintritt, dürften sich die Unternehmensgewinne erholen, was Unternehmensanleihen und letztlich auch Aktien begünstigen wird. Der US-Dollar behält seinen mittelfristigen Abwärtstrend bei. Die politischen Risiken bleiben hoch.
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m Sommer enttäuschte in den USA wie in Europa eine Flut von schlechten Nachrichten die Hoffnungen auf eine zügige Erholung der Wirtschaft. Auch die von einem beträchtlichen Exportwachstum gestützte Konjunkturbelebung in Japan scheint zum Stillstand zu kommen. Lateinamerika findet aus der Krise nicht heraus. Dementsprechend korrigieren wir unsere Prognosen für das BIP-Wachstum in diesem und dem nächsten Jahr nach unten. Im Gegensatz zu Lateinamerika scheinen die Emerging Markets in Asien als Einzige ein recht robustes Wachstum aufzuweisen. Derweil hat die Industrie weiter mit negativen Faktoren zu kämpfen. Der bedeutendste ist die hohe, im Boom der 90er Jahre aufgebaute Verschuldung der Unternehmen und – in geringerem Maße – auch der Haushalte. Kommt hinzu, dass die schwere Aktienmarktbaisse am Vertrauen nagt. Zusammen mit der Schwäche vieler
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Aktive Strategie für ausgewogene Euro-Portfolios: Anleihen
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September 2002: Ein neutrales ausgewogenes Euro-Portfolio ist zu 50% in Aktien, 45% in Anleihen und 5% in liquiden Mitteln angelegt. Im September wurden Aktien mit 2% zusätzlich leicht übergewichtet.
Marktsegmente bei Unternehmensanleihen erhöhen die niedrigen Aktienkurse die Finanzierungskosten der Firmen. Unter dem Druck der Aktionäre stufen die Manager Investitionspläne zurück und verfolgen eine zurückhaltende Personalpolitik. Es besteht die Gefahr, dass sich diese Entwicklung zu einem Teufelskreis entwickelt und zu einer so genannten «Double-Dip»-Rezession auswächst. Positiv zu beurteilen ist, dass die Lagerbestände der Unternehmen jetzt ausgedünnt sind und sich der amerikanische Wohnungsmarkt gut hält. Außerdem können die geldpolitischen Instanzen die Zinsen bei rückläufiger Inflation niedrig halten. Wenn die Konjunktur nicht von selbst anspringt, könnte es in den nächsten Monaten sogar zu einer weiteren Zinssenkungsrunde sowie Steuersenkungen in den USA kommen. Das Federal Reserve Board hat zu einer expansiven Grundhaltung zurückgefunden, und auch die Europäische Zentralbank hält eine restriktivere Geldpolitik zurzeit für unangemessen. Eine weitere Lockerung der Geldpolitik würde die Konjunktur zwar nicht direkt ankurbeln, wohl aber die Kreditvergabe der Banken erleichtern, die Anleihemärkte entlasten und die Refinanzierungskosten für Verbraucherkredite verringern. Die wirtschaftliche Labilität wird allerdings durch politische Risiken verstärkt. Es wird immer wahrscheinlicher, dass die USA ihre Kampagne zur Entmachtung Saddam Husseins im Irak vorantreiben. Die Bemühungen der US-Regierung um internationale Unterstützung werden Zeit kosten, aber ihre Pläne letztlich nicht aufhalten. Angesichts der militärischen Überlegenheit der USA würde sich ein etwaiger Konflikt wohl kaum in die Länge ziehen. Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen dürften begrenzt sein, da Irak derzeit nur wenig zur Weltölversorgung beiträgt. Das Risiko eines militärischen Konfliktes wird jedoch die Spannungen erhöhen und die Zurückhaltung verstärken. Fazit: Das schleppende Wachstum der Weltwirtschaft wird länger als erwartet anhalten, doch eine erneute Rezession dürfte vermeidbar sein. Politische Risiken erhöhen die Unsicherheit.
Wachstums-/Inflationszahlen und Prognosen (in % per September 2002) BIP-Wachstum OECD1 USA Kanada Japan Euroland GB Schweiz Asien2 Lateinamerika Osteuropa3
2001 0,7 0,3 1,5 -0,6 1,5 2,2 1,3 4,9 0,2 4,0
Inflation ohne Türkei und Mexiko
1
2002 1,8 2,3 2,8 0,0 1,1 1,3 1,0 6,0 -1,3 3,2 2
ohne Japan
Inflation 2003 2,4 2,5 3,0 0,8 2,2 2,5 1,8 6,5 3,0 3,6
3
2001 3,5 2,8 2,5 -0,7 2,5 2,1 1,0 2,6 5,4 13,5
2002 2,1 1,5 1,1 -0,8 1,9 2,2 0,9 1,8 19,1 10,3
2003 2,1 2,4 2,2 -0,8 1,6 2,4 1,2 2,5 9,8 8,9
einschließlich Russland
Prognosen für Zinssätze und Wechselkurse (in % per September 2002)
USA Kanada Japan Euroland GB1 Schweiz 1
Kurzfr. Zinsen (3 Mte.) Ende 2002 Mitte 2003 1,9 2,3 3,3 3,6 0,1 0,1 3,1 3,0 4,0 4,0 0,8 1,5
Anleiherendite (10 Jahre) Ende 2002 Mitte 2003 4,3 4,8 4,8 5,1 1,3 1,5 4,5 4,7 4,6 4,8 3,1 3,3
$-Wechselkurs 12 Mte. – 1,52 110,00 1,10 1,62 1,35
$/£
Wenn wirtschaftliche und politische Entwicklungen auch Anlass zur Besorgnis geben, haben die Aktienmärkte auf diese Risiken möglicherweise überzogen reagiert und dabei positive Unternehmensentwicklungen übersehen. Der Aktienbaisse der vergangenen zwei Jahre liegt, abgesehen von der Rezession und den überhöhten Aktienbewertungen, der drastische Rückgang der Unternehmensgewinne zu Grunde. Diese Tendenz setzte schon 1997 ein, doch auf Grund von Aktienrückkäufen und verschiedenen Bilanzierungspraktiken (z.B. wurden ausgeübte Aktienoptionen nicht als Aufwand verbucht) trat der Rückgang der Gewinne je Aktie erst in den Ertragszahlen 2001 zu Tage. Der jüngsten amerikanischen Einkommensstatistik zufolge tendieren die Unternehmensgewinne allerdings bereits wieder nach oben; Kostenkontrolle, niedrige Zinsen und deutlich geringere Optionsauszahlungen zeigen Wirkung. Wir
rechnen damit, dass dieser Trend in den USA und anderen Regionen anhält, sofern nicht eine erneute Rezession eintritt. Die Erholung bei den Cashflow- und Gewinnzahlen dürfte zunächst die Märkte für Unternehmensanleihen begünstigen, da das Ausfallrisiko sinkt. Mittelfristig wird diese Tendenz wohl auch die Aktienmärkte stützen. Nach unseren Bewertungsmodellen ist nur ein bescheidenes Gewinnwachstum erforderlich, damit die wichtigsten Aktienmärkte wieder fair bewertet sind. Hingegen betrachten wir hochwertige Anleihen, vor allem Staatspapiere, als überteuert. Die realen Renditen zehnjähriger US-Treasury-Bills sind auf rund 2% gerutscht, also deutlich unter ihren historischen Durchschnitt. Sollten sich Wirtschaft und Aktienmarkt auch nur leicht erholen, könnten diese Werte empfindliche Rückschläge erleiden. Selbst bei moderaten Aussichten für die Aktienerträge
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USA, Japan und Europa: drastischer Rückgang des realen BIP-Wachstums im letzten Jahr 6% 5% 4% 3% 2% 1% 0% -1% -2% -3%
1996
1997
1998
1999
USA
2000
2001
Eurozone
Relative Performance von US-Aktien zu US-Staatsanleihen 300 280 260 240 220 200 180 160 140 120 100 80 ’89
’90
’91
’92
’93
’94
’95
’96
’97 ’98
sollten diese über einen Anlagehorizont von zwölf Monaten besser abschneiden als hochwertige Anleihen. Deshalb behalten wir die leichte Übergewichtung von Aktien im Vergleich zu Anleihen bei. Seit zweieinhalb Jahren lässt sich die stärkste Aktienbaisse seit dem Zweiten Weltkrieg beobachten. Sie ging mit einer äußerst positiven Performance von «Safe Haven»-Werten, vor allem Staatsanleihen, einher. Aufgrund der Baisse ist der durchschnittliche Aktienertrag inzwischen drastisch geschrumpft. Verglichen mit dem von Anleihen liegt der Ertrag von Aktien jetzt weit unter historischen Durchschnittswerten. Dies ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die Überbewertung der Aktien korrigiert ist. Zwar könnten wirtschaftliche Labilität und politische Schocks die Kurse von Aktien kurzfristig weiter sinken und die von Anleihen noch steigen lassen, aber wohl nicht mehr lange. Bei vernünftiger Wirtschaftspolitik,
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’99
’00
’01
Der Finanztheorie zufolge sollte der Ertrag von Aktien wegen des höheren Risikos über dem von Anleihen liegen.
hohem Produktivitätszuwachs und der sich abzeichnenden raschen Anpassung der Unternehmen steigt die Rentabilität wieder. Darin liegt der Schlüssel zu einer allmählich sich verbessernden Aktien-Performance. Fazit: Die allmähliche Erholung der Gewinne dürfte Aktien stützen, während hochwertige Anleihen überbewertet erscheinen. Wir gehen davon aus, dass Aktienerträge über einen Horizont von zwölf Monaten Erträge aus liquiden Mitteln und Anleihen übertreffen.
