Effektiver Umweltschutz braucht starke Industrie

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POSITIONSPAPIER

Effektiver Umweltschutz braucht starke Industrie – Leitplanken einer nachhaltigen Umweltpolitik

10/05/2017

Die Industrie erwirtschaftet ein Viertel des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zählt man die industrienahen Dienstleistungen hinzu, ist es sogar ein Drittel. Deutschland ist der drittstärkste Exporteur der Welt, von seinen Exporten entfallen 70 % auf industriell verarbeitete Güter. Das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands gerade mit Blick auf viele Millionen Arbeitsplätze ist daher undenkbar ohne die herausragende Rolle der Industrie. Zudem bringt die Industrie den Großteil der Mittel für Forschung und Entwicklung auf. Ohne die nicht zuletzt dadurch erarbeitete Problemlösungskompetenz der Industrie wären die in Deutschland erreichten und im globalen Vergleich vorbildlichen Standards im Umweltschutz nicht erreichbar gewesen. Auch künftig werden wir auf diesem Pfad der nachhaltigen Entwicklung nur dann weiter vorankommen, wenn Deutschland ein leistungsfähiger Wirtschaftsstandort mit vollständiger Wertschöpfungskette bleibt. Der BDI als Spitzenverband der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister spricht für 36 Branchenverbände. Er repräsentiert die Interessen von über 100.000 Unternehmen aller Größen - darunter insbesondere auch der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) - mit etwa 8 Millionen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gegenüber Politik und Öffentlichkeit. Eine zukunftsweisende Umweltpolitik muss sich dem Ziel verpflichtet sehen, Deutschland als attraktiven Wirtschaftsstandort zu erhalten und auszubauen.

Dr. Thomas Holtmann | Umwelt, Technik und Nachhaltigkeit | T: +49 30 2028-1550 | t.holtmann@bdi.eu


BDI-Grundsatzpapier Umweltpolitik

20/4/2017

I. Bedeutung des Umweltrechts für die deutsche Industrie Umweltpolitik ist auch Wirtschaftspolitik, denn sie ist ein entscheidender Standortfaktor. Zielund akteursgerechte umweltpolitische Instrumente können den Standort voranbringen. Fehlgeleitete Regulierung hemmt jedoch Innovation, stellt Investitionen in Frage, gefährdet Wohlstand und Arbeitsplätze und verschenkt Potenzial für den Schutz der Umwelt. Deutsches und europäisches Umweltrecht haben eine große Bedeutung für die Industrie. Das Umweltrecht entscheidet über Genehmigung und Betrieb von Industrieanlagen - also die Produktion - und legt Anforderungen an industrielle Produkte fest: •

Für die Errichtung und Zulassung einer Industrieanlage sind beispielsweise das Immissionsschutz- und Wasserrecht, die Umweltverträglichkeitsprüfung und das Naturschutzrecht relevant.

Für den Betrieb einer Anlage müssen unter anderem Vorgaben aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, Wasser-, Bodenschutz- und Immissionsschutzrecht beachtet werden.

Beim Produktdesign sind Regelungen des umweltbezogenen Produktrechts relevant.

Umweltschutz ist nur eine Säule der Nachhaltigkeit, neben der wirtschaftlichen und sozialen Dimension. Umweltpolitik muss in diesem Rahmen die Wirtschaftlichkeit der Produktion am Standort Deutschland stärken und die Wertschöpfungsketten hierzulande erhalten. Die deutsche Industrie nimmt ihre Verantwortung für die Umwelt ernst, denn eine leistungsstarke Industrie ist ohne intakte Umwelt nicht zukunftsfähig. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die deutsche Industrie beim Welthandel mit sogenannten Umweltschutzgütern, hier entwickelt und in der Praxis erprobt, mit rund 14 % Welthandelsanteil führend ist. Die deutsche Industrie trägt schon seit Jahrzehnten mit innovativen Technologien und Produkten entscheidend zu einem immer effizienteren Einsatz natürlicher Ressourcen bei. Innovation und Effizienz sind der Schlüssel für weiteren Fortschritt und eine im besten Sinne nachhaltige Entwicklung. Die Umweltpolitik muss daher den Mechanismen der Marktwirtschaft und ihren Regeln Vertrauen entgegenbringen und der Innovation ihren unverzichtbaren Freiraum belassen.

