Investitionsschutzabkommen und Investor-Staat-Schiedsverfahren

Page 1

Investitionsschutzabkommen und Investor-Staat-Schiedsverfahren: Mythen, Fakten, Argumente



Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

3

Inhaltsverzeichnis Einleitung ................................................................................................................................................................................... 4 Zehn Mythen, Fakten, Argumente ...................................................................................................................................... 5 Die wichtigsten Daten auf einen Blick . ........................................................................................................................... 21 Zehn ISDS-Fälle in der öffentlichen Debatte: Ein genauer Blick lohnt sich ......................................................... 31 Fazit und Ausblick ................................................................................................................................................................. 44 Annex I: IFV Deutschlands (129 Verträge in Kraft) ...................................................................................................... 52 Annex II: ISDS-Klagen deutscher Investoren ................................................................................................................ 53 Weiterführende Quellen ....................................................................................................................................................... 57 Impressum ............................................................................................................................................................................... 60


4

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Einleitung Für Unternehmen sind Investitionsförder- und -schutzverträge (IFV) sowie Investitionskapitel in Freihandelsabkommen ein wichtiges Instrument, um Direktinvestitionen im Ausland (ADI) gegen politische Risiken wie Enteignung, enteignungsgleiche Eingriffe und Diskriminierung abzusichern. Für Staaten sind sie ein zentrales Mittel, um ausländische Investitionen zu fördern. Mit diesen völkerrechtlichen Verträgen signalisieren sie ausländischen Investoren, dass sie ihre Investitionen vor willkürlichen hoheitlichen Eingriffen schützen werden. Die meisten dieser Verträge geben dem Investor die Möglichkeit, seine Rechte vor einem neutralen Schiedsgericht einzuklagen – außerhalb des Einflussbereichs des Gaststaates (Investor-Staat-Schiedsverfahren, ISDS). Die bestehenden IFV und Schiedsgerichtsverfahren weisen zwar einige Schwächen auf, die es in neuen IFV zu vermeiden gilt. So sollten die Transparenz verbessert, Rechtsbegriffe präziser formuliert und missbräuchliche Klagen verhindert werden. Auch ein Berufungsmechanismus wäre wünschenswert. In den BDI-Positionspapieren „Schutz europäischer Investitionen im Ausland“ sowie „The ‚I‘ in TTIP“ hat die deutsche Industrie Reformempfehlungen skizziert.1 Keinesfalls sollten aber IFV und das System der Streitbeilegung durch Investor-Staat-Schiedsverfahren grundsätzlich in Frage gestellt werden. Kritiker in Politik und Öffentlichkeit fordern, dieses Instrument aufzugeben. Doch wie wir in diesem Papier zeigen, können ihre Argumente einer genauen Analyse in vielen Punkten nicht standhalten. Im Folgenden befassen wir uns mit den am häufigsten genannten Kritikpunkten zu Investitionsschutzabkommen und Investor-Staat-Schiedsverfahren und legen dar, warum IFV für die Industrie unverzichtbar sind.

1

Beide Positionspapiere finden Sie unter <http://bdi.eu/Investitionsschutz.htm>.


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

5

Zehn Mythen, Fakten, Argumente Mythos 1: Investor-Staat-Schiedsverfahren ermöglichen Unternehmen, Regierungen zu verklagen, sobald ihre Gewinne durch neue Gesetze oder Regulierungen sinken. Und sie können Regierungen zwingen, Gesetze rückgängig zu machen.

Ein Investitionsförder- und -schutzvertrag (IFV) ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen zwei oder mehreren Staaten. Mit der Unterzeichnung eines IFV verpflichten sich die Vertragsparteien, ausländische Investoren nicht zu diskriminieren – weder gegenüber inländischen Investoren (Prinzip der Inländerbehandlung) noch gegenüber anderen ausländischen Investoren (Prinzip der Meistbegünstigung). Darüber hinaus garantieren die Vertragsparteien, ausländische Investoren gerecht und billig zu behandeln („fair and equitable treatment“, FET). Die Behandlung ist beispielsweise nicht gerecht und billig, wenn dem Investor der Zugang zum nationalen Rechtsweg verweigert wird, er politisch unter Druck gesetzt wird oder auch, wenn Regierungsentscheidungen willkürlich, intransparent und widersprüchlich sind. Das Gebot der gerechten und billigen Behandlung schützt überdies die berechtigten Erwartungen des ausländischen Investors. Diese können sich durch explizite oder implizite Aussagen und Zusicherungen seitens des Staates gegenüber dem Investor ergeben. Nimmt der Gaststaat eine Zusicherung oder ein Versprechen zurück, das aufseiten des Investors zu einer berechtigten Erwartung geführt hat, verletzt er das Gebot der gerechten und billigen Behandlung. Schließlich wird der Investor vor kompensationslosen direkten und indirekten Enteignungen geschützt. Enteignungen sind gestattet, wenn sie erstens in einem angemessenen Verhältnis zum öffentlichen Interesse vorgenommen, zweitens nicht-diskriminierend und transparent durchgeführt werden und wenn dem Investor drittens zügig eine angemessene Kompensation ausgezahlt wird. Zudem garantieren IFV zumeist den freien Transfer von Kapital. In Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS), die auf der Grundlage von IFV durchgeführt werden, wird geklärt, ob ein Gastland die Bestimmungen des IFV gebrochen hat. Sollte der Staat verlieren, kann die Regierung nicht zu einer Verhaltensänderung gezwungen werden – das bedeutet beispielsweise, dass

eine Regierung nicht gezwungen werden kann, eine Gesetzesänderung rückgängig zu machen. Die Sanktionsmöglichkeiten des Schiedsgerichts beschränken sich auf die Möglichkeit, dem Investor Schadenersatz zuzusprechen. IFV schützen Investoren grundsätzlich nicht vor einem Rückgang der Rentabilität ihrer Investitionen. Investoren müssen immer damit rechnen, dass Gesetze geändert werden und sich Gewinnerwartungen nicht immer realisieren lassen. Gesetze oder Regulierungsmaßnahmen von Staaten stellen somit nicht automatisch enteignungsgleiche Eingriffe dar. Bestätigt wurde dies beispielsweise durch die Schiedsverfahren LG&E gegen Argentinien (s. auch „Zehn ISDS-Fälle in der öffentlichen Debatte: Ein genauer Blick lohnt sich“) und Saluka Investments gegen die Tschechische Republik. Im Fall LG&E gegen Argentinien legte das Schiedsgericht zwei Kriterien an, um zu prüfen, ob der Tatbestand einer Enteignung erfüllt ist: erstens die wirtschaftlichen Auswirkungen (d.h. effektiver Wechsel der Kontrolle über die Investition oder der Inhaberschaft; eine Beeinträchtigung der berechtigten Erwartungen des Investors) sowie zweitens die Dauer der Maßnahme. Das Schiedsgericht befand, dass es sich ohne einen permanenten und massiven Verlust der Investition oder ihres Wertes infolge eines staatlichen Eingriffs nicht um eine Enteignung handelt.2 Zudem konkretisierte das Schiedsgericht das Gebot der gerechten und billigen Behandlung. Es stellte fest, dass „der Standard gerecht und billig ein konsistentes und transparentes Verhalten des Gaststaates umfasst – frei von Widersprüchlichkeiten –, das die Verpflichtung beinhaltet, stabile und vorhersehbare rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen und aufrechtzuerhalten, die notwendig sind, um die gerechtfertigten Erwartungen des ausländischen Investors zu erfüllen“.3

LG&E Energy Corp., LG&E Capital Corp., LG&E International Inc. v The Argentine Republic, Case Summary Prepared in the Course of Research for S Ripinsky with K Williams, Damages in International Investment Law (BIICL, 2008), S. 2, 5, <http://www.biicl.org/ files/3908_2007_lg&e_v_argentina.pdf>. 3 Zitiert in: UNCTAD, Latest Developments in Investor-State Dispute Settlement, IIA Monitor No. 4, 2006, <http://unctad.org/sections/ dite_pcbb/docs/webiteiia200611_en.pdf>. Übersetzung durch BDI. 2


6

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Der Fall Saluka Investments gegen die Tschechische Republik zeigt wie auch der Fall LG&E gegen Argentinien, dass nicht jeder staatliche Eingriff einer indirekten Enteignung gleichkommt. Im Zentrum des Streifalls stand die Behandlung inländischer und ausländischer Banken während der Privatisierung des tschechischen Bankensektors Ende der 1990er Jahre. Die Nomura Europe plc, eine in Großbritannien ansässige Gesellschaft des japanischen Finanzkonzerns Nomura, hatte im Zuge der Privatisierung Anteile an der tschechischen Investicni a postovni banka a.s. (IPB) erworben. Diese Anteile veräußerte sie 1998 beziehungsweise 2000 in zwei Schritten an die von ihr vollständig gehaltene niederländische Saluka Investments B.V. 1999 gewährte die Regierung drei tschechischen Großbanken – Komercni banka, a.s. (KB), Ceska sporitelna, a.s. (CS) und Ceskoslovenska obchodni banka, a.s. (CSOB) –, an denen der tschechische Staat noch beteiligt war, eine staatliche Unterstützung, um ihnen die Privatisierung zu erleichtern. In derselben Zeit verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der IPB; im Juni 2000 wurde sie durch einen Regierungsbeschluss unter Zwangsverwaltung gestellt. Das operative Geschäft der IPB wurde an die CSOB verkauft. Das Finanzministerium gewährte der CSOB in diesem Zusammenhang staatliche Beihilfen. Die Zwangsverwaltung der IPB endete am 16. Juni 2002, woraufhin Nomura wieder die Kontrolle über die IPB erhielt. Im Juli 2001 reichte Saluka Investments eine Klage gegen die Tschechische Republik ein und forderte Schadenersatz. Grundlage der Klage war der IFV, den die Niederlande 1991 mit der Tschechoslowakei unterzeichnet hatten. Saluka Investments argumentierte zum einen, dass die Regierung zwischen IPB und den drei genannten tschechischen Großbanken diskriminiert habe. Zum anderen sei Saluka Investments unrechtmäßig und ohne angemessene Entschädigung enteignet worden.4 Der Fall wurde nach den Regeln der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (engl. United Nations Commission on International Trade Law, UNCITRAL) verhandelt. Am 17. März 2006 urteilte das Schiedsgericht, dass die Tschechische Republik Saluka Investments nicht im Sinne von Artikel 5 des IFV kompensationslos enteignet habe. Das Schiedsgericht stellte fest: „Völkerrechtlich ist es nunmehr vorgeschrieben, dass Staaten ausländischen Investoren keine Entschädigung zahlen müssen, wenn sie im Zuge der normalen Ausübung ihrer Regulierungsbefugnisse in nicht diskriminierender Weise

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Rechtsvorschriften in gutem Glauben verabschieden, die dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“5 Allerdings urteilte das Schiedsgericht auch, dass die Tschechische Republik das Unternehmen nicht gerecht und billig behandelt habe.6 Zwei weitere Fälle auf Basis des Investitionskapitels des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (North American Free Trade Agreement, NAFTA) zeigen, dass entgangene Gewinne nicht automatisch einer indirekten Enteignung gleichkommen: Methanex gegen die USA und Glamis Gold Lt. gegen die USA. Das kanadische Unternehmen Methanex produzierte in den 1990er Jahren das Kraftstoffadditiv MTBE (Methyl-tert-butylether) für den US-Markt. Nachdem Kalifornien die Verwendung von MTBE aufgrund ökologischer Bedenken verboten hatte, klagte Methanex im Jahr 1999 auf der Grundlage des NAFTAInvestitionsschutzkapitels (nach UNCITRAL-Regeln) gegen das Verbot. Dieses würde den zukünftigen Gewinn des Unternehmens schmälern, was einer Enteignung gleichkäme – so die Argumentation des Unternehmens. Das Schiedsgericht urteilte gegen Methanex. Kalifornien habe aus legitimen Gründen und nicht-diskriminierend gehandelt. Dabei habe es das Unternehmen gerecht und billig behandelt. Eine indirekte Enteignung sei das Verbot nicht gewesen.7 Das kanadische Unternehmen Glamis Gold klagte im Jahr 2003 auf Grundlage des NAFTA-Investitionsschutzkapitels (nach UNCITRAL-Regeln) gegen die USA. Glamis Gold plante, im südöstlichen Kalifornien Gold und Silber zu fördern, und zwar in der Nähe kultureller und religiöser Stätten des dort ansässigen indigenen Volkes der Quechan. Das Unternehmen wollte zwei der drei geplanten Tagebau-Schächte vollständig verfüllen; ein dritter Schacht sollte für die spätere Nutzung offen gehalten werden. Die US-amerikanische Bundesbehörde für Raumnutzung (Bureau of Bundesgericht (Schweiz), Urteil vom 7. September 2006, 1. Zivilabteilung, <http://www.italaw.com/documents/Saluka-SwissChallenge.pdf>. 5 Zitiert in: Europäische Kommission, Kurzdarstellung: Investitionsschutz und Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten in EU-Abkommen, November 2013, S. 7, <http://trade.ec.europa.eu/doclib/ docs/2013/december/tradoc_151995.pdf>. 6 The Matter of Arbitration under the UNCITRAL Rules 1976 Saluka Investments BV (The Netherlands), Claimant, v The Czech Republic, Respondent, Partial Award 2006, S. 103, <www.pca-cpa.org/showfile.asp?fil_id=105>. 7 Investment Treaty Arbitration, Methanex Corporation v. United States of America, UNCITRAL, <http://www.italaw.com/cases/683> (eingesehen am 11.1.2015). 4


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

7

Land Management, BLM) lehnte den Genehmigungsantrag von Glamis Gold aufgrund von Bedenken ab, dass das Bergbauvorhaben die religiösen Stätten der indigenen Bevölkerung signifikant schädigen könnte. Zur gleichen Zeit erließ der Bundesstaat Kalifornien ein Gesetz, das die Standards für die Betreiber von Minen erhöhte. Unternehmen sollten in Zukunft verpflichtet sein, alle Tagebaue zu verfüllen. Zudem sah das Gesetz eine Pflicht zur Wiederherstellung des ursprünglichen Landschaftsbilds vor. Dem Unternehmen drohten daraufhin sinkende Gewinne. Das Schiedsgericht sprach jedoch Kalifornien Recht zu, da der entgangene Gewinn nicht hoch genug war, um den Tatbestand einer indirekten Enteignung zu erfüllen. Zudem urteilte das Schiedsgericht, dass Glamis Gold gerecht und billig behandelt worden sei.8 Neuere IFV sowie Investitionskapitel in Freihandelsabkommen beinhalten Klauseln, die ausdrücklich das Recht des Staates unterstreichen, im öffentlichen Interesse (beispielsweise zum Schutz von Gesundheit, Umwelt und der kulturellen Vielfalt sowie im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung) regulierend tätig zu werden. Dies gilt auch für das jüngst unterzeichnete Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA). Die Präambel des Abkommens hält fest, dass durch CETA, einschließlich seines Investitionskapitels, das Recht von Staaten, im öffentlichen Interesse regulierend tätig zu werden („right to regulate“), nicht beeinträchtigt wird. Darüber hinaus enthält das Investitionskapitel von CETA eine Reihe allgemeiner Ausnahmevorschriften. Auch sie schützen den gesetzgeberischen Handlungsspielraum des Staates.9 Investitionsförder- und -schutzverträge schützen Investoren vor Diskriminierung, ungerechter und unbilliger Behandlung sowie kompensationsloser direkter und indirekter Enteignung im Gastland. IFV schützen Investoren jedoch nicht im Allgemeinen vor einem Rückgang der Rentabilität ihrer Investitionen. Investoren müssen immer damit rechnen, dass Gesetze geändert werden und sich Gewinnerwartungen nicht in jedem Fall realisieren lassen. Die Regulierungshoheit des Staates bleibt gewahrt. Der Staat kann nicht gezwungen werden, Gesetze oder Regulierungen rückgängig zu machen.

Investment Treaty Arbitration, Glamis Gold, Ltd. v. The United States of America, UNCITRAL, <http://www.italaw.com/cases/487> (eingesehen am 11.1.2015); Tillman Michael Dralle, „Der Fair and Equitable Treatment-Standard im Investitionsschutzrecht am Beispiel des Schiedsspruchs Glamis Gold v. United States“, in: Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 115, 2011, <http:// telc.jura.uni-halle.de/sites/default/files/BeitraegeTWR/Heft115. pdf>. 9 Stefan Schill, Auswirkungen der Bestimmungen zum Investitionsschutz und zu den Investor-Staat-Schiedsverfahren im Entwurf des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) auf den Handlungsspielraum des Gesetzgebers (Kurzgutachten), 22.9.2014, S.19, <http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/CD/ceta-gutachten-investitionsschutz,property=pdf,bereich=bmwi2 012,sprache=de,rwb=true.pdf>. 8


8

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Mythos 2: Investitionsförder- und -schutzverträge begünstigen ausländische Investoren gegenüber inländischen Unternehmen. Dadurch haben ausländische Unternehmen mehr Rechte als inländische Unternehmen.

IFV beruhen immer auf Gegenseitigkeit. Dieselben Klagerechte, die ein IFV ausländischen Investoren beispielsweise in Deutschland einräumt, stehen den deutschen Unternehmen im Land des Vertragspartners zur Verfügung. Inländische Unternehmen werden also nicht diskriminiert, sie genießen im Gegenzug Investitionsschutz im Land des Vertragspartners. Zudem sind inländische Unternehmen nicht ungeschützt gegenüber staatlichem Handeln. Genauso wie ausländische Unternehmen können auch sie sich an inländische Gerichte wenden. Zwar können ausländische Investoren über diese Möglichkeit hinaus bei Investitionsstreitigkeiten ein internationales Schiedsgericht anrufen, sofern der Gaststaat des Investors einen IFV mit der Regierung seines Herkunftslands abgeschlossen hat. Der nationale Rechtsweg bietet im Gegensatz zu Investor-Staat-Schiedsverfahren jedoch die Möglichkeit, inländische Gerichtsurteile und sogar nationale Gesetze zu kippen. Auch stellt die Möglichkeit der Schiedsverfahren den ausländischen Investor nicht zwangsläufig besser, wie ein Gutachten zum Investitionsschutzkapitel von CETA im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) festgestellt hat. So werden kanadische Investoren durch CETA materiell-rechtlich in Deutschland nicht besser gestellt als Investoren aus Deutschland.10 Der durch CETA gewährte völkerrechtliche Schutz kanadischer Investitionen bleibt laut Gutachten sogar teilweise hinter dem Schutz deutscher Investoren, der durch das deutsche Verfassungs- und Unionsrecht gegeben ist, zurück. Das Gutachten kommt somit zu dem Schluss, dass der „gesetzgeberische Handlungsspielraum zum Schutz öffentlicher Interessen wie nationale Sicherheit, Umwelt, öffentliche Gesundheit“ gewahrt ist.11 Während inländische Unternehmen durch IFV also nicht benachteiligt werden, ist dieser zusätzliche Rechtsweg für Investoren im Ausland oftmals unabkömmlich. In vielen Entwicklungsländern garantiert

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

das nationale Rechtssystem ausländischen Investoren keine gerechte und billige Behandlung. Korruption und Diskriminierung sind nicht selten, das nationale Rechtssystem funktioniert oftmals nicht zufriedenstellend. Aber auch zwischen Industrieländern – etwa zwischen der EU und Kanada oder auch zwischen der EU und den USA – ist es sinnvoll, Investitionsschutzverträge abzuschließen. Denn grundsätzlich gilt in jedem Land, dass Investitionen für Ausländer mit größeren politischen Risiken verbunden sind als für inländische Unternehmen. Ausländer haben in der Regel weniger Kenntnisse über den informellen politischen Rahmen in ihrem Gastland und sind schlechter in dem Land vernetzt. Politische Entwicklungen können sie weniger gut einschätzen als ihre inländischen Mitbewerber und es fällt ihnen schwerer, sich an gesellschaftlichen Diskussionen zu beteiligen. Außerdem gibt es Fälle, in denen auch in Industrieländern der rechtliche Rahmen ausländischen Investoren keinen hinreichenden Schutz vor Diskriminierung oder Enteignung bietet. Völkerrechtliche Mindeststandards werden in nationalen Gerichtsverfahren bisweilen nur inkonsequent und lückenhaft berücksichtigt. Daher sind Investor-Staat-Schiedsverfahren ein wichtiges Instrument, um Auseinandersetzungen zwischen ausländischen Investoren und Regierungen zu schlichten. Sie bieten ein neutrales Forum, das nicht durch einen Staat finanziert oder politisch beeinflusst wird. Dass auch Gerichte in Industrieländern ausländische Investoren nicht immer gerecht und billig behandeln, zeigt beispielsweise der Fall Loewen Group gegen den US-Bundestaat Mississippi. Das Landesgericht von Mississippi hatte das kanadische Bestattungsunternehmen Loewen Group dazu verurteilt, einem in Mississippi ansässigen Bestattungsunternehmen einen unverhältnismäßig hohen Schadenersatz in Höhe von 500 Millionen US-Dollar zu zahlen. Dies war die höchste Schadenersatzzahlung in der Geschichte des

10 11

Schill (2014), s.i. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Bundeswirtschaftsministerium veröffentlicht Gutachten zu CETA, Pressemitteilung, 22.9.2014, <http://www.bmwi.de/DE/Presse/ pressemitteilungen,did=655700.html> (eingesehen am 12.1.2015).


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

9

Gerichts und überstieg den eigentlichen Wert der angefochtenen Transaktion um das Zehnfache. Außerdem wurde die Loewen Group anfänglich durch eine prohibitive Regelung über die Hinterlegung von 125 Prozent der Schadenssumme an einem Berufungsverfahren gehindert.12 Das Unternehmen reichte deshalb eine Investor-Staat-Schiedsklage ein. Das Schiedsgericht lehnte den Fall zwar letztlich ab, da die Loewen Group nach einer Neuorganisierung unter US-Konkursrecht formal-juristisch kein ausländisches Unternehmen mehr war. Zuvor befand das Schiedsgericht jedoch, dass das nationale Gerichtsverfahren nicht gerecht und von Vorurteilen gegen die Loewen Group aufgrund ihrer Herkunft geprägt war. Investitionsstreitigkeiten können schließlich über ISDS-Verfahren oftmals schneller beigelegt werden, als wenn der nationale Rechtsweg vollständig ausgeschöpft werden muss. Dies macht ISDS-Verfahren auch für kleine und mittlere Unternehmen interessant, deren finanzielle Ressourcen oftmals keine Verschleppung der Entscheidungen erlauben. IFV stellen keine einseitige Begünstigung ausländischer Unternehmen in einem Land dar. Mythos Die gleichen Klagerechte, die ein IFV ausländischen Investoren beispielsweise in Deutschland einräumt, stehen den deutschen Unternehmen im Land des Vertragspartners zur Verfügung. IFV schützen ausländische Investoren vor Diskriminierungen, die auch in Industrieländern vorkommen können.

1:

12

U.S. Department of State, The Loewen Group, Inc. and Raymond L. Loewen v United States of America, Decision on Hearing of the Respondent’s Objection to Competence and Jurisdiction, ICSID Case No. ARB(AF)/98/3), 2001, <http://www.state.gov/documents/ organization/3921.pdf>.


10

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Mythos 3: Die Zahl von Investor-Staat-Schiedsverfahren ist in den letzten Jahren weltweit gestiegen. Hinter der steigenden Zahl steht eine „Klageindustrie“, die zur Maximierung ihrer Gewinne immer neue Klagen einreicht.

Besonders im letzten Jahrzehnt gab es einen deutlichen Anstieg von Investor-Staat-Schiedsverfahren. Insgesamt wurden bis einschließlich 2013 weltweit 568 Fälle bekannt. Im Jahr 2013 wurden 56 neue Schiedsverfahren initiiert, im Jahr davor waren es 58 Fälle – die bislang höchste Zahl neuer Fälle innerhalb eines Jahres (s. Abb. 2).13 Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass Investoren dieses Instrument immer aggressiver nutzen oder dass sich gar eine „Klageindustrie“ herausbildet. Denn der steigende Trend steht im Verhältnis zum schnellen Anstieg der weltweiten Investitionsströme im Zuge der Globalisierung und der steigenden Zahl an IFV. Frühe Vorläufer der modernen Investitionsschutzabkommen waren Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsverträge zwischen einzelnen Staaten. Während diese Abkommen zwar bereits teilweise Regeln zum Schutz von Investitionen enthielten, boten sie noch keinen Mechanismus, um Streitigkeiten beizulegen. Den weltweit ersten modernen IFV schloss Deutschland im Jahr 1959 mit Pakistan. Doch auch die erste Generation von IFV der 1950er bis 1980er Jahre enthielt noch kein ISDS-Verfahren, wie wir es heute kennen. In den späten 1980er und frühen 1990er Jahren explodierte dann nicht nur die Zahl von IFV. Die neuen IFV enthielten neben den wesentlichen Schutzstandards nun auch Regelungen über Investor-Staat-Schiedsverfahren. Grund hierfür war zum einen die Schuldenkrise Lateinamerikas, in der deutlich wurde, welchen politischen Risiken ausländische Investoren ausgesetzt sind, und zum anderen das Ende des Ost-West-Konflikts und die Öffnung der Märkte der Transformationsländer.14 1995 und 1996 wurden beispielsweise jeweils über 200 IFV abgeschlossen – viele davon mit den Transformationsländern der ehemaligen Sowjetunion. Die Zahl der weltweiten IFV lag zum Ende des Jahres 2013 bei 3 236. Davon waren 2 902 Abkommen bilaterale Verträge und 334 Abkommen „andere Investitionsabkommen“.15 2013 wurden weltweit 44 neue internationale Investitionsabkommen geschlossen (s. Abb. 1 und 2).