Nach einem drei Monate dauernden Rückgang erholte sich der US-Dollar – begünstigt durch höhere Nettokapitalzuflüsse – im August. Gespeist wurde dieser Zustrom von Rallys am amerikanischen Aktienmarkt, neuen Anleiheemissionen und Hoffnungen auf eine weitere Zinssenkung des Fed. Doch der Dollaraufschwung verlor Anfang September seine
2002
Japan
Ungeachtet zwischenzeitlicher Zweifel erholt sich die US-Wirtschaft. In Europa fängt die Konjunktur erst an, sich zu erholen; sie bewegt sich noch nahe dem Rezessionsniveau. Japan hat weiter mit anhaltender Rezession zu kämpfen.
Dynamik. Wir rechnen nicht mit einer dramatischen Abwertung des US-Dollar, wohl aber mit einem tendenziellen Rückgang. Die Währung ist nach wie vor überbewertet, und selbst nach dem Wertverlust von 10% gegenüber dem Euro in diesem Jahr muss der Dollar bis zum Fair Value noch weitere 10% nachgeben. Darüber hinaus ist der Wachstumsvorsprung der USA deutlich geschrumpft, während das Leistungsbilanzdefizit nicht zu sinken scheint. Mit anderen Worten: Zur Finanzierung dieses Defizits muss die übrige Welt weiterhin kräftig in die USA investieren. Da wenig dafür spricht, dass der Anlageertrag in den USA höher sein wird als anderswo, dürfte der Anreiz, die Dollarzuteilung in einem Portfolio zu erhöhen, gering sein. Somit wird eine Dollarabwertung wahrscheinlicher. Euro und Schweizer Franken dürften am ehesten von einer Dollarschwäche profitieren. Bei ebenfalls geringem Wachstum sind in Europa die Realzinsen höher und die Leistungsbilanzdefizite deutlich kleiner. Fazit: Der US-Dollar ist nach wie vor teuer und dürfte allmählich, vor allem gegenüber europäischen Währungen, an Wert verlieren.
Oliver Adler ist Leiter Investment Strategy des Investment Centers von UBS Wealth Management & Business Banking.
September 2002: Überblick über die Asset Allocation im Rahmen der UBS Global Balanced Strategies (nach Referenzwährung):
US-Dollar
Japanischer Yen
2% Emerging Markets 3% Japan 5%
8% Übriges Europa
Euro
2% Emerging Markets 3% Japan
2% Emerging Markets 10% USA
8% Übriges Europa
4% 4% $
8% Übriges Europa
10% USA
13% Euroland 13% Euroland
39% $
44%
36% ¥
29% Euroland
26% USA 19% Japan
Schweizer Franken
Pfund Sterling
2% Emerging Markets 3% Japan 9%
10% USA
2% Emerging Markets 3% Japan 4%
5% Schweiz 10% USA
3% GB
13% Euroland
21% Schweiz
Aktien
Markante Erhöhung der Gewichtung im letzten Quartal Markante Senkung der Gewichtung im letzten Quartal
2% Emerging Markets 3% Japan 4% 2% $
7% Übriges Europa 10% Euroland
13% Euroland 40% £
35% SFr.
Anleihen
Kanadischer Dollar
38% C$
19% GB
Diese Grafiken illustrieren die Portfoliostruktur für eine «ausgewogene» Strategie (mittleres Risiko) per September 2002 in den sechs wichtigsten Währungen. Die Strategien wurden im Sommer 2002 angepasst. Nach der Verkaufswelle im Juni und Juli wurden die Aktienpositionen wieder neutral gewichtet, danach leicht übergewichtet. Die Bewertungsunterschiede zwischen den Aktienmärkten haben sich deutlich reduziert. Deshalb wurde die Untergewichtung des US-Aktienmarktes aufge-
16% USA
14% Kanada
hoben. Nach einer OutperformancePhase zogen wir Mittel von den Börsen der Emerging Markets ab. Wir beschnitten Gewichtungen in Japan und wiesen dafür dem britischen Aktienmarkt Mittel zu. Die aktuelle Version der Asset Allocation ist über «optimus online», dem InternetService für optimus -Leser, unter der Adresse www.ubs.com/optimus abrufbar. Das Passwort finden Sie auf Seite 6.
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Das Risiko des Versicherers:
Machtlos gegen Wertewandel Die reduzierte Risikotoleranz in westlichen Gesellschaften führt dazu, dass die bewährte Finanzierung von Schadensfällen außer Kraft gesetzt wird, schreibt Dirk Lohmann.
Z
wei Trends lassen sich in den Industriestaaten feststellen, welche die Versicherungsbranche weltweit herausfordern. Technischer Fortschritt, aufgeklärte Menschen und intensive wissenschaftliche Forschung führen zu erhöhter Sensibilität gegenüber potenziellen Gefahren und Risiken. Gleichzeitig ist in diesen Gesellschaften eine Rechtskultur zu konstatieren, die eine allgemein reduzierte Risikotoleranz fördert. Die Folgen sind steigende Schadensersatzforderungen. Dieses höhere Risikobewusstsein und die verstärkte Aversion gegen potenzielle Risiken aller Art belasten zunehmend die bislang gültigen Formeln zur Versicherung von Risiken. Die Frage lautet nun: Wie können die gesellschaftlich bewährten und etablierten Methoden der privaten und staatlichen Finanzierung von Risiken gegenüber den entfesselten Kräften der Globalisierung und einem akzelerierten Wertewandel bestehen? Wer dem auf den Grund gehen will, dem sei ein Blick auf die Jurisdiktion empfohlen. Vor den Schranken der Gerichte wird gesellschaftliches Denken reflektiert und Wertewandel sichtbar. Wo sonst wird der Wert eines Lebens bestimmt oder die Folgen von Qualen und Leiden
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bemessen? Wo sonst wird beispielsweise beziffert, welchen Wert eine Gesellschaft dem Recht seiner Bürger auf intakte Lebensqualität beimisst? Seit in den vergangenen 50 Jahren zumindest in Europa der Wohlfahrtsstaat die Norm geworden ist und die soziale Sicherheit zugenommen hat, wähnt sich der Bürger gegenüber den Launen des Lebens einigermaßen sicher. Das hat aber auch dazu geführt, dass die Selbstverantwortung des Individuums ab und die Tendenz, bei Schadensfällen Schuldige zu suchen, zugenommen hat. Die Folge ist eine Rechtskultur, die diese Entwicklung fördert. Möglicherweise gehen Sie davon aus, dass ein Vertreter der Versicherungsbranche dies begrüßt, weil es die Geschäfte beflügelt. Eine hohe Anspruchsmentalität der Bevölkerung kombiniert mit einem erstarkten Bewusstsein für die eigenen Rechte muss zwangsläufig in eine prozessfreudigere Gesellschaft münden und damit die Nachfrage nach allen erdenklichen Versicherungsdienstleistungen ankurbeln. Vielleicht ist das in einer kurzfristigen Optik sogar richtig. Langfristig jedoch, davon bin ich überzeugt, wird dieser Drang nach materieller Kompensation die finanziellen Kräfte von staatlichen und privaten Versicherern überfordern.
