EMPFEHLUNGEN ZUR BTW25 | KLIMA- UND ENERGIEPOLITIK
Energieversorgung
Die neueBundesregierung muss die gravierenden strukturellen Probleme Deutschlands mit großer Klarheit und Entschlossenheitangehen.Zielmusses sein,die beiUnternehmen und Investoren bestehende hohe Unsicherheit in Bezug auf die künftige Energieversorgung und die Klimapolitik abzubauen und wieder Vertrauenin die längerfristigeWettbewerbsfähigkeit des IndustrielandesDeutschlandherzustellen.DerHandlungsbedarfbetrifft etwa die Energiepreise, die Molekülwende, die Ausgestaltung der Dekarbonisierung der Industrie sowie die notwendige Gebäudesanierungswelle. Außerdem ist von zentraler Bedeutung, dassdie BundesregierungdiedeutschenInteressen künftig entschlossen in Brüssel vertritt.
und nachhaltige
Bei den Unternehmen und Investoren besteht derzeit eine hohe Unsicherheit über die künftige Energieversorgung in Deutschland. Das betrifft zum einen die Frage über den zeitlichen Fortgang und die Kosten der „Molekülwende“ (Wasserstoff und seine Derivate) und zum anderen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Energiepreise, wobei die massiv gestiegenen Stromnetzentgelte zu der großen Besorgnis beitragen Dies alles ist von erheblicher Bedeutung für die energieintensiven Industrien inklusive des Mittelstands und damit für den Fortbestand von Wertschöpfungsketten in Deutschland, in gleicher Weise aber auch für die Elektrifizierung des Verkehrs und der Wärmeversorgung. Technologieoffenheit bei der Stromerzeugung, wie sie bei unseren internationalen Wettbewerber-Ländern selbstverständlich ist, und eine preisdämpfend wirkende Stärkung des (auch heimischen) Gasangebots gehören in Deutschland derzeit nicht zum politisch gegebenen Rahmen. Das aktuelle Strommarktdesign hat bisher keine regelbaren Kraftwerksneubauten angereizt, der dringend benötigte Bau neuer regelbarer (wasserstofffähiger) Gaskraftwerke konnte noch immer nicht starten. Für die benötigte Sanierungswelle bei Gebäuden müssen ebenfalls noch die Voraussetzungen geschaffen werden; auch in diesem Bereich gibt es erheblichen Zeitverzug.
Mit starker Stimme Deutschlands in Brüssel die Energieversorgung stärken
▪ Energiepreise dauerhaft senken: Esbraucht strukturelle Lösungen, um die international nicht wettbewerbsfähigen Strompreise zu senken. Kurzfristig gilt es, verlässliche Entlastungsmaßnahmen für die Industrie zu etablieren bzw. zu verstetigen. Die Strompreiskompensation einschließlich des Super-Caps für die stromintensivsten Unternehmen müssen ohne weitere Abschmelzungen über 2030 hinaus beibehalten werden. Zudem sollte die Strompreiskompensation auf weitere Sektoren, auch mit Blick auf den Mittelstand, ausgeweitet werden. Das EUBeihilfenrecht darf Entlastungen von steigenden Preisen, Netzentgelten und Umlagen nicht im Wege stehen Die alleinige Belastung der Endverbraucher sollte grundlegend überdacht werden, um eine gerechtere Kostenverteilung zu gewährleisten. Langfristig ist ein effizienter Ausbau des europäischen Energiebinnenmarkts entscheidend. Dafür braucht es eine bessere Koordination bei der Planung neuer Infrastrukturen sowie eine Absicherung grenzüberschreitender Investitionen, vor allem in Interkonnektoren. Eine Stärkung der Connecting Europe Facility for Energy (CEF-E) ist hierfür unerlässlich.
▪ Grüne Leitmärkte schaffen undVerfahren beschleunigen: Der angekündigte „Industrial Decarbonisation Accelerator Act“ sollte über die Festlegung von Fristen hinausgehen. Zielgerichtete Ausnahmen vomEU-Umweltrecht – nach dem Vorbild derErneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) – und eine Modernisierung der teils veralteten EU-Umweltgesetze sind wichtig, um Verfahren zu beschleunigen. Grüne Leitmärkte insbesondere für CO2-reduzierte Grundstoffe sollten durch eine Kombination aus Angebots- und Nachfrageinstrumenten gefördert werden. Neben dem Vergabetransformationsgesetz auf nationaler Ebene sollten die EU-Vergaberichtlinien zur Förderung grüner öffentlicher Beschaffung angepasst und dabei auch Local-ContentAnforderungen verankert werden. Darüber hinaus sollten verstärkt europäische Klimaschutzverträge (Carbon Contracts for Difference) implementiert werden. Die Finanzierung könnte aus dem Competitiveness Fund sowie über „auctions-as-a-service“ wie bei der Europäischen Wasserstoffbank erfolgen.