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Der weltweite Bestand an ADI ist seit dem Jahr 1990 fast um das 13-Fache (2013: 26,3 Bio. US$) gestiegen.16 Nicht nur bergen größere Summen ausländischer Direktinvestitionen größere Risiken. Gerade die wachsenden Investitionen in Entwicklungsländer sind mit höheren Risiken verbunden.17 Mit den weltweit steigenden ADI steigt deshalb auch die praktische Bedeutung eines wirksamen Investitionsschutzes. Unternehmen klagen nicht leichtfertig gegen einen Staat. ISDS-Verfahren sind mit erheblichen Kosten und möglicherweise auch mit politischen Implikationen verbunden, die sich nachteilig auf die zukünftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Land auswirken können. Ob geklagt wird, hängt in der Regel von vielen Faktoren ab. Dem Schaden, der einem Unternehmen entstanden ist, stehen hohe Kosten der Klage gegenüber. Grundbedingung für das Einreichen einer Klage ist außerdem, dass die Rechtslage eine begründete Aussicht auf Erfolg zulässt. Der weltweite Anstieg der ISDS-Streitigkeiten ist eine Folge der schnell wachsenden Auslandsinvestitionen. Unternehmen klagen zudem nicht leichtfertig über IFV, zuvor werden meist alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft.

UNCTAD, World Investment Report 2014, 2014, S. 124, <http:// unctad.org/en/PublicationsLibrary/wir2014_en.pdf>. 14 Stormy-Annika Mildner, Christoph Sprich, Elizabeth Johnson, „Investitionsschutz im Kreuzfeuer der Kritik. Warum die USA und die EU trotzdem nicht auf das „I“ in TTIP verzichten sollten“, in: Ifo Schnelldienst 67 (12), 2014. 15 UNCTAD, (2014), S. 114f. 16 UNCTAD, (2014), S.209. 17 Roderick Abbott, Fredrik Erixon und Martina Francesca Ferracane, Demystifying Investor-State Dispute Settlement, ECIPE Occasional Paper, No 5/2014, S. 7 f., <http://www.ecipe.org/media/publication_pdfs/OCC52014__1.pdf>. 13


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Mythos 4: Investor-Staat-Schiedsgerichte sind Geheimgerichte. Über ISDS-Verfahren gibt es so gut wie keine Informationen.

Die Anforderungen an die Transparenz von ISDSVerfahren gestalten sich je nach IFV unterschiedlich. Oftmals wird im IFV festgelegt, welche Institution für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zuständig ist. Dazu gehört beispielsweise das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID). ICSID hat seinen Sitz in Washington und gehört der Weltbankgruppe an. Es unterstützt die Streitbeilegung vor allem bei Streitigkeiten im Rahmen von bilateralen IFV. Grundlage für die Arbeit von ICSID ist das ICSID-Übereinkommen aus dem Jahr 1966, das mittlerweile 154 Staaten unterzeichnet haben. Alternativen zu ICSID stellen unter anderem die Internationale Handelskammer in Paris (International Chamber of Commerce, ICC) und die Handelskammer Stockholm (Stockholm Chamber of Commerce, SCC) dar. Zudem können Verfahren nach den Regeln der UNCITRAL abgewickelt werden. ICSID, ICC oder auch SCC treten selbst nicht als Schiedsrichter oder Mediator auf. Sie unterstützen lediglich die Durchführung der Schiedsverfahren. Und sie stellen unterschiedliche Transparenzanforderungen an die Streitparteien. ICSID beispielsweise veröffentlicht systematisch Informationen über die eingeleiteten Klagen, die Kläger und Investitionen sowie über den Ausgang der Schiedsverfahren beziehungsweise die Schiedssprüche. Diese Informationen sind in einer Online-Datenbank abrufbar.18 Ob die vollständigen Berichte über die Schlichtung von Streitigkeiten oder die Urteilssprüche vom ICSID veröffentlicht werden, hängt dabei zum Teil von der Zustimmung der Streitparteien ab. Doch auch wenn diese Zustimmung nicht erteilt wird, müssen die Urteilsbegründungen zumindest auszugsweise veröffentlicht werden.19 Wegweisend für transparentere ISDS-Verfahren sind die im Juli 2013 verabschiedeten Transparenzregeln der UNCITRAL. Sie gehen noch über diejenigen des ICSID hinaus. Die Reform trat im April 2014 in Kraft.20 Bei Fällen, die nach den Regeln der UNCITRAL verhandelt werden, müssen wesentliche Informationen und Dokumente des Verfahrens veröffent-

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

11

licht werden. Anhörungen müssen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und Stellungnahmen von Dritten erlaubt werden. Eine Reihe von Dokumenten muss grundsätzlich der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehört etwa der Antrag auf die Einleitung eines Verfahrens. Sowohl der Name der Parteien als auch der Wirtschaftssektor müssen genannt werden. Offengelegt werden muss zudem, auf Basis von welchem Investitionsvertrags der Anspruch geltend gemacht wird, ebenso die Klagebegründung und -erwiderung sowie der Schiedsspruch. Auf Antrag der Parteien oder aufgrund einer Ermessensentscheidung der Schiedsinstanz können auch Expertenstellungnahmen veröffentlicht werden. Die Verhandlungen sind grundsätzlich öffentlich, außer es gilt, betriebliche Geheimnisse zu wahren.21 Die EU und Kanada haben sich in ihrem Handelsabkommen CETA darauf verständigt, die UNCITRAL-Transparenzregeln anzuwenden.22 Grundsätzlich gelten die neuen UNCITRAL-Regeln nur im Rahmen von neu abgeschlossenen IFV. Derzeit wird aber an einer UNCITRAL-Konvention gearbeitet, welche die Anwendbarkeit der neuen Transparenzregeln auf alle Altverträge regeln soll. Ein Entwurf für eine Konvention (Draft Convention on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration) wurde bereits erarbeitet. Dieser wird nun innerhalb des UN-Systems weiter abgestimmt und soll ab März 2015 zur Unterzeichnung vorliegen. Dann sollen die UNCITRAL-Transparenzregeln auch für ältere IFV gelten, sofern beide Vertragsparteien die Konvention unterzeichnet haben.23

Die Datenbank findet man über <https://icsid.worldbank.org/apps/ ICSIDWEB/Pages/default.aspx> (eingesehen am 12.1.2015). 19 ICSID, ICSID Cases, <https://icsid.worldbank.org/apps/ICSIDWEB/ cases/Pages/AdvancedSearch.aspx> (eingesehen am 12.1.2014). 20 UNCITRAL Rules on Transparency in Treaty-based InvestorState Arbitration, <http://www.uncitral.org/uncitral/uncitral_texts/ arbitration/2014Transparency.html> (einge-sehen am 12.1.2015). 21 UNCITRAL Rules on Transparency in Treaty-Based InvestorState Arbitration, <http://www.uncitral.org/uncitral/uncitral_texts/ arbitration/2014Transparency.html> (einge-sehen am 12.1.2015). 22 Europäische Kommission, Investment Provisions in the EU-Canada Free Trade Agreement (CETA), 26.9.2014, S. 4, <http://trade. ec.europa.eu/doclib/docs/2013/november/tradoc_151918.pdf>. 23 United Nations, Draft Transparency Convention ‘a Powerful Instrument’ in Treaty-based Arbitration United Nations International Trade Law Body Tells Sixth Committee, Press release, 13.10.2014, <http://www.un.org/press/en/2014/gal3479.doc.htm> (eingesehen am 12.1.2015). 18


12

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Darüber hinaus trägt eine Reihe internationaler Organisationen zur Transparenz von ISDS-Verfahren bei. Dazu gehört beispielsweise die UNCTAD mit ihrem jährlichen Weltinvestitionsbericht. Hier finden sich jeweils aktuelle Daten und Analysen zur internationalen Investitionspolitik und zu Investor-StaatSchiedsverfahren.24 Außerdem betreibt die UNCTAD eine Online-Datenbank mit Informationen zu den öffentlichen ISDS-Fällen.25 Weitere Datenbanken zum Thema ISDS unterhalten ICSID26 und UNCITRAL27. Die Transparenz in ISDS-Verfahren zu verbessern, ist ein wichtiges Anliegen. Gleichwohl ist auch bei rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen und Staaten – wie auch in nationalen Gerichtsverfahren – ein gewisses Maß an Diskretion erforderlich. Handelnde Personen und Geschäftsgeheimnisse müssen geschützt werden. Weder die Sicherheit noch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dürfen durch Indiskretionen gefährdet werden. Auch im Rahmen des nationalen Rechtswegs werden vergleichbare Auseinandersetzungen nicht vollständig öffentlich ausgetragen. Wie bei nationalen Gerichtsverfahren ist auch bei ISDS-Verfahren ein gewisses Maß an Diskretion erforderlich. Die neuen UNCITRAL-Regeln, an denen sich auch CETA und TTIP orientieren, sorgen für mehr Transparenz. Die UNCITRAL-Reform ist wegweisend für transparentere ISDS-Verfahren.

UNCTAD, World Investment Report 2014, 2014, <http://unctad.org/ en/PublicationsLibrary/wir2014_en.pdf>. 25 Derzeit (Stand Januar 2015) wird die Datenbank aktualisiert. Daher ist nur eine reduzierte Version verfügbar, und zwar unter <http:// unctad.org/en/Pages/DIAE/ISDS.aspx> (eingesehen am 8.1.2015). 26 ICSID, Cases, <https://icsid.worldbank.org/apps/ICSIDWEB/cases/Pages/AdvancedSearch.aspx > (eingesehen am 12.1.2015). 27 UNCITRAL, Transparency Registry (A Repository for the Publication of Information and Documents in Treaty-Based Investor-State Arbitration), <http://www.uncitral.org/transparency-registry/registry/ index.jspx> (eingesehen am 12.1.2015). 24


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Mythos 5: Schiedsrichter sind zu wohlwollend eingestellt gegenüber Investoren und haben ein Eigeninteresse am Erhalt des Systems.

Es gibt keine Belege für eine systematische Befangenheit von Schiedsrichtern bei ISDS-Verfahren zugunsten von Investoren. Ganz im Gegenteil: 43 Prozent aller weltweit bis Ende des Jahres 2013 abgeschlossenen Fälle sind laut UNCTAD zum Vorteil der Staaten entschieden worden. Nur in 31 Prozent der Streitfälle hat der Investor gewonnen. 26 Prozent wurden beigelegt (s. Abb. 14).

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

13

Einen ähnlichen Prozess gibt es bei der Benennung von Schiedsrichtern unter UNCITRAL- und ICSIDRegeln. Nach Artikel 11 der UNCITRAL Arbitration Rules muss eine als Schiedsrichter berufene Person sofort begründete Zweifel bekannt geben, die gegen die Eignung als Schiedsrichter sprechen könnten.30 Entsprechend der ICSID-Konvention (Artikel 57) kann eine Partei vorschlagen, einen Schiedsrichter zu disqualifizieren, falls dieser ungeeignet scheint.31 Die Praxis der ISDS-Rechtsprechung zeigt keine Hinweise auf eine systematische Befangenheit von Schiedsrichtern. Vielmehr gehen die meisten ISDS-Verfahren zu Ungunsten der Investoren aus. Die Verfahrensregeln sehen vor, dass befangene Schiedsrichter ausgeschlossen werden können.

Manche IFV – etwa die der USA – legen ausdrücklich hohe Maßstäbe an Fairness und Unabhängigkeit der Schiedsrichter an. Auch im konsolidierten Text des Handelsabkommens zwischen der EU und Kanada, CETA, wurden Leitlinien („Code of Conduct“) für Richter von ISDS-Verfahren vereinbart. Wie es auch in US-amerikanischen IFV üblich ist, benennen der Investor und der Staat jeweils einen Schiedsrichter. Der dritte Schiedsrichter wird von beiden Seiten gemeinsam benannt. Die Schiedsrichter müssen unabhängig sein und dürfen keiner Regierung der jeweiligen streitenden Parteien nahestehen. Wenn eine Partei der Meinung ist, dass der von der anderen Partei ernannte Schiedsrichter diese Vorgaben nicht erfüllt, kann die Partei die Ernennung dieses Schiedsrichters verhindern.28 Die EU plant, vergleichbare Leitlinien auch in Abkommen mit anderen Ländern zu integrieren.29

Foreign Affairs, Trade and Development Canada, Consolidated Ceta Text, 10. Investment, Article X.25: Constitution of the Tribunal, <http://www.international.gc.ca/trade-agreements-accordscommerciaux/agr-acc/ceta-aecg/text-texte/10.aspx?lang=eng> (eingesehen am 27.10.2014). 29 Europäische Kommission, Fact Sheet: Investment Protection and Investor-to-State Dispute Settlement in EU Agreements, November 2013, <http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/november/tradoc_151916.pdf>. 30 United States Commission on International Trade Law, UNCITRAL Arbitration Rules (as revised in 2010), United Nations, New York, 2011, <http://www.uncitral.org/pdf/english/texts/arbitration/arbrules-revised/arb-rules-revised-2010-e.pdf>. 31 ICSID, ICSID Convention, Regulations, and Rules, Washington, DC, April 2006, <https://icsid.worldbank.org/ICSID/StaticFiles/basicdoc/CRR_English-final.pdf>. 28


14

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Mythos 6: Investitionsschutzverträge und Investor-StaatSchiedsverfahren verursachen einen „regulatory chill“: Staaten trauen sich nicht mehr, im öffentlichen Interesse neue Gesetze zu erlassen oder regulierend tätig zu werden.

Es gibt wenige empirische Belege dafür, dass Staaten aufgrund eines IFV und drohender ISDS-Klagen darauf verzichten, im öffentlichen Interesse regulierend tätig zu werden. Und auch diese Beispiele sind alles andere als eindeutig, da bei Gesetzgebungsverfahren viele unterschiedliche Faktoren und Motive Berücksichtigung finden. Dies zeigt beispielsweise der Fall Ethyl Corp. gegen Kanada, der oftmals als Beleg für „regulatory chill“ angeführt wird. Im Zentrum des Streitfalls stand das Verbot von Treibstoffzusätzen. Grundlage für die Klage war das NAFTA-Investitionskapitel. Der USamerikanische Kraftstoffzusatzhersteller Ethyl Corp. klagte gegen die kanadische Regierung, nachdem diese ein Bundesgesetz erlassen hatte, das wegen der als gesundheitsschädlich eingestuften Emissionen den Handel und Import des Kraftstoffadditivs MMT (Methylcyclopentadienyl-Mangan-Tricarbonyl) über die kanadischen Provinzgrenzen verbot. Produktion und Vertrieb innerhalb der Provinzen wurde hingegen nicht verboten. Faktische Konsequenz des Gesetzes wäre gewesen, dass MMT gesondert in den Provinzen produziert und vertrieben werden kann – solange es keine Staats- oder Provinzgrenzen überschreitet. Der Streit wurde beigelegt, indem die kanadische Regierung Ethyl Corp. für die entstandenen Verluste entschädigte und das MMT-Verbot zurückzog. Allerdings war das MMT-Verbot schon vor dem ISDS-Verfahren erfolgreich in den kanadischen Provinzen angefochten worden. Dabei gab es Hinweise darauf, dass die regulatorische Maßnahme weniger umweltpolitischen als protektionistischen Motiven gefolgt war.32 Eine Studie über ISDS-Verfahren des Vale Columbia Center on Sustainable International Investment zeigt, dass sich die meisten Streitfälle nicht gegen neue Gesetze, sondern gegen Maßnahmen der Exekutive richten. Die Autoren der Studie analysierten alle abgeschlossenen ICSID-Fälle und stellten fest, dass sich 47 Prozent der Streitigkeiten auf Handlungen von

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Ministerien oder Behörden bezogen und nur neun Prozent auf Rechtsakte der Legislative.33 Ebenfalls zu dem Schluss, dass sich die Mehrheit der Klagen gegen Handlungen der Exekutive richtet, kommen Tietje und Baetens bei der Analyse von Klagen unter NAFTA. Die Autoren zeigen außerdem, dass Investoren unter NAFTA keinen Fall gewonnen haben, in denen legislative Rechtsakte angefochten wurden.34 Besonders häufig richten sich Klagen gegen Genehmigungen, die zunächst erteilt und später wieder zurückgezogen wurden. Ein Beispiel hierfür ist der Fall Metalclad Corp. gegen Mexiko. Das US-Unternehmen Metalclad Corp. hatte von der Bundesregierung Mexikos eine Genehmigung für den Bau einer Sondermülldeponie im Bundesstaat San Luis Potosi in der Gemeinde Guadalcazar erhalten. Zudem war dem Unternehmen von der Bundesregierung ausdrücklich und wiederholt versichert worden, dass es keine weiteren Genehmigungen auf kommunaler Ebene benötige. Nachdem Metalclad im vollen Vertrauen auf diese Zusicherung bereits mit den Bauarbeiten begonnen hatte, verweigerte die Gemeinde dem Unternehmen die Baugenehmigung – kurz vor der Inbetriebnahme der Anlage. Metalclad reichte daraufhin Klage beim ICSID unter NAFTA ein. Das Schiedsgericht kam zu dem Schluss, dass Mexiko Metalclad Corp. nicht gerecht und billig behandelt habe. Durch die Vergabe der Baugenehmigung habe die Bundesregierung beim

Christian Tietje und Freya Baetens, The Impact of Investor-StateDispute Settlement in the Transatlantic Trade and Investment Partnership, Study prepared for the Minister of Foreign Trade and Development Cooperation, Ministry of Foreign Affairs, The Netherlands, Ecorys, Rotterdam 2014, S. 43, <http://media.leidenuniv. nl/legacy/the-impact-of-investor-state-dispute-settlement-isds-inthe-ttip.pdf>; Steffen Hindelang, „Study on Investor-State Dispute Settlement (ISDS) and Alternative Dispute Resolution in International Investment Law“, in: Directorate General for External Affairs of the EU (Hg.), Investor-State Dispute Settlement (ISDS) Provisions in the EU’s International Investment Agreements, 2014, S. 39-130, hier: 115 ff.; Foreign Affairs Trade and Development Canada, Cases Filed Against the Government of Canada. Ethyl Corporation v. the Government of Canada, <http://www.international.gc.ca/tradeagreements-accords-commerciaux/topics-domaines/disp-diff/ ethyl.aspx?lang=eng> (eingesehen am 7.1.2015). 33 Jeremy Caddel und Nathan M. Jensen, Columbia FDI Perspectives: Perspectives on Topical Foreign Direct Investment Issues by the Vale Columbia Center on Sustainable International Development, No. 120, April 28, 2014, <http://academiccommons.columbia.edu/ catalog/ac:173529>. 34 Tietje und Baetens, (2014), S. 46f. 32


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Investor berechtigte Erwartungen geschaffen. Die Verweigerung der Baugenehmigung durch die Gemeinde habe diese verletzt. Das Regierungsverhalten sei zudem weder transparent noch konsistent und widerspruchsfrei gewesen. Schließlich sei die Verweigerung der Inbetriebnahme der Mülldeponie einer indirekten Enteignung gleichgekommen.35

15

Für einen „regulatory chill“ gibt es kaum empirische Belege. Staaten erlassen trotz abgeschlossener IFV umfangreiche Gesetze im Interesse der Allgemeinheit. Neuere IFV sowie Investitionskapitel in FTAs beinhalten Klauseln, die ausdrücklich das Recht des Staates schützen, im öffentlichen Interesse verhältnismäßig und angemessen regulierend tätig zu werden.

IFV verhindern nicht, dass Staaten umfangreiche Gesetze im öffentlichen Interesse erlassen. Dies zeigt die Empirie deutlich. Ein Beispiel ist der Toxic Substances Control Act (TSCA), ein US-Gesetz zur Regulierung der Zulassung von Chemikalien. Bisher gab es keine Klage vor einem Investor-Staat-Schiedsgericht, beispielsweise durch kanadische oder mexikanische Investoren im Rahmen von NAFTA, die sich auf den TSCA bezog. Ebenso hat die Einführung der EU-Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals), durch die umweltrechtliche Standards europaweit angehoben wurden, nicht zu ISDS-Klagen auf der Grundlage der bestehenden IFV geführt. Auch die Anhebung der gesetzlichen Standards in den östlichen EU-Staaten im Zuge ihres EU-Beitritts (Einführung des „aquis communautaire“) löste keine Klagewelle durch US-Investoren aus. Neuere IFV sowie Investitionskapitel in FTAs, dazu zählt auch CETA, beinhalten Klauseln, die ausdrücklich das Recht des Staates schützen, im öffentlichen Interesse verhältnismäßig und angemessen regulierend tätig zu werden. Zahlreiche ISDS-Fälle zeigen zudem, dass Regierungen davon ausgehen können, ein ISDS-Verfahren zu gewinnen, sofern Gesetze und Regulierungen im öffentlichen Interesse vorgenommen wurden sowie angemessen und nicht diskriminierend sind. Dies zeigen unter anderem die oben beschriebenen Fälle Methanex gegen die USA und Glamis Gold Lt. gegen die USA. Befürchtungen, dass IFV und ISDS zu einem „regulatory chill“ führen, sind somit übertrieben.

35

Investment Treaty Arbitration, Metalclad Corporation Claimant and the United Mexican States Respondent, Award, August 2000, <http://www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/ ita0510.pdf>; Nathalie Bernasconi-Osterwalder und Lise Johnson, International Investment Law and Sustainable Development: Key Cases from 2000-2010, International Institute for Sustainable Development, S. 72-74; Investment Treaty Arbitration, Metalclad Corporation v. The United Mexican States, ICSID Case No. ARB(AF)/97/1, <http://www.italaw.com/cases/671> (eingesehen am 10.1.2015); Tillman Michael Dralle, „Der Fair and Equitable Treatment-Standard im Investitionsschutzrecht am Beispiel des Schiedsspruchs Glamis Gold v. United States“, in: Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, Heft 115, 2011, S. 19, <http://telc.jura.uni-halle.de/ sites/default/files/BeitraegeTWR/Heft115.pdf>.


16

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Mythos 7: „Treaty shopping“ ist ein weit verbreitetes Problem: Unternehmen klagen mit Hilfe von Briefkastenfirmen gegen eine Regierung, mit der ihr Herkunftsland kein IFV abgeschlossen hat. Durch Meistbegünstigungsklauseln können Investoren auf die für sie günstigsten IFV zurückgreifen.

