Weltraumbergbau

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POSITION | ROHSTOFFPOLITIK | ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN

Weltraumbergbau Potenziale und Handlungsempfehlungen


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Position | Rohstoffpolitik | Zukunftstechnologien Weltraumbergbau

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................................................................................................... 5 Hintergrund ........................................................................................................................................................................... 6 Was ist Weltraumbergbau? ...................................................................................................................................... 6 Rohstoffabbau ist sowohl auf dem Mond als auch auf Asteroiden vorstellbar ..................................... 6 Welche Rohstoffe gibt es im Weltraum? .............................................................................................................. 6 Herausforderungen und Chancen des Weltraumbergbaus ........................................................................... 8 Handlungsempfehlungen ............................................................................................................................................ 16 1 Innovative Projekte fรถrdern ............................................................................................................................. 17 2 Investitionsfreundliches Umfeld schaffen .................................................................................................. 17 3 Neue Wege zur Risikokapitalbeschaffung gehen .................................................................................... 17 Impressum............................................................................................................................................................................ 18

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Matthias Wachter Abteilungsleiter Sicherheit und Rohstoffe BDI e.V.

Derzeit noch Zukunftsmusik, wird die Förderung von Rohstoffen im Weltraum dank zunehmend innovativer Techniken und sinkender Kosten für Weltraumflüge perspektivisch möglich sein.

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Vorwort

Vorwort Weltraumbergbau birgt großes Potenzial für Zukunftstechnologien. Die dafür notwendigen Entwicklungs- und Technologieprogramme halten die deutsche Industrie fit für die Zukunft: Weltraumrobotik, Analytik, Sensorik und neue Antriebstechnologien sind der Schlüssel zur Lösung zahlreicher Herausforderungen, denen die Menschheit künftig gegenübersteht. Zudem kann der Weltraumbergbau einen Beitrag zur zukünftigen Rohstoffversorgung leisten. Derzeit noch Zukunftsmusik, wird die Förderung von Rohstoffen im Weltraum dank zunehmend innovativer Techniken und sinkender Kosten für Weltraumflüge perspektivisch möglich sein. Erste Forschungssonden zur Erkundung von Rohstoffen sollen bereits ab 2020 auf Asteroiden landen. Schon heute forschen internationale Unternehmen an der technischen Umsetzbarkeit des Rohstoffabbaus im Weltraum. Möglich wird dies durch die zunehmende Kommerzialisierung der Weltraumforschung. Sie ergänzt immer mehr die staatlichen Institutionen und treibt Forschung und Entwicklung voran. Voraussetzung ist ein investitionsfreundliches Umfeld. Dieses wird in erster Linie durch verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen erreicht, die die benötigte Rechtssicherheit bringen. Weltweit haben dies bereits etwa 20 Länder erkannt und nationale Weltraumgesetze erlassen. Auch die Bundesregierung bekräftigt im Koalitionsvertrag ihren Willen, ein Weltraumgesetz auf den Weg zu bringen. Ziel des Gesetzes soll es sein, einen Rahmen für private Raumfahrtaktivitäten zu schaffen und damit Investitionen und Innovationen zu fördern. Das Gesetz soll zudem in die Raumfahrtstrategie eingebettet werden, um einen stabilen Aktionsrahmen für die Industrie zu schaffen.

Schon heute haben deutsche Unternehmen das Potenzial, Technologien des Weltraumbergbaus zukünftig entscheidend mitzugestalten. Deutschland beteiligt sich an der internationalen Raumfahrt nicht nur durch die Entsendung von Astronauten oder die Lieferung von Teilen der Ausrüstung auf die Internationale Raumstation ISS. Spätestens seit der Produktion und dem Einsatz der europäischen Trägerrakete Ariane-5 in den 1990er Jahren und der Entwicklung der neuen Ariane-6 ist Deutschland eine der führenden Raumfahrtnationen. Deutsche Unternehmen verfügen über herausragende Expertise in der Weltraumrobotik sowie bei Transportsystemen im Weltraum. Sie konnten seit dem Start der aufsehenerregenden Weltraummission Rosetta 2004 auch erste Erfahrungen mit der Landung auf Asteroiden sammeln. Darüber hinaus bauen deutsche Unternehmen Kameras, die zur Kartierung und Erfassung der Marsoberfläche genutzt werden. Auch die deutsche Bergbautechnik ist weltweit aufgrund ihrer hohen Qualität und Standards gefragt. Deutsche Hersteller von Bergbaumaschinen zählen zu den innovativsten der Branche; ihre Maschinen sind daher weltweit beim Rohstoffabbau im Einsatz. Zudem sind deutsche Unternehmen bei der Aufbereitung und Weiterverarbeitung von Rohstoffen führend, gelten dabei obendrein als Vorreiter für die Einhaltung von Umweltstandards. Damit steht in Deutschland schon heute die wesentliche Expertise für fast alle notwendigen Technologien des Weltraumbergbaus in Theorie und Praxis bereit. Dieses gebündelte Know-how hat das Potenzial, die Zukunft des Weltraumbergbaus mitzugestalten und damit auch einen Beitrag zur langfristigen Versorgungssicherheit mit strategischen Rohstoffen zu leisten. Dafür muss die Politik heute die Weichen stellen. Die Chance dazu bietet das geplante Weltraumgesetz. Mit diesem Positionspapier will die deutsche Industrie hierzu einen konstruktiven Beitrag leisten

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Hintergrund

Betrachten wir Zukunftstechnologien der Raumfahrt, rückt auch das Thema Weltraumbergbau in den Fokus. Durch innovative Technik und billige Weltraumflüge wird der Weltraumbergbau in Zukunft technisch machbar und wirtschaftlich sein können. Was ist Weltraumbergbau? Weltraumbergbau ist der Abbau von Rohstoffen im Weltraum. Die Herausforderungen dafür sind hoch: Erstens müssen von der Menschheit benötigte Rohstoffe im All identifiziert werden. Zweitens müssen sie dort abgebaut werden. Drittens müssen sie nutzbar gemacht, also weiterverarbeitet werden. Entweder direkt im Weltraum oder aber, nach dem Rücktransport, zurück auf der Erde.

Rohstoffabbau ist sowohl auf dem Mond als auch auf Asteroiden vorstellbar Die meisten Experten sehen unbemannte Fördermissionen zu Asteroiden derzeit als vielversprechendstes Szenario. Asteroiden sind Kleinplaneten und Kleinkörper, die die Sonne auf ihren eigenen Umlaufbahnen umkreisen. Von den über 700.000 bekannten Asteroiden befinden sich 90 Prozent allerdings im sogenannten Asteroidengürtel zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter. Damit sind sie zu weit entfernt, um als erste Anlaufstelle für den Weltraumbergbau zu dienen. Aber auch in Erdnähe gibt es genügend Asteroiden, die sich für den Weltraumbergbau eignen. 2018 waren über 17.000 bekannt. Astronomen gehen jedoch davon aus, dass es weitaus mehr davon gibt.1 Dabei unterscheiden sich Asteroiden deutlich in ihrer Zusammensetzung: die kohlenstoffhaltigen C-Asteroiden, die steinigen S-Asteroiden und die metallischen M-Asteroiden. Für den Weltraumbergbau sind in erster Linie C- und M-Asteroiden von Interesse, da auf ihnen Wasser und metallische Rohstoffe zu finden sind.

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Auf lange Sicht könnten sie Rohstoffquelle für die Erde sein und auch als Grundlage für Infrastruktur oder Treibstoff von Raumstationen auf dem Mond oder Expeditionen zum Mars dienen. In nationalen wie internationalen Forschungsinstituten und Regierungsinitiativen wird der Ablauf einer Weltraumbergbaumission bereits gedanklich durchgespielt: Zum Auffinden erdnaher, potenziell rohstoffreicher Asteroiden fliegen kleinere Weltraumsonden in die Umlaufbahn der inneren Planeten. Hochentwickelte Technik scannt einzelne Asteroiden, sammelt Proben, analysiert deren Rohstoffgehalt und sendet die Ergebnisse zur Erde. Haben die Sonden einen passenden Asteroiden gefunden, können größere unbemannte Flugkörper mit Robotern die untersuchten Asteroiden ansteuern und dort die erkundeten Rohstoffe abbauen. Diese werden dann entweder direkt im Weltraum verarbeitet und verwendet, beispielsweise durch internationale Raumstationen wie die ISS, oder Sammeltransporte bringen die Rohstoffe im Anschluss zurück zur Erde.

