Positionspapier
Evaluierung der Europäischen Energiesteuerrichtlinie
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Stand: 24.05.2018
Positionspapier: Evaluierung der Europäischen Energiesteuerrichtlinie
Zusammenfassung ▪
Keine Änderung der Zielsetzungen der Energiesteuerrichtlinie Die EU-Verbrauchsteuervorschriften für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom erfüllen ihren Zweck und dienen der Vollendung des Binnenmarkts und der Vermeidung steuerlicher Diskriminierungen. Die Zielsetzung sollte nicht infrage gestellt werden.
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Anpassungsbedarf: Definition Steuergegenstand Änderungsbedarf besteht in der Definition der Steuergegenstände über eine Neudefinition des Begriffes „Kohlenwasserstoff“. Die Auffangregelung zur Definition von Energieerzeugnissen nach Artikel 2 Absatz 3 Unterabsatz 3 darf nicht weiter zur Besteuerung von kohlenwasserstoffhaltigen Abfällen führen.
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Einschränkung der optionalen Steuerbefreiungen Die bislang als Mitgliedstaatenwahlrechte ausgestalteten Befreiungsmöglichkeiten für die KWK-Förderung und den Eigenverbrauch sollten als verpflichtende Befreiungen gestaltet werden. Nur durch eine verpflichtende Befreiung kann die Beihilfeproblematik umgangen werden.
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Beibehaltung der Höhe der Mindeststeuersätze Eine Anhebung der Mindeststeuersätze sollte nicht erfolgen, da dies einer verpflichtenden Gleichbesteuerung in den Mitgliedstaaten gleichkäme. Darüber hinaus hätte eine Anhebung direkte finanzielle Nachteile bei den nationalen Entlastungsverfahren (Entlastung auf die EU-Mindeststeuersätze). Die Steuerhoheit wie auch die Wettbewerbssituation einzelner Mitgliedstaaten und Unternehmen wäre gefährdet.
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Änderung der Definition für Energieintensität Die Definition für Energieintensität in Artikel 17 der Energiesteuerrichtlinie muss angepasst werden. Die Bestimmung der Energieintensität darf nicht durch Ermessensspielräume der EU Mitgliedstaaten – hier der Höhe der nationalen Energiesteuer – verzerrt werden. Zusätzlich sollten die Steuerermäßigungen nach Artikel 17 auch für Unternehmen gelten, die einem der Wirtschaftszweige nach den Anhängen 3 und 5 der EEAG1 zugeordnet werden.
1Leitlinien
für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2010 (2014/C 200/01)
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Einleitung Die Europäische Kommission hat am 12. März 2018 eine öffentliche Konsultation zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektronischem Strom veröffentlicht. Damit möchte die Europäische Kommission feststellen, ob die Richtlinie 2003/96/EG (im Folgenden Energiesteuerrichtlinie oder EnergieStRL) dem Binnenmarkt dient oder ob Doppelbesteuerungen oder große Handels- und Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Energieträgern und zwischen den Energieverbrauchern und -anbietern durch große Unterschiede der nationalen Steuersätze auftreten. Der BDI stellt mit diesem Positionspapier die wichtigsten Forderungen an eine Evaluierung der Energiesteuerrichtlinie aus Sicht der deutschen Industrie zusammen.
