Die Digitalisierung im Mittelstand

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POSITION | MITTELSTANDSPOLITIK | DIGITALISIERUNG

Die Digitalisierung im Mittelstand Fragen. Fakten. Forderungen.


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Position | Mittelstandspolitik | Digitalisierung Die Digitalisierung im Mittelstand

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Der German Mittelstand .................................................................................................................................................. 5 1. Digitalisierung im Mittelstand ................................................................................................................................. 6 2. Digitale Infrastruktur .................................................................................................................................................. 10 Deutschland droht den Anschluss zu verlieren ................................................................................................... 13 Schnelles Internet – nicht nur in der Stadt! ......................................................................................................... 15 Attraktive ländliche Räume ........................................................................................................................................ 16 Mittelstand Arbeitsplatzgarant Nr. 1 in ländlichen Regionen ......................................................................... 16 3. Fachkräftemangel bremst Digitalisierung ....................................................................................................... 17 Demographischer Wandel verschärft Fachkräftemangel ............................................................................... 17 Die Fachkraft – ein elementarer Wirtschaftsfaktor ............................................................................................. 18 4. Cybersicherheit größte Herausforderung des German Mittelstands ................................................. 19 IT-Sicherheit muss erhöht werden ........................................................................................................................... 19 Mittelstand hat Nachholbedarf ................................................................................................................................. 19 5. Eine moderne Verwaltung für einen modernen Mittelstand ................................................................... 22 Eine digitalisierte Wirtschaft braucht eine digitale Verwaltung. ................................................................... 22 Verwaltung muss kundenorientiert sein ................................................................................................................. 22 Digitalisierung – 5 Kernanliegen des Mittelstands ............................................................................................. 25 - .Digitale Infrastruktur. ................................................................................................................................................. 25 - .Digitale Verwaltung .................................................................................................................................................... 25 - .Mehr Fachkräfte ......................................................................................................................................................... 25 - .Cyber-Sicherheit ........................................................................................................................................................ 25 - .Digitaler Binnenmarkt ............................................................................................................................................... 25 Impressum ........................................................................................................................................................................... 26

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Dr.-Ing. Hans-Toni Junius „Viele Mittelständler investieren massiv in digitale Prozesse und Produkte. Dieser große unternehmerische Aufwand ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Politik überall in Deutschland ebenso zügig eine gute digitale Infrastruktur sicherstellt und die Verwaltung ihre Prozesse digitalisiert.“ Geschäftsführender Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung C.D. Wälzholz GmbH & Co. KG Vorsitzender BDI/BDA-Mittelstandsausschuss


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Der German Mittelstand

Der German Mittelstand Mehr als 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind Mittelständler. Das macht Deutschland einzigartig. Keine andere Industrienation der Welt verfügt über einen so starken Mittelstand – und davon profitieren wir alle. Mittelständische Unternehmen investieren hier am Standort, schaffen Millionen gut bezahlter Arbeitsplätze und treiben Innovationen voran. Sie stellen den Löwenanteil unserer Ausbildungsplätze, gerade auch abseits von Ballungszentren. Viele mittelständische Unternehmen sind gleichzeitig Familienunternehmen. Diese tief verwurzelten Unternehmen erwirtschaften 41,5 Prozent aller Unternehmensumsätze und stellen 57,3 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigtenverhältnisse. Schaffer, Tüftler und Visionäre prägen Mittelstand und Familienunternehmen. Sie weisen mit Unternehmergeist, Erfinderlust, Zuverlässigkeit, Geduld, Disziplin und Augenmaß den Weg nach vorn. Sie unternehmen was mit langfristiger Perspektive, Nachhaltigkeit und sozialem Engagement. Damit entwickeln sie ihre Betriebe. Damit leisten sie wichtige wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Beiträge für unser Land. Mittelständler sind berühmt dafür, sich immer neu zu erfinden, um erfolgreich zu bleiben. Diese Eigenschaft ist nun im Zuge der Digitalisierung besonders gefragt. Denn die Hürden sind noch enorm. Klar ist aber, dass der deutsche Mittelstand nur dann weiter so erfolgreich bleiben wird, wenn es ihm gelingt, die digitale Revolution mitzumachen und mitzugestalten.

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01

Digitalisierung im Mittelstand Um weiter international so erfolgreich zu sein, muss sich der German Mittelstand erfolgreich digitalisieren. Bisher läuft dies noch zu langsam. Es gilt Tempo zu machen.

Digitalisierung Mittelstand Familienunternehmen

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Staat, Wirtschaft und Gesellschaft müssen endlich gemeinsam offensiv die Digitalisierung angehen und gestalten. Falls dies nicht gelingt, wird man schon in einigen wenigen Jahren feststellen müssen, dass Wettbewerbsund Zukunftsfähigkeit massiv gelitten haben. Damit dies nicht passiert, müssen die Rahmenbedingungen in Deutschland an die digitale Gesellschaft angepasst werden. Deutschland braucht eine digitalisierte Verwaltung, moderne Netze, einen Neustart in der Bildungspolitik und digitalkompatible Gesetze.

Die Digitalisierung ist in mittelständischen Unternehmen in Deutschland noch stark ausbaufähig. Nur ein Fünftel der mittelständischen Unternehmen hat digitale Vernetzung von Produkten und Dienstleistungen begonnen und kann damit zu „Vorreitern“ gezählt werden.

Der Ausbau der Digitalisierung geht in den meisten Unternehmen voran, aber überwiegend in kleinen Schritten. Dabei ist eine neue digitale Infrastruktur nicht die alleinige Lösung, wohl aber die unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung im Mittelstand und in Deutschland. Hier hat Deutschland enormen Aufholbedarf.

