Ausgewählte Vorschläge für einen gezielten Abbau von Bürokratie

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Ausgew채hlte Vorschl채ge f체r einen gezielten Abbau von B체rokratie

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

Stand: 3. Mai 2018


Inhalt Einleitung ......................................................................................... 3 Umwelt ............................................................................................. 4 Energie und Klima ......................................................................... 14 Forschung und Innovation ........................................................... 15 Steuer- und Handelsrecht ............................................................. 19 Ăœber den BDI.................................................................................. 28 Impressum ..................................................................................... 28

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Vorschläge für einen gezielten Abbau von Bürokratie

Einleitung Unternehmen benötigen einen verlässlichen und gleichzeitig unbürokratischen Rechtsrahmen. Dies gilt für börsennotierte Konzerne genauso wie für den familiengeführten Mittelstand. Bürokratie kostet Zeit und Geld. Sie behindert Unternehmensübergaben und Existenzgründungen, sie hemmt Investitionen in Menschen, Maschinen und Geschäftsmodelle. Das Maß an Bürokratie entscheidet mit darüber, wie der Standort Deutschland im In- und Ausland erlebt und bewertet wird. Der BDI wirbt seit jeher für gezielten Bürokratieabbau, der im Alltag spürbar wird und Unternehmen in die Lage versetzt, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Er begrüßt auch von daher das Vorhaben der Bundesregierung, ein Bürokratieentlastungsgesetz III zu verabschieden. Entscheidend für den Erfolg wird sein, dass es branchenübergreifend wirkt und Unternehmen aller Größen erreicht. Der Gesetzgeber sollte zukünftig von ausufernden Haftungsgrundsätzen absehen und Unternehmern wieder mehr Eigenverantwortung zugestehen. Kontroll- und Verwaltungsaufgaben dürfen nicht auf Unternehmen verlagert werden. Weitere Einsparpotenziale sind dann zu heben, wenn im Kontext eines Bürokratieentlastungsgesetzes handels- und steuerrechtliche Vorschriften harmonisiert werden. Auch der Abbau von Schriftformerfordernissen und – damit einhergehend – der Ausbau von E-Government ist für nachhaltigen Bürokratieabbau essentiell. Der pauschale Abbau von Statistikpflichten, insbesondere mit Blick auf die amtliche Statistik, sollte differenziert betrachtet werden. Die verstärkte Nutzung elektronischer Verfahren und bereits vorhandener Daten kann hier eine Lösung sein, um Erleichterungen zu erzielen. Mit dieser – nicht abschließenden – Auswahl konkreter Vorschläge für einen gezielten Abbau von Bürokratie bietet der BDI seinen Sachverstand und die konstruktive Mitarbeit im Gesetzgebungsprozess an.

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Umwelt

Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) Sowie Bundes-Immissionsschutzverordnungen (BImSchV) 1. Allgemein zu BImSchG und BImSchV Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Antragsunterlagen reduzieren

2. Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung einer Anlage: Antragsverfahren zugunsten von Anzeigeverfahren abschaffen § 8 a BImSchG

Die Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Antragsunterlagen sollten reduziert werden. Hierdurch könnten wirksam Kosten eingespart werden. Derzeit ist eine in jeder Hinsicht vollständige Darstellung verlangt: alle Einzelstoffe nach Art und Menge, alle Verfahrensschritte, alle Apparate mit Spezifikationen, die vollständige apparatetechnische Verschaltung und zugehörige Darstellung aller Sicherheitsmaßnahmen (auch wenn sie gemäß einschlägigen technischen Regelwerks gefordert sind). Es wäre zu prüfen, inwieweit diese Anforderungen gesenkt werden könnten, ohne das berechtigte Schutzinteresse und die für eine effektive Prüfung erforderliche Informationsbereitstellung zu gefährden.

Der vorzeitige Beginn der Errichtung einer Anlage nach § 8 a BImSchG ist derzeit nur auf Antrag möglich. Der vorzeitige Beginn der Errichtung einer Anlage sollte zukünftig ohne Antrag bereits dann möglich sein, wenn der Antragsteller den Beginn der Genehmigungsbehörde mindestens einen Monat zuvor anzeigt und diese den Beginn nicht wegen der Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 8a Absatz 1 Nr. 1 bis Nr. 4 untersagt. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8 a BImSchG dient der Vorhabensbeschleunigung. Bereits nach der geltenden Rechtslage ist der Antragsteller verpflichtet, den früheren Zustand wiederherzustellen, wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird (§ 8 a Abs. 1 Nr. 3 BImSchG). Gleichwohl unterliegt der vorzeitige Beginn gegenwärtig einem Zulassungsvorbehalt. Dadurch besteht die Gefahr, dass die intendierten Beschleunigungseffekte konterkariert werden. Denn mit der Durchführung des Zulassungsverfahrens werden zum einen behördliche Kapazitäten gebunden, die

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für das eigentliche Genehmigungsverfahren notwendig sind; zum anderen kann auch ein reines Zulassungsverfahren zeitaufwendig sein und damit gar zu einer Verfahrensentschleunigung führen.

3. Entscheidung über Sicherheitsleistungen für Abfallentsorgungsanlagen in das Ermessen der Behörde stellen § 12 Abs. 1 S. 2, § 17 Abs. 4a S. 1 BImSchG

§ 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG regelt, dass zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 1 auch eine Sicherheitsleistung auferlegt werden soll. Ebenso enthält § 17 Abs. 4a S.1 BImSchG in Bezug auf die Sicherheitsleistung eine Sollbestimmung. Die geltende Regelung des BImSchG hat zur Folge, dass Abfallentsorgungsanlagen im Regelfall nur bei der Hinterlegung einer Sicherheitsleistung genehmigt werden könnten. Begründet wurde diese Regelung damit, dass nach einzelnen Gerichtsurteilen bei einem freien Ermessen der Behörde eine Sicherheitsleistung nur dann gefordert werden könnte, wenn Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit des Betreibers oder eine drohende Insolvenz vorliegen. In diesen Fällen sei die Forderung nach einer Sicherheitsleistung jedoch häufig verspätet. Diese Begründung ist jedoch nicht zutreffend. Gemäß des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2008 setzt die Anordnung einer Sicherheitsleistung gem. § 12 Abs. 1 S. 2 BImSchG weder Zweifel an der Seriosität bzw. Liquidität des Betreibers noch Anhaltspunkte für das Fehlen eines Verwertungskonzepts voraus. Vielmehr reiche das allgemeine latent vorhandene Liquiditätsrisiko grundsätzlich aus, um von Betreibern einer Abfallentsorgungsanlage eine Sicherheitsleistung zu verlangen. Die Sicherheitsleistung in das Ermessen der Behörde zu stellen, ist vor diesem Hintergrund vollkommen ausreichend. Dies führt zu einer höheren Einzelfallgerechtigkeit und erspart den Unternehmen bürokratischen Aufwand.