1. Allgemeine Beurteilung der Energiesteuerrichtlinie Die Energiesteuerrichtlinie ist seit 2003 unverändert in Kraft. Die Europäische Kommission möchte mit der vorliegenden Konsultation die Auswirkungen der Energiesteuerrichtlinie auf den Binnenmarkt und auf den Wettbewerb bewerten. Das Ziel ist, Kenntnisse darüber zu erhalten, ob die derzeitigen Steuersätze für Kraftstoffe, Heizstoffe und elektrischen Strom gemäß den verschiedenen Bestimmungen der Energiesteuerrichtlinie noch immer zweckmäßig sind, insbesondere im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes. Grundsätzlich ist der Ansatz der Kommission zu begrüßen, eine Evaluierung der Energiesteuerrichtlinie durchzuführen, um die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarktes zu überprüfen. Die Energiesteuerrichtlinie beinhaltet einige fakultative Steuerregelungen (z. B. Artikel 15 und Artikel 21 Absatz 3 Satz 2 EnergieStRL), die einerseits den Grad der Harmonisierung verringern, weil nicht alle Mitgliedstaaten davon Gebrauch machen, und andererseits die Entscheidungsspielräume der Mitgliedstaaten durch das Beihilferecht stark einschränken und damit zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Die Evaluierung darf jedoch nicht dazu führen, die EU-Verbrauchsteuervorschriften für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom durch die Einführung von Klimaschutzaspekten infrage zu stellen. Aus unserer Sicht garantieren die bestehenden Regelungen grundsätzlich das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Vermeidung steuerlicher Diskriminierungen und erfüllen damit ihren Zweck. Der BDI sieht keine Notwendigkeit, die Energiesteuerrichtlinie auf klimapolitische Ziele auszurichten. Auch wenn die Sicherstellung einer nachhaltigen Entwicklung Europas inzwischen eine der wichtigsten politischen Prioritäten der Europäischen Union ist, sehen wir www.bdi.eu
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die Kompetenz der Europäischen Union alleine in der Festlegung von Mindeststeuersätzen, begründet in Artikel 113 AEUV. Die Kompetenz des Rates im Bereich von Steuern ist vor dem Hintergrund der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten auf den Grad der Harmonisierung eingeschränkt, der notwendig ist, das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Der BDI hat festgestellt, dass in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen nationaler Regelungen, die den Vorgaben der Energiesteuerrichtlinie entsprachen, im beihilferechtlichen Genehmigungsverfahren abgelehnt worden sind. Es ist nicht verständlich, weshalb Regelungen, die durch die Mitgliedstaaten einstimmig für zulässig erklärt worden sind, einer weiteren Zulässigkeitsprüfung im Rahmen des Beihilferechts unterliegen. Dies mag für nationale Regelungen angebracht sein, jedoch nicht für Maßnahmen, die innerhalb eines europäischen Regelwerks erfolgen. Nach Auffassung des BDI ist es deshalb dringend erforderlich, das Verhältnis des Richtlinienrechts zum Beihilferecht zu überprüfen und neu zu definieren. Die Evaluierung der Energiesteuerrichtlinie durch den BDI führt daher zu den folgenden Einschätzungen und Bewertungen:
2. Definition Steuergegenstände Um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu unterstützen wurde eine Harmonisierung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischen Strom mit der Energiesteuerrichtlinie aus 2003 eingeführt. Als wichtigstes Instrument wurde die Festlegung von Mindeststeuerbeträgen angesehen (Erwägungsgrund 3). In diesem Zusammenhang wurde auch der Kreis der zu besteuernden Erzeugnisse im Vergleich zu den bis dahin geltenden Richtlinien 92/81/EWG und 92/82/EWG, die lediglich eine Besteuerung von Mineralölerzeugnissen vorsahen, erweitert. Artikel 2 Absatz 1 der Energiesteuerrichtlinie enthält eine Legaldefinition der Energieerzeugnisse durch Verweis auf bestimmte Codes der Kombinierten Nomenklatur. Darüber hinaus bestimmt Artikel 2 Absatz 3 Unterabsatz 3 der Richtlinie, dass jeder andere Kohlenwasserstoff, der zum Verbrauch zu Heizzwecken bestimmt ist oder als solcher zum Verbrauch angeboten bzw. verwendet wird, zu dem für ein gleichwertiges Energieerzeugnis erhobenen Steuersatz besteuert wird. Durch diese sogenannte Auffangregelung soll eine Umgehung der Besteuerung verhindert werden. Allerdings besteht keine einheitliche Auffassung, welche Waren unter diesen Auffangtatbestand fallen, und somit einer verpflichtenden Besteuerung zu unterwerfen sind. Deshalb ist es unerlässlich, eine Definition des Begriffs „Kohlenwasserstoff“ in der Energiesteuerrichtlinie vorzunehmen. Deutschland vertritt die Auffassung, dass auch Abfälle unter diesen Tatbestand fallen www.bdi.eu
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und unterwirft kohlenwasserstoffhaltige Abfälle der Energiesteuer. Im Verbrauchsteuerausschuss der EU wurde das Thema bereits im Juni 2010 diskutiert und keine Übereinstimmung gefunden. Die EU-KOM räumte in diesem Zusammenhang ein, dass die Energiesteuerrichtlinie keine konkrete Antwort auf die Frage gibt, ob Abfälle in den Geltungsbereich fallen. Die EU-KOM hat damals weiterhin erklärt, dass eine Regelung dieses Sachverhalts von der Richtlinie nicht vorgesehen ist und Klarheit daher nur über eine Neudefinition des Begriffes „Kohlenwasserstoff“ geschaffen werden kann. Der BDI schlägt daher vor, im Rahmen der Novellierung der Energiesteuerrichtlinie der Auffassung der Mehrheit der Mitgliedstaaten zu folgen und klarzustellen, dass Abfälle von der Besteuerung ausgenommen werden sollen. Artikel 2 Absatz 3 Unterabsatz 3 sollte folgender Satz angefügt werden: Dies gilt nicht für Abfälle. Als Abfälle gelten Waren, die gebraucht oder verunreinigt sind und nicht mehr ohne weitere Aufarbeitung zu ihrem ursprünglichen Zweck eingesetzt werden können. Eine uneinheitliche steuerliche Behandlung führt zu einer ökologisch nicht gewünschten Verlagerung von Abfallströmen zwischen den Mitgliedstaaten oder in Drittländer und wirkt damit den Zielen des Binnenmarktes und des Klimaschutzes der EU entgegen.