▪ Effektiven Carbon Leakage-Schutz gewährleisten: Die Bundesregierung sollte auf bessere Regeln für den CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) drängen. Unter anderem dürfen Exporte nicht benachteiligt werden, Umgehungsmöglichkeiten müssen verhindert werden und eine deutlich höhere, eigenständige de-minimis-
Wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung
Schwelle sollteeingeführt werden. Vor allem für Verarbeiter vonCBAM-Produkten bringtCBAM große Probleme mitsich. Einerseits sollten weiterverarbeitete Stahl-intensive Produkte,die vornehmlich aus bereits CBAM-pflichtigen Produkten bestehen, noch vor 2026 in den Anwendungsbereich der CBAM-Verordnung aufgenommen werden. Andererseits gibt es Sektoren (z. B. chemische Industrie), in denen der Mechanismus – i. W. weil zu komplex – nicht angewendet werden sollte. Mario Draghi fordert in seinem Bericht, auf die Abschmelzung der freien Zuteilung im ETS zu verzichten, falls durch den CBAM der erforderliche Carbon Leakage Schutz nicht erreicht werden kann. Auch für den internationalen Luft- und Seeverkehr muss Carbon Leakage Schutz gewährleistet werden.
▪ Die einheitliche Strompreiszone in Deutschland beibehalten: Hierfür sollte sich die Bundesregierung mit Nachdruck in Brüssel einsetzen. Es besteht das Risiko, dass die Aufteilung Deutschlands in mehrere Strompreiszonen die hohe Liquidität des deutschen Strommarktes verringern würde. Eine Aufteilung der einheitlichen deutschen Gebotszone würde die wirtschaftlicheStärke Deutschlands schwächen und sich auch negativ auf den europäischen Energiebinnenmarkt auswirken. Im Falle einer Aufteilung müssten die Zonen voraussichtlich regelmäßig angepasst werden, was langfristig stabilenMarktbedingungen entgegenstünde. Darüber hinaus würde die Ankündigung, Deutschland in mehrere Strompreiszonen aufzuteilen, die Investitionssicherheit und die Investitionsbereitschaft negativ beeinflussen.
▪ Auf ein realistisches EU-2040-Minderungsziel hinwirken: Die vorherige EU-Kommission hat ein Treibhausgasminderungsziel von –90 Prozent (1990-2040) vorgeschlagen. Im ersten Quartal 2025 will die neue EU-Kommission dazu die Änderung des EU-Klimaschutzgesetzes auf den Weg bringen. Die Bundesregierung muss sich in Brüssel dafür einsetzen, dass ein solches Ziel nur dann festgeschrieben wird, wenn klar ist, wie es ohne Überforderung der Industrie zu erreichen ist. Die knappe Zeit bis 2040 und der Ambitionsgrad erfordern eine finanzielle Unterstützung der Unternehmen Weiter sollte die EU dafür sorgen, dass Minderungsgutschriften gem. Art. 6 Paris-Abkommen für die Zielerfüllung genutzt werden können. Die Integrität der generierten Gutschriften, transparente Überwachung und Einhaltung sonstiger Vorsichtsmaßnahmen (Article 6.4 Supervisory Body) sind dabei zu gewährleisten.
Wettbewerbsfähige Strompreise sicherstellen
▪ Netzentgelte senken: Durch staatliche Ko-Finanzierung aus dem Bundeshaushalt auf das Niveau von 2023. Die Systemkosten für Strom sind in Deutschland bereits hoch und es ist zu befürchten, dass diese weiter steigen werden. Das gilt es im Hinblick auf eine erfolgreiche Energiewende unbedingt zu vermeiden. Netzentgelte machen einen signifikanten Teil des Strompreises aus und stellen eine zunehmende und perspektivischweiter steigende Belastung für die Industrie in Deutschland dar. Sie sind ein wichtiger Faktor für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Stromsystemkosten des Standorts Deutschland. Die energieintensive Industrie braucht für international wettbewerbsfähige Strompreise eine wirkungsvolle Nachfolgeregelung zu den individuellen Netzentgelten, welche auch die wirtschaftlichen Aspekte der Regelung im Blick hat.