Knapp ein Fünftel der Unternehmen (19 Prozent) kann zu den „Vorreitern“ gezählt werden, etwa die Hälfte der Unternehmen (49 Prozent) befindet sich im „Mittelfeld“ und rund ein Drittel (32 Prozent) des deutschen Mittelstands gehört zu den „Nachzüglern“. (Quelle: BDI/ATK-Mittelstandspanel 2016)

Mittelständische Unternehmen können in drei ­Gruppen mit unterschiedlichem Digitalisierungsgrad zugeordnet werden:


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Digitalisierung im Mittelstand

     

Deutscher Mittelstand digital abgehängt Quelle: OECD 2017

100%

80% 73

70

60% 46 31

26

24

23

18

20%

17

16

14

11

11

9

9

5

5

4

0,2

0,0 UK

33

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40%

2

1

0,3

Mit digitalen Technologien lassen sich

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Kunden leichter finden und binden, Mitarbeiter einfacher gewinnen, qualifizieren und binden, individuelle Kundenwünsche kostengünstig und flexibel erfüllen,

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Digitalisieren – muss das wirklich sein? Es fällt nicht immer leicht, im Unternehmen digitale Lösungen einzuführen – gerade im Mittelstand. Dabei sprechen viele Gründe dafür:

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Mehr als vier Fünftel der mittelständischen Unternehmen haben in den Jahren 2013 bis 2015 Digitalisierungsprojekte durchgeführt. Darunter Projekte zur Erweiterung oder Verbesserung des Einsatzes digitaler Technologien und digitaler Kompetenzen in den Unternehmen gefasst (ohne Berücksichtigung von Ersatz- und Routineinvestitionen). Technologische Projekte (Hardware, Software, IT-Sicherheit, Webseite, IT-Bezugsformen, Verknüpfung von Prozessen) haben 78 Prozent der Unternehmen umgesetzt und Projekte zur Erweiterung von Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung (IT-Weiterbildung, IT-Beratung, Reorganisation des Workflows, Konzepte für Internetmarketing und -vertrieb) 64 Prozent. Vorreiterunternehmen realisieren fast doppelt so häufig Kompetenzprojekte wie Nachzügler.

Geschäftsprozesse und Produktionsabläufe effizienter kontrollieren, innovative digitale Angebote entwickeln, die profitables Wachstum ermöglichen.

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^

42

%

In knapp 42 Prozent der befragten Unternehmen gehört die Digitalisierung inzwischen zur Geschäftsstrategie (2016 noch 27 Prozent)

Digitalisierung im Mittelstand

Das Land des Mittelstands – diesen Ruf verdankt Deutschland vor allem der wirtschaftlichen Stärke größerer, industrieller Mittelständler. Die Firmen mit 250 bis 3.000 Mitarbeitern beschäftigen rund 8,5 Millionen Menschen – ein Plus von 36 Prozent seit 2003. Im Verarbeitenden Gewerbe stellen sie rund 43 Prozent aller Arbeitsplätze. Ein Grund dafür: Die Zahl dieser Mid Caps ist in den vergangenen 15 Jahren um mehr als ein Drittel auf inzwischen fast 13.700 gestiegen. Viele von ihnen sind als „Hidden Champions“ Marktführer in ihrer Sparte; sie bilden das Bindeglied zwischen den KMU mit weniger als 250 Beschäftigten und Großunternehmen. (Quelle: IW, 2017) Doch die Innovationskraft dieser oft hoch spezialisierten Firmen nimmt seit Jahren ab, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit gerät in Gefahr. Und nun droht auch noch ein sich verschärfender Fachkräftemangel. Dabei könnte gerade eine schnelle, konsequente Digitalisierung der mittelständischen Unternehmen in Deutschland zu einer wieder steigenden Innovationstätigkeit und einem spürbaren Wettbewerbsvorteil gegenüber Wettbewerbern führen. Die Zahl der innovativen Mittelständler sinkt seit einigen Jahren. So zeigen Studien, dass 2015 nur noch rund zwei Drittel der Unternehmen mit bis zu 1.000 Mitarbeitern (sogenannte „Mid-Caps“) regelmäßig neue Prozesse und Produkte einführen. Fünf Jahre zuvor waren es noch rund 75 Prozent. Bei kleineren Unternehmen liegt der Wert inzwischen sogar nur noch bei 62 Prozent, zuvor waren es 72 Prozent. Ein entscheidender Grund hierfür ist vor allem die nur langsam anlaufende Digitalisierung. Um die Unternehmen zu fördern, sollte die Politik die Verwaltung digitaler aufstellen, um Genehmigungsverfahren – z.B. für neue Fabrikgebäude – schneller abwickeln zu können. Zudem sollte bei neuen Gesetzen verpflichtend geprüft werden, welche Folgen diese speziell für Mittelständler haben. Entscheidend ist aber vor allem die steuerliche Forschungsförderung, die die neue Bundesregierung zügig umsetzen sollte. Sie darf allerdings nicht nur für Mittelständler eingeführt werden, denn Innovation findet heute nicht separat sondern in Forschungsverbünden zwischen Groß und Klein statt. Nur so können auch kleine und mittlere Unternehmen die notwendigen Investitionen für die digitalisierte Industrie 4.0 stemmen. Die meisten mittelständischen Unternehmen bauen also ihre Digitalisierung aus, gehen dies jedoch überwiegend in – zu – kleinen Schritten an. Knapp die Hälfte (46 Prozent) der Mittelständler gibt hierfür weniger als 10.000 Euro pro Jahr aus. Nur 12 Prozent der Unternehmen geben 40.000 Euro pro Jahr oder mehr aus. Hochgerechnet auf den gesamten deutschen Mittelstand entspricht dies jährlichen Ausgaben von etwa 10 Milliarden Euro für Projekte zur Erweiterung und Verbesserung der Digitalisierung. Eine knappe Mehrheit der mittelständischen Unternehmen erwartet überdies nicht, die Ausgaben für Digitalisierungsprojekte in den nächsten drei Jahren zu steigern. (Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2017) Dieser Befund legt nahe, dass sich die Mehrheit des deutschen Mittelstandes bisher nicht konsequent genug auf den Weg einer digitalen Transformation begeben hat. Diese Situation stellt derzeit eine der größten Gefahren für die Zukunft des „German Mittelstands“ dar

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Der German Mittelstand in Zahlen Quelle: Statista 2017

60 % 1

99 % Der Mittelstand: Arbeitsplatzgarant Nummer 1 in Deutschland. Er stellt über 60 % der sozialversicherungspflichtigen Jobs in Deutschland.