Wir kennen die Verhältnisse in den USA, wo ein besonders prozessfreudiges «Milieu» herrscht. Ähnliche Entwicklungen sind aber auch in Europa zu beobachten. Die Höhe geforderter Kompensationen für erlittene Schäden mag anderswo geringer sein als in den USA, aber es ist klar, dass millionenschwere Klagen auch in Europa keine Einzelfälle mehr sind. Hinzu kommt, dass im Zuge der Globalisierung auch die Jurisdiktion eines Landes zunehmend internationalen Einflüssen ausgesetzt ist. Eine multinational tätige Firma ist heute schon multiplen Gerichtsbarkeiten unterworfen, und wir stellen fest, dass amerikanische Kläger zunehmend versuchen, US-Recht auch außerhalb der USA zur Anwendung zu bringen. Starke Prozessfreudigkeit, zunehmende Globalisierung von Klagen und Gerichtsorten sowie hohe Schadensersatzforderungen bleiben nicht ohne Folgen für die
sind: Einmal definierte Schadensersatzzahlungen können nicht einfach reduziert, Prämien während der Laufzeit der Verträge nicht erhöht und die Police nicht neu geschrieben werden, um diese gewandelten Rechtskulturen und Werthaltungen anzupassen. Die Konsequenz dieser Entwicklung ist sichtbar – die Konkurse von Versicherungsgesellschaften häufen sich. In den USA beispielsweise hat sich die Zahl der insolventen Versicherer im Verhältnis zu den im Markt tätigen Anbieter innerhalb von 30 Jahren verdoppelt. Persönlich bin ich davon überzeugt, dass das existierende Geschäftsmodell der Risikofinanzierung nicht mehr in der Lage ist, den Erfordernissen einer globalisierten Welt und dem rasanten technologischen Wandel gerecht zu werden. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir erst am Anfang stehen. In Zukunft werden uns noch ganz andere Fragen beschäftigen. Wer soll etwa für möglicherweise schädliche Nebenwirkungen in der Biotechnologie aufkommen, für die mögliche Infiltrierung der weltweiten Es ist eine Rechtskultur zu konstatieren, Lebensmittelversorgung und des menschlichen Gen-Pools durch genverändertes die eine reduzierte Risikotoleranz fördert. Material? Oder wie können zukünftige Risiken von neuen Technologien abgeDie Folgen sind steigende Schadensersatzschätzt, wie sollen die Kosten für unbeabsichtigte und unerwartete Konsequenzen forderungen solcher Technologien finanziert werden? Auf solche herausfordernde, aber auch spannende Fragen haben wir noch keine gültigen Antworten gefunden. Es Risikofinanzierung. Eine Versicherung verteilt bekannt- bleibt aber abschließend festzuhalten, dass eine verstärklich die Kosten potenzieller Risiken auf eine große Zahl te Zusammenarbeit zwischen Gesetzgeber, Versicherung von Policen mit unterschiedlichen, untereinander nicht und Versicherungsnehmer zwingend notwendig ist, dakorrelierbaren Risikoprofilen. Bleibt der Zeithorizont, mit den scheinbar unlösbaren Problemen mit kreativen über den Risiken abgeschätzt werden müssen, relativ Ansätzen entgegengetreten werden kann. kurz und das gesetzliche Umfeld stabil, funktioniert diese bewährte Methode der Schadensfinanzierung zum Wohle von Gesellschaft und Wirtschaft problemlos. Schwieriger wird es, wenn zwischen dem Abschluss einer Police und dem Eintritt eines Schadensfalles ein längerer Zeitraum liegt. Dieses Langfristrisiko birgt für den Versicherer etliche Gefahren, vor allem dann, wenn Dirk Lohmann ist CEO von nicht vorherzusehen ist, wie eine Gesellschaft und deConverium, des achtren Rechtsprechung einen Schadensfall in der Zukunft größten Rückversicherers bemessen wird. Wir nennen dieses Phänomen soziale der Welt. Der DeutschInflation und meinen damit jene Mehrkosten bei Eintritt amerikaner studierte eines Schadensfalles, die aus neuen VerantwortlichkeiVolkswirtschaft und Politologie an der Universität ten oder der Verletzung von individuellen Rechten reMichigan/USA. Seit 1980 sultieren, die zuvor als solche gesellschaftlich und rechtist Lohmann auf diversen lich nicht anerkannt waren. Dieser Wertewandel ist ein Managementstufen in der schleichender Prozess, dessen Wirkung erst mit der Zeit Rückversicherung tätig. Er sichtbar wird. Die Versicherer jedoch sind durch Vergilt weltweit als Autorität in dieser Branche. träge gebunden, die Jahre früher abgeschlossen worden
‘
’
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Bestehende Richtlinien einhalten:
Risikomanagement – ein fortlaufender Prozess Das ständige Überwachen des Risikopotenzials eines Portfolios ist ebenso wichtig wie der anfängliche Aufbau.
F
ür viele Privatanleger ist das Risikomanagement eine Angelegenheit von Finanzinstitutionen oder Branchen mit gefahrvollen Aktivitäten. Dabei betreibt doch ein jeder beim Abschluss seiner Haftpflichtversicherung oder beim Anlegen eines Sparbuches für schlechte Zeiten eine Art Risikomanagement. Das Sparen ist zwar keine besonders ausgeklügelte Form des Risikomanagements, führt uns aber dessen Prinzipien ganz deutlich vor Augen: eine möglicherweise widrige Entwicklung in Betracht ziehen, eine Strategie entwerfen, um den Schaden einer solchen Entwicklung zu begrenzen, und sich stur daran halten. Wie bei jeder anderen Form von Risikomanagement wird auch beim Kauf einer Versicherung oder beim Sparbuch das ausgeschlossene Risiko gegen die Kosten abgewogen. Sich gegen ein einzelnes Risiko abzusichern, ist relativ einfach. Das unablässige, effiziente Management des Risikos eines Portfolios hingegen ist kompliziert und verlangt spezifische Kenntnisse, Kompetenzen und Methoden, die nicht jedem zur Verfügung stehen. Wichtig ist aber, dass Sinn und Zweck des Risikomanagements vom Anleger verstanden werden, denn schließlich entscheidet er selber über das Maß an finanziellem Risiko, das er einzugehen bereit ist.
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Aus der Finanzindustrie weiß man, dass Risiko und Ertrag zusammenhängen. Daher beginnt der Prozess des Risikomanagements damit, für das Portfolio einen sinnvollen Rahmen festzulegen, der Anlageziele und Höchstmaß des für den Anleger akzeptablen Risikos berücksichtigt und diese auf die Eigenschaften der Anlagemöglichkeiten abstimmt. Die daraus resultierenden Richtlinien, die eine Liste der zum Portfolio passenden Anlagekategorien sowie Empfehlungen für deren Gewichtung und Umfang enthalten, bilden den Ausgangspunkt für jeden Anlageentscheid, der konsequent nach diesen Richtlinien gefällt werden soll. Während die subjektive Risikotoleranz auf Informationen beruht, die aus strukturierten Gesprächen mit dem Anleger stammen (UBS hat zu diesem Zweck eine auf Fragebogen basierende Interviewtechnik entwickelt), werden Potenzial und Dynamik der unterschiedlichen Anlagen mit Hilfe von statistischen und mathematischen, mit Langzeitdaten arbeitenden Methoden errechnet. Anhand der Analyse soll die Interaktion dieser Anlagen unter sich verändernden Marktbedingungen verstanden und ein Anlage-Mix gefunden werden, der es erlaubt, die vom Anleger gesetzten Ziele auch zu erreichen. Es empfiehlt sich, dabei nicht übermäßig auf historische Daten zu vertrauen, da
die verfügbaren Informationen möglicherweise nicht umfassend genug sind, um alle relevanten Ereignisse widerzuspiegeln. Bei UBS wird deshalb die Analyse der Erträge aus der Vergangenheit durch ausgefeilte Portfolio-Simulationstechniken wie «Stress-Testing» ergänzt. Dadurch können Extremsituationen nachgebildet werden, die sich – obwohl sie realistisch sind – in den historischen Daten nicht niederschlagen. Die im ersten Schritt des Risikomanagementprozesses erkannten Ergebnisse sind langfristig gültig. Die Ziele sollten jedoch regelmäßig überarbeitet und an größere Veränderungen
im Privatleben oder an signifikante Marktbewegungen angepasst werden. Ansonsten tut der Anleger gut daran, sich strikt an die Richtlinien zu halten. So lassen sich bei bedeutenden Marktkorrekturen Panikverkäufe vermeiden, ebenso wie leichtsinnige Käufe in Zeiten der Spekulation. Das oberste Gebot erfolgreichen Risikomanagements ist Disziplin. Der soeben beschriebene Rahmen ist noch leer und muss nun gefüllt werden. Zwar hilft das Risikomanagement nicht, die besten Wertpapiere zu identifizieren (das ist Aufgabe der Finanzanalyse). Doch können damit böse Überraschungen leichter vermieden werden, ohne auf das Gewinnpotenzial verzichten zu müssen. Die einfachste Methode ist die Diversifikation. Durch Anlegen in eine ausreichende Anzahl unterschiedlicher Titel können Anleger das Risiko ihres gesamten Portfolios
Auswirkung einer bestimmten Anlageentscheidung auf die Portfolioeigenschaften zu simulieren, bevor diese Entscheidung umgesetzt wird. Zudem erhält man so Gelegenheit, die Portfoliostruktur auf ihre Konsistenz mit den eigenen Markterwartungen zu testen. Fallen diese bezüglich der Aussichten für den Verbrauchersektor zum Beispiel sehr gut und hinsichtlich des US-Dollar eher schlecht aus, kann sichergestellt werden, dass Unternehmen dieser Branche im Aktienportfolio besonders berücksichtigt werden, ohne dabei das Dollarrisiko zu erhöhen. Außerdem soll unter Umständen gewährleistet sein, dass sich der Einfluss eines Anlagevorschlages auf das Risiko innerhalb der eigens definierten Grenzen situiert, um nicht zu stark von einer einzelnen Anlageentscheidung abzuhängen. Doch selbst das beste Rahmenwerk kann nicht vollkommen vor Unwägbar-
Risikomanagement hilft nicht, ‘die besten Wertpapiere zu identifizieren, wohl aber, böse Überraschungen zu
’
vermeiden
deutlich reduzieren, ohne allzu große Erträge opfern zu müssen. Raffinierter ist der Ansatz der statistischen Risikomodelle, mit denen ein Portfolio gründlich auf potenzielle Risiken hin durchleuchtet wird. Mit Hilfe eines Risikomodells lässt sich die Risikoentwicklung eines Portfolios fortlaufend beobachten. Darüber hinaus vermittelt es einem wichtige Informationen über den Einfluss jeder Position im Portfolio auf das Gesamtrisiko. Dies ist ein äußerst nützliches Mittel, das Risiko auf verschiedene Anlagen zu verteilen und dies bei Anlageentscheiden auch zu berücksichtigen. Vor allem aber ermöglichen es diese Modelle, die
keiten schützen. Vielleicht wird kurzfristig eine stattliche Summe benötigt, um eine unvorhergesehene Geschäftsmöglichkeit zu nutzen. Natürlich kann man für solche Fälle eine Bargeldreserve zurückhalten. Doch ist das – besonders im Hinblick auf verpasste Anlagechancen – möglicherweise eine kostspielige Lösung. Daher ist es in einem solchen Fall vielleicht besser, bei der Festlegung der langfristigen Anlagestrategie unerwartete Gelegenheiten gar nicht zu berücksichtigen. Sollte sich eine solche Gelegenheit ergeben, bleibt immer noch die Option, das Risiko des Anlageportfolios vorübergehend zu verringern, bis klar ist, zu welchem Datum wie viel
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Liquidität benötigt wird. In diesem Fall ist wahrscheinlich auch die langfristige Strategie zu überprüfen, da sich die persönliche Situation des Anlegers möglicherweise verändert hat. Für gewöhnlich neigen Privatanleger allerdings dazu, Risiken zu ignorieren, bis tatsächlich eine ernsthafte Krise, etwa ein Börsencrash, eintritt. Theorie, Praxis und gesunder Menschenverstand zeigen, dass die Risikoeindämmung am meisten kostet, wenn die Marktstimmung schlecht ist, da andere Anleger ebenfalls versuchen, ihr Risiko zu reduzieren. Absicherungen sind nach einem Börsenkrach immer teurer, denn ein jeder will verkaufen
und nur wenige sind bereit zu kaufen (siehe Grafik). Eine Risikoeindämmung unter diesen Umständen ist nur zu empfehlen, wenn sie unbedingt notwendig ist, da man seine Vermögenswerte zu sehr niedrigen Preisen abstoßen muss, und das zu einem Zeitpunkt, wo eine weitere markante Abwärtsbewegung relativ unwahrscheinlich und das Aufwärtspotenzial recht hoch ist (es sei denn, es gibt gute Gründe für anhaltenden Pessimismus). In diesem Fall sollte man lieber die Panikstimmung ausnutzen, indem man angeschlagene Werte kauft oder (was schwieriger ist) Volatilität verkauft, zumindest aber das Portfolio neu ausrichtet.