3. Obligatorische Steuerbefreiungen a) KWK nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c) EnergieStRL Nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c) EnergieStRL können die Mitgliedstaaten Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom gewähren, die für die Kraft-Wärme-Kopplung verwendet werden. Da es sich um eine fakultative Begünstigung handelt, sind die nationalen Regelungen nach den beihilferechtlichen Vorgaben zu notifizieren. Dies führt zu Einschränkungen der Begünstigungen und zusätzlichen Anforderungen, die von der Energiesteuerrichtlinie nicht vorgesehen sind. Kraft-Wärme-Kopplungsprozesse haben eine extrem hohe Energieeffizienz. Die Verwendung von Energieerzeugnissen oder elektrischen Strom für solche Prozesse ist daher umwelt- und klimaschutzpolitisch begrüßenswert. Auch die Mitgliedstaaten haben eingeräumt, dass diese Prozesse eine steuerliche Vorzugsbehandlung rechtfertigen (vgl. Erwägungsgrund 25 EnergieStRL). Der BDI schlägt daher vor, die Steuerbegünstigung für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom, die für die Kraft-Wärme-Kopplung verwendet werden, in Artikel 14 als obligatorische Steuerbegünstigung aufzunehmen.
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b) Eigenverbrauch nach Artikel 21 Absatz 3 EnergieStRL aa) Beihilferechtliche Problematik Während ein Absehen von der Steuerentstehung für den Einsatz von Energieerzeugnissen, die in einem Herstellungsbetrieb selbst erzeugt wurden, nach Artikel 21 Absatz 3 der Richtlinie obligatorisch ist, ist dies beim Eigenverbrauch für fremdbezogene Energieerzeugnisse nicht der Fall: hier ist die Steuerentstehung der Grundsatz, der Verzicht hingegen fakultativ: (3) 1Der Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der Energieerzeugnisse herstellt, gilt nicht als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand, sofern es sich bei dem Verbrauch um Energieerzeugnisse handelt, die innerhalb des Betriebsgeländes dieses Betriebes hergestellt worden sind. 2Die Mitgliedstaaten können auch den Verbrauch von elektrischem Strom und von anderen Energieerzeugnissen, die nicht innerhalb des Betriebsgeländes eines solchen Betriebes hergestellt worden sind, sowie den Verbrauch von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der Kraftstoffe für die Erzeugung von elektrischem Strom herstellt, als nicht einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand ansehen… Satz 1 besagt als obligatorische Regelung, dass bei Einsatz selbst hergestellter Energieerzeugnisse keine Energiesteuer entsteht. Satz 2 formuliert als Grundsatz, dass die Steuer bei Fremdbezug entsteht, die Mitgliedstaaten jedoch davon absehen können. Dies führt zu dem wettbewerbsrechtlichen Problem, dass günstigere Wettbewerbsbedingungen für Herstellungsbetriebe in den Mitgliedstaaten gelten, in denen die Option ausgeübt, also von der Steuerentstehung abgesehen wird. Dies ist nach Auffassung der Europäischen Kommission nach Artikel 107ff des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union nur zulässig, wenn die Mitgliedstaaten die entsprechenden Regelungen notifizieren und die günstigeren Bedingungen von der Generaldirektion Wettbewerb genehmigt werden. Dafür ist gemäß den Energie- und Umweltbeihilfeleitlinien darzulegen, dass es durch einen vollständigen Verzicht auf die Steuerentstehung nur zu einer begrenzten Wettbewerbsverzerrung kommt. Dies ist jedoch außerordentlich schwierig und aufgrund der Vielzahl, der durch die Regelung abgedeckten Fallgestaltungen, kaum nachweisbar. Es besteht Grund zu der Annahme, dass diese beihilferechtliche Folge durch die fakultative Ausgestaltung des Eigenverbrauchs für den Fremdbezug in Artikel 21 Absatz 3 Satz 2 bei Verabschiedung der Energiesteuerrichtlinie nicht gewollt war. bb) Vorschlag zur Änderung des Artikels 21 Absatz 3 EnergieStRL www.bdi.eu