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4. Anzeigepflicht bei technischer Verbesserung von Industrieanlagen abschaffen § 15 Abs. 1 S. 1 BImSchG

Nach § 15 BImSchG sind Änderungen an genehmigungsbedürftigen Industrieanlagen mindestens einen Monat vor Beginn der Änderung schriftlich anzuzeigen. Voraussetzung ist, dass sich die Änderung auf die vom BImSchG geschützten Umweltgüter oder den Menschen auswirkt. Damit sind nicht nur Auswirkungen im negativen Sinne erfasst. § 15 greift auch bei Änderungen, die Verbesserungen für die durch das Gesetz geschützten Umweltgüter nach sich ziehen. Die Anzeigepflicht hilft dem Umweltschutz in solchen Fällen nicht weiter. Sie ist formalistisch und damit überflüssig. Die Anzeigepflicht nach § 15 BImSchG sollte entfallen, soweit die Änderung der Anlage zur Verbesserung des Umweltschutzes führt.

5. Anzeigeverfahren durch angemessene Beschränkung der Nachforderungsmöglichkeiten der Behörde beschleunigen § 15 Abs. 1 S. 5 BImSchG – neu

Die Behörde teilt dem Träger des Vorhabens nach Eingang der Anzeige unverzüglich mit, welche zusätzlichen Unterlagen sie zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 benötigt. In der Praxis ist zu beobachten, dass es nach der erstmaligen Anforderung zusätzlicher Unterlagen noch zu weiteren Nachforderungen kommt; diese beschränken sich häufig nicht auf offene Fragen, die im Zusammenhang mit der ersten Nachforderung stehen, sondern auf Aspekte, die bei der ersten Durchsicht der ursprünglichen Unterlagen möglicherweise nicht aufgefallen sind. Vor diesem Hintergrund verzögert sich der Zeitpunkt des Fristbeginns in § 15 Abs. 2 S. 1 BImSchG. Jede Bearbeitung einer Nachforderung nimmt – die Einzelheiten hängen vom Einzelfall ab – zahlreiche Ingenieurstunden in Anspruch. Hinzu kommt, dass die Realisierung des Vorhabens verzögert wird. Die Verzögerungskosten hängen ebenfalls vom Einzelfall ab und können nicht generell angegeben werden. Die vorgeschlagene Änderung würde einen deutlichen Beschleunigungseffekt bringen. Deshalb sollte eine erneute Mitteilung nach § 15 Abs. 1 S. 4 BImSchG nur zulässig sein, wenn die

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zusätzlich angeforderten Unterlagen dies erfordern. Durch die hier vorgeschlagene Regelung wird ein Beschleunigungseffekt erzielt und verhindert, dass die Nachforderung von Unterlagen zu einer Verfahrensverzögerung missbraucht wird. Formulierungsvorschlag § 15 Abs. 1 S. 5 – neu: „Sie teilt dem Träger des Vorhabens nach Eingang der Anzeige unverzüglich mit, welche zusätzlichen Unterlagen sie zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 benötigt. Eine erneute Mitteilung ist nach Maßgabe von Satz 4 nur zulässig, wenn die zusätzlich angeforderten Unterlagen dies erfordern.“

6. Vereinheitlichung von Emissionserklärung, PRTR-Bericht und IED-Bericht

Betreiber von bestimmten, nach BImSchG genehmigungspflichtigen, Anlagen müssen regelmäßig Berichte für die Aufsichtsbehörde erstellen (Emissionserklärung, PRTR-Bericht, IED-Bericht).

§ 31 Abs. 1 BImSchG; Diese Berichte müssen über ein Online-Portal (Emissionserklärung, PRTR-Bericht), bzw. in Papierform (IED-Bericht) übermittelt werden und haben teilweise den gleichen, bzw. ähnlichen Inhalt. Zudem sind die Stoff-Nummern der anzugeArtikel 5 Verordnung benden Stoffe für die Emissionserklärung und den (EG) Nr. 166/2006 über die Schaffung ei- PRTR-Bericht im Online-Portal unterschiedlich. Es ist sinnvoll, dass die drei Berichte in einem genes Europäischen Schad- meinsamen Online-Portal erstellt und elektrostofffreisetzungs- und nisch an die Aufsichtsbehörde übermittelt werden können. Die Berichte sollten zu einem gemeinsa-verbringungsregismen Bericht zusammengefasst werden. Auf jeden ters Fall sollten die Berichte aber untereinander angepasst werden und eingegebene Daten automatisch in den anderen Berichten übernommen werden. § 3 Abs. 1 11. BImSchV;

Die vom BDI vorgeschlagene Formulierung greift 7. Erleichterungen für ISO 14001-Betriebe im eine Empfehlung des Wirtschaftsausschusses des Bundesrates im Zusammenhang mit den BeratunBImSchG gen über das Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt auf. Im Hinblick auf die Begründung wird vor § 58 e Abs. 1 S. 1 BImSchG

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diesem Hintergrund wörtlich auf die Ausführungen in der einschlägigen BR-Drs. 281/1/09 (S. 26 - 27) vom 04.05.2009 Bezug genommen: „Die bestehenden Privilegierungen für EMASzertifizierte Standorte haben sich bewährt. Jedoch wird im Bereich der gewerblichen Industrie die Zertifizierung nach EMAS zunehmend durch die international relevante Zertifizierung nach ISO 14001 abgelöst. Auch wenn ISO 14001 nominell hinter den Anforderungen nach EMAS zurückbleibt, ist eine Teilnahme an ISO und die Einführung entsprechend qualifizierter Umweltmanagementsysteme nach dieser Norm aus Umweltsicht zu fördern. Der in der Verordnungsermächtigung des § 58 e BImSchG vorgesehene Vorbehalt, nach dem in Bezug auf die Erleichterung die Anforderungen nach DIN EN ISO 14001 gleichwertig sein müssen mit den Anforderungen nach der zu privilegierenden Norm, stellt sicher, dass nur konkret gerechtfertigte Erleichterungen gewährt werden können. Sind zum Beispiel Unterlagen, die im Rahmen der Zertifizierung vorgelegt wurden, im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens nicht erneut vorzulegen, so kann dies gleichfalls für Unterlagen gelten, die im Rahmen einer Zertifizierung nach ISO 14001 vorgelegt wurden.“ Der Bezug auf DIN ISO 14001 hat sich bereits in der Gesetzgebungspraxis bewährt. Beispielsweise sieht in Nordrhein-Westfalen die Siebte Verordnung zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung vom 13.06.2006 entsprechende Erleichterungen vor. Betroffenheit der Industrie: Jede Erleichterung bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren wird von der Industrie begrüßt, da auf diese Weise Verfahren einfacher und schneller durchgeführt werden können. Änderungsvorschlag für § 58 e S. 1 BImSchG: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur Förderung der privaten Eigenverantwortung für Unternehmen, die in ein Verzeichnis gemäß Artikel 6 in Verbindung mit Artikel 7 Abs. 2 Satz 1 der www.bdi.eu

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Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (ABl. EG Nr. L 114 S. 1) oder die über ein nach DIN EN ISO 14001 (Stand: Juni 2005) zertifiziertes Umweltmanagementsystem verfügen, eingetragen sind, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Erleichterungen zum Inhalt der Antragsunterlagen im Genehmigungsverfahren sowie überwachungsrechtliche Erleichterungen vorzusehen, soweit die diesbezüglichen Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 gleichwertig mit den Anforderungen sind, die zur Überwachung und zu den Antragsunterlagen nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen vorgesehen sind oder soweit die Gleichwertigkeit durch die Rechtsverordnung nach dieser Vorschrift sichergestellt wird."

8. Forschung und Entwicklung im Genehmigungsrecht stärken und Klarstellung, dass Nebeneinrichtungen zum Zweck von Forschung und Entwicklung keiner BImSchG-Genehmigung bedürfen § 1 Abs. 6 Satz 1 4. BImSchV

Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 4. BImSchV bedürfen Anlagen, soweit sie der Forschung, Entwicklung oder Erprobung neuer Einsatzstoffe, Brennstoffe, Erzeugnisse oder Verfahren im Labor oder Technikumsmaßstab dienen, keiner Genehmigung. Zur Streichung von „im Labor- oder Technikumsmaßstab“: Der Zusatz „im Labor- oder Technikumsmaßstab“ sollte gestrichen werden. Denn nach § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV sind betroffene Anlagen nur dann von der Genehmigungspflicht ausgenommen, soweit sie der Forschung, Entwicklung oder Erprobung neuer Einsatzstoffe, Brennstoffe, Erzeugnisse oder Verfahren im Labor- oder Technikumsmaßstab dienen; hierunter fallen auch solche Anlagen im Labor oder Technikumsmaßstab, in denen neue Erzeugnisse in der für die Erprobung ihrer Eigenschaften durch Dritte erforderlichen Menge vor der Markteinführung hergestellt werden, soweit die neuen Erzeugnisse noch weiter erforscht oder entwickelt werden. Die genannte Regelung bedarf einer dringenden Änderung, da sie zu erheblichen Anwendungsunsicherheiten führt und da sie vom Vollzug sehr

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restriktiv ausgelegt wird. Wohl wegen der genannten Gesichtspunkte ist ihre Bedeutung in der Praxis gering. Ohne eine Änderung der 4. BImSchV sind dem Vollzug die Hände gebunden, da die Möglichkeiten unter der bestehenden Rechtslage sehr begrenzt sind. Der Verordnungsgeber ist auch aus europarechtlichen Gesichtspunkten nicht daran gehindert, § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV in einer Weise auszugestalten, dass Forschung und Technologie stärker gefördert werden. Denn nach Anhang I Abs. 1 der IVU-Richtlinie gilt die genannte Richtlinie „nicht für Anlagen oder Anlagenteile, die der Forschung, Entwicklung und Erprobung neuer Erzeugnisse und Verfahren dienen.“ Dies bedeutet, dass insbesondere die Beschränkung auf den Labor- oder Technikumsmaßstab entfallen kann. Zur Passage „Nebeneinrichtungen“: Nebeneinrichtungen einer Anlage, die der Forschung und Entwicklung dient, bedürfen nicht der Genehmigung nach BImSchG. Durch die vorgeschlagene Ergänzung in § 1 Abs. 6 Satz 1 der 4. BImSchV wird das Gewollte auch im Verordnungstext klargestellt. Formulierung zu § 1 Abs. 6 Satz 1: „Keiner Genehmigung bedürfen Anlagen, soweit sie der Forschung, Entwicklung oder Erprobung neuer Einsatzstoffe, Brennstoffe, Erzeugnisse oder Verfahren im Labor- oder Technikumsmaßstab dienen einschließlich der zugehörigen Nebeneinrichtungen; […]“

9. Prüfung des Zusatzwassers vereinfachen oder abschaffen § 3 Abs. 5 42. BImSchV

Der Betreiber einer Anlage hat sicherzustellen, dass dem Nutzwasser zugesetztes Zusatzwasser die in Anlage 1 genannten Prüfwerte 2 nicht überschreitet. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, in denen die Verweilzeit des Kühlwassers nicht mehr als eine Stunde beträgt. Es ist nicht eindeutig beschrieben, wie sicherzustellen ist, dass das zugesetzte Zusatzwasser die Prüfwerte einhält. Da die Legionellenkonzentration angegeben ist, kann man das üblicherweise nur durch ein externes Labor analysieren lassen.

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Dadurch wird die Anzahl der durchzuführenden Analysen noch weiter erhöht. Es ist davon auszugehen, wenn das Nutzwasser die LegionellenGrenzwerte einhält, dass in der Folge das Zusatzwasser auch in Ordnung ist. Es wird vorgeschlagen auf die Prüfung des Zusatzwassers zu verzichten, weil das nachfolgende Nutzwasser sowieso gemessen wird. Alternativ sollte jedenfalls in § 3 Abs. 5 der Prüfungsumfang eindeutig beschrieben werden.

10. Messhäufigkeit verringern § 4 Abs. 2 Nr. 1 42. BImSchV

Der Betreiber hat zur Sicherstellung der hygienischen Beschaffenheit des Nutzwassers regelmäßig mindestens zweiwöchentliche betriebsinterne Überprüfungen chemischer, physikalischer oder mikrobiologischer Kenngrößen des Nutzwassers durchzuführen. Das vorgegebene sehr umfangreiche Untersuchungsprogramm sollte reduziert und auf ein verhältnismäßiges Maß zurückgeführt werden. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen werden für die Untersuchungen auf externe Kompetenz zurückgreifen müssen. Der zweiwöchige Messturnus für die betriebsinternen Untersuchungen nach § 4 Abs. 2 ist zu hoch angesetzt. Eine monatliche Untersuchung ist ausreichend.

Abwasserabgabengesetz (AbwAG) 11. AbwAG aktualisieren Die Anlagen zur Abwasserreinigung wurden in der Vergangenheit – auch wegen der Vorgaben der IED – konsequent an den „Stand der Technik“ angepasst, so dass heute praktisch kein weiteres Verbesserungspotential besteht. Der BDI sieht eine sinnvolle und pragmatische Aktualisierung der Abwasserregeln als notwendig an.

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Bundes-Anlagenverordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) 12. Anzeigepflicht abschaffen, zumindest reduzieren § 40 AwSV

§ 40 AwSV besagt, dass bei prüfpflichtigen Anlagen die Errichtung einer neuen Anlage oder die wesentliche Änderung einer bestehenden Anlage mindestens sechs Wochen im Voraus bei der zuständigen Behörde schriftlich anzuzeigen ist. Dies gilt auch für prüfpflichtige Anlagen, die nicht wiederkehrend, sondern nur einmal, d.h., vor der Inbetriebnahme oder nach einer wesentlichen Änderung vom Sachverständigen überprüft werden müssen. Hierzu zählen beispielsweise die hohe Anzahl privater Heizölverbraucheranlagen außerhalb von Wasserschutzgebieten, aber auch kleinere Hilfsund Betriebsstofflager und Produktionsanlagen, in denen deutlich wassergefährdende Stoffe verwendet werden. Die Anzeigepflicht, mit der die Behörde über die Planung zur Errichtung/Änderung einer Anlage informiert werden soll, ist insbesondere bei den oben genannten „ungefährlicheren“ Anlagen kontraproduktiv (erhebliche Wartezeit bis zur Inbetriebnahme der Anlage; totes Kapital) oder wird in der Praxis nicht umgesetzt werden (Heizöltanks mit Privatpersonen als Betreiber). Prüfpflichtige Anlagen werden vor der Inbetriebnahme oder nach einer wesentlichen Änderung von einem AwSV-Sachverständigen geprüft. Der Prüfbericht des Sachverständigen geht im Original an den Betreiber der Anlage und in Kopie an die zuständige Behörde, die bei festgestellten Mängeln Nachbesserungen/Sanierungen anordnen kann. Bleibt die Anzeigepflicht nach § 40 AwSV in der jetzigen Fassung bestehen, erhält die Behörde die notwendigen Informationen über die Anlage unnötigerweise doppelt: sechs Wochen vor der Errichtung/Änderung und spätestens vier Wochen nach der Sachverständigenprüfung zum zweiten Mal. Die Anzeigepflicht für prüfpflichtige Anlagen ist grundsätzlich entbehrlich und mit viel Bürokratie

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verbunden. Sie kann entfallen oder sollte zumindest auf die wiederkehrend prüfpflichtigen Anlagen eingeschränkt werden.

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Energie und Klima

Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2017) 13. Entlastung für stromintensive Betriebe: Wahloption einführen §§ 63, 64 EEG 2017

Weiterleitung von Strom an Dritte muss bislang mit geeichten Zählern gemessen werden. Um den Bürokratieaufwand für Unternehmen zu reduzieren sollte eine Wahloption für Unternehmen eingeführt werden, geringe Strommengen pauschal von der beantragten Entlastungsmenge abzuziehen, verbunden mit einer Erklärung des Unternehmens, dass der Abzug die tatsächlich weitergeleitete Menge nicht übersteigt.

Stromsteuergesetz (StromStG) 14. Entlastung für Unternehmen und Prozesse: Wahloption einführen §§ 9-10 StromStG

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Weiterleitung von Strom an Dritte muss bislang mit geeichten Zählern gemessen werden Um den Bürokratieaufwand für Unternehmen zu reduzieren sollte eine Wahloption für Unternehmen eingeführt werden, geringe Strommengen pauschal von der beantragten Entlastungsmenge abzuziehen, verbunden mit einer Erklärung des Unternehmens, dass der Abzug die tatsächlich weitergeleitete Menge nicht übersteigt.

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Forschung und Innovation

Gentechnikgesetz (GenTG) 15. Bestimmte risikobewertete Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten aus dem Geltungsbereich des Gentechnikgesetzes ausnehmen § 2 Abs. 2 GenTG

Nach § 2 Abs. 2 GenTG wird die Bundesregierung unter bestimmten Voraussetzungen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates gentechnische Arbeiten mit Typen von gentechnisch veränderten Mikroorganismen ganz oder teilweise von den Regelungen des Gentechnikgesetzes auszunehmen. Folgende Sicherheits- und Produktionsorganismen sollten von den Regelungen des GenTG ausgenommen werden: Bacillus subtilis, Bacillus licheniformis, Corynebacterium glutamicum, Escherichia coli Sicherheitsstämme (z.B. K12), Kluyveromyces lactis, Ralstonia eutropha, Saccharomyces cerevisiae, Trichoderma sp. Dies sind Organismen, die nach § 6 Abs. 1 Gentechniksicherheitsverordnung (GenTSV) in Verbindung mit Anhang II Teil A GenTSV als biologische Sicherheitsmaßnahme anerkannt sind oder nach § 6 Abs. 3 GenTSV als biologische Sicherheitsmaßnahme anerkannt werden. Sie sind in der Liste der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) zu risikobewerteten Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten enthalten. Mögliche Einsparpotentiale durch diese Vereinfachung und Entbürokratisierung leiten sich aus folgenden Konsequenzen ab: ▪

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keine spezifische Anlagen-Anmeldung bzw. Anzeige erforderlich; somit Reduzierung von Antragsunterlagen und Verwaltungsgebühren Reduktion der Kennzeichnung der Arbeitsbereiche Reduktion von Aufzeichnungen über gentechnische Arbeiten (Formblatt Z) (Zeitersparnis; weniger Dokumentation) weniger Behörden-Revisionen zu erwarten; Zeitaufwand für Vorbereitung und Durchführung entfällt

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FuE-Förderverfahren 16. Projektabwicklung im Rahmen von FuEFörderverfahren vereinfachen

Die Abwicklung von Projekten ist auf Seiten des Antragstellers mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden, der den Nutzen von Projektförderung reduziert. Dies macht insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen große Probleme, da dort in der Regel kein Fachpersonal für die Antragstellung und Projektabwicklung vorhanden ist. Die Anforderungen an Berichte und Nachweise sind je nach Projektträger unterschiedlich z.B. bezüglich der Zwischen- und Abschlussberichte. In vielen Projekten sind nach wie vor Reiseberichte abzugeben. Über z.B. das Internationale Büro (IB) geförderte Projekte unterliegen anderen Ansprüchen an Verwendungsnachweisen und Förderbedingungen als die übrigen Projekte des BMBF. Die Papierform sollte durch EDV-Lösungen – z.B. Weiterentwicklung von „Profi online“ – ersetzt werden. Die Dokumentations- und Berichtspflichten sollten auf einen Jahres- und Abschlussbericht reduziert werden. Die Projektdarstellung sollte im Abschlussbericht so gestaltet werden können, dass Bausteine ohne Zusatzaufwand für die Projektdarstellungen in Jahrbücher übernommen werden können. Auf Reiseberichte könnte vollständig verzichtet werden. Das Vorgehen der Projektträger basierend auf der Bundeshaushaltsordnung und Nebenbestimmungen sollte vereinheitlicht werden, z.B. hinsichtlich der Anforderungen der einzelnen Projektträger durch einheitliche Interpretation der Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (NKBF 98). Über das Internationale Büro (IB) geförderte Projekte sollten sich an die Nachweisanforderungen und Förderbedingungen der anderen BMBF-Projekte angleichen.

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Mobilität und Logistik

Allgemeines 17. Genehmigungszeiträume bei Großraumund Schwertransporten

Seit dem Frühjahr 2017 kommt es in mehreren Bundesländern zu gravierenden Verzögerungen bei der Genehmigung von Großraum- und Schwertransporten, von denen Unternehmen und Lieferketten verschiedenster Wirtschaftszweige betroffen sind. Die Genehmigungsverfahren nahmen stellenweise bis zu acht Wochen statt der anzustrebenden fünf Werktage in Anspruch. Zentrale Instrumente zur Beschleunigung des Verfahrens sind unter anderem die Weiterentwicklung des Genehmigungssystems VEMAGS und die Schaffung eines „Integrationsnetz Straße“ (INS).

18. Bau und Planung bei Infrastrukturprojekten beschleunigen

Der hohe und im Voraus häufig nur schwer kalkulierbare Zeitbedarf für die Planung und die Genehmigung von Infrastrukturprojekten ist gegenwärtig mit das wichtigste Nadelöhr für die bedarfsgerechte Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland. Daher sind die in der „Strategie Planungsbeschleunigung“ des BMVI enthaltenen Maßnahmen so bald als möglich umzusetzen. Da nicht nur Vorhaben mit „überragendem öffentlichem Interesse“ von überlangen Planungszeiträumen betroffen sind, ist über die im Koalitionsvertrag genannten Initiativen hinaus (Planungsbeschleunigungsgesetz, Maßnahmengesetze zur Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und zur Beschränkung der Verwaltungsgerichtsverfahren auf eine Instanz) eine grundlegende Evaluierung des Rechtsrahmens notwendig. Hierzu gehört auch die EU-seitige Ermöglichung bzw. Wiedereinführung der materiellen Präklusion.

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Gesetz zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes vom 23. Februar 2017 (BT-Drs. 18/9752) 19. Zuverlässigkeitsüberprüfung vereinfachen § 7 Abs. 1 Nr. 2

§ 7 Abs. 1 Nr. 2 regelt die Verpflichtung der bekannten Versender zur Durchführung einer behördlichen Überprüfung (Zuverlässigkeitsüberprüfung) für Personal, das im Luftsicherheitsbereich des Unternehmens arbeitet. Es entstehen erheblich mehr Bürokratieaufwand und somit auch erheblich höhere Kosten (Erfüllungsaufwand) für die Unternehmen, die als bekannter Versender zertifiziert sind. Zum Teil wird Verwaltungsaufwand der Behörde auf die Unternehmen übertragen. Denkbar wäre eine Kompensation bei Novellierung der Luftsicherheitsgebührenverordnung. Möglichkeiten zur Vereinfachung und Erleichterung der Unternehmen sind gegeben durch Änderungen in der Luftsicherheitszuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (LuftSiZÜV), z.B. Erweiterung der Antragsberechtigung für Zeitarbeits- und Drittfirmen.

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Steuer- und Handelsrecht

Einkommensteuergesetz (EStG) 20. Gliederungstiefe der E-Bilanz reduzieren

Die Gliederungstiefe in der elektronischen Unternehmensbilanz (E-Bilanz) sollte auf das Maß der Bilanzen in Papierform reduziert werden.