Volatilität an der Chicago Board Options Exchange 120
100
Kurzfristiger Anstieg der Volatilität bei Optionen nach der Finanzkrise von 1987
80
60
40
20
Implizite Volatilität von Optionen im Durchschnitt
0 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Wöchentliche Daten: Januar 1986 bis Juni 2002
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José Antonio Blanco leitet die Einheit Investment Analysis des Investment Centers von UBS Wealth Management & Business Banking.
Illustrations: Mayo Bucher
Risikomanagement ist ein grundlegendes Element der effizienten Portfolioverwaltung. Wenngleich einige Schritte besondere Kenntnisse sowie Zugang zu hoch entwickelten Techniken erfordern, sind die Hauptelemente leicht verständlich und einfach umzusetzen. Im Wesentlichen ruht ein effizientes Risikomanagement auf den drei Säulen Planung, Diversifikation und Disziplin. Zunächst sollte der Anleger seine Strategie entwickeln und dabei allen bekannten und relevanten Fakten, einschließlich der eigenen Risikotoleranz, Rechnung tragen. Dann sollte er die Anlagen seines Portfolios einer sorgfältigen Prüfung unterziehen und die Gründe für seine Wahl sowie seine Erwartungen hinsichtlich Performance notieren. Hierbei ist Realismus gefragt. Weist die Strategie in der Praxis eindeutige Mängel auf oder wurden die Ziele erreicht, sollten die Positionen in den entsprechenden Anlagen abgebaut werden. Quellen für Erträge (und Risiken) sollten ohne Gefühlsduselei diversifiziert werden. Vorsicht: Der Plan gilt auch bei schlechten Marktbedingungen! Hedging ist besonders bei negativer Marktstimmung teuer. Selbstverständlich hängen die zu erwartenden Erträge stark vom eingegangenen Risiko ab. Wer kein Risiko will, muss folglich mit geringeren Erträgen leben können.
Die Schönheit der Zerbrechlichkeit Glaskunst:
Zeitgenössische Glaskreationen haben sich zu einem eigenständigen künstlerischen Genre entwickelt.
I
n Kunst und Wissenschaft ist nie etwas völlig neu. Manchmal aber können erstaunliche Entwicklungen den Gang der Geschichte verändern. So geschehen beim Glas, als im 20. Jahrhundert die Glasmacherei auch außerhalb der Fabrikhallen in den Künstlerateliers Fuß zu fassen begann und gläsernes Design und Dekor dem freien künstlerischen Ausdruck weichen musste. Bis in die späten 60er Jahre und während seiner gesamten 5000-jährigen Geschichte wurde Glas, so schön und dekorativ es auch war, industriell hergestellt und galt als Gebrauchsgegenstand. So war die Glaskunst bis vor kurzem fest mit der Industrie verknüpft. Glas ist eine erstaunliche Substanz: das erste von Menschenhand gefertigte synthetische Material, Ergebnis eines Schmelzvorganges von einfachen Rohstoffen, Sand und Quarz (Kalk und Alkali wie Soda und Pottasche). Obwohl sich seine Erfindung nicht genau datieren lässt, war es bereits in der Bronzezeit rund 3000 v. Chr. bekannt. Von Anfang an galt es als magisch und kostbar. Das früheste Glas wurde in Öfen geformt bzw. gegossen. Im ersten Jahr-
Der größte Glasmacher aller Zeiten: Emile Gallé (1846–1904).
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Der begnadetste zeitgenössische Glasbläser: Lino Tagliapietra.
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entdeckte, gab er die Malerei auf und widmete sein Leben ganz der Glaskunst. Beide Glaskünstler genossen zwar noch zu Lebzeiten Anerkennung, geschichtliche Bedeutung erlangten sie jedoch erst, als sie in den späten 60er Jahren von Sammlern und Händlern «wieder entdeckt» wurden. Heute kostet ein Gallé mehr als 1 Mio. US-Dollar. Die größte Revolution in der Glasmacherei fand aber im 20. Jahrhundert in den USA statt, als Harvey Littleton (der heute als «Begründer der zeitgenössischen Studioglasbewegung» gilt) zu erkunden begann, ob sich das Glasmachen aus der Fabrik ins eigene Studio verlagern ließe. Die ersten Experimente 1962 in einer Garage im Toledo Museum of Art bewiesen: Ja, es war möglich. Die anfänglichen Schmelzversuche mit einem umgerüsteten Keramikbrennofen brachten unförmige Gefäße hervor, die durch ihre freien und kühnen Formen bestachen. Der Versuch im Toledo Museum wirkte wie ein Beben, dessen Wirkung auf der ganzen Welt spürbar war. Innerhalb kürzester Zeit wurden an zahlreichen US-Universitäten Abteilungen für Glaskunst eröffnet. Zu den ersten «Glasdiplomanden» Anfang der 70er Jahre gehörten in der Glaswelt noch heute renommierte Namen wie Dale Chihuly, Dan Dailey und Marvin Lipofsky. Die Öffentlichkeit wurde 1979 mit der vom Corning Museum of Glass organisierten Wanderausstellung «New Glass: A Worldwide Survey» erstmals auf die neue Kunstform aufmerksam. Die amerikanischen Glaskünstler waren weit gereist, um ihre Glastechniken zu verfeinern. Überall auf der Welt, nicht zuletzt in Europa, trafen sie auf andere Künstler. Und so entstand die zeitgenössische Studioglasbewegung durch einen internationalen Ideenaustausch. Auf einer Deutschlandreise lernte Harvey Littleton Erwin Eisch kennen, einen der ersten europäischen Künstler, der die Glasmacherei mit einer Kunstausbildung verband. 1967 traf Chihuly bei der Weltausstellung in Montreal Stanislav Libensky. Heute zählen Libensky und seine Frau Jaroslava Brychtova zu den berühmtesten Glaskünstlern. Venedig gehörte bei den amerikanischen Glaskünstlern zu den beliebtesten Reisezielen. So dauerte es nicht lange, bis ein reger Austausch zwischen Murano und den US-Glaszentren, insbesondere Seattle, dem Venedig des Westens, zu Stande kam. Dort gründete Chihuly 1971 die Pilchuck Glass School, wo viele der weltweit besten Glaskünstler unterrichteten. 1979 reiste der Italiener Lino Tagliapietra, der begnadetste zeitgenössische Glasbläser, erstmals in die USA, um an der Pilchuck zu lehren. Die italienische Glasblaskunst wird inzwischen weltweit von vielen jungen Glasmachern praktiziert.