80 %

2

Über 99 % der deutschen Unternehmen haben 500 Mitarbeiter oder weniger.

3

50 % 5

95 % 83 %

Der Mittelstand investiert in Deutschland. Über 80 % seines Investitionsvolumens wird im Inland aufgewendet.

Die Hälfte aller Hidden Champions weltweit kommt aus dem deutschen Mittelstand.

4

Rund 95 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind in Familienhand. Sie beschäftigen 83 % der Auszubildenden.


Digitale Infrastruktur Lahmes Internet bremst industriellen Mittelstand – Deutschland bei Breitbandnetzen ein Entwicklungsland.

Mittelstand 4.0 Glasfaser 5G

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Digitale Infrastruktur

Die Digitalisierung ist eine globale Entwicklung mit Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Auch und gerade für die ländlichen Räume birgt diese Entwicklung viele Chancen und kann zur Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse wesentlich beitragen. Demografische Veränderungen werden durch digitale Instrumente wirksam aufgefangen, in jedem Fall aber abgemildert. Attraktive Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensbedingungen können erhalten bzw. entwickelt werden. Voraussetzung dafür sind flächendeckend leistungsfähige digitale Infrastrukturen. Sie werden in ländlichen Regionen in gleicher Weise benötigt wie in Ballungsräumen. Flächendeckende, schnelle Breitbandnetze sind die Basis der digitalen Welt. Deutschland als Mittelstandsland sollte hier Vorreiter sein. Stattdessen dümpelt das Land auf Platz 28 der Weltrangliste. In der digitalen Welt ist Deutschland ein Entwicklungsland. Auf Dauer kann sich das unser Mittelstandsland nicht leisten. Gerade der industrielle Mittelstand, der in einer globalen Wirtschaftsordnung international tätig und vernetzt ist, leidet zunehmend unter der ausbaufähigen digitalen Infrastruktur. Nicht nur für Privatanwender ist ein zu langsames Netz ärgerlich. Für den Mittelstand, der traditionell stark in den Regionen verwurzelt ist, ist es mehr als ein Ärgernis. Die schlechten Netze sind teuer, sie gefährden deren Wettbewerbsfähigkeit, hemmen Innovationen und tragen damit zu einer schleichenden Deindustrialisierung bei. Denn ein schnelles Netz mit zuverlässiger, ausfallsicherer Qualität bildet die Basis für digitale Anwendungen. Breitbandnetze sind inzwischen eine echte Standortfrage. Ähnlich wie Verkehrsund Energienetze – die im Übrigen auch fit gemacht werden müssen für die Zukunft.

Rasantes Wachstum

2,3

%

2,3 Prozent des Umsatzes investieren die größten deutschen Familienunternehmen durchschnittlich in die Digitalisierung. 2019 sollen es schon 3,2 Prozent sein. Quelle: IfM Bonn, 2017

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Mittelstand setzt neue Prioritäten – Digitalisierungsprojekte werden immer wichtiger Umfrage zeigt neue Prioritäten Auf einer Skala von 1 bis 5 : Wie stark sind Ihre geplante Investitionen in den vergangenen und kommenden drei Jahren?

2015 – 2017

12

2018 – 2020

3,7

Modernisierung z. B. Gerätepark / Produktion

3,7

Digitalisierungsprojekte

3,6

Unternehmens-IT & IT Sicherheit

3,6

Unternehmens-IT & IT Sicherheit

3,4

Entwicklung neuer Produkt- & Serviceangebote

3,5

Entwicklung neuer Produkt- & Serviceangebote

3,3

Personalentwicklung

3,5

Moderanisierung z. B. Gerätepark / Produktion

3,3

Bessere Bearbeitung/ Erschließung von Märkten

3,5

Personalentwicklung

3,3

Digitalisierungsprojekte

3,4

Bessere Bearbeitung/ Erschließung von Märkten

3,2

Erschließung neuer Kundensegmente

3,3

Erschließung neuer Kundensegmente

2,8

Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

3,0

Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

2,3

Zukauf neuer Unternehmen(-stelle)

2,3

Zukauf neuer Unternehmen(-stelle)


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Digitale Infrastruktur

Deshalb gilt für Investitionen in die Breitbandinfrastruktur, was auch für andere Infrastrukturen gilt: Durch sie wächst der Kapitalstock einer Volkswirtschaft. In Deutschland werden für jeden in Breitband investierten Euro insgesamt 2,58 Euro als Output generiert. Studien zeigen, dass eine Erhöhung der Breitbanddurchdringung um 10 Prozent einen Anstieg des Pro-KopfEinkommens von 0,9 bis 1,5 Prozent nach sich zieht.

Um die Differenz im Netz zwischen Stromnachfrage und -angebot möglichst gering halten zu können, ist ein fein austariertes Netzmanagement erforderlich. Ähnliches gilt für das Management von Verkehrsflüssen. Der wachsende Straßenverkehr kann durch intelligente IT-Systeme erheblich effizienter gestaltet werden. Ein in der schwedischen Hauptstadt Stockholm durchgeführtes Projekt hat dies eindrucksvoll belegt: Dank der Echtzeitanalyse von 250.000 GPS-Daten pro Sekunde konnten die Fahrzeiten in der Stadt um 50 Prozent verkürzt und die Emissionen um 20 Prozent reduziert werden. All dies geht nur mit einem schnellen, sicheren Kommunikationssystem. Deshalb muss Deutschland den Breitbandausbau endlich forcieren.

Deutschland droht den Anschluss zu verlieren Zentrale gesellschaftliche Herausforderungen erfordern moderne Breitbandnetze. Das gilt zum Beispiel für die Energiewende – eine weitere riesige Herausforderung für den Mittelstand. In Zukunft wird ein großer Teil der Energieerzeugung dezentral erfolgen. Stromverbraucher werden gleichzeitig Stromerzeuger sein.

