POSITION | WIRTSCHAFTSPOLITIK I COVID-19
Bewertung des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets der Bundesregierung
12. Juni 2020 Hauptbotschaften
Ein Großteil der Maßnahmen aus dem von der Großen Koalition vorgelegten Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket wird noch in diesem Jahr Wirkung entfalten, private Kaufkraft stärken, den Unternehmen Liquidität verschaffen und die drohende Rezession abmildern.
Durch die Absenkung der Umsatzsteuersätze werden voraussichtlich substanzielle Kaufkraftzuwächse der privaten Haushalte entstehen. Allerdings begründet die Umstellungsfrist von nur einem Monat umfangreiche Systemumstellungen und einen erhöhten Bürokratieaufwand – insbesondere für mittelständische Unternehmen. Der BDI empfiehlt daher die Aufnahme einer gesetzlichen Billigkeitsregelung, wonach eine falsch ausgewiesene und bezahlte Mehrwertsteuer nicht zu einer Kürzung des Vorsteuerabzugs führt.
Das Programm für Überbrückungshilfen für Unternehmen mit einem Umfang von bis zu 25 Milliarden Euro dürfte vor allem Selbständigen und kleinen Unternehmen helfen und einige Insolvenzen vermeiden. Die leichte Erhöhung des steuerlichen Verlustrücktrags für 2020/2021 fällt weit hinter die Notwendigkeit zurück. Die Höhe muss noch deutlich angehoben und der Zeitraum auf mehr als ein Jahr zurück erweitert werden.
Die stärkere Förderung neuer Technologien in zentralen Feldern wie Mobilität, Klimaschutz und Cyberresilienz ist richtig. Insbesondere mit der Verdopplung der Forschungszulage setzt die Bundesregierung einen wichtigen Impuls für mehr Innovation und Beschäftigung in Deutschland. Zudem muss der Ausbau der Infrastrukturen – etwa für digitale Netze, die Elektromobilität oder die Digitalisierung in Krankenhäusern – jetzt noch schneller und besser werden. Die angekündigten Maßnahmen für öffentliche und private Investitionen gehen in die richtige Richtung; hier muss jedoch eine kalkulierbare, zeitnahe und zielgerichtete Verausgabung der Mittel gewährleistet sein.
Für eine vollständige Einschätzung der konjunkturellen Wirkung der Maßnahmen sind die Koalitionsbeschlüsse noch nicht ausreichend präzisiert. Mit Vorlage des Nachtragshaushalts und einer genaueren zeitlichen Zuordnung der finanzwirksamen Maßnahmen muss in den nächsten Monaten immer wieder neu geprüft werden, ob die Maßnahmen ausreichen.
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Inhaltsverzeichnis Gesamtbewertung ............................................................................................................................... 3 Energie- und Klimapolitik ................................................................................................................... 6 Steuerpolitik ......................................................................................................................................... 7 Digitalisierung und Innovation........................................................................................................... 8 Industrielle Gesundheitswirtschaft ................................................................................................... 9 Mobilität und Logistik ....................................................................................................................... 11 Sicherheit und Rohstoffe.................................................................................................................. 14 Impressum ......................................................................................................................................... 16
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Gesamtbewertung Angesichts der aktuellen dramatischen Entwicklung kommt das von der Großen Koalition beschlossene Konjunktur- und Zukunftsprogramm zur rechten Zeit. Es setzt ein starkes Signal für Bürger und Unternehmen, Konsum- und Investitionsausgaben noch dieses Jahr zu erhöhen. Es umfasst ein Volumen von 130 Milliarden Euro und ist konjunkturell für die Jahre 2020 bis 2022 ausgelegt. Die wachstumsförderlichen Maßnahmen sind auch für längere Zeiträume dotiert worden. In der Kürze der Zeit ist für das Zukunftsprogramm zwar noch kein ausreichendes Volumen bereitgestellt worden, es enthält jedoch eine Vielzahl an positiven investiven Elementen. Konjunkturpaket zielführend Ein Großteil der beschlossenen Maßnahmen wird noch in diesem Jahr Wirkung entfalten. Vor allem die Stützung der privaten Konsumausgaben soll die drohende Rezession deutlich abmildern. Ein zentrales Element ist die für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis Jahresende 2020 vorgesehene Absenkung der Umsatzsteuersätze von 19 Prozent auf 16 Prozent, beziehungsweise von sieben Prozent auf fünf Prozent. Die erwarteten Steuerausfälle dieser Maßnahme belaufen sich auf 20 Milliarden Euro. Dadurch entstehen voraussichtlich substanzielle Kaufkraftzuwächse der privaten Haushalte. Auch der Erwerb langlebiger Konsumgüter wird dadurch angeregt, unter anderem für Kraftfahrzeuge, Möbel oder andere teurere Anschaffungen. Dies ist sicherlich zielführend, da die extreme Kaufzurückhaltung der privaten Haushalte in den letzten Wochen zu einem scharfen Nachfrageeinbruch in diesen Segmenten geführt hatte. Allerdings begründet die vorübergehende Steuersatzsenkung bei einer Umstellungsfrist von nur einem Monat umfangreiche Systemumstellungen und Risiken für die Unternehmen. Dies gilt etwa für mittelständische Unternehmen, die gerade im B2B-Geschäft bei laufenden Projekten und langfristigen Lieferverabredungen erhebliche Komplexität, erhöhte Unsicherheit auch mit Kunden und Behörden (Betriebsprüfung) sowie neuen Bürokratieaufwand erfahren. Deswegen muss hierzu noch eine gesetzliche Billigkeitsregelung aufgenommen werden, wonach eine falsch ausgewiesene und nicht berichtigte Mehrwertsteuer nicht zu einer Kürzung des Vorsteuerabzugs der Unternehmen führt. Mit diesen Maßnahmen soll eine Normalisierung rascher herbeigeführt werden. In kleinem Umfang könnte es auch in einigen Branchen zur Stärkung der Margen der Unternehmen beitragen. Des Weiteren wird die private Kaufkraft mit einem einmaligen Kinderbonus in Höhe von 300 Euro je Kind, der im Jahr 2020 ausgezahlt werden soll, gestärkt. Dieser wird mit dem Freibetrag verrechnet und stützt daher Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen mit 4,3 Milliarden Euro. Außerdem erhalten Alleinerziehende einen Entlastungsbeitrag, der ihr Einkommen um eine dreiviertel Milliarde Euro stützt. Mit diesen Maßnahmen wird der private Verbrauch gestärkt; wichtig ist dabei auch der konsumpsychologische Aspekt, da die Pandemie-Maßnahmen die Verbraucher teilweise direkt eingeschränkt, darüber hinaus aber auch Zukunftssorgen zur Zurückhaltung geführt haben. Dies alles kann leicht zu einem Teufelskreis werden, da einbrechende Umsätze Geschäftsschließungen und Einkommenseinbußen mit sich bringen. Dem muss sich die Wirtschaftspolitik entgegenstemmen. Zudem dürften die diversen Lockerungen der Beschränkungen auch eine gewisse Normalisierung beim Neustart ermöglichen, zum Beispiel in der Gastronomie, dem Tourismus und dem stationären Einzelhandel. Dies dürfte die Wirtschaftsleistung allein um gut 0,7 Prozent verbessern. Darüber hinaus soll im September eine verlässliche Regelung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ab dem 1. Januar 2021 vorgelegt werden. Damit dürfte das Kurzarbeitergeld auch im nächsten Jahr zur Einkommensstabilisierung beitragen. Dies stützt die Konjunktur im nächsten Jahr.