Foto: Russel Johnson
hundert v. Chr. begannen die Römer als Erste, mit einem einfachen Hilfsmittel Glas zu blasen. Historisch gesehen kam die Glastradition aus dem Nahen Osten nach Europa, wo sie in Deutschland und vor allem in Italien zur Blüte gelangte. Venedig war bereits im Mittelalter eines der Zentren der Glaskunst. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erlebte die Glaskunst zuerst in England und später auch in Frankreich einen Aufschwung. Ab 1880 wurde die Kunst des Glasmachens vom wohl größten Glasmacher aller Zeiten, dem Franzosen Emile Gallé (1846–1904), der in Nancy lebte und arbeitete, nachhaltig verändert. Gallé war nicht nur Industrieller, sondern auch Poet und Träumer, der glaubte, im Glas die Geheimnisse der Natur ausdrücken zu können. Er nutzte die Fähigkeiten seiner Glasmacher zur Verwirklichung seiner künstlerischen Entwürfe – die gläsernen Gegenstücke zum Symbolismus in der Dichtung. Seine besten Arbeiten, im Jahre 1900 auf der Weltausstellung in Paris gezeigt, stießen auf Verwunderung und kritischen Beifall. Gallés Umgang mit Glas erlangte Vorbildcharakter und wurde wegweisend für die Geschichte des Glases. Doch so sehr ihn das Material als Wissenschaftler und Künstler faszinierte, bearbeitete er es doch niemals selbst, sondern vertraute die Verwirklichung seiner Träume seinen Fabrikarbeitern an. Der erste Künstler, der Glas mit seinen eigenen Händen bearbeitete, war der fauvistische Maler Maurice Marinot (1882–1960). Als er das neue Medium
Foto: Russel Johnson
Doch auch andere europäische Glaszentren wie Großbritannien, Frankreich, Holland, Deutschland und Skandinavien blicken auf eine reiche Glasgeschichte zurück und reagierten doch ganz unterschiedlich auf die Entwicklungen der zeitgenössischen Glaskunst. 1986 gründete Finn Lynggaard in Dänemark das dem neuen Glas gewidmete Ebeltoft Museum. In Schweden dominiert vor allem Bertil Vallien, der sowohl nationale als auch internationale Anerkennung genießt und in Afors (Teil der KostaBoda-Glaswerke) eine ganze Fabrik zur Herstellung seiner Objekte betreibt. Er ist einer der zahlreichen renommierten schwedischen Vertreter der zeitgenössischen Glaskunst. In Finnland erlangte Tapio Wirkkala (1915–1985) noch zu Lebzeiten internationale Berühmtheit. Heute hat ihn Timo Sarpaneva abgelöst. Doch auch er ist nur einer der vielen talentierten Glaskünstler aus diesem Teil der Welt. Der bekannteste deutsche Vertreter ist der mittlerweile über 70jährige Erwin Eisch aus dem bayrischen Frauenau. Auf der Suche nach seiner neuen Identität hat das Glas zahlreiche Schranken durchbrochen. Als Grundlage für Glaskreationen dient zwar noch heute vorwiegend die Gefäßform, doch werden auch viele Plastiken geschaffen, darunter riesige Glasskulpturen als Auftragsarbeiten für konkrete Standorte oder als Installationen für Ausstellungen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahm das Gefäß immer expressivere und schönere Formen an, und die Magie, Farbe und Transparenz des Glases haben viel zur Sprache der Skulptur beigetragen. Technisch gesehen wurde in den letzten 30 Jahren mehr mit Glas experimentiert als in der gesamten Glasgeschichte zuvor. Die Gefäßform hat sich in der modernen Kunst zu einem anerkannten und eigenständigen Ausdruck der Skulptur entwickelt. In den Händen der Künstler ist das Gefäß jedoch viel eher zum Träger von Ideen als zum Behälter für Substanzen geworden. Aus Gussglas – früher nur für kleine Stücke verwendet – entstehen
Gründer der Pilchuck Glass School: Dale Chihuly. Dan Klein ist Experte für Studioglas. Er verfasste zahlreiche Bücher, darunter «The History of Glass» und «Artists in Glass».
heute monumentale Werke. Die größte existierende Gussglasskulptur «Light Transformer» wurde von den slowakischen Künstlern Stefan Pala und Zora Palova für das National Glass Centre im britischen Sunderland geschaffen. Glas wird heute mit Metall, Keramik, Holz und Stein zu einer Vielzahl von Kreationen verarbeitet. Ungeachtet der jüngsten Entwicklungen sind viele der Ansicht, die Geschichte des neuen Glases habe gerade erst begonnen. Was sich nicht zuletzt auch in den bahnbrechenden Entwicklungen von Glastechnologie und Glasgestaltung in der modernen Architektur widerspiegelt.
Links zum Thema: www.tagz.com/galle.htm Website mit Informationen über Emile Gallé. www.chihuly.com Persönliche Website von Dale Chihuly. www.holstengalleries.com/ artists/lipofsky.html Website zu Marvin Lipofsky. www.linotagliapietra.com Website zu Lino Tagliapietra. www.scandinaviandesign. com/tapioWirkkala/ index1.htm Website zu Tapio Wirkkala. Weitere Links unter www.ubs.com/optimus
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Der kreative Orchester-Dirigent Quanta-Gründer Barry Lam:
Foto: David Hartrung
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ieser Mann vermittelt zwischen den Welten. Barry Lam ist Manager, und als Präsident und CEO der Quanta Computer Company gilt er als überaus erfolgreicher Exponent seines Berufsstandes. Jedes siebte Notebook, das auf der Welt gefertigt wird, stammt aus einer von Lams Produktionsstätten – egal ob darauf Apple, Dell, IBM, oder Hewlett-Packard als Logo prangt. Lam ist jedoch mehr als nur ein Vertreter eines Massenherstellers von mittlerweile mehr als 4 Mio. Laptops pro Jahr: Der Mann, den Business Week den «King of Laptops» nennt, denkt nicht in erster Linie in Kategorien von Zahlen, sondern in Dimensionen des Designs – jeder Laptop, den Quanta produziert, muss nicht nur ein technisches Qualitätsprodukt darstellen, sondern auch in puncto optischen Designs überzeugen. So will es der Chef, und er lebt diesem Anspruch auch persönlich nach. Lam schätzt Designer wie Hermes und Issey Miyake, und verwunderlich ist es nicht, dass der britische The Economist im Juli 2002 über Lam schrieb, er kleide sich eher wie ein kreativer Künstler als wie ein Geschäftsmann. Wer das oberste Stockwerk im Quanta-Headquarter in Taipeh betritt, dem fällt eine Leidenschaft des Chefs ins Auge, nämlich die persönliche Kunstsammlung des Barry Lam, die dort in einer Galerie ausgestellt ist. Dass sich Lam den Wurzeln chinesischer Kultur aufs Tiefste verbunden fühlt und gleichzeitig für westliches Denken aufgeschlossen ist, kommt nicht von ungefähr. Barry Lam, oder Lin Pai-li auf Mandarin-Chinesisch, wurde vor etwas mehr als 50 Jahren in Schanghai geboren. Schon kurz nach der Machtübernahme der Kommunisten auf dem Festland zog die Familie Lam im Jahre 1949 in die britische Kronkolonie Hongkong. Dort besuchte Barry Lam chinesischsprachige Schulen, doch die Familie war auch westlichen Einflüssen ausgesetzt: Der Vater war im exklusiven Hongkong Club angestellt und der Lebensstil der britischen Kolonialoberschicht auch im Hause Lam allgegenwärtig. Für Barry Lam ein Glücksfall – er ist noch heute überzeugt, dass sich
Vor 15 Jahren hatte Barry Lam eine Vision: In einer mobilen Gesellschaft gehört die Zukunft den Laptops. Das unternehmerische Risiko hat sich gelohnt. Heute ist er der größte Laptop-Hersteller der Welt, Besitzer einer Firma, die westliche und asiatische Kultur vereint, und ein passionierter Sammler chinesischer Kunst. chinesisches und westliches Denken ideal ergänzen. «Chinesische Kultur für den Geist, westliche Technik für den Nutzen» – das ist das Motto, das Modernisierer in der Zeit Tung-Chichs im Mandschu-Reich des 19. Jahrhunderts geprägt hatten. Und Barry Lam ist auch heute noch von dessen Richtigkeit überzeugt. optimus: Sie sind Geschäftsmann und als Sammler der Kunst zugetan. Inwiefern drückt sich dies in Ihrer Firma aus? Barry Lam: Wir fördern «High Tech» und «High Touch» in gleicher Weise. Ein besseres und angenehmeres Leben durch höchste Technologie, was eher materielle Dinge betrifft, und durch «High Touch», was eher spirituelle Werte tangiert. Wenn Sie die Kunstgalerie von Quanta betreten, was fühlen Sie? Innere Ausgeglichenheit. Hier gibt es kein High Tech,
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keine Computer. Aktienkurse und der Druck des Geschäftsalltages sind ohne Bedeutung. optimus: Was ist Ihnen wichtiger: «High Tech» oder «High Touch»? Lam: High Tech hat eine kurze Lebensdauer. Kunst jedoch ist unsterblich. Picasso oder van Gogh werden von den Menschen heute noch bewundert. Wer aber bewundert heute noch Dampflokomotiven? Dieses Credo ist die Basis für Barry Lams unternehmerischen Erfolg. Im Jahre 1966 war Lam nach Taiwan gegangen, um sich an der National Taiwan University zum Elektroingenieur ausbilden zu lassen. Nach dem Studium gründete er mit ein paar Studienkollegen die Firma Kimpo Electronics, die Rechner herstellte. 15 Jahre später, im Jahre 1988, hob er die Quanta Computer Company aus der Taufe. Ein unternehmerisches Risiko, das sich ausgezahlt hat. Quanta entwickelte sich rasch zu einem Pionier in der Laptop-Herstellung. Im Jahre 2001, als praktisch alle PC-Hersteller weltweit teils massive Verkaufseinbrüche zu beklagen hatten, verdoppelte Quanta den Absatz gegenüber dem Vorjahr auf 3,6 Mrd. US-Dollar. Und Lam ist überzeugt, dass seine Firma im laufenden Jahr 5 Mrd. US-Dollar und 2004 gar 10 Mrd. US-Dollar schaffen kann. An dem Erfolg seines Geschäftskonzeptes hat er in den 13 Jahren seit der Gründung von Quanta Computer jedenfalls noch nie gezweifelt. optimus: Woher nahmen Sie diesen Glauben an Ihre Geschäftsidee? Lam: Ich war einfach überzeugt, dass Computer mobil sein müssten. Es glaubte zwar kaum jemand, dass Notebook-Computer Erfolg haben könnten, aber ich ließ mich nicht beirren. Ich war damals 39 Jahre alt und beschloss, auf diese Karte zu setzen. optimus: Chinesische Wurzeln und westliches Geschäftsgebaren: Was ist wichtiger für den Erfolg von Quanta? Lam: Als ich in Hongkong aufwuchs, erlebte ich, was für eine Kraft in der chinesischen Tradition steckt. Ich erkannte aber auch das Potenzial westlicher Innovation. Als ich Quanta gründete, wollte ich ein Unternehmen schaffen, das beides zu integrieren im Stande war. So hoffte ich einen kreativen Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft leisten zu können. optimus: Aus heutiger Sicht: Ist das gelungen? Lam: In unserer Firma sind wir sehr chinesisch, was die zwischenmenschlichen Beziehungen anbe-
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langt, sehr westlich in Sachen Business und sehr wissenschaftlich in Bezug auf Produktentwicklung und Herstellung. Technologischen Fortschritt mit moderner Ästhetik zu verquicken und dadurch schöpferisch zu wirken, von diesem Kern ist das Handeln des Barry Lam von jeher beseelt. Die neue Fabrik für modernste Bildschirmtechnologie etwa ist ein mehrstöckiges Fabrikgebäude, dessen Fassade aus einem Stahlgitter besteht, und dabei symbolisiert jedes Viereck einen Pixel
Jedes siebte Notebook, das irgendwo auf der Welt gefertigt wird, stammt aus einer von Barry Lams Fabriken. Quanta produziert für Firmen wie Apple, Dell oder IBM.
