POSITION | EUROPA | DEUTSCHE EU-RATSPRÄSIDENTSCHAFT
Europa aus der Krise führen Erwartungen der Industrie an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft
26. Juni 2020
Einleitung 23. Oktober 2017 Am 1. Juli übernimmt Deutschland erstmals seit 2007 und insgesamt zum dreizehnten Mal den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Die Vorzeichen dieser Ratspräsidentschaft sind angesichts der beispiellosen Herausforderung durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie eindeutig: Es geht darum, Europa aus der schwersten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg zu führen. Bereits im ersten Quartal ging das EU-BIP im Vergleich zum Vorquartal um 3,3 Prozent zurück. Dieser Einbruch wird sich im zweiten Quartal noch verstärken. Leitgedanken der deutschen Präsidentschaft müssen daher die Überwindung der COVID-19-Krise und die wirtschaftliche Erholung sein. Dazu müssen alle Maßnahmen auf die innere und äußere Stärkung Europas ausgerichtet sein. Kernelemente dieser Stärkung sind die Wiederherstellung und Vertiefung des Binnenmarkts, die Umsetzung der Industrie- und Digitalstrategie, die wachstumsfördernde Ausrichtung des Green Deal sowie eine entschlossene Außen- und Handelspolitik. Ein „Business as usual“ wird es unter der deutschen Ratspräsidentschaft nicht geben. Dies gilt nicht nur für die inhaltliche Schwerpunktsetzung, sondern auch für die Arbeitsweise im Rat und den übrigen Institutionen. Problematisch sind unter anderem die Einschränkungen im Reiseverkehr, die "Social Distancing" Regeln und die begrenzten Möglichkeiten, im Rahmen von Video- bzw. Telefonkonferenzen Entscheidungen zu treffen. Dies wird zu einer erheblichen Reduzierung der Verhandlungskapazitäten im Rat führen und den EU-Gesetzgebungsprozess auch in den kommenden Monaten noch erheblich erschweren. In den ersten Wochen und Monaten wird die deutsche Präsidentschaft von der Diskussion über den Mehrjährigen Finanzrahmen – einschließlich des EU-Wiederaufbauinstruments „Next Generation EU“ – sowie durch die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zu Großbritannien geprägt sein.
Dr. Heiko Willems | BDI/BDA – The German Business Representation | T: +32 2 292 1002 | h.willems@bdi.eu | www.bdi.eu
Europa aus der Krise führen
Umso wichtiger ist in der verbleibenden Zeit eine konsequente Fokussierung der verschiedenen Fachpolitiken auf eine umfassende und nachhaltige Erholung. Nur mit einer starken Wirtschaft gibt es ein starkes Europa. Und eine starke und innovative Industrie ist Voraussetzung dafür, dass Europa globale Zukunftsthemen wie Klimaschutz oder Digitalisierung mit eigenen Technologien und Konzepten auf Augenhöhe mit den USA und China mitgestalten kann. Wirtschaftspolitik – in ihren verschiedenen Ausprägungen – muss daher der Schwerpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft sein. Der BDI wird die Diskussionen über die zu ergreifenden Maßnahmen in Brüssel und Berlin mit seiner Expertise konstruktiv begleiten. In dem vorliegenden Papier haben wir neben unseren grundsätzlichen Prioritäten in den verschiedenen Politikfeldern insbesondere formuliert, was die Industrie bei den konkret während der deutschen Präsidentschaft anstehenden Initiativen von der Politik erwartet, damit Europa gestärkt aus der Krise hervorgeht.
