POSITION | AUSSENWIRTSCHAFT | USA-CHINA
Der Phase-One-Deal: Waffenstillstand mit begrenzter Halbwertszeit
April 2020 Bewertung ▪
Der Phase-One-Deal ist weit davon entfernt, ein Freihandelsabkommen zu sein. Vielmehr 23.des Oktober setzt er kleinteilig auf „Managed Trade“. Er widerspricht nicht nur dem Grundsatz freien und regelbasierten Handels der Welthandelsorganisation, sondern auch den WTO-Regeln 2017 für Freihandelsabkommen.
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Weiterhin hohe Zollsätze in den USA und China erhöhen die Kosten für Unternehmen. Der Phase-One-Deal ist zudem von zahlreichen Unsicherheiten geprägt. Die Planungssicherheit für Unternehmen ist somit nach wie vor nicht gegeben.
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Die vereinbarten „Einkauflisten“ für chinesische Unternehmen mögen sich zwar möglicherweise positiv auf das US-Handelsbilanzdefizit auswirken, an ihnen wird die weltweite Konjunktur aber nicht genesen. Zudem drohen Verdrängungs- und Handelsumlenkungseffekte. Gerade die deutsche Industrie wird dies deutlich zu spüren bekommen.
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Neben den Einkaufsverpflichtungen geht der Deal auf einige strukturelle Probleme der chinesischen Volkswirtschaft ein. Im Bereich des Schutzes geistigen Eigentums und der Verhinderung von erzwungenem Technologietransfer wurden Maßnahmen beschlossen, die positiv einzuschätzen sind. Inwiefern europäische Unternehmen von den angekündigten Vorhaben profitieren ist unklar.
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Der Deal ist eine politische Übereinkunft und kein völkerrechtlicher Vertrag. Die vorgesehenen Streitschlichtungsregeln zwischen den USA und China bieten ein Schlupfloch für einen Rücktritt aus dem Deal. Darunter leidet die Verlässlichkeit der getroffenen Vereinbarungen.
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Der Phase-One-Deal führt zwar zu einer temporären Entspannung im Handelskonflikt zwischen den USA und China. Ein Level-Playing-Field schafft er aber nicht. Auch die tiefergehenden Ursachen des Konflikts werden mit ihm nicht beseitigt. Ob ein Phase Two Deal gelingen wird, ist fraglich.
Dr. Stormy-Annika Mildner | Außenwirtschaftspolitik | T: +49 30 2028-1562 | s.mildner@bdi.eu Friedolin Strack | Internationale Märkte | T: +49 30 2028-1423 | f.strack@bdi.eu Valerie Ross | Außenwirtschaftspolitik | T: +49 30 2028-1623 | v.ross@bdi.eu Patricia Schetelig | Internationale Märkte | T: +49 30 2028-1532 | p.schetelig@bdi.eu Lennart Jansen | Außenwirtschaftspolitik | T: +49 30 2028-1483 l.jansen@bdi.eu Julia Hentsch | Recht, Wettbewerb und Verbraucherpolitik | T: +49 30 2028-1460 | j.hentsch@bdi.eu Wolfgang Krieger | Internationale Märkte | T: +49 30 2028-1538 | w.krieger@bdi.eu Thomas Hüne | Research, Industrie- und Wirtschaftspolitik | T: +49 30 2028-1592 | t.huene@bdi.eu Stefan Gätzner | Internationale Märkte | T: ++86 1085322862 | s.gaetzner@bdi.eu | www.bdi.eu
Der Phase-One-Deal: Waffenstillstand mit begrenzter Halbwertszeit
Hintergrund Phase-One-Deal Von Sommer 2018 bis Spätsommer 2019 spitzte sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China immer mehr zu. Lag der durchschnittliche US-Zoll auf Importen aus China Ende 2017 noch bei 3,1 Prozent, stieg dieser Anfang September 2019 auf 21 Prozent und sank mit Inkrafttreten des PhaseOne-Deals Mitte Februar 2020 auf 19,3 Prozent. Die durchschnittliche Zollbelastung für US-Exporte nach China hat sich von Ende 2017 bis Mitte September 2019 von acht Prozent auf 21,1 Prozent fast verdreifacht und wurde seit Mitte Februar 2020 marginal auf 20,3 Prozent reduziert.1 Die juristische Grundlage für die Zölle seitens der Vereinigten Staaten ist Abschnitt 301 des Handelsgesetzes von 1974. Die USA kritisieren, dass China notwendige strukturelle Reformen in China nicht durchsetze. Die USA haben seit Jahren ein hohes Handelsbilanzdefizit mit China. 2019 waren es 308 Milliarden US-Dollar. Die USA werfen China zu Recht vor, dass die Volksrepublik die Vorteile des internationalen Handelssystems für sich nutzt, während es sich in vielen Fällen nicht an seine Versprechen aus dem WTOBeitrittsprotokoll hält. Präsident Trump moniert richtigerweise den mangelnden Schutz geistigen Eigentums, staatliche Subventionen sowie den erzwungenen Technologietransfer bei Joint Ventures in China. Als Zeichen der Annäherung setzten seit September 2019 teils sowohl China als auch die USA erhobene oder geplante Zölle aus. Am 15. Januar 2020 unterzeichneten daraufhin Präsident Trump und Vize-Ministerpräsident Liu He den Phase-One-Deal. China erklärte sich bereit, in den kommenden zwei Jahren zusätzliche US-Produkte und Dienstleistungen in einem Wert von 200 Milliarden US-Dollar zu importieren. Dies umfasst Industriegüter im Wert von insgesamt 77,8 Milliarden US-Dollar, Energieträger wie Flüssiggas, Rohöl und Raffinerieprodukte im Wert von 52,4 Milliarden US-Dollar, Agrarprodukte im Wert von 32 Milliarden US-Dollar sowie Dienstleistungen (u. a. Patente, Tourismus) im Wert von 37,9 Milliarden US-Dollar. Zudem will sich China mehr für ausländische Finanzdienstleister öffnen. Auch auf erzwungenen Technologietransfer verzichtet Peking in Zukunft. Außerdem soll sichergestellt sein, dass jeglicher Technologietransfer freiwillig und zu Marktbedingungen erfolgt. Darüber hinaus soll der Schutz geistigen Eigentums gestärkt werden. Zusätzlich verständigten sich beide Länder auf neue Prinzipien gegen gezielte Währungsabwertungen. Teil des Abkommens ist schließlich ein Überwachungs- und Streitschlichtungsmechanismus. Die USA senkten Mitte Februar im Gegenzug die am 1. September 2019 eingeführten Zölle auf chinesische Importe im Wert von 120 Milliarden US-Dollar von 15 Prozent auf 7,5 Prozent. An den Zusatzabgaben von 25 Prozent auf USEinfuhren chinesischer Waren im Wert von 250 Milliarden US-Dollar solle sich vorerst nichts ändern. Damit ist nach wie vor ein US-Importvolumen in Höhe von 370 Milliarden US-Dollar mit Zusatzzöllen belegt – etwa 70 Prozent der gesamten chinesischen Importe. So behalten die USA ein wichtiges Druckmittel in der Hand. China halbiert dagegen seine Zölle auf US-Waren in einem Wert von etwa 75 Milliarden US-Dollar. Der Phase-One-Deal ist völkerrechtlich betrachtet ein Regierungsübereinkommen (englisch: executive agreement). Solche Vereinbarungen werden als politisch bindend angesehen, um sie von rechtsverbindlichen Verträgen zu unterscheiden. Dementsprechend muss der Phase-One-Deal auch nicht vom US-Kongress ratifiziert werden.
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Bown, Chad 2020. US-China Trade War Tariffs: An Up-to-Date Chart, <https://www.piie.com/research/piie-charts/us-chinatrade-war-tariffs-date-chart> (eingesehen am 11. März 2020).
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Der Phase-One-Deal: Waffenstillstand mit begrenzter Halbwertszeit
Gesamtbewertung Die Übereinkunft dürfte vorerst zu einer Atempause im Konflikt führen. Es ist zwar mehr als eine Einkaufliste für US-Waren und Dienstleistungen, da auch strukturelle Probleme angesprochen werden. Zahlreiche Streitpunkte, wie Chinas Industriepolitik oder auch die unfaire Subventionierung chinesischer Staatsunternehmen, bleiben allerdings ungelöst und sollen in Phase 2 angegangen werden. Den grundlegenden Konflikt zwischen den USA und China wird das Abkommen nicht lösen. Offen bleibt auch die Frage, ob China angesichts der Verwerfungen durch den Ausbruch des Virus SARS-CoV-2 Ende 2019 in der Lage sein wird, die ohnehin ambitionierte Einkaufsliste abzuarbeiten. Die Auswirkungen, der zur Eindämmung des Virus ergriffenen Quarantänemaßnahmen einschließlich der Abschottung der gesamten Provinz Hubei, werden das Wirtschaftswachstum über die Quartale Q1 und Q2 2020 hinaus deutlich beeinträchtigen. So hat die OECD in ihrer jüngsten Einschätzung von Anfang März ihre Prognose für Chinas BIP-Wachstum 2020 von 6,1 auf 4,9 Prozent gesenkt. Unverkennbar haben die Unterbrechungen von Produktion und Transport an wichtigen Standorten des Landes zu einem gleichzeitigen Angebots- und Nachfrageschock geführt. In den ersten zwei Monaten des laufenden Jahres fielen die Importe im Vorjahresvergleich um vier Prozent. Absehbar ist, dass sich der Nachfrageinbruch auch auf die Abnahme von US-Einfuhren auswirken wird, zumal Peking klar gemacht hatte, dass China US-amerikanische Agrarerzeugnisse auf Grundlage von „Marktbedingungen“ kaufen werde. Ebenso ungelöst bleibt die Problematik der hohen Zollsätze im US-chinesischen Handel. An der WTO-Vereinbarkeit der Übereinkunft mehren sich Zweifel, da als Grundsatz der WTO die Meistbegünstigungsklausel (MFN) greift. Demnach müssen Zugeständnisse, die einem WTO-Mitglied eingeräumt werden, auch den anderen Mitgliedern zugestanden werden. Eine wichtige Ausnahme davon ist Artikel 24 des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) und Artikel 5 des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS). Demnach können Mitglieder bi- und plurilaterale Präferenzabkommen untereinander abschließen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dazu gehört beispielsweise, dass annähernd der gesamte Handel liberalisiert werden muss. Dies ist in der vorliegenden Vereinbarung nicht der Fall. Die Übereinkunft ist weit davon entfernt, ein Freihandelsabkommen zu sein. Der kleinteilige „Managed Trade“ hat mit den Grundsätzen des freien und regelbasierten Handels im Rahmen der WTO wenig gemein. Dieser Ansatz könnte paradoxerweise den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft in China und die Rolle der Staatsunternehmen weiter stärken – das Gegenteil von dem, was die Vereinbarung eigentlich erreichen soll. Laut Wirtschaftsministerium ist der Deal zwar kaum umsetzbar.2 Dennoch drohen über Verdrängungseffekte und Handelsumlenkungen Nachteile für Drittländer. Laut Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) verlieren vor allem auch deutsche Exporteure durch die Handelsumlenkungen. Demnach sei das verarbeitende Gewerbe in Deutschland international am stärksten negativ betroffen und dürfte im kommenden Jahr Güter im Wert von 4,3 Milliarden US-Dollar weniger nach China exportieren, verglichen mit einem Szenario ohne Handelskrieg und ohne Phase-One-Deal. Besonders
BMWI, „Nach dem ‚Phase-One Deal‘ zwischen China und den USA Verlagerungseffekte und Handelsumlenkung: Wir verwundbar sind andere Volkswirtschaften?“, in: Schlaglichter März 2020, <https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Monatsbericht/Monatsbericht-Themen/2020-03-nach-dem-phase-one-deal-zwischen-china-und-den-usa.pdf?__blob=publicationFile&v=6>. 2
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hart werde es die Bereiche Fahrzeuge (-1,3 Milliarden US-Dollar), Flugzeuge (-1,6 Milliarden US-Dollar) und Industriemaschinen (-0,7 Milliarden US-Dollar) treffen.3 Unklar ist noch, inwieweit Unternehmen aus Drittländern von den rechtlichen Verbesserungen, wie beispielsweise beim Schutz geistigen Eigentums und dem erzwungenen Technologietransfer, profitieren können.
Bewertung ausgewählter Kapitel Kapitel 1 Geistiges Eigentum Das Kapitel zu geistigem Eigentum befasst sich mit zahlreichen, seit langem bestehenden Bedenken in den Bereichen Geschäftsgeheimnisse, Patente und geistiges Eigentum in den Bereichen Pharma, geografischer Herkunftsangaben und Marken. Maßnahmen gegen Raubkopien und gefälschte Waren sind ebenfalls Gegenstand des Kapitels. Darüber hinaus haben die USA und China vereinbart, in zukünftigen Verhandlungen weitere Fragen des geistigen Eigentums anzusprechen und zu regeln. Aus dem Abkommen ergibt sich eine allgemeine Verpflichtung Chinas, eine öffentliche Stellungnahmefrist von mindestens 45 Tagen für alle vorgeschlagenen Umsetzungsmaßnahmen vorzusehen. ▪
Geschäftsgeheimnisse: Die zivilrechtliche Haftung von direkt an der Herstellung oder dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen beteiligten Unternehmen für die Veruntreuung von Geschäftsgeheimnissen wird ausgeweitet. Zivilrechtliche und strafrechtliche Maßnahmen gegen eine Verletzung von Geschäftsgeheimnissen werden gestärkt. Prozessuale Möglichkeiten zur Durchsetzung von Ansprüchen bei Verletzungen sollen ebenfalls gestärkt werden.
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Pharma: Die Stärkung des Patentschutzes für pharmazeutische Produkte, insbesondere durch Patentverlängerungen, sind beabsichtigt.
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Marken und geographische Herkunftsangaben: Der Schutz von Marken und geographischen Angaben soll verbessert werden. Besserer Schutz gegen bösgläubige Markenanmeldungen, der Schutz gegen unberechtigte geographische Herkunftsangaben, die US-amerikanische Agrarprodukte benachteiligen, soll verbessert werden.
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Raubkopien und gefälschte Waren: China verpflichtet sich, wirksame und zügige Maßnahmen gegen Verletzungen des Schutzes geistigen Eigentums im Online-Umfeld, insbesondere auf E-Commerce-Plattformen, zu ergreifen. Wirksame Durchsetzungsmaßnahmen gegen gefälschte Arzneimittel und verwandte Produkte sind geplant, einschließlich pharmazeutischer Wirkstoffe. Erhebliche Verstärkung der Maßnahmen ist beabsichtigt, um Herstellung und Vertrieb von Fälschungen mit erheblichen Gesundheits- oder Sicherheitsrisiken zu stoppen.
Bewertung Die Vereinbarung thematisiert im Bereich geistigen Eigentums wichtige Bereiche, die in der Vergangenheit entweder nicht geregelt waren oder nur unzureichend umgesetzt wurden. Insbesondere die Frage des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen ist für ausländische Unternehmen in China von großer Bedeutung, da es häufig zu Rechtsverletzungen in diesem Bereich kommt. Auch der Schutz von
Chowdhry, Sonali und Gabriel Felbermayr, The US–China Trade Deal and its Impact on China’s Key Trading Partners, Kiel Policy Brief No. 134, 2020, < https://www.ifw-kiel.de/fileadmin/Dateiverwaltung/IfW-Publications/-ifw/Kiel_Policy_Brief/Kiel_Policy_Brief_134.pdf>. 3
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Markenrechten und Urheberrechten ist (noch immer) ein dringliches Problem für ausländische Unternehmen, auch wenn bereits in den vergangenen Jahren Anstrengungen unternommen wurden, die Rechte der Inhaber zu stärken. Vor diesem Hintergrund sind die in dem Abkommen vereinbarten Regelungen und die sich daraus für China ergebenden Verpflichtungen, geistiges Eigentum zu schützen, zu begrüßen. Die Schwierigkeit wird die Frage der Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen sein. So wurden in der Vergangenheit die bislang getroffenen Vereinbarungen häufig nicht oder nicht so umgesetzt, dass in der Praxis eine signifikante Verbesserung zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums ausländischer Unternehmen in China tatsächlich eingetreten wäre. Nur wenn die in diesem Abkommen vereinbarten Verpflichtungen tatsächlich erfüllt werden und die geschaffenen Ansprüche und Rechte in rechtsstaatlichen Verfahren wirksam durchgesetzt werden können, kann von echten Fortschritten und Verbesserungen für den Schutz geistigem Eigentums gesprochen werden.
Kapitel 2 Technologietransfer Um technologisch aufzuholen, greift die chinesische Regierung unter anderem auf Technologietransfer an chinesische Joint-Venture-Partner zurück und bietet dafür im Gegenzug Marktzugang. China argumentiert, dass der Technologietransfer freiwillig erfolgt, da die Unternehmen „formal“ nicht gezwungen seien, in China zu investieren. Für viele Firmen ist die Präsenz auf dem chinesischen Markt aus Gründen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit jedoch unverzichtbar. Da chinesische Unternehmen keine derartigen Verpflichtungen zum Technologietransfer in den USA oder in der EU vorfinden, können sie global gesehen weitaus größere Skaleneffekte generieren. Gleichzeitig wirkt der Technologietransfer auch als Abwehrschirm vor allzu mächtiger Konkurrenz aus dem Ausland. Laut EU, Japan und USA verstößt der „quasi-erzwungene“ Technologietransfer gegen internationale Vereinbarungen. Alle drei haben diesbezüglich bereits Klagen bei der WTO eingereicht. Neben der WTO-Klage haben die USA noch unilaterale Strafzölle von 25 Prozent für Waren im Umfang von 250 Milliarden US-Dollar gegenüber China verhängt. Diese bleiben auch trotz des Phase-One-Deals weiter in Kraft. Im Zuge des Phase-One-Deals konnten sich die USA und China auf folgende Punkte zu Technologietransfer einigen: ▪
Ein Verbot, ausländische Unternehmen zum Transfer ihrer Technologie als Gegenleistung für Marktzugang zu zwingen oder unter Druck zu setzen, auch nicht für den Erhalt von behördlichen Genehmigungen oder sonstigen Vorteilen.
