POSITION | TECHNIK | NORMUNG
Sechs Thesen zur Normung Forderungen der deutschen Industrie an die politischen Institutionen, Normungsorganisationen, Verbände und interessierten Kreise auf nationaler und europäischer Ebene
Digitale Version Einfach den QR-Code mit dem Smartphone oder Tablet einscannen, um die digitale Version zu รถffnen. www.bdi.eu/publikation/news/Sechs-Thesen-zur-Normung
Position | Technik | Normung Sechs Thesen zur Normung
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Einführung ............................................................................................................................................................................. 5 01 Die Wirtschaft ist die tragende Säule der Normung ................................................................................... 6 Nationales Delegationsprinzip in internationalen Normungsgremien beibehalten ............................... 7 Vertretung der Industrie im Committee on Standards .................................................................................... 7 02 Gesetzgebung und Normung sind zwei sich ergänzende Bereiche – auch in Zukunft............... 8 Zeitnahe Listung der harmonisierten Normen im Amtsblatt der EU .......................................................... 8 Ein europäischer Sonderweg schafft unnötige Handelsbarrieren .............................................................. 8 03 Normungsorganisationen entlasten die Normungsexperten.................................................................. 9 Fokus auf essenzielle Dienstleistungen der Normungsorganisationen .................................................... 9 Normung benötigt die Expertise aus der wirtschaftlichen Praxis .............................................................. 9 04 Die Harmonisierung technischer Marktzugangsbedingungen ist ein wesentlicher
Nutzen der internationalen Normung ............................................................................................................ 10 Internationale Normen in europäische und nationale Normenwerke übernehmen ............................ 11 Internationale Harmonisierung vorantreiben .................................................................................................... 11
05 Der Markt ist die Triebfeder der Normung..................................................................................................... 12 Normen müssen marktrelevant sein .................................................................................................................... 12 Nicht-technische Normung muss in Produktgremien erarbeitet werden ............................................... 12 06 Normung und Innovation stehen in vielfältiger Wechselbeziehung................................................... 13 Verfrühte Normung kann Innovation behindern .............................................................................................. 13 Normungsorganisationen benötigen von der Wirtschaft getragene Patentrichtlinien ....................... 13 Impressum............................................................................................................................................................................ 14
3
00
„Normung leistet einen grundlegenden Beitrag zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Normung muss auch zukünftig wirtschaftsgetrieben gestaltet werden.“
Dr. Burkhard Raith thyssenkrupp AG Vorsitzender BDI-Arbeitskreis Technikpolitik
4
Position | Technik | Normung Sechs Thesen zur Normung
Einführung
Einführung Normung hat für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft eine herausragende Bedeutung. Nahezu alle weltweit gehandelten Produkte, ihre Herstellprozesse und die mit ihnen verknüpften Dienstleistungen haben einen direkten oder indirekten Bezug zu Normen. So fördert Normung die Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit von Produkten und Dienstleistungen, unterstützt die Austauschbarkeit und Interoperabilität von Produkten und Komponenten, trägt zur Rechtssicherheit bei, erleichtert den Zugang zu Märkten weltweit und kann Innovationen fördern. Für die deutsche Wirtschaft leistet die Normung daher einen grundlegenden Beitrag zu ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere für die mittelständische und exportorientierte Industrie stellt Normung ein strategisches Instrument dar.
Die Industrie ist bereit, die Normung stetig weiterzuentwickeln Jedoch zeichnen sich im Zusammenspiel von Normung, Normungsorganisationen und Regulierung Fehlentwicklungen ab. Das BDI-Positionspapier „Sechs Thesen zur Normung“ zeigt hierzu die grundlegenden Positionen des BDI als Thesen sowie Ansätze zur Vermeidung bzw. Behebung dieser identifizierten Fehlentwicklungen auf. Diese Positionierung richtet sich an die politischen Institutionen, Normungsorganisationen, Verbände und interessierten Kreise auf nationaler und europäischer Ebene. Der BDI ist bereit, gemeinsam mit diesen Akteuren die Normung im genannten Sinne stetig weiterzuentwickeln.