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Stützungsprogramm für Unternehmen, aber zu wenig Verlustverrechnung Der Bund will zudem ein weiteres Stützungsprogramm für Unternehmen beschließen. Bis zu 25 Milliarden Euro werden im laufenden Jahr zusätzlich für Überbrückungshilfen ausschließlich an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zur Unterstützung bei sehr starken Umsatzeinbußen bereitgestellt. Dies hilft vor allem Selbständigen und kleinen Unternehmen, dürfte somit einige Insolvenzen vermeiden und dazu beitragen, dass die Ausgaben von Unternehmen und ihren Beschäftigten nicht einbrechen. Da die Finanzierung des Programms noch nicht klar ist, dürfte davon allein kein zusätzlicher konjunktureller Impuls ausgehen; die Maßnahme verhindert jedoch einen zusätzlichen Einbruch von Einkommen. Für jene Unternehmen des industriellen Mittelstands, die oberhalb der Schwellen der europäischen KMU-Definition liegen, sind höchstens unmittelbare Effekte zu erwarten, und es entsteht dadurch eine neue „Mittelstandslücke“ in der staatlichen Förderarchitektur. Gleichzeitig verschafft der Staat durch veränderte Zahlungstermine für die Einfuhrumsatzsteuern allen Unternehmen einen weiteren Liquiditätspuffer von fünf Milliarden Euro. Diese Fristenverschiebung kann den Weg für ein Verrechnungsmodell ebnen, das den Unternehmen ermöglicht, die Einfuhrumsatzsteuer direkt in der Umsatzsteuererklärung als Vorsteuer geltend zu machen. Dies mindert die Bürokratielast der Unternehmen und fördert ein „level playing field“ mit der Logistikindustrie in unseren Nachbarländern. Bei den Maßnahmen zu den Unternehmen ist die Koalition in einigen Punkten jedoch hinter den Notwendigkeiten zurückgeblieben. So fällt die leichte Erhöhung des steuerlichen Verlustrücktrags für die Jahre 2020/21 weit hinter die Notwendigkeit zurück, die drastisch gesunkene Leistungsfähigkeit von Unternehmen durch eine vollständige steuerliche Anerkennung der Corona-Verluste zu stabilisieren. Hierzu muss ein der Höhe nach unbegrenzter Verlustrücktrag ermöglicht werden, beziehungsweise die Erhöhung auf fünf Millionen Euro (beziehungsweise zehn Millionen Euro) noch deutlich weiter erhöht werden. Außerdem muss der Verlustrücktrag auf mehr als ein Jahr zurück möglich sein. Schließlich müssen Corona-Verluste auch in künftige Gewinnjahre unbegrenzt vortragsfähig sein. Sozialgarantie richtiger Schritt Wichtig für Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen ist die von der Koalition beschlossene „Sozialgarantie 2021“. Danach soll die Beitragssatzsumme in den Sozialversicherungen bis 2021 bei maximal 40 Prozent stabilisiert werden. Eine Erhöhung der Beitragssätze würde die Personalzusatzkosten der Betriebe erhöhen und auch die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer reduzieren. Das wäre konjunkturell völlig verkehrt. Es ist daher richtig, pandemiebedingte Mindereinnahmen und Mehrausgaben der Sozialversicherungsträger durch höhere Bundeszuschüsse auszugleichen. Hierfür sind gut fünf Milliarden Euro vorgesehen worden. Zudem wird der Bund mit elf Milliarden Euro über zwei Jahre den ansonsten zu erwartenden Anstieg der EEG-Umlage aus Haushaltsmitteln finanzieren. Dies vermeidet zwar eine weitere Belastung der Wirtschaft, die hohen Energiepreise bleiben aber ein erheblicher Nachteil im internationalen Standortwettbewerb. Zudem werden für einige besonders hart getroffene Bereiche zusätzliche Programme zur Stabilisierung der Wirtschaftslage bereitgestellt, unter anderem für gemeinnützige Organisationen, Kunst und Kultur sowie die Forstwirtschaft. Investitionsförderung im Zukunftspaket Darüber hinaus sieht das Paket auch eine Reihe von investiven Maßnahmen vor. Kurzfristig soll die degressive Abschreibung für die Abnutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern (Faktor 2,5 und maximal 25 Prozent pro Jahr) für dieses und nächstes Jahr eingeführt werden. Damit sollen etwa sechs Milliarden Euro als Vorzieheffekt mobilisiert werden. Allerdings stellen sich den Unternehmen im Zuge der digitalen Transformation anspruchsvolle technische Herausforderungen, deren Umsetzung hohe und langfristige Investitionen erfordert. Deswegen muss die degressive AfA deutlich
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über 2021 hinaus gelten. Zusätzlich wären Sonderabschreibungen oder Sofortabzugsmöglichkeiten für bestimmte Investitionsbereiche sinnvoll gewesen, um einen noch stärkeren Konjunkturimpuls zu setzen. Kurzfristig sollen auch bereits beschlossene öffentliche Investitionen vorgezogen und bis Ende nächsten Jahres ausgabewirksam werden (Volumen: zehn Milliarden Euro). Zudem erhöht der Bund die Finanzierung von Investitionen in den Bildungssektor (3,5 Milliarden Euro) und erhöht die Dotierung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms um je eine Milliarde Euro in 2020/21; dies ist zwar immer noch zu wenig, um die selbstgesteckten Klimaziele in diesem Bereich erreichen zu können, aber immerhin ein richtiger Schritt. Im Zukunftspaket der Regierung sind eine Vielzahl von Fördermaßnahmen enthalten mit einem Volumen von insgesamt 50 Milliarden Euro. Die Fördermaßnahmen im Bereich Mobilität umfassen ein Volumen von rund 14 Milliarden Euro, die für den Klimaschutz zehn Milliarden Euro. Weitere Mittel werden für die Digitalisierung (15 Milliarden Euro) und Gesundheit (knapp zehn Milliarden Euro) bereitgestellt. Insbesondere mit der Verdopplung der Forschungszulage auf eine Million Euro pro Jahr und Unternehmen setzt die Bundesregierung einen wichtigen Impuls für mehr Innovation und Beschäftigung in Deutschland. Allerdings geht die Förderung weiterhin hinsichtlich der Höhe und der Befristung bis 2025 nicht weit genug, um F&E-Funktionen im internationalen Standortwettbewerb in Deutschland nachhaltig zu verankern. Positiv