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BDI-Grundsatzpapier Umweltpolitik

20/4/2017

II. Forderungen des BDI an die deutsche Umweltpolitik Um der wirtschaftlich und gesellschaftlich überragenden Bedeutung der Industrie in Deutschland gerecht zu werden, muss eine zeitgemäße und dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtete Umweltpolitik folgende Grundsätze beachten: 1. Klares Bekenntnis für einen nachhaltigen Industriestandort Die Industrie benötigt wettbewerbsstärkende Rahmenbedingungen, um in Deutschland und Europa auch weiterhin eine Perspektive als Wachstums- und Jobmotor zu bieten. Umweltpolitik muss sich daher auch an einem klaren Bekenntnis zum Industriestandort Deutschland ausrichten. Somit müssen alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit gleichrangig Beachtung finden. Zentrale umweltpolitische Programme fokussieren zu oft allein auf ökologische Ziele, ohne die gravierenden Auswirkungen auf die industrielle Wertschöpfungskette in Deutschland zu berücksichtigen. 2. Internationale Wettbewerbsfähigkeit beachten Umweltpolitik muss stets die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie im Blick halten. Der Rechtsrahmen muss daher so gestaltet werden, dass sich innovative deutsche Technologien und Produkte im weltweiten Wettbewerb durchsetzen können. 3. Verlässliche Rahmenbedingungen durch geeignete Instrumente schaffen Unternehmen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen für dringend erforderliche Investitionen in Deutschland. Rechts- und Planungssicherheit sowie Betriebskosten sind entscheidende Standortfaktoren. Dazu bedarf es einer sorgfältigen Auswahl der richtigen Instrumente. Ein klar strukturiertes, vollzugstaugliches Ordnungsrecht, kompetente Vollzugsbehörden, kurze und effektive Verwaltungsverfahren sowie kurze Rechtsschutzverfahren sind ein wesentlicher Baustein dieser Zukunftssicherung. Daneben sind freiwillige Instrumente, wie zum Beispiel Kennzeichnungs- und Managementsysteme, moderne und effektive Mittel zur Steuerung umweltbewussten Verhaltens. Umweltsteuern und -abgaben haben sich hingegen als wenig taugliches Mittel der Verhaltenssteuerung erwiesen und sollten vermieden werden. Die in den letzten Jahren zu beobachtende „Flucht ins Verfahren“ durch immer mehr Öffentlichkeitsbeteiligung, Transparenzanforderungen und Verfahrensschritte hat sich bei abnehmender Rechtssicherheit als zeitraubende Investitionsbremse erwiesen und ist daher zu beenden. 4. Kein Draufsatteln bei der Umsetzung europäischer Vorgaben In den vergangenen Jahrzehnten hat das europäische Umweltrecht ein äußerst anspruchsvolles Schutzniveau erreicht und dies wird ständig weiterentwickelt. Das deutsche Umweltrecht geht aber oft noch darüber hinaus zum Beispiel mit wesentlich stringenteren Grenzwerten. Derartige Sonderwege benachteiligen die deutsche Industrie im europäischen und internationalen Wettbewerb. Die 1:1-Umsetzung von EU-Vorgaben sollte daher der Maßstab für die Ausgestaltung unseres Umweltrechts sein. Eine umweltpolitische Notwendigkeit für deutsche Alleingänge ist nicht gegeben, sondern gerade im EU-Binnenmarkt anachronistisch. Die Bundesregierung sollte sich gleichzeitig dafür einsetzen, dass EU-Vorgaben in allen Mitgliedsstaaten einheitlich umgesetzt werden.