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Der BDI schlägt vor, Artikel 21 Absatz 3 der Energiesteuerrichtlinie so zu formulieren, dass ein Absehen von der Steuerentstehung der Regeltatbestand ist und die Steuerentstehung ausnahmsweise zugelassen werden kann. Dies würde den Regelungsgehalt unverändert lassen, gleichzeitig aber die beihilferechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang deutlich vereinfachen. Artikel 21 Absatz 3 Sätze 1 und 2 sollten daher wie folgt formuliert werden: (3) 1Der Verbrauch von Energieerzeugnissen innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der Energieerzeugnisse herstellt, gilt nicht als einen Steueranspruch begründender Steuerentstehungstatbestand, sofern es sich bei dem Verbrauch um Energieerzeugnisse handelt, die innerhalb des Betriebsgeländes dieses Betriebes hergestellt worden sind. 2Die Mitgliedstaaten können auch den Verbrauch von elektrischem Strom und von anderen Energieerzeugnissen, die nicht innerhalb des Betriebsgeländes eines solchen Betriebes hergestellt worden sind, sowie den Verbrauch von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom innerhalb des Betriebsgeländes eines Betriebes, der Kraftstoffe für die Erzeugung von elektrischem Strom herstellt, als nicht einen Steueranspruch begründenden Steuerentstehungstatbestand ansehen … Satz 1 besagt, beim Einsatz von Energieerzeugnissen zur Herstellung von Energieerzeugnissen entsteht keine Steuer. Satz 2 würde den Mitgliedstaaten erlauben, die Steuer beim Fremdbezug entstehen zu lassen. Damit ist ein Absehen von der Steuerentstehung ohne beihilferechtliche Relevanz. Mitgliedstaaten, die den Fremdbezug besteuern wollen, hätten diese Option weiterhin zur Verfügung. cc) Zustimmung im Rahmen der seinerzeit beabsichtigten Richtlinienüberarbeitung Im Oktober 2012 hat Deutschland die Delegationen im Rahmen der Verhandlungen zur Überarbeitung der Energiesteuerrichtlinie auf die Thematik aufmerksam gemacht und einen entsprechenden Änderungsvorschlag eingebracht. Die Initiative wurde im Ratsdokument 15135/13 vom 21. Oktober 2013 und 9379/14 vom 30. April 2014 aufgenommen: Mehrere Mitgliedstaaten haben den Änderungsvorschlag unterstützt, Artikel 21 Absatz 3 so zu formulieren, dass ein Absehen von der Steuerentstehung die Regel ist und eine Besteuerung in klar definierten Fällen zugelassen wird.2
2
Ratsdokument 15135/13 vom 21. Oktober 2013, S. 21 (Anmerkung der Präsidentschaft zu Artikel 21 Absatz 3)
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4. Keine Erhöhung der Mindeststeuersätze Der BDI sieht keine Notwendigkeit zur Erhöhung der Mindeststeuersätze. Die Erhöhung des gesamten Besteuerungsniveaus hat Einfluss auf das Steueraufkommen in den Mitgliedstaaten und gefährdet mit der zusätzlichen Besteuerung der Unternehmen insbesondere die internationale Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie. Dies wäre ein weitgehender Eingriff in die Steuerhoheit der einzelnen Mitgliedstaaten, der nach Auffassung des BDI nicht mit dem Subsidiaritätsgrundsatz des Artikels 5 Absatz 1 EUV in Einklang steht. Eine Erhöhung der Mindeststeuersätze hat einen direkten Einfluss auf die nationalen Entlastungsregelungen. Entlastungsregelungen sind nach den Leitlinien für staatliche Beihilfen in den Bereichen Umwelt und Energie (EEAG) grundsätzlich nur dann zulässig, wenn die in der Energiesteuerrichtlinie festgelegten Mindeststeuersätze nicht unterschritten werden. Eine Anhebung der Mindeststeuersätze führt somit direkt zu einem verringerten Entlastungsvolumen. Insbesondere in Mitgliedstaaten, die ein sehr hohes Besteuerungsniveau haben, sind die Entlastungsregelungen zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen unerlässlich.
5. Anpassung des Artikel 17 EnergieStRL a) Definition von energieintensiven Betrieben in Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a) EnergieStRL Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a) EnergieStRL definiert energieintensive Betriebe in Form der unten dargestellten Quotienten. Danach müssen sich entweder die Energie- und Strombeschaffungskosten auf mindestens 3,0 Prozent des Produktionswertes belaufen oder die zu entrichtende nationale Energiesteuer muss mindestens 0,5 Prozent des Mehrwertes betragen. Die jeweiligen Zähler und Nenner werden in Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a) Unterabsätze 2 bis 4 EnergieStRL definiert.