Digitalisierungsindex Quelle: OECD 2017

Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Indexwert 69,5

Finnland Schweden Israel UK Australien Dänemark Niederlande Norwegen USA Schweiz Singapur Südkorea Kanada Irland Taiwan Frankreich Deutschland Japan Österreich Belgien

66,4 65,4 64,1 63,2 62,4 62,1 62,0 61,8 61,2 57,6 49,0 48,6 48,1 45,1 44,4 44,3 44,3 41,6 41,4 0

10

20

30

40

50

60

70

80

13


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Anschluss gesucht – Der „German Mittelstand“ braucht schnelle Netze Die digitale Infrastruktur ist heute zu einem zentralen Standortfaktor geworden. Schnelle und moderne Netze bringen Regionen zusammen, stärken ländliche Räume und treiben Innovationen an. Gerade der in fast allen Regionen Deutschlands vertretende Mittelstand ist besonderes standorttreu und seit Generationen in der Fläche verwurzelt. Quelle: OECD Breitbandstatistik 2017

1

Schon die Grundlage fehlt: Schnelles Internet Anteil der Haushalte je Region, die schnelles Internet (mehr als 50 Mbit/s) nutzen können Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur/TÜV Rheinland

Mehr als 95%

2

75% bis 95%

Die Konsequenz: Andere Länder ziehen an Deutschland vorbei Anteil der Haushalte je Region, die schnelles Internet (mehr als 50 Mbit/s) nutzen können

50% bis 75% 10% bis 50% 0% bis 10%

Japan Korea Lettland Schweden Finnland Norwegen Spanien OECD-Durchnitt Deutschland 2,1 Griechenland 0,2

3

76,2 75,6 62,3 58,0 43,4 40,6 40,0 22,3

Fachkräfte fehlen ebenso und es wird zu wenig investiert, um den Rückstaand aufzuholen Anteil der Spezialisten in Informationsund Kommunikationstechnologie an der Gesamtbeschäftigung

Anteil der Spezialisten in Informationsund Kommunikationstechnologie an der Gesamtinvestitionen

Quelle: OECD Digital Economy Outlook 2017

1. Finnland

6,24%

2. Schweden

5,62%

2. USA

15,56%

3. Estland

5,12%

3. Frankreich

14,64%

4. Schweiz

4,99%

4. Tschechien

14,55%

5. UK

4,95%

5. Schweiz

14,53%

... OECD-Durchnitt 16. Deutschland 14

17,25%

1. Niederlande

... 3,65% 3,58%

OECD-Durchnitt 20. Deutschland

11,20% 9,14%


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Digitale Infrastruktur

Schnelles Internet – nicht nur in der Stadt! Ein Ärgernis ist außerdem die zerfaserte Kompetenzstruktur, eine Bündelung oder Federführung durch einen zentralen Ansprechpartner in der Bundesregierung ist nicht erkennbar. Auch die Vereinbarungen zwischen den Regierungspartnern haben nicht zu einer Straffung und Verbesserung der Lage geführt. Dies führt zu erhebliche Reibungsverlusten und langsamen Entscheidungsprozessen. Ganz besonders wichtig für den German Mittelstand ist: Wir dürfen nicht den ländlichen Raum vergessen. Dort lohnt sich der Ausbau wegen der geringeren Bevölkerungsdichte für die privaten Telekommunikationsunternehmen oft nicht. Zur Not muss dann der Staat einspringen. Denn dort befindet sich mit etwa 70% der Großteil der Industriearbeitsplätze. Viele mittelständische Unternehmen, darunter zahlreiche „Hidden Champions“, haben auf dem Land ihren Standort. Hierfür muss die Politik bei der Digitalisierung dringend die Schlagzahl erhöhen.

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15.

Nur Platz

Nicht einmal jedes dritte Unternehmen auf dem Land verfügt über einen Breitbandanschluss mit 50 Megabit pro Sekunde. Deutschland liegt bei der Internetgeschwindigkeit in Europa nur auf Platz 15 von 31 Staaten.

Digitalisierungsindex Quelle: Aktuelle OECD-Zahlen 2017 (siehe „Die digitale Bewegung“, Print. Seite 2/3.)

(

Kein leistungsfähiges Internet

Hoher Investitionsbedarf

ISO

Zu hoher Zeitaufwand

Fehlende, verlässliche Standards

Digitalisierung nicht notwendig

Probleme Datenschutz / -sicherheit

Fehlendes qualifiziertes Fachpersonal

Unklare Verantwortlichkeiten

Fehlender Support Top Management

40 38 32

Anteil in %

28 25 25 23 15 14 0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

15


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Digitale Infrastruktur

Attraktive ländliche Räume

Mittelstand Arbeitsplatzgarant Nr. 1 in ländlichen Regionen

Die Attraktivität ländlicher Räume hängt mehr denn je von einer guten Internet-Versorgung ab. Immer mehr Menschen machen ihre Arbeits-, Wohn- und Bleibeperspektiven von ausreichend schneller Internetverfügbarkeit abhängig. Der Erfolg der Unternehmen in ländlichen Räumen wiederum ist eng mit den Arbeits- und Lebensverhältnissen ihrer Fachkräfte und Mitarbeiter verknüpft. Wie in urbanen Räumen muss daher auch in ländlichen Gebieten der uneingeschränkte Zugang zu digitalen Produkten, Dienstleistungen und Informationen sichergestellt werden.

Dies ist auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht notwendig, kommt vielen Gebieten doch trotz ihrer geringeren Bevölkerungsdichte eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung zu: Industrieller Mittelstand, hochentwickelte Landwirtschaft und überregional agierendes spezialisiertes Handwerk haben hier ihre Standorte. Sie warten seit Jahren dringend auf eine leistungsfähige digitale Infrastruktur, die nicht zuletzt Voraussetzung für Innovationen und das Anwerben von Fachkräften sind

Dadurch können digitale schulische und außerschulische Aus- und Weiterbildungsangebote ebenso genutzt werden wie Angebote der öffentlichen Verwaltung.