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Europa aus der Krise führen
Inhaltsverzeichnis In den Wiederaufbau Europas investieren ....................................................................................... 4 Vertiefung des Binnenmarkts zum europäischen Wachstumsprogramm machen...................... 5 Industriestrategie umsetzen und weiterentwickeln ......................................................................... 6 Mit Digitalisierung und Innovation gestärkt aus der Krise hervorgehen ...................................... 7 Green Deal wachstumsfreundlich ausgestalten .............................................................................. 8 Wettbewerbsordnung stärken.......................................................................................................... 10 Gesundheitswirtschaft und -systeme fit für die Zukunft machen ................................................ 12 Europas Rolle in der Welt stärken ................................................................................................... 13 Künftiges Verhältnis zum Vereinigten Königreich verhandeln .................................................... 15 Impressum ......................................................................................................................................... 16
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Europa aus der Krise führen
In den Wiederaufbau Europas investieren Wo stehen wir? Die europäische Wirtschaft leidet unter den Folgen der COVID-19-Pandemie. Die Vorschläge der deutschen und französischen Regierung sowie der EU-Kommission zum Wiederaufbau stellen eine notwendige und angemessene Antwort auf die schwerste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg dar. Auch geldpolitisch steuern die Notenbanken in der EU, allen voran die Europäische Zentralbank, kräftig gegen die wirtschaftliche Abschwächung und die schwache Entwicklung der Inflation an. Das Maßnahmenpaket der EU-Kommission wurde am 27.Mai vorgestellt und umfasst unter anderem einen Wiederaufbauplan von 750 Milliarden Euro für die am stärksten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Regionen und Branchen. Davon sollen 500 Milliarden Euro bis 2024 als nicht rückzahlbare Zuwendungen bereitgestellt werden. Weitere 250 Milliarden Euro sind in Form von Krediten angedacht. Die Finanzierung des Pakets soll hauptsächlich über Anleihen erfolgen, die die EU-Kommission am Kapitalmarkt platzieren will. Die Rückzahlung erfolgt über den EU-Haushalt – beginnend im Jahr 2028 und gestreckt über einen Zeithorizont von 30 Jahren. Die EU-Kommission hat zudem einen neuen Vorschlag zum Mehrjährigen EU-Finanzrahmen (MFR) für die nächsten sieben Jahre vorgelegt. Er sieht ein Volumen von 1,1 Billionen Euro vor. Das EUForschungsprogramm Horizont Europa wird mit zusätzlichen 13,5 Milliarden Euro ausgestattet (insgesamt 94,4 Milliarden Euro). Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) und das Programm InvestEU sollen um 30 Milliarden Euro aufgestockt werden. Auch für die Bereiche Kohäsion und Agrar will die EU-Kommission mehr Geld bereitstellen. Was will der BDI? ▪
Weder von Struktur (Verhältnis von Zuschüssen und Krediten) noch von Höhe der finanziellen Ausgestaltung des Kommissionsvorschlags abrücken.
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Reform- und Wiederaufbaumaßnahmen eng am Europäischen Semester orientieren.
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Bei Ausgestaltung der Solvenzhilfen Stabilität in Währungsunion berücksichtigen, da Insolvenzen, Kreditausfälle und notleidende Kredite finanzielle Stabilität der Kreditwirtschaft tangieren.
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Horizont Europa mit mindestens 120 Milliarden Euro ausstatten, um politische Ziele des EU-Aufbauplans, des Green Deal und der Digitalisierung zu erreichen.
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Kalkulierbare und zeitnahe Verwendung von Infrastrukturmitteln (Energie, Verkehr, Digital) gewährleisten, um größtmögliches Potential über EFSI und im Rahmen von InvestEU zu entfalten; Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen und entbürokratisieren.
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Über vorgeschlagene 150 Milliarden Euro an Krediten für strategische Industrien hinaus weitere dringend benötigte Mittel zur Stärkung und Modernisierung der europäischen Wirtschaft bereitstellen.
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Auf neue Steuern und Abgaben auf EU-Ebene, wie Digital- und Plastiksteuern oder neue einseitige CO2-Abgaben, verzichten.
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▪
Abbau steuerlicher Hemmnisse im Binnenmarkt durch zügige Einführung einer zwei Stufen (Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage und Konsolidierung) umfassenden Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) forcieren.
Was erwarten wir von der deutschen Ratspräsidentschaft? Auf Abschluss der Verhandlungen zum MFR und zum Maßnahmenpaket für die wirtschaftliche Erholung noch innerhalb der deutschen Ratspräsidentschaft hinwirken; zielführenden Vorschlag der EUKommission zur Verhandlungsgrundlage machen.
Vertiefung des Binnenmarkts zum europäischen Wachstumsprogramm machen Wo stehen wir? Zu Recht haben Europäischer Rat und EU-Kommission den Binnenmarkt zu einem zentralen Bestandteil ihrer Wiederaufbaupläne gemacht. Die COVID-19-bedingten Unterbrechungen in den grenzüberschreitenden Produktions- und Lieferketten haben die existentielle Bedeutung eines gut funktionierenden Binnenmarkts für die europäische Wirtschaft deutlich vor Augen geführt. Allerdings konnten Unternehmen – allen voran kleine und mittlere Unternehmen – bereits vor der Krise das Potential des gemeinsamen Markts aufgrund zu komplexer Regelungen, divergierender nationaler Rechtsrahmen und Bürokratie, sowie Protektionismus durch die Mitgliedstaaten nicht voll ausschöpfen. Der EU entgeht dadurch ein wirtschaftliches Potential von bis zu 1,1 Billionen Euro oder bis zu 8,6 Prozent des EU-BIP. Eine Wiederherstellung des Binnenmarkts allein reicht nicht. Seine Vertiefung und die weitere Beseitigung regulatorischer, administrativer und steuerlicher Hindernisse müssen zu einem zentralen Zukunftsprojekt der EU ausgebaut werden.