Es gibt zwei Arten, auf die Unternehmen „fremde“ IFV nutzen können, also IFV zwischen Ländern, zu denen nicht ihr Herkunftsland gehört. Wie beschrieben ist ein IFV ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen zwei oder mehreren Staaten. Er schützt die Auslandsinvestitionen von Unternehmen aus den jeweiligen Vertragsländern. Ein ausländisches Unternehmen aus einem Drittland kann sich nicht auf den IFV berufen und gegen eine der Vertragsparteien klagen – außer es klagt über ein mit ihm verbundenes Unternehmen, das seinen Sitz in einem der Vertragsländer hat. Problematisch wird es dann, wenn es sich bei diesem Unternehmen um eine Briefkastenfirma handelt. Eine zweites Einfallstor, um ein „fremdes“ IFV zu nutzen, ist das Prinzip der Meistbegünstigung („mostfavored nation“, MFN): Gastländer dürfen nicht zwischen ausländischen Investoren aus unterschiedlichen Drittländern diskriminieren. In diesem Fall hat die Regierung des Herkunftslands mit mehreren Ländern IFV unterzeichnet – mit unterschiedlichen Schutzstandards. Ein ausländischer Investor aus einem dieser Länder kann nun mit Hinweis auf MFN höhere Schutzstandards aus einem „fremden“ IFV für den Investitionsvertrag einfordern, den sein Heimatland mit seinem Gastland unterzeichnet hat. Grundsätzlich ist MFN ein wichtiger Schutzstandard für Unternehmen, kann jedoch dann zum Problem werden, wenn die Vertragsländer in ihrem IFV bewusst bestimmte Schutzmöglichkeiten eingeschränkt oder die Klagemöglichkeit konditioniert haben. Klagen Unternehmen über Briefkastenfirmen? Eindeutige empirische Belege, dass „treaty shopping“ ein weit verbreitetes Problem ist, gibt es kaum. Allerdings deuten einige Studien darauf hin, dass manche IFV anfälliger für „treaty shopping“ sind als andere. Van

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Os und Knottnerus kommen in ihren Untersuchungen beispielsweise zu dem Schluss, dass dies für niederländische IFV der Fall ist. Die Niederlande haben derzeit 96 IFV, von denen 90 in Kraft sind.36 Van Os und Knottnerus untersuchten im Jahr 2011 die bis zu diesem Zeitpunkt bekannten 41 ISDS-Fälle unter niederländischen IFV. Dies waren etwa zehn Prozent der zu dieser Zeit weltweit bekannten ISDS-Klagen – eine beachtliche Zahl für ein einzelnes Land. 29 dieser 41 Klagen wurden von Investoren aus Drittländern initiiert. Von diesen 29 Investoren waren wiederum 25 Briefkastenfirmen ohne Angestellte oder substanzielle Geschäftsaktivitäten in den Niederlanden, so die Autoren der Studie. Einen Grund hierfür sehen die Autoren unter anderem in den breiten Definitionen von „Investor“ und „Investition“ in niederländischen IFV.37 Beispielsweise klagte 2006 die Rompetrol Group, ein rumänisches Ölunternehmen, dessen Hauptsitz zumindest offiziell in den Niederlanden liegt, über den IFV zwischen den Niederlanden und Rumänien gegen sein eigenes Heimatland Rumänien. Bei dem Büro in Amsterdam handelte es sich lediglich um eine Finanzholding, während die Firmenzentrale in Bukarest liegt. Rompetrol konnte dennoch gegen Rumänien beim ICSID klagen, da es die im IFV festgeschriebenen Anforderungen an einen Investor erfüllte. Rompetrol ist ein nach niederländischem Recht gegründetes Unternehmen.38 In einem ähnlichen Fall, TSA Spectrum de Argentina SA (TSA) gegen Argentinien, wies das Gericht die Klage unter ICSID hingegen zurück. TSA war zu 100 Prozent im Besitz einer in den Niederlanden registrierten Finanzholding, die wiederum keine Angestellte vor Ort hatte. Das Gericht urteilte, dass die niederländische Holding keine wirkliche Kontrolle ausübe und TSA selbst letztendlich Eigentum eines argentinischen

UNCTAD, Investment Policy Hub, International Investment Agreements Navigator, <http://investmentpolicyhub.unctad.org/IIA> (eingesehen am 12.1.2015). 37 Roos van Os und Roeline Knottnerus, Dutch Bilateral Investment Treaties. A Gateway to ‚Treaty Shopping‘ for Investment Protection by Multinational Companies, Oktober 2011, S. 29 f., 23, <http:// papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1974431>. 38 Investment Treaty Arbitration, The Rompetrol Group N.V. (Claimant) versus Romania (Respondent), ICSID Case No. ARB/06/3, 18.4.2008, <http://www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/ita0717.pdf>; van Os und Knottnerus, (2011), S. 33f. 36


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Staatsangehörigen sei. Somit liege keine ausländische Kontrolle des Unternehmens vor, wie es die ICSIDKonvention verlangt.39

17

MFN-Klauseln in IFV sind grundsätzlich ein wichtiges Instrument zum Schutz von Unternehmen gegen Diskriminierung im Ausland. Um den Missbrauch von MFN zu verhindern, schließt CETA den „Import“ prozessualer Regeln aus. CETA enthält zudem Klauseln, um die Klagemöglichkeit über Briefkastenfirmen einzuschränken. Dies ist eine wichtige Neuerung in modernen Investitionsschutzabkommen.

Die Empirie zeigt jedoch auch, dass es sich bei Klagen über verbundene Unternehmen oder Niederlassungen nicht immer um Klagen von Briefkastenfirmen handelt. Dies zeigt beispielsweise der Streitfall Philip Morris Asia (PMA) gegen Australien – ein Fall, der von Kritikern oftmals als Beispiel für Klagen über Briefkastenfirmen herangezogen wird. Der regionale Hauptsitz von PMA liegt in Hongkong. Der dortige Firmensitz wurde 1984 gegründet und beschäftigt derzeit rund 120 Angestellte.40 Neuere Investitionsabkommen wie das Investitionskapitel in CETA schränken die Möglichkeit ein, über Briefkastenfirmen zu klagen. CETA sieht vor, dass ein „wesentlicher Teil der laufenden Geschäftsaktivitäten“ in dem jeweiligen Land stattfinden muss („has substantial business activities in the territory of that Party“).41 Berufen sich Unternehmen auf MFN, um in den Genuss höherer Schutzstandards zu kommen? MFNKlauseln in IFV ermöglichen es dem Investor, sich auf vorteilhafte Regeln anderer IFV zu berufen, die das Zielland mit beliebigen anderen Ländern abgeschlossen hat. Ein weit verbreitetes Phänomen ist dies jedoch nicht. Und ob ein Unternehmen mit Verweis auf MFN erfolgreich ist, eine andere schiedsgerichtliche Jurisdiktionszuständigkeit zu begründen als im Investitionsschutzabkommen ursprünglich vorgesehen, ist alles andere als gewiss. So sind die Standards der Meistbegünstigung in Investitionsschutzabkommen unterschiedlich formuliert und unterscheiden sich in ihrer Reichweite. Allerdings zeigt sich hier auch eine der Schwachstellen im Schiedsgerichtsystem: Der MFN-Standard wird nicht immer gleich ausgelegt. Die EU plant für zukünftige IFV, MFN einzuschränken. Dies zeigt sich bereits bei CETA: Investoren aus Kanada oder der EU können nicht mit Verweis auf MFN prozessuale Rechte aus anderen IFV einfordern.

van Os und Knottnerus, (2011), S. 33; Investment Treaty Arbitration, Award in the Matter of TSA Spectrum de Argentina S.A., Claimant, v. Argentine Republic, Respondent, ICSID Case No. ARB/05/5, 19.12.2008, S. 35, <http://italaw.com/sites/default/files/case-documents/ita0874.pdf>. 40 McCabe Centre for Law & Cancer, Philip Morris Asia Challenge under Australia – Hong Kong Bilateral Investment Treaty, <http:// www.mccabecentre.org/focus-areas/tobacco/philip-morris-asiachallenge> (eingesehen am 31.10.2014); Philip Morris International, Hong Kong: Country Overview, <http://www.pmi.com/marketpages/pages/market_en_hk.aspx> (eingesehen am 31.10.2014). Eine ausführliche Beschreibung des Falls finden Sie im Kapitel „Zehn ISDS-Fälle in der öffentlichen Debatte: Ein genauer Blick lohnt sich“. 41 Foreign Affairs, Trade and Development Canada, Consolidated CETA Text, 10. Investment, Article X.3: Definitions, <http://www. international.gc.ca/trade-agreements-accords-commerciaux/agracc/ceta-aecg/text-texte/10.aspx?lang=eng> (eingesehen am 27.10.2014). 39


18

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Mythos 8: Ein Kapitel zum Investitionsschutz in TTIP wird eine Welle von Investor-Staat-Schiedsverfahren gegen die EU auslösen. US-Amerikaner sind für ihre Prozesssucht bekannt und US-Investoren werden dieses Instrument nutzen, um auf Kosten der europäischen Steuerzahler gegen EU-Regierungen vorzugehen.

Die Vergangenheit zeigt, dass US-Investoren nicht klagefreudiger sind als Investoren aus anderen Ländern. Als einzelnes Land betrachtet stammen zwar die meisten Klagen aus den USA: Bis einschließlich 2013 wurden insgesamt 127 Klagen von US-Investoren initiiert. Jedoch leiteten Investoren aus der EU im gleichen Zeitraum mit 300 Klagen mehr als doppelt so viele Investor-Staat-Schiedsverfahren ein als USInvestoren (s. Abb. 5).42 Und obwohl die USA bereits mit neun EU-Ländern Investitionsabkommen haben (Polen, Tschechische Republik, Slowakei, Rumänien, Estland, Bulgarien, Lettland, Kroatien und Litauen), gab es keine Flut von Investor-Staat-Schiedsverfahren gegen diese Länder. Im Gegenteil haben US-Investoren bisher insgesamt nur neun Klagen gegen EUMitgliedstaaten eingereicht, vier gegen Polen, drei gegen Rumänien sowie jeweils eine Klage gegen die Tschechische Republik und Estland. In den Streitfällen zwischen US-Investoren, der Tschechische Republik, Estland und Rumänien, die bereits abgeschlossen wurden, haben die Staaten gewonnen. Gegen Bulgarien, Kroatien, die Slowakei, Lettland und Litauen haben US-Investoren noch nie geklagt, obwohl die IFV der USA mit diesen Ländern die Möglichkeit zu ISDS bieten.43

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Eine weitere Beobachtung spricht dafür, dass unter TTIP mit keiner Klagewelle zu rechnen ist. Im Rahmen von NAFTA sind die Klagen durch US-Investoren im Gegensatz zum weltweiten Trend in den letzten Jahren nicht gestiegen. Stattdessen variiert die Zahl der Klagen unter den NAFTA-Ländern von einer bis neun Klagen pro Jahr. Zudem ist die Erfolgsrate von Investoren bei ISDS-Klagen unter NAFTA nicht höher als im weltweiten Durchschnitt, sondern niedriger. Bei Klagen unter NAFTA hat der Investor lediglich in 25 Prozent der Fälle gewonnen, während der Staat in 62,5 Prozent der Fälle gewonnen hat (12,5 Prozent der Fälle wurden beigelegt). Weltweit haben Investoren laut UNCTAD in Fällen, die zwischen 1993 und 2013 abgeschlossen wurden, in 31 Prozent aller ISDS-Fälle gewonnen und der Staat in 43 Prozent (s. Abb. 14).45 US-Unternehmen sind nicht klagefreudiger als europäische Unternehmen, auf deren Konto bisher weltweit die meisten ISDS-Verfahren gehen. Auch die bisherigen Klagen von US-Investoren gegen EU-Länder geben keinen Grund zur Sorge vor einer Prozesswelle.

Auch wurde der Großteil der bis Ende 2013 eingereichten Klagen gegen EU-Mitgliedstaaten nicht von US-amerikanischen Investoren initiiert, sondern von Investoren aus anderen EU-Mitgliedstaaten (88 der 117 Fälle gegen EU-Mitgliedstaaten).44 UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement: An Information Note on the United States and the European Union, Juni 2014, S. 8, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d4_ en.pdf>. 43 UNCTAD, (Juni 2014), S. 9; UNCTAD Database of Treaty-Based Investor-State Dispute Settlement Cases (Pending and Concluded) (eingesehen am 28.10.2014). 44 UNCTAD, (Juni 2014), S. 1. 45 Tietje und Baetens, (2014), S. 49. 42


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Mythos 9: IFV haben keinen Einfluss auf Investitionsströme. Investitionen fließen auch ohne IFV.

Wie stark fördern IFV ausländische Direktinvestitionen (ADI)? Ökonometrische Studien, die den Zusammenhang zwischen IFV und ADI-Flüssen untersuchen, kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.46 Die Studien betrachteten teilweise unterschiedliche Zeiträume, Länder und Einflussvariablen, und sie verwendeten verschiedene ökonometrische Methoden. Während beispielsweise Hallward-Driemeier47 in einer Studie aus dem Jahr 2003 keinen statistisch signifikanten Effekt von IFV auf ADI-Zuflüsse feststellen konnte, kam Banga48 im selben Jahr zu dem Schluss, dass IFV Zuflüsse von Direktinvestitionen bedeutend fördern. Insbesondere steigen laut den Ergebnissen von Banga Investitionsflüsse in solche Entwicklungsländer, die ein IFV mit einem Industrieland geschlossen haben. Während Gallagher und Birch49 im Jahr 2006 wiederum keinen positiven Effekt von IFV auf ADI fanden, bestätigten andere Studien (z. B. Neumayer und Spess50, 2005, und Tobin und Rose-Ackermann, 2006) die Erkenntnis, dass IFV zwischen Entwicklungs- und Industrieländern die ADI-Flüsse in Entwicklungsländer erhöhen. Zum selben Ergebnis kamen 2008 auch Busse, Koeniger und Nunnenkamp.51 Umfragen unter Investoren haben ebenfalls ergeben, dass IFV eine Rolle bei der Entscheidung darüber spielen, wo das Unternehmen investiert.52 In jedem Fall haben IFV eine wichtige Signalwirkung. Mit dem Abschluss eines IFV zeigen Länder, dass sie bereit sind, sich Regeln zu unterwerfen, um ausländischen Investoren gerechte Bedingungen zu ermöglichen. Je mehr IFV ein Land unterzeichnet hat, desto geringer ist jedoch dieser Effekt bei einem neu abgeschlossenen IFV. Dies zeigt die Studie von Tobin und Rose-Ackermann aus dem Jahr 2006. Diese fand zwar einen positiven Effekt von IFV auf ADI-Flüsse, jedoch wird der marginale Nutzen eines zusätzlichen IFV für ein Land kleiner, je mehr IFV es unterzeichnet hat. 53 Grundsätzlich hängen Investitionsentscheidungen von vielen Faktoren ab. Neben den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen spielen etwa Marktgröße, Marktwachstum und die Förderung der Unternehmenstätigkeit eine große Rolle. Für kleine und mittlere Unternehmen ist das größte Hemmnis für Direktinve-

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

19

stitionen im Ausland die fehlende Rechtssicherheit im Gastland.54 IFV sind somit ein wichtiger Faktor, der Investitionsentscheidungen beeinflusst. IFV erhöhen die Sicherheit, Transparenz, Stabilität und Vorhersehbarkeit des Investitionsrahmens eines Landes. Sie stärken das Vertrauen in das Zielland und senken die politischen Risiken. IFV sind deshalb insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen von Vorteil. Laut einer OECD-Studie reichten in 22 Prozent der betrachteten Fälle (die Studie untersucht 50 ICSID- und 45 UNCITRAL-Fälle) kleine Unternehmen eine Klage ein (s. Abb. 18).55 Grundsätzlich hängen Investitionsentscheidungen von vielen Faktoren ab. Doch gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist das größte Hemmnis für Direktinvestitionen im Ausland die fehlende Rechtssicherheit im Gastland. IFV haben für Investoren eine wichtige Signalwirkung.

UNCTAD, The Role of International Investment Agreements in Attracting Foreign Direct Investment to Developing Countries, New York und Genf, 2009, S. 125-129, <http://unctad.org/en/docs/diaeia20095_en.pdf>. 47 Mary Hallward-Driemeier, Do Bilateral Investment Treaties Attract Investment? Only a Bit and They Could Bite, World Bank Policy Research Paper, WPS 3121, 2003, Washington D.C.: World Bank. 48 Rashmi Banga, The Impact of Government Policies and Investment Agreements on FDI Inflows, Working Paper No. 116, November 2003, Indian Council for Research on International Economic Relations, New Delhi. 49 Kevin Gallagher und Melissa Birch, „Do Investment Agreements Attract Investments? Evidence from Latin America“, in: The Journal of World Investment and Trade, 2006, Vol. 7, No. 6, S. 961-974. 50 Eric Neumayer und Laura Spess, „Do Bilateral Investment Treaties Increase Foreign Direct Investment to Developing Countries?“, in: World Development, 2005, Vol. 33, No. 10, S. 1567–1585. 51 Busse et al., FDI Promotion through Bilateral Investment Treaties: More Than a BIT?, Kiel Working Papers No. 1403, 2008. 52 UNCTAD, (2009), S. 111. 53 Jennifer Tobin und Susan Rose-Ackermann, Bilateral Investment Treaties: Do They Stimulate Foreign Direct Investment?, mimeo., Juni 2006, Yale University. 54 KfW Economic Research/Creditreform, Internationalisierung im deutschen Mittelstand, 2012, S. 38. 55 David Gaukrodger und Kathryn Gordon, Investor-State Dispute Settlement: A Scoping Paper for the Investment Policy Community, OECD Working Papers on International Investment, 2012/03, OECD Publishing, S.17, <http://www.oecd.org/investment/investment-policy/WP-2012_3.pdf>. 46


20

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Mythos 10: IFV sind überflüssig, da Auslandsinvestitionen auch über private und öffentliche Versicherungen, Joint Ventures und individuelle Verträge mit dem Gastland des Investors abgesichert werden können.

Private und öffentliche Investitionsversicherungen und -garantien sind wichtige Instrumente für Unternehmen, um ihre politischen Risiken zu mindern. Der Zugang zu diesen Instrumenten ist jedoch nicht immer garantiert. Die Vergabe öffentlicher Investitionsgarantien hängt oftmals von den entwicklungspolitischen Zielen eines Staates ab. Private Versicherungen gehen häufig mit hohen Kosten einher, die gerade kleine Unternehmen nicht tragen können. Außerdem sind IFV oftmals eine Voraussetzung dafür, dass derartige Versicherungen gewährt werden. Die Gründung von Joint Ventures mit Unternehmen des Anlagelands ist gerade für solche Unternehmen keine Alternative, die auf innovative Ideen angewiesen sind. Denn häufig erfordert dieses Modell, dass auch sensible Geschäftsinformationen und Technologien mit Unternehmen und Behörden des Anlagelands geteilt werden. Individuelle Verträge mit dem Anlageland können Investitionsrisiken tatsächlich senken, aber auch sie sind kein Ersatz für IFV und ISDS. Vielmehr sind IFV ein Instrument zum Schutz vor einer willkürlichen Verletzung eben dieser individuell ausgehandelten Verträge. IFV, die Regelungen zu Investor-Staat-Schiedsverfahren enthalten, schließen also eine wichtige Lücke und gewährleisten Sicherheit im Investitionsschutz, die durch kein anderes Instrument garantiert werden kann. Bei der Absicherung politischer Risiken bei Auslandsinvestitionen gibt es keine Alternative zu IFV und ISDS. Andere Instrumente können diese völkerrechtlichen Schutzmechanismen ergänzen, aber keinesfalls ersetzen.

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

21

Die wichtigsten Daten auf einen Blick56 Abbildung 1 Mehr Investitionen erfordern mehr Rechtsschutz Grenzüberschreitende Direktinvestitionen (Bestände in Mrd. US$) und Anzahl der weltweiten Investitionsförder- und -schutzverträge (IFV) 30.000

3.500

3.000

25.000

2.500

20.000

2.000 15.000 1.500 10.000 1.000 5.000

500

0

Grenzüberschreitende Direktinvestitionen (ADI) in Mrd. US$

2012

2013

2011

2010

2009

2007

2008

2006

2005

2004

2003

2002

2000

2001

1999

1998

1996

1997

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

0

Anzahl weltweiten IFV

Quelle: UNCTAD, World Investment Report, <www.unctad.org/wir> (eingesehen am 6.1.2015).

Abbildung 2 Mehr Investitionen führen zu mehr Investitionsstreitigkeiten Grenzüberschreitende Direktinvestitionen (Bestände in Mrd. US$) und Anzahl der ISDS-Fälle pro Jahr Mehr Investitionen führen zu mehr Investitionsstreitigkeiten Grenzüberschreitende Direktinvestitionen (Bestände in Mrd. US$) und Anzahl der ISDS-Fälle pro Jahr 30.000

70

30.000

70 60

25.000

60

25.000

50

20.000

50 40

20.000 15.000

40 30

15.000

30 20

10.000 10.000

20 10

5.000 5.000

10 0

Grenzüberschreitende Direktinvestitionen (FDI) in Mrd. US$ Quelle: UNCTAD, World Investment Report, <www.unctad.org/wir> (eingesehen am 6.1.2015). Quelle: UNCTAD, World Investment Report, <www.unctad.org/wir> (eingesehen am 6.1.2015). 56

Anzahl ISDS-Fälle pro Jahr

Die aktuell verfügbaren UNCTAD-Statistiken erfassen ISDS-Fälle von 1987 bis Ende 2013.

2012 2012

2013 2013

2011 2011

2010 2010

2009 2009

2007 2007

2008 2008

Anzahl ISDS-Fälle pro Jahr

2006 2006

2005 2005

2004 2004

2003 2003

2002 2002

2000 2000

2001 2001

Grenzüberschreitende Direktinvestitionen (FDI) in Mrd. US$

1999 1999

1998 1998

1996 1996

1997 1997

1995 1995

1994 1994

1993 1993

1992 1992

1991 1991

1990 1990

1989 1989

1988 1988

0

1987 1987

0

0


22

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Abbildung 3 Deutschland hat nicht nur mit Enwicklungsländern Investitionsverträge Von insgesamt 129 deutschen IFV sind viele mit wirtschaftlich und rechtlich entwickelten Staaten

14

13

12

11 10

10

8

6

4

2

0

OECD-Staaten

EU-Staaten

Fortgeschrittene Volkswirtschaften*

*Klassifizierung fortgeschrittener Volkswirtschaften nach IWF <http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2010/02/weodata/groups.htm#oem>.

Quelle: Liste deutscher Investitionsschutzabkommen unter <http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/B/bilaterale-investitionsfoerderungsund-schutzvertraege-IFV,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf>.

Abbildung 4 Klagende Unternehmen weltweit: meist aus Industrieländern Herkunftsländer der Kläger (bis Ende 2013)

Entwicklungsländer 13 %

Schwellenländer 2 %

Industrieländer 85 %

Quelle: UNCTAD, IIA Issue Note: Recent Developments in Investor-State Dispute Settlement, April 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d3_en.pdf>.


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

23

Abbildung 5 Investoren aus der EU klagen öfter als US-Investoren Herkunftsland der Kläger bei ISDS-Klagen in Prozent (weltweite Klagen bis Ende 2013)

Andere Herkunftsländer 25 % (141 Klagen)

Aus den USA 22 % (127 Klagen)

Aus der EU 53 % (300 Klagen)

Quelle: UNCTAD, IIA Issue Note: Investor-State Dispute Settlement: An Information Note on the United States and the European Union, Juni 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d4_en.pdf>.

Abbildung 6 US-Kläger zurückhaltender als Kläger aus der EU Anteil der weltweiten Klagen (bis Ende 2013) und Anteil an den weltweiten Direktinvestitionen (Bestand 2013)

60 53

50 40

40

30 22

24

20

10

0

Klagen aus der EU Anteil an Klagen (Prozent)

Klagen aus den USA

Anteil an ADI (Prozent)

Quelle: UNCTAD, IIA Issue Note: Investor-State Dispute Settlement: An Information Note on the United States and the European Union, Juni 2014, <http://unctad. org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d4_en.pdf>; UNCTAD, World Investment Report, S. 209, <http://www.unctad.org/wir> (eingesehen am 8. Januar 2015).


24

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Abbildung 7 Die häufigsten Herkunftsländer der Kläger Gesamtzahl der weltweit eingereichten Klagen (bis Ende 2013)

USA

127

61

Niederlande

Vereinigtes Königreich

43

Deutschland

39

0

50

100

150

Quelle: UNCTAD, IIA Issue Note: Recent Developments in Investor-State Dispute Settlement, April 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d3_en.pdf>.

Abbildung 8 Verklagte Länder: meist Entwicklungsländer Weltweite Klagen richten sich gegen Länder dieser Ländergruppen (bis Ende 2013)

Schwellenländer 16 %

Entwicklungsländer 57 %

Quelle: UNCTAD, IIA Issue Note: Recent Developments in Investor-State Dispute Settlement, April 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d3_en.pdf>.

Industrieländer 27 %


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

25

Abbildung 9 Weltweit am häufigsten verklagte Länder Anzahl der ISDS-Klagen gegen ein Land (bis Ende 2013)

Argentinien

53

Venezuela

36

Tschechische Republik

27

Ägypten

23

Kanada

22

Ecuador

22

Mexiko

21

Polen

16

USA

15

Indien, Kasachstan

14

0

10

20

30

40

60

50

Quelle: UNCTAD, IIA Issue Note: Investor-State Dispute Settlement: An Information Note on the United States and the European Union, Juni 2014, <http://unctad. org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d4_en.pdf>; Worldbank, Worldwide Governance Indicators, <http://www.govindicators.org> (eingesehen am 8.1.2015).