Acht Bereiche, in denen Unternehmen* große Chancen durch die digitale Produktion erwarten. Quelle: E&Y 2016

Produktionsflexibilität

Bessere Gesamtanlageneffektivität

Bessere Kundenunterstützung

33%

68%

46%

16

31%

Neue Absatzmärkte

13%

24%

59% Kürzere Reaktionszeiten

Neue Produkte

16%

Kostenreduktion

Neue Geschäftsmodelle

Kosteneinsparungen im Durchschnitt

6,8%


03

Fachkräftemangel bremst Digitalisierung Demographischer Wandel verschärft Fachkräftemangel Fachkräfteengpässe nehmen zu. Besonders gravierend sind sie in den Kernberufen der Digitalisierung, die für Familienunternehmen eine zentrale Bedeutung aufweisen. Viele Unternehmen sind bereits akut von dem Mangel an Fachkräften betroffen: Mehr als 60 Prozent der Unternehmen sehen darin eine Gefahr für ihre Geschäftsentwicklung. (Quelle: Die größten Familienunternehmen Deutschlands, 2017) Der Fachkräftemangel als Entwicklungshemmnis ist aus Sicht der Unternehmen merklich angestiegen – 2010 waren es noch 16 Prozent, die den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko einstuften. Heute stellt dieser Mangel das größte Hemmnis dar. Die Zahl der Fachkräfteengpässe in Deutschland steigt und erfasst immer mehr Berufe und Regionen. In einigen Berufsfeldern mangelt es vor allem an Fachkräften mit Aus- oder Fortbildungsabschluss, in anderen fehlen Akademiker. Die Auswertung von Online-Stellenanzeigen großer Familienunternehmen hat ergeben, dass für sie vier technisch geprägte Berufsfelder, denen zur Gestaltung der digitalen Transformation eine zentrale Bedeutung zukommt, eine besondere Relevanz aufweisen. Die IT-Berufe weisen eine starke Beschäftigungsdynamik auf. Es gilt, die Aus- und Weiterbildung zu stärken und Quereinstiege zu fördern. Die IT-Berufe sind ein hochqualifiziertes

90

%

9 von 10 Unternehmen machen die Digitalisierung zur Chefsache. Nur jedes 7. Unternehmen vertraut auf externe Berater, einen Digitalisierungsbeauftragen hat nur jedes 10. Unternehmen. Quelle: IfM Bonn, 2017

Demographischer Wandel verschärft Fachkräftemangel Quelle: DIHK 2017

1/3

11-15

96

60

  Anstieg der Anzahl der Menschen über 65 Jahre bis 2060

Millionen Menschen weniger leben bis zum Jahr 2060 in Deutschland

von 619 Berufsgattungen sind aktuell mit Fachkraftengpässen konfrontiert

Prozent der Unternehmen sehen Fachkräftemangel bereits heute als Risiko

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Fachkräftemangel bremst Digitalisierung

Berufsfeld mit einem sehr hohen Beschäftigungsaufbau, der jedoch hinter den Wünschen der Unternehmen immer noch deutlich zurückbleibt. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen ist in nur zwei Jahren um 50 Prozent gestiegen. Im Süden Deutschlands sind die Fachkräfteengpässe noch stärker als im Norden.

Holger Lösch Stellvertretender BDI-Hauptgeschäftsführer

„Cybersicherheit ist eine Herausforderung und Gemeinschaftsaufgabe für Unternehmen und Staat. Ein hohes Niveau an Sicherheit im Cyberraum ist essentiell für den Mittelstandsstandort Deutschland.“

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Mindestens genauso schwierig wie das Rekrutieren neuer Mitarbeiter ist die fehlende Begeisterung in der vorhandenen Belegschaft: 59 Prozent der Unternehmen stimmten der Aussage zu, dass ihre Mitarbeiter Industrie4.0-Technologien nur zögerlich nutzen. In einer Allensbach-Umfrage gaben gar nur 19 Prozent der Befragten an, den Begriff Industrie 4.0 sympathisch zu finden, weil sie um ihre Jobs fürchten. Ohne richtig ausgebildete und gleichzeitig motivierte Besetzung, die übrigens immer an der Unternehmensspitze beginnen sollte, wird der digitale Wandel aber nicht gelingen. Deutschlands Rückstand ist in einigen Feldern wie der Plattform-Ökonomie ohnehin schon bedrohlich groß geworden.

Die Fachkraft – ein elementarer Wirtschaftsfaktor Auch die Projektionen der Bundesregierung zeigen, dass das erfreulich hohe Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren vor allem durch die EU-Binnenwanderung gestützt wurde. Diese aktuell projizierte Einwanderung wird aber nicht ausreichen, um den Rückgang des Erwerbspotenzials aufgrund des demographischen Wandels zu kompensieren. Zahlreiche Studien belegen, dass schon heute die Wirtschaftsleistung ohne Fachkräftemangel noch höher wäre. Es ist demnach entscheidend, heute aktiv gegenzusteuern, um mit einer starken Fachkräftebasis auch die zukünftigen Anforderungen stemmen zu können


Cybersicherheit größte Herausforderung des German Mittelstands Das große Sorgenkind der mittelständischen Unternehmen heißt Cyber-Security. Immer mehr Unternehmen werden Opfer von Hacker- und Spionage-Angriffen. Nach BITKOM-Zahlen verursachten die Angriffe alleine 2017 einen Gesamtschaden i.H.v. 55 Mrd. Euro. 34 Prozent der Befragten gaben nun auch die Sorge um Datensicherheit als das größte Problem der Digitalisierung an, erst weit dahinter rangieren alle weiteren Herausforderungen. Sicherheit und Vertrauen sind zentrale Voraussetzungen für den Erfolg der digitalen Transformation – nicht nur im Mittelstand. Aktuelle Umfragen (Quelle: Mittelstandspanel+ Bitkom, 2017) geben jedoch Anlass zu Sorge: Im industriellen Mittelstand wurden alleine in den vergangenen zwei Jahren 69% der Unternehmen Opfer von IT-Angriffen.

IT-Sicherheit muss erhöht werden Industrieunternehmen müssen zügig Kompetenzen aufbauen, um Sicherheit in Prozessen und Produkten zu gewährleisten. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen benötigen Hilfe, um Risiken bewerten und Lösungen entwickeln zu können. Cyber-Sicherheit lässt sich nur gemeinsam mit Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft erreichen. Gerade mittelständische Industriebetriebe sind häufig Opfer von gezielten und komplexen Angriffen auf ihr Unternehmen. Die Angreifer – oftmals staatliche Stellen – suchen dauerhaften Zugang, um Daten zu stehlen, zu verändern oder zu zerstören. Diese Angriffe stellen für Mittelständler eine der größten Risiken für Ihren Betrieb dar und sind bisher nicht kontrolliert in den Griff zu bekommen.

04 ;

+60 %

Cyberangriffe 2012-2017: 10 Mio. 2012 60 Mio. 2017 Quelle: IfM Bonn, 2017

Die zunehmende Digitalisierung offenbart hier eine Schattenseite: In den vergangenen 5 Jahren haben die Angriffe weltweit um das sechsfache zugekommen.

Mittelstand hat Nachholbedarf Während in fast 92 Prozent der großen Unternehmen Verschlüsselungstechnik bei der Übertragung von Daten zum Einsatz kommt, sind es bei kleinen und mittelständischen Unternehmen nur rund 72 Prozent (BMWi 2018). 56 Prozent der Klein- und Mittelstandsunternehmen geben an, dass die IT-Dienstleister oder die Fachabteilungen nicht über ausreichende Kompetenzen verfügten, um die entsprechenden Verschlüsselungslösungen einzusetzen. Größtes Problem ist in diesem Bereich also erneut der Fachkräftemangel. Gleichzeitig sind aber 94 Prozent der Meinung, dass die Verschlüsselung zu den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Unternehmensführung gehöre. Die Opfer von Wirtschaftskriminalität suchen selten Hilfe von außen. Zwei von drei Unternehmen meiden die Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden oder dem Verfassungsschutz. Aus Angst vor einem Imageschaden bleiben die Taten geheim.

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Position | Mittelstandspolitik | Digitalisierung Die Digitalisierung im Mittelstand

Mehr Jobs durch Roboter und Digitalisierung

Studie

+

Ist die Angst vor Arbeitsplatzvernichtung durch den Einsatz von Robotern und fortschreitender Digitalisierung unbegründet? Eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) kommt zu dem Schluss, dass durch neue Technik mehr Arbeitsplätze geschaffen als vernichtet werden. Zweifelsohne werden sich Arbeitsbilder aber in vielen Bereichen stark verändern. Der Einsatz von Robotern und anderen vernetzten Maschinen führt nicht nur zu Arbeitsplatzverlusten, sondern auch zu neuen Jobs. Zwar sei es durch den Einsatz solcher Technik in den Betrieben, die an der Studie teilgenommen haben, zu einer Streichung von rund 5 Prozent der Jobs gekommen. Zugleich seien aber auch neue Arbeitsplätze entstanden, die die Verluste mehr als kompensiert hätten, lautet das Ergebnis des ZEW. Die Forscher zeigen allerdings, dass es in den verschiedenen Branchen Gewinner und Verlierer gibt. Immer wichtiger wird daher eine hervorragende Aus- und Weiterbildung aller Arbeitnehmer, damit sie auf Veränderungen vorbereitet sind und reagieren können.

Nicht alle Branchen profitieren

+ 3,3 %

Einen Beschäftigungszuwachs verzeichnen hauptsächlich die Branchen Energie- und Wasserversorgung mit 3,3 Prozent, die Elektronikbranche und der Fahrzeugbau mit 3,2 Prozent sowie die sonstigen verarbeitenden Gewerbe mit 4 Prozent.

Branchen Energie- und Wasserversorgung

+ 3,2 % Elektronikbranche und Fahrzeugbau

+ 4,0 % Sonstigen verarbeitenden Gewerbe

+ 20

Die Jobbilanz fällt insgesamt positiv aus, weil der Einsatz neuer Technik diesen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft habe und das produzierende Gewerbe zu geringeren Preisen mehr herstellen konnte. Entsprechend konnte mehr Personal für andere Tätigkeiten eingestellt werden. Zusätzlich würden erfolgreiche Unternehmen weitere Jobs über den "Multiplikator-Effekt" schaffen: Löhne, Gewinne und Kapitaleinkommen führen zu einer höheren Kaufkraft, die wieder anderen Firmen zugutekomme.

Gewinner und Verlierer Bei den weggefallenen Arbeitsplätzen handelt es sich nach Angaben der Wissenschaftler hauptsächlich um „Routine-Tätigkeiten“ mit immer wieder gleichen Arbeitsabläufen. Dagegen weisen neu geschaffene Stellen deutlich höhere und komplexere Anforderungen an die Mitarbeiter auf. Hier liegt die große Chance – gerade im Hochlohnland Deutschland.


Position | Mittelstandspolitik | Digitalisierung Die Digitalisierung im Mittelstand

Cybersicherheit größte Herausforderung des German Mittelstands

Grundsätzlich ist es zu allererst Aufgabe der Unternehmen selbst, mehr Sicherheit zu gewährleisten. Die Politik sollte hierfür allerdings einen geeigneten Rahmen bereitstellen, innerhalb dessen Unternehmen handlungsfähig werden können.

..

Hierzu zählt, dass durch die Bundesregierung auf die Einhaltung von Vorgaben und Konventionen auf europäischer und internationaler Ebene gedrungen wird.

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Der Mittelstand begrüßt es sehr, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sich speziell auch die Herausforderungen in mittelständischen Unternehmen annimmt. Das Bündnis für Cybersicherheit und der Pakt für Nationale Cybersicherheit müssen rasch arbeitsfähig werden. Staat und Industrie müssen den engen Austausch über aktuelle Bedrohungen und Abwehrstrategien intensivieren.

