Unternehmensfinanzierung, Versicherungen, Kapitalmärkte

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POSITION | EUROPAPOLITIK | BREXIT

Unternehmensfinanzierung, Versicherungen, Kapitalmärkte Herausforderungen durch den Brexit

Februar 2018

Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes sichern 23. Oktober 2017 Für diversifizierte Volkswirtschaften wie Deutschland ist der freie Zugang zu Finanzdienstleistungen unverzichtbar. London ist seid langer Zeit Europas Zentrum für viele Finanzprodukte. Nichtsdestotrotz gibt es auf dem Kontinent mehrere kleinere Finanzzentren, die nach dem Brexit das Potenzial haben, den Kunden in der Europäischen Union vergleichbare Dienste bereitzustellen. Langfristig kommt es für die EU darauf an, die Funktionsfähigkeit von Finanzmärkten sicherzustellen und eine angemessene Überwachung systemischer Risiken auf Basis des bestehenden EU-Regelwerkes zu gewährleisten. Kurzfristig muss vermieden werden, dass bereits existierende Finanzierungs- und Absicherungsgeschäfte aufgelöst werden müssen, da durch den Brexit die erforderlichen Genehmigungen (insbesondere Bank- und Versicherungslizenzen) rückwirkend entfallen könnten.

BDI-Kernforderungen Vermeidung von Verwerfungen bestehende Kredite oder Kreditlinien betreffend Solche Verwerfungen könnten z.B. durch einen automatischen Wegfall von Banklizenzen kurzfristig drohen. Sicherstellung der kontinuierlichen Bedienung von Versicherungsverträgen Die Europäische Union sollte bei ihrem weiteren Vorgehen darauf achten, dass bestehende Versicherungsverträge weiter bedient werden können, wie zivilrechtlich vereinbart. Vermeidung von Störungen an den Finanzmärkten durch eine abrupte Verlagerung von Clearingaktivitäten für bestehende Derivate Es muss darauf geachtet werden, dass plötzliche Erfordernisse hinsichtlich einer Verlegung von Clearing- Aktivitäten nicht zu Verwerfungen in den Derivatemärkten führen. Hier gilt es, entsprechende aufsichtsrechtliche Übergangsregelungen gesetzlich zuzulassen und anzustreben. Ergreifung von Schutzmaßnahmen für bereits am Markt befindliche Finanzprodukte und für Finanzinstitute. Außerdem sollte die Europäische Union bei ihrem weiteren Vorgehen darauf achten, dass flankierende Maßnahmen hinsichtlich der Anwendung kritischer Elemente der Finanzmarktinfrastruktur (insb. Ratings, Benchmarks) durch Anbieter in der EU27 für bereits im Umlauf befindliche Produkte umgesetzt werden. Sicherstellung eines ausreichenden Übergangszeitraums Unternehmen und Finanzdienstleistern sollten im Allgemeinen hinreichende Überganszeiträume gewährt werden, um regulatorische Anpassungen durch den Brexit nachvollziehen zu können. Hiervon betroffen sind insbesondere notwendige Revisionen von bestehenden (Rahmen-)Verträgen durch die Vertragspartner.


Marktzugang: künftiges Abkommen zwischen der EU27 und dem VK Für die deutsche Industrie und Finanzwirtschaft erscheint maßgeblich, ein Fortlaufen bestehender Verträge zu gewährleisten. Hierbei gilt es, entsprechende aufsichtsrechtliche Entscheidungen anzustreben; falls erforderlich, müssen hierfür im Einzelfall die Rechtsgrundlagen angepasst werden. Nicht erstrebenswert hingegen ist die Gewährung eines dem Status quo vergleichbaren Marktzugangs im Rahmen eines üblichen Freihandelsabkommens. Eine solche Regelung kann nur schwerlich ein einheitliches Regelwerk sowohl für die EU27 als auch für das VK sicherstellen. Zudem können makroprudentielle (d.h. den gesamten

Finanzsektor betreffende) Risiken entstehen; auch gleiche Wettbewerbsbedingungen für Finanzdienstleister könnten u.U. gefährdet sein. Viel schwieriger wäre darüber hinaus die praktische Umsetzung, da eine mit der EU vergleichbare Liberalisierung des Marktzugangs bei Finanzdienstleistungen durch bereits bestehende Freihandelsabkommen bisher nicht erzielt werden konnte. Angesichts der knappen Zeitplanung beim Brexit erscheint dies unrealistisch.

Liquidität und Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes Für deutsche Unternehmen ist der Zugang zu hochentwickelten und liquiden Finanzmärkten unentbehrlich. Dies gilt insbesondere für Unternehmen mit starkem internationalem Bezug und mit Zins-, Währungs-, oder Rohstoffrisiken. Der Finanzplatz London konzentriert einen Großteil der Liquidität; das gilt vor allem für Finanztransaktionen europäischer Banken und Unternehmen. Dies schließt insbesondere in Euro abgewickelte Geschäfte ein.

Langfristig kommt es für die EU darauf an, die Funktionsfähigkeit von Finanzmärkten sicherzustellen und eine angemessene Überwachung systemischer Risiken auf Basis des bestehenden EURegelwerkes zu gewährleisten. Kurzfristig muss vermieden werden, dass bereits existierende Finanzierungs- und Absicherungsgeschäfte aufgelöst werden müssen, da durch den Brexit die erforderlichen Genehmigungen (insb. Bank- und Versicherungslizenzen) rückwirkend entfallen könnten.

Das ausführliche Positionspapier in englischer Sprache finden Sie hier: https://english.bdi.eu/media/publications/#/publication/news/financial-services/


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