Was will der BDI? ▪
Umfassenden Neustart des Binnenmarkts lancieren und Vollendung des Binnenmarkts in allen Bereichen zum zentralen Bestandteil des Post-COVID-19 Erholungs- und Wachstumsprogramms machen.
▪
Europäische und nationale Kapazitäten, Ressourcen und Knowhow für ordnungsgemäße Um- und Durchsetzung von Binnenmarktvorschriften erhöhen sowie europäische Leitlinie zur Vermeidung von nationalem „gold-plating“ erarbeiten.
▪
Transparenz und Vermeidung neuer Barrieren im Binnenmarkt durch systematische Notifizierung neuer Maßnahmen und Anwendung des Proportionalitätstests stärken.
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Kommissionsbericht über Hindernisse im Binnenmarkt und Aktionsplan zur besseren Um- und Durchsetzung von Binnenmarktregeln zügig und vollständig umsetzen.
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Effektive Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen Task-Force zur Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften und Wettbewerbsrat sowie Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments.
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EU-Agenda für Bessere Rechtsetzung – insbesondere mit Blick auf Auswirkungen auf den Mittelstand – weiter ausbauen und vertiefen und Inter-institutionelle Vereinbarung für Bessere Rechtsetzung vollständig umsetzen.
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Bürokratie mit Hilfe von REFIT und des One-In-One-Out-Prinzips unter Beachtung sowohl administrativer als auch erheblicher Erfüllungskosten systematisch abbauen.
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Europäisches Öffentliches Vergabeportal schaffen, um einfachen Zugang zu relevanten Informationen über nationale öffentliche Auftragsmärkte, Beschwerdesysteme und Ausschreibungen zu gewährleisten.
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Europäische Rechtsform für KMU schaffen.
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Rechtsrahmen für die Europäische Standardisierung (New Legislative Framework) entbürokratisieren, um Innovationen, schnellen Marktzugang und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen.
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Wirtschaftliche Beziehungen mit Ländern der Östlichen Partnerschaft weiter vertiefen.
Was erwarten wir von der deutschen Ratspräsidentschaft? ▪
Vertiefte Integration des EU-Binnenmarkts in allen Bereichen (Waren, Dienstleistungen, Arbeitnehmer, Kapital, Digitales, Energie) zum zentralen Eckpfeiler des europäischen Post-COVID-19Erholungs- und Wachstumsprogramms machen.
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Ratsschlussfolgerungen zur Entbürokratisierung des New Legislative Framework initiieren; Ratsarbeitsgruppe ‚Standardisierung‘ wiederbeleben und unabhängige Auslegung der Normungsverordnung durch den Juristischen Dienst des Rates gewährleisten.
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Wirtschaftsgipfel mit den sechs Ländern der Östlichen Partnerschaft im Herbst durchführen; Schwerpunkt: Integration der Länder in europäische Wertschöpfungsketten.
Industriestrategie umsetzen und weiterentwickeln Wo stehen wir? Die Zukunft Europas ist eng mit der Zukunft der europäischen Industrie verknüpft. Eine starke und innovative Industrie ist Voraussetzung dafür, dass Europa globale Zukunftsthemen wie den Klimawandel oder die Digitalisierung mit eigenen Technologien und Konzepten auf Augenhöhe mit den USA und China mitgestalten kann. Die schwere Wirtschaftskrise infolge der COVID-19-Pandemie erfordert, die EU-Industriepolitik strategisch neu zu denken. Abschottungsmaßnahmen zur Eindämmung des Virus‘ haben europäische und internationale Wertschöpfungsketten massiv gestört. Binnenmarkt und Globalisierung haben den COVID-19-Stresstest nicht bestanden. Es droht ein massiver Rückgang der Industrieproduktion in Europa mit Folgen für Arbeitsplätze und Zukunftsinvestitionen.
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Die EU-Kommission hat im März 2020 eine Industriestrategie vorgelegt, die zahlreiche Ankündigungen enthält, aber wichtige Fragen zur Umsetzung und praktischen Ausgestaltung der Maßnahmen unbeantwortet lässt. Die Strategie soll den ökologischen und digitalen Wandel vorantreiben und die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken. Was will der BDI? ▪
Die durch die COVID-19-Krise unterbrochenen Wertschöpfungsketten schnell wiederherstellen; Vertiefung des Binnenmarkts in allen Bereichen als Wachstumsprogramm forcieren.
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Perspektive industrieller Wettbewerbsfähigkeit frühzeitig in umwelt-, klima- und verbraucherpolitische Diskussionen einbringen.
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Ambitionen der EU-Kommission im Klimaschutz mit höherer Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Schaffung neuer Arbeitsplätze in Einklang bringen.
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Steuerliches, förderpolitisches und beihilferechtliches Regelwerk zum Anreiz privater Investitionen in klimaschützende Technologien schaffen.