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Gerade auf europäische Ebene sollten weitere Initiativen zu Verbesserung der Cyber-Sicherheit angegangen werden. Die zuständige EU-Agentur muss stärker noch als bisher für einen wechselseitigen Erfahrungsaustausch und eine enge Abstimmung zwischen den Mitgliedsstaaten sorgen.

Damit kann Cybersicherheit zu einem Marken-Charakteristikum deutscher Mittelständler werden

Iris Plöger Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung

„Beim e-government hinkt Deutschland anderen Ländern stark hinterher. Die Politik hat es schlicht und einfach versäumt, wichtige Meilensteine zu setzen – etwa bei der Digitalisierung der wichtigsten 100 Verwaltungsleistungen für Bürger und Unternehmen.“

Chance - und Gefahr Quelle:BDI/ATK-Mittelstandspanel 2017

35% 

Digitalisierung als Chance

42% Digitalisierung als Herausforderung

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Eine moderne Verwaltung für einen modernen Mittelstand Die deutsche Verwaltung ist meist noch im letzten Jahrhundert gefangen. E-government ist oft noch ein Fremdwort.

e-government Verwaltung 4.0 Revolution

Eine digitalisierte Wirtschaft braucht eine digitale Verwaltung. Die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung ist eine weitere zentrale Aufgabe, die die Politik im Zuge der Digitalisierung in Deutschland leisten muss. Dabei fällt diese Aufgabe in den absoluten Kernbereich staatlicher Verantwortung und kann keineswegs länger auf die lange Bank geschoben werden. Die digitalisierte Wirtschaft braucht eine digitale Verwaltung, alleine schon aufgrund der Potentiale zur Vereinfachung von bürokratischen Verfahren und Abläufen. Falls dieses Projekt zur Verwaltungsmodernisierung in den nächsten Jahren nicht erfolgreich ist, wird die analoge Verwaltung mit ihren langwierigen und komplizierten Abläufen zu einem echten Standortnachteil werden. Auch die Bürger fordern einen modernen Staat, der die neuen technischen Möglichkeiten sinnvoll nutzt. Zudem schätzt der Normenkontrollrat das Einsparpotential in der Verwaltung bei einer konsequenten 22

Digitalisierung auf rund 30 Prozent. Leider ist bei der Verwaltungsmodernisierung in den letzten Jahren viel zu wenig passiert. Andere Staaten sind bei der Bereitstellung moderner öffentlicher Dienstleistungen und bei der Modernisierung ihrer Verwaltungen viel weiter.

Keine leichte Aufgabe Digitalisierung bedeutet keineswegs nur eine Erneuerung der IT-Systeme. Es geht stattdessen um einen vielschichtigen Innovationsprozess, bei dem die neuen technischen Möglichkeiten einen Kulturwandel bedingen und benötigen. Zudem wird eine umfassende Modernisierung der Prozesse notwendig. Technischer Wandel, Veränderungen der Organisationsstrukturen sowie eine veränderte Geisteshaltung bedingen sich gegenseitig und sind alles unabdingbare Teile einer erfolgreichen Digitalisierungsstrategie.

Verwaltung muss kundenorientiert sein Diese radikale Ausrichtung am Kundenbedürfnis muss der Kern jeder Digitalisierungsstrategie im öffentlichen


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Sektor sein. Dies ist natürlich nicht nur ein technisches, sondern vor allem ein kulturelles Problem. Es erfordert nicht nur neue technische Anwendungen, sondern eine neue Geisteshaltung. Wir brauchen eine Einbeziehung von Bürgern schon bei der Entwicklung neuer Dienste, Betatests und offene Innovationsprozesse – kurz: Wir brauchen mehr Start-up-Methoden in der Verwaltung! Das große Problem dabei ist natürlich, dass Ministerien (und auch andere Bereiche der öffentlichen Verwaltung) organisatorisch und kulturell keine besonders innovationsoffenen Organisationen sind. Sie haben schon von ihrem Selbstverständnis her zunächst keine guten Ausgangsbedingungen für die Bewältigung der Digitalisierung. So gibt es leider auch viele Beispiele für gescheiterte Innovationen, die durch die öffentliche Hand angestoßen wurden:

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Hierzu zählt die Gesundheitskarte, die trotz hoher Einführungskosten noch keinen funktionellen Mehrwert mit sich bringt. Die Potentiale, die man mit einer Einbindung digitaler Lösungen im Gesundheitssektor heben könnte, werden überhaupt nicht realisiert.

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Eine weiteres Beispiel ist die De-Mail: Hier wurde eine technisch unsichere E-Mail-Lösung entwickelt, wobei der Staat gleichzeitig ihre vermeintliche Sicherheit propagierte.

Damit machen sich Verwaltung und Politik leider unglaubwürdig. Auch der grundsätzliche Gedanke hinter der De-Mail funktioniert nicht. Der Versuch, Verbraucher und Unternehmen dazu zu bringen für E-Mails Geld zu bezahlen, so wie früher für Briefe, zeugt von einem grundsätzlichen Unverständnis der digitalen Welt. Gemeinsam ist all diesen gut gemeinten, aber in der Praxis gescheiterten Lösungen, dass sie nicht an den Nutzerbedürfnissen ausgerichtet waren.

Kommunen erfolgreich Interessanterweise ist es so, dass viele kommunale Verwaltungen bei der Digitalisierung deutlich erfolgreicher als die Bundes- oder Landesebene sind. Die Vermutung liegt nahe, dass dies an ihrem intensivieren Bürgerkontakt liegt. Sie bekommen ganz direkt mit, dass die Menschen im 21. Jahrhundert bessere staatliche Dienstleistungen und Kommunikation fordern und müssen darauf reagieren.