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Die Forderung, dass jeder Technologietransfer oder jede Lizenzvergabe auf freiwilliger Basis und in gegenseitigem Einvernehmen erfolgt.
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Ein Verbot staatlich gelenkter oder unterstützter Auslandsinvestitionen, die darauf abzielen, ausländische Technologie auf der Grundlage industriepolitischer Motive zu erwerben.
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Durchsetzungs- und Verwaltungsverfahren müssen unparteiisch, fair, transparent und nicht diskriminierend sein.
Ein Streitbeilegungsmechanismus, der dem Phase-One-Deal zugrunde liegt, soll die oben genannten Punkte sicherstellen. Dies stärkt auch die Verhandlungsposition der US-Unternehmen. Sollte Techno-
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logietransfer von staatlichen Stellen oder Staatsunternehmen verlangt werden, könnte über den Mechanismus eine alternative Einigung gefunden werden. Europäischen Unternehmen fehlt derzeit ein vergleichbarer Mechanismus.
Kapitel 5 Makroökonomische Politikmaßnahmen und Währungskursfragen und Transparenz In den allgemeinen Bestimmungen gestehen sich beide Seiten gegenseitig zu, dass sie ihre Geldpolitik autonom im Sinne der nationalen Gesetzgebung gestalten können. Sie erkennen an, dass stabile Wechselkurse zu starkem und nachhaltigem Wachstum und Investitionen beitragen können. Flexible Wechselkurse können, sofern vorhanden, Schocks absorbieren. Sie teilen das gemeinsame Ziel, nicht nachhaltige außenwirtschaftliche Ungleichgewichte zu vermeiden. Beide Parteien verzichten entsprechend der G20-Vereinbarungen auf Währungsabwertung oder Geldmengensteuerung, um dadurch Wettbewerbsvorteile zu erhalten. Beide Parteien wollen sich auch an die IWF-Regeln zur Vermeidung von Wechselkursmanipulationen halten, um zu verhindern, dass Zahlungsbilanzen nicht ausgeglichen sind oder unfaire Wettbewerbsvorteile erlangt werden. Sie setzen auf ein Wechselkursregime, das marktdeterminiert ist und wollen die ökonomischen Grundlagen für Wechselkurs- und gesamtwirtschaftliche Stabilität stärken. Beide Länder verpflichten sich, Zentralbankinterventionen zu unterlassen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern oder um einen bestimmten Wechselkurs zu erreichen. Dies beinhaltet auch große und langanhaltende Zentralbankinterventionen auf Devisenmärkten. Beide Parteien wollen sich regelmäßig und gegenseitig über ihre Aktivitäten und Politiken zu Währungsfragen austauschen. Im Sinne der Transparenz bestehen folgende Offenlegungspflichten: monatliche Angaben über die Höhe der Devisenreserven und der Forward-Positionen spätestens nach 30 Tagen; vierteljährliche Zahlungsbilanz mit Unterpositionen und vierteljährliche Daten zu Im- und Exporten von Gütern und Dienstleistungen, beides spätestens 90 Tage nach Quartalsende. Ebenso erklären sich die Parteien dazu bereit, die IWF-Länderreporte nach Artikel IV inklusive des Wechselkursregimes offenzulegen und sich an der IWF-COFER Datenbank zu beteiligen. Bewertung Die Vereinbarung ist eine Festschreibung des Status Quo. Die USA bezichtigen nicht nur China, sondern auch den Euroraum der Währungsmanipulation und sehen darin eine Ursache für die bilateralen Handelsdefizite zu diesen Währungsräumen. Mit dem Transparenzgebot könnte es der chinesischen Seite jetzt einfacher gelingen, sich von diesem Vorwurf freizusprechen, wenn genau nachvollziehbar ist, ob und wenn ja in welcher Weise die People’s Bank of China auf den Devisenmärkten interveniert hat. Ausschlaggegend für die Kurse an den Devisenmärkten sind aber nicht die Handelsströme, sondern die deutlich erratischeren Kapitalströme. Wer freie Devisenmärkte und gleichzeitig stabile Wechselkurse einfordert, muss laut Trilemma des Wechselkursregimes nach Fleming und Mundell letztendlich auch mit Interventionen der jeweiligen Zentralbanken leben. Mit Blick auf den weltweiten Status der Währungen der beiden Länder dürften die Möglichkeiten der Währungsbeeinflussung seitens der USA deutlich größer sein, weil diese Emittent der weltweiten Reservewährung sind und nicht China.