▪
Strategie zum Import erneuerbarer Energieträger und Wasserstoff-Roadmap erarbeiten.
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Maßnahmenplan für verstärkten „Carbon Leakage“-Schutz noch in diesem Jahr vorlegen.
▪
„Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) von Ad-hoc-Ansatz befreien und auf veränderte europarechtliche und finanzielle Basis stellen.
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Effektiven Schutz vor unfairem Wettbewerb durch staatlich subventionierte Unternehmen aus Drittstaaten gewährleisten.
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Unternehmenskooperationen fördern, Fusionskontrollverfahren beschleunigen und verbessern.
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Investitionen in Forschung und Technologieeinführung in Bereichen wie künstliche Intelligenz, 5G sowie Daten- und Metadatenanalytik beschleunigen; 6G-Aktionsplan zeitnah vorlegen.
Was erwarten wir von der deutschen Ratspräsidentschaft? Gemeinsam mit der EU-Kommission einen konkreten Maßnahmenplan für eine starke EU-Industriepolitik post-COVID-19 erarbeiten.
Mit Digitalisierung und Innovation gestärkt aus der Krise hervorgehen Wo stehen wir? Die COVID-19-Pandemie hat verdeutlicht, wie wichtig digitale Lösungen und sichere, leistungsfähige digitale Netze sind: vom Homeschooling bis hin zur Aufrechterhaltung von Arbeitsprozessen über digitale Medien. Ohne digitale Technologien wäre unser gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben in der Krise wohl zum Erliegen gekommen, die sozioökonomischen Schäden deutlich größer. Diese Erfahrung hat die Bereitschaft von Unternehmen, Politik und Gesellschaft spürbar erhöht, den Sprung ins digitale Zeitalter zu wagen.
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Mit ihrer Digitalstrategie hatte sich die EU-Kommission bereits vor der COVID-19-Krise ehrgeizige Ziele gesetzt. Dabei sind Künstliche Intelligenz (KI), die Daten- und Industriestrategie sowie Forschung und Innovation zu Recht wichtige Standpfeiler. Es ist begrüßenswert, dass der Ausbau des europäischen digitalen Ökosystems ein zentrales Leitmotiv der EU-Kommission darstellt. Ziel der europäischen Datenpolitik muss sein, die Datennutzung und den Datenaustausch von Unternehmen noch weiter zu unterstützen.
Was will der BDI? ▪
Digitale Souveränität und Resilienz Europas stärken: Zielgerichtet Technologien fördern, sowie Kompetenzen auf- und ausbauen – beginnend mit der digitalen Infrastruktur, Hardware, Software und Elektronik.
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Aktionsfähigkeit digitaler Verwaltung sichern: IKT-Ausstattung und Digitalisierung von Prozessen vorantreiben und in Europa auf einen Stand bringen.
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Europäisches Datenökosystem aufbauen: digitale Souveränität im Bereich Cloud-Computing stärken; Projekt „GAIA-X“ für alle interessierten EU-Mitgliedsstaaten öffnen.
▪
Ausbau digitaler Infrastruktur beschleunigen, um Bedarfen von Gesellschaft und Industrie flächendeckend gerecht zu werden: radikale Kürzung der Dauer und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren im Ausbau der Glasfasernetze.
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Europäische Hochleistungs-Rechenkapazitäten fördern; europäischen Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen leistungsfähige Infrastruktur zur Verfügung stellen; Anschlussfähigkeit für zukünftige Technologien wie Quantencomputing gewährleisten.
Was erwarten wir von der deutschen Ratspräsidentschaft? ▪
Deutsch-französisches Cloudprojekt GAIA-X auf europäische Ebene heben.
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Investitionen in Zukunftstechnologien und Innovation stärken: EU-Forschungsprogramm Horizont Europa finalisieren und zum Verhandlungsabschluss bringen.
▪
Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz sektorübergreifend als Treiber des wirtschaftlichen Wiederaufbaus Europas nutzen und Aufbau eines KI-Ökosystems in Europa vorantreiben; dabei insbesondere Vernetzungsinitiativen der Wirtschaft stärken und auf innovationsfreundlichen Regulierungsrahmen setzen.
Green Deal wachstumsfreundlich ausgestalten Wo stehen wir? Um die Transformation in eine klimaneutrale und nachhaltige Wirtschaft zu schaffen, müssen ungeheure Summen investiert werden (laut EU-Kommission ca. 300 Milliarden Euro jährlich) – sowohl von privaten als auch von öffentlichen Akteuren. In der COVID-19-bedingten tiefsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg geht die private Investitionstätigkeit in ganz Europa jedoch deutlich zurück. Sie
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wird auch mit staatlichen Unterstützungsprogrammen nicht vollständig kompensiