POSITION | AUSSENWIRTSCHAFT
Eine neue Agenda für die transatlantischen Handelsbeziehungen
Juli 2018 Kernforderungen 1. Die EU und USA müssen im Gespräch miteinander bleiben: Dazu gehört ein gemeinsames Verständnis über die Faktenbasis der Handelsbeziehungen sowie die Wiederherstellung gegenseitigen Vertrauens. 2. Keine Zölle unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit: Importe von Stahl, Aluminium oder auch Automobilen und Automobilteilen gefährden nicht die nationale Sicherheit der USA. Daher sollten die bereits verhängten Zölle wieder abgeschafft und keine weiteren erhoben werden. 3. In Einklang mit der WTO handeln: Die Kompensationszölle der EU sind ein wichtiges politisches Signal, jedoch nicht ohne Risiken. Jede EU-Entscheidung über Gegenmaßnahmen muss in Einklang mit dem WTO-Regelwerk getroffen werden. Wir begrüßen, dass die EU Klage bei der WTO eingereicht hat. 4. Transatlantische Handelsbarrieren abbauen: Nach wie vor belasten zahlreiche tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse den Handel zwischen den USA und der EU. Deren Abbau würde Arbeitsplätze sichern, Wohlstand schaffen und sollte langfristiges Ziel von Verhandlungen zwischen der EU und den USA bleiben. 5. Gemeinsame Basis für Verhandlungen sicherstellen: Die EU und die USA sollten prüfen, ob eine gemeinsame Basis für Verhandlungen über ein Handelsabkommen besteht. Dazu gehören ein gemeinsames Verständnis über Verhandlungsinhalte und gesellschaftliche Offenheit für ein Abkommen. Weder die EU noch die USA können sich ein Scheitern leisten. Verhandlungen müssen daher politisch und kommunikativ gründlich vorbereitet werden. 6. Eine Vereinbarung muss die Anforderungen an ein modernes Abkommen erfüllen
Abschaffung aller Industriegüterzölle: Gespräche sollten zum Ziel haben, den Vorgaben der WTO entsprechend annähernd den gesamten Handel („substantially all the trade“) zu liberalisieren. Die deutsche Industrie setzt sich für einen Abbau aller Industriegüterzölle ein.1 Inhalte eines modernen Handelsabkommens: Eine Wiederaufnahme der alten TTIP-Agenda ist im aktuellen politischen Umfeld unwahrscheinlich. Dennoch müsste ein Abkommen mit den USA den Ansprüchen an eine moderne Handelspartnerschaft gerecht werden. Ein Blick allein auf Zölle sagt heute wenig über die faktische Marktöffnung aus. Ein reines Zollabkommen mit den USA wäre daher zu kurz gegriffen. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse müssten, das öffentliche Beschaffungswesen sollte, Bestandteil von Gesprächen sein.
7. Eine positive Agenda für die WTO: Die WTO ist unabkömmliche Hüterin des Welthandels. Sie ermöglicht einen weitestgehend regelbasierten Handel und offene Weltmärkte. Allerdings stoßen ihre Überwachungsmechanismen und ihr Regelwerk zunehmend an Grenzen. Die EU und die USA sollten sich auf eine positive WTO-Agenda verständigen, um das Regelwerk zu modernisieren und die Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismen zu stärken. 8. Eine neue Agenda für den Umgang mit China: China ist ein handelspolitisches Schwergewicht, spielt aber auf den Weltmärkten nicht immer nach den Regeln. Die USA, die EU und Japan sollten gemeinsam gegen Marktverzerrungen vorgehen und hierfür auch das trilaterale Forum – USA, EU, Japan – nutzen. Ziel sind gleiche Wettbewerbsbedingungen, die Begrenzung von Subventionen, der Schutz geistigen Eigentums und die transparente öffentliche Projektvergabe.
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Für einige besonders sensible Agrarprodukte sollten Ausnahmen getroffen werden.
