Das 3,5%-Ziel: Mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung

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Das 3,5%-Ziel: Mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

Stand: 11.09.2018

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Das 3,5%-Ziel: Mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung

Inhaltsverzeichnis Einleitung……………………………………………………………...... 3 1. Für das 3,5%-Ziel die richtigen Anreize setzen……………… 3 1.1 Das erreichte Ziel reicht nicht für die Zukunft………………. 3 1.2 Die erforderlichen zusätzlichen Investitionen sind hoch…... 5 2. Handlungsempfehlungen………………………………………...7 Über den BDI…………………………………………………………….9 Impressum……………………………………………………………….9

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Einleitung 2002 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf der Tagung des Europäischen Rates in Barcelona, die Forschungsausgaben der EU bis 2010 auf 3 Prozent des BIP zu erhöhen. Zwei Drittel dieser Investitionen sollten vom privaten Sektor, ein Drittel vom Staat finanziert werden. Deutschland hat dieses Ziel seit 2015 knapp erreicht. Im vorvergangenen Jahr investierte die Wirtschaft 62,8 Mrd. Euro für intern durchgeführte Forschung und experimentelle Entwicklung (FuE). Beide, Staat und Wirtschaft, haben über die vergangenen Jahre ihre FuE-Aufwendungen bei steigendem Bruttoinlandsprodukt erheblich ausgeweitet. Diese Investitionen sind nicht ohne Ergebnis geblieben. In vielen Bereichen hat der BDI-Innovationsindikator messbare Verbesserungen der Innovationsleistung Deutschlands nachweisen können. In ihrem Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung ein neues ambitioniertes Ziel gesetzt. Bis 2025 soll der Anteil der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt auf 3,5 Prozent steigen. Dieser Aufwuchs von einem halben Prozentpunkt wird erhebliche absolute Mehrinvestitionen von Wirtschaft und Staat erfordern. Dies wird eine große Herausforderung, denn neben der aufzubringenden Höhe der zusätzlichen Aufwendungen muss vor allem eine entscheidende Frage beantwortet werden: In welche Forschung und (experimentelle) Entwicklung und Förderinstrumente müssen wir am Standort Deutschland investieren, um unsere Wettbewerbsfähigkeit und unseren Wohlstand zu sichern?

1. Für das 3,5%-Ziel die richtigen Anreize setzen 1.1 Das erreichte Ziel reicht nicht für die Zukunft Mit dem sogenannten „Lissabon-Ziel“ beschloss der Europäische Rat im Jahr 2000, die Europäische Union bis zum Jahr 2010 zum „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ umgestalten zu wollen. Auf dem Ziel dorthin sollten die FuE-Investitionen der EU auf 3 Prozent am Bruttoinlandsprodukt gesteigert werden. Von diesem 2002 in Barcelona vereinbarten Ziel sind bis heute viele EU-Länder weit entfernt, so dass die EU insgesamt bei ca. 2 Prozent verharrt. Deutschland hat es seit 2015 knapp erreicht, wobei die Wirtschaft mit fast 70 Prozent den Großteil der Aufwendungen trägt (Abb. 1):

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Abb. 1. Entwicklung der FuE-Aufwendungen in Deutschland und im internationalen Vergleich (Quelle: VCI) FuE-Aufwendungen in Deutschland