§ 5 b EStG Mit der durch das Steuerbürokratieabbaugesetz veranlassten Umstellung auf elektronisch übermittelte Bilanzen sollte eine Entlastung der Wirtschaft erzielt werden. Da die Gliederungstiefe der erhobenen Informationen sich jedoch merklich vergrößert hat, ist der bürokratische Aufwand jedoch nicht reduziert worden.

21. Betriebsveranstaltung § 19 EStG nimmt Bezug auf die Anzahl der Teilnehmer einer Betriebsveranstaltung als Basisgröße. § 19 EStG Würde die Vorschrift auf die Anzahl der angemeldeten Teilnehmer oder auf die Anzahl der Teilnehmer, mit denen kalkuliert wird, abstellen, könnten sich Unternehmen und Verwaltung enormen bürokratischen Aufwand ersparen. Es sollte, innerhalb der Vorschrift oder im Wege einer Verwaltungsanweisung, klargestellt werden, dass auch auf die Teilnehmerzahl der Angemeldeten abgestellt werden kann.

22. Lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtliche Vorschriften anpassen

Unterschiedliche Bemessungsgrundlagen, Betragsgrenzen und Definitionen im Lohnsteuerund Sozialversicherungsrecht verursachen enormen Bearbeitungsaufwand und hebeln zum Teil steuerlich sinnvolle Vereinfachungen aus.

z.B. §37b EStG Vereinfachungen, die im Steuerrecht erzielt wurden sollten auch sozialversicherungsrechtlich gelten.

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Gewerbesteuergesetz (GewStG) 23. Zerlegung der Gewer-

besteuer bei Unternehmen mit Betriebsstätten in mehreren Gemeinden: Einführung einer

„Clearingstelle“ § 14a GewStG, §§ 185-190 AO

Die Steuerfestsetzung und der entsprechende Zahlungsverkehr müssen durch die jeweilige hebeberechtigte Gemeinde erfolgen. Bei Unternehmen mit Betriebsstätten in mehreren Gemeinden entsteht erheblicher bürokratischer Aufwand durch ▪ ▪

die Steuerfestsetzung durch die jeweilige hebeberechtigte Gemeinde und den hieraus resultierenden individuellen Zahlungsverkehr mit allen hebeberechtigten Gemeinden.

Vorgeschlagen wird die Einführung einer sog. „Clearingstelle“, mit der Folge, dass das Betriebsfinanzamt auch für die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer, die der jeweils hebeberechtigten Gemeinde zusteht, zuständig ist (siehe auch Vorschlag des BMF aus dem Jahr 2008).

Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) 24. Mobiles Scannen steuerrechtlich anerkennen Randnummern 130, 136 ff GoBD

Es sollte eine Klarstellung durch das BMF erfolgen, dass bei den Anforderungen für die Einhaltung der GoBD das mobile Scannen von Belegen (insbesondere zu Zwecken der Reisekostenabrechnung) steuerrechtlich anerkannt wird. Die Vorgaben der GoBD sollten dahingehend konkretisiert werden, dass die elektronische Erfassung von Papierdokumenten unabhängig von der technischen Ausprägung des Erfassungsgeräts sowie der verwendeten Software möglich ist. In der Praxis würde insbesondere die steuerliche Anerkennung des mobilen Scannens via Smartphone, ob im In- oder Ausland ausgeführt, erheblich zum Bürokratieabbau bei den Unternehmen beitragen.

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Umsatzsteuergesetz (UStG) 25. Eintritt der umsatzsteuerlichen Organschaft nur auf Antrag §2 Abs. 2 Nr, 2 UStG

Organschaft tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen bzw. bei Erfüllung der Tatbestandsmerkmale nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG automatisch ein, d.h. die Organschaft tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen auch dann ein, wenn sie nicht angestrebt oder gesehen wird. Die Organschaft tritt trotz Willens zur Bildung einer Organschaft nicht ein, wenn Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der bestehende Automatismus führt dazu, dass die Rechtsfolgen der Organschaft zwingend eintreten oder wegfallen. Die Organschaft ist damit im Voraus nicht rechtssicher bestimmbar. Zusätzlich bestehen Rechtsunsicherheit bei den Eingliederungsvoraussetzungen durch eine uneinheitliche Rechtsprechung des V. und des XI. Senats. Mit der Aufnahme von zuvor ausgeschlossenen Personengesellschaften in die umsatzsteuerliche Organschaft im Jahr 2017 haben sich die Bürokratiekosten und Umsatzsteuerrisiken für die Unternehmen und auch für die Verwaltung erhöht. Die Einführung eines Antragsverfahrens zur Schaffung von Rechtssicherheit für die Unternehmen und die Verwaltung erleichtert erheblich das Verfahren für beide Seiten und mindert die finanziellen Risiken.

26. E-Rechnung: Einheitliche und dauerhafte Anerkennung des ZugFerd-Formats durchsetzen § 14 UStG

Die EU-Richtlinie 2014/55/EU vom 16.04.2014 verlangt bei öffentlichen Aufträgen die elektronische Rechnungsstellung. Die E-Rechnungsverordnung der Bundesregierung sieht einen schrittweisen Übergang zu E-Rechnungen vor, wobei bei Bundesbehörden Ausnahmen und insbesondere das ZugFerd-Format (hybride E-Rechnung) zugelassen wird. Die Bundesländer setzen diese Vorgaben jetzt um. NRW hat im Rahmen des Entfesselungspakets II einen eigenen Gesetzesentwurf eingebracht, der deutlich restriktiver ist als die Verordnung der Bundesregierung und insbesondere das beworbene hybride ZugFerd-Format nicht auf

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Dauer akzeptiert. Wenn NRW und andere Bundesländer die liberalen Vorgaben aus § 14 UStG unterlaufen, werden die Unternehmen in der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse behindert. Der BDI fordert daher die einheitliche und dauerhafte Anerkennung des ZugFerd-Formats.

27. Gelangenbestätigung nicht für alle Branchen verlangen

Es sollte geprüft werden, ob die im Umsatzsteuerrecht vorgesehene Gelangenbestätigung für alle Branchen notwendig ist.

§ 4 Nr. 1b UStG, § 6a UStG in Verbindung mit § 17a UStDV

28. Zeitraum für Umsatzsteuervoranmeldung für Existenzgründer verlängern § 18 Abs. 2 S. 4 UStG

29. Zusammenfassenden Meldung (ZM) und der Intrastat-Meldung vereinheitlichen § 18 a UStG

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Laut Umsatzsteuergesetz sind von Existenzgründern in den ersten beiden Jahren monatliche Voranmeldungen zur Umsatzsteuer vorzunehmen. Anders als etablierte Unternehmer, die bei niedrigen Steuerzahlungen vierteljährliche Meldungen machen müssen, haben Existenzgründer damit also einen erhöhten Verwaltungsaufwand und damit Kosten, die dem Nutzen dieser Regelung in Form der Vermeidung von Steuerbetrug in keiner Weise entgegensteht. Die Anwendung von § 18 Abs. 2 Satz 4 UStG sollte ausgesetzt werden.

Der BDI begrüßt die Initiative des Statistischen Bundesamts, die Zusammenfassende Meldung (ZM) und die Intrastat-Meldung zu vereinheitlichen. Dafür müsste das Konzept sowohl die ZM und USt auf der einen Seite als auch Intrastat auf der anderen Seite gleichermaßen umfassen, die Meldegründe vereinheitlichen und die Fristen angleichen. Voraussetzung wäre aber eine Einbindung aller Beteiligten – also der Finanzverwaltung, des Statistisches Bundesamt und der Unternehmensseite – zwecks Klärung der erforderlichen Inhalte und Erreichbarkeit der tatsächlichen Entlastung.

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30. Einführung einer Gesamtbetrachtungsweise bei der Vollverzinsung (Vorschlag: § 25e UStG Neu)

Fälle einer zunächst unzutreffenden umsatzsteuerlichen Behandlung (etwa zu geringer Steuerausweis etc.) und nachträglicher Korrektur führen weder zu einem Liquiditätsvorteil der beiden beteiligten Umsatzsteuerpflichtigen noch zu einem Liquiditätsnachteil des Fiskus, da sich Umsatzsteuer und Vorsteuer ausgleichen. Eine Verzinsung nach § 233a AO ist daher nicht angemessen und führt zudem zu einem enormen bürokratischen Aufwand. Die Finanzverwaltung rechtfertigt die Verzinsung mit dem Hinweis darauf, dass es bei isolierter Betrachtung von nur Steuerpflichtigem und Steuergläubiger zu Liquiditätsvorteilen bzw. Liquiditätsnachteilen kommt. Diese Betrachtungsweise lässt jedoch die für die Umsatzsteuer typische Dreierkonstellation sowie die fraktionierte Erhebung der Umsatzsteuer außen vor. Bei einer derartigen Gesamtbetrachtungsweise kommt es zu keinem Liquiditätsvorteil des Steuerpflichtigen, der zu verzinsen wäre. Die Gesamtbetrachtungsweise könnte durch das Einfügen eines neuen § 25e UStG eingeführt werden. Danach wäre die Umsatzsteuer unbeschadet der Vorschriften der §§ 163 und 227 AO zu erlassen und zwar in den Fällen, in denen es zu keinem Steuerausfall beim Fiskus kommen kann. Damit wäre der Verzinsung die Basis entzogen.

Körperschaftsteuergesetz (KStG) Bei gesellschaftsrechtlich verbundenen Unter31. Besteuerung ertragnehmen, die als ertragsteuerliche Organschaft besteuerlicher Organschaften vereinfachen steuert werden, muss derzeit zwischen den während des Bestehens der Organschaft und den vor dieser Zeit verursachten positiven und negativen §§ 14 Abs. 3, Abs. 4, Ergebnisabführungen einer Tochtergesellschaft 27 Abs. 6 KStG, an ihre Muttergesellschaft unterschieden werden. § 44 Abs. 7 EStG Solche Mehr- und Minderabführungen resultieren weit überwiegend aus nur temporären Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz. In der www.bdi.eu

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Praxis führt die erforderliche Nachverfolgung dieser Differenzen zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand für die Unternehmen und für die Finanzverwaltung. Die Unterscheidung zwischen vororganschaftlicher und nach Vereinbarung einer ertragsteuerlichen Organschaft verursachten Mehr- und Minderabführungen sollte aufgegeben werden. Mehrabführungen sollten zukünftig einheitlich als Gewinnabführungen behandelt werden.

32. Bürokratieaufwand in Bezug auf die Besteuerung von Dividenden- und Veräußerungsgewinnen bei Organschaftssachverhalten mindern § 15 S. 1 Nr. 2 KStG

Die Befreiung von der Dividenden- und Veräußerungsgewinnbesteuerung nach §§ 8b Abs. 1 bis 6 KStG, 4 Abs. 6 UmwStG ist von der Rechtsform des Organträgers abhängig. Grund ist die systemkonforme Umsetzung des Teileinkünfteverfahrens in den Fällen, in denen eine Personengesellschaft Organträger ist. Dies führt zu hohem Aufwand beim Organträger und bei der Finanzverwaltung einschließlich der Betriebsprüfung. Die notwendige Übertragung der – auf der Ebene der Organgesellschaft ermittelten – Daten auf die Ebene der Kapitalgesellschaft als Organträger führt zu Mehraufwand und lässt unnötige Fehlerquellen entstehen. Die Dividenden- und Veräußerungsgewinnbesteuerung nach §§ 8b Abs. 1 bis 6 KStG, 4 Abs. 6 UmwStG sollte bei der Organgesellschaft in den Fällen, in denen der Organträger eine Kapitalgesellschaft ist, Anwendung finden.

33. Änderbarkeit der Steuerbescheinigung ermöglichen § 27 Abs. 5 S. 3 KStG

Die formale Nichtänderbarkeit der Steuerbescheinigung zum Nachweis der steuerfreien Einlagenrückgewähr innerhalb eines Konzerns ruft hohen Aufwand und unbefriedigende bzw. falsche Ergebnisse hervor. Eine bürokratische Vereinfachung könnte erreicht werden, wenn eine Korrekturmöglichkeit der Steuerbescheinigung auch bei Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen bzw. innerhalb eines Konzerns zugelassen würde.