100.000
Der BDI ist die Stimme der deutschen Industrie zu normungspolitischen Fragen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Artikuliert werden die normungspolitischen Interessen von 39 Branchen mit mehr als 100.000 insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen.
5
Die Wirtschaft ist die tragende Säule der Normung Die praktische Expertise zur Normung liegt bei der Wirtschaft. Ihre Einbindung in die Normungspolitik ist essenziell, um eine valide Normung zu gewährleisten.
Nationales Delegationsprinzip Committee on Standards SMARRT
6
01
Position | Technik | Normung Sechs Thesen zur Normung
Der BDI fordert
. . .
Keine Aufweichung des nationalen Delegationsprinzips bei CEN/CENELEC bzw. ISO/IEC Direkte Mitarbeit der Industrie im Committee on Standards (CoS) Weiterführung der Arbeit in SMARRT
Die internationale und europäische Normung sorgen für widerspruchsfreie technische Anforderungen. Normung ist schon immer wirtschaftsgetrieben und folgt somit dem Bottom-up-Ansatz. Die Wirtschaftsakteure wissen, an welcher Stelle standardisierte Vorgaben notwendig sind. Auch der europäische New Legislative Framework (NLF) wurde entwickelt, um einheitliche und kohärente Produktanforderungen im europäischen Binnenmarkt zu definieren. Die bisher hervorragend funktionierende Arbeitsteilung zwischen Gesetzgeber (Definition der grundlegenden Anforderungen) und Wirtschaft (Definition der technischen Anforderungen) ist u. a. ein wesentlicher Grund für die starke Weltmarktstellung der deutschen Wirtschaft.
Nationales Delegationsprinzip in internationalen Normungsgremien beibehalten Entscheidend für eine erfolgreiche Normungsarbeit ist die Möglichkeit einer angemessenen Beteiligung aller betroffenen Kreise. In der europäischen und internationalen Normung wird dies bei CEN, CENELEC, ISO und IEC durch das sogenannte nationale Delegationsprinzip sichergestellt: Jedes Land schickt eine kleine Delegation
Die Wirtschaft ist die tragende Säule der Normung
in die Gremien. Diese Delegation vertritt die national mit allen interessierten Akteuren abgestimmten Positionen. Leider besteht in Europa die Tendenz, bestimmten europäischen Interessenvertretungsorganisationen in Gremien ein eigenes Stimmrecht einzuräumen. Der BDI fordert, das bei CEN/CENELEC bestehende nationale Delegationsprinzip nicht aufzuweichen und diesen Organisationen kein eigenes Stimmrecht einzuräumen. In ETSI und ITU ist eine völlig andere Mitgliederstruktur gegeben. Die angemessene Beteiligung wird auch im ETSI-Modell gewährleistet, in dem die Normenentwürfe durch direkte Beteiligung der Industrie und anderer Mitglieder erstellt werden, die öffentliche Kommentierung und Verabschiedung aber durch die nationalen Normungsorganisationen erfolgt.
Vertretung der Industrie im Committee on Standards Im Committee on Standards (CoS), dem zur Normung beratenden Ausschuss der EU-Kommission, ist die Industrie nicht vertreten. Damit beraubt sich das CoS der Möglichkeit, unmittelbare Reaktionen auch von der Industrie zu bekommen, was insgesamt der Position einer starken Normung in Europa zuwiderläuft. Der BDI fordert, dass auch die Industrie – als tragende Säule der Normung – direkt in das Committee on Standards eingebunden wird. Mit Gründung von SMARRT im Rahmen der EU Joint Initiative on Standardisation wurde ein wichtiger Schritt in Richtung eines permanenten Austausches zwischen Wirtschaft und EU-Kommission getan. Dieser positive Prozess muss fortgeführt und darf nicht zurückgenommen werden.
7
02
Gesetzgebung und Normung sind zwei sich ergänzende Bereiche – auch in Zukunft
Der BDI fordert
.
Rechtssicherheit und zügige Veröffentlichung im EU-Amtsblatt durch zeitnahe, mindestens halbjährliche Listung von harmonisierten Normen
.