Abbildung 10 EU-Investoren klagen meist gegen Staaten der EU und Lateinamerikas Die 300 ISDS-Klagen europäischer Unternehmen richteten sich gegen Staaten in diesen Regionen (Prozent, bis Ende 2013) Osteuropa 11 %

Europäische Union 29 %

Afrika und Naher Osten 14 %

Asien 17 %

Quelle: UNCTAD, Database of Investor-State Dispute Settlement (ISDS) (reduced version), <http://unctad.org/en/Pages/DIAE/ISDS.aspx> (eingesehen am 8.1.2015).

Lateinamerika 29 %


26

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Abbildung 11 Die zehn häufigsten Klagegegner von EU-Investoren weltweit Von den 300 ISDS-Klagen von Unternehmen aus der EU richteten sich so viele gegen diese Staaten (bis Ende 2013)

Argentinien

31

Venezuela

23

Tschechische Republik

22

Ägypten

23

Ungarn

11

Polen

11

Russland

9

Bolivien

8

Indien

8

Türkei, Ukraine

7

0

5

10

15

20

25

30

35

Quelle: UNCTAD, IIA Issue Note: Investor-State Dispute Settlement: An Information Note on the United States and the European Union, Juni 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d4_en.pdf>.

Abbildung 12 Deutsche Investoren klagen meist gegen EU-Staaten Die 39 ISDS-Klagen deutscher Unternehmen richteten sich gegen Staaten in diesen Regionen (Prozent, bis Ende 2013) Osteuropa 7,7 %

Europäische Union 46,2 %

Asien 15,4 %

Lateinamerika 17,9 %

Quelle: UNCTD, Database of Investor-State Dispute Settlement (ISDS) (reduced version), <http://unctad.org/en/Pages/DIAE/ISDS.aspx> (eingesehen am 8.1.2015).

Afrika und Naher Osten 12,8 %


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

27

Abbildung 13 EU-Länder werden zumeist von EU-Investoren verklagt Aus diesen Länder kamen die 117* ISDS-Klagen gegen Staaten der EU 100 90

88

80 70 60 50 40 30 20 10

10

4

3

3

2

2

2

1

1

1

1

1

la ue ez Ve n

ina Ch

Arg en tin ien

Jo

rda

nie

n

l ae Isr

i rke Tü

Ind

ien

da na Ka

d an ssl Ru

en eg rw No

eiz Sc

hw

A US

EU

0

*In der Zählung unten kommt man auf 119 Klagen aufgrund von zwei Klagen, die doppelt gezählt werden: 2006 klagten Investoren aus den Niederlanden und den USA gegen Estland; 2012 klagten Investoren aus den Niederlanden und der Schweiz gegen Ungarn. Quelle: UNCTD, Database of Investor-State Dispute Settlement (ISDS) (reduced version), <http://unctad.org/en/Pages/DIAE/ISDS.aspx> (eingesehen am 8.1.2015).

Abbildung 14 ISDS: Staaten gewinnen häufiger als Unternehmen Ausgang der ISDS-Verfahren weltweit (274 abgeschlossene Verfahren bis Ende 2013)

Fall beigelegt 26 %

Investor hat gewonnen 31 %

Staat hat gewonnen 43 %

Quelle: UNCTAD, IIA Issue Note: Recent Developments in Investor-State Dispute Settlement, April 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d3_en.pdf>.


28

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Abbildung 15 EU-Länder gewinnen meistens gegen Unternehmen Ausgang der ISDS-Verfahren gegen EU-Mitgliedstaaten (54 abgeschlossene Verfahren bis Ende 2013)

Fall beigelegt 26 %

Investor hat gewonnen 24 %

Staat hat gewonnen 50 %

Quelle: UNCTAD, IIA Issue Note: Investor-State Dispute Settlement: An Information Note on the United States and the European Union, Juni 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d4_en.pdf>.

Abbildung 16 Am häufigsten unterlegene Länder bei Investorenklagen So viele Klagen haben Länder in ISDS-Verfahren verloren und so häufig wurden sie angeklagt (bis Ende 2013)

3

Moldawien

5

3

Tschechische Republik

27

3

Russland

9 4

Ecuador

22

4

Kasachstan

14 8

Mexiko

21 15

Argentinien 0

10 Verlorene Klagen des Landes

53

20

30

40

50

Eingereichte Klagen gegen Land insgesamt

Quelle: UNCTAD, Database of Investor-State Dispute Settlement (ISDS) (reduced version), <http://unctad.org/en/Pages/DIAE/ISDS.aspx> (eingesehen am 8.1.2015). Die Zahlen der gegen Argentinien, Mexiko, die Tschechische Republik und Kasachstan insgesamt eingereichten Klagen stammen aus: UNCTAD, IIA Issue Note: Investor-State Dispute Settlement: An Information Note on the United States and the European Union, Juni 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d4_en.pdf>.

60


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

29

Abbildung 17 ISDS-Klagen häufig in Sektoren mit starker Intervention des Staates Verteilung aller ISDS-Klagen weltweit nach Wirtschaftssektor (bis Ende 2013) Information & Kommunikation 6 % Wasser, Sanitär & Hochwasserschutz 6 %

Öl, Gas, Bergbau 26 %

Finanzwesen 7 % Bauindustrie 7 %

Elektriziät & andere Energie 13 %

Transport 10 %

Andere Sektoren 25 %

Quelle: ICSID, The ICSID Caseload - Statistics, Issue 2014-1, 2014, S. 12, via <https://icsid.worldbank.org/apps/ICSIDWEB/resources/Pages/ICSID-Caseload-Statistics.aspx> (eingesehen am 12.1.2015).

Abbildung 18 ISDS ist auch ein Instrument für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Kläger bei 95 ISDS-Verfahren* nach Größenklasse

Mittlere oder große multinationale Unternehmen 45 %

Kleine Investoren (Einzelpersonen, sehr kleine Unternehmen, häufig Familienunternehmen) 22 %

Wenige oder keine öffentlichen Informationen 33 % *Auswertung von Fällen von April 2006 bis April 2010. Quelle: David Gaukrodger and Kathryn Gordon, Investor-State Dispute Settlement: A Scoping Paper for the Investment Policy Community, OECD Working Papers on International Investment, Dezember 2012, S. 18, <http://www.oecd.org/daf/inv/investment-policy/WP-2012_3.pdf>.


30

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Abbildung 19 Ablauf eines ISDS-Verfahrens bei Fällen, die unter ICSID-Regeln verhandelt werden

Information der betroffenen Regierung durch den Investor „Cool Down“-Periode: Verhandlungen zwischen Investor und Staat

Beantragung eines Schiedsverfahrens (Investor und Gaststaat müssen ICSID-Mitglieder sein)

In IFV wird oftmals festgelegt, nach welchen Verfahrensregeln und bei welcher Organisation ein ISDS-Fall abgewickelt wird. Das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes, ICSID) ist eine internationale Schiedsinstitution mit Sitz in Washington, die der Weltbankgruppe angehört. Das ICSID unterstützt die Streitbeilegung vor allem bei Streitigkeiten im Rahmen von bilateralen Investitionsförder- und Schutzabkommen (IFV/BITs). Grundlage für die Arbeit von ICSID ist das ICSID-Übereinkommen aus dem Jahr 1966, das mittlerweile 154 Staaten unterzeichnet haben.

Schriftlicher Antrag an ICSID-Generalsekretär

Registrierung

Konstituierung des Tribunals (3 Schiedsrichter)

• Investor benennt einen Schiedsrichter • Angeklagter Staat ernennt einen Schiedsrichter • Investor und angeklagter Staat einigen sich auf einen Vorsitzenden Schiedsrichter ICSID führt eine Schiedsrichterliste. Jeder Mitgliedsstaat kann vier Richter für diese Liste benennen. Für Deutschland benennt das BMWi die vier Schiedsrichter.

Beratungen, schriftliches und mündliches Verfahren (nationale Gerichte sind nicht eingebunden)

Schiedsspruch • Aufteilung der Verfahrenskosten • Schadenersatz Urteil ist für Vertragsstaaten rechtlich bindend und nur bei Verfahrensfehlern anfechtbar. Eine Revision ist nicht vorgesehen.

Nachträgliche Maßnahmen: Annullierung, Interpretation, Revision

Vollstreckung des Urteils: • Anerkennung des völkerrechtlichen Urteils in ICSID-Mitgliedsstaat durch Vorlage des ICSID-Schiedsspruchs bei nationalem Gericht • Auszahlung der Strafe durch den Staat • Pfändung von Eigentum des angeklagten Staates in beliebigem ICSID-Staat möglich

Eine inhaltliche Prüfung des Schiedsspruchs bzw. der Ansprüche draus findet nicht statt. Eine Aufhebung des Urteils ist nur aus Verfahrensgründen möglich: • Schiedsgericht wurde nicht ordnungsgemäß gebildet oder andere Verfahrensvorschrift nicht eingehalten • Schiedsgericht hat Befugnisse überschritten • Schiedsrichter wurde bestochen • Schiedsspruch wurde nicht begründet


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

31

Zehn ISDS-Fälle in der öffentlichen Debatte: Ein genauer Blick lohnt sich Vor dem Hintergrund der TTIP-Verhandlungen ist eine höchst kontroverse Debatte um das Thema Investor-Staat-Schiedsverfahren entbrannt. Einige dieser Schiedsverfahren werden in der öffentlichen Diskussion immer wieder als abschreckende Beispiele angeführt. Häufig gestalten sich die Fälle bei genauerer Betrachtung jedoch deutlich komplexer als von ISDSKritikern dargestellt.57 Die meisten der Fälle sind zudem noch nicht entschieden. Im Folgenden werden einige ausgewählte Streitfälle auf Basis öffentlich zugänglicher Dokumente kurz beschrieben.

Kanadisches Unternehmen klagt über USBriefkastenfirma gegen Fracking-Verbot in Kanada?

Lone Pine vs. Kanada Forum: UNCITRAL IFV: Nordamerikanisches Freihandelsabkommen (North American Free Trade Agreement, NAFTA) (unterzeichnet 1992) Lone Pine ist im US-Bundestaat Delaware als Unternehmen eingetragen und die Muttergesellschaft von Lone Pine Resources Canada Ltd. Lone Pine Resources Canada hat seinen Hauptsitz in Calgary, Kanada. Sowohl Lone Pine als auch Lone Pine Resources Canada waren in der Zeit, als die im Folgenden beschriebene Investition erfolgte, ihrerseits 100-prozentige Tochterunternehmen des US-Unternehmens Forest Oil Corporation. Als US-Unternehmen kann Lone Pine auf der Grundlage der ISDS-Vorschriften des NAFTA-Investitionskapitels im Namen von Lone Pine Resources Canada gegen die kanadische Regierung klagen. Das Unternehmen Junex Inc. aus Quebec war 2006 im Besitz von vier Öl- und Gasexplorationslizenzen für vier kanadische Gebiete des Utica Shale, einem Gebiet mit schieferhaltigen Gesteinsformationen, das sich von den USA bis nach Kanada erstreckt. Forest Oil war ebenfalls an diesen Lizenzen interessiert und einigte sich am 5. Juni 2006 mit Junex auf ein „Farmout Agreement“, durch das Forest Oil die Option einer 100-prozentigen Beteiligung an den Lizenzen

erwarb. Forest Oil beteiligte sich finanziell an Bohrungen und dem Bau von Anlagen und Pipelines. Laut der Vereinbarung sollte Junex die ersten Bohrungen und die gesteinsphysikalischen Untersuchungen durchführen und die entstehenden Kosten mit Forest Oil teilen. Nachdem Junex die Ergebnisse der gesteinsphysikalischen Untersuchung an Forest Oil geschickt hatte, sollte Forest Oil sechs Monate Zeit haben, um zu entscheiden, ob das Unternehmen von der Option einer 100-prozentigen Beteiligung Gebrauch machen möchte. Falls ja, hätte Forest Oil 18 Monate Zeit, um einen unbekannten Betrag auf Bohrungen, den Bau von Anlagen, Pipelines und andere Aktivitäten zu verwenden, um die 100-prozentige Beteiligung zu erwerben. Forest Oil war vor allem an einem besonders erfolgversprechenden Abschnitt des Sankt-Lorenz-Stroms interessiert. Am 28. Juli 2006, also kurz nach Abschluss des „Farmout Agreements“, beantragte zunächst Lone Pine Resources Canada eine Explorationslizenz für Erdgas für dieses Gebiet. Einige Monate später, am 14. Dezember 2006, vereinbarten jedoch Forest Oil und Junex im „River Permit Agreement“, dass Forest Oil den Antrag wieder zurückzieht und stattdessen Junex diese Lizenz beantragen sollte. Diese würde dann unter den gleichen Konditionen des „Farmout Agreements“ stehen wie die vier Lizenzen, die Junex bereits besaß. Forest Oil leitete die im „Farmout Agreement“ und „River Permit Agreement“ vereinbarten Schritte ein, die notwendig waren, um die 100-prozentige Beteiligung an den Explorationslizenzen zu erwerben. Im März 2009 erteilte das Ministerium für natürliche Ressourcen der Provinz Quebec Junex die Explorationslizenz für den besonders erfolgsversprechenden Abschnitt des Flusses (die „River Permit“). Im April 2009 übertrug Forest Oil seine gesamten Rechte, Pflichten, Nutzen und Lasten an Lone Pine Resources 57

Auswahl von Falldarstellungen von TTIP-Kritikern: Thomas Fritz, TTIP vor Ort, Publikation im Auftrag von campact, 2014, <http:// blog.campact.de/wp-content/uploads/2014/09/Campact_TTIP_ vor_Ort.pdf>; Pia Eberhardt, Investitionsschutz am Scheideweg. TTIP und die Zukunft des globalen Investitionsrechts, Internationale Politikanalyse, Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.), Mai 2014, <http:// library.fes.de/pdf-files/iez/global/10773-20140603.pdf>; Greenpeace Austria, TTIP: Häufig gestellte Fragen zum Investor-StateDispute-Settlement (ISDS), 20.3.2014, <http://www.greenpeace. org/austria/de/News/Aktuelle-Meldungen/Gentechnik-News/2014/ TTIP-Haufigste-Fragen-zu-Investor-State-Dispute-SettlementISDS-/>; attac Deutschland, Freihandelsabkommen TTIP stoppen, <https://www.youtube.com/watch?v=Ljxv-yFBPQ8> (eingesehen am 13.1.2015); attac Deutschland, Investitionsschutz. Der Wolf im Schafspelz, < http://www.wolf-im-freihandelspelz.de> (eingesehen am 13.1.2015).


32

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Canada. Im Januar 2010 übertrug schließlich Junex sowohl die Beteiligung an der „River Permit“ als auch an den vier weiteren Explorationslizenzen an Lone Pine Resources Canada, nachdem zuvor Forest Oil alle notwendigen Bedingungen für die Übertragung erfüllt hatte. Im April 2010 erfolgte die offizielle Übertragung aller Beteiligungen an den Lizenzen von Junex auf Lone Pine Resources Canada durch das Ministerium für natürliche Ressourcen der Provinz Quebec.58

Im ISDS-Verfahren Lone Pine gegen Kanada geht es nicht darum, entgegen geltendem Umweltrecht in Kanada Schiefergas fracken zu dürfen. Vielmehr kritisiert das Unternehmen, dass die kanadische Regierung mehreren im NAFTA-Investitionskapitel festgehaltenen Grundsätzen widersprochen hat, indem sie eine zuvor gewährte Explorationslizenz kompensationslos zurückgezogen hat.

Die Förderung von Gas unter dem Sankt-LorenzStrom ist in Kanada umstritten. Zahlreiche zivilgesellschaftliche Gruppen forderten von der Regierung von Quebec, die Exploration und Erschließung von Schiefergas zu begrenzen. Nach einer öffentlichen Konsultation setzte die Regierung einen Expertenausschuss ein. Noch vor dem Abschluss der Untersuchung der Experten veröffentlichte die Regierung im November 2010 den Entwurf eines Moratoriums für die Exploration und Förderung von Schiefergas unter dem SanktLorenz-Strom. Gleichzeitig informierte das Ministerium Lone Pine und Junex jedoch, dass sie auf der Grundlage des „River Permit“ auch künftig Zugang zu den Vorkommen haben würden. Im Juni 2011 verabschiedete die Nationalversammlung von Quebec jedoch ein Gesetz, durch das alle Genehmigungen von Abbaurechten und Explorationen für einen Teil des Sankt-Lorenz-Stroms (inklusive dem Abschnitt, für den die „River Permit“ galt) ohne Kompensation zurückgezogen werden sollten. Am 6. September 2013 reichte Lone Pine eine ISDS-Klage gegen Kanada ein. Das Unternehmen beschuldigte die kanadische Regierung, mit dem Gesetz gegen den Schutz vor kompensationsloser Enteignung und gegen Mindestnormen für die Behandlung von Investoren in NAFTA (faire und gerechte Behandlung, voller Schutz und Sicherheit) verstoßen zu haben. Kanada habe damit die berechtigten Erwartungen von Lone Pine verletzt. Zudem erfüllte der Entzug der Explorations- und Bergbaurechte laut dem Unternehmen keinen berechtigten öffentlichen Zweck, da das Moratorium bereits verhängt worden war, bevor die Untersuchungskommission ihre Ergebnisse vorlegt hatte. Das Unternehmen forderte eine Entschädigungszahlung in Höhe von 250 Millionen Kanadischen Dollar, der Fall ist bisher noch nicht entschieden.59

Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Investment Treaty Arbitration, Lone Pine Resources Inc. v. The Government of Canada, Notice of Arbitration, via <http://www.italaw. com/cases/documents/1607> (eingesehen am 13.1.2015). 59 Investment Treaty Arbitration, Lone Pine Resources Inc. v. The Government of Canada, Notice of Arbitration; Thomas P. O’Leary et al., „Canada“, in: James H. Carter (ed.), The International Arbitration Review, fourth edition, 2013, pp. 115-130, <http://www.dentons. com/~/media/FMC%20Import/publications/pdf/c/Canada%20 -%20International%20Arbitration%20Review%20edition%204. pdf>; UNCTAD, Recent Developments in Investor-State Dispute Settlement (ISDS), April 2014, <http://unctad.org/en/publicationslibrary/webdiaepcb2014d3_en.pdf>. 58


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Französisches Unternehmen verklagt Ägypten wegen Anhebung des Mindestlohns?

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

33

war. Laut Medienberichten soll sich der Streitwert auf 82 Millionen US-Dollar belaufen. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.60 Im ISDS-Verfahren von Veolia gegen Ägypten geht es nicht darum, den festgelegten Mindestlohn in Ägypten zu bekämpfen oder zu senken. Das Unternehmen fordert vielmehr, dass die Vergütung für seine Dienstleistungen an die veränderte Kostenstruktur angepasst wird – dies hatte die Stadt Alexandria dem Unternehmen vertraglich zugesichert.

Veolia vs. Ägypten Forum: ICSID IFV: Investitionsschutzabkommen zwischen Frankreich und Ägypten („Décret n° 75-1029 du 24 octobre 1975 portant publication de la convention entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République arabe d’Egypte sur l’encouragement et la protection réciproques des investissements (ensemble deux échanges de lettres), signée au Caire le 22 décembre 1974“) (unterzeichnet 1974)

Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Das französische Versorgungsunternehmen Veolia Propreté schloss mit der Regierung der Stadt Alexandria im Jahr 2000 einen Vertrag über eine PublicPrivate-Partnership (PPP) zur Müllentsorgung in der Stadt Alexandria ab. Ein Tochterunternehmen von Veolia sollte die Sammlung, Sortierung, Reinigung, Verarbeitung und Verwertung von Müll in der Stadt übernehmen. Dazu zählten auch die Reinigung von Straßen, Stränden und Sehenswürdigkeiten sowie die Einführung von Deponien für medizinische Abfälle und ein Programm für Kompostabfälle. Diese Partnerschaft umfasste 4 500 Arbeitsplätze. Der PPP-Vertrag enthielt eine Klausel, um Vertragsänderungen in bestimmten Fällen zu ermöglichen. Dazu gehörten eine Änderung des Wechselkurses zwischen Euro und ägyptischem Pfund, ein Wachstum der Bevölkerung von Alexandria und eine Steigerung der Lohnkosten. Durch eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2011 kam es dann tatsächlich zu steigenden Lohnkosten, wodurch die Gewinnerwartungen des Konzerns geschmälert wurden. In Übereinstimmung mit dem PPP-Vertrag forderte das Unternehmen daraufhin eine Anpassung der Vergütung seiner Dienstleistungen. Die Stadt Alexandria verweigerte diese. Im Juni 2012 reichte Veolia auf Grundlage des IFV zwischen Frankreich und Ägypten beim ICSID Klage gegen den Staat Ägypten ein. Veolia begründete die Klage mit Vertragsbruch, da die vereinbarte Klausel über Vertragsänderungen nicht respektiert worden

60

Le Monde diplomatique, Profit als höchstes Rechtsgut, 13.6.2014, <http://www.monde-diplomatique.de/pm/2014/06/13.mondeText1.artikel,a0067.idx,24>; Jeune Afrique, Veolia assigne l’Égypte en justice, 11.7.2011, <http://economie.jeuneafrique.com/entreprises/entreprises/btp-a-infrastructures/11868-veolia-assigne-legypte-au-tribunal.html>.


34

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

US-Unternehmen versucht in Kanada Patente für teure, aber wirkungslose Medikamente einzuklagen?

Eli Lilly vs. Kanada Forum: UNCITRAL IFV: Nordamerikanisches Freihandelsabkommen (North American Free Trade Agreement, NAFTA) (unterzeichnet 1992) Das US-amerikanische Pharmaunternehmen Eli Lilly war seit den 1990er-Jahren in zahlreichen Ländern im Besitz von Patenten für die Medikamente Strattera und Zyprexa. Das kanadische Patent für Zyprexa wurde 1991 beantragt und am 14. Juli 1998 („113 Patent“) erteilt, das für Strattera wurde 1996 beantragt und am 1. Oktober 2002 („735 Patent“) erteilt.61 Eine international anerkannte Voraussetzung für Patentierbarkeit ist, dass die zu patentierende Erfindung „nützlich“ (engl. „useful“) ist. So sieht es auch der kanadische Patent Act vor.62 Bei pharmazeutischen Erfindungen lässt sich die „Nützlichkeit“ in der Regel leicht belegen, da diese Krankheiten behandeln.63 In Kanada gilt seit Anfang der 2000er Jahre jedoch eine strenge „Promise of the Patent Doctrine“. Diese ist nicht gesetzlich festgeschrieben, aber ein wichtiges Gewohnheitsrecht. Ihr zufolge muss der Antragsteller bei Anmeldung des Patents nicht nur eine grundsätzliche Nützlichkeit einer Erfindung aufzeigen. Vielmehr stellt die „Promise of the Patent Doctrine“ folgende drei Anforderungen: Erstens muss ein Richter subjektiv interpretieren, worin der versprochene Nutzen der Erfindung liegt. Zweitens muss der im Patent versprochene konkrete Nutzen der Erfindung bei Antragstellung des Patents nachgewiesen oder verlässlich vorhergesagt werden. Und drittens muss das Unternehmen hinsichtlich des vorhergesagten Nutzens eine faktische Grundlage und überzeugende Argumentation darlegen. Gelingt dem Antragsteller dieser Nachweis nicht, kann ihm das Patent verweigert werden. Erbringt eine Erfindung später nicht den versprochenen vorhergesagten Nutzen, kann ein Patent auch für ungültig erklärt werden.