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34. Hürden bei der Einlagenrückgewähr abbauen

Eine grenzüberschreitende Einlagenrückgewähr ist sehr aufwändig, weil Nachweispflichten über unverhältnismäßig lang zurückliegende Zeiträume erforderlich sind.

§ 27 Abs. 8 KStG Bestehende Hürden sollten hier abgebaut und die Regelung praktikable ausgestaltet werden: denkbar wären ein Verzicht auf Antragspflicht und Ausschlussfrist, eine Verkürzung von Nachweispflichten oder alternativ die Einführung einer Nichtbeanstandungsgrenze.

Abgabenordnung (AO) 35. Verbindliche Auskunft stärken § 89 Abs. 2 S. 1 AO

Steuerpflichtige können bei genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten beim Finanzamt einen Antrag auf verbindliche Auskunft über die steuerliche Beurteilung stellen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht (§ 89 Abs. 2 S. 1 AO). Ob diese Auskunft erteilt wird, steht im Ermessen der Finanzverwaltung. Die dafür fällige Gebühr richtet sich im Regelfall nach dem Gegenstandswert. Angesichts der Komplexität des Steuerrechts und des mit Rechtsunsicherheit verbundenen hohen Aufwands sollte die verbindliche Auskunft zu Steuersachverhalten um einen Rechtsanspruch auf zeitnahe Erteilung ergänzt und die Anwendbarkeit auch für bereits verwirklichte Dauersachverhalte gewährt werden. Kostenseitig sollte auf einen am Verwaltungsaufwand orientierten Gebührenersatz umgestellt werden.

36. Anhebung der Grenze Gewerbliche Unternehmer, die einen Gewinn von für die Buchführungs- mehr als 60.000,00 Euro aus Gewerbebetrieb oder einen Umsatz von mehr als 600.000,00 Euro im pflicht Wirtschaftsjahr haben, sind zur Buchführung verpflichtet. Das führt zu erweiterten, mit erhebli§ 140 AO chem Aufwand verbundenen Aufzeichnungspflichten.

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Die Grenzen sollten auf 100.000,00 Euro Jahresgewinn bzw. eine Million Euro Jahresumsatz angehoben werden.

37. Aufbewahrungsfristen verkürzen § 147 AO

Buchungsbelege und andere steuerrelevante Unterlagen müssen grundsätzlich bis zu zehn Jahre aufgehoben werden, § 147 AO. Die Frist wurde im Jahr 1998 von sechs auf zehn Jahre verlängert, um den Datenzugriff der Finanzverwaltung während einer Außenprüfung zu ermöglichen. Die gesetzliche Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren für steuerlich relevante Aufzeichnungen und Unterlagen verursacht bei den Unternehmen erhebliche Kosten. Derzeit sind Betriebe unter Umständen sogar gezwungen, separate Lagerräume für die aufzubewahrenden Dokumente anzumieten oder bei elektronischen Dokumenten die Software- und Hardware-Umgebung nebst Support auch dann noch aufrecht zu erhalten, wenn schon längst eine andere IT-Umgebung vorhanden ist. Die Rechtfertigung für die langen Fristen, nämlich entsprechend lange nicht abgeschlossene Steuerverfahren, lässt sich angesichts der durch elektronische Verfügbarkeit von Steuerunterlagen mittlerweile deutlich verbesserten Möglichkeiten, Betriebsprüfungen zeitnah durchzuführen, nicht mehr halten. Eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen auf 5 Jahre einhergehend mit einer zeitnahen Betriebsprüfung könnte die Bürokratiekosten bei Verwaltung und Unternehmen immens vermindern.

38. Zeitnahe Betriebsprüfung gewährleisten § 171 Abs. 4 AO (§ 4a BpO)

Derzeit tragen die Unternehmen hohe Belastungen durch zu lange Betriebsprüfungen, die zudem oft weit zurückliegende Jahre betreffen. Dadurch entstehen signifikante Archivierungs- und Personalkosten bei den Unternehmen. Zeitnahe Betriebsprüfungen werden bereits als Insellösungen praktiziert. Obwohl die Einführung der E-Bilanz auch damit begründet wurde, Betriebsprüfungen zielgenauer und zeitnaher durchführen zu können, ist dies

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nicht eingetreten. In § 4a der Betriebsprüfungsordnung, die zur Einführung zeitnaher Betriebsprüfungen zum 1.1.2012 eingeführt wurden, werden den Anforderungen an eine zeitnahe Betriebsprüfung nicht gerecht. Zur Sicherstellung der zeitnahen Betriebsprüfung sollten unter Verkürzung der Festsetzungsverjährung und der Ablaufhemmung konkrete Regelungen in der AO getroffen werden (§ 171 Abs. 4 AO), so dass sichergestellt ist, dass die Festsetzungsfrist spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Beginn der Außenprüfung endet. Auf Antrag des Steuerpflichtigen sollte der Ablauf der Festsetzungsfrist um jeweils ein Jahr gehemmt sein.

Außensteuergesetz (AStG) 39. Hinzurechnungsbesteuerung §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 3 AStG

Die deutschen Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung greifen bereits, wenn mehrere unbeschränkt Steuerpflichtige zusammen zu mehr als 50 Prozent an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind. Es spielt hierbei keine Rolle, ob diese Steuerpflichtigen einander nahestehende Personen sind (d.h. miteinander verbunden sind) oder gleichgerichtete Interessen verfolgen. Damit sind deutsche Unternehmen gezwungen, jede Konzernstufe auf potenziell schädliche gemeinschaftliche Beteiligungen mit anderen, unverbundenen unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmen zu überprüfen. Es entsteht erheblicher Compliance-Aufwand und unverhältnismäßige Steuererklärungspflichten. Für die Prüfung der 50 %-Schwelle sollte das Kriterium der Verbundenheit berücksichtigt werden (analog der EU-Richtlinie "ATAD").

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Über den BDI Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Und er bietet Informationen und wirtschaftspolitische Beratung für alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 36 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund 8 Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene.

Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Ansprechpartner Maximilian von Koppenfels Referent Abteilung Mittelstand und Familienunternehmen Telefon: +49 30 2028-1627 m.vonkoppenfels@bdi.eu BDI Dokumentennummer: D 0929

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