Welche Rohstoffe gibt es im Weltraum? Experten gehen davon aus, dass zahlreiche Asteroiden reich an Platin, Eisen, Nickel oder Kobalt sind – Rohstoffe, die auf der Erde endlich, aber für Zukunftstechnologien unentbehrlich sind. Es gibt Schätzungen, nach denen ein Asteroid mit einem Durchmesser von nur einem Kilometer ausreicht, um den Bedarf der Weltbevölkerung mit metallischen Rohstoffen über Jahrzehnte hinweg zu decken.2

Ein Abbau dieser Ressourcen im Weltraum wäre für die Zukunft der Menschheit ein bedeutender Meilenstein.

So z. B. der Asteroid (3554) Amun. Auf Basis aktueller Forschungen wird angenommen, dass er neben nichtmetallischen Elementen wie Stickstoff, Schwefel oder Phosphor einen hohen Anteil an Metallen der Eisen-Platin-Gruppe besitzt. Diese bilden die Basis zahlreicher deutscher Industriesparten, wie z. B. der Automobilbranche, der chemischen Industrie und der

1

2

http://newton.dm.unipi.it/neodys/index.php?pc=1.0.

R. Hahn, Aufbruch zu den Schätzen des Alls, FAZ vom 11.11.2016.


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Hintergrund

Abbildung 1: Häufigkeit von Rohstoffen in Asteroiden relativ zur Erdkruste Quelle: Planetary Resources

27x Kobalt 17x

Wasserstoff

H

Co

Verwendung als Treibstoff

Katalysatoren

LCDs

Fortschrittliche Werkstoffe

Aufbau von Infrastruktur im Weltraum

Ni

Pt

155x Nickel

Krebsbehandlungen

196x Platin

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Hintergrund

Elektrotechnik. Sie werden in Deutschland nicht primär gewonnen, sodass derzeit für diese Edelmetalle eine hohe Importabhängigkeit besteht. Der Wert der Rohstoffe Amuns wird auf 20 Milliarden US-Dollar geschätzt.3 Dabei soll er Platin im Wert von sechs Milliarden US-Dollar enthalten, Eisen und Nickel im Wert von acht Milliarden US-Dollar und Kobalt im Wert von sechs Milliarden US-Dollar.4

Prof. George Sowers Colorado School of Mines

„Die Erschließung von Bodenschätzen und Ressourcen im Weltraum wird die dritte große Revolution in der Menschheitsgeschichte nach dem Beginn der Landwirtschaft und der industriellen Revolution.“ 8

8

Der große Vorteil von Rohstoffförderung auf Asteroiden ist, dass die Rohstoffe in der Regel an der Oberfläche vorzufinden sind. Der Rohstoffabbau könnte unabhängig von Eingriffen in den Boden und Veränderungen des Landschaftsbildes durchgeführt werden. Ekkehard Kührt, Abteilungsleiter am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), hebt weitere Vorteile hervor: „Die Konzentrationen von Edelmetallen können an der Oberfläche von Asteroiden bis zu tausendfach höher sein als auf der Erde.“5 Ulrich Christensen vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung geht davon aus, dass die geringe Schwerkraft auf den Asteroiden genutzt werden kann, um abgebautes Material ohne hohen Energieaufwand zu bewegen. Aufgrund der geringen Schwerkraft müssen sich Raumfahrzeuge mit Abbautechnik aber auch an den Asteroiden festhalten, um überhaupt Rohstoffe abbauen zu können. Diese Technik existiert zur Zeit noch nicht.6 Auch der Mond soll reich an Rohstoffen sein. Untersuchungen zeigen Aluminium, Eisen, Magnesium sowie Wasser auf dem Mond.7 Die Rohstoffe könnten vor Ort z. B. für den Bau einer Mondstation genutzt werden oder zum Bau von Infrastruktur für weitere Expeditionen in den Weltraum.

Herausforderungen und Chancen des Weltraumbergbaus Derzeit ist der Weltraumbergbau noch Zukunftsmusik. Bis es tatsächlich zum ersten Abbau von Rohstoffen im All kommt, ist es nach Einschätzung von Klaus Jäger vom Max-Planck-Institut für Astronomie noch ein weiter Weg – ein weiter Weg mit großen Herausforderungen.9 Aber gerade diese bieten auch enorme Chancen, vor allem für die deutsche Industrie.