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BDI-Grundsatzpapier Umweltpolitik

20/4/2017

5. Zielkonflikte auflösen Zielkonflikte innerhalb der Umweltpolitik, wie auch in Bezug auf andere politische Zielsetzungen, müssen aufgelöst werden. Jegliche Regulierung muss allen gesellschaftspolitischen Belangen einschließlich den Bedürfnissen der Wirtschaft ausgewogen Rechnung tragen. Ein isoliertes Herangehen an Einzelthemen in der deutschen und europäischen Umweltpolitik erzeugt fast zwangsläufig widersprüchliche Anforderungen an Unternehmen und Vollzug. Dies aber erschwert die Rechtsbefolgung in den Unternehmen, der Aufwand dafür steigt und die Rechtsunsicherheit nimmt zu. Zielkonflikte müssen daher Gegenstand der Überprüfung der Umsetzbarkeit von Regulierungsentwürfen im industriellen Alltag sein. 6. Technologieneutralität gewährleisten Technologieneutralität muss durch technologieoffene, umsetzbare und standortsichernde Zielvorgaben gewährleistet werden, die von der Industrie dynamisch und innovativ ausgefüllt werden können. Nur so kann sich die jeweils beste Lösung durchsetzen. 7. Beteiligung der Industrie an normenkonkretisierenden Regelungen sichern Die Industrie als Adressat umweltgesetzlicher Regelungen sollte nicht nur in Gesetzgebungsverfahren bzw. Verfahren zum Erlass von Verordnungen und Verwaltungsvorschriften beteiligt werden, dies muss auch bei sonstigen normkonkretisierenden Regelungen erfolgen. Die von den Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaften der Umweltministerkonferenz regelmäßig erstellten Arbeits- und Vollzugshilfen zur Auslegung von rechtlichen Vorschriften sind beispielsweise für die Unternehmen als Adressaten der Regelungen von großer Bedeutung. Expertise und Praxiserfahrung der Industrie müssen hier einfließen. 8. Umsetzbarkeit von Regelungen im industriellen Alltag gewährleisten Umweltrechtliche Regelungen müssen im industriellen Alltag anwendbar und umsetzbar sein. Dies muss bereits zum Zeitpunkt ihrer Erarbeitung anhand von Praxisbeispielen - unter Beteiligung der für den Vollzug der Vorschriften zuständigen Behörden sowie der Wirtschaft als Regelungsadressaten – z. B. in Planspielen verifiziert werden. Nur so werden Ressourcen der Gesetzgebung sinnvoll eingesetzt und aufwändige Nachbesserungen vermieden. 9. Wettbewerbsrelevante Daten und Unternehmens-Know How schützen Wettbewerbsrelevante Informationen sowie sensible Daten von Unternehmen müssen effizient geschützt werden. Sie sind die Basis unserer Wettbewerbsfähigkeit und stellen oft die höchsten Werte in einem Unternehmen dar, gerade bei den vielen deutschen „hidden champions“. Jegliche Veröffentlichungsanforderung muss daher Maß und Mitte wahren. 10. Ressourcenversorgung nachhaltig ausgestalten Die Versorgung mit Rohstoffen ist für den Industriestandort Deutschland eine ständige Herausforderung. Die Industrie unterstützt daher im Sinne einer nachhaltigen Ressourcen- und Umweltpolitik geeignete Maßnahmen, um die Verwertbarkeit ihrer Produkte nach Ablauf ihrer Nutzungsdauer und den Einsatz von sekundären Rohstoffen aus Recyclingprozessen stetig zu verbessern. Gleichzeitig ist die Sicherung der Gewinnung heimischer Rohstoffe als legitimes Interesse gegenüber umweltpolitischen Zielen abzuwägen.

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