▪ Stromsteuer für das Produzierende Gewerbe auf das europäische Mindestmaß dauerhaft begrenzen: Dies wurde bereits im Rahmen der Wachstumsinitiative der Ampelregierung im Sommer 2024 beschlossen. Die gesetzliche Umsetzung wurde vor der 2. / 3. Lesung im Bundestag durch das Aus der Koalition kurzfristig verhindert.
▪ Praxistaugliches Strommarktdesign dringend vorantreiben: Die letzten Jahre haben gezeigt, dass große Preisausschläge im Strommarkt eine Herausforderung für Gesellschaft,
Wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung
Wirtschaft und Politik darstellen. Andererseits können sich Flexibilitätsoptionen ohne extreme Preisspitzen und -senken marktlich nicht refinanzieren. All das hat zu einem fragmentierten Strommarkt mit komplizierten staatlichen Absicherungs- und Finanzierungssystemen geführt, Planungssicherheit und Pragmatismus fehlen. Diese sind aber ein Muss für eine gelingende Energiewende. Die Vorarbeiten sind weitgehend geleistet, Fakten und Ideen liegen auf dem Tisch. Nun geht es darum, ein solches praxisorientiertes Strommarktdesign,dasauf Detailsteuerung verzichtet, auch tatsächlich rasch auf den Weg zu bringen Ein evtl. Kapazitätsmechanismus muss so ausgestaltet werden, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dadurch nicht verringert wird.
▪ Netzausbau und Betrieb von Stromnetzen günstiger und effizienter machen: Es sollte geprüft werden, ob Erdkabelleitungen, die noch nicht genehmigt worden sind, als Freileitungen möglichwären. Der Bau als auch der anschließende Betrieb vonFreileitungen sind im Vergleich zu einer Erdverkabelung erheblich günstiger – um das 3 bis 7-fache. Bei der erforderlichen Wartung der Stromnetze sollte Digitalisierung – insbesondere Künstliche Intelligenz – vermehrt genutzt werden. Im Einklang mit dem Netzentwicklungsplan 2032/2045 (NEP 2045) sollte der Stromnetzausbau bis spätestens 2045 zur Klimaneutralität führen. Kostengünstige Erneuerbare Energien sollten im Einklang mit der Energieinfrastruktur integrierter, umfassender und langfristiger geplant, optimiert und ausgebaut werden. Zentral ist, dass durch den Ausbau der Erneuerbaren die Systemkosten nicht nachhaltig erhöht werden.
▪ Den Ausbau der Erneuerbaren Energien ambitioniert und effizient weiter voranbringen: Bei der Genehmigung neuer EE-Anlagen hat es bereits in der letzten Zeit erhebliche Fortschritte gegeben, was sich in deutlich gestiegenen Genehmigungszahlen abbildet. Insbesondere beider Windenergie an Land reicht der momentane Zubau aber nicht aus, die Ausbauziele zu erreichen. Erforderlich ist eine weitere Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sowie der Abbau artenschutzrechtlicher Hemmnisse. Vor allem aber ist auf eine enge Verzahnung und Synchronisierung mit dem dafür notwendigen Netzausbau zu achten.
▪ Versorgungssicherheit staatlich garantieren: Die Entwicklung eines passenden Strommarktdesigns ist komplex und braucht Zeit. Daher sollte der Staat die Impulse zum dringend benötigten Zubau regelbarer Kapazitäten zunächst selbst geben. Die vorgesehenen Kraftwerksausschreibungen sollten deutlich einfacher gestaltet werden als zuletzt geplant und ohne dass dies zu einer neuen Umlage auf den Strompreis zu Lasten auch der Industrie führt. In Bezug auf KWK-Anlagen ist auf die drohende Förderlücke durch das Auslaufen des KWKG im Jahr 2026 und den erst 2028 startenden Kapazitätsmechanismus hinzuweisen. Damit würde ein Fadenriss für diese Technologie drohen Um dies zu vermeiden und Planungssicherheit zu erhalten, sollte das KWKG bis 2030 verlängert werden.