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Ebd.

4

J. Lewis, Mining the Sky, 1997.

5

R. Hahn, Aufbruch zu den Schätzen des Alls, FAZ vom 11.11.2016.

6

Ebd.

7

C.L. McLeod und M.P.S. Krekeler, Sources of Extraterrestrial Rare Earth Elements: To the Moon and Beyond, in: Resources 2017, 6(3).

8

M. Günther, Was nie ein Mensch zuvor gewagt hat, FAZ vom 18.12.2017.

9

S. Fröhlich, Bergbau im Weltall, Berliner Morgenpost vom 28.09.2017.


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Hintergrund

Technische Machbarkeit

auf bestehende Forschungsfragen zu finden, können deutsche Unternehmen beispielsweise ihr technisches Know-how im Bereich Bergbautechnik einbringen. Deutsche Minentechnik setzt schon heute weltweite Standards für einen umweltverträglichen und effizienten Rohstoffabbau. Ihre Technik kann und sollte wegweisend sein, um mit dem Weltraumbergbau ein neues Kapitel der Industrialisierung aufzuschlagen.

Eine der größten Herausforderungen des Weltraumbergbaus stellt derzeit die technische Machbarkeit dar. Ein fertiges Konzept für den Abbau von Rohstoffen auf Asteroiden existiert nicht, jedoch schreitet die internationale Forschung dazu stetig voran.10 Eine zentrale Frage dabei ist, mit welcher Technik wir Rohstoffe auf den Asteroiden abbauen und abtransportieren können und ob beim Abbau regelmäßig die Anwesenheit von Menschen erforderlich sein wird.11 Darüber hinaus ist der Umgang mit einer möglichen Kontamination von Asteroiden sowie mit dem verstärkt anfallenden Weltraumschrott zu klären. Auch hier wird weltweit bereits intensiv an verschiedensten Verfahren geforscht.12

Gleiches gilt für die deutsche Expertise hinsichtlich der Entwicklung von Weltraumrobotik, von Transportsystemen im Weltraum sowie dem Bau von Kameras zur Kartierung und Erfassung extraterrestrischer Oberflächen. Sie könnten entscheidend sein, um unbemannten Bergbau auf Asteroiden in naher Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen.

Wirtschaftlichkeit Für die deutsche Industrie bieten diese Entwicklungen vielfältige Chancen. Um dringend benötigte Antworten 10

u. a. Planetary Resources, Inc. (USA) oder Space Resources (Luxemburg) als Zusammenschluss von Unternehmen zu einer Regierungsinitiative.

11

R. Hahn, Aufbruch zu den Schätzen des Alls, FAZ vom 11.11.2016.

12

V. Badescu, Astroids - Prospective Energy and Material Resources, 2013.

Eine weitere Herausforderung stellt die Wirtschaftlichkeit des Abbaus von Rohstoffen auf Asteroiden dar. Damit der Abbau von Rohstoffen im Weltraum ökonomisch sinnvoll wird, müssten zum einen die Rohstoffpreise ansteigen, zum anderen müssten die

Abbildung 2: Preisentwicklung von Industriemetallen im Jahr 2017 Quelle: Deutsche Rohstoffagentur (DERA), Chart des Monats, Januar 2018

1,4 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 0,0

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Kupfer

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Aluminium

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Hintergrund

Kosten für den Abbau von Rohstoffen auf Asteroiden deutlich sinken.13

Drei Viertel dieser Investitionen fließen allerdings in die USA. Ein Grund ist die Herkunft des Wagniskapitals: Fast drei Viertel der Raumfahrt-Investoren und Venture-Capital-Unternehmen haben ihren Sitz in den USA, Großbritannien, Kanada und Australien. Aus Deutschland kommen weniger als fünf Investoren.