Vermeidung eines europäischen Sonderwegs innerhalb der internationalen Normung
Gesetzgebung und Normung sind zwei sich ergänzende Bereiche. Insbesondere kann Normung politische Vorgaben mit technischen Inhalten ergänzen und somit politische Strukturen entlasten. Der NLF des europäischen Binnenmarktes funktioniert erfolgreich gemäß diesem Ansatz. Leider ändern sich die Rahmenbedingungen dieses Erfolgsmodells aktuell dramatisch.
Zeitnahe Listung der harmonisierten Normen im Amtsblatt der EU Auf Grundlage des James-Elliot-Urteils sieht sich die EU-Kommission für den Inhalt harmonisierter Normen stärker als bisher in der Pflicht. Mit Mitteilung vom 22. November 2018 verschärfte die EU-Kommission diese Interpretation weiter und sieht sich nun in Haftung für den von Normungsexperten erarbeiteten Inhalt harmonisierter Normen. Dementsprechend will die Kommission den Inhalt harmonisierter Normen intensiver prüfen.
8
Der BDI nimmt diese Interpretation zur Kenntnis, fordert aber, dass diese Prüfung den Normungsprozess und die anschließende Veröffentlichung im Amtsblatt der EU nicht unverhältnismäßig verzögert. Auch dürfen Einzelmeinungen der Prüfenden nicht automatisch die von technischen Experten entwickelten und über den Prozess der Vollkonsensnormung bestätigten Lösungen entwerten. Des Weiteren ist die zeitnahe Listung aller Normen, die von den Normungsorganisationen vorgelegt werden, im Amtsblatt aus Sicht der Industrie zwingend notwendig. Bei der Listung neuer Ausgaben von harmonisierten Normen ist überdies eine hinreichend lange Übergangsfrist vorzusehen, um den Wirtschaftsakteuren genügend Möglichkeit zu geben, ihre Produkte auf neue Anforderungen umzustellen.
Ein europäischer Sonderweg schafft unnötige Handelsbarrieren Ziel aller Akteure müssen internationale Normen sein, soweit das für die Industrie als Adressat solcher Normen sinnvoll und möglich ist. Die möglichst unveränderte Übernahme ins europäische und damit nationale Normenwerk der widerspruchsfreien, technischen Anforderungen beseitigt Handelsbarrieren. Ein europäischer Sonderweg bei der Harmonisierung dieser von internationalen Experten erarbeiteten Normen führt zu einer Abkopplung der europäischen Wirtschaft von internationalen Normen und damit vom Weltmarkt. Der BDI fordert, bei allen Bemühungen der EU-Kommission um Rechtssicherheit, dieses Negativszenario zu vermeiden.
Normungsorganisationen entlasten die Normungsexperten Der BDI fordert
. .
Fokussierung der Arbeiten der Normungsorganisationen auf die Normungsprozesse Ausreichende Einbindung der Wirtschaft in Entscheidungsprozesse der Normungs organisationen
.
Transparente Entscheidungsprozesse auch bezüglich strategischer Grundsatzentscheidungen von Normungsorganisationen
Die Wirtschaft kann Normen nur dann entwickeln und anwenden, wenn die Normungsorganisationen ihren Teil der Aufgaben wahrnehmen. Aus Sicht der deutschen Wirtschaft haben Normungsorganisationen in erster Linie die Aufgabe, Normungs- und Standardisierungsprozesse effektiv zu organisieren und die Normungsexperten von formalen Aufgaben zu entlasten. Dies findet auch ordnungspolitisch seinen Niederschlag darin, dass die Normungsorganisationen wirtschaftsgetragen sind und ihre Entscheidungen auf Basis der Bedarfe und Interessen ihrer Mitglieder treffen sollten.
Fokus auf essenzielle Dienstleistungen der Normungsorganisationen Die zentralen Aufgaben der Normungsorganisationen reichen von der Bereitstellung funktionierender
03
IT-Tools, die einheitlich von allen Normungsorganisationen genutzt werden, bis hin zur Erarbeitung von formal notwendigen Normungsbestandteilen. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist die Bereitstellung von Normungstexten in deutscher Sprache (bei ins nationale Normenwerk übernommenen europäischen und internationalen Normen) eine wichtige Dienstleistung der Normungsorganisationen. Der BDI fordert eine Fokussierung der Normungsorganisationen auf diese wichtige Aufgabe. Weiterführende Dienstleistungen gehören nicht zu den vertraglich vereinbarten Aufgaben der Normungsorganisationen.