Foto: David Hartrung
eines LCD-Bildschirmes. Die Büros für Verwaltung, Design und Inspektion, das menschliche Element in einem praktisch vollautomatisierten Betrieb, stellen für Lam «Kristalle der Kreativität» dar. Formale Ästhetik sucht Lam jedoch nicht nur in geschäftlichen Belangen, sondern ganz besonders auch in seiner Leidenschaft für die Malerei. Seine Sammlung im Quanta-Hauptgebäude wird dominiert vom Werk des Künstlers Chang Dai-Chien (1899–1983), dem wohl führenden Exponenten der modernen chinesischen Malerei des 20. Jahrhunderts. Diesem, sagt Lam, sei es gelungen, die Einschränkungen der traditionellen chinesischen Malerei zu durchbrechen und das Abstrakte mit dem Konkreten zu verflechten. Grenzen sprengen, um neue Formen zu finden, davon zeugen auch zahlreiche zeitgenössische Skulpturen und Gemälde, die im Quanta-Headquarter zu sehen sind. Für Barry Lam
Lam: Nur wenn wir aus der Vergangenheit lernen und gleichzeitig Neues erschaffen, kann sich Kultur entwickeln und nachfolgenden Generationen weitergegeben werden. Das ist meine Vision. optimus: Wie äußert sich das in Ihrem geschäftlichen Alltag? Lam: Management ist eine sehr menschliche Kunst. Nur wer ein Sendungsbewusstsein hat, wird auch Verantwortung übernehmen und gute Arbeit leisten. Und wenn gut gearbeitet wird, hat jeder Einzelne das Gefühl, etwas geleistet zu haben. Daran ist auch die Firmenkultur zu messen. optimus: Also steht das Teamwork über allem? Lam: Wie bei einem Sinfonieorchester entsteht schöne Musik nur dann, wenn jedes Mitglied Respekt genießt und mit einbezogen wird.
Nicht umsonst beschäftigt das «SinfoIn unserer Firma sind wir chinesisch, nieorchester» Quanta weltweit über 500 Dewas die zwischenmenschlichen sign-Ingenieure. Diese geballte kulturelle und Beziehungen anbelangt, westlich in technologische Energie, so Lam, hat rund die Sachen Business und wissenschaftlich Hälfte der Design-Arbeit am revolutionären in Bezug auf die Produktentwicklung G4-Notebook von Apple geleistet oder rund 70% Barry Lam an Dells Latitude-Modellen. Nun verfolgt der Quanta-Chef ein nächstes Ziel: Die Montagezeit ist das künstlerische Engagement seiner Firma freilich eines Computers, die er bereits von 72 auf 48 Stunnicht Selbstzweck, sondern auch Verpflichtung, die den reduziert hat, weiter auf 24 Stunden zu drücken. traditionelle chinesische und taiwanesische Kunst und Und Barry Lam weiß, dass auch für dieses Ziel sein Kultur zu fördern und allen Bürgerinnen und Bürgern Sinfonieorchester in perfekter Harmonie zusammenzugänglich zu machen. Zu diesem Zweck hat Lam spielen muss. kürzlich die Quanta Educational Foundation (QEF), die etwa den Aufbau eines internationalen Kunstzentrums in Taipeh City finanzieren will, gegründet und dort auch den Vorsitz übernommen. Dass sich künstlerisches Bewusstsein und geschäftlicher Erfolg nicht ausschließen, sondern im Gegenteil bedingen, davon René Lüchinger ist scheint Barry Lam genauso überzeugt wie davon, dass optimus-Redaktor. Zukunft und Vergangenheit zwei Seiten derselben Medaille darstellen.
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optimus: Zukunft und Vergangenheit sind zwei wichtige Parameter in Ihrem Denken. Warum?
Links zum Thema: www.quanta.com.tw Homepage Quanta Computer, Taiwan.
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Der individuelle Weg ist der Beste Sorgenfrei im Alter:
Steigende Lebenserwartung und sinkende Geburtenraten führen zu einer Überalterung der Weltbevölkerung. Vorsorgespezialist Martin Wechsler zeigt auf, was dies für die Finanzierung im Alter bedeutet.
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ie gute Nachricht: Wir leben immer länger. Die schlechte: Immer weniger Nachkommen sichern unsere Altersversorgung. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt weltweit. Nicht nur die Industriestaaten, sondern auch die meisten Schwellen- und Entwicklungsländer sind von dieser Entwicklung betroffen. Transparent wird dies durch den Altersmedian, der die Bevölkerung in zwei gleich große Gruppen
– die jüngere und die ältere Hälfte – teilt. 50% der gesamten Weltbevölkerung waren im Jahr 1950 jünger als 23,6 Jahre. Im Jahr 2000 verlief der Altersmedian bei 26,5 Jahren, 2050 wird er bei 36,2 Jahren liegen. Diese drastische Beschleunigung des globalen Alterungsprozesses verläuft nicht in allen Regionen gleichmäßig: Die Industrienationen sind davon weitaus stärker betroffen als aufstrebende bzw. Entwicklungsländer.
Altersmedian (in Jahren)
Welt Aufstrebende Länder Industrienationen Entwicklungsländer Afrika Asien Europa Nordamerika Mittel- und Südamerika Pazifik
1950 23,6 21,4 28,6 19,5 19,0 22,0 29,2 29,8 20,1 27,9
Quelle: United Nations Population Division: World Population Prospects, Population Database, 2001.
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2000 26,5 24,3 37,4 18,2 18,4 26,2 37,7 35,6 24,4 30,9
2050 36,2 35,0 46,4 26,5 27,4 38,3 49,5 41,0 37,8 38,1
Fotos: H.R.Rohrer
Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung
Welt Japan Europa USA Asien Mittel- und Südamerika Afrika
2000 6,9 % 17,2 % 14,7 % 12,3 % 5,9 % 5,4 % 3,3 %
2050 15,6 % 36,4 % 29,2 % 21,1 % 16,7 % 16,9 % 6,9 %
Quelle: United Nations Population Division: World Population Prospects, Population Database, 2001.
Die Folgen dieser Entwicklung für die staatliche Altersvorsorge sind absehbar, da diese in den meisten Ländern auf dem Umlageverfahren basiert. Die erwerbstätige Bevölkerung finanziert die Renten der Pensionierten mittels Transferleistung. Die Überalterung der Bevölkerung verschlechtert dieses Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentenempfängern drastisch. Der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung wird sich weltweit bis 2050 mehr als verdoppeln. Die größte Überalterung weist Japan auf, gefolgt von Europa, während der Prozess in den USA durch die starke Zuwanderung langsamer fortschreitet.