Die Preisentwicklung auf dem internationalen Rohstoffmarkt spricht für mutiges Innovationsmanagement jenseits der Erdumlaufbahn: Die Preise vieler für Zukunftstechnologien entscheidender Rohstoffe steigen derzeit kontinuierlich an. Eine Kostensenkung für die Weiterentwicklung des Weltraumbergbaus könnte auf zweierlei Ebenen erreicht werden: Erstens müssen die Flüge in den Weltraum deutlich kostengünstiger durchgeführt werden. Dazu legt die zunehmende Kommerzialisierung des Weltraumfluges heute schon den Grundstein. Nach jüngsten Untersuchungen fließen immer mehr Gelder in die private Weltraumforschung, sodass bereits von einer „Raumfahrt-Start-upSzene“14, einer „New Space Bewegung“15 die Rede ist. Zwischen 2000 und 2016 waren es über 16 Milliarden US-Dollar, die in Weltraum Start-ups investiert wurden. Auch die Risikokapitalinvestitionen in Weltraumunternehmen wuchsen von 239.9 Millionen US-Dollar im Jahr 2000 auf 3.8 Milliarden US-Dollar zwischen 2012 und 2016. Galten Investitionen in Weltraumtechnologie vor einigen Jahren noch als zu riskant und teuer, sind sie heute zunehmend gebräuchlicher und lukrativer.16

10

Fließen Investitionen nach Europa, gehen sie allerdings nicht nach Deutschland, sondern beispielsweise nach Spanien oder Finnland. Dort werden schon heute Raketen für kleine Nutzlasten oder Radarsatelliten entwickelt, die die Schifffahrt vor Eisbergen warnt.17 Grund hierfür sind wiederum die politischen Rahmenbedingungen: Ein kommerziell ausgerichteter, innovativer Markt für Raumfahrtaktivitäten kann sich nur entwickeln, wenn umfassende Rechtssicherheit besteht. Finnland und Spanien haben nationale Weltraumgesetze erlassen. Staaten ohne ein nationales Weltraumgesetz wie Deutschland geraten dabei schnell ins Hintertreffen. Zweitens müssen die Kosten der Raumfahrt erheblich reduziert werden. Allein durch die bereits erfolgreich getestete Wiederverwendbarkeit von Antriebsraketen könnten rund ein Drittel der Kosten eingespart werden.18 Dabei kehren die Antriebsraketen nach der Abtrennung von der Trägerlastrakete selbständig in die Nähe des Startplatzes zurück. Dort werden sie aufbereitet und anschließend für einen neuen Start wiederverwendet. Noch höhere Einsparungen ergeben sich durch die Wiederverwendung der Rakete selbst. Wenn

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R. Hahn, Aufbruch zu den Schätzen des Alls, FAZ vom 11.11.2016.

17

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P. Schneider, Die jungen Wilden im Weltall, Wirtschaftswoche vom 20.05.2018.

18

15

L. Hansen, Die fünf interessantesten Space-Startups aus Deutschland, WIRED vom 14.03.2017.

16

P. Hollinger, Private Investors force down stratospheric costs, Financial Times vom 19.10.2017.

P. Schneider, Die jungen Wilden im Weltall, Wirtschaftswoche vom 20.05.2018. K. Chang, Recycled Rockets Could Drop Costs, Speed Space Travel, The New York Times vom 30.03.2017.


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Hintergrund

diese wie ein Flugzeug einfach wieder aufgetankt wird, anstatt jedes Mal eine neue Rakete zu bauen, sind die Einsparungen enorm. Eine neue Tankfüllung mit Raketentreibstoff macht lediglich ein Prozent der Gesamtkosten eines Starts aus.19

Gleiches gilt für die Erforschung geschlossener Stoff-Kreisläufe im Weltraum. Dazu braucht es die Entwicklung von Verfahren zur direkten Verarbeitung von Rohstoffen im Weltraum. Denn alles, was nicht in den Orbit gebracht werden muss, sondern direkt dort gebaut werden kann, spart Kosten für Raketenstarts. Im Orbit könnten Raumstationen, z. B. mit Verfahren des 3D-Drucks, die Rohstoffe zu benötigter Infrastruktur verarbeiten. Auch Kraftstoffe könnten vor Ort produziert werden. Die Teile könnten dann für die zukünftigen Raumstationen auf Mond oder Mars und für den Weg dorthin benutzt werden.20

Entscheidend bei der Einsparung künftiger Kosten der Raumfahrt allgemein und dem Weltraumbergbau im Besonderen sind innovative Ansätze, die Undenkbares nicht nur denkbar machen, sondern auch Realität werden lassen. Dazu gehört beispielsweise auch die Forschung zum Zusammenbau von Abbautechnik im Weltraum. Dabei werden benötigte Einzelteile von der Erde aus in den erdnahen Orbit befördert, dort auf- und zusammengebaut und dann auf rohstoffreichen Asteroiden zum Einsatz gebracht.