ist auch die erhöhte Kofinanzierung von Forschungsprojekten der außeruniversitären Einrichtungen mit Unternehmen sowie der projektbezogenen Forschung (zusammen 1,3 Milliarden Euro) und die Erhöhung der Gemeinschaftsaufgabe um eine halbe Milliarde Euro. Der Bund hat zudem beschlossen, die Gemeinden von einigen Kosten zu entlasten, um die ansonsten prozyklische Kürzung von investiven und konsumtiven Ausgaben abzumildern. So wird der Bund die Kosten für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitssuchende mit bis zu 75 Prozent (Erhöhung um 25 Prozentpunkte) unterstützen (vier Milliarden Euro), zudem werden Bund und Länder Gewerbesteuermindereinnahmen ausgleichen (knapp sechs Milliarden Euro), und der Bund wird mit 2,5 Milliarden Euro die ÖPNV-Mindereinnahmen durch Zuschüsse an die Länder stützen. All dies dient hauptsächlich dazu, die notwendigen und in den letzten Jahren viel zu niedrigen kommunalen Investitionen zu schützen. Konjunkturelle Maßnahmen stützen Wirtschaft Für eine vollständige Einschätzung der konjunkturellen Wirkung der Maßnahmen sind die Koalitionsbeschlüsse noch nicht genau genug dargelegt worden, dies wird erst mit Vorlage des Nachtragshaushalts und einer genaueren zeitlichen Zuordnung der finanzwirksamen Maßnahmen auf die Jahre 2020 bis 2022 möglich sein. Schon heute lässt sich aber abschätzen, dass die Maßnahmen in diesem Jahr einen Impuls von 1 bis 1½ Prozent des BIP auslösen werden. Während die den Konsum stimulierenden Maßnahmen zeitnah wirken, werden investive und strukturpolitische Maßnahmen erfahrungsgemäß erst mit Verzögerung umgesetzt. Wann diese Maßnahmen ihre konjunkturstützende Wirkung entfalten, ist daher nicht genau vorhersehbar. Dies ist aber auch nicht so entscheidend, da die Erholung sich ohnehin weit ins nächste und übernächste Jahr erstrecken wird und insofern ein konjunktureller Impuls aus dem jetzigen Paket auch im Jahr 2021 noch zielführend sein wird. Entscheidend war und ist, die Belebung nicht zu spät einsetzen zu lassen, damit nicht vermeidbare Insolvenzen zu einer dauerhaften Schwächung von Produktion und Beschäftigung führen. Diese Gefahr ist durch das Maßnahmenpaket auch nur abgemildert, aber nicht vollständig gebannt. Das ist
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nicht als Vorwurf zu verstehen, sondern angesichts der hohen Unsicherheit über die Normalisierung des Wirtschaftsgeschehens und den weiteren Verlauf der Pandemie unvermeidbar. Insofern muss in den nächsten Monaten immer neu geprüft werden, ob die Maßnahmen ausreichen. Insbesondere droht ein erhöhtes Insolvenzgeschehen, es ist aber auch nicht möglich, dies verlässlich ex ante einzuschätzen, da die Kombination aus Liquiditätsreserven von Unternehmen, Förderkrediten, normalen Eigenkapital- und Fremdkapitalmaßnahmen im Kreditwesen und am Kapitalmarkt und Erholung des Geschäfts nicht verlässlich prognostizierbar ist. Die Europäische Kommission hat mit der Vorlage der Vorschläge den Bedarf zum Beispiel an neuem Eigenkapital zum Auffangen der Coronabedingten Verluste auf ein Volumen von 750 bis 1.200 Milliarden Euro in Europa geschätzt, eine durchaus plausible Zahl.
Energie- und Klimapolitik Trotz der akuten Krisenbewältigung darf der langfristige Blick auf Klimaschutz und strategische Wettbewerbschancen innovativer Technologien nicht verloren gehen. Planbarkeit und Entlastungen schaffen In Zeiten großer Unsicherheit muss die Politik vor allem sichere Rahmenbedingungen und Planbarkeit schaffen und die Unternehmen an Stellen entlasten, wo sich unmittelbar eine große Wirkung zeigt. Als eine kurzfristige Entlastungsmaßnahme hat der BDI eine Senkung der EEG-Umlage sowie der Netzentgelte gefordert. Hier geht die Bundesregierung mit einer EEG-Umlagendeckelung auf 6,5 beziehungsweise sechs Cent bereits in die richtige Richtung. Eine Stabilisierung der Umlagenhöhe ist ein wichtiger Schritt, die klimapolitisch notwendige Umstellung auf zum Beispiel zunehmend mehr elektrische Nutzungen zu ermöglichen – auch für die Herstellung von „grünem“ Wasserstoff – und nicht durch eine drohende EEG-Umlagensteigerung auszubremsen. Die Deckelung ist zu begrüßen, allerdings hätte sich die Industrie mutigere und deutlichere Entlastungen gewünscht, da Deutschland auch weiterhin mit die höchsten Strompreise in Europa besitzt. Konkret deutet eine BDI Umfrage unter 150 mittelständischen Familienunternehmen aus Ende Mai 2020 darauf hin, dass – gerade wegen hoher (und stets steigender) Kosten für Energie und Arbeit – Investitionen im Inland überproportional zum Ausland gekürzt werden könnten. Unsere Forderung zur Senkung der Netzentgelte wurde leider nicht aufgegriffen, obwohl dies der breiteste und fairste Weg wäre, private und industrielle Stromkunden gleichermaßen von Kosten zu entlasten. Investitionen in Zukunftstechnologien Der BDI bewertet positiv, dass die Bundesregierung Investitionen in Zukunftstechnologien in den Blick nimmt. Dies gilt vor allem für Investitionen in Wasserstofftechnologien, denen im Konjunkturprogramm eine zentrale Rolle zugeschrieben wird. Konkrete Vorschläge wie eine Verstetigung des ElektrolyseAusbaupfades, eine Befreiung der EEG-Umlage für die Produktion von Wasserstoff sowie eine Anwendung von Carbon-Contracts-for-Difference (CCfDs) und der Aufbau von internationalen Wasserstoffpartnerschaften sind zu begrüßen. Wichtig ist vor allem, dass hier rasch Verbindlichkeit geschaffen wird und es nicht bei Prüfaufträgen bleibt. Bezüglich der Anwendung von CCfDs ist allerdings anzumerken, dass Carbon-Contracts-for-Difference aus unserer Sicht in der geplanten Ausgestaltung einer stärkeren Wasserstoffnutzung noch nicht zum Durchbruch verhelfen werden. Es bedarf weiterer Diskussionen mit den betroffenen Branchen zum Design dieses potenziell sinnvollen Förderinstruments.
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Auch im Zusammenhang mit dem Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ist der Fokus zum Aufbau der Erneuerbaren Energien (Aufhebung Solardeckel und Aufstockung von Offshore Wind von 15 auf 20 GW) ein absolut notwendiger Schritt. Ebenso setzt die vorhergesehene Steigerung der projektbezogenen Energieforschung ein gutes Signal, zumal zu Jahresbeginn bedauerlicherweise die Energieforschungsmittel gekürzt wurden, beziehungsweise auf Reallabore konzentrierten wurden. Fokus Gebäudesanierung Die energetische Gebäudesanierung ist mit einer inländischen Wertschöpfung von über 80 Prozent nicht nur ein wichtiger Wachstumsmotor, zugleich ist der Gebäudesektor – volkswirtschaftlich betrachtet - mit niedrigen Vermeidungskosten ein Schlüssel zum effizienten Erreichen der Klimaschutzziele. Die angekündigte Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms um eine Milliarde Euro ist ein wichtiger Schritt, um Engpässe bei der Finanzierung der Sanierungsförderungen auszuschließen, die nach den Aufstockungen der Förderungen im Rahmen des Klimaprogramms nicht auszuschließen waren. Auch die Aufstockung der Förderprogramme des Bundes zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude ist begrüßenswert. Diese Maßnahmen reichen aber nicht aus, um zusätzliche Impulse für mehr energetische Sanierung und konjunkturelle Erholung zu erbringen. Der BDI hält eine dauerhafte Anhebung der Fördersätze von Steuerförderung und Programmförderung auf 30 Prozent, die Einführung einer Steuerförderung bei vermieteten Gebäuden und NichtWohngebäuden (Abzugsfähigkeit von Sanierungskosten als sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand) sowie den Beginn einer flächendeckenden Sanierung von öffentlichen Gebäuden für das Erreichen der Klimaziele für notwendig.
Steuerpolitik Neben den eingangs erwähnten Maßnahmen, wie der Absenkung der Umsatzsteuersätze, der Erhöhung des steuerlichen Verlustrücktrags und der degressiven Afa, sind im Paket weitere Vorschläge enthalten. So soll das Körperschaftssteuerrecht unter anderem durch ein Optionsmodell zur Körperschaftsteuer für Personalgesellschaften und die Anhebung des Ermäßigungsfaktors bei Einkünften aus Gewerbebetrieb auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags „modernisiert“ werden. Eine Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts, wie vom BDI seit langem gefordert, sähe allerdings weitergehende strukturelle Reformen vor. Insbesondere müsste diese eine wettbewerbsfähige Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland von maximal 25 Prozent sicherstellen. Dafür sind eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, eine schrittweise Nachbesserung der Gewerbesteuer (Abbau der Hinzurechnung, Anrechnung auf die Körperschaftsteuer, Wiederherstellung des Betriebsausgabenabzugs) und weitere strukturelle Maßnahmen im Körperschaftsteuerrecht notwendig. Die Einführung eines Optionsmodells kommt zum ungelegenen Zeitpunkt, da hierbei hoher zusätzlicher Beratungs- und Bürokratieaufwand entsteht. Vorrangig notwendig ist eine Nachbesserung der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG, um Reinvestitionen in die Unternehmen zu unterstützen. Da bei einigen Gemeinden der Hebesatz bereits über 400 Prozent liegt, bringt die vorgesehene Anhebung des Ermäßigungsfaktors nur geringe Entlastung. Mit dem Ziel, die Potenziale des Kapitalmarkts zu nutzen und Deutschland als Standort für Investitionen in Zukunfts- und Wachstumsunternehmen zu stärken, will die Bundesregierung die (steuer-)rechtlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen verbessern. Dazu sollte der steuerliche Freibetrag, der derzeit bei 360 Euro pro Jahr – und damit auf einem im internationalen Vergleich sehr niedrigen Niveau – liegt, deutlich angehoben werden. Zudem sollte der – gerade für Startup-Unternehmen – problematische Effekt der „Dry Income“-Besteuerung angegangen werden, der sich daraus ergibt, dass Arbeitnehmer die Vorteile aus einer Mitarbeiterbeteiligung direkt bei Erhalt
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versteuern müssen, obwohl noch keine Gewinne (tatsächliche Geldmittel) durch die Beteiligung zugeflossen sind. Zur Stärkung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Kommunen soll der Bund einen Teil der öffentlichen Investitionen vornehmen. Dazu soll im Rahmen eines „kommunalen Solidarpakt 2020“ den Gemeinden gemeinsam mit den zuständigen Ländern hälftig ein pauschalierter Ausgleich für krisenbedingte Einnahmenausfälle aus der Gewerbesteuer finanziert werden. Bei der Gewerbesteuer soll zudem der Freibetrag für die existierenden Hinzurechnungstatbestände auf 200.000 Euro erhöht werden. Für den BDI greift es zu kurz, allein die krisenbedingten Ausfälle bei der Gewerbesteuer durch Bund und Länder zu ersetzen. Stattdessen sollte eine grundlegende Reform der Kommunalfinanzen erfolgen, welche die Gewerbesteuer ersetzt und zugleich den Gemeinden langfristig eine verlässliche Finanzierung sichert. Die Gewerbesteuer erweist sich in der gegenwärtigen Krise – erneut – als sehr konjunkturanfällig. Sie ist damit keine Grundlage für eine solide kommunale Finanzierung.
Digitalisierung und Innovation Aufstockung der KI-Förderung wichtiger Schritt für Deutschlands Zukunftsfähigkeit Der Beschluss des Bundes, die bis 2025 geplanten Fördermittel für Künstliche Intelligenz (KI) von drei Milliarden auf fünf Milliarden Euro zu erhöhen, ist eine sehr gute Entscheidung. Eine massive Förderung von digitalen Schüsseltechnologien ist dringend notwendig, um den digitalen Paradigmenwechsel, der auch nach der Corona-Krise Bestand haben wird, zu unterstützen. Die angekündigten Maßnahmen wie die Anschaffung zusätzlicher Supercomputer oder die verstärkte Verzahnung der Kompetenzzentren für KI-Forschung mit der regionalen Wirtschaft zielen dabei in die richtige Richtung. Wichtig ist hierbei, neben kooperativer Spitzenforschung im industriellen Umfeld, auch schlanke und praxisgerechte Formate zu fördern, die speziell auf die Bedürfnisse des Mittelstandes ausgerichtet sind. Die angekündigten Maßnahmen zur Förderung von Quantentechnologien stellen einen Schritt in die richtige Richtung dar, um Deutschlands Konkurrenzfähigkeit in diesem wichtigen Zukunftsfeld zu stärken. Die Aktivitäten auf nationaler Ebene müssen durch einen weiteren Ausbau der europäischen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet flankiert werden, für den die Bundesregierung aktiv eintreten sollte. Investition in die digitale Infrastruktur als Turbo für die Digitalisierung Angesichts der Bedeutung digitaler Netze in der Krise und darüber hinaus ist die vorgesehene Unterstützung von Schlüsseltechnologien im Kommunikationsbereich, insbesondere mit Blick auf 5G und 6G, ein echter Wegweiser für eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Die gezielte Förderung von innovativen Unternehmen kann zudem die digitale Souveränität stärken. Regulatorische Maßnahmen sollten allerdings sehr genau mit den Auswirkungen auf die Innovationsund Wettbewerbsfähigkeit abgewogen werden. Neben der aufgeführten Vereinfachung von Förderinstrumenten im Glasfaserausbau müssen unbedingt Baugenehmigungsverfahren beschleunigt und der Einsatz alternativer Verlegemethoden ermöglicht werden. Verbesserte Rahmenbedingungen für den Mobilfunkausbau tragen maßgeblich zu einem flächendeckenden, leistungsfähigen Mobilfunknetz bei. Die finanzielle Stärkung der geplanten Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft und die damit einhergehenden möglichen Eingriffe in den privatwirtschaftlichen Markt müssen sorgfältig abgewogen werden und dürfen den privatwirtschaftlichen Ausbau nicht hemmen. Nur dort, wo sich der privatwirtschaftliche Ausbau für die
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Telekommunikationsunternehmen nicht lohnt, das heißt im Bereich der weißen Flecke, kann der Staat mit gezielten Fördermaßnahmen nachhelfen. In jedem Fall muss die Investitions- und Planungssicherheit für die ausbauenden Unternehmen gestärkt werden. Dabei sollten, wie auch im Ausbau der Festnetze, Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Darüber hinaus müssen öffentliche Liegenschaften bereitgestellt werden. Digitale Verwaltung wirtschaftsnah ausgestalten Das konsequente Vorantreiben der Registermodernisierung sowie die Aufstockung der Mittel zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes sind richtige Impulse auf dem Weg in einen digitalen Staat. Allerdings gilt auch: Geld allein macht nicht digital. Ziel muss es sein, dass sich Bund, Länder und Kommunen wirklich in der Pflicht sehen, flächendeckend digitale Leistungen anzubieten. Zudem müssen die Maßnahmen zentral koordiniert und E-Government zur Chefsache erklärt werden. Eine zügige und entschlossene bundesweite Umsetzung kann auch dazu beitragen, insbesondere den Mittelstand von unnötiger Bürokratie zu entlasten und vor Ort Kapazitäten für unternehmerische Kernaufgaben zu erhöhen. Im Maßnahmenkatalog fehlen zudem Anreize zur Abschaffung aller Schriftformerfordernisse in den Verwaltungsverfahren, welche das Wirtschaften erheblich vereinfachen würden. Alle verwaltungsinternen und verwaltungsübergeifenden Vorgänge sollten im Grundsatz digital bearbeitet werden können. Forschung fördern, Kooperationen mit der Wissenschaft stärken Die geplante Stärkung der Forschungszulage durch die Verdoppelung der Bemessungsgrundlage ist ein gutes Zeichen für die themenoffene Forschung in der Corona-Krise. Der Anreiz kann nun auch größere Unternehmen erreichen und helfen, in forschende Fachkräfte zu investieren. Eine soeben durchgeführte BDI F&E-Umfrage bestätigt den Verdacht, dass in der Krise viele F&EKooperationen in Not geraten sind. Es ist daher ein gutes Zeichen, wenn den außeruniversitären Forschungsorganisationen geholfen wird, um dem Wissenstransfer und den aussichtsreichen gemeinsamen Projekten entgegen der Liquiditätsengpässe zum Erfolg zu verhelfen. In der intelligenten Stadt der Zukunft (“Smart City”) wird der digitale Wandel für alle Bürgerinnen und Bürger ganz unmittelbar erfahrbar. Die angekündigte Erhöhung der Fördermittel für Smart CityProjekte ist zu begrüßen, um die Entwicklung vernetzter urbaner Räume in Deutschland voranzutreiben.
Industrielle Gesundheitswirtschaft Krankenhäuser in Deutschland fit für die Zukunft machen Vor der Corona-Krise wurden wichtige Investitionen in das Gesundheitssystem nicht konsequent genug getätigt. Der Bundesregierung geht mit dem Konjunkturpaket nun endlich den in den Bundesländern aufgelaufenen Investitionsstau in der stationären Versorgung an. Das „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ sieht die Förderung moderner Notfallkapazitäten, den Ausbau der digitalen Infrastruktur zur besseren internen und sektorübergreifenden Versorgung und Koordination sowie Investitionen in die IT- und Cybersicherheit des Gesundheitswesens vor. Darüber hinaus sollen regionale Versorgungsstrukturen sowohl für den Normalbetrieb als auch für Krisenzeiten konzeptionell besser aufeinander abgestimmt werden. Die Umsetzung erfolgt über die gesetzliche
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Erweiterung des Strukturfonds, der bereits vor einigen Jahren gesetzlich zur Investitionsförderung regionaler stationärer Versorgungsstrukturen begründet wurde. Positiv zu bewerten ist, dass die Bundesregierung in Innovationen und die Digitalisierung in Krankenhäusern investieren will. In deutschen Krankenhäusern werden die Potenziale der Digitalisierung zwar erkannt, aber bisher vielfach noch nicht ausgeschöpft. Weniger als die Hälfte der Häuser verwendet eine einheitliche krankenhausweite elektronische Patientenakte oder eine elektronische Medikationsunterstützung. Die öffentlichen Fördermittel reichen in den meisten Krankenhäusern nicht aus, um in digitale Infrastruktur und modernste Medizintechnik zu investieren. Vor diesem Hintergrund sind die zugesagten drei Milliarden Euro eine wichtiger Investitionsanschub. Allerdings reichen die zugesagten Mittel nicht aus, um die Krankenhäuser in Deutschland fit für die Zukunft und künftige Krisen zu machen. Vor allem die Bundesländer müssen ihren Investitionspflichten stärker nachkommen. Entwicklung von Impfstoffen unterstützen Die Corona-Pandemie endet, wenn ein Impfstoff für die Bevölkerung zur Verfügung steht. Durch die Förderung der Initiative CEPI und der deutschen Impfstoffentwicklungen mit einem Investitionsvolumen von 0,75 Milliarden Euro will die Bundesregierung erreichen, dass ein wirksamer und sicherer Impfstoff zeitnah zur Verfügung steht und auch in Deutschland schnell produziert werden kann. Generell sind diese Investitionen positiv zu bewerten, unklar ist allerdings noch, nach welchem Schlüssel diese Förderungen verteilt werden. Klar ist, dass der größte Teil der Investitionen sowie das unternehmerische Risiko für die Erforschung und Entwicklung von Impfstoffen weiter von der industriellen Gesundheitswirtschaft getragen wird. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber der Bundesregierung mit den Infektionsschutzgesetzen weitreichende Verordnungsermächtigungen erteilt, um die gesamte Kette des Inverkehrbringens von der Zulassung bis zur Abgabe zur Pandemiebekämpfung kurzfristig zu ändern oder gar selbst zu übernehmen. Wir erkennen an, dass die Bundesregierung in Gesundheitskrisen handlungsfähig sein muss. Eine adäquate öffentliche und industriepolitische Diskussion zu den Eingriffsbefugnissen der Bundesregierung konnte in der akuten Krisensituation jedoch nicht stattfinden. Wichtiger als finanzielle Unterstützung sind für die industrielle Gesundheitswirtschaft verlässliche Rahmenbedingungen für das Inverkehrbringen von Impfstoffen sowie der Schutz des geistigen Eigentums. Wir regen daher an, dass im Dialog mit der Industrie ein regulatorischer Rahmen erarbeitet werden sollte, der die staatlichen Befugnisse für das Inverkehrbringen von Produkten des medizinischen Bedarfs zur Krisenbewältigung konkretisiert. Dieses Dialogformat könnte auch dazu genutzt werden, gemeinsam mit der Industrie zu diskutieren, wie die Erforschung und Entwicklung von Impfstoffen in Deutschland am gezieltesten gefördert werden kann. Reserven für künftige Krisen schaffen Im Falle einer Epidemie steigt kurzfristig der Bedarf an medizinischer Schutzausrüstung. Um Engpässe in Krisensituationen abfedern zu können, sollte der Nationale Pandemieschutzplan dergestalt modernisiert werden, dass alle an der Gesundheitsversorgung mit klaren Zuständigkeiten und Prozessen eingebunden werden. Dazu gehört insbesondere auch die industrielle Gesundheitswirtschaft, deren Produkte und Dienstleistungen unabdingbarer Bestandteil der Pandemiebewältigung und -prävention sind. Die Bundesregierung hat die Dringlichkeit erkannt und plant im Konjunkturpaket ein Programm zur Förderung der flexiblen und im Falle einer Epidemie skalierbaren inländischen Produktion wichtiger Arzneimittel und Medizinprodukte in Höhe von einer Milliarde Euro – allerdings ohne an dieser Stelle
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konkret zu werden. Die Debatte über die „wichtigen Arzneimittel und Medizinprodukte“ und die konkreten Fördermaßnahmen muss gemeinsam mit der Industrie erfolgen. Es müssen klare Regelungen und Transparenz hinsichtlich der Kompensationen getroffen werden, um Planungssicherheit für die Unternehmen zu schaffen. Darüber hinaus plant die Bundesregierung auch eine nationale Reserve für medizinische Schutzausrüstung. An dieser Stelle sollte auch über eine Arzneimittelreserve nachgedacht werden. Gegebenenfalls sind für die Reserven auch europäische Lösungen denkbar.