Eine moderne Verwaltung für einen modernen Mittelstand

Ein Blick ins Musterland Estland Viele Länder gehen mit guten Vorbildern voran und reformieren ihre Verwaltung fundamental, um in Zeiten einer zunehmend digitalisierten Welt den Anschluss nicht zu verlieren. Ein vielzitiertes Beispiel hierfür ist Estland. Der baltische Staat befasste sich bereits seit Ende des letzten Jahrhunderts intensiv mit der Dezentralisierung und Optimierung der öffentlichen Verwaltung. Dazu wurde zunächst eine technische Architektur aufgesetzt, die es erlaubt, schrittweise Dienstleistungen der Verwaltung zu digitalisieren. Im Zentrum dieser Architektur steht die sogenannte X-Road. Diese stellt die technische Umgebung dar, die es erlaubt, dass die verschiedensten Datenbanken und Systeme sicher und kompatibel kommunizieren – sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Jegliche Kommunikation, die über die X-Road führt, verfügt über eine digitale Signatur und erfolgt verschlüsselt. Die zweite wichtige Säule der digitalen Verwaltung von Estland ist die e-ID. Hierbei handelt es sich um ein standardisiertes nationales System zur sicheren Verifizierung von Identitäten. Dadurch kann eine eindeutige elektronische Identifizierung sichergestellt werden. Durch das Zusammenspiel einer sicheren Infrastruktur (X-Road) und einer zuverlässigen elektronischen Identifizierung (e-ID) ist die estnische Regierung in der Lage, schrittweise immer mehr Dienstleistungen zu digitalisieren und somit den Bürgern und Unternehmen im Land viel Zeit und Kosten zu ersparen. Mittlerweile sind im staatlichen estnischen Informationssystem mehr als 600 Informationssysteme des öffentlichen und privaten Sektors gebündelt. Diese bieten Zugang zu mehr als 2.500 Dienstleistungen. Dadurch ist es z. B. seit 2007 möglich, innerhalb von nur 15 Minuten ein Unternehmen online zu gründen. Zahlreiche Hackerangriffe in der Vergangenheit zeigen jedoch auch, dass ein zu großen Teilen digitalisiertes Staatswesen einer beachtlichen Gefahr von Cyberkriminellen ausgesetzt ist. Umso wichtiger ist eine stabile und sichere Architektur der digitalen Verwaltung. Estland ist ein herausragendes Beispiel dafür, dass diese Aufgabe gemeistert werden kann.

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Eine moderne Verwaltung

„Als Thüringer Familienunternehmer sehe ich jeden Tag, wie wichtig attraktive ländliche Regionen mit guter Infrastruktur sind. Fachkräfte halten und gewinnen wir nur dann, wenn unsere Mitarbeiter und deren Familien hervorragende Infrastrukturen bei Internet und 5G genauso wie bei Kindergärten, Schulen und Ärzten vorfinden.“

Bertram Kawlath Geschäftsführer Schubert & Salzer Feinguß Lobenstein GmbH

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Eine moderne Verwaltung für einen modernen Mittelstand

Digitalisierung – 5 Kernanliegen des Mittelstands 1

Digitale Infrastruktur

Eine moderne digitale Infrastruktur in ganz Deutschland – vor allem jenseits von Ballungsgebieten im ländlichen Raum. Ohne schnelles Internet, Breitbandausbau und 5G wird der standorttreue Mittelstand weiter abgehängt.

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Digitale Verwaltung

Eine digitale Verwaltung – E-Government für schnelle, entschlackte Prozesse mit weniger Bürokratie und Kostenaufwand; nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die Bürger.

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Mehr Fachkräfte

Eine Fachkräfteinitiative – zur Schließung der immer größer werdenden Fachkräftelücke gerade auf dem Land. Junge Menschen müssen top ausgebildet und in den Regionen gehalten werden, damit sie die attraktiven Arbeitsplätze in mittelständischen Unternehmen nutzen können. Dazu fehlt ein wirksames Fachkräftezuwanderungsgesetz, das unkomplizierten Zuzug dringend benötigter Spezialisten aus aller Welt möglich macht.

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Cyber-Sicherheit

Verbesserung der Cyber-Sicherheit – zur Stärkung der digitalen Souveränität Deutschlands und Europas. Denn die digitale Transformation hängt vom Vertrauen der Anwender in die Sicherheit des Wirtschaftsstandortes ab.

5

Digitaler Binnenmarkt

Vollendung des europäischen, digitalen Binnenmarktes – gerade digitale Geschäftsmodelle und Plattformen sind auf einen großen Markt angewiesen, um sich global zu behaupten

Initiative Mittelstand Digital Derzeit 24 regionale und themenspezifische Mittelstand „4.0-Kompetenzzentren“ und vier bundesweit aktive „Mittelstand 4.0-Agenturen“ sind Teil des Förderschwerpunkts „Mittelstand-Digital“, welches vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. Der Förderschwerpunkt unterstützt gezielt kleine und mittlere Unternehmen sowie das Handwerk bei der digitalen Transformation sowie bei der Entwicklung und Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Die Angebote sind kostenfrei.

Weitere Informationen sind zu finden unter: www.mittelstand-digital.de 25


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Impressum

Impressum Herausgeber Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Breite Straße 29 10178 Berlin T.: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Redaktion Fabian Wehnert, Abteilungsleiter Abteilung Mittelstand und F ­ amilienunternehmen RA Daniel Schwake, Stellvertretender ­Abteilungsleiter Abteilung Mittelstand und Familienunternehmen Konzeption & Umsetzung Sarah Pöhlmann, Referentin Abteilung Marketing, Online und Veranstaltungen Layout Michel Arencibia, Art Director www.man-design.net Druck Das Druckteam www.druckteam-berlin.de Verlag Industrie-Förderung Gesellschaft mbH, Berlin Bildnachweis Umschlag: © 195128860 | industrieblick | Fotolia.com S. 4: © 85374728 | industrieblick | Fotolia.com S. 6: 2797178 | pixabay.com S. 10: 579290 | pixabay.com S. 18: 1895691 | pixabay.com S. 22: 2784907 | pixabay.com S. 24: © 101709371 | Nataliya Hora | Fotolia.com Stand Oktober 2018 BDI-Publikations-Nr. 0080

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