Die deutsche Industrie verfügt über das nötige Knowhow und die Erfahrung, um bei der Entwicklung der notwendigen Technik ganz vorne dabei zu sein. Um dieses Potenzial zu nutzen, brauchen deutsche Unternehmen und Forscher jedoch politische Rückendeckung, Rechtssicherheit und nicht zuletzt gesellschaftliche Akzeptanz.

20

19

P. M. Schneider, Goldrausch im Weltall, 2018

Ebd.

11


Abbildung 3:

Rohstoffabbau auf Asteroiden Warum kann Rohstoffabbau auf Asteroiden sinnvoll sein?

Häufig sind die Rohstoffe auf Asteroiden an der Oberfläche zu finden.

Die Konzentration von Metallen an der Oberfläche von Asteroiden könnte bis zu tausendfach höher sein als auf der Erde.

Der Rohstoffabbau auf einem Asteroiden kann ohne Eingriffe in die Natur auf der Erde erfolgen.

Sind Rohstoffe im Weltraum verfügbar, müssten sie für den Bau von Infrastruktur vor Ort nicht mehr von der Erde in den Weltraum transportiert werden.


1. Suchen Weltraumsonden tasten mit Spektroskopen einen Asteroiden ab und sammeln Daten über dessen Zusammensetzung.

2. Fördern Unbemannte Raumschiffe bauen Rohstoffe auf dem Asteroiden ab und bringen sie zurück in die Erdumlaufbahn.

3. Weiterverarbeiten Raumschiffe in der Erdumlaufbahn verarbeiten die Rohstoffe und lagern das Material ein.

4. Bauen Der Bau von Infrastruktur kann in der Erdumlaufbahn oder dort erfolgen, wo die Materialien gebraucht werden.


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Hintergrund

Gesetzlicher Rahmen

vorstellbar war. Damit unterliegt der Weltraumbergbau derzeit auch international keinem rechtlichen Rahmen.

Die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für den Weltraumbergbau ist für Rechtssicherheit unumgänglich. Bislang existiert in Deutschland aber nicht einmal ein allgemeines Weltraumgesetz – ein bedeutender Grund für die äußerst niedrige private Investitionsrate in die deutsche Raumfahrt. International gilt in erster Linie der Weltraumvertrag als Grundlage für das Weltraumrecht.21 Diesen haben seit Inkrafttreten am 10. Oktober 1967 fast alle Staaten der Welt ratifiziert. Aus dem Weltraumvertrag lässt sich eine Regelung für den Weltraumbergbau nicht eindeutig herauslesen. Art. 1 Abs. 2 spricht allgemein nur von der gleichberechtigten Erforschung und Nutzung des Weltraums. Anlass für die fehlende Regelung ist schlicht, dass der Weltraumbergbau zum damaligen Zeitpunkt noch nicht

21

Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper vom 27. Januar 1967 (BGBl. 1969 II S. 1967 ff.).

Mittlerweile haben etwa 20 Staaten zumindest nationale Weltraumgesetze erlassen. Dazu zählen die Mongolei und Peru genauso wie die USA, Russland, Australien, Südafrika und Japan sowie zahlreiche europäische Staaten wie Finnland, Norwegen, Spanien, Schweden, das Vereinigte Königreich, Belgien, Niederlande und Frankreich.22 Nationale Weltraumbergbaugesetze haben bisher nur Luxemburg und die USA. Die neusten und innovativsten Regelungen dazu stammen aus dem Großherzogtum Luxemburg: Im August 2017 verabschiedete die Luxemburger Regierung das sogenannte Weltraumressourcengesetz.23 Das Gesetz ist Teil einer umfassenden Initiative24 der luxemburgischen Regierung in enger Kooperation mit privaten Unternehmen. Ziel Luxemburgs ist es, das „Sillicon Valley for

22

P. Schneider, Die jungen Wilden im Weltall, Wirtschaftswoche vom 20.05.2018.

23

Loi du 20 juillet 2017 sur l’exploration et l’utilisation des ressources de l’espace.

24

www.spaceresources.public.lu.