Mobilität und Logistik Für den Mobilitätsbereich sind rund 17 Milliarden Euro an Finanzmitteln im Konjunkturpaket vorgesehen. Zumindest in Teilen hinzuzurechnen sind für die Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie rund sieben Milliarden Euro, die zugleich einen wichtigen Beitrag leisten, die Themen Wasserstoff- und Brennstoffzellenmobilität sowie PtX entscheidend voranzubringen. Für die Deutsche Bahn AG gibt es zusätzlich zu der bisher im Klimaschutzpaket beschlossenen Eigenkapitalerhöhung eine weitere Finanzspritze in Höhe von fünf Milliarden Euro, um die durch die Corona-Krise bedingten Nachteile auszugleichen. Das Geld soll vor allem in Infrastrukturprojekte fließen. Flugzeuge und Schifffahrt sollen mit jeweils einer Milliarde Euro zusätzlich gefördert werden. Die Automobilwirtschaft erhält Förderprogramme zur Forschung und Entwicklung in Höhe von zwei Milliarden Euro. Zusätzlich wird der Absatz von Elektrofahrzeugen sowie der Ausbau der Ladeinfrastruktur gefördert. Weitere Förderprogramme im Nutzfahrzeugbereich sind noch in europäischer Abstimmung. Verkehrsinfrastruktur Die angekündigte Prüfabsicht, inwieweit geplante öffentliche Aufträge und Investitionen vorgezogen werden können, ist zu begrüßen. Diese Prüfung sollte aber auch für Vorhaben im Bereich der Verkehrsinfrastruktur erfolgen, denn hierfür sind in den kommenden Jahren hohe Investitionsvolumina vorgesehen. Projekte aus diesem Bereich, die sich besonders zeitnah realisieren lassen, sollten identifiziert und deren Umsetzung angestoßen werden. Um das größtmögliche Potential an Investitionsmitteln im Bereich der Infrastrukturen (Verkehr, Energie, Digital) für eine konjunkturelle Stimulierung zur Entfaltung zu bringen, muss eine kalkulierbare und zeitnahe Verausgabung der Mittel gewährleistet sein. Hierzu müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren schlanker und planbarer werden. Hierzu bieten sich auch auf EU-Ebene insbesondere im Umweltrecht zahlreiche Ansatzpunkte. Dazu gehört die Wiedereinführung der materiellen Präklusion und eine Aktualisierung der europäischen Artenschutzlisten nach wissenschaftlichen Kriterien. Auch möglichst unbürokratische Vergabeverfahren können einen Beitrag leisten. Die in Aussicht gestellte Vereinfachung von Vergabeprozessen und das Anstoßen eines Programms auf EU-Ebene, unter anderem zur Beschleunigung von Planungsverfahren samt der Wiedereinführung der materiellen Präklusion, sind sehr zu begrüßen. Allerdings wurden längst zahlreiche weitere Instrumente identifiziert (zum Beispiel im Abschlussbericht des Innovationsforum Planungsbeschleunigung aus dem Jahr 2017), die auch auf nationaler Ebene große Beiträge zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte leisten können. Auch diese Instrumente sind rasch umzusetzen, um einen Abfluss der konjunkturstützenden Investitionsmittel sicherzustellen.