Molekülwende zum Erfolg bringen
▪ Den nationalen und europäischen Rechtsrahmen für Wasserstoff (H2) weiterentwickeln und vereinfachen: Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für praxistaugliche Definitionen von kohlenstoffarmen und erneuerbarem H2 sowie CO2-
Wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung
Bezugsquellen für H2-Derivate einzusetzen, d. h. für eine pragmatische Ausgestaltung des delegierten Rechtsaktes (gemäß EU-Gasmarktrichtlinie) für kohlenstoffarmen H2 sowie für eine vorgezogene Überarbeitung der Strombezugskriterien (gem. Art. 27 RED) für RFNBO Bezogen auf die nationale Umsetzung der Industrieunterquote nach RED III muss eine Zielverankerung auf mitgliedstaatlicher Ebene erfolgen, Flexibilitäten bei den Ausnahmetatbeständen vollumfänglich genutzt und Widersprüche bzgl. kohlenstoffarmem H2 aufgelöst werden. Zudem ist schnellstmöglich die H2-Speicherstrategie vorzulegen.
▪ Wirtschaftlichkeit von H2 verbessern und stärkere Anreize für Abnehmer schaffen: Wie die Transformationspfade-Studie zeigt, sind die Produktionskosten von H2 in Deutschland aufgrund höherer Energiekosten höher als in vielen anderen Ländern. Dieser Kostennachteil wird durch strenge Vorgaben weiter verschärft. Neben praxistauglicheren Regeln und weiterhin nötigen H2-Produktionsförderungen sind stärkere Anreize für Abnehmer nötig, z. B. durch nationale Tranchen der European Hydrogen Bank, weitere Gebotsrunden im Rahmen der Klimaschutzverträge sowie durch den Aufbau grüner Leitmärkte inklusive öffentlicher Beschaffung. Eine neue „Grüngasquote“ kann notwendige Nachfrageimpulse setzen, ist aber kein alleiniges Instrument und muss Carbon Leakage durch Mehrkosten vermeiden
▪ Eine flächendeckende Infrastruktur für H2 und CO2 aufbauen: Der Aufbau einer H2-Infrastruktur muss energisch vorangetrieben werden – auch auf europäischer Ebene – und zusätzliche Importinfrastruktur, Speicher und Verteilnetze umfassen. Der Zeitplan für den Aufbau des H2-Kernnetzes muss eingehalten werden. Insbesondere bei CO2-Transport- und Speicherinfrastruktur, aber auch bei der Transformation von Gas-Verteilnetzen hin zu H2 sind Fragen zur Finanzierung noch völlig offen. Es drohen prohibitiv hohe Kosten für die sog. First Mover und somitein verzögerter Infrastrukturaufbau. Der BDIempfiehlt,die Möglichkeitder Onshore-Speicherung von CO2 zu nutzen und Instrumente zur Investitionsabsicherung wie das Amortisationskonto auch im CO2-Bereich zu diskutieren. Insgesamt sollte die Netzplanung für Strom, Gas, H2 und CO2 synchronisiert werden.
▪ Internationale Partnerschaften vorantreiben, um CO2 zu exportieren und H2 zu importieren: Da Deutschland einen Großteil seines H2-Bedarfs bereits in 2030 importieren werden muss, müssen internationale H2-(Infrastruktur-)Partnerschaften vorangetrieben, Handelshemmnisse abgebaut und regulatorische Rahmenbedingungen harmonisiert werden. Das auktionsbasierte Instrument H2Global sollte gestärkt werden. Der BDI begrüßt, dass der grenzüberschreitende CO2-Transport zu Speicherstätten anderer Länder ermöglicht und gleichzeitig eigene Speicherkapazitäten in Deutschland aufgebaut werden sollen. Hierfür muss nun u. a. schnellstmöglich das 2009 Amendment zu Artikel 6 des Londoner Protokolls ratifiziert werden.