Abbildung 4: Länder, für die der internationale Weltraumvertrag gilt Quelle: United Nations Office for Outer Space Affairs

unterzeichnet und ratifiziert unterzeichnet

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Hintergrund

spaces resources“ zu werden.25 Um dieses Ziel zu erreichen, wird Luxemburg 200 Millionen Dollar in Raumfahrtforschung und -unternehmen investieren. Das Gesetz schafft für Unternehmen Rechtssicherheit, indem es beispielsweise festlegt, unter welchen Voraussetzungen diese im Weltraum Rohstoffe abbauen und auch behalten dürfen. Auch Haftungsfragen werden geregelt. Diese sind für private Unternehmen gerade in der Weltraumforschung von zentraler Bedeutung, denn die Schäden, die beispielsweise ein in Berlin abgestürzter Satellit verursachen könnte, wären unbezahlbar. Eine staatliche Übernahme derartiger Risiken unterstützt die Entwicklung neuer Schlüsseltechnologien und ist entscheidend für den Aufbau der kommerziellen Raumfahrt. Wenn Deutschland seine Schlüsselposition in der Luft- und Raumfahrt behalten und ausbauen will, muss die Bundesregierung rasch ihren im Koalitionsvertrag angekündigten Plan umsetzen: die Verabschiedung eines Weltraumgesetzes mit einem gesonderten Kapitel für den Weltraumbergbau. Ein Gesetz, das Forschung, Entwicklung, Bau und Realisierung neuer Technologien in der Raumfahrt durch die Schaffung von Investitions- und Rechtssicherheit fördert. Ein Gesetz, das letztendlich die deutsche Industrie und Forschungslandschaft dazu befähigt, ein neuer Innovationsstandort für den Weltraumbergbau zu werden

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25

Mio.

$

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Luxemburg wird 200 Millionen Dollar in Raumfahrtforschung und Unternehmen investieren.

P. Schneider, Die jungen Wilden im Weltall, Wirtschaftswoche vom 20.05.2018.

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Handlungsempfehlungen

Megatrends, Handlungsempfehlungen Zukunftsfelder und Innovationstreiber

Mit den Handlungsempfehlungen leistet der BDI einen konstruktiven Beitrag fĂźr den Ausbau deutscher Bergbau- und Raumfahrttechnologie.

Innovationen Weltraumgesetz Investitionssicherheit

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Innovative Projekte fördern

Die Raumfahrttechnologie ist Schlüsselwerkzeug der modernen Industrie- und Informationsgesellschaft. Sie spielt bei Industrie 4.0 und Big Data eine führende Rolle. Bereits heute hat die Innovationskraft der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie der Bergbautechnik eine strategische Bedeutung für den High-Tech-Standort Deutschland. Besonders mittelständische Unternehmen liefern Technik und Know-how zu existierenden Projekten. Sie tragen damit wesentlich zum Erfolg des Industriestandortes Deutschland bei. In Zukunft sollen auch innovative Projekte des Weltraumbergbaus aus dem High-TechStandort Deutschland stammen. Weltraumbergbau stellt ein innovatives Verfahren der Rohstoffförderung dar. Es hat das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Versorgungssicherheit mit strategischen Rohstoffen zu leisten. Darüber hinaus halten all die für den Weltraumbergbau notwendigen Entwicklungs- und Technologieprogramme die deutsche Industrie fit für die Zukunft. Durch eine umfassende Förderung innovativer und zukunftsweisender Weltraumprojekte sollte die Politik schon heute die Weichen stellen. Bei der Forschung und Entwicklung bringen Weltraumprojekte Menschen und Staaten zusammen und lassen Ideen über die Grenzen hinauswachsen und verwirklichen. Europäische und internationale Kooperationen legen den Grundstein für ein friedliches Miteinander auf der Erde mit dem gemeinsamen Blick in die Zukunft zu den Sternen. Wichtiges Thema ist dabei auch die Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz. Die Gesellschaft muss auf dem Weg in den Weltraum abgeholt und mitgenommen werden.