Die dadurch entstehenden Finanzierungsprobleme der umlagefinanzierten Altersvorsorge können nur durch große Beitragserhöhungen, starke Leistungsreduktionen oder die massive Anhebung des Pensionierungsalters gelöst werden. Sonst steigen die Defizite der Sozialversicherungen und damit die Staatsverschuldung dramatisch. Gemäß einer Berechnung der OECD würde die Staatsverschuldung bis ins Jahr 2030 in Japan 339% des Bruttoinlandsproduktes erreichen, in Deutschland 247%, in Italien 241%, in Frankreich 193%, in Großbritannien 144% und in den USA 115%. Zum Vergleich: Heute beträgt die höchste erlaubte Verschuldungsrate für
Private Anlagen – je früher desto besser Durch private Anlagen kann der voraussichtliche Rentenverlust in den staatlichen Sozialversicherungen und bei den Pensionskassen ausgeglichen werden. Folgende Punkte muss der Investor dabei im Auge behalten: • Möglichst früh mit dem privaten Sparen beginnen – so erreichen die Erträge im Alter den maximalen Wert. • Das Kapital sollte über verschiedene Anlagekategorien (Aktien, Anleihen, Versicherungsanlagen und Immobilien) diversifiziert werden. Zusätzliche Sicherheit bringt eine weitere Auffächerung innerhalb dieser Kategorien. Nach dem Motto: Leg’ nicht alle Eier in einen Korb. • Attraktiv sind eine internationale Diversifikation der Anlagen und Investitionen in Wachstumsmärkte. Hier profitiert der Anleger insbesondere von der unterschiedlichen demografischen Struktur der einzelnen Volkswirtschaften. • Mit steigendem Alter sollte die Aktienquote reduziert werden. Eine Faustregel dazu, die jedoch individuell abgestimmt werden muss, ist, dass der Aktienanteil am Gesamtvermögen 100 abzüglich des aktuellen Alters beträgt. Eine 60jährige Person sollte nicht mehr als 40% Aktienanteil halten. Dies weil Aktien Langfristanlagen sind und im Alter eine Liquidation oft zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolgen muss. • Das Alterskapital soll so dimensioniert und eingesetzt werden, dass der gewünschte Lebensstandard bis zum 80. Lebensjahr gehalten werden kann. Darüber hinaus empfehlenswert sind Versicherungsprodukte, die das so genannte Langleberisiko abdecken, das heißt, ab Alter 80 garantiert lebenslänglich ausbezahlt werden. Es empfiehlt sich, solche Fragen mit einem Anlageberater zu besprechen. • Die zunehmende Zahl der Betagten fördert einen neuen Anlagetrend: Die Nachfrage nach Altersresidenzen steigt. Investitionen in Immobilien dieses boomenden Marktes lohnen sich. • Da sparen im Alter nicht mehr erste Priorität hat, sind verschiedene Lebensversicherungsprodukte empfehlenswert, in vielen Ländern auch aus steuerlichen Gründen. Prüfenswert ist auch der Abschluss lebenslänglicher Leibrenten, die das so genannte Langleberisiko abdecken, das heißt, ab Alter 80 garantiert lebenslänglich ausbezahlt werden.
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Kapitalstock der Pensionskassen Nation
Pensionskassen-Anlagen 1999 (Mrd. US-Dollar) USA 7765 Japan 1544 Großbritannien 1365 Niederlande 427 Schweiz 351 Kanada 345 Restliche Nationen 1180 Total weltweit 12 977 Quelle: InterSec Research Corp.
die Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion 60% des Bruttoinlandsproduktes. Diese Zahlen verdeutlichen die immense potenzielle Belastung der umlagefinanzierten Altersvorsorgesysteme in der Zukunft. Denn die Sicherheit demografischer Prognosen ist unbestreitbar, sind doch die Rentner des Jahres 2030 heute bereits geboren. Eine Alternative zu massiven Beitragserhöhungen stellen betriebliche Vorsorgeeinrichtungen dar. Zur Ergänzung der staatlichen Vorsorge haben viele Firmen für ihr Personal – freiwillig oder obligatorisch – Pensionskassen (Pension Funds) eingerichtet. Diese basieren auf dem Kapitaldeckungsverfahren. Hier bilden Beiträge und daraus erwirtschaftete Erträge die spätere Altersleistung. In vielen Ländern ist die betriebliche Altersvorsorge längst etabliert. Wegen der künftigen Finanzierungsprobleme bei der staatlichen
Vorsorge sind etliche Länder dabei, betriebliche Pensionskassen aufzubauen und mit Steueranreizen zu fördern. Sechs Nationen verfügen bereits über einen hohen Kapitalstock der Pensionskassen. Der absolut gesehen größte Betrag findet sich in den USA, während die Schweiz – in Relation zum Bruttoinlandsprodukt – die höchste Kapitaldeckung aufweist. Der Ausbau der Pensionskassen und die gegenwärtige demografische Struktur generieren einen beträchtlichen Cashflow an Pensionskassengeldern, der die Aktienmärkte stimuliert. Die Babyboomer (Jahrgang 1946– 1968) werden in den kommenden Jahren zu Rentner-Boomern. Ab 2010 setzt in den Industrieländern die große Pensionierungswelle ein, die bis etwa 2030 dauert. Damit steigt der Liquiditätsbedarf der Pensionskassen für die Rentenzahlungen. Der Cashflow wird negativ, womit die Pensionskassen ab 2025 deinvestieren und somit weltweit Anlagen verkaufen müssen. Sollte dies die Preise dieser Anlagen negativ beeinflussen, ließen sich dadurch weniger Erträge auf dem Alterskapital erwirt-
Die «Age Stiftung»: Ein wegweisendes Projekt Im Jahre 2000 hat die UBS im Auftrag eines kinderlosen englischen Ehepaares die Age Stiftung gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, in der Schweiz moderne Wohnformen für ältere Menschen zu fördern. Zentrale Parameter sind dabei Innovationskraft und Nachhaltigkeit der zu fördernden Vorhaben. Die Age Stiftung unterstützt Wohnformen, die Pilotcharakter haben und so konzipiert sind, dass sie eigenständig funktionieren können. Damit leistet die Stiftung einen gesellschaftlich wertvollen Beitrag zur Lebensqualität im Alter. Weitere Informationen: www.age-stiftung.ch
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schaften, womit die Renten tiefer ausfallen würden. Dies könnte auch nicht durch eine Nettokapitalbildung der Pensionskassen in den heutigen Entwicklungsländern kompensiert werden, da deren wirtschaftliche Potenz nicht stark genug ist. Zusätzlich müssen bei höherer Lebenserwartung die Renten länger ausbezahlt werden. Bei gleichem Kapital kann dies nur bedeuten, dass daraus tiefere Renten resultieren. Pro Jahr beträgt der Verlust etwa 0,5%, das heißt, die Rentner im Jahr 2030 müssen gegenüber den heutigen Rentnern mit einer um 15% reduzierten Altersrente aus den Pensionskassen rechnen. Ein höheres Pensionierungsalter kann diese Entwicklungen kompensieren. Martin Wechsler ist Pensionsversicherungsexperte und Mitinhaber des Büros für umfassende Pensionskassenberatung Dr. Wechsler & Meier, Aesch (Schweiz). Links zum Thema: www.ubs.com/ lebensversicherung UBS LebensversicherungenSite von UBS Life. www.retirenet.com Website mit spezialisierten, mehrheitlich amerikanischen Altersresidenzen (z.B. Residenzen für aktive Rentner, erweiterte Pflege). www.retirementhomes.com Interaktive Online-Datenbank für Altersresidenzen. Weitere Links unter www.ubs.com/optimus
Lohnt sich Wein als Investition? Wein-Kolumne:
Immer wieder wird Wein als alternative Investition propagiert. Nur in den seltensten Fällen rechnet sich jedoch eine solche Investition. Der Autor zeigt einige Risiken auf.
Philipp Schwander, Master of Wine, ist fundierter Kenner der internationalen Weinszene.