Dr. Stormy-Annika Mildner, Julia Howald | Außenwirtschaftspolitik | www.bdi.eu
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Hintergrund Die Vereinigten Staaten von Amerika sind ein wichtiger Partner für Politik und Wirtschaft in Deutschland. Seit der Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump sind die transatlantischen Beziehungen jedoch in schwierigeres Fahrwasser geraten. Trump hat Deutschland wiederholt für seinen Exportüberschuss kritisiert und droht, die US-Wirtschaft durch Einfuhrzölle abzuschotten. Gerade die Zölle auf Stahl und Aluminium, wie auch die Untersuchung zu Automobilimporten, belasten das transatlantische Verhältnis deutlich.2 Enge wirtschaftliche Beziehungen im beidseitigen Interesse Die USA sind laut dem Statistischen Bundesamt seit 2015 wichtigster Absatzmarkt für deutsche Warenexporte. Deutsche und US-amerikanische Unternehmen gehören zudem zu den wichtigsten ausländischen Investoren im jeweils anderen Markt. Damit sind die Beziehungen zu den USA eine wichtige Stütze für Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA gehen weit über den Güterhandel hinaus. Die Bedeutung dieser Wirtschaftsbeziehung muss vor dem Hintergrund der engen wirtschaftlichen Verflechtung in der EU betrachtet werden. Im Jahr 2017 betrug der Wert deutscher Warenexporte in die USA 111,5 Milliarden Euro und hatte damit einen Anteil von 8,7 Prozent an den gesamten Warenexporten Deutschlands. .Die Vereinigten Staaten sind damit knapp vor Frankreich, China und den Niederlanden der wichtigste Exportmarkt für deutsche Unternehmen. Bei Warenimporten waren die USA 2017 Deutschlands viertwichtigster Handelspartner nach China, den Niederlanden und Frankreich. Deutschland importierte 2017 Waren im Wert von insgesamt 61,1 Milliarden Euro aus den Vereinigten Staaten. 3 Damit war Deutschland knapp hinter dem Vereinigten Königreich der sechstgrößte ausländische Absatzmarkt für US-amerikanische Waren.4 Das US-Handelsbilanzdefizit mit Deutschland vergrößerte sich 2017 nach einem starken Rückgang um 8,7 Prozent im Vorjahr5 wieder leicht um 3,2 Prozent auf nun 50,4 Milliarden Euro.67 Für Deutschland wie auch für die gesamte EU waren die USA 2015 der wichtigste Handelspartner im Dienstleistungssektor,8 sowohl im Import als auch im Export von Dienstleistungen. 9 Über ein Viertel der europäischen Dienstleistungsexporte entfiel 2016 auf die Vereinigten Staaten und auch knapp
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Das BDI-Positionspapier vom 18. April 2018 US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Welche Maßnahmen sollte die EU ergreifen? finden Sie hier: <https://bdi.eu/media/publikationen/?publicationtype=Positionen#/publikation/news/us-zoelle-aufstahl-und-aluminiumimporte/>. 3 Statistisches Bundesamt, Fact Sheet: Außenhandel 2017 Rangfolge Handelspartner, <https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Aussenhandel/Tabellen/RangfolgeHandelspartner.pdf?__blob=publicationFile> (eingesehen am 23.05.2018). 4 U.S. Department of Commerce, Fact Sheet: Top U.S. Trade Partners 2017, <https://www.trade.gov/mas/ian/build/groups/public/@tg_ian/documents/webcontent/tg_ian_003364.pdf> (eingesehen am 23.05.2018). 5 Statistisches Bundesamt, Fact Sheet Außenhandel 2016, <https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Aussenhandel/Gesamtentwicklung/ZusammenfassendeUebersichtenJendgueltig2070100167004.pdf?__blob=publicationFile> (eingesehen am 29.05.2018). 6 Statistisches Bundesamt, Fact Sheet: Außenhandel 2017 Rangfolge Handelspartner, <https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Aussenhandel/Tabellen/RangfolgeHandelspartner.pdf?__blob=publicationFile> (eingesehen am 23.05.2018). 7 US-Quellen hingegen verzeichnen aufgrund Wechselkursschwankungen und möglicherweise abweichenden Methoden eine für die Vereinigten Staaten positive Entwicklung des Warenhandels - so ist US-amerikanischen Angaben zufolge das Handelsbilanzdefizit mit Deutschenland von 2016 auf 2017 um 1,5 Prozent von 64,7 auf 63,7 Milliarden US-Dollar gesunken. Quelle: United States Census Bureau, Trade in Goods with Germany, <https://www.census.gov/foreign-trade/balance/c4280.html> (eingesehen am 12.05.2018). 8 Europäische Kommission, Fact Sheet: International Trade in Services by Partner, <http://ec.europa.eu/eurostat/statisticsexplained/index.php?title=International_trade_in_services_by_partner> (eingesehen am 25.03.2018). 9 Bei Daten zu Dienstleistungen ist aufgrund unterschiedlicher Methoden zur Berechnung des Handelsvolumens Vorsicht geboten – sowohl EU als auch USA betrachteten sich beispielsweise 2015 als Nettoexporteur im transatlantischen Handel von Dienstleistungen und sehen das Handelsbilanzdefizit beim Handelspartner. Allein im Dienstleistungshandel zwischen den 2