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Auf dieser Grundlage erklärte das kanadische Bundesberufungsgericht im Jahr 2010 das Strattera-Patent für ungültig, nachdem der kanadische Generikahersteller Novopharm Klage eingereicht hatte. Das Patent wäre 2016 ausgelaufen. Der Patentantrag weise den versprochenen Nutzen des Medikaments im Sinne der „Promise Doctrine“ nicht nach. Auch eine wissenschaftliche Studie, auf die sich Lilly im Patentantrag berufen habe, könne diesen Nachweis nicht erbringen.64 Das Oberste Bundesgericht Kanadas bestätigte das Urteil. Beim Zyprexa-Patent handelte es sich um ein sogenanntes „selection patent“, da der Wirkstoff Olanzapin zuvor schon einmal in Zusammensetzung mit anderen Antipsychotika patentiert worden war. Dieses Patent wäre im April 2011 ausgelaufen. Novopharm klagte schließlich auch gegen dieses „selection patent“. 2009 entschied ein kanadisches Bundesgericht, das das „selection patent“ nicht gültig sei. Ein Berufungsgericht hob diese Entscheidung 2010 auf. 2011 wurde das Zyprexa-Patent jedoch in einer zweiten Entscheidung des Bundesgerichts wiederum für ungültig erklärt.65 Lilly legte erneut Berufung ein, jedoch erfolglos. Gegen das Zyprexa-Patent wurde in zahlreichen Ländern geklagt, unter anderem in den USA, dem Vereinigten Königreich, Australien, Deutschland, den Niederlanden, Österreich, der Teschechischen Republik, Russland, Portugal, Ungarn, Rumänien, der Slovakei, China, Finnland, Norwegen, Spanien, Bulgarien und Südkorea. Kanada ist das einzige Land, in dem das Patent aus Gründen der Nutzlosigkeit für ungültig erklärt wurde.66 In beiden Investment Treaty Arbitration, Eli Lilly and Company v. Government of Canada, Claimant’s Memorial, 29.9.2014, S. 57, <http:// www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/italaw4046. pdf>; Investment treaty Arbitration, Eli Lilly and Company v. Government of Canada, Government of Canada Statement of Defence, 30.6.2014, S. 1-2, <http://www.italaw.com/sites/default/files/casedocuments/italaw3253.pdf>. l 62 Patent Act, S. 1, <http://www.laws-lois.justice.gc.ca/PDF/P-4.pdf> (eingesehen am 22.1.2015). 63 Investment Treaty Arbitration, Eli Lilly and Company v. Government of Canada, Claimant’s Memorial, S. 3. 64 Jason Markwell, Pharma in Brief - Federal Court Invalidates Patent for Lack of Utility [STRATTERA® (atomoxetine)], 22.9.2010, Norton Rose Fulbright, <http://www.nortonrosefulbright.com/knowledge/ publications/33345/pharma-in-brief-federal-court-invalidates-patent-for-lack-of-utility> (eingesehen am 4.11.2014). 65 Jason Markwell, Pharma in Brief - Canada: Federal Court Finds Selection Patent Invalid for Lack of Utility [ZYPREXA® (olanzapine)], Norton Rose Fulbright, November 2011, <http://www.nortonrosefulbright.com/jp/knowledge/publications/58962/pharma-in-briefcanada-federal-court-finds-selection-patent-invalid-for-lack-ofutility> (eingesehen am 4.11.2014). 66 Investment Treaty Arbitration, Eli Lilly and Company v. The Government of Canada, Notice of Arbitration, via <http://www.italaw.com/ cases/1625> (eingesehen am 30.10.2014). 61


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Fällen, Strattera und Zyprexa, wurde die „Promise Doctrine“ rückwirkend angewendet; zum Zeitpunkt der ursprünglichen Patentvergabe war sie noch nicht etabliert.

35

Im ISDS-Verfahren Eli Lilly gegen Kanada geht es nicht darum, vom Staat einen Patentschutz für unwirksame Medikamente zu erzwingen. Es geht vielmehr um die Frage, ob der rückwirkende Entzug bestehender Patente unfair und diskriminierend war.

Wenig später führte der Generikahersteller Novopharm selbst diese Medikamente, deren Wirksamkeit er zuvor in Frage gestellt hatte, billiger auf dem kanadischen Markt ein, was bei Eli Lilly zu Umsatzeinbußen und zu einem Arbeitsplatzabbau in Kanada führte. 2012 verklagte Eli Lilly die kanadische Regierung im Rahmen von NAFTA unter UNCITRAL-Regeln. Das Unternehmen argumentiert, dass kanadische Gerichte die Patentanträge in unfairer und diskriminierender Weise rückwirkend für ungültig erklärt und unverhältnismäßig hohe Anforderungen gestellt hätten. Die „Promise Doctrine“ gehe weit über das WTOÜbereinkommen zu handelsbezogenen Aspekten der Rechte des geistigen Eigentums (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, TRIPS) und über den Vertrag über die Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (Patent Cooperation Treaty, PCT) hinaus. Darüber hinaus argumentierte Eli Lilli, dass sie gegen Kapitel 17 des NAFTA-Vertrags verstößt, das sich mit geistigen Eigentumsrechten befasst. In diesem Kapitel ist vorgeschrieben, dass ein Parent nur dann aberkannt werden darf, wenn Gründe vorliegen, die es gerechtfertigt hätten, das Patent gar nicht erst zu vergeben (NAFTA Kapitel 17, Art. 1709(7) & (8)). Der Verstoß gegen Kapitel 17 unterstütze die Forderungen unter Kapitel 11, dem Investitionsschutzkapitel, so Eli Lilly. Die kanadische Regierung habe damit gegen den Schutz vor kompensationsloser Enteignung und gegen die Mindestanforderungen an die Behandlung ausländischer Investoren entsprechend dem NAFTA-Abkommen verstoßen. Das Unternehmen fordert Schadenersatz in Höhe von 500 Millionen Kanadischen Dollar. Der Fall wurde noch nicht entschieden.67

Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

67

Investment Treaty Arbitration, Eli Lilly and Company v. The Government of Canada, Notice of Arbitration.


36

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

US-Konzern klagt gegen Gesundheitsschutz in Uruguay und Australien?

Philip Morris International vs. Uruguay/Philip Morris Asia vs. Australien Philip Morris International (PMI) und Philip Morris Asia (PMA) begründeten die Investor-Staat-Schiedsklagen gegen Uruguay und Australien damit, dass die Regierungen durch ihre Raucherschutzgesetze gegen vertraglich vereinbarte Verpflichtungen verstoßen hätten. Philip Morris International vs. Uruguay Forum: ICSID IFV: Investitionsschutzvertrag zwischen Uruguay und der Schweiz („Agreement between the Swiss Confederation and the Oriental Republic of Uruguay on the Reciprocal Promotion and Protection of Investments”) (unterzeichnet 1988) Uruguay gehört zu den Ländern mit den härtesten Raucherschutzgesetzen der Welt. Im Jahr 2008 trat ein Gesetz mit verschiedenen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz in Kraft. In dessen Folge wurden verschiedene Verordnungen erlassen, die diese Maßnahmen umsetzten. Seitdem darf pro Marke nur noch eine Produktvariante vertrieben werden, die Gesundheitswarnhinweise müssen mindestens 80 Prozent der Zigarettenverpackung bedecken und es müssen Bilder auf den Packungen abgebildet sein, welche die schädlichen Folgen des Rauchens illustrieren.68 Philip Morris International (PMI) kam dem von der uruguayischen Regierung eingeführten Verbot von mehr als einer Produktvariante pro Marke nach. Dem uruguayischen Markführer (77 Prozent Marktanteil) war es dagegen möglich, seine verschiedenen Produktvarianten lediglich umzubenennen und mit fast unveränderter Aufmachung und Design weiterhin auf dem Markt zu platzieren. PMI reichte im Februar 2010 beim ICSID Klage gegen Uruguay ein. Grundlage für die Klage war der IFV zwischen Uruguay und der Schweiz. PMI hat in der Schweiz mit rund 3 000 Mitarbeitern eine starke Präsenz. Da der IFV zwischen der Schweiz und

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Uruguay die vorherige Ausschöpfung des nationalen Rechtswegs vorsieht, klärte das Streitschlichtungspanel zunächst seine rechtliche Zuständigkeit. In diesem Rahmen prüfte das Gericht zum einen, ob die im IFV vorgesehene 6-monatige Wartefrist („Cool Down“Periode) eingehalten worden sei. In dieser Periode haben die Parteien auf eine gütliche Beilegung der Streitigkeiten hinzuarbeiten. Erst danach kann eine Klage eingereicht werden. Zum anderen wurde geprüft, ob der Investor zunächst über einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten den nationalen Rechtsweg beschritten hatte. Bezüglich der „Cool Down“-Periode waren sich beide Parteien einig, dass diese eingehalten worden war. Jedoch argumentierte Uruguay, dass der Kläger der 18-monatigen Frist zur Verhandlung vor nationalen Gerichten nicht entsprechend nachgekommen war. So hatte Philip Morris zwar über den entsprechenden Zeitraum vor einem nationalen Gericht geklagt, jedoch ging es bei dieser Klage auch um Verletzungen des uruguayischen Verfassungs- und Verwaltungsrechts und nicht ausschließlich um den Klagegegenstand des angestrebten ISDS-Verfahrens. Das Tribunal entschied jedoch, dass ein nationaler Rechtsstreit nicht die identische Rechtsgrundlage oder denselben Klagegegenstand haben muss, um der Forderung des IFV nach einer 18-monatigen nationalen Verhandlungsfrist gerecht zu werden. Das Streitschlichtungspanel befand sich entsprechend für zuständig. PMI hatte zudem auf die MFN-Klausel des IFV verwiesen, wonach ausländische Investoren aus dem Vertragsland nicht schlechter behandelt werden dürfen als Investoren aus Drittländern. PMI argumentierte, dass andere IFV die Erschöpfung des nationalen Rechtswegs nicht verlangten und Investoren aus diesen Ländern somit besser gestellt wären. Das Streitschlichtungspanel nahm keine entsprechende Prüfung vor, da es bereits auf Grundlage des IFV zwischen Uruguay und der Schweiz seine Zuständigkeit positiv bescheiden konnte.69 Todd Weiler, Philip Morris vs. Uruguay. An Analysis of Tobacco Control Measures in the Context of International Investment Law, Report #1 for Physicians for a Smoke Free Canada (Expert Opinion: Expert Opinion: An Analysis of Tobacco Control Measures in the Context of International Investment Law), via <http://www.italaw. com/cases/460> (eingesehen am 26.1.2015). 69 Investment Treaty Arbitration, Decision on Jurisdiction: Philip Morris Brands Sàrl, Philip Morris Products S.A. and Abal Hermanos S.A. (the Claimants) and Oriental Republic of Uruguay (the Respondent) (ICSID Case No. ARB/10/7), 2.7.2013, <http://italaw.com/sites/default/files/case-documents/italaw1531.pdf>. 68


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Hinsichtlich der materiellen Vertragsverletzungen des IFV zwischen Uruguay und der Schweiz argumentiert PMI, dass die beschriebene Regulierung nicht auf alle Marktteilnehmer gleichermaßen angewendet wurde. Die Vergrößerung der Gesundheitswarnhinweise von 50 auf 80 Prozent stelle zudem einen Vertragsbruch dar, da dadurch Eigentums- und Markenrechte verletzt würden. So könnten nur noch weniger als 20 Prozent der Packung für Markendifferenzierung über die wertvollen Marken genutzt werden. PMI zufolge bestehe außerdem kein Zusammenhang zwischen dem Gesetz und dem eigentlichen Regulierungsziel, dem Gesundheitsschutz. PMI verklagte Uruguay auf einen Schadenersatz in Höhe von 25 Millionen USDollar.

Philip Morris Asia vs. Australien

Der Fall wurde noch nicht entschieden. Ein Urteil wird für 2015 erwartet.70

37

Forum: UNICTRAL IFV: Investitionsschutzvertrag zwischen Australien und Hongkong („Agreement between the Government of Hong Kong and the Government of Australia for the Promotion and Protection of Investments“) (unterzeichnet 1993) Die australische Regierung erließ im Dezember 2011 den Tobacco Plain Packaging Act, der schlichte Einheitsverpackungen für Tabakprodukte ohne die Verwendung eines Markenlogos vorsieht. Warnhinweise mit grafischen Abbildungen der negativen Auswirkungen des Rauchens müssen 75 Prozent der Vorderseite und 90 Prozent der Rückseite der Verpackung ausmachen.71 Im Jahr 2011 verklagte Philip Morris Asia (PMA) die australische Regierung auf Zahlung einer noch nicht exakt bezifferten Summe von mehreren Milliarden US-Dollar auf Grundlage des IFV zwischen Australien und Hongkong, wo PMA seinen Hauptsitz für die Region Asien hat. Der dortige Firmensitz wurde 1984 gegründet und beschäftigt derzeit rund 120 Angestellte.72

„Zigarettenhersteller Philip Morris verklagt Uruguay auf Schadenersatz“, in: Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 3.6.2014, <http:// deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/06/03/zigarettenhersteller-philip-morris-verklagt-uruguay-auf-schadenersatz/>; Philip Morris International, Philip Morris International Welcomes Decision by World Bank Tribunal to Hear Treaty Challenge to Uruguay’s Excessive Tobacco Measures, Press Release, 3.7.2013, <http://investors.pmi.com/phoenix.zhtml?c=146476&p=irolnewsArticle&ID=1835071#>; Philip Morris International, Uruguay Bilateral Investment Treaty (BIT) Litigation, <http://www.pmi.com/ eng/media_center/company_statements/Pages/uruguay_bit_ claim.aspx> (eingesehen am 30.10.2014); „Hearings to Begin in Anti-smoking Lawsuit by Philip Morris International Against Uruguay“, in: Industry Week, 4.2.2013, <http://www.industryweek.com/trade/ hearings-begin-anti-smoking-lawsuit-philip-morris-internationalagainst-uruguay> (eingesehen am 30.10.2014); Valentina Vadi, Public Health in International Investment Law and Arbitration, Routledge Chapman & Hall 2012. 71 Australian Government Department of Health, Introduction of Tobacco Plain Packaging in Australia, <http://www.health.gov.au/ internet/main/publishing.nsf/Content/tobacco-plain> (eingesehen am 12.1.2015). 72 McCabe Centre for Law & Cancer, Philip Morris Asia Challenge under Australia – Hong Kong Bilateral Investment Treaty, <http:// www.mccabecentre.org/focus-areas/tobacco/philip-morris-asiachallenge> (eingesehen am 31.10.2014); Philip Morris International, Hong Kong: Country Overview, <http://www.pmi.com/marketpages/pages/market_en_hk.aspx> (eingesehen am 31.10.2014). 70


38

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Das Unternehmen PMA, das bis zur Schließung im Jahr 2014 auch eine Fabrik mit 800 Mitarbeitern in Melbourne hatte73, sah durch die neue Gesetzgebung seine Eigentums- und Markenrechte in Australien verletzt. Die Maßnahme käme einer Enteignung gleich, da PMA seine wertvollen Marken nicht mehr nutzen könne. Australien habe PMA keine gerechte und billige Behandlung zukommen lassen, der Tobacco Plain Packaging Act sei eine unangemessene Einschränkung der Investitionen des Unternehmens in Australien.74 Australien wies die Anklagepunkte zurück. Das Verfahren ist noch nicht entschieden.75 Die ISDS-Klagen von Philip Morris gegen Uruguay und Australien richten sich nicht gegen Gesundheitsschutzgesetze an sich. Im Fall gegen Uruguay geht es um die Frage, ob Philip Morris bei der Umsetzung dieser Gesetze gegenüber Mitbewerbern diskriminiert wurde. In beiden Fällen muss geprüft werden, ob der faktische Entzug der Nutzungsrechte an wertvollen Handelsmarken den Tatbestand der indirekten Enteignung erfüllt. Das Unternehmen betreibt kein „treaty shopping“, in beiden Fällen klagen keine „Briefkastenfirmen“. Beide Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.

Michael Janda, „Philip Morris to Quit Australian Cigarette Manufacturing”, in: ABC, 2.4.2014, <http://www.abc.net.au/ news/2014-04-02/philip-morris-to-quit-australian-cigarettemanufacturing/5361436>. 74 Investment Treaty Arbitration, Notice of Arbitration Australia I Hong Kong Agreement for the Promotion and Protection of Investments, 21.11.2011, <http://www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/ita0665.pdf>. 75 Australian Government, Tobacco Plain Packaging—Investor-State Arbitration, <http://www.ag.gov.au/tobaccoplainpackaging>; Matthew Taylor, Philip Morris v Australia: The Challenges of InvestorState Arbitration, <http://www.mallesons.com/publications/marketAlerts/2011/International-Arbitration-Update-November-2011/ Pages/Philip-Morris-v-Australia-the-challenges-of-investor-statearbitration.aspx> (eingesehen am 30.10.2014). 73


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

39

Die ISDS-Klage von Cargill richtet sich nicht gegen den EU-Beitritt Polens. Vielmehr ging es darum zu prüfen, ob die Kontingentierungen für die Herstellung von Süßungsmitteln, denen sich Polen im Zuge des Beitritts unterworfen hat, gerecht und billig sowie nicht-diskriminierend waren.

US-Agrargigant klagt gegen den EU-Beitritt Polens?

Cargill vs. Polen Forum: ICSID/UNCITRAL IFV: Investitionsschutzvertrag zwischen den USA und Polen („Treaty between the United States of America and the Republic of Poland Concerning Business and Economic Relations”) (unterzeichnet 1990) Das US-amerikanische Landwirtschaftsunternehmen Cargill stellte in Polen Isoglucose her, einen aus Weizen gewonnenen Süßstoff, der mit Zucker konkurriert. Im Rahmen des EU-Beitritts verabschiedete Polen Produktionsquoten für Süßungsmittel, um die nationalen Gesetze mit der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU und der EU-Zuckerrichtlinie in Einklang zu bringen. Cargill interpretierte die Neuregelung als de-facto Anforderung, die Isoglucose-Produktion, die die Quoten überschreitet, exportieren zu müssen. Dadurch sah Cargill den Wert seiner Investitionen in Polen negativ beeinflusst. Das Unternehmen verklagte Polen im Jahr 2004 auf eine Summe von 150 Millionen US-Dollar beim ICSID. Im Jahr 2005 wurde der Fall auf Wunsch beider Parteien zu UNCITRAL verlegt. 2008 entschied das Schiedsgericht, dass das US-Unternehmen von Polen diskriminiert und nicht gerecht und billig behandelt worden sei. So habe Polen bei der Einführung der Quoten unter anderem gegen das Gebot der Transparenz verstoßen. Die geforderte Summe von 150 Millionen US-Dollar war nach Ansicht der Richter jedoch zu hoch angesetzt; Polen wurde zu einer Schadenersatzzahlung in Höhe von 16,3 Millionen US‑Dollar plus Zinsen verurteilt. Die geringere Summe (16,3 Millionen anstatt 150 Millionen) wurde mit riskanten Investitionsentscheidungen des Unternehmens begründet, die zu Verlusten in Polen geführt hätten. Das Gericht wies außerdem Cargills Beschuldigung ab, das Unternehmen habe durch die Auferlegung sogenannter Leistungsanforderungen Schaden genommen.76 76

Das Urteil wurde nicht veröffentlicht. Luke Eric Peterson, IA Reporter, Investment Arbitration Reporter, Vol. 1, No. 5, 16. Juli 2008, pp. 6-8, via <http://www.iareporter.com/downloads/20100107_23> (eingesehen am 12.1.2015).


40

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Schwedischer Konzern klagt gegen deutsche Umweltstandards?

Die Klage gegen die Bundesregierung richtete sich nicht gegen den Umweltschutz. Es war vielmehr zu klären, ob das Unternehmen gerecht und billig behandelt worden war. In diesem Verfahren hat Deutschland zudem nicht gegen Vattenfall verloren. Vielmehr hat Vattenfall auf eigene Kosten Investitionen getätigt, um die höheren Umweltschutzstandards zu erfüllen.

Vattenfall vs. Deutschland Forum: ICSID IFV: Vertrag über die Energiecharta („Energy Charter Treaty“) (unterzeichnet von Deutschland und Schweden 1994) Mit einer vorläufigen Zulassung begann Vattenfall im Oktober 2007 den Bau eines Kohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg im Wert von 2,6 Milliarden Euro. 2008 wurde die endgültige Zulassung erteilt, jedoch mit strengeren Wasserqualitätsstandards, nachdem solche zum Schutz der Elbe erlassen worden waren. Laut Vattenfall machten diese den Bau eines neuen Kohlekraftwerks unrentabel.77 Vattenfall argumentierte, dass die neuen Standards gegen den Grundsatz der fairen und gerechten Behandlung sowie gegen das Enteignungsverbot der Energiecharta verstießen. Das Unternehmen reichte im März 2009 Klage beim ICSID auf Grundlage der Energiecharta gegen die Bundesrepublik Deutschland ein und forderte Schadenersatz in Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Der Streit wurde im März 2011 beigelegt, nachdem sich Vattenfall vor dem Oberverwaltungsgericht Hamburg mit der Bundesregierung einigen konnte und Deutschland dem Konzern weniger strenge Wasserentnahmerechte zugesagt sowie Vattenfall seinerseits in einen Kühlturm investiert hatte.78 Die in dem Vergleich erzielte Genehmigung wurde später allerdings nach einer Klage des BUND gegen Hamburg wieder entzogen, sodass Vattenfall die zusätzlichen Investitionen zum Schutz der Umwelt zwar selbst tragen musste, aber nicht von der angepassten wasserrechtlichen Regulierung profitieren konnte. Für den deutschen Staat sind hingegen keine zusätzlichen Kosten entstanden.

Nathalie Bernasconi, Background Paper on Vattenfall v. Germany Arbitration, International Institute for Sustainable Development (IISD), 2009, S. 1, <http://www.iisd.org/pdf/2009/background_vattenfall_vs_germany.pdf>. 78 Investment Treaty Arbitration, Vattenfall AB, Vattenfall Europe AG, Vattenfall Europe Generation AG v. Federal Republic of Germany, ICSID Case No. ARB/09/6 (formerly Vattenfall AB, Vattenfall Europe AG, Vattenfall Europe Generation AG & Co. KG v. The Federal Republic of Germany), <http://italaw.com/cases/1148> (eingesehen am 1.2.2015); Nathalie Bernasconi-Osterwalder und Rhea Tamara Hoffmann, The German Nuclear Phase-Out Put to the Test in International Investment Arbitration? Background to the New Dispute Vattenfall v. Germany (II), <http://www.iisd.org/publications/ german-nuclear-phase-out-put-test-international-investment-arbitration-background-new> (eingesehen am 1.2.2015). 77


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Schwedischer Konzern klagt gegen deutschen Atomausstieg?

Vattenfall vs. Deutschland Forum: ICSID IFV: Vertrag über die Energiecharta („Energy Charter Treaty“) (unterzeichnet von Deutschland und Schweden 1994)

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

41

Im Mai 2012 reichte Vattenfall eine ICSID-Schiedsklage wegen einer mutmaßlichen Verletzung seiner in der Energiecharta zugesicherten Rechte ein. Durch die Novellierung des Atomrechts im Zuge der deutschen Energiewende sei ein erheblicher Schaden für das Unternehmen entstanden. Vattenfall war an den beiden Kernkraftwerken Brünsbüttel und Krümmel beteiligt, die durch das Gesetz vom Sommer 2011 sofort stillgelegt werden mussten. Vattenfall ist somit der einzige Betreiber von Kernkraftwerken in Deutschland, der sofort alle AKW abschalten musste. Die genaue Klagebegründung von Vattenfall ist nicht öffentlich zugänglich; die Klagesumme beträgt 4,7 Milliarden Euro.79

In Deutschland begann der Ausstieg aus der Kernenergie mit einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen im Juni 2000. Bis 2010 galt ein stufenweiser Ausstieg („Atomkonsens“) mit Reststrommengen und ohne festen Abschalttermin, den die Bundesregierung im Juni 2000 mit den vier deutschen Betreibern von Kernkraftwerken vereinbart hatte. Im Jahr 2002 wurde der Vertrag durch Novellierung des Atomgesetzes rechtlich abgesichert und in der Folge die Kernkraftwerke Stade und Obrigheim endgültig abgeschaltet. Im März 2011, kurz nach der Naturkatastrophe von Fukushima, beschloss die Bundesregierung dann aber einen deutlichen Kurswechsel ihrer Atompolitik. Zunächst verkündete sie ein dreimonatiges Atom-Moratorium für die sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke sowie für das Kernkraftwerk Krümmel. Nur wenige Monate nach der Verlängerung von Laufzeiten beschloss die Bundesregierung im Juni 2011 die Abschaltung von acht weiteren Kernkraftwerken sowie einen stufenweisen Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022. Damit wurden die im Herbst 2010 beschlossenen Laufzeitverlängerungen zurückgenommen. Dieser Atomausstieg wurde im Juni 2011 mittels einer erneuten Novellierung des Atomgesetzes fixiert.

Die ISDS-Klage von Vattenfall gegen Deutschland richtet sich nicht gegen den Ausstieg aus der Kernenergie an sich. Vermutlich soll vielmehr geklärt werden, ob das Unternehmen gerecht und billig behandelt wurde. Zudem ist wohl zu überprüfen, ob Vattenfall gegenüber deutschen Investoren diskriminiert wurde. Schließlich ist die Frage zu klären, ob der Ausstieg aus der Kernenergie dem Tatbestand einer kompensationslosen Enteignung entspricht. Die Klage gegen die Bundesregierung ist weder öffentlich noch abgeschlossen.

79

„Schadensersatz für Atomausstieg. Vattenfall will 4,7 Milliarden Euro“, in: Tagesschau.de, 15.10.2014, <http://www.tagesschau. de/inland/vattenfall-klage-101.html> (eingesehen am 23.1.2015); Nathalie Bernasconi-Osterwalder und Rhea Tamara Hoffmann, Der deutsche Atomausstieg auf dem Prüfstand eines internationlen Investitionsschiedsgerichts?; März 2012, <http://www.iisd.org/ pdf/2012/powershift_forum_briefing_vattenfall.pdf>.