I
n Wein zu investieren, ist so risikoreich, wie Aktien zu erwerben. Es stellt sich deshalb die Frage, welche Weine für eine Investition überhaupt in Frage kommen. Neben den Marktrisiken (wie beispielsweise die wirtschaftliche Lage oder die Wechselkurse) ist für die Rendite in erster Linie die Auswahl des Weines von Bedeutung. Alltagsweine, und somit rund 99% der Weine, kommen nicht in Frage. Aber auch die Wahl der Weinregion ist entscheidend. So gibt es beispielsweise immer noch sehr wenige italienische Weine, die eine Investition rechtfertigen. Zwar sind mittlerweile zahlreiche italienische Gewächse auf dem Markt, die sehr hohe Preise erzielen. Die wenigsten aber sind über einen längeren Zeitraum haltbar. Viele der als besonders lagerfähig gerühmten Barolo sind nach 15 Jahren bereits zu alt, und auch die als «super tuscans» bekann-
ten Gewächse zeigen schon nach rund zehn Jahren Ermüdungserscheinungen. Entsprechend schwierig wird für den Sammler der spätere Verkauf solcher Weine. Die Preise der meisten bekannteren italienischen Weinsorten sind zudem bereits auf einem sehr hohen Niveau; dies lässt das Erwirtschaften von größeren Gewinnen von Beginn weg als wenig realistisch erscheinen. Eine ähnliche Situation herrscht bei den spanischen Weinen, wo sich insbesondere Gewächse aus den Gebieten Ribera del Duero und Rioja profiliert haben. Die Entdeckung «neuer Stars» schließlich ist sehr aufwändig und fast nur für den professionellen Weinhändler möglich. Immerhin bewirkte die aktuelle wirtschaftliche Lage bereits deutlich tiefere Preise. So sanken die Preise der 2001er Bordeaux Primeur teilweise bereits um mehr als 50%; auch in Kalifornien und anderen Weinregionen deuten die Zeichen auf eine baldige Reduktion der Preise hin. Ein weiterer Faktor kommt bei den berühmten Wineries aus Kalifornien dazu. Den meisten Konsumenten ist nicht bewusst, dass es auch heute noch, selbst mit modernsten technischen Hilfsmitteln, nicht möglich ist, mit einer Bodenanalyse präzise festzustellen, ob eine Reblage große oder nur gute Weine hervorzubringen im Stande ist. Viele Produzenten in Kalifornien keltern ihre Trauben von
Weinbergslagen, die erst vor kurzem angelegt worden sind und wo sich erst nach Jahrzehnten das wahre Potenzial der einzelnen Lagen herauskristallisieren wird. Im Burgund ist die Kenntnis der besten Lagen zwar hervorragend. Die kapriziöse Pinot-noir-Rebe erlaubt jedoch nur in unregelmäßigen Abständen, wirklich lagerfähige, große Weine zu keltern. Die Wahl des Produzenten ist außerdem heikel, und selbst beste Domänen stellen mitunter enttäuschende Weine her. Ein Investor sollte sich aus diesen Gründen auf etablierte Weingüter beschränken, die bereits über einen längeren Zeitraum hinweg bewiesen haben, dass sie fähig sind, außergewöhnliche, lagerfähige Weine herzustellen. Die produzierte Menge sollte dabei limitiert, aber auch nicht zu gering sein. Eine zu kleine Produktionsmenge verhindert, dass ein weltweites Renommee aufgebaut werden kann, weil der Wein schlicht nicht verfügbar ist. Die Weinregion, die diese notwendigen Kriterien wie keine andere erfüllt, ist das Bordelais. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, eine mögliche Investition in Wein anhand dieses Anbaugebietes zu prüfen. Mit rund 115 000 ha Anbaufläche (Schweiz: 15 000 ha) gehört Bordeaux zu den größten Qualitätsweingebieten der Welt. Von den rund 13 000 Produzenten des Bordelais kommen aber lediglich die Weine der rund 400 führenden Châteaux
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für eine Investition in Frage. Alljährlich werden ihre Ernten in Subskription verkauft. Der Kunde bestellt den Wein im Frühsommer nach der Ernte und bezahlt ihn sofort, obwohl er ihn erst nach der Abfüllung etwa zwei Jahre später geliefert erhält. Bei der unten stehenden Rentabilitätsberechnung wurde davon ausgegangen, dass jedes Jahr eine Flasche von jeder Sorte subskribiert wurde. So betrug beispielsweise die Summe der von den Jahrgängen 1982 bis 1994 gekauften Weine, in Korb 1, 3 773 Schweizer Franken. Dem wurde das Total des Marktwertes im Jahre 1995 (der 94er wurde 1995 subskribiert) von 6 265 Schweizer Franken gegenübergestellt, was einer durchschnittlichen Verzinsung des investierten Kapitals von 7,8% jährlich entspricht. Besonders hoch sind die Gewinne bei Käufen, wenn das gegenwärtige Preisniveau unter dem langfristigen Mittel liegt und Weine gekauft werden, deren Qualität sich deut-
Hierbei handelt es sich allerdings um theoretische Werte zum idealen Verkaufszeitpunkt. Ein Verkauf der Weine ist aber unter Umständen schwierig und aufwändig. So gibt es wenige Weinhändler, welche die Weine ihrer Kunden zurückkaufen. Dies gilt insbesondere für unbekanntere Gewächse. Der Verkauf über Auktionen ist arbeits- und kostenintensiv, da die Weine angeliefert werden müssen und oft eine beträchtliche Gebühr an den Auktionator zu entrichten ist. Es kommt hinzu, dass der Weinmarkt nie die Transparenz und Effizienz der Finanzmärkte besitzt. Auktionsergebnisse weisen beispielsweise – je nach Ort der Veranstaltung – große Differenzen auf, und es ist damit zu rechnen, dass gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Situation zu deutlich tieferen Preisen verkauft werden muss. Diese können ohne weiteres 50% und mehr unter dem Marktpreis liegen.
Theoretische Rentabilität des Bordeaux-Portfolios1 Jahr
1988
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
Korb 12
10,1
13,2
10,6
8,8
7,4
7,1
7,8
10,6
14,4
10,1
Korb 22
14,9
13,3
10,3
9,5
7,6
6,6
6,9
8,8
13,5
10,0
Korb 32
14,3
13,7
12,4
10,8
9,2
9,6
7,9
8,3
10,8
8,0
Herausgeberrat Georges Gagnebin (Chairman), René Capitelli, Arthur Decurtins, Alain Robert Herausgeber UBS AG, optimus Freie Strasse 88 Postfach CH-4002 Basel, Schweiz Tel. +41 61 288 40 02 Fax +41 61 289 06 15 E-Mail sh-optimus@ubs.com Herausgeber Ute Dehn, Rolf Thomas Böni Verlags- & Redaktionsmanagement alert ag Zollikerstrasse 164 Postfach CH-8034 Zürich Tel. +41 43 499 11 99 Fax +41 43 499 00 11 Verlagsleitung Erich Hirschi Verlagsassistenz Laetitia Rizzoli Redaktionsleitung René Lüchinger Redaktionsassistenz Coralie Simon-Vermot Redaktion Ute Dehn, Pamela Koppay (UBS); Maggie Elliott, Wendy Cooper (Defoe Consulting); Helen Fetherstonhaugh (Fetherstonhaugh Associates) Redaktionelle Beratung Brian Offen (UBS) Kreative Leitung Konrad Bruckmann Assistenz kreative Leitung Olga Burkard Übersetzungen CLS Corporate Language Services AG, Basel Gestaltung/Produktion BBF Visual Communication, Basel/Zürich Druck Farbendruck Weber AG, Biel Schlussredaktion: 20. September 2002
1
Es wird davon ausgegangen, dass keine Weine verkauft werden, das Portfolio also Jahr für Jahr größer wird. Zur Berechnung wurden die durchschnittlichen Konsumenten-Subskriptionspreise und die ungefähren Verkaufspreise der Schweizer Weinhändler in den jeweiligen Jahren anhand der seinerzeitigen Angebote der wichtigsten Anbieter eruiert.
2
Korb 1: Margaux, Mouton-Rothschild, Haut-Brion, Cheval-Blanc Korb 2: Pichon-Lalande, Cos-d’Estournel, Leoville-Las Cases, La Mission Haut-Brion Korb 3: Poujeaux, Sociando-Mallet, Chasse-Spleen, Potensac
lich verbesserte, dies aber preislich vom Markt noch nicht antizipiert wurde. Außerdem können die Gewinne maximiert werden, wenn nur in den besten Jahren subskribiert wird. Gerade dies ist aber sehr schwierig, weil in herausragenden Jahren die Nachfrage enorm ist und die Weinhändler nur ihre besten Kunden berücksichtigen, die auch in weniger guten Jahren kaufen. Die zugeteilten Mengen sind daher häufig sehr klein. Die Wahl des richtigen Jahrganges zeigt sich an folgendem Beispiel: Ein Investor, der nur Weine von Korb 1 der Jahrgänge 1982, 1986, 1989, 1990, 1995 und 1996 kaufte, hätte im Sommer 1997 eine ungefähre Rendite von 18,7% erwirtschaftet.
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Aktuelle Preisentwicklung von drei Weinen aus den Körben 1 bis 3; Preise in EUR, ab Château, die Jahre 1998 und 1999 wurden zum Paritätskurs EUR/FFR 6.55957 umgerechnet. Jahrgänge
1998
Margaux
1999
2000
2001
65.55
70.13
1
2
156. 00
85.00
Pichon-Lalande
34.30
27.44
48.00
36.00
Poujeaux
11.89
11.28
12.50
11.50
Nur die erste Tranche
1
1
Mittelwert der ersten drei Tranchen
2
Links zum Thema: www.decanter.com www.winespectator.com www.just-drinks.com Weitere Links unter www.ubs.com/optimus
optimus erscheint viermal pro Jahr und wird auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. © UBS AG 2002
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Privatbanken der UBS in der Schweiz Basel Bank Ehinger & Cie AG Telefon +41 61 295 44 00 Bern Armand von Ernst & Cie AG Telefon +41 31 313 55 55 Foto: Daniel Mille
Genf Ferrier Lullin & Cie SA Telefon +41 22 708 38 38 Lugano BDL Banco di Lugano Telefon +41 91 910 81 11 Z端rich Cantrade Privatbank AG Telefon +41 1 295 21 11
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optimus
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optimus
optimus Risiko
Der Mensch ist auf viele Arten dem ausgesetzt. Moderne Sicherheitskonzepte setzen auf Schadensbewältigung. Bei Banken und Versicherungen ist Risikomanagement gefragt. Investoren wollen Portfolios unter Kontrolle halten. Und Unternehmer haben Erfolg, wenn sie kalkulierte Risiken eingehen. Das Ziel ist stets das gleiche: mehr Sicherheit.
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