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ein Drittel der europäischen Importe war US-amerikanischen Ursprungs.10 Für Deutschland, den sechstwichtigsten Exportmarkt für US-amerikanische Dienstleistungen, verzeichneten die Vereinigten Staaten 2017 Dienstleistungsexporte in Höhe von 32,7 Milliarden US-Dollar und Dienstleistungsimporte in Höhe von 35,4 Milliarden US-Dollar, die zu einem US-Dienstleistungsbilanzdefizit mit Deutschland von 3 Milliarden US-Dollar führen. Mit einem Investitionsbestand in Höhe von 372,8 Milliarden US-Dollar waren deutsche Unternehmen 2016 der viertgrößte ausländische Investor in den USA, während sich der US-amerikanische Investitionsbestand in Deutschland auf etwa 107,7 Milliarden US-Dollar belief.11 US-amerikanische Unternehmen waren 2015 als Mehrheitsinvestor an 1.846 in Deutschland angesiedelten Unternehmen beteiligt und sicherten so 703.200 Arbeitsplätze.12 Deutsche Investoren und Unternehmen hielten im selben Jahr Mehrheitsanteile an 3.072 Unternehmen in den Vereinigten Staaten und trugen damit vor Ort 2015 zu 673.900 Arbeitsplätzen bei, von denen fast die Hälfe auf die Industrie entfällt. Nach dem Vereinigten Königreich, Japan und Frankreich waren deutsche Unternehmen 2015 der viertgrößte ausländische Arbeitgeber in den USA. 13 Auch die Erträge aus den Auslandsinvestitionen gehen in die Leistungsbilanz zwischen zwei Ländern ein. Die Einkommen, die über die Investitionen im jeweils anderen Land generiert werden, werden als Primäreinkommen erfasst. Hierunter fallen etwa grenzüberschreitende Einnahmen, die über Auslandsinvestitionen (also etwa bei Töchtern von US-Unternehmen in Deutschland) anfallen. Wie die Handels- und die Dienstleistungsbilanz, so weist auch der Saldo der Primäreinkommen ein Defizit der USA gegenüber Deutschland aus, wenn auch in geringer Höhe (4,4 Milliarden Euro, 2017). Dieses Defizit bedeutet, dass US-Töchter deutscher Unternehmen etwas mehr Gewinn machen als die Niederlassungen von US-Unternehmen in Deutschland.14 Allerdings ist die rein nationale Betrachtung irreführend. Denn die EU-Volkswirtschaften sind sehr eng miteinander verbunden. So bezieht Deutschland viele Dienstleistungen von US-Unternehmen nicht direkt aus den USA, sondern über deren Töchter in anderen EU-Ländern, insbesondere aus Irland. Vor allem steuerliche Gründe führen dazu, dass nicht Niederlassungen in Deutschland, sondern die irischen Niederlassungen die Geschäfte mit deutschen Unternehmen machen. Davon „profitiert“ (aus US-Perspektive) die irische Leistungsbilanz, nicht jedoch die deutsche. Gleichzeitig fallen bei diesen Transaktionen zwischen Irland (und anderen EU-Staaten) und Deutschland US-Primäreinkommen aus dem Handel der US-Töchter in Irland (zu Ungunsten der Leistungsbilanz Deutschland/USA) an und nicht in Deutschland. Durch die starke Verflechtung kommt es daher nicht auf die Leistungsbilanz der USA mit Deutschland, sondern vielmehr auf die Leistungsbilanz der USA mit der gesamten EU an. Und diese ist so gut wie ausgeglichen.
USA und Deutschland divergieren die Angaben um bis zu zehn Milliarden Euro jährlich und lassen sich nicht allein über Wechselkursschwankungen erklären. Erklärungsversuche dieser Asymmetrien haben das amerikanische Bureau of Economic Analysis und Eurostat 2017 in einem gemeinsamen Paper dargelegt: Transatlantic Trade in Services: Investigating Bilateral Asymetries in EU-US Trade Statistics. 2017 Edition, <http://ec.europa.eu/eurostat/documents/7870049/8544118/KS-GQ-17-016EN-N.pdf/eaf15b03-5dcf-48dd-976f-7b4169f08a9e> (eingesehen am 24.05.2018). 10 Europäische Kommission, Fact Sheet: International Trade in Services, <http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/International_trade_in_services > (eingesehen am 24.05.2018). 11 BEA, Data Sheet: Foreign Direct Investment Position in the United States on a Historical-Cost Basis, by Country of Ultimate Beneficial Owner, 2008-2016, <https://www.bea.gov/international/di1fdibal.htm>, Data Sheet: U.S. Direct Investment Abroad: Selected Items by Detailed Country, 2009-2016, <https://www.bea.gov/international/di1usdbal.htm> (eingesehen am 30.05.2018). 12 BEA, Selected Data for Majority-Owned Foreign Affiliates in All Countries in Which Investment Was Reported, 2015 <https://www.bea.gov/international/xls/selected_mofas_cntry.xls> (eingesehen am 30.5.2018). 13 BEA, U.S. Affiliate Activities: Preliminary 2015 Statistics, Majority-Owned Affiliates, <https://www.bea.gov/international/xls/fdius-2015p/PartII-A1-A9.xls> (eingesehen am 30.05.2018). 14 ifo Institut, Beobachtungen zur US-Leistungsbilanz, ifo-Schnelldienst 9/2018 <https://www.cesifo-group.de/DocDL/sd-20189-2018-05-09.pdf> (eingesehen am 26.06.2018). 3
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Die EU hat in der Handelsbilanz einen Überschuss mit den USA in Höhe von 153 Milliarden US-Dollar. Dem steht aber erstens ein beträchtliches Defizit in der (gesamteuropäischen) Dienstleistungsbilanz in Höhe von 51 Milliarden US-Dollar gegenüber. Und zweitens weist die EU ein sehr großes Defizit bei den (gesamteuropäischen) Primäreinkommen in Höhe von 106 Milliarden US-Dollar auf (2017).15 Der Blick auf die gesamte Leistungsbilanz, und zwar zwischen der gesamten EU und den USA, zeigt, dass europäische Unternehmen mit anderen Geschäftsmodellen den US-Markt bedienen als andersrum. Die Unternehmen der EU sind erfolgreicher darin, ihre Waren direkt in die USA zu exportieren als andersrum. Dafür gelingt es US-Unternehmen aber besser, Niederlassungen in der EU aufzubauen und über diese Unternehmen Umsatz und Gewinne vor Ort (Primäreinkommen) zu generieren.
Barrieren im transatlantischen Handel Die Importzölle der EU sind im internationalen Maßstab niedrig: der einfache angewandte Durchschnittzoll für Industriegüter liegt in der EU bei 4,2 Prozent, in China liegt dieser beispielsweise bei 9 Prozent. Vergleich Zölle EU/USA Gesamt (in Prozent)
Agrargüter (in Prozent)
Industriegüter (in Prozent)
Einfacher angewandter Durchschnittszoll (2016)
Gewichteter angewandter Durchschnittszoll (2015)
Einfacher angewandter Durchschnittszoll (2016)
Gewichteter angewandter Durchschnittszoll (2015)
Einfacher angewandter Durchschnittszoll (2016)
Gewichteter angewandter Durchschnittszoll (2015)
EU
5,2
3,0
11,1
7,8
4,2
2,6
USA
3,5
2,4
5,2
3,8
3,2
2,3
VR China
9,9
4,4
15,5
9,7
9,0
4,0
WTO, Tariff Profiles, <https://www.wto.org/english/res_e/booksp_e/tariff_profiles17_e.pdf>.
Aktuelle Analysen zeigen, dass die US-Einfuhrzölle im Durchschnitt noch etwas niedriger liegen. Beispielsweise bei Beförderungsmitteln liegen die EU-Zölle durchschnittlich bei etwa vier Prozent, in den USA bei drei Prozent.16 Allerdings haben beide Seiten einzelne Spitzenzölle: EU-Zölle auf Pkw von 10 Prozent;17 US-Zölle auf leichte Nutzfahrzeuge von bis zu 25 Prozent.18 Wenn man außerdem den bilateralen Handel mit Industriegütern zwischen der EU und den USA danach gewichtet, was tatsächlich gehandelt wurde, liegen die Durchschnittzölle in Europa etwas niedriger als in den USA: 1,4 Prozent versus 1,6 Prozent (Zahlen beziehen sich auf 2015).19 Unter dem Strich ist im bilateralen Handel die Zollbelastung für die meisten Produkte sehr ähnlich oder gleich.
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ifo Institut, Beobachtungen zur US-Leistungsbilanz, ifo-Schnelldienst 9/2018 <https://www.cesifo-group.de/DocDL/sd-20189-2018-05-09.pdf> (eingesehen am 26.06.2018). 16 Gabriel Felbermayr, „Zölle im transatlantischen Handel: Worauf, wie viel und wie gerecht?“, in: ifo Schnelldienst, 6/2018 <http://www.cesifo-group.de/DocDL/sd-2018-06-felbermayr-zoelle-2018-03-22.pdf> 17 WTO, Data on MFN Applied Tariff for the European Union 2017, <http://stat.wto.org/idbdata/idb_eec_last_e.zip> (eingesehen am 12.06.2017). 18 WTO, Data on MFN Applied Tariff for the USA 2017, <http://stat.wto.org/idbdata/idb_usa_last_e.zip> (eingesehen am 12.06.2017). 19 WTO, ITC, UNCTAD, World Tariff Profiles 2017, <http://stat.wto.org/TariffProfiles/E28_e.htm>, <http://stat.wto.org/TariffProfiles/US_e.htm>. 4
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Darüber hinaus belasten nicht-tarifäre Handelshemmnisse den transatlantischen Handel in beide Richtungen unnötig. Die EU hat im Rahmen der Verhandlungen über das Transatlantische Handelsund Investitionsabkommen (TTIP) gezeigt, dass sie grundsätzlich bereit ist, nahezu alle Zollschranken zu beseitigen und nicht-tarifäre Handelshemmnisse umfassend abzubauen.
Aktueller Stand transatlantischer Handelsverhandlungen 2013 fiel der Startschuss für die TTIP-Verhandlungen. Seit der Wahl von US-Präsident Donald Trump Anfang November 2016 ruhen die Verhandlungen. Allerdings waren sie schon vor der USWahl ins Stocken geraten – auch wegen der gesellschaftlichen Opposition in vielen EU-Ländern, nicht zuletzt Deutschlands. Während die Verhandlungen beim Thema Zölle weit fortgeschritten waren, erwiesen sich die Gespräche über Regulierungskooperation, öffentliche Auftragsvergabe und Investitionsschutz als sehr schwierig. Sowohl in der Politik als auch der Öffentlichkeit waren die Erwartungen Ende 2016 gedämpft, dass TTIP noch zum Erfolg gebracht werden könnte. Die deutsche Wirtschaft stand geschlossen hinter TTIP. Der BDI zusammen mit seinen Mitgliedsverbänden sowie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der Arbeitgeberverband Gesamtmetall oder auch der Verband der Familienunternehmer (ASU) setzten sich mit großem Einsatz für TTIP ein. Angesichts der Konflikte mit den USA werden die Stimmen lauter, die eine Neuauflage der Verhandlungen über ein transatlantisches Handelsabkommen fordern. Verhandlungen sollen die Kritik Trumps am Handelsbilanzüberschuss der EU aufgreifen, die Diskussion von Strafzöllen in einen konstruktiven Dialog überführen und die Protektionismus-Spirale stoppen. Die EU-Kommission führte Mitte Mai aus, dass sie bereit wäre, ein Handelsabkommen mit den USA zu sondieren, sollte die EU eine permanente Ausnahme von den Stahl- und Aluminiumzöllen erhalten.
Empfehlungen der deutschen Wirtschaft im Detail 1. Die EU und USA müssen im Gespräch miteinander bleiben Die EU und USA sind wichtige politische und wirtschaftliche Partner füreinander. Die handelspolitischen Gespräche müssen daher wieder aufgenommen werden, auch um eine weitere Eskalation protektionistischer Maßnahmen zu verhindern. Basis von Gesprächen sollte die Faktenlage der transatlantischen Handels- und Investitionsbeziehungen bilden. Ein Blick allein auf den Warenhandel ist unzureichend. Die Trump-Administration sollte stärker dem Fakt Rechnung tragen, dass die USA positive Bilanzen im Dienstleistungshandel und bei den Primäreinkommen mit der EU haben.
2. Keine Zölle unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit Importe von Stahl, Aluminium oder auch Automobilen und Automobilteilen gefährden nicht die nationale Sicherheit der USA. Daher sollten die auf Basis des Abschnittes 232 des Handelsgesetzes von 1962 verhängten Zölle wieder abgeschafft und keine weiteren Zölle erhoben werden.
3. In Einklang mit der WTO handeln Die Kompensationszölle, welche die EU als Reaktion auf die US-Zölle auf Stahl und Aluminium verhängt hat, sind ein wichtiges politisches Signal, aber nicht ohne Risiken. Kompensationszölle können
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dazu beitragen, protektionistische Tendenzen zu verstärken. Sie müssen daher immer sehr sorgfältig abgewogen werden. Jede EU-Entscheidung über Gegenmaßnahmen muss in Einklang mit dem WTO-Regelwerk getroffen werden. Das multilaterale Rahmenwerk muss gestärkt, verbessert und ausgebaut werden; es darf nicht weiter geschwächt werden. Die deutsche Industrie begrüßt, dass die EU als ersten Schritt eines Streitschlichtungsverfahrens Konsultationen mit den USA bei der WTO beantragt hat. Sollte über den Verhandlungsweg keine Lösung erzielt werden, sollte ein Streitschlichtungspanel eingerichtet werden.
4. Transatlantische Handelsbarrieren abbauen Nach wie vor belasten zahlreiche tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse den Handel zwischen den USA und der EU. Der Abbau dieser Handelsbarrieren würde Arbeitsplätze sichern und Wohlstand schaffen und sollte langfristiges Ziel von Verhandlungen zwischen der EU und den USA bleiben. Verhandlungen zwischen der EU und den USA könnten zudem ein starkes Signal für offenen und regelbasierten Handel sein und dazu beitragen, Unsicherheiten auf den Märkten zu beseitigen. Ein transatlantisches Handelsabkommen, das fast 50 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und ein Drittel des Welthandels umfassen würde, könnte zudem marktwirtschaftliche und rechtsstaatliche Prinzipien in der globalen Wirtschaftsordnung stärken.
5. Basis für Verhandlungen sicherstellen Allerdings will der Zeitpunkt für neue Verhandlungen gut gewählt sein. Hier müssen zunächst die Voraussetzungen geschaffen werden.
Gegenseitiges Vertrauen: Die US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte, die Untersuchung, ob Automobilimporte die nationale Sicherheit der USA gefährden, und die einseitige Aufkündigung des Iran-Abkommens geben Anlass zur Sorge, ob den USA tatsächlich an fairen Verhandlungen mit der EU und einem beidseitigen Interessenausgleich gelegen ist. Voraussetzung für Verhandlungen über ein Handelsabkommen ist daher zunächst, dass die handelspolitischen Gespräche über die aktuellen protektionistischen Maßnahmen wieder aufgenommen werden und das Vertrauen zwischen den Partnern wieder hergestellt wird.