2

Investitionsfreundliches Umfeld schaffen

Mithilfe innovativer Technik werden Ingenieurinnen und Ingenieure in Zukunft neue Bergbau- und Raumfahrttechnologien hervorbringen. Sie haben das Potenzial, auch neue Rohstoffquellen zu erschließen. Diese Zukunftstechnologien werden heute erforscht und entwickelt. Dazu braucht es massive Investitionen. Ein Großteil von ihnen wird dabei künftig nicht durch staatliche, sondern mehr und mehr durch private Investoren bereitgestellt. Voraussetzung für deren Engagement ist jedoch ein sicheres und stabiles Umfeld. Nur durch diese Art von Rechtssicherheit können Investoren die Voraussetzungen und Folgen ihres Handelns einschätzen.

Handlungsempfehlungen

Derzeit existiert in Deutschland kein Weltraumgesetz. Das schafft Rechtsunsicherheit. Private Initiativen zur Entwicklung der Raumfahrt und des Weltraumbergbaus werden in Deutschland dadurch gehemmt oder sogar im Keim erstickt. Unternehmen lassen sich lieber in Staaten nieder, die einen entsprechenden Rechtsrahmen entwickelt haben und darauf aufbauend ein Interesse an der Branche zeigen. Die Bundesregierung sollte das geplante Weltraumgesetz daher schnellstmöglich entwerfen und dem Bundestag vorlegen. Ein für den Innovationsstandort Deutschland unerlässliches Element des Gesetzes ist ein Kapitel zum Weltraumbergbau. Darin finden die wichtigen Industriezweige der Bergbau- und Weltraumtechnik Rechtssicherheit für diesen zukunftsträchtigen Industriesektor. Darüber hinaus sollte die Regierung im neuen Weltraumgesetz auch Haftungsfragen der privaten Raumfahrt berücksichtigen. So sollte beispielsweise die Haftungsobergrenze auf ein investitionsfreundliches Mindestmaß beschränkt werden. Derzeit wäre eine Versicherungspolice bei unbegrenzter Haftung für Start-ups oder klein- und mittelständische Unternehmen schlicht nicht bezahlbar. Eine unbegrenzte Haftung würde einen privaten Raumfahrtmarkt also von Anfang an unterbinden. Auch Infrastruktur ist Teil eines investitionsfreundlichen Umfeldes. Die Bundesregierung sollte darüber nachdenken, Flächen für private Raumfahrtunternehmen zur Verfügung zu stellen. Dies wäre eine Grundvoraussetzung, um Raketenstarts auch in Deutschland möglich werden zu lassen.

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Neue Wege zur Risikokapitalbeschaffung gehen

Nach jüngsten Untersuchungen fließen immer mehr Gelder in die private Weltraumforschung. Zwischen 2000 und 2016 waren es über 16 Milliarden US-Dollar, die in Weltraum-Start-ups investiert wurden. Auch die Risikokapitalinvestitionen in Weltraumunternehmen wachsen. Galten Investitionen in Weltraumtechnologien vor einigen Jahren noch als riskant, so werden sie zunehmend attraktiver für Investoren. Derzeit findet ein Großteil der Investitionen nicht in Deutschland statt. Die Bundesregierung sollte prüfen, ob KfW-Darlehen oder ungebundene Finanzkredite auch für den Weltraumbergbau zur Verfügung gestellt werden können. All dies würde den Unternehmen den Zugang zu Risikokapital deutlich erleichtern und mehr private Investitionen ermöglichen. Mittel, die für die Unternehmen zur Umsetzung von bis vor kurzem noch undenkbaren Ideen zur Nutzung der Rohstoffe im All von zentraler Bedeutung sind

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Impressum Herausgeber Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Breite Straße 29 10178 Berlin T.: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Redaktion Matthias Wachter, Abteilungsleiter Abteilung Sicherheit und Rohstoffe Katharina Will, Referentin Abteilung Sicherheit und Rohstoffe Henry von Klencke, Referent Abteilung Sicherheit und Rohstoffe Konzeption & Umsetzung Sarah Pöhlmann, Referentin Abteilung Marketing, Online und Veranstaltungen Layout Michel Arencibia, Art Director www.man-design.net Druck Das Druckteam www.druckteam-berlin.de Verlag Industrie-Förderung Gesellschaft mbH, Berlin Bildnachweis S. 1: fotolia.com © sdecoret | 210405749 S. 4: pixabay.com/photo-1176518 S. 10: fotolia.com © sdecoret | 210405749 S. 16: pixabay.com/photo-11080 Stand August 2018 BDI-Publikations-Nr. 0079

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