▪ Kohlenstoffmanagement durch die Schaffung eines Rechtsrahmens ermöglichen und anreizen: CCS, CCU und CDR sind unverzichtbare Elemente einer umfassenden Klimastrategie Damit der Hochlauf dieser Technologien gelingt, muss zügig die Novelle des KohlendioxidSpeichergesetzes verabschiedet und der nationale und europäische Regulierungsrahmen (weiter-)entwickelt werden (u. a. schnellstmögliche Veröffentlichung der Langfriststrategie Negativemissionen) Aufgrund der hohen Kosten werden kurzfristige Förderprogramme entlang der gesamten Wertschöpfungskette notwendig sein, während zugleich eine Perspektive auf eine langfristige Marktfähigkeit geschaffen werden muss. Der BDI befürwortet die Öffnung der Klimaschutzverträge für CCS-Projekte
Dekarbonisierungsrisiken der Industrie mittragen
Wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung
▪ Investitionsfreundliches Wirtschaftsumfeld schaffen: Weite Teile des Kapitalstocks müssen ertüchtigt werden. Das kostet Zeit und Geld. Die regulatorischen Vorgaben verkürzen in vielen Fällen die Nutzung existierender Anlagen. Gleichzeitig verhindern vor allem die allgemeine politischeUnsicherheit, die KomplexitätvonRegulierungen und der Fachkräftemangel, dass rasch in neue CO2-frei produzierende Anlagen investiert wird. Die neue Bundesregierung muss die Verlässlichkeit der klima- und industriepolitischen Rahmenbedingungen deutlich erhöhen. Damit einhergehen muss der Verzicht auf politisches Klein-Klein. Detailentscheidungen müssen weitgehend privaten Akteuren überlassen werden. Das Vertrauen von Investoren in die Standfestigkeit und Langfristorientierung der Politik bei der Durchsetzung des eingeschlagenen Weges zu gewinnen, ist das A und O der Transformation. Nur wenn dieses Vertrauen da ist – und erhalten wird – gibtdas den Mut, den es braucht, um die in allen gesellschaftlichen Sektoren unbedingt erforderlichen Investitionen zu realisieren. Dabei müssen die industriepolitischen Chancen für neue Wertschöpfung in den Transformationstechnologien, die für die deutsche Industrie mit den weiteren Klimaschutzanstrengungen verbunden sind, noch stärker mit in den Blick genommen werden.
▪ Carbon Leakage Schutz und Klima-Sozialplan für ETS2 schaffen: Die Einführung des EU ETS2 ist für den 1. Januar 2027 angeordnet. Härten für Bürgerinnen und Bürger sowie betroffene kleine Unternehmen soll der Klimasozialfonds mildern. Eine der vorrangigen Aufgaben der Bundesregierung wird daher die Erstellung des Klima-Sozialplans bis 30. Juni 2025 sein. Klimapolitik sollte weiter ambitioniert verfolgt, aber nicht absolut gesetzt werden. Ein Level Playing Field und der Schutz vor unfairem Wettbewerb sind essenziell. Industrie, Mieter und Autofahrer müssen beim Übergang vom nationalen Emissionshandel in das ETS2 durch klare einsichtige Regeln unterstützt werden. Besonders vulnerable Akteure, die die Transformation nicht aus eigener Kraft stemmen können, bedürfen der gezielten Unterstützung. Damit kleine Unternehmen nicht aus der EU getrieben werden, muss die Bundesregierung wie beim nEHS auch beim ETS2 für einen wirksamen Carbon Leakage-Schutz (durch eine stark erweiterte und vereinfachte „ETS2-BECV“) sorgen.
▪ Energieeffizienzgesetzgebung radikal entschlacken: Deutschland verfügt bereits heute über eine hohe Energieeffizienz in der Industrie Für die weitere Dekarbonisierung der Industrie ist auch die weitere Steigerung der Energieeffizienz ein wichtiger Hebel. Allerdings sollte der Weg nicht durch immer neues Ordnungsrecht und durch mehr Regulierung erfolgen, sondern stärker durch Marktsignale. Daher sollten das Energieeffizienzgesetz und das Energiedienstleistungsgesetzradikal auf die Brüsseler Vorgaben reduziert werden, alles darüberhinausgehende „Gold Plating“ ist zu streichen.
▪ Energieeffizienznetzwerke der Unternehmen stärken: Die gemeinsame Initiative Energieeffizienznetzwerke von Bundesregierung und Wirtschaft ist einer der wirksamsten Hebel zur Einsparung von Energie und CO2 in der Industrie. Diese Initiative ist weiter zu stärken, auch durch innovative gesetzgeberische Verankerung, die das Instrument noch attraktiver für Unternehmen macht.
Voraussetzungen für Gebäudesanierungswelle schaffen
▪ Kontinuität und Planungssicherheit bei Anforderungen gewährleisten: Bei den gesetzlichen Anforderungen für die Einbindung Erneuerbarer Energien beim Heizungstausch (Gebäudeenergiegesetz), die letztlich weitestmöglich technologieoffen ausgestaltet wurden, muss Kontinuität gewährleistet werden. Herstellern und Anwendern sollte nach dem langen Diskussionsprozess die benötigte Verlässlichkeit geboten werden. Neue Anforderungen von
Wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung
europäischer Ebene (EU-Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie) müssen schnellstmöglich und 1:1 in nationales Recht umgesetzt werden, um Klarheit und Investitionssicherheit zu geben.