Gemeinsames Verständnis über die Inhalte und Ziele der Verhandlungen: Das Ziel von Handelsabkommen ist es, Handelsbarrieren wie Zölle, Quoten und nicht-tarifäre Handelshemmnisse abzubauen. Modernere Handelsabkommen enthalten zudem Verpflichtungen, bestimmte Standards im Handel einzuhalten. Ziel eines Handelsabkommens ist hingegen nicht, die bilateralen Handelsbilanzen auszugleichen, wie Präsident Trump fordert. Denn diese hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab, die ein Handelsabkommen nicht beeinflussen kann. Die Europäer müssen daher zunächst definieren, welche eigenen strategischen, politischen und ökonomischen Interessen sie in einem Abkommen mit den USA verfolgen wollen. Danach müssen die transatlantischen Partner ein gemeinsames Verständnis über mögliche Verhandlungsinhalte und -ziele entwickeln.
Gesellschaftliche Akzeptanz eines transatlantischen Handelsabkommens in der EU: In einigen Ländern der EU hatten die TTIP-Verhandlungen keinen mehrheitlichen Rückhalt in der Gesellschaft. Die europäische Seite muss daher mögliche Verhandlungen gut vorbereiten. Der Impuls für ein Freihandelsabkommen muss von den Mitgliedstaaten ausgehen, nicht nur von der EU-Kommission. Ohne einen ausreichenden politischen und gesellschaftlichen Rückhalt können neue Gespräche über ein Abkommen mit den USA nicht gelingen. Die EU-Kommission wird ein neues Verhandlungsmandat von den Mitgliedstaaten benötigen. Der Rat sollte den Mandatsentwurf veröffentlichen und Zeit für Kommentierung durch
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die Wirtschaft und Zivilgesellschaft einplanen. Verhandlungspositionen sollten öffentlich gemacht und die Möglichkeit für Kommentierungen eingeräumt werden. Zudem sollten regelmäßige Informations- und Konsultationsrunden stattfinden.
6. Ein Übereinkommen muss die Anforderungen an ein modernes Abkommen erfüllen Ein bilaterales Abkommen sollte den WTO-Vorgaben entsprechen und annähernd den gesamten Handel („substantially all the trade“) liberalisieren, gemessen sowohl am Handelsvolumen als auch an den Zolltariflinien. Die WTO definiert „annähernd den gesamten Handel“ nicht, es ist aber üblich für die EU, dass 90 Prozent des Handelsvolumens und der Zolllinien abgedeckt werden.
Abbau aller Industriegüterzölle: Die deutsche Industrie empfiehlt einen Abbau aller Industriegüterzölle.20 Übergangsphasen sollten – wenn überhaupt nötig – möglichst kurz sein.
Einfache Ursprungsregeln: Präferenzielle Ursprungsregeln in verschiedenen Freihandelsabkommen sollten stärker aufeinander abgestimmt werden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die NAFTA-Region wichtig. Wünschenswert wären darüber hinaus industrieübergreifende harmonisierte Ursprungsregeln. Aus Sicht des BDI ist eine sektorübergreifende Regel für Industriegüter der einzig vielversprechende Weg, die Nutzungsrate von Freihandelsabkommen zu erhöhen und den Marktzugang, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, zu vereinfachen. Sektorspezifische Regeln werden durch einen solchen Ansatz nicht komplett ausgeschlossen.
Ein Blick auf Zölle allein sagt heute allerdings wenig über die faktische Marktöffnung aus. Ein reines Zollabkommen oder ein sektoraler Ansatz sind daher unzureichend. Das Ambitionsniveau der TTIPVerhandlungen wird sicherlich im derzeitigen Umfeld nicht mehr erreicht werden können. Dennoch sollte ein Abkommen den Anforderungen an ein modernes Handelsabkommen gerecht werden.
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Regulierungskooperation: Die staatliche Regulierungsautonomie muss auf beiden Seiten gewahrt bleiben. Dennoch sollte eine regulatorische Zusammenarbeit etabliert werden, die darauf abzielt, die Vereinbarkeit bestehender Regulierungen auf beiden Seiten zu verbessern. Dazu bietet sich die gegenseitige Konsultation sowohl bei der inhaltlichen Überarbeitung als auch bei der Entwicklung neuer Regulierungen an. Eine auf diese Weise verbesserte Koordination staatlicher Regularien bringt allen Wirtschaftsakteuren auf beiden Seiten erhebliche Vorteile. Des Weiteren wäre zu überlegen, die Kooperation zu technischen Regulierungsfragen in einem nächsten Schritt auf die Bereiche Standardisierung, Konformitätsbewertung, Akkreditierung und Marktüberwachung auszuweiten. Deshalb sollten die EU und die USA einen Regulierungsdialog über technische Handelsbarrieren etablieren. Die Ergebnisse des Regulierungsdialogs sollten einen stark empfehlenden Charakter in Bezug auf die Umsetzung haben, letztendlich jedoch keine Verpflichtung zur Harmonisierung beziehungsweise gegenseitigen Anerkennung beinhalten.
Öffentliche Auftragsvergabe: In den USA beschränken nach wie vor beispielsweise „Buy America“-Regeln den Zugang für ausländische Unternehmen zum Vergabemarkt. Der diskriminierungsfreie Zugang zu öffentlichen Aufträgen in den USA sollte aus Sicht der Industrie zumindest auf Ebene des Bundes Bestandteil von Gesprächen sein.
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7. Eine positive Agenda für die WTO Die WTO ist unabkömmliche Hüterin des Welthandels. Sie ermöglicht einen weitestgehend regelbasierten Handel und offene Weltmärkte. Allerdings stoßen ihre Überwachungsmechanismen und ihr Regelwerk zunehmend an Grenzen. Die EU und die USA sollten sich auf eine positive WTO-Agenda verständigen, um das Regelwerk zu modernisieren und die Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismen zu stärken.
Stärkung des Überwachungsmechanismus: Der WTO steht eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung, mit denen sie die Handelspolitik ihrer Mitglieder überwachen kann, darunter insbesondere der Mechanismus zur Überprüfung der Handelspolitik und die Berichte des WTO-Generaldirektors. Die EU und die USA sollten gemeinsam auf eine Stärkung des WTO-Sekretariates hinwirken, um diesem zu ermöglichen, im Rahmen der Transparenzmaßnahmen deutlicher und klar wertend auf Fehlentwicklungen hinweisen können. Die EU und USA sollten sich gemeinsam dafür einsetzen, dass der in der Doha-Runde vorgeschlagene Horizontale Mechanismus zur Vermittlung in Streitigkeiten über nicht-tarifäre Handelshemmnisse in die Praxis umgesetzt wird. Die USA legten im Dezember 2017 einen Vorschlag für eine Stärkung der Notifizierungspflichten vor, der eine Grundlage für einen gemeinsamen transatlantischen Vorschlag bilden könnte. Die EU und USA könnten sich beispielsweise gemeinsam dafür einsetzen, dass WTO-Mitglieder in Zukunft begründen müssen, warum sie eine Frist nicht einhalten und dass diese einen Zeitplan für die Notifizierung vorlegen müssen. Zudem könnte das WTO-Sekretariat damit betraut werden, die Notifizierung an Stelle des Mitglieds zu vollziehen, sollte sich dieses nicht kooperativ zeigen.
Reform des Streitschlichtungsmechanismus: Mithilfe des Streitschlichtungsmechanismus können WTO-Mitglieder effektiv gegen andere Mitglieder vorgehen, insofern diese gegen die WTO-Regeln verstoßen haben. Die USA blockieren jedoch aktuell die Nachbesetzung des wichtigen Berufungsgremiums. Dies führt schon heute zu verzögerten Berufungsverfahren und könnte im Jahr 2019 zu einer vollständigen Blockade der Streitschlichtung führen. Die EU und USA sollten einen ernsthaften Dialog über die Reform des Streitschlichtungsmechanismus führen. Unter anderem sollten sie Wege diskutieren, wie der Aufwand und die Dauer der Verfahren reduziert und die Streitschlichtungskapazitäten der WTO ausgebaut werden können, damit WTO-Mitglieder schneller und häufiger auf Regelverstöße reagieren können und der Einführung von Handelsdiskriminierungen effektiver begegnet werden kann. Die USA sollten zudem konkrete Vorschläge vorlegen, wie aus ihrer Sicht die Legitimität des Berufungsgremiums gestärkt werden könnte.
Vereinbarung plurilateraler Abkommen: Die USA und die EU haben in der Vergangenheit erfolgreich unter dem Dach der WTO plurilaterale Abkommen vorangebracht und in die Praxis umgesetzt. Die transatlantischen Partner sollten bei bestehenden und neuen Initiativen und Abkommen gezielt nach gemeinsamen Interessen suchen und die gemeinsame Verhandlungsmacht für konkrete Fortschritte einsetzen. Unter anderem sollten sie die überfällige Mitgliedschaft Chinas im Government Procurement Agreement vorantreiben. Überdies sollten sie sich gemeinsam dafür einsetzen, dass das Informationstechnologieabkommen der WTO regelmäßig erweitert wird. Darüber hinaus sollten sie gemeinsam die bei der 11. WTO-Ministerkonferenz begonnenen Initiativen zu E-Commerce, Investitionserleichterungen, Mikro-, Klein- und Mittlerer Unternehmen und zur heimischen Regulierung von Dienstleistung fördern.