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Elektromobilität Die Verdoppelung des staatlichen Anteils der Kaufprämien für batterieelektrische Fahrzeuge bis Ende 2021 ist ein wichtiges Signal für die kontinuierliche Förderung der Elektromobilität in Deutschland. So erhöht sich beispielsweise die staatliche Kaufprämie von 3.000 auf 6.000 Euro für ein rein batterieelektrisches Fahrzeug bis zu einem Nettolistenpreis von 40.000 Euro. Zudem soll die bestehende Kfz-Steuerbefreiung für rein batterieelektrische Fahrzeuge bis 2030 verlängert werden. Auch die Erhöhung der Kaufpreisgrenze von 40.000 Euro auf 60.000 Euro für die vergünstigte Besteuerung von rein elektrischen Dienstwagen ist ein positiver Anreiz. Mit Blick auf optimierte Nutzungsgrade für den elektrischen Antrieb bei Plug-in Hybridfahrzeugen kündigt die Bundesregierung an, diese – erneut – im Expertenkreis der Nationalen Plattform „Zukunft der Mobilität“ zu diskutieren. Ausbau Ladeinfrastruktur Die Bundesregierung setzt auf weitere Stellhebel zur Förderung der Elektromobilität. Entscheidend ist die stärkere Förderung der Ladeinfrastruktur sowie der Forschung und Entwicklung im Bereich Elektromobilität und Batteriezellfertigung mit zusätzlichen 2,5 Milliarden Euro. Richtig ist dabei der Ansatz, den Masterplan Ladeinfrastruktur zügig umzusetzen. Künftig gilt es, verstärkt einen besonderen Schwerpunkt auf die Förderung des Ausbaus von privater Ladeinfrastruktur zu legen. Die bereits im Klimapaket 2030 angekündigte Versorgungsauflage für Tankstellen in Deutschland sieht der BDI als sachfremd in einem „Konjunkturpaket“, wenn dies nicht konkret unterfüttert wird. Flottenaustauschprogramme Positiv sind auch die angekündigten Flottenaustauschprogramme für Soziale Dienste, Handwerker und KMU, Investitionen in ein „Bus- und Lkw-Flotten-Modernisierungs-Programm“ für private und kommunale Betreiber sowie die Aufstockung der bestehenden Förderung für E-Busse und Ladeinfrastruktur bis Ende 2021. Diese Maßnahmen sollten vor Ablauf des Förderzeitraums evaluiert und gegebenenfalls rechtzeitig verlängert werden. Außerdem will sich die Bundesregierung auf EUEbene für ein bis 2021 befristetes europaweites Flottenerneuerungsprogramm für schwere Nutzfahrzeuge einsetzen. Hier sollten rasch die Details geklärt werden. Kfz-Steuer Die geplante Spreizung der Kfz-Steuer nach CO2-Emissionen greift einen Vorschlag aus dem Klimaschutzpaket 2030 auf und knüpft richtigerweise an die bereits bestehende Systematik sowie ökologische Ausrichtung der Kfz-Steuer an. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass bereits durch die Umstellung auf den WLTP-Zyklus im Jahr 2018 de facto eine circa zwanzig prozentige Erhöhung der Kfz-Steuer erfolgt ist. Das BMF hat zur Umsetzung der Maßnahme bereits einen Referentenentwurf vorgelegt. Automobilwirtschaft Für F&E im Automobilbereich kündigt die Bundesregierung weitere zwei Milliarden Euro an: Das Bonus-Programm für Zukunftsinvestitionen der Fahrzeughersteller und der Zulieferindustrie zur Förderung von Investitionen in neue Technologien, Verfahren und Anlagen für die Jahre 2020 und 2021 ist ein wichtiges Element zur Stärkung der automobilen Wertschöpfungsketten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Förderung von Forschung und Entwicklung für transformationsrelevante Innovationen und neue regionale Innovationscluster, vor allem der Zulieferindustrie.
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Wasserstoffstrategie Positiv ist, dass die Bundesregierung nach langen Abstimmungsprozessen die angekündigte Nationale Wasserstoffstrategie nunmehr wenige Tage nach dem Konjunkturpakt vorgelegt hat und für die Umsetzung der Strategie in den Jahren 2020 und 2021 rund sieben Milliarden Euro sowie weitere zwei Milliarden Euro für internationale Partnerschaften vorsehen will. Mit der Strategie stellt die Bundesregierung auch die Weichen für die künftige Wasserstoff-/Brennstoffzellenmobilität sowie den Einsatz von PtX im Verkehrssektor. Konkret benennt das Konjunkturpaket als richtigen Schwerpunkt, das Wasserstoff-Tankstellennetz für den Schwerlastverkehr zügig auszubauen. Außerdem will die Bundesregierung bei der nationalen Umsetzung der RED-II-Richtlinie über die vorgesehene Mindestquote von 14 Prozent für Erneuerbare Energien im Verkehr hinausgehen. Leider bleiben bei der Finanzierung des Markthochlaufs von Wasserstoff aus Sicht des BDI einige Fragen offen. Die Bundesregierung verpasst die Chance, das Potenzial des Straßenverkehrs mit seinen sehr hohen Abgaben und Steuern für den Markthochlauf von Wasserstoff und Nachfolgeprodukten, beispielsweise durch Ausnahmen von der Energiesteuer für strombasierte Kraftstoffe, zu nutzen. Dieses schwere Versäumnis ist kontraproduktiv angesichts der aufgrund der Corona-Pandemie eingeschränkten privaten und öffentlichen Investitionsmöglichkeiten. Zugleich erschwert es erfolgreichen und effizienten Klimaschutz im Verkehr. Für den BDI ist klar: Die beiden zentralen Stellhebel für das Erreichen der Klimaschutzziele bis 2030 sind die Elektrifizierung und der verstärkte Einsatz von CO2-neutralen Kraftstoffen, die zusammen rund 70 Prozent der erforderlichen THG-Reduktion beitragen können. Luftverkehr Mit Blick auf den Luftverkehr ist es von zentraler Bedeutung, dass bei der Prüfung einer verbindlichen Quote von strombasierten Kraftstoffen (PtL) der mit Einführung einer solchen PtL-Quote einhergehende Förderbedarf nicht vergessen werden darf. Eine solche Quote muss unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsfähigkeit der Fluggesellschaften realistisch ausgestaltet und mit Förderung verbunden sein. Zudem gilt es, eine solche Quote nicht nur national, sondern europäisch auszurichten, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Die Förderung des „direkten Einsatzes von grünem Wasserstoff in Flugzeugantrieben“ ebenso wie die Entwicklung von Konzepten für „hybridelektrisches Fliegen“ sind ein positives Signal. Die Förderung moderner Flugzeugflotten mit einer Milliarde Euro ist ein richtiger Schritt. Schlüssel wird sein, die Förderungen der Luftverkehrswirtschaft schnell und unbürokratisch zur Verfügung zu stellen. Schienenverkehr und ÖPNV Ebenso werden die Schiene und der ÖPNV zum Beispiel durch die zusätzlichen Regionalisierungsmittel gestärkt. Positiv ist auch die Förderung des Mobilfunk-Empfangs entlang des 39.000 Kilometer langen Schienennetzes sowie die nötige Umrüstung der Zugendgeräte bei rund 450 zugelassenen Verkehrsunternehmen. Schifffahrt Die zusätzliche Förderung der Schifffahrt mit insgesamt einer Milliarde Euro ist zu begrüßen – vor allem vor dem Hintergrund des Investitionsbedarfs beim Ausbau und der Instandhaltung der Wasserwege und Schleusen. Auch das neu zu erstellende „Förderprogramm LNG-Betankungsschiffe“ ist ein richtiger Schritt, die Schifffahrt bei der Reduktion von CO2-Emissionen langfristig zu unterstützen.