▪ Verlässliche und attraktive Sanierungsförderung etablieren: Die Gebäudesanierungsförderprogramme müssen – weitestmöglich technologieoffen ausgestaltet – unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts längerfristig angeboten werden und entsprechend ausfinanziert werden. Mit zunehmender Dauer sollte die Förderung degressiv absinken. Eine einkommens- bzw. vermögensabhängige Stufung ist sinnvoll. Um eine Stagnation der Sanierungsrate aufgrund erneuter Stopps und Kürzungen der Programme zu verhindern, darf das Förderbudget nicht weiter absinken und bei verstärkter Nachfrage müssen zügig ergänzende Mittel verfügbar gemacht werden. Die BDI-Transformationspfade-Studie sieht für den geforderten Hochlauf der Gebäudesanierung einen Budgetbedarf zum Jahr 2030 in Höhe von 20 Mrd. Euro pro Jahr.
▪ Wohnungsbauoffensive starten: Um demBedarf an deutlich mehr klimafreundlichen Wohnraum zu entsprechen, ist eine langfristige und verlässliche Förderkulisse nötig. Dafür ist u. a. Kontinuität bei Zinsvergünstigung für Wohnungsneubau erforderlich. Bestehende Förderprogramme müssen vereinfacht und einem breiteren Nutzerkreis zugänglich gemacht werden. Der eingeschlagene Weg zur Reduzierung von Kostentreibern beim Bauen – etwa im Rahmen des Bund-Länder-Paktes für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung – muss konsequent fortgesetzt werden.
▪ Wärmenetzausbau beschleunigen: Das politisch gesetzte Ziel, die Wärmenetze auszubauen und bis 2030 die Hälfte der Wärme in den Netzen klimaneutral zu erzeugen, muss fokussiert weiterverfolgt werden. Der Aus- und Umbau der Wärmenetze und der Wärmeerzeuger und großtechnischer Wärmeerzeuger muss in einem Infrastrukturförderprogramm vorangetrieben werden. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Fernkälte und Fernwärme müssen in der Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW), im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWK-G) für klimaneutrale Brennstoffe sowie in der Wärmelieferverordnung verbessert werden. Das BEW-Budget muss umgehend ausgeweitet werden.
▪ Technologieoffenheit für Gebäudetransformation gewährleisten: Der Gebäudesektor kann nur durch Einsatz aller verfügbaren Energieträger vollständig klimaneutral gemacht werden. Effizienteingesetzter erneuerbarer Strom,Wärmepumpen und Fernwärme sind die wichtigstenHebel für die klimaneutrale Wärmeversorgung von Gebäuden. Aber auch erneuerbare feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe müssen ihren Beitrag leisten. Entsprechend ist –konsequent ausgerichtet auf das Ziel der Klimaneutralität – Technologieoffenheit gefordert.
Impressum
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)
Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu
T: +49 30 2028-0
Lobbyregisternummer: R000534
und nachhaltige
BDI Dokumentennummer: D2035
Redaktion
Dr. Carsten Rolle
Abteilungsleiter Energie- und Klimapolitik
T 030 2028 1595 E c.rolle@bdi.eu
Dr. Eberhard von Rottenburg
Stellvertretender Abteilungsleiter Energie- und Klimapolitik
T 030 2028 1542 E e.rottenburg@bdi.eu
Cara Bien
Moleküle, Molekülwende
T 030 2028 1727 E c.bien@bdi.eu
Dr. Joachim Hein
Klimaschutz, Dekarbonisierung der Industrie
T 030 2028 1555 E j.hein@bdi.eu
Dr. Beatrix Jahn
Stromnetze, Netzentgelte
T 030 2028 1481 E b.jahn@bdi.eu
Charlotte Kürsten Strommarkt
T 030 2028 1605 E c.kuersten@bdi.eu
Marc Oppermann Internationale Klimapolitik
T 030 2028 1421 E m.oppermann@bdi.eu
Johannes Schindler Strommarkt
T 030 2028 1414 E j.schindler@bdi.eu
Wilko Specht
Geschäftsführer BDI-Initiative Energieeffiziente Gebäude
T 030 2028 1599 E w.specht@bdi.eu
Jonas Wilden
Europäische Energie- und Klimapolitik
T 0032 2792 1004 E j.wilden@bdi.eu