Normung benötigt die Expertise aus der wirtschaftlichen Praxis Normungsprozesse basieren auf dem eingebrachten Wissen der Experten. Normungsorganisationen dürfen nicht ohne Expertise aus der Praxis agieren. Bei der Einbindung von Praktikern sollten deren limitierte Verfügbarkeit ebenso Berücksichtigung finden wie die Belange von KMU. Expertise ist oft auf wenige Personen beschränkt und insbesondere KMU verfügen nur über begrenzte Personalressourcen und sind deshalb auf entsprechend zugeschnittene Gremien und Entscheidungsprozesse angewiesen. Transparenz, Einfachheit und Übersichtlichkeit sind die wesentlichen zu berücksichtigenden Aspekte. Dies gilt für einzelne Normungsprojekte ebenso wie für strategische Grundsatzentscheidungen der Normungsorganisationen.
9
Position | Technik | Normung Sechs Thesen zur Normung
DieHarmonisierungtechnischerMarktzugangsbedingungenisteinwesentlicherNutzenderinternationalenNormung
Die Harmonisierung technischer Marktzugangsbedingungen ist ein wesentlicher Nutzen der internationalen Normung
Megatrends, Zukunftsfelder und Innovationstreiber
Um ihre handelserleichternde Wirkung zu entfalten, müssen internationale Normen in nationale Normenwerke übernommen und für marktzugangsbestimmende Regulierungen herangezogen werden.
Harmonisierung Marktzugang Handel
04
Position | Technik | Normung Sechs Thesen zur Normung
Der BDI fordert
.
Möglichst unveränderte Übernahme internationaler Normen in das europäische/nationale Normenwerk (vgl. WTO/TBT)
.
Übernommene internationale Normen sind für marktzugangsbestimmende Regulierungen heranzuziehen
.
Die Übernahme mit Abweichungen sollte transparent gemacht werden, denn regionale oder nationale Anforderungen – seien sie durch besondere Umweltbedingungen, durch soziale oder kulturelle Besonderheiten oder auch durch bestehende Regulierungen bedingt – können der Übernahme und Referenzierung internationaler Normen im Wege stehen
Internationale Normen in europäische und nationale Normenwerke übernehmen Ein wesentlicher Nutzen der internationalen Normung ist der Wirkungsmechanismus zur Harmonisierung der technischen Marktzugangsbedingungen in unterschied lichen nationalen oder regionalen Märkten. Die im Rahmen des WTO/TBT-Vertrages sowie vieler anderer internationaler Übereinkommen zur Handelserleichterung vorgeschlagene Konzeption besteht aus der Übernahme internationaler Normen in die nationalen Normenwerke. Wenn sich die nationale oder regionale technische Regulierung auf diese Normen bezieht, wird der Marktzugang erleichtert. Um Handelsbarrieren zu
Die Harmonisierung technischer Marktzugangsbedingungen ist ein wesentlicher Nutzen der internationalen Normung
beseitigen, fordert der BDI, die Bestimmung des WTO/ TBT-Vertrages konsequent einzuhalten, d. h. internationale Normen – soweit eben sinnvoll und möglich – in das europäische und in die nationalen Normenwerke zu übernehmen und dabei die Widerspruchsfreiheit des Normenwerks sicherzustellen.
Internationale Harmonisierung vorantreiben Die internationale Handelspraxis zeigt leider ein ambivalentes Bild der Verwirklichung dieses Ziels. Während die Angleichung der Marktzugangsbedingungen zu Gunsten des freien Warenverkehrs in der EU durch den NLF als weitgehend gelungen gilt, ist es um die Harmonisierungswirkung der Normung im außereuropäischen Raum nicht gut bestellt. Die Umsetzung internationaler Normen ist in vielen Ländern auf sehr niedrigem Niveau. Es wird nicht nur dem Fortbestand nationaler Normen der Vorzug gegeben, es entstehen auch neue nationale Normen zu Gegenstandsbereichen, welche ohne Weiteres durch die Übernahme von internationalen Normen geregelt werden könnten. Hinzu kommt die fehlende Bereitschaft vieler nationaler Gesetzgeber, internationale Normen in marktzugangsbestimmenden Regulierungen heranzuziehen. Der BDI ermutigt die Europäische Kommission sowie nationale Regierungen, sich international für das Heranziehen von internationalen Normen und Standards in marktzugangsbestimmenden Regulierungen an geeigneter Stelle einzusetzen. Multilaterale und bilaterale Gespräche in diese Richtung sollten verstärkt und verbindliche Regelungen angestrebt werden.
11
05
Der Markt ist die Triebfeder der Normung
Der BDI fordert
. . .
Normen müssen marktrelevant sein Normungsmandate müssen die Erfordernisse des Marktes berücksichtigen Dienstleistungsnormen müssen in den zuständigen Produktgremien erarbeitet werden
Normung ist seit jeher ein originäres Instrument der Wirtschaft. Durch konsensuale Einigung aller interessierten Kreise entstehen gemeinsame Regeln, die der Gesellschaft nützen. Jedoch nur dann, wenn Normen tatsächlich am Markt benötigt werden, bringen sich die Experten in deren Erarbeitung ein. Normungsinitiativen ohne Marktrelevanz hingegen führen für Verbraucher und Wirtschaft zu erheblichen Mehraufwendungen, ohne einen Mehrwert zu bieten. Deshalb fordert der BDI die konsequente Beachtung der Marktrelevanz bei neuen Normungsvorhaben. Alle Normungsvorhaben, die keine Zustimmung durch die unmittelbar betroffenen Kreise finden, sind abzulehnen.
Normen müssen marktrelevant sein Der New Legislative Framework wurde durch die Verknüpfung von politischer Regelsetzung und Normung zum Erfolgsmodell des europäischen Binnenmarktes. Gemäß diesem Ansatz legt die Europäische Kommission die grundlegenden Anforderungen, insbesondere für die
12
Aspekte Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz, fest. Deren inhaltlich-technische Ausgestaltung jedoch überlässt sie richtigerweise den Experten, entsandt beispielsweise von Wirtschaft, Behörden, Verbraucherschutz und Arbeitsschutz. Hierzu erteilt die Kommission Mandate zur Erarbeitung von Normen an die europäischen Normungsorganisationen. Der BDI fordert, dass auch diese beauftragten Normen marktrelevant sein müssen. Hierzu ist ein kontinuierlicher Austausch zwischen der Kommission und der Wirtschaft notwendig.
Nicht-technische Normung muss in Produktgremien erarbeitet werden Der Bereich der nicht-technischen Normung (insbesondere Managementsysteme) hat im letzten Jahrzehnt einen sprunghaften Anstieg erfahren. Der BDI fordert auch bei diesen – oftmals von Partikularinteressen getriebenen – Normungsaktivitäten die Beachtung des Grundsatzes der Marktrelevanz. Die Erarbeitung produktnaher technischer Dienstleistungen kann nicht in reinen Dienstleistungsgremien betrieben werden. Der BDI sieht darin erhebliche Sicherheitsrisiken für die Anwender, die nur durch den Einfluss von Produkt-Know-how auf die Dienstleistungsnorm beherrscht werden können. Deshalb fordert der BDI, die Erarbeitung von produktnahen technischen Dienstleistungsnormen grundsätzlich in den dafür zuständigen Produktgremien durchzuführen.
Normung und Innovation stehen in vielfältiger Wechselbeziehung Der BDI fordert
. . .
Normung und Innovation müssen differenziert betrachtet werden Normung sollte kein generelles Verwertungsziel der Ergebnisse von Forschungsprojekten sein Normungspolitische Rahmenbedingungen dürfen sich nicht vorrangig an Themen mit Innovationsbezug ausrichten
Normung kann auf unterschiedliche Weise Innovation fördern oder beschleunigen, aber durchaus (falls thematisch verfehlt oder verfrüht initiiert) auch innovationshemmend sein. Normung kann der Innovation nachgeordnet sein und dabei unterstützen, neue Technologien in den Markt zu bringen. Innovation kann aber auch auf der Ebene der Implementierung von Normen und Standards erfolgen. Ferner kann Normung Innovation im Bereich der Technologie- oder Prozessintegration ermöglichen, ebenso wie innovative Technologien und Dienste auf der Basis offen verfügbarer Spezifikationen angeboten werden können.
Verfrühte Normung kann Innovation behindern Normung ist in der Regel eine strategische Geschäftsentscheidung der betroffenen Wirtschaftszweige. Normungsorganisationen sollten sich bei der Bewertung des Innovationspotenzials von möglichen Normungsprojekten zurückhalten. Das Wechselverhältnis von Normung und Innovation muss im Vorfeld jeder Aktivität realistisch analysiert werden. Insbesondere ist zu hinterfragen, inwieweit innovative Technologieentwicklungen bereits den entsprechenden Reifegrad erreicht haben,
06
um Schritte zur Normung anzustoßen. Solche Entscheidungen dürfen nicht ohne die Mitwirkung der maßgeblich betroffenen Wirtschaftszweige getroffen werden. Eine Begleitung der Innovationsprozesse durch Normung ist denkbar, sollte jedoch auch defensiv gehandhabt werden und streng an den Bedürfnissen des Marktes ausgerichtet sein. Verfrühte Normung kann Gefahr laufen, innovative Weiterentwicklungen zu behindern.
Normung sollte überdies kein generelles Ziel im Rahmen von Innovationsförderung oder der Verwertung von Ergebnissen aus Forschungsprojekten sein, will man nicht Gefahr laufen, dass Normen quasi als Rechtfertigungsgrund oder gar Selbstzweck entwickelt werden.
Normungsorganisationen benötigen von der Wirtschaft getragene Patentrichtlinien Die Verfügbarkeit von patentierten Technologien kann für den Erfolg von Normung entscheidend sein. Normungsorganisationen müssen über Patentrichtlinien verfügen, die gemeinsam von allen Mitgliedern entworfen, gepflegt und getragen werden. Ein solcher Prozess kann von Seiten der Gesetzgeber beratend begleitet werden. Normung und Standardisierung müssen qualitativ hochwertige Ergebnisse zum rechten Zeitpunkt bereitstellen. Qualität und Marktakzeptanz dürfen dabei nicht gegen Schnelligkeit aufgewogen werden. Dringlichkeit und Konsensgrad können sich unterschiedlich gestalten. Dieser Umstand muss bei normungspolitischen Erörterungen durch den Gesetzgeber und die Normungsorganisationen zwingend berücksichtigt werden.
13
Position | Technik | Normung Sechs Thesen zur Normung
Impressum Herausgeber Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Breite Straße 29 10178 Berlin T.: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Redaktion Dr. Thomas Holtmann, Abteilungsleiter Abteilung Umwelt, Technik und Nachhaltigkeit Bernd Wittenbrink, Referent Abteilung Umwelt, Technik und Nachhaltigkeit Konzeption & Umsetzung Vicharah Ly, Referentin Abteilung Marketing, Online und Veranstaltungen Layout Michel Arencibia, Art Director www.man-design.net Druck Das Druckteam www.druckteam-berlin.de Verlag Industrie-Förderung Gesellschaft mbH, Berlin Bildnachweis S. 1: hqCEQTc5gZA | unsplash.com S. 4: 444493 | pixabay.com S. 6: 1MClItU5AbI | unsplash.com S. 9: 275984 | pixabay.com S. 10: 452987 | pixabay.com Stand Dezember 2019 BDI-Publikations-Nr. 0095
14
Impressum
Der BDI in den sozialen Netzwerken Verfolgen Sie tagesaktuell unsere Beiträge in den Sozialen Medien. Wir freuen uns ßber Likes, Retweets und Kommentare.
YouTube
@Der_BDI
www.youtube.com/user/bdiberlin
www.facebook.com/DerBDI
Newsletter
bdi.eu/media/newsletter-abo