42

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Öl-Unternehmen verklagt Ecuador wegen Schutz des Regenwalds?

Occidental Petroleum Corp. und Occidental Exploration and Production Company vs. Ecuador Forum: ICSID IFV: Investitionsschutzabkommen zwischen den USA und Ecuador („Treaty between the United States of America and the Republic of Ecuador concerning the Encouragement and Reciprocal Protection of Investment”) (unterzeichnet 1993) Die US-amerikanische Occidental Exploration and Production Company (OEPC) war seit Mitte der 1980er in Ecuador aktiv. 1999 schlossen Ecuador und Occidental einen Nutzungsvertrag ab, der Occidental die exklusiven Rechte auf die Exploration und Extraktion von Öl in einem Teil des ecuadorianischen Amazonasgebiets („Block 15“) zusicherte. Im Jahr 2000 suchte Occidental nach Möglichkeiten, eine Erweiterung seiner Operationen zu finanzieren. Occidental ging deshalb eine Kooperation („Farmout Agreement“) mit der Alberta Energy Corporation Ltd. (AEC) ein, die ihrerseits nach Ecuador expandieren wollte. Das „Farmout Agreement“ wurde im Oktober 2000 unterzeichnet. Nach Ansicht der ecuadorianischen Regierung hätte diese Vereinbarung von der Regierung genehmigt werden müssen. Die Regierung machte Occidental zum Vorwurf, mit der Übertragung von Rechten an AEC ohne vorherige Genehmigung durch die Regierung gegen ecuadorianische Kohlenwasserstoffregulierungen verstoßen habe. Gleichzeitig stand die Regierung durch mehrere Demonstrationen der indigenen Amazonasbevölkerung unter politischem Druck. Im Mai 2006 löste die Regierung den Nutzungsvertrag auf. Und sie beschlagnahmte und verstaatlichte das Eigentum von Occidental. Ebenfalls im Mai 2006 reichte Occidental eine Investor-Staat-Schiedsklage wegen Enteignung beim ICSID ein und verlangte 2,3 Milliarden US-Dollar Schadenersatz. Das Unternehmen warf der Regierung vor, den Nutzungsvertrag ohne Begründung gekündigt zu haben, wodurch sie sowohl den Nutzungsvertrag selbst gebrochen als auch gegen ecuadorianisches Recht und den IFV zwischen den USA und Ecuador

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

verstoßen habe. Die ecuadorianische Regierung argumentierte hingegen, dass die Kooperation zwischen Occidental und AEC eine Erlaubnis durch das zuständige Ministerium erfordert hätte. Das Schiedsgericht entschied im Oktober 2012, dass die Kooperation mit AEC tatsächlich von der Regierung hätte bestätigt werden müssen. Jedoch habe sowohl die Aufkündigung des Nutzungsvertrags als auch die Enteignung nicht im Verhältnis zu dieser Verletzung gestanden. Das Gericht legte Occidentals Entschädigung auf 75 Prozent der verlangten Summe (1,77 Milliarden US-Dollar plus Zinsen) fest.80 Die ISDS-Klage von Occidental gegen Ecuador richtete sich nicht gegen den Schutz des Regenwaldes. Vielmehr ging es um die Frage, ob die Beschlagnahmungen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Regenwaldschutzes den Tatbestand der Enteignung erfüllten und das Unternehmen hätte entschädigt werden müssen.

Tai-Heng Cheng und Lucas Bento, ICSID’s Largest Award in History: An Overview of Occidental Petroleum Corporation v the Republic of Ecuador, Kluwer Arbitration Blog, 19 Dezember 2012, <http://kluwerarbitrationblog.com/blog/2012/12/19/icsids-largestaward-in-history-an-overview-of-occidental-petroleum-corporation-v-the-republic-of-ecuador/>; Investment Treaty Arbitration, Occidental Petroleum Corporation and Occidental Exploration and Production Company v. The Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB/06/11, via <http://www.italaw.com/cases/documents/768> (eingesehen am 13.1.2015). 81 LG&E Energy Corp., LG&E Capital Corp., LG&E International Inc. v The Argentine Republic, Case Summary Prepared in the Course of Research for S Ripinsky with K Williams, Damages in International Investment Law (BIICL, 2008), S. 2, 5, <http://www.biicl.org/ files/3908_2007_lg&e_v_argentina.pdf>. 82 Zitiert in: UNCTAD, Latest Developments in Investor-State Dispute Settlement, IIA Monitor No. 4, 2006, <http://unctad.org/sections/ dite_pcbb/docs/webiteiia200611_en.pdf>. Übersetzung durch BDI. 80


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

US-amerikanische Energieversorger verklagen Argentinien wegen Gewinnverlusten im Zuge der Argentinienkrise?

LG&E Energy Corp., LG&E Capital Corp. und LG&E International Inc. vs. Argentinien Forum: ICSID IFV: Investitionsschutzvertrag zwischen den USA und Argentinien („Treaty Between the United States of America and the Argentine Republic Concerning the Reciprocal Encouragement and Protection of Investment”) (unterzeichnet 1991) Die drei US-amerikanischen Investoren LG&E Energy Corp., LG&E Capital Corp. und LG&E International Inc. waren an drei argentinischen Gasverteilungsunternehmen beteiligt, die in den frühen 1990er Jahren gegründet worden waren und Geschäftslizenzen bis 2027 erhalten hatten. Während der frühen 1990er Jahre garantierte Argentinien sowohl, die Gasversorgungstarife in US-Dollar zu berechnen, als auch die Möglichkeit, halbjährliche Tarifanpassungen auf Basis des US-amerikanischen Erzeugerpreisindexes vorzunehmen. Damit wollte die Regierung die Attraktivität des Standorts Argentinien verbessern. Im Zuge der Argentinienkrise (1998-2002) nahm die Regierung die Garantien jedoch zurück, worauf die Investitionen der LG&E-Unternehmen an Rentabilität verloren. Die Investoren interpretierten diesen Vorgang als entschädigungslose Enteignung. LG&E klagte daraufhin gegen Argentinien vor dem ICSID. Grundlage für die Klage war der IFV zwischen den USA und Argentinien. Die Forderungen der Kläger gegen Argentinien bewegten sich zwischen 248 und 268 Millionen USDollar. Das Schiedsgericht urteilte hingegen, dass sich Argentinien zwischen Dezember 2001 und Ende April 2003 in einer Notlage befunden habe und ausländische Investoren in diesen 17 Monaten kein Anrecht auf Kompensation hätten. Zudem befand das Schiedsgericht, dass es sich bei den Maßnahmen um keine indirekte Enteignung gehandelt habe. Um zu bestimmen, wie stark das private Eigentum von LG&E durch die Maßnahmen der argentinischen Regierung beeinträchtig worden war, legte das Schiedsgericht zwei Kriterien

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

43

an: die wirtschaftlichen Auswirkungen (d.h. effektiver Wechsel der Kontrolle über die Investition oder der Inhaberschaft; eine Beeinträchtigung der berechtigten Erwartungen des Investors) sowie die Dauer der Maßnahme. Das Schiedsgericht befand, dass die Maßnahme weder dauerhaft war noch zu einem Wechsel der Inhaberschaft oder der Kontrolle über die Investition geführt habe. Ohne einen permanenten und massiven Verlust der Investition oder ihres Wertes infolge eines staatlichen Eingriffs handelte es sich nicht um eine Enteignung, so das Schiedsgericht.81 Allerdings entschied das Gericht auch, dass Argentinien mit der Kündigung der Garantien gegen den Standard der gerechten und billigen Behandlung und gegen die Schirmklausel des IFV verstoßen habe sowie den drei Investoren diesbezüglich Kompensation leisten müsse (wenngleich nicht für die Periode Dezember 2001 bis Ende April 2003). Das Schiedsgericht stellte fest, dass „der Standard gerecht und billig ein konsistentes und transparentes Verhalten des Gaststaates umfasst – frei von Widersprüchlichkeiten –, das die Verpflichtung beinhaltet, stabile und vorhersehbare rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen und aufrechtzuerhalten, die notwendig sind, um die gerechtfertigten Erwartungen des ausländischen Investors zu erfüllen“.82 Zugleich unterstrich das Schiedsgericht, dass Investoren immer mit Geschäftsrisiken rechnen müssen. Die Kompensationszahlungen wurden auf 57,4 Millionen US-Dollar festgelegt. Verluste während der Zeit des Notstands waren zuvor von der Entschädigungssumme abgezogen worden und somit in dieser Summe nicht enthalten. In dem Fall ging es nicht darum, Argentinien dazu zu zwingen, Unternehmen für alle, im Zuge der Krise (1998-2002) erlittenen Verluste zu entschädigen. Der Schiedsspruch zeigt vielmehr, dass IFV zwar gerechte und billige Behandlung, Nicht-Diskriminierung und Kompensation im Falle direkter und indirekter Enteignungen garantieren. Investoren sind jedoch nicht grundsätzlich vor dem Rückgang der Rentabilität von Investitionen infolge staatlicher Maßnahmen geschützt. Unternehmen müssen immer mit Geschäftsrisiken rechnen – dazu gehört auch, dass sich Gesetze ändern. Zudem zeigt der Schiedsspruch, dass der Handlungsspielraum von Staaten während Finanz- und Wirtschaftskrisen trotz IFV gewahrt ist.


44

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Fazit, Ausblick und Empfehlungen Welcher Schluss lässt sich aus der vorangegangenen Analyse ziehen? Ist die Kritik der Gegner am System der Investor-Staat-Schiedsverfahren gegenstandslos? Der Blick in die Praxis der Schiedsgerichtbarkeit zeigt, dass viele Sorgen der Kritiker unbegründet sind. Gleichwohl besteht in einigen Bereichen auch Reformbedarf. IFV müssen die gesetzgeberische Hoheit des Staates (das sogenannte „right-to-regulate“) wahren. Rechtsbegriffe sollten so präzise wie möglich definiert, die Transparenz verbessert und missbräuchliche Klagen verhindert werden. Zudem wäre ein Berufungsmechanismus wünschenswert. Gleichzeitig sind Investitionsschutzverträge jedoch unverzichtbar für die weltweit aktive deutsche Wirtschaft. Investitionen im Ausland gehen häufig mit hohen politischen Risiken einher. Dagegen muss sich der Investor absichern können. Bei allen Reformen muss somit der Schutz von Investitionen im Ausland gewahrt werden. Im Folgenden werden einige ausgewählte Punkte aus der vorangegangenen Analyse aufgegriffen und kurz diskutiert. Eine ausführliche Übersicht der Reformvorschläge des BDI bietet das BDI-Positionspapier „The ‚I‘ in TTIP“. Materiell-rechtliche Investitionsschutzbestimmungen Die Prinzipien Inländerbehandlung und Meistbegünstigung (Nicht-Diskriminierung), der Schutz vor direkter und indirekter Enteignung sowie das Gebot der gerechten und billigen Behandlung sind wichtige Bestandteile von IFV. Um ausländische Direktinvestitionen zu schützen, sind diese Vertragsinhalte unabkömmlich. Durch die Schiedssprüche in ISDS-Verfahren ist ein gewisser Konsens über ihre Auslegung entstanden. Gleichzeitig zeigen die Schiedssprüche, dass die genannten Prinzipien Spielraum für Interpretation lassen. Neuere IFV und Investitionskapitel in FTAs suchen diesen Spielraum durch genauere Rechtsbegriffe einzuschränken. Dazu gehört auch das Handelsabkommen der EU mit Kanada, CETA.83 Präzisere Rechtsbegriffe können die Berechenbarkeit, Vorhersagbarkeit und Rechtssicherheit sowohl für den Investor als auch den Gaststaat verbessern. Gleichwohl müssen sie so formuliert sein, dass Investitionen im Ausland auch in Zukunft geschützt sind.

Investition und Investor: IFV definieren schon heute, welche Art von Investoren und Investition unter dem Abkommen geschützt werden, wobei sich die Reichweite der Definitionen in den IFV unterscheidet. Dem deutschen Muster-Investitionsschutzabkommen von 2008 zufolge gelten als geschützte Investitionen beispielsweise „Vermögenswerte jeder Art, die von Investoren des einen Vertragsstaates direkt oder indirekt im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates angelegt werden.“ Dazu gehören beispielweise Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen, Anteilsrechte und Beteiligungen, Vertragliche Ansprüche, Rechte des geistigen Eigentums (z.B. Marken und Patente), Handelsnamen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Know-How, sowie öffentlich-rechtliche Konzessionen einschließlich Aufsuchungs- und Gewinnungskonzesssionen für natürliche Ressourcen.84 „Investoren“ sind laut dem deutschen Muster-Investitionsschutzvertrag von 2008 Eigentümer, Inhaber oder Teilhaber einer Kapitalanlage, die deutsche Staatsbürger oder Staatsbürger eines anderen Mitgliedsstaates der EU sind, die ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland haben; oder juristische Personen, Handelsgesellschaften sowie sonstige Gesellschaften und Vereinigungen, die nach deutschem Recht oder dem Recht eines EU-Mitgliedstaates gegründet wurden und in Deutschland in ein Register eingetragen sind oder als Betriebsstätte Niederlassungsfreiheit nach EU-Recht genießen.85 Im Abkommen zwischen der EU und Kanada, CETA, ist die Definition von Investition und Investor – angelehnt an bestehende Investitionsschutzabkommen – ebenfalls weit gefasst. In CETA wird eine Investition als Vermögenswert definiert, den der Investor direkt oder indirekt besitzt oder kontrolliert. Allerdings legt CETA einschränkend fest, dass der Wert für eine bestimmte Dauer angelegt sein muss, um als Investition im Sinne des Vertrags gelten zu können. Das Kapital muss außerdem gebunden und sowohl mit einer Gewinnerwartung als auch mit einer Risikoübernahme verbunden sein. Hinsichtlich von Geldforderungen CETA, 10. Investment. Section 1: Scope and Definitions. Article X.1: Scope of Application, 2014, <http://trade.ec.europa.eu/doclib/ docs/2014/september/tradoc_152806.pdf>. 84 Investment Treaty Arbitration, German Model Treaty -2008, <http:// www.italaw.com/sites/default/files/archive/ita1025.pdf>. 85 Investment Treaty Arbitration, German Model Treaty -2008, <http:// www.italaw.com/sites/default/files/archive/ita1025.pdf>. 83


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

hält der Text fest, dass diese nur dann umfasst sind, wenn sie nicht aus einer bloßen Vertragsbeziehung über eine Ware oder Leistung, der Finanzierung eines solchen Geschäfts oder aus einem Urteil oder einem Schiedsspruch folgen. Darüber hinaus stellt der Text klar, dass nur bereits getätigte Investitionen, die das geltende Recht des Gaststaates nicht verletzen, geschützt werden. Noch im Planungsstadium befindliche Investitionen sind vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.

kürlich, inkonsistent, intransparent und widersprüchlich sind, oder wenn die berechtigten Erwartungen des ausländischen Investors verletzt werden. Der Investor genießt unter herkömmlichen IFV Vertrauensschutz. Berechtigte Erwartungen können sich durch explizite oder implizite Aussagen und Zusicherungen seitens des Staates gegenüber dem Investor ergeben.

Ein „Investor“ im Sinne von CETA ist eine natürliche oder juristische Person, die plant, eine Investition im Gebiet der anderen Partei zu tätigen, die Investition gerade tätigt oder diese getätigt hat. Niederlassungen oder Repräsentanzen gelten nicht als Investoren im Sinne von CETA.86 Aus Investorensicht ist eine weite Definition von Investition und Investor einer engen vorzuziehen, da diese einen umfassenderen Schutz für Auslandsinvestitionen schafft. Aus staatlicher Sicht kann eine weite Definition jedoch dann zum Problem werden, wenn sie ein Einfallstor für Klagen über Briefkastenfirmen öffnet. Neuere IFV wie CETA konkretisieren daher, dass nur die Investitionen von solchen Investoren geschützt sind, die bereits substanzielle Geschäfte im Gaststaat getätigt haben. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs und der Ausschluss reiner Briefkastenfirmen kann „treaty shopping“ verhindern und trägt somit der vorgebrachten Kritik Rechnung. Die Definitionen von Investitionen und Investoren sollten in künftigen IFVs präzise sein. Die Formulierungen dürfen berechtigte Klagen nicht verhindern, müssen aber Missbrauch (etwa durch „treaty shopping“) vorbeugen.

Gerecht und billig („fair and equitable treatment“, FET): In den meisten der bestehenden IFV wurde der Grundsatz der gerechten und billigen Behandlung nicht konkretisiert. Ein Blick auf die bisherigen Schiedssprüche gibt jedoch Auskunft darüber, was unter FET zu verstehen ist. Demnach wird der Investor beispielsweise nicht gerecht und billig behandelt, wenn er unter politischen Druck gesetzt oder ihm der Zugang zum nationalen Rechtsweg verweigert wird. FET ist auch dann verletzt, wenn Regierungsentscheidungen will-

45

Die Definition von FET in CETA unterscheidet sich von dieser traditionellen, weiten Definition deutlich. Im Vertragstext werden konkrete Handlungen aufgezählt, die gegen den Grundsatz der gerechten und billigen Behandlung verstoßen: Rechtsverweigerung in straf-, zivil- oder verwaltungsrechtlichen Verfahren; wesentliche Verletzung des Rechts auf ein ordnungsgemäßes Verfahren, einschließlich einer wesentlichen Verletzung der Pflicht zur Transparenz, in Gerichtsund Verwaltungsverfahren; offenkundige Willkür; gezielte Diskriminierung aus offenkundig ungerechtfertigten Gründen, wie beispielsweise aus Gründen des Geschlechts, der Rasse oder der religiösen Überzeugung; missbräuchliche Behandlung von Investoren, einschließlich Nötigung, Zwang und Schikane.87 Damit bleibt der Schutzumfang hinter bisher verwendeten Formulierungen des Grundsatzes gerechter und billiger Behandlung deutlich zurück. Beständigkeit rechtlicher Normen, Vorhersehbarkeit, Angemessenheit und Konsistenz staatlichen Handelns werden ebenso wenig verlangt wie dem Investor Vertrauensschutz gewährt wird. Insgesamt beschränkt sich der Grundsatz gerechter und billiger Behandlung auf sehr schwerwiegende Verstöße gegen Vertragsbestimmungen, wie beispielsweise ‚offenkundige‘ Willkür.88 Damit könnten relevante Fälle ausgeschlossen und das Investitionsschutzniveau insgesamt deutlich gesenkt werden.

Foreign Affairs, Trade and Development Canada, Consolidated Ceta Text, 10. Investment, Article X.3: Definitions, <http://www. international.gc.ca/trade-agreements-accords-commerciaux/agracc/ceta-aecg/text-texte/10.aspx?lang=eng> (eingesehen am 27.10.2014). 87 Schill (2014), S. 14. Foreign Affairs, Trade and Development Canada, Consolidated Ceta Text, 10. Investment, Article X.9: Treatment of Investors and of Covered Investments, <http://www.international.gc.ca/trade-agreements-accords-commerciaux/agr-acc/cetaaecg/text-texte/10.aspx?lang=eng> (eingesehen am 27.10.2014). 88 Europäische Kommission, Investitionsbestimmungen im Freihandelsabkommen EU-Kanada (CETA), 2014, <http://trade.ec.europa. eu/doclib/docs/2013/december/tradoc_151959.pdf>. 86


46

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Eine Präzisierung des Gebots der gerechten und billigen Behandlung in zukünftigen IFV der EU ist auch aus Sicht der deutschen Industrie wünschenswert. Für Fallkonstellationen, die diese Liste nicht abdeckt, sollten zukünftige IFV jedoch die Möglichkeit vorsehen, die Liste zu erweitern. Zudem führt CETA neue Rechtsbegriffe ein, welche in der Praxis noch mit Leben gefüllt werden müssen. Kriterien wie „offenkundige Willkür“ oder auch „gezielte Diskriminierung“ dürfen nicht dazu führen, dass „leichte“ Verstöße gegen Vertragsbestimmungen eines IFV ungeahndet bleiben. Zudem sollte staatliches Handeln immer verhältnismäßig und der Vertrauensschutz des Investors gewahrt sein.

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

in Ausnahmefällen eine entschädigungspflichtige indirekte Enteignung dar. Dies ist dann der Fall, wenn die staatliche Maßnahme im Vergleich zu dem verfolgten gesetzgeberischen Ziel offenkundig unverhältnismäßig („manifestly excessive“) ist.90 CETA betont damit den gesetzgeberischen Handlungsspielraum des Staates. Gleichzeitig könnte jedoch – je nach Auslegung der Schiedsgerichte – die Klausel „offenkundig unverhältnismäßig“ zu einem Problem für Investoren werden. Wird dieser Begriff von Schiedsgerichten eng ausgelegt, könnten damit jegliche Klagen, die sich auf indirekte Enteignung berufen, abgelehnt werden. Dies gilt es in zukünftigen IFV der EU zu vermeiden.

Die Definition einer indirekten Enteignung sollte in künftigen IFVs möglichst konkret sein. Sie muss den gesetzgeberischen Handlungsspielraum des Staates sichern, darf aber berechtigte Klagen nicht abblocken.

Das Gebot der gerechten und billigen Behandlung (FET) sollte in zukünftigen IFVs konkretisiert werden. Allerdings müssen Investoren auch in Zukunft Vertrauensschutz genießen. Zudem sollte staatliches Handeln immer verhältnismäßig sein.

Indirekte Enteignung: Bisherige Schiedssprüche zeigen, dass Kapitalanlagen im Ausland nur zum Wohl der Allgemeinheit und gegen prompte und angemessene Entschädigung direkt oder indirekt enteignet werden dürfen. Entgangene Gewinne infolge staatlicher Maßnahmen kommen dabei nicht grundsätzlich einer indirekten Enteignung gleich. Um den Tatbestand einer indirekten Enteignung zu erfüllen, muss das Unternehmen einen permanenten und massiven Verlust der Investition oder ihres Wertes infolge eines staatlichen Eingriffs erlitten haben. Oftmals angewendete Prüfkriterien für eine indirekte Enteignung sind die wirtschaftlichen Auswirkungen (d.h. effektiver Wechsel der Kontrolle über die Investition oder der Inhaberschaft; eine Beeinträchtigung der berechtigten Erwartungen des Investors) sowie die Dauer der Maßnahme. Auch unter CETA liegt eine indirekte Enteignung nur dann vor, wenn dem Investor grundlegende Eigentümereigenschaften weitgehend entzogen werden. Dazu gehört unter anderem das Recht, seine Investition zu nutzen, zu besitzen und zu veräußern.89 Der Vertragstext geht jedoch noch einen Schritt weiter als herkömmliche IFV. Alle staatlichen Maßnahmen, die dem Schutz von Interessen der Allgemeinheit wie Gesundheit, Sicherheit oder Umwelt dienen, stellen nur

Nicht-Diskriminierung: Mit der Unterzeichnung eines IFV verpflichten sich die Vertragsparteien, ausländische Investoren nicht zu diskriminieren – weder gegenüber inländischen Investoren (Prinzip der Inländerbehandlung) noch gegenüber anderen ausländischen Investoren (Prinzip der Meistbegünstigung, MFN). Beide Prinzipien gehören zu den Kernschutzstandards von IFV. CETA garantiert Investoren sowohl Inländerbehandlung als auch MFN. Voraussetzung für die Inländerbehandlung ist, dass sich der ausländische Investor in einer vergleichbaren Situation befindet wie der inländische Investor („like situations“). Allerdings gelten mehrere Ausnahmen für Inländerbehandlung, sowohl sektorspezifischer als auch genereller Natur. Auch der Meistbegünstigungsgrundsatz ist deutlich beschränkter als in herkömmlichen Investitionsschutzabkommen. Investoren aus Kanada oder der EU können nicht mit Verweis auf MFN prozessuale Rechte aus anderen IFV einfordern.

Europäische Kommission, Investitionsbestimmungen im Freihandelsabkommen EU-Kanada (CETA), 2014, S. 2. 90 Schill (2014), S. 18. 89


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Um ein internationales Level Playing Field, also faire Wettbewerbsbedingungen, zu garantieren, ist ein starkes Diskriminierungsverbot unabkömmlich. Generelle Ausnahmen sollten daher restriktiv gehandhabt und präzise formuliert werden, um kein Einfallstor dafür zu schaffen, begründete Klagen abzuweisen.

USA schützen schon heute explizit die gesetzgeberische Souveränität des Staates.