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Sicherheit und Rohstoffe Sicherheitsprojekte vorziehen und Abfluss der Mittel sicherstellen Sicherheitspolitisch leistet die Bereitstellung von zehn Milliarden Euro zur Vorziehung von Sicherheitsprojekten und Rüstungsvorhaben mit hohem deutschem Anteil einen entscheidenden Beitrag zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der systemrelevanten deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Die Vorziehung ist im Interesse der Bundeswehr und ein wichtiger Beitrag zur Schließung von Ausrüstungsmängeln sowie dem Erhalt der deutschen Bündnisfähigkeit. Damit wird eine Win-Win-Situation für die Streitkräfte und den industriellen Neustart geschaffen. Der Abfluss der Mittel ist allerdings an die Genehmigung von 25-Millionen-Vorlagen durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags geknüpft. Die Bundesregierung muss diese nun schnellstmöglich vorlegen, um die Projekte auch tatsächlich realisieren zu können. Digitale und technologische Souveränität stärken, Doppelungen verhindern Die Stärkung der digitalen und technologischen Souveränität – insbesondere auch mit Blick auf die Cyberresilienz – ist eine wichtige Maßnahme. Insbesondere vor dem Hintergrund der definierten nationalen Schlüsseltechnologien ist ein Akzent auf Technologieforschung zu begrüßen. Mit Blick auf die Etablierung eines Zentrums für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr ist fraglich, ob neben dem Cyber Innovation Hub, der Cyberagentur und der Agentur für Sprunginnovationen noch eine vierte neue Stelle mit diesem Thema betraut werden muss. Deutschland und Europa brauchen jedoch eine ganzheitliche Strategie, die digital-, industrie-, sicherheits- und bildungspolitische Maßnahmen bündelt und auf das Ziel der ganzheitlichen und nachhaltigen Stärkung der digitalen Souveränität ausrichtet. Die vorgesehenen Finanzmittel sind richtig und wichtig, hätten jedoch besser den bereits existierenden oder im Aufbau befindlichen Stellen gegeben werden sollen, um Skaleneffekte zu erzielen und größere Projekte fördern zu können. Sicherheitsorgane stärken Das Konjunkturpaket versäumt es, sinnvolle wirtschaftliche Maßnahmen mit der Ausrüstung der zivilen Sicherheitsbehörden, Polizeien und Nachrichtendienste zu verknüpfen. Eine Stärkung der Sicherheitsorgane von Bund, Ländern und Kommunen hätte sowohl den Technologiestandort Deutschland als auch das Sicherheitsgefühl stärken können. Raumfahrt als Voraussetzung für Zukunftstechnologien und kritische Infrastruktur begreifen Die Datenverfügbarkeit für den Auf- und Ausbau von Zukunftstechnologien wie der Quantentechnologie oder der Künstlichen Intelligenz sowie die digitale Souveränität basiert auf Raumfahrtanwendungen. Dieser Zusammenhang findet im Paket allerdings keinerlei Berücksichtigung. Einzig die branchenübergreifende Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung in Startups kann als sehr hilfreich für den innovationsstarken New Space-Bereich mit zahlreichen jungen Unternehmen eingeordnet werden. Bundesregierung übernimmt Verantwortung für Entwicklungs- und Schwellenländer Covid-19 ist eine globale Herausforderung und trifft Entwicklungs- und Schwellenländer besonders hart. Die Bundesregierung übernimmt hier internationale Verantwortung und unterstützt speziell die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zu afrikanischen Staaten. Bis Ende 2021 sollen zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt werden, die sowohl der Bekämpfung der Pandemie als auch zur Ausweitung der humanitären Hilfe und gesundheitlichen Vorsorge dienen. Ausgangspunkt soll die Initiative
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“Compact with Africa” (CwA) bilden. Durch die Herausforderungen der bereits teilweise sehr schwachen Gesundheitssysteme und die mittel- und langfristigen Folgen auf die Volkswirtschaften Afrikas ist dies eine sinnvolle Investition in bestehende und künftige Partnerschaften mit afrikanischen Staaten. Wie eine Intensivierung des wirtschaftlichen Austauschs mit den Ländern Afrikas erreicht werden kann, wird im Konjunkturprogramm jedoch nicht erwähnt. Außer der Erhöhung der genannten Finanzmittel gibt es zahlreiche weitere Weichenstellungen, die hierfür gesetzt werden können. Beispielsweise spielen Handelsabkommen eine wesentliche Rolle. Insgesamt muss privatwirtschaftliches Engagement stärker einbezogen und gefördert werden. Auch die zentralen Themen “Ausbau der Erneuerbaren Energien” und “Digitalisierungsschub” sollten in der Entwicklungspolitik verankert werden – insbesondere in afrikanischen Ländern kann hier möglicherweise eine deutlich größere Hebelwirkung erreicht werden, als wenn diese Themen nur in Deutschland vorangetrieben werden. Der Ausbau des Themas Wasserstoffexporte ist zu begrüßen. Es bietet sich an, zum Beispiel bei der Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie, Partnerschaften mit solchen Ländern aufzubauen, in denen aufgrund der geografischen Lage Wasserstoff mit Erneuerbaren Energien effizient produziert werden kann. Die bevorstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft ermöglicht eine besondere Chance, insbesondere im Bereich Handel strukturelle Weichenstellungen vorzunehmen. Sichere Rohstoffversorgung als Voraussetzung für Zukunftstechnologien berücksichtigen Die branchenübergreifenden Maßnahmen des Konjunkturpakets sind auch für den Rohstoffsektor zu begrüßen. Insbesondere eine Beschleunigung des Planungs- und Vergaberechts ist eine dringend notwendige Maßnahme, um die heimische Rohstoffversorgung auch langfristig zu stärken. Langwierige und bürokratische Genehmigungsverfahren stellen bisher eine große Schwierigkeit für rohstofffördernde Unternehmen dar. Jedoch fehlt dem Paket gänzlich ein konkreter Bezug zu einer gesicherten Rohstoffversorgung, obwohl diese elementar für viele der anderen Maßnahmen, wie etwa den Ausbau der Elektromobilität und die Batteriezellfertigung, in Deutschland ist. Die Förderung und das Voranbringen von Zukunftstechnologien „Made in Germany“ bedingen eine sichere Versorgung mit Rohstoffen. Doch nicht nur hier stehen Rohstoffe am Anfang jeder Wertschöpfungskette, sodass eine sichere Rohstoffversorgung stärkere Berücksichtigung finden sollte. Um ein engmaschigeres und noch aktuelleres Analyse- und Beratungsangebot zu den Marktentwicklungen zu ermöglichen, insbesondere auch zu den Auswirkungen der Pandemie, sollten die personellen und finanziellen Kapazitäten der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) zügig ausgebaut werden. Instrumente der Außenwirtschaftsförderung müssen gestärkt werden Deutschland ist eine Exportnation. In Krisenzeiten sind die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung ein wichtiger Baustein zur Unterstützung der deutschen Industrie. Diese Instrumente finden im Konjunkturpaket keine Erwähnung. Damit Deutschland richtigerweise „seine Rolle als weltweiter Spitzentechnologieexporteur durch insbesondere digitale Zukunftsinvestitionen und Investitionen in Klimatechnologien stärken“ kann, sollte die Außenwirtschaftsförderung die Finanzierung und Absicherung des Auslandsgeschäfts deutscher Unternehmen weiter flankieren und die Instrumente entsprechend anpassen (siehe Forderungen im BDI Neustart-Papier vom 16. April 2020).
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Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Redaktion Dr. Klaus Günter Deutsch Abteilungsleiter Research, Industrie- und Wirtschaftspolitik T: +49 30 2028-1591 k.deutsch@bdi.eu Matthias Krämer Abteilungsleiter Strategische Planung und Koordination T: +49 30 2028-1421 m.kraemer@bdi.eu Elisabeth Allmendinger Trainee Strategische Planung und Koordination T: +49 30 2028-1496 e.allmendinger@bdi.eu
BDI Dokumentennummer : D 1195
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