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Kapitel 7 Bilaterale Evaluation und Streitbeilegung Die USA und China wollen eine Trade Framework Group mit Vertretern der Regierungen der USA und China einrichten, um über die Umsetzung der Vereinbarung einschließlich der Probleme sowie zukünftiger Vorkehrungen zu beraten. Die Trade Framework Group soll auf US-Seite vom United States Trade Representative und auf chinesischer Seite von einem der Vize-Ministerpräsidenten geleitet werden. Darüber hinaus soll ein Bilateral Evaluation and Dispute Resolution Office ins Leben gerufen werden. Diese Büros sollen die Beschwerden der jeweils anderen Seite bearbeiten und versuchen, den Streit mittels Konsultationen beizulegen. Sollte eine Vertragspartei der Meinung sein, dass die andere Vertragspartei gegen diese Übereinkunft verstößt, dann kann eine Beschwerde beim Bilateral Evaluation and Dispute Office eingereicht werden. Nach einer Auswertung der Beschwerde werden Konsultationen eingeleitet. Wenn diese Konsultationen zu scheitern drohen, sollen der Deputy United States Representative und ein designierter chinesischer Vize-Minister für die weitere Streitbeilegung eingeschaltet werden. Wenn auch unter diesen Umständen keine Lösung gefunden wird, kann der Streit dem United States Trade Representative und dem Vize-Ministerpräsidenten vorgelegt werden. Wenn auch dann keine Lösung gefunden wird, sollen beschleunigte Konsultationen durchgeführt werden. Wenn auch diese Konsultationsrunde scheitert, darf der Beschwerdeführer in gutem Glauben eigene Maßnahmen ergreifen. Die Partei, gegen die Beschwerde eingelegt wurde, darf in besonderen Fällen ein Treffen zwischen dem United States Trade Representative und dem chinesischen Vize-Ministerpräsidenten einberufen. Sollte weiterhin keine Lösung gefunden werden, kann die Partei, gegen die Beschwerde eingelegt wurde, ihren Rücktritt von der Vereinbarung erklären. Bewertung Dass die Vereinbarung einen Überprüfungs- und Streitschlichtungsmechanismus vorsieht, erhöht die Durchsetzungskraft des Abkommens. Kritisch zu betrachten ist, dass im Falle des Scheiterns der bilateralen Konsultationen und Treffen zwischen dem United States Trade Representative und dem chinesischen Vize-Ministerpräsident ein Rücktritt von der Vereinbarung möglich ist. Aufgrund dieser Rücktrittsoption könnte im äußersten Streitfall keine Durchsetzung gewährleistet sein. Abzuwarten bleibt, wie sich dieser Mechanismus auf die Streitschlichtung der WTO auswirken wird. Anders als die WTO-Streitbeilegung erlaubt er keine Beteiligung durch Drittländer. Inwiefern seine Ergebnisse multilateral wirken werden, ist offen.
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Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Autoren Dr. Stormy-Annika Mildner T: +49 30 2028-1562 s.mildner@bdi.eu Friedolin Strack T: +49 30 2028-1423 f.strack@bdi.eu Valerie Ross T: +49 30 2028-1623 v.ross@bdi.eu Patricia Schetelig T: +49 30 2028-1532 p.schetelig@bdi.eu Lennart Jansen T: +49 30 2028-1483 l.jansen@bdi.eu Julia Hentsch T: + 49 30 2028-1460 j.hentsch@bdi.eu Wolfgang Krieger T: +49 30 2028-1538 w.krieger@bdi.eu Thomas Hüne T: +49 30 2028-1592 t.huene@bdi.eu Stefan Gätzner T: +86 1085322862 s.gaetzner@bdi.eu
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