Ein starkes Diskriminierungsverbot (Inländerbehandlung, MFN) ist auch in künftigen IFV unabkömmlich. Ausnahmen dürfen kein Einfallstor für die Abweisung begründeter Klagen sein.

Schirmklausel: Viele europäische IFV enthalten Schirmklauseln, die Versprechen eines Staates gegenüber einem Investor vor internationalen Investitionsschiedsgerichten einklagbar machen. Der deutsche Muster-IFV ist dabei keine Ausnahme. Der US-amerikanische Mustervertrag und viele US-amerikanische IFV enthalten ebenfalls Schirmklauseln als Bestandteile ihrer Streitbeilegungsregelungen. CETA umfasst hingegen keine Schirmklausel. Sicherlich sind nicht alle Vertragsbrüche zwischen dem Staat und dem Investor auch Brüche internationaler Verträge. Trotzdem sollte ein IFV eine Schirmklausel für bestimmte Pflichtverletzungen enthalten. Eine solche Schirmklausel stellt keine unangemessene Belastung für einen Staat dar, da er lediglich dazu angehalten wird, solche Verpflichtungen einzuhalten, die er freiwillig eingegangen ist.

47

In CETA wird bereits in der Präambel klargestellt, dass der Vertrag die Parteien nicht einschränkt, berechtigte Gemeinwohlziele zu verfolgen. Darüber hinaus werden im Vertragstext zahlreiche Ausnahmeregeln definiert, welche die Investitionsschutzvorschriften beschränken. Beispielsweise ist unter CETA der freie Kapitelverkehr geschützt. Der Staat kann jedoch Einschränkungen des Kapitalverkehrs erlauben, wenn beispielsweise Probleme mit der staatlichen Zahlungsbilanz vorliegen. Wirtschaftliche Sanktionen sind zur Durchsetzung von Maßnahmen der kollektiven Sicherheit erlaubt. Das Nicht-Diskriminierungsgebot kann in Anlehnung an Artikel XX des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (engl.: Agreement on Tariffs and Trade, GATT) der Welthandelsorganisation (WTO) eingeschränkt werden, sollte es notwendig sein, bestimmte Interessen zu schützen. Dazu zählt beispielsweise der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der öffentlichen Moral und von Gesundheit, Tieren oder Pflanzen. Gerade für den Finanzdienstleistungssektor gelten zahlreiche Sonderreglungen. Der Vertragstext erlaubt umfangreiche Eingriffe in den Sektor, wenn diese unter anderem dazu dienen, Anleger zu schützen, den Zahlungsverkehr und grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen zu regulieren und die Stabilität des Finanzsystems zu wahren.91 Ein zwischenstaatlicher Ausschuss, das Financial Services Committee, dient als Filter. Er soll entscheiden, ob eine ISDS-Klage mit Berufung auf diese Ausnahme abgewiesen werden kann.92

Auch künftige IFV sollten Schirmklauseln („umbrella clauses“) enthalten. Staaten sollten dazu angehalten werden, freiwillig eingegangene Verpflichtungen einzuhalten.

Gewährleistung der staatlichen Souveränität und Regulierungshoheit: Staaten brauchen politische Spielräume zur souveränen Politikgestaltung („policy space“/ „right to regulate“). Der Staat muss in der Lage sein, im öffentlichen Interesse, unter anderem zum Schutz der Umwelt und des Klimas, zum Schutz des Verbrauchers und der Gesundheit oder auch zum Schutz der kulturellen Vielfalt, gesetzgeberisch und regulierend tätig zu werden. Neuere IFV wie die der

91 92

Schill, (2014), S. 18ff. CETA, Annex XX of the Financial Services Chapter, Understanding between Canada and the EU Guidance on the application of Article 15.1 (Prudential Carve-out) and Article 20 (Investment Disputes in Financial Services), <http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/ september/tradoc_152806.pdf>.


48

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Auch in zukünftigen Investitionsabkommen der EU sollte das „right to regulate“ von Staaten explizit geschützt werden. Allgemeinwohlinteressen und Ausnahmebestimmungen sollten jedoch so präzise wie möglich formuliert werden. Es gilt, einen angemessenen Ausgleich herzustellen, der ausländische Direktinvestitionen ausreichend schützt und gleichzeitig die gesetzgeberische Hoheit des Staates garantiert. Die Regulierungshoheit von Staaten darf von künftigen IFV nicht in Frage gestellt werden. Der Schutz von Gesundheit, Umwelt und Sicherheit muss gewährleistet sein. Allgemeinwohlklauseln müssen aber so präzise formuliert sein, dass ein wirksamer Investorenschutz erhalten bleibt.

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) Verbesserung der Transparenz: Transparenz ist eine grundlegende Voraussetzung für die Legitimität und Akzeptanz von IFV und ISDS in der Bevölkerung. Dies gilt vor allem auch, da es sich bei den Streitfällen nicht um Konflikte zwischen privaten Akteuren sondern zwischen Privaten und dem Staat handelt, wodurch unmittelbar das öffentliche Interesse betroffen ist. Bisher unterscheiden sich die Anforderungen an die Transparenz je nach IFV und Streitschlichtungsinstanz deutlich. Seit einigen Jahren gibt es daher Bestrebungen auf internationaler Ebene, die Transparenz von ISDS-Verfahren zu verbessern. So verabschiedete UNCITRAL im Juli 2013 Transparenzregeln für die Schiedsgerichtsbarkeit, die im April 2014 in Kraft getreten sind. Ähnliche Regeln sind Bestandteil neuerer US-amerikanischer IFV und von CETA. CETA zufolge werden nicht nur alle Dokumente (Beiträge der Streitparteien, Entscheidungen des Schiedsgerichts) veröffentlicht. Überdies sind die Anhörungen öffentlich und Interessenträger (Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften) können Eingaben machen. Auch zukünftige europäische Investitionsverträge sollten solche Transparenzregeln enthalten. Wie nationale Gerichtsverfahren erfordern aber auch Schiedsgerichtsverfahren ein gewisses Maß an Diskretion und können daher nicht völlig transparent sein. So müssen etwa Geschäftsgeheimnisse und Persönlichkeitsrechte auch in Zukunft geschützt werden. Schiedsverfahren müssen transparenter werden. Maßstab für künftige IFV sind die Transparenzregeln der UNCITRAL.


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Verhinderung ungerechtfertigter beziehungsweise missbräuchlicher Klagen („frivolous claims“): Missbräuchliche und offensichtlich ungerechtfertigte Klagen sollten verhindert werden. Auch wenn am Ende der Staat gewinnt, schafft doch jede Klage Kosten und bindet Mittel. Schon heute enthalten ISDS-Verfahren daher Mechanismen, um unseriöse Klagen zu verhindern.

Vermeidung von Interessenkonflikten von Schiedsrichtern: Für die Effektivität und die Legitimität von ISDS-Verfahren sind hohe Qualifikation und ein Höchstmaß an Integrität der Schiedsrichter unabkömmlich. Nur wenn Schiedsrichter neutral und unabhängig sind, kann das Schiedswesen funktionieren.

CETA geht noch einen Schritt weiter als herkömmliche IFV. Dem Vertragstext zufolge muss die unterliegende Partei die Kosten des Schiedsverfahrens sowie Kosten für die Rechtsverfolgung in angemessener Höhe tragen (Verlierer-Zahlt-Prinzip). Diese neue Regelung zur Aufteilung der Prozesskosten soll Unternehmen davon abhalten, missbräuchliche Klagen einzureichen. Regelungen zur Eindämmung ungerechtfertigter Klagen sind wünschenswert. Die Kostentragung durch die unterlegene Partei ist eine Möglichkeit, um missbräuchliche Klagen zu verhindern. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass kleine und mittlere Unternehmen aufgrund des finanziellen Risikos keine begründeten Forderungen im Rahmen von InvestorStaat-Schiedsverfahren mehr stellen.93 Zudem könnte das Verlierer-Zahlt-Prinzip in der Praxis Umsetzungsprobleme mit sich bringen. Denn häufig gewinnt eine Partei im Hinblick auf einige, aber nicht alle Anklagepunkte. Entsprechend sollte das Schiedsgericht – auch bei Anwendung des Verlierer-Zahlt-Prinzips – in Zukunft einen Ermessensspielraum haben, die Verfahrenskosten zwischen den Parteien aufzuteilen.

49

Die Regularien von ICSID und von UNCITRAL beinhalten daher schon heute entsprechende Prüfungen der Schiedsrichter. Unter CETA soll darüber hinaus ein verbindlicher Verhaltenskodex die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter sicherstellen. Schiedsrichter, die gegen den Verhaltenskodex verstoßen, sollen ersetzt werden. Darüber hinaus ist die Schaffung einer konkreten Liste qualifizierter Schiedsrichter vorgesehen, von denen die Streitparteien Schiedsrichter wählen können. Auch zukünftige Abkommen der EU müssen hohe Maßstäbe an die Auswahl von Schiedsrichtern anlegen. Allerdings müssen Streitparteien genügend Freiraum in der Wahl der Schiedsrichter haben. Denn schon heute ist es alles andere als einfach, qualifizierte Schiedsrichter für die in der Mehrheit hochkomplexen ISDS-Fälle zu finden. Zudem darf eine Vorauswahl möglicher Schiedsrichter, wie in CETA vorgesehen, nicht zu einer Politisierung der Schiedsverfahren führen. Schiedsrichter müssen qualifizierte, neutrale und unabhängige und nicht etwa politisch genehme Personen sein.

Künftige IFV müssen hohe Anforderungen an die Qualifikation und Unabhängigkeit der Schiedsrichter stellen. Für die Investoren müssen genügend Schiedsrichter zu Auswahl stehen, um der hohen Unterschiedlichkeit und Komplexität der Fälle gerecht werden zu können.

Wird eine vorgeschaltete Zulässigkeitsprüfung für Klagen eingeführt, sollte diese möglichst einfach, schnell und kostengünstig sein. Zudem muss verhindert werden, dass eine solche Vorprüfung politisiert wird. Künftige IFVs müssen die frühzeitige Abwehr ungerechtfertigter Klagen („frivolous claims“) ermöglichen. Ein möglicher Mechanismus ist das Verlierer-Zahlt-Prinzip. Eine Vorprüfung der Fälle muss politisch neutral erfolgen.

93

DIHK, Stellungnahme des DIHK zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, CETA. Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie im Deutschen Bundestag, 10.12.2014, <http://www.bundestag.de/blob/345490/26609a16bbe76befe7356 275aa78daec/felix-neugart--dihk-data.pdf>.


50

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Auslegung von Vertragstexten: Ein Kritikpunkt an IFV sind abweichende Auslegungen von Rechtbegriffen durch unterschiedliche Schiedsgerichte. CETA trägt dieser Kritik Rechnung, indem die Möglichkeit externer Beratung und nachträglicher Auslegungsvereinbarungen vorgesehen ist. Unsicherheiten bei der Auslegung des Abkommens könnten so beseitigt und die Rechtssicherheit erhöht werden. Urteile werden dadurch besser vorhersehbar – sowohl für den Investor als auch den Staat. Wichtig ist allerdings, dass die üblichen Auslegungsmethoden Anwendung finden. Dazu gehört auch das Rückwirkungsverbot: Eine Auslegung, auf die sich der Investor bei seiner Investitionsentscheidung nicht einstellen konnte, darf grundsätzlich nicht rückwirkend gelten. Die Auslegungsvereinbarungen müssen sich auf zukünftige Investitionen beschränken. Zudem darf eine solche Beratung nicht dazu genutzt werden, die Regeln zu umgehen und Vertragsinhalte abzuändern. Allein die Vertragspartner sollten die Kompetenz haben, Änderungen am Vertragstext vorzunehmen. Externe Beratung darf außerdem nicht dazu führen, die Zuständigkeitsverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten (welche in eine Vertragsänderung einbezogen werden müssten) sowie die Zuständigkeitsverteilung unter den EU-Organen zu umgehen.

Zur Klärung von Interpretationsfragen können künftige IFVs Beratungen der Vertragsparteien vorsehen. Solche Beratungen dürfen allerdings nicht zu versteckten Vertragsveränderungen führen oder die vertragsmäßigen Rechte der Investoren unterminieren.

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

ISDS und das Verhältnis zu nationalen Gerichten: IFV helfen Investoren, sich gegen politische Risiken im Ausland abzusichern. Investor-Staat-Schiedsverfahren sind ein wichtiges Instrument, um Auseinandersetzungen zwischen ausländischen Investoren und Regierungen zu schlichten. Gerade in vielen Entwicklungsländern garantiert das nationale Rechtssystem ausländischen Investoren keine gerechte und billige Behandlung. Das nationale Rechtssystem funktioniert oftmals nicht zufriedenstellend. Aber auch zwischen Industrieländern ist es sinnvoll, Investitionsschutzverträge abzuschließen. So werden völkerrechtliche Mindeststandards in nationalen Gerichtsverfahren bisweilen nur inkonsequent und lückenhaft berücksichtigt. IVF sollten daher nicht von Investoren die vorherige Ausschöpfung des nationalen Rechtswegs verlangen. Dies würde dem Zweck von ISDS, Streitfälle schnell und effektiv beizulegen, zuwiderlaufen. Ebenso problematisch wäre es vom Investor zu verlangen, sich entweder für den nationalen oder den internationalen Rechtsweg zu entscheiden (engl. „fork in the road approach“). Der Investor würde so das Recht verlieren, denselben Fall bei einem anderen Forum einzureichen. Sinnvoll ist dahingegen, die Möglichkeit von Mehrfachklagen einzuschränken. CETA untersagt entsprechend, einen Streitfall gleichzeitig auf dem nationalen und dem internationalen Gerichtsweg zu verhandeln. Sollte ein Verfahren gleichzeitig unter einem weiteren internationalen Vertrag eingeleitet werden, müssen sich beide Gerichte zunächst verständigen, um gegensätzliche Entscheidungen zu vermeiden. Es ist richtig, Verfahren und Urteile zu koordinieren, auch um Überkompensation zu vermeiden. Viele IFV schreiben bei der Streitbeilegung eine Wartefrist („Cool Down“-Periode) vor. In dieser Periode haben die Parteien auf eine gütliche Beilegung der Streitigkeiten hinzuarbeiten. Erst danach kann eine Klage eingereicht werden. Hierzu passt auch der in CETA angelegte Ansatz, die freiwillige Nutzung alternativer Streitbeilegungsmechanismen wie Schlichtung und Mediation zu fördern. Eine zwingende Durchführung von Mediationen, Schlichtung oder auch Konsultationen ist hingegen nicht sinnvoll, da dies die Länge und Kosten von ISDS-Verfahren deutlich erhöhen könnte.


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Einführung eines Berufungsmechanismus: Bislang sind die Urteile von Schiedsgerichten abschließend und bindend und können nur bei Verfahrensfehlern angefochten werden. Ein Berufungsmechanismus könnte die Akzeptanz der ISDS-Verfahren erhöhen. CETA sieht die Möglichkeit zur Entwicklung eines Berufungsverfahrens vor, macht aber zur Ausgestaltung keine konkreten Vorschläge. Aus Sicht der deutschen Industrie sollte ein solcher Mechanismus multilateralen Charakter haben. Er könnte ähnlich aufgebaut sein wie die Berufungsinstanz (Appellate Body) des Streitschlichtungsgremiums der WTO (Dispute Settlement Body). Eine solche Instanz könnte langfristig dazu führen, dass das Investitionsschutzrecht einheitlicher ausgelegt und mehr Rechtssicherheit für Investoren und Staaten geschaffen wird. Bei der Ausgestaltung von Berufungsverfahren muss aber darauf geachtet werden, dass sie die Verfahrenskosten nicht weiter in die Höhe treiben und Verfahren nicht übergebührlich in die Länge ziehen. Künftige IFV sollten ein Berufungsverfahren vorsehen. Vorbild einer Berufungsinstanz könnte der Appellate Body der WTO sein.

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

51


52

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Annex I: IFV Deutschlands (129 Verträge in Kraft)94 Vertragspartner

In Kraft getreten am

Vertragspartner

In Kraft getreten am

Afghanistan

12.10.2007

Madagaskar

21.03.1966

Ägypten

22.11.2009

Malaysia

06.07.1963

Albanien

18.08.1995

Mali

16.05.1980

Algerien

30.05.2002

Malta

14.12.1975

Angola

01.03.2007

Marokko

12.04.2008

Antigua und Barbuda

28.02.2001

Mauretanien

26.04.1986

Argentinien

08.11.1993

Mauritius

27.08.1973

Armenien

04.08.2000

Mazedonien

17.09.2000

Aserbaidschan

29.07.1998

Mexiko

23.02.2001

Äthiopien

04.05.2006

Republik Moldau

15.06.2006

Bahrein

27.05.2010

Mongolei

23.06.1996

Bangladesch

14.09.1986

Montenegro

IFV mit dem ehemaligen Jugoslawien gilt weiter

Barbados

11.05.2002

Mosambik

15.09.2007

Belarus (Weißrussland)

23.09.1996

Namibia

21.12.1997

Benin

18.07.1985

Nepal

07.07.1988

Bosnien und Herzegowina

11.11.2007

Nicaragua

19.01.2001

Botsuana

06.08.2007

Niger

10.01.1966

Burkina Faso

21.11.2009

Nigeria

20.09.2007

Brunei Darussalam

15.06.2004

Oman

04.04.2010

Bulgarien

10.03.1988

Pakistan

28.04.1962

Burundi

09.12.1987

Palästinensische Behörde

19.09.2008

Chile

08.05.1999

Panama

10.03.1989

China

11.11.2005

Papua Neuguinea

03.11.1983

Costa Rica

24.03.1998

Paraguay

03.07.1998

Côte d’Ivoire

10.06.1968

Peru

01.05.1997

CSFR

02.08.1992

Philippinen

01.02.2000

Dem. Rep. Kongo

22.07.1971

Polen

24.02.1991

Republik Kongo

14.10.1967

Portugal

23.04.1982

Dominica

11.05.1986

Ruanda

28.02.1969

Ecuador

12.02.1999

Rumänien

12.12.1998

El Salvador

15.04.2001

Russland

IFV mit der ehemaligen Sowjetunion gilt weiter

Estland

12.01.1997

Sambia

25.08.1972

Gabun

04.07.2007

Saudi-Arabien

08.01.1999

Georgien

27.09.1998

Senegal

16.01.1966

Ghana

23.11.1998

Serbien

IFV mit dem ehemaligen Jugoslawien gilt weiter

Griechenland

15.07.1963

Sierra Leone

10.12.1966

Guatemala

29.10.2006

Simbabwe

14.04.2000

Guinea

13.03.1965

Singapur

01.10.1975

Guyana

09.03.1994

Slowakische Republik

IFV mit der ehemaligen CSFR gilt weiter

Haiti

01.12.1975

Slowenien

18.07.1998

Honduras

27.05.1998

Somalia

15.02.1985

Hongkong

19.02.1998

Sowjetunion

05.08.1991

Indien

13.07.1998

Sir Lanka

16.01.2004

Indonesien

02.06.2007

St. Lucia

22.07.1987

Iran

23.06.2005

St. Vincent und die Grenadinen

08.01.1989

Jamaika

29.05.1996

Südsudan

Es gilt der IFV mit Sudan

Jemen (Arab. Rep.)

28.03.2008

Sudan

24.01.1967

Jordanien

28.08.2010

Swasiland

07.08.1995

Jugoslawien

25.10.1990

Syrien

20.04.1980

Kambodscha

14.04.2002

Tadschikistan

25.05.2006

Kamerun

21.11.1963

Tansania

12.07.1968

Kap Verde

15.12.1993

Thailand

20.10.2004

Kasachstan

10.05.1995

Togo

21.12.1964

Katar

19.01.1999

Trinidad und Tobago

17.04.2010

Kenia

07.12.2000

Tschad

23.11.1968

Kirgisistan

16.04.2006

Tschechische Republik

IFV mit der ehemaligen CSFR gilt weiter

Korea, Republik

15.01.1967

Tunesien

06.02.1966

Kosovo

IFV mit dem ehemaligen Jugoslawien gilt weiter

Türkei

16.12.1965

Kroatien

28.09.2000

Turkmenistan

19.02.2001

Kuba

22.11.1998

Uganda

19.08.1968

Kuwait

15.11.1997

Ukraine

29.06.1996

Laos

24.03.1999

Ungarn

07.11.1987

Lesotho

17.08.1985

Uruguay

29.06.1990

Lettland

09.06.1996

Usbekistan

23.05.1998

Libanon

25.03.1999

Venezuela

16.10.1998

Liberia

22.10.1967

Vereinigte Arabische Emirate

02.07.1999

Libyen

14.07.2010

Vietnam

19.09.1998

Litauen

27.06.1997

Zentralafrikanische Republik

21.01.1968


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

53

Annex II: ISDS-Klagen deutscher Investoren Alle von deutschen Unternehmen initiierte ISDS-Fälle, die in der UNCTAD-Datenbank für vertragsbasierte Investor-Staats-Klagen95 aufgeführt sind, Stand: Ende 2013 (39 Fälle)

Deutscher Investor (Klagejahr)

Beklagter Staat

Saar Papier (drei Fälle) (1994, 1996, 1998)

Schiedsgerichtsregeln und Rechtsgrundlage

Konfliktgrund

Entscheidung

Schadenersatzurteil

Polen

Der Staat blockierte den Import von Altpapier aufgrund umweltpolitischer Erwägungen. Das Altpapier war grundlegend für den Investor und den Betrieb seines Unternehmens.

Der Investor gewann und bekam eine Entschädigungssumme zugesprochen. Im Rahmen der zweiten Forderung gewann der Staat. Der Status der dritten Forderung ist unbekannt.96

2,3 Mio. Deutsche Mark

UNCITRAL IFV Deutschland – Polen

Sedelmayer (1996)

Russland

Zwangsenteignung von Immobilien des Investors in Russland durch den Staat

Sieg des Investors97

2,35 Mio. USD

SCC IFV Deutschland – Russland

Siemens (2002)

Argentinien

Mutmaßlicher Vertragsbruch des Staates bezüglich eines Vertrages zur Herstellung von Personalausweisen, worauf das Abkommen plötzlich gekündigt wurde.

Sieg des Investors, worauf jedoch Korruptionsvorwürfe gegenüber dem Investor zur Berufung des Urteils und später zu einer ausgerichtlichen Einigung führten.98

Ursprüngliche Entscheidung: 237,8 Mio. USD plus Zinsen

ICSID IFV Deutschland – Argentinien

Deutscher Investor (2002)

Portugal

Unbekannt

Beigelegt

Unbekannt

Fraport AG Frankfurt Airport Services Worldwide (zwei Fälle) (2003, 2011)

Philippinen

Zurückziehen eines Auftrags zur Konstruktion eines Flughafenterminals

Zunächst gewann der Staat. Später wurde der Fall neu aufgerollt. Ein Urteil steht noch aus.99

Der Investor verlangt 450 Mio. USD

ICSID IFV Deutschland – Philippinen

Ed Züblin AG (2003)

Saudi-Arabien

Konstruktion von Universitätsgebäuden

Beigelegt

Unbekannt

ICSID IFV Deutschland – Saudi-Arabien

Wintershall AG (2004)

Argentinien

Der Investor argumentierte, dass der Staat sein Öl- und Gasgeschäft u.a. durch die Aberkennung von Dividenden auf das argentinische Tochterunternehmen sowie die Beschneidung von Subventionsrechten schädigte.

Das Tribunal lehnte eine Anhörung ab.100

--

ICSID IFV Deutschland – Argentinien

Daimler Chrysler Services AG (2004)

Argentinien

Der Konflikt basierte auf der Entscheidung der argentinischen Regierung in Reaktion auf die Finanzkrise, die in US-Dollar laufenden Schulden des Staates auch in Pesos begleichen zu können. Dadurch wurde die Schuldenlast gegenüber Daimler deutlich reduziert.

Klage wurde abgewiesen.101

--

ICSID IFV Deutschland – Argentinien

Walter Bau (2005)

Thailand

Der Konflikt entstand anlässlich einer von Walter Bau gebauten mautpflichtigen Straße. Der Investor beschuldigte die thailändische Regierung, die Mautgebühren erhöht und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der Straße verringert zu haben.

Sieg des Investors. Der Fall ist zurzeit in Berufung. 2011 wurde am Münchener Flughafen das Flugzeug des thailändischen Prinzen als Garantie für die ausstehenden Zahlungen konfisziert.

Die ursprüngliche Summe belief sich auf 29,21 Mio. Euro plus Zinsen und plus Verhandlungskosten (1,8 Mio. Euro)102

UNCITRAL IFV Deutschland – Thailand

R.J. Binder (2006)

Tschechische Republik

Unbekannt

Klage wurde abgewiesen.103

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Tschechische Republik

Hochtief AG (2007)

Argentinien

Grundlage war ein Vertrag über den Bau von Fernverkehrsstraßen. Der Staat erließ Maßnahmen im Zuge der Finanzkrise, die die Vertragsabsprachen über die Berechnung von Mauthöhen in US-Dollar mit regelmäßigem Inflationsausgleich verletzten.