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8. Eine neue Agenda für den Umgang mit China In der Vergangenheit lagen Probleme von Industrieländern mit einigen Schwellenländern zum überwiegenden Teil im Bereich des Marktzugangs und bei der Einschränkung der Gleichbehandlung. Nachdem China zu einem handelspolitischen Schwergewicht geworden ist, wirkt sich dies heute auf die gesamte Weltwirtschaft aus. Der Druck, die Regeln der Marktwirtschaft und deren Funktionieren zu schützen, hat zugenommen. China hat nach wie vor durchschnittlich deutlich höhere Zölle als die EU, die USA und Japan. Subventionen führen zu Überkapazitäten, die auf die Weltmärkte drängen. Erzwungener Technologietransfer und Verletzungen des Schutzes geistigen Eigentums verzerren den Wettbewerb. Ende 2017 schlossen sich die EU, die USA und Japan daher in einem trilateralen Forum zusammen. Den Auftakt bildete eine gemeinsame Erklärung bei der WTO-Ministerkonferenz in Buenos Aires. Die EU, die USA und Japan haben sich auf folgende Punkte verständigt:
Klareres Regelwerk für Industriesubventionen entwickeln und gleichzeitig die bestehenden Regeln stärker durchsetzen, um Wettbewerbsverzerrungen und Überkapazitäten zu verhindern.
Gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen bei laufenden und neuen WTO-Streitfällen.
Effizienz und Effektivität im Monitoring Prozess in den bestehenden WTO-Gremien stärken, einschließlich von Meldepflichten.
Engere Abstimmung innerhalb der eigenen Regierungen zum Bereich Investment Screening, um dadurch eine engere Gesamtkoordinierung zu erreichen.
Engere Abstimmung innerhalb der eigenen Regierungen zur Aufstellung neuer Regeln für die Arbeit der International Working Group on Export Credits.
Informationsaustausch zu wettbewerbsverzerrenden Praktiken verstärken.
Enge Koordinierung in weiteren internationalen und multilateralen Gremien wie G7, G20 und OECD sowie z. B. in sektorspezifischen Foren wie dem Global Forum on Steel Excess Capacities oder dem Government/Authorities Meeting on Semiconductors (GAMS).
Das trilaterale Forum USA – Japan – EU sollte in Zukunft auch genutzt werden, um Liberalisierungsfortschritte in China zu bemessen. Die zentrale Herausforderung besteht darin, die Märkte der EU, der USA und Japans und den marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmen widerstandsfähiger gegen die Marktverzerrungen von Unternehmen aus Nicht-Marktwirtschaftsländern zu machen.
Stärkung von Wettbewerbsregeln: Dabei darf es nicht, wie sich in den USA andeutet, um eine eigene Abschottung gehen. Vielmehr sollten die EU und die USA gemeinsam auf die Stärkung von Wettbewerbsregeln hinarbeiten. Dazu könnten zum Beispiel gezielte Transparenzauflagen bei öffentlichen Ausschreibungen und Unternehmensakquisitionen gehören. Beispielsweise könnte es ausländischen Unternehmen generell untersagt werden, sich an Unternehmensakquisitionen oder öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen, wenn keine Rechnungslegungen des Unternehmens nach internationalen IFRS-Standards vorgelegt werden können, wenn die Eigentümerstruktur nicht hinreichend transparent ist oder die Finanzierungsquellen von Akquisitionen nicht hinreichend nachgewiesen werden können.
Gemeinsame WTO-Klagen gegen Regelverstöße: Zudem sollten die transatlantischen Partner gemeinsame Verfahren prüfen, um Verstößen gegen WTO-Regeln anderer WTOMitglieder zu begegnen. So sind die EU und die USA im Jahr 2009 und 2016 wiederholt ge-
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meinsam erfolgreich gegen unerlaubte Import- und Exportpraktiken Chinas im Rohstoffbereich vorgegangen. Ein prominenter aktueller Fall sind Chinas Verletzungen des IP-Schutzes. Das Sektion-301-Verfahren des US-Handelsgesetzes von 1974 listet auch aus Sicht der deutschen Industrie relevante und kontinuierlich praktizierte Verletzungen des Schutzes geistigen Eigentums durch China auf. Der Schwerpunkt liegt dabei auf administrativen Regelungen, die auch deutsche Firmen zwingen, Technologien offen zu legen. Gemeinsam mit den USA und Japan sollte die EU alle Spielräume nutzen, Regelverletzungen des IP-Schutzes in der WTO nachzuweisen und die Abschaffung solcher Regelungen einzuklagen. Das trilaterale Forum USA – Japan – EU sollte zur gemeinsamen Positionierung genutzt werden.
Stärkung des Globalen Forums für Stahlüberkapazitäten: Der Export chinesischer Überkapazitäten setzt das offene Welthandelssystem unter Druck. Die auf dem letzten Treffen des „Global Forum on Steel Excess Capacity“ im November 2017 in Berlin beschlossenen Maßnahmen zur Erfassung und zum Abbau von Überkapazitäten müssen zügig umgesetzt werden, damit Überkapazitäten nicht mittels Dumping ins Ausland verlagert werden. Transparenz und mehr Selbstverpflichtung sind hier ausschlaggebend.
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Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite StraĂ&#x;e 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Redaktion Dr. Stormy-Annika Mildner T: +49 30 2028-1562 s.mildner@bdi.eu Julia Howald T: +49 30 2028-1483 J.Howald@bdi.eu Stand: Juli 2018 BDI-Dokumentennummer: D 0946
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