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Energieintensität 1
Stromb
Tatsächliche Kosten f. d. Beschaffungs d. Energie oder Gewinnung der Energie im Betrieb, elektr. Strom, Brennstoffe, Energieerzeugnisse f. best. Zwecke, alle Steuern inbegriffen außer MwSt. Energieintensität- und Strombeschaffungskosten >= 3% Produktionswert
Umsatz +/- Vorratsveränderungen Quelle: BDI 2019eschaffungskosten
Energieintensität 2 Zu entrichtende nationale Energiesteuer >= 0,5 % Mehrwert
Mehrwertsteuerpflichtiger Gesamtumsatz einschließlich Exportverkäufe abzüglich gesamte mehrwertsteuerpflichtige Ankäufe einschließlich der Einführen Quelle: BDI 2019
Sowohl beim „Produktionswert“ als auch beim „Mehrwert“ ist die nationale Energiesteuer einzubeziehen, da sie in beiden Fällen – EU-rechtlich vorgesehen – zum Umsatz bzw. zum umsatzsteuerpflichtigen Gesamtumsatz gehört. Dies führt zu willkürlichen Ergebnissen, denn die Erfüllung der 3 Prozent bzw. der 0,5 Prozent hängt auch von der nationalen Energiesteuer ab, deren Höhe in den EU-Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich ausfällt. Das kann dazu führen, dass ein Unternehmen mit technisch identischen Prozessen in einem Mitgliedstaat mit niedriger Energiesteuer als energieintensiv gilt, während es bei hoher nationaler Energiesteuer in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr als energieintensiv einzuordnen ist. Auch das Kriterium „zu entrichtende nationale Energiesteuer“ ist nicht neutral, da es maßgeblich vom nationalen Steuersystem, u. a. vom Ausmaß einer Inanspruchnahme fakultativer Steuerbefreiungen oder Entlastungen abhängt. Generell sind daher solche Kostenkriterien für eine Entscheidung über technische Aspekte wie die Energieintensität ungeeignet.
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Vorschlag zur Änderung der Definitionen in Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a) EnergieStRL Die Definitionen für Energieintensität dürfen nicht von Größen abhängen, die durch Ermessensspielräume der EU-Mitgliedstaaten – hier der Höhe der nationalen Energiesteuer – unausweichlich zu einer Verzerrung führen. Wenn Kostenkriterien weiterhin zur Bestimmung von Energieintensität herangezogen werden sollen, ist es erforderlich, alle nationalen steuerlichen Elemente durch die in der Energiesteuerrichtlinie festgelegten Mindeststeuersätze zu ersetzen. Ebenso dürfen zusätzliche nationale Belastungen wie z. B. EEG-Umlage, KWK-Umlage und Netzentgelte nicht in den Nenner der vorgenannten Kriterien einfließen. Nur dann ist eine Gleichbehandlung bei der Bestimmung von energieintensiven Betrieben in allen Mitgliedstaaten möglich. b) Zusätzliche Definition von energieintensiven Betrieben in Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c) EnergieStRL (neu) Zusätzlich zu den bisherigen beiden Kriterien in Artikel 17 EnergieStRL (energieintensive Betriebe und Umweltschutz- oder Energieeffizienzvereinbarungen) schlägt der BDI vor, dass auch Unternehmen, die den in Anhang 3 und 5 der EEAG genannten Wirtschaftszweigen zugeordnet werden, begünstigt werden dürfen. Die Wirtschaftsposition der in Anhang 3 und 5 genannten Wirtschaftszweige wäre in Anbetracht der Höhe der nationalen Energiesteuer aufgrund ihrer Strom- und Handelsintensität gefährdet. Folglich ist es sachgerecht für Unternehmen, aus diesen Wirtschaftszweigen Steuerermäßigungen zu ermöglichen. Der BDI schlägt daher vor, in Artikel 17 Absatz 1 EnergieStRL einen neuen Buchstaben c) aufzunehmen und diesen wie folgt zu formulieren: Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c) EnergieStRL: Für Betriebe, die einem in den Anhängen 3 und 5 der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 genannten Wirtschaftszweigen zugeordnet werden sowie für Betreiber von Industriestandorten, wenn die am Standort ansässigen Unternehmen überwiegend den Wirtschaftszweigen in den Anhängen 3 und 5 angehören.
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Über den BDI Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Und er bietet Informationen und wirtschaftspolitische Beratung für alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 35 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund acht Millionen Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene.
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