Quelle: Destatis, Stifterverband, VCI

Ranking der FuE-Aufwendungen

Quelle: OECD, VCI

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Ein spürbar anhaltender und sich in unterschiedlichen Sektoren noch verschärfender Innovationswettbewerb beschleunigt international die FuE-Investitionen. Südkorea gibt mittlerweile 4,2 Prozent des BIP für FuE aus und auch Japan liegt mit 3,1 Prozent FuE am BIP vor Deutschland. China hat seit dem Jahr 2000 seine FuE-Aufwendungen um 20 Prozent pro Jahr gesteigert, hat die EU inzwischen überholt und will diese nach dem aktuellen 5-Jahresplan bis 2020 auf 2,5 Prozent des BIP erhöhen. Eine politisch angestrebte Erhöhung der Investitionen in FuE bedarf in jedem Fall einer Reihe von begünstigenden Rahmenbedingungen und geeigneter Förderinstrumente. Sie müssen in ihrer Instrumentierung und Orchestrierung richtig eingesetzt werden, um das gewünschte Mehr an internen FuE-Investitionen der Wirtschaft anzuregen. 1.2 Die erforderlichen zusätzlichen Investitionen sind hoch Unterstellt man ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von nominal 2,8 Prozent (real 1,8 Prozent plus Inflation) fallen im Jahr 2025 gegenüber 2015 zusätzliche FuE-Aufwendungen in Höhe von fast 52 Milliarden (Mrd.) Euro an – eine Steigerung um fast 60 Prozent bzw. um 4,7 Prozent pro Jahr. Für die einzelnen Segmente zentraler Wertschöpfungsketten in Deutschland hätte dies einschneidende Konsequenzen für FuE-Investitionen. Bliebe es dabei, dass die Wirtschaft weiterhin für 2/3 der FuE-Aufwendungen aufkommt, Staat und Hochschulen für 1/3, müssten die FuE-Aufwendungen der Wirtschaft insgesamt um rund 4,4 Prozent pro Jahr steigen. Ein Beispiel: Für die Chemie- und Pharmaindustrie bedeutete das erhebliche zusätzliche Anstrengungen, da in den vergangenen 10 Jahren die internen FuE-Budgets nur um rund 2 Prozent wuchsen. Die jährlichen Zuwächse müssten sich insofern verdoppeln. Selbst wenn die internen FuE-Budgets auf einen jährlichen Zuwachs von 4,4 Prozent anstiegen ist nicht beantwortet, wofür das zusätzliche Geld denn am Standort Deutschland investiert werden soll. Für welche Technologien, Produkte, Verfahren und Dienste lohnt sich eine Investition in FuE, die sich am Markt rentiert? Nur „mehr“ ist nicht die Lösung, es muss auch Felder geben, in die es sich in Deutschland zu investieren lohnt. Auf den Staat und die Hochschulen kämen rund 20 Mrd. zusätzlicher FuEAufwendungen hinzu (5,3 Prozent p.a.) (Abb. 2):

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Abb. 2.

Konsequenzen eines 3,5% Ziels für die internen FuEAufwendungen am Beispiel der chemisch-pharmazeutischen Industrie (Quelle: VCI)

FuE-Aufwendungen, um das 3,5%-Ziel zu erreichen FuE-Aufwendungen, um das 3,5-Prozent-Ziel zu erreichen, bei (bei steigendem BIP, in Mrd. Euro, jährliches Wachstum in Prozent)

steigendem BIP, in Mrd. Euro, jährliches Wachstum in Prozent 4,4%

93,6

61,0

2015 IST 2025 SOLL

5,3%

46,8

 Insgesamt 51,6 Mrd. Euro fehlen für das 3,5-Prozent-Ziel bei einem BIP-Wachstum von nominal 2,8 Prozent pro Jahr in 2025.  Aufteilung der Gesamtaufwendungen Wirtschaft/Staat 2:1 :  Wirtschaft: zusätzlich 32,7 Mrd. €

27,8

interner FuE-Aufwendungen (+ 4,4 Prozent pro Jahr)  Staat: zusätzlich 19 Mrd. €

(+ 5,3 Prozent pro Jahr) Wirtschaft

Staat/Hochschule

Quelle: Destatis, Stifterverband, VCI

Quelle: Destatis, Stifterverband, VCI

Interne FuE-Aufwendungen in Mio. Euro

Quelle: VCI

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2. Handlungsempfehlungen Ohne zusätzliche Anreize ist eine Steigerungsrate der FuE-Aufwendungen von rund 4,4 Prozent pro Jahr nicht erreichbar. Welche forschungspolitischen Grundlagen benötigt die deutsche Industrie, um den nächsten Schritt in eine weitere Erhöhung des FuE-Wachstums zu tun? 

Die Industrie fordert eine Forschungspolitik und Forschungsförderung aus einem Guss. Einheitliche Positionen und ein abgestimmtes Vorgehen der zuständigen Bundesressorts sind die Grundvoraussetzung einer effektiven Forschungspolitik.

Umsetzung der „Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen“ mit frühzeitiger Beteiligung der Industrie (siehe hierzu auch BDIPositionspapier „Sprunginnovation wagen“).

Damit aus Forschungsergebnissen Innovationen werden, muss die Förderung am tatsächlichen Bedarf der Industrie ausgerichtet, die Lücken in den Innovationsketten geschlossen werden und die Förderprogramme Kooperationen über Branchen- und über Landesgrenzen hinaus berücksichtigen.

Förderprogramme und einzelne Förderprojekte sollten als Grundvoraussetzung hinreichend und unter langfristig stabilen und verlässlichen Rahmenbedingungen finanziert werden. Obwohl beispielsweise die Mittel zur Förderung der Energieforschung in den letzten Jahren sukzessive erhöht wurden, liegen sie im internationalen Vergleich immer noch deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder (2011 war dies ein Anteil von 0,028 Prozent der gesamten Ausgaben zur Energieforschung am BIP im Vergleich zum OECDDurchschnitt von 0,046 Prozent).

Die Kooperationen zwischen der Industrie und den wissenschaftlichen Partnern am FuE-Standort Deutschland muss durch eine verstärkte Förderung von Kooperationen in Verbundprojekten mit anwendungs- und technologieorientierten Ausschreibungen verbessert werden.

Eine staatliche Förderung von Forschung und Innovationen senkt insbesondere für mittelständische Unternehmen die Einstiegsbarrieren in Innovationsaktivitäten und verbessert ihre Möglichkeiten, mit Partnern in den Wertschöpfungsketten zu kooperieren, um bereits erkannte oder zusätzliche Innovationspotentiale zu heben.

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Um die Förderung von Forschung und Innovation im Mittelstand der Industrie weiter zu stärken, sind weitere Verbesserungen und Anpassungen in den mittelstandsnahen Fördermaßnahmen der Bundesressorts notwendig.

Dabei ist für eine Stärkung des Mittelstandes in der produzierenden und verarbeitenden Industrie eine Ausweitung des Mittelstandsbegriffs in den Blick zu nehmen.

Zur weiteren Stärkung von technologie- und branchenoffenen Förderprogrammen für den Mittelstand durch das BMWi sollte das ZIM-Budget weiter sukzessive erhöht werden, um eine Antragsberechtigung auch größerer Unternehmen und die Weiterentwicklung des Programms zu ermöglichen (u.a. Erhöhung des Fördervolumens pro Unternehmen, Förderung der Marktvorbereitung).

Darüber hinaus sollten die Programme der „Industriellen Gemeinschaftsforschung" (IGF) gestärkt werden.

Ein effektives steuerliches Förderinstrument ist ein zentrales Kriterium im internationalen Standortwettbewerb und hat eine bedeutende Mobilisierungswirkung zur Umsetzung des politischen „3,5%Ziels“: Um im internationalen Wettbewerb um FuE-Standorte wahrgenommen zu werden und um eine hinreichende Mobilisierungswirkung zur Generierung zusätzlicher FuE-Aufwendungen zu erreichen, sollte eine steuerliche Forschungsförderung mit einem hinreichend großen Budget ausgestattet sein. Der BDI spricht sich nach wie vor für die Einführung einer „großen Lösung“ zur steuerlichen Forschungsförderung (10 Prozent Tax Credit für sämtliche FuEAufwendungen für alle Unternehmen) aus. Für den Einstieg ist aber zur Reduzierung der Steuermindereinnahmen eine Beschränkung auf kleine und mittelgroße Unternehmen denkbar. Der BDI hat hierzu Modellvorschläge entwickelt (vgl. u.a. BDI Position „Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung“).

Eine ressortübergreifende grundlegende Strategie für Forschung und Innovationen ist notwendig, um Spitzenforschung im internationalen Maßstab in Deutschland zu halten und auszubauen. Hierzu sind ausgewählte Schwerpunkte mit dezidierten an die Forschungs- und Anwendungsgebiete angepasste Strukturen zu entwickeln. Die Schwerpunktthemen der Hightech-Strategie müssen mit einem adäquaten Budget ausgestattet werden.

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Über den BDI Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Und er bietet Informationen und wirtschaftspolitische Beratung für alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 36 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund 8 Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene.

Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Ansprechpartner Dr. Carsten Wehmeyer Referent Digitalisierung und Innovation Telefon: 030 2028 1580 c.wehmeyer@bdi.eu BDI Dokumentennummer: D 0971

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