Urteil ausstehend, Fall wurde vom Tribunal akzeptiert.

--

ICSID Deutschland – Argentinien BIT

Gustav F W Hamester GmbH (2007)

Ghana

Gemeinsame Kakaoproduktion, wobei durch das Ausbleiben von Kakaobohnenlieferungen Verluste entstanden sind.

Klage wurde abgewiesen.

--

ICSID IFV Deutschland – Ghana


54

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Deutscher Investor (Klagejahr)

Beklagter Staat

Nordzucker (2007)

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

Schiedsgerichtsregeln und Rechtsgrundlage

Konfliktgrund

Entscheidung

Schadenersatzurteil

Polen

Streitigkeit entstand durch eine Privatisierungsangelegenheit von polnischen Zuckerproduzenten. Der Staat verzögerte mutmaßlich den Erwerb von zwei Zuckerfabriken, wodurch Nordzucker wertvolle Zeit im Rahmen der Suche nach alternativen Investitionen verlor.

Klage wurde abgewiesen

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Polen

Traco Deutsche Travertinwerke GmbH (2007)

Polen

Der Investor beschuldigte den Staat der Diskriminierung und Enteignung im Zuge einer Investition in ein staatliches Unternehmen.

Sieg des Staates

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Polen

Marion und Reinhard Hans Unglaube (2008)

Costa Rica

Der Investor wurde beauftragt, ein Touristengebiet zu erschließen, als der Staat per Dekret beschloss, dass das Gelände ein Nationalpark werden sollte und begann, das Gebiet zu enteignen.

Sieg des Investors, zweite Forderung ist noch ausstehend

3,1 Mio. USD plus Zinsen

ICSID IFV Deutschland – Costa Rica

InterTrade (2008)

Tschechische Republik

Der Investor argumentierte, durch Unregelmäßigkeiten in Regierungsbestimmungen zur Forstwirtschaft und bei Ausschreibungsverfahren Verluste bei seinen Anteilen an einem tschechischen Forstunternehmen erfahren zu haben.

Klage wurde abgewiesen.104

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Tschechische Republik

GEA Group AG (2008)

Ukraine

Der Disput entstand durch die Anschuldigung, dass der ukrainische Partner Treibstoff von GEA gestohlen haben soll.

Zunächst gewann der Investor; die Schulden wurden von der Ukraine jedoch nicht beglichen. Der Investor klagte mit der Forderung auf Ausgleich vor dem ICSID und verlor. Der Investor musste die Prozesskosten des Staates tragen.105

In der ursprünglichen Entscheidung wurde die Ukraine zu 30 Mio. USD verurteilt. In der zweiten Entscheidung musste GEA 1,6 Mio. USD für die ukrainischen Gerichtskosten aufbringen.

ICSID IFV Deutschland – Ukraine

Inmaris Perestroika Sailing Maritime Services GmbH und andere (2008)

Ukraine

Die ukrainische Regierung verletzte einen Vertrag, der besagte, dass der Investor ein Windjammer-Segelschiff nach dessen Reparatur, die der Investor bezahlte, benutzen dürfe.

Sieg des Investors106

Entschädigungssumme nicht öffentlich

ICSID IFV Deutschland – Ukraine

Nepolsky (2008)

Tschechische Republik

Konflikt entstand durch die Weigerung des Staates, eine Genehmigung für den Wassergebrauch auszustellen.

Klage vom Investor fallen gelassen107

Der Investor forderte 968 Mio. CZK im Jahr 2008.

UNCITRAL IFV Deutschland – Tschechische Republik

Deutsche Bank AG (2009)

Sri Lanka

Das staatliche Erdölunternehmen Sri Lankas geriet mit Zahlungen an die Deutsche Bank in Verzug, welche per Zinssicherungsvereinbarung zugesichert worden waren.

Sieg des Investors, einschließlich eines abweichenden Votums einer der Schiedsgutachter

60,4 Mio. USD plus Zinsen plus 8 Mio. USD Gerichtskosten108

ICSID IFV Deutschland – Sri Lanka

Adem Dogan (2009)

Turkmenistan

Die erfolgreiche Geflügelfarm des Investors wurde durch den Staat enteignet.

Ausstehend

--

ICSID IFV Deutschland – Turkmenistan

P.F. Vöcklinghaus (2009)

Tschechische Republik

Dem Investor gehörten 50% eines Unternehmens, das einen Golfplatz bauen sollte. Als das Unternehmen bankrottging, wurde der Golfplatz vom Staat an einen Dritten versteigert.

Klage wurde abgewiesen109

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Tschechische Republik

ECE Projektmanagement (2009)

Tschechische Republik

Der Investor moniert, widersprüchliche und anhaltende Probleme mit Behörden über die Konstruktion eines Einkaufszentrums gehabt zu haben.

Ausstehend

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Tschechische Republik

Bernhard von Pezold und andere (2010)

Zimbabwe

Der Investor argumentiert, der Staat habe Holzplantagen ohne Entschädigung während einer Landreform enteignet.

Ausstehend

--

ICSID IFV Deutschland – Zimbabwe, IFV Schweiz – Zimbabwe

Oil Tanking GmbH (2010)

Bolivien

Laut Investor hat der Staat seine Anteile an einem Pipeline-Unternehmen verstaatlicht.

Ausstehend

--

Ad hoc IFV Deutschland – Bolivien, IFV Bolivien – Peru


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Deutscher Investor (Klagejahr)

Beklagter Staat

ST-AD GmbH (2010)

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

55

Schiedsgerichtsregeln und Rechtsgrundlage

Konfliktgrund

Entscheidung

Schadenersatzurteil

Bulgarien

Der Investor argumentierte, dass die Rückerstattung eines ehemals enteigneten Geländes in Sofia unrechtmäßig gewesen und somit einer Enteignung gleichzusetzen sei.

Sieg des Staates.

Der Investor musste die gesamten Verfahrenskosten in Höhe von 1.124.384,35 Euro plus 175.000 Euro an den Staat erstatten.

UNCITRAL IFV Deutschland – Bulgarien

AES Solar und andere (aus Dänemark, Irland, Luxemburg, den Niederlanden und Groß Britannien) (2011)

Spanien

Die Investoren argumentieren, dass das Streichen von Subventionen für alternative Umwelttechnologien die gemeinsame Vertragsvereinbarung bricht und somit die Profite von Photovoltaik-, solarthermischen und Windenergieanlagen drastisch reduziert.

Ausstehend

--

UNCITRAL Vertrag über die Energiecharta

Ampal-American Israel Corporation und andere (einschließlich eines Deutschen, der in das Unternehmen investiert hat (2012)

Ägypten

Der Investor beanstandet Vertragsverletzungen des Staates bei seiner Investition in ein lokales Gasunternehmen.

Ausstehend

--

ICSID IFV USA – Ägypten IFV Deutschland – Ägypten

Slovak Gas Holding, GDF International SAS und E.ON Ruhrgas International GmbH (2012)

Slowakei

Die Investoren argumentieren, dass veränderte Regulierungen den Preis für Erdgas reduziert und somit zu finanziellen Einbußen für die Investition geführt haben.

Beigelegt

Einigung nicht öffentlich

ICSID Vertrag über die Energiecharta

Gelsenwasser AG (2012)

Algerien

Der Staat beendete den Vertrag mit dem Investor über Wassermanagement aufgrund mangelnden Fortschritts bei dessen Investitionsaktivitäten.

Ausstehend

--

ICSID IFV Deutschland – Algerien

Deutsche Telekom (2013)

Indien

Das indische Unternehmen Devas, an dem die Deutsche Telekom 20% Anteile besitzt, gewann den Zuschlag für die Bereitstellung von Breitbandinternet in einer entlegenen Region. Devas hatte mit einer Behörde vereinbart, dass sie einen bestimmten Anteil der von Satelliten bereitgestellten Breitbandkapazität nutzen könne. Diese Einigung wurde nach einer Regierungsentscheiden wiederrufen, nach der die Kapazität für strategische Zwecke zurück gehalten werden müsse.

Ausstehend. Andere Anteilseigner an Devas verlangen 1,6 Mrd. Euro.

--

Ad hoc IFV Deutschland – Indien

Utsch M.O.V.E.R.S. International GmbH, Erich Utsch Aktiengesellschaft, und Helmut Jungbluth (2013)

Ägypten

Unbekannt

Ausstehend

--

ICSID IFV Deutschland – Ägypten

Jürgen Wirtgen, Stefan Wirtgen und JSW Solar (zwei) GmbH & Co. KG (2013)

Tschechische Republik

Unbekannt

Ausstehend

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Tschechische Republik

Antaris Solar GmbH und Dr. Michael Göde (2013)

Tschechische Republik

Der Investor verlangt Wiedergutmachung für schwere finanzielle Einbußen aufgrund der Einführung von rückwirkenden, diskriminierenden Maßnahmen, z.B. einer Solarabgabe von 26% auf alle Einnahmen aus Solaranlagen.

Ausstehend

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Tschechoslowakei Vertrag über die Energiecharta

Photovoltaik Knopf Betriebs-GmbH (2013)

Tschechische Republik

Der Investor verlangt Wiedergutmachung für schwere finanzielle Einbußen aufgrund der Einführung von rückwirkenden, diskriminierenden Maßnahmen, z.B. einer Solarabgabe von 26% auf alle Einnahmen aus Solaranlagen.

Ausstehend

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Tschechische Republik Vertrag über die Energiecharta

Voltaic Network GmbH (2013)

Tschechische Republik

Der Investor verlangt Wiedergutmachung für schwere finanzielle Einbußen aufgrund der Einführung von rückwirkenden, diskriminierenden Maßnahmen, z.B. einer Solarabgabe von 26% auf alle Einnahmen aus Solaranlagen.

Ausstehend

--

UNCITRAL IFV Deutschland – Tschechische Republik Vertrag über die Energiecharta


56

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Übersicht IFVs, via <https://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/B/bilaterale-investitionsfoerderungs-und-schutzvertraege-IFV,property=pdf,bereich=b mwi,sprache=de,rwb=true.pdf>, Stand: November 2014. 95 UNCTAD, Database of Investor-State Dispute Settlement (ISDS) (reduced version), <http://unctad.org/en/Pages/DIAE/ISDS.aspx> (eingesehen Januar 2015). Die Datenbank beinhaltet Fälle, die bis 94

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

einschließlich 2013 eingereicht wurden. Klagen, die nach 2013 eingereicht wurden, werden also in der Tabelle nicht berücksichtigt. Ein Fall, der bekannt ist, jedoch nicht in der UNCTAD-Datenbank aufgeführt ist, ist die Klage der Stadtwerke München und anderer Unternehmen gegen Spanien. Die Klage wurde am 7. Januar 2015 beim ICSID eingereicht. Der zugrunde liegende IFV ist die Energiecharta. Die klagenden Unternehmen haben das solarthermische Kraftwerk Andasol 3 in der spanischen Provinz Granada gebaut und im September 2011 in Betrieb genommen. Im Zuge der Staatsschuldenkrise hat die spanische Regierung 2012 die Ökostromförderung zunächst rückwirkend gekürzt und ab 2013 ganz abgeschafft. Dies hat die Rentabilität des Kraftwerks so stark beeinträchtigt, dass die Münchner Stadtwerke ihren Kaufanteil in Höhe von 64 Millionen Euro im Sommer 2013 komplett abgeschrieben haben. Das Unternehmen klagt nun auf Kompensation. Das Schiedsgericht für diesen Fall wurde noch nicht konstituiert. Das Verfahren hat noch nicht begonnen. 96 Luke Eric Peterson, „Early Investment Arbitrations against ‚Improper‘ Use of Environmental Laws Uncovered“,in: INVEST-SD: Investment Law and Policy Weekly News Bulletin, 5.1.2004, <http:// italaw.com/documents/investment_investsd_jan5_2004_000.pdf>. 97 Sergey Ripinsky and Kevin Williams, „Case Summary: Mr. Franz Sedelmayer v The Russian Federation“, in: Damages in International Investment Law, November 2008, <http://www.biicl.org/ files/3932_1998_sedelmayer_v_russia.pdf>. 98 International Institute for Sustainable Development, International Investment Law and Sustainable Development: Key Cases from 2000-2010, edited by Nathalie Bernasconi-Osterwalder and Lise Johnson, S. 128-131. 99 Jarrod Hepburn, „Fraport Files new Claim at ICSID over Expropriation of Airport Terminal Project; Annulment Committee Ruling Paved Way for new Hearing by Finding Breach of Investor’s Right to be Heard“, IIA Reporter, 31.3.2011, <http://www.iareporter.com/ articles/20110331_7>. 100 Elizabeth Whitsitt, „German Firm Fails to Pass Jurisdictional Hurdle in Claim Against Argentina; Decision Provokes Questions about the Scope and Applicability of MFN Protection“, IISD Investment Treaty News, 5.1.2009, <http://www.iisd.org/itn/2009/01/05/german-firmfails-to-pass-jurisdictional-hurdle-in-claim-against-argentina-decision-provokes-questions-about-the-scope-and-applicability-ofmfn-protection/> (eingesehen am 15.1.2015). 101 Herbert Smith Freehills Dispute Resolution, „Consistently Inconsistent: Another Contrasting Decision on ‚Most Favoured Nation‘ Provisions, Another Split Decision“, 2 .9.2012, <http://hsfnotes.com/ arbitration/2012/09/06/consistently-inconsistent-another-contrasting-decision-on-most-favoured-nation-provisions-another-splitdecision/> (eingesehen am 15.1.2015). 102 Investment Treaty Arbitration, Werner Schneider, Acting in His Capacity as Insolvency Administrator of Walter Bau Ag (In Liquidation) v. The Kingdom of Thailand, UNCITRAL (Formerly Walter Bau AG (in Liquidation) v. The Kingdom of Thailand), <http://italaw.com/cases/ documents/1515> (eingesehen am 15.1.2015). 103 Olivet (2013), S. 10. 104 Olivet (2013), S. 10. 105 Damon Vis-Dunbar, „Ukraine Cleared of Claim by German Investor over Stolen Fuel“, in: IISD Investment Treaty News, 12.7.2011, <http://www.iisd.org/itn/2011/07/12/awards-and-decisions-4/> (eingesehen am 15.1.2015). 106 Investment Treaty Arbitration, Inmaris Perestroika Sailing Maritime Services GmbH and Others v. Ukraine (ICSID Case No. ARB/08/8, S. 55-56, <http://italaw.com/sites/default/files/case-documents/ italaw1411.pdf>, (eingesehen am 15.1.2015). 107 Olivet (2013), S. 10. 108 International Centre for Settlement of Investment Disputes, Award: Deutsche Bank AG v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka, ICSID Case No. ARB/09/02, S. 124, <http://www.italaw.com/sites/ default/files/case-documents/italaw1272.pdf>. 109 Olivet (2013), S. 10.


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

57

Weiterführende Quellen Weiterführende BDI-Literatur zu IFV und ISDS Mildner, Stormy-Annika und Christoph Sprich, Schutz europäischer Investitionen im Ausland. Anforderungen an Investitionsabkommen der EU, BDI Positionspapier, 2014, <http://www.bdi.eu/download_content/GlobalisierungMaerkteUndHandel/ Schutz_europaeischer_Investitionen_im_Ausland. pdf>. Mildner, Stormy-Annika, Elizabeth Johnson und Christoph Sprich, The “I” in TTIP. Why the Transatlantic Trade and Investment Partnership Needs an Investment Chapter, BDI Positionspapier, 2014, <http://www.bdi.eu/download_content/GlobalisierungMaerkteUndHandel/BDI_The_I_in__ TTIP_140930.pdf>. Mildner, Stormy-Annika, Elizabeth Johnson und Christoph Sprich, Background: Facts and Figures, International Investment Agreements and InvestorState Dispute Settlement, 2014, <http://www.bdi.eu/ images_content/GlobalisierungMaerkteUndHandel/ BDI_Facts_and_Figures_International_Investment_ Agreements.pdf>. Mildner, Stormy-Annika, Julia Howald und Fabian Wendenburg, Mythen und Fakten, Argumente, BDI Positionspapier, April 2014, <http://www.bdi.eu/ download_content/GlobalisierungMaerkteUndHandel/BDI_Transatlantische_Investitionspartnerschaft. pdf>. Besuchen Sie uns auf: Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP), BDI Webpage, <http://www.bdi.eu/TTIP. htm>. Facebook: Pro TTIP – Deutsche Industrie für transatlantischen Freihandel, <https://de-de.fa- cebook. com/industrieprottip>.

International Investment Arbitration + Public Policy (IIAPP), Cases and Regulatory Impacts, <http:// www.iiapp.org/cases-regulatory-impacts/>. Investment Treaty Arbitration, Investment Treaty Cases, <http://www.italaw.com/awards/chronological>. Stockholm Chamber of Commerce (SCC) Arbitration Institute, Statistics, <http://www.sccinstitute.com/ hem-3/statistik-2.aspx>. United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD), Database of Investor-State Dispute Settlement (ISDS) (reduced version), <http:// unctad.org/en/Pages/DIAE/ISDS.aspx>. United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD), International Investment Agreements Navigator, <http://investmentpolicyhub.unctad.org/IIA>. Weiterführende Literatur Abbott, Roderick, Fredrik Erixon und Martina Francesca Ferracane, Demystifying Investor-State Dispute Settlement, ECIPE Occasional Paper, No 5/2014, <http://www.ecipe.org/media/publication_pdfs/ OCC52014__1.pdf>. Bierbrauer, Elfriede, Abschluss der Verhandlungen über ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der EU und Kanada, Europäisches Parlament, Generaldirektion Externe Politikbereiche, 2014 <http://www.europarl.europa. eu/RegData/etudes/IDAN/2014/536410/EXPO_ IDA(2014)536410_DE.pdf>. Broß, Siegfried, Freihandelsabkommen, einige Anmerkungen zur Problematik der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Hans Böckler Stiftung, Mitbestimmungsförderung, Report Nr. 4, 2015, <http://www. boeckler.de/pdf/p_mbf_report_2015_4.pdf>.

Datenbanken zu IFV und ISDS-Fällen International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID), Cases, <https://icsid.worldbank. org/apps/ICSIDWEB/cases/Pages/AdvancedSearch. aspx>.

DIHK, Stellungnahme des DIHK zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, CETA. Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie im Deutschen Bundestag, 10.12.2014, < http://www. bundestag.de/blob/345490/26609a16bbe76befe7356 275aa78daec/felix-neugart--dihk-data.pdf>.


58

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Directorate General for External Affairs of the EU (Hg.), Investor-State Dispute Settlement (ISDS) Provisions in the EU’s International Investment Agreements, 2014, <http://www.europarl.europa. eu/RegData/etudes/STUD/2014/534979/EXPO_ STU(2014)534979_EN.pdf> Draper, Peter und Andreas Freytag, „Streitpunkt Investitionsschutz: Für und Wider des Investitionsschutzes im TTIP-Abkommen“, in: ifo Schnelldienst 12/2014 – 67. Jahrgang, 26. Juni 2014. Eberhardt, Pia, Investitionsschutz am Scheideweg. TTIP und die Zukunft des globalen Investitionsrechts, Internationale Politikanalyse, Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.), Mai 2014, <http://library.fes.de/pdf-files/ iez/global/10773-20140603.pdf>. Europäische Kommission, Report. Online Public Consultation on Investment Protection and Investorto-State Dispute Settlement (ISDS) in the Transatlantic Trade and Investment Partnership Agreement (TTIP), 13.1.2015, <http://trade.ec.europa.eu/doclib/ docs/2015/january/tradoc_153044.pdf>. Europäische Kommission, Fact Sheet: Investment Protection and Investor-to-State Dispute Settlement in EU Agreements, November 2013, <http:// trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/november/tradoc_151916.pdf>. Fischer-Lescano, Andreas und Johan Horst, Europa- und verfassungsrechtliche Vorgaben für das Comprehensive Economic and Trade Agreement der EU und Kanada (CETA), Juristisches Kurzgutachten im Auftrag von attac/München <http://www.ttipunfairhandelbar.de/fileadmin/download/dokumente/31_10_CETA-Rechtsgutachten_Oktober_2014_Fischer-Lescano_Uni_Bremen.pdf>. Fritz, Thomas, Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA). Zusammenfassung und kritische Bewertung, Studie im Auftrag von ver.di, 2014 <http://www.epb.uni-hamburg.de/erzwiss/lohmann/ Fritz_CETA-Zusammenfassung.pdf>. Gerstetter, Christiane und Nils Meyer-Ohlendorf, Investor-State Dispute Settlement under TTIP - a Risk for Environmental Regulation?, Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 2014, <http://eu.boell.org/sites/default/ files/hbs-isds.pdf>.

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

ICSID, Annual Report, 2014, <https://icsid.worldbank.org>. Krajewski, Markus, Zu Investitionsschutz und Investor-Staat-Streitbeilegung im Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaftsabkommen (TTIP), Gutachten im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, 2014. Krajewski, Markus, Modalities for Investment Protection and Investor-State Dispute Settlement (ISDS) in TTIP from a Trade Union Perspective, Friedrich-Ebert-Stiftung 2014, < http://www.fes-europe.eu/attachments/489_FES%20Studie%20TTIP%202014%20 Brussels.pdf>. Mildner, Stormy-Annika, Christoph Sprich und Elizabeth Johnson, „Investitionsschutz im Kreuzfeuer der Kritik. Warum die USA und die EU trotzdem nicht auf das „I“ in TTIP verzichten sollten“, in: Ifo Schnelldienst 67 (12), 2014. Miller, Scott und Greg Hicks, Investor-State Dispute Settlement: A Reality Check, CSIS Working Paper, A Report by the Scholl Chair in International Business at CSIS 2014, <http://csis.org/publication/investorstate-dispute-settlement-reality-check-working-paper>. Olivet, Cecilia, A Test for European Solidarity, the Case of Intra-EU Bilateral Investment Treaties, Transnational Institute, Januar 2013, S. 10, <http://www.tni.org/sites/ www.tni.org/files/download/briefing_on_intra-eu_bits_0. pdf>. Schill, Stefan, Auswirkungen der Bestimmungen zum Investitionsschutz und zu den Investor-Staat-Schiedsverfahren im Entwurf des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) auf den Handlungsspielraum des Gesetzgebers (Kurzgutachten), Gutachten im Auftrag des BMWi, 22.9.2014, <http:// www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/C-D/cetagutachten-investitionsschutz,property=pdf,bereich=b mwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf>.


Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Tietje, Christian und Freya Baetens, The Impact of Investor-State-Dispute Settlement in the Transatlantic Trade and Investment Partnership, Study prepared for the Minister of Foreign Trade and Development Cooperation, Ministry of Foreign Affairs, The Netherlands, Ecorys, Rotterdam 2014, <http://media.leidenuniv.nl/legacy/the-impact-of-investor-state-disputesettlement-isds-in-the-ttip.pdf>. UNCTAD, International Investment Policymaking in Transition, Challenges and Opportunities of Treaty Renewal, Juni 2013, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2013d9_en.pdf>. UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement: An Information Note on the United States and the European Union, Juni 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d4_en.pdf>. UNCTAD, Recent Developments in Investor-State Dispute Settlement, IIA Issue Note No. 1, April 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d3_en.pdf>. UNCTAD, World Investment Report 2014, 2014, <http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/wir2014_ en.pdf>. Voß, Jan Ole, Brauchen Investitionen im TTIP Schutz? Überlegungen zum Investitionsschutz im transatlantischen Freihandelsabkommen, Friedrich Ebert Stiftung WISO Diskurs, November 2014, < http://library.p:// library.fes.de/pdf-files/wiso/11047.pdf>.

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente

59


60

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Außenwirtschaftspolitik

Impressum Herausgeber Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Redaktion Dr. Stormy-Annika Mildner, Abteilungsleiterin Julia Howald, Referentin Christoph Sprich, Referent Abteilung Außenwirtschaftspolitik Konzeption & Umsetzung Sarah Pöhlmann Abteilung Marketing, Online und Veranstaltungen Layout Europrint Medien, Berlin Tilman Schmolke Anne Gaschler www.europrint-medien.de Druck Das Druckteam Berlin www.druckteam-berlin.de Verlag Industrie-Förderung GmbH, Berlin Bildnachweis Cover: Fontanis / fotolia.com Stand Februar 2015 BDI-Publikations-Nr. 0023

BDI-Hintergrundpapier ISDS: Mythen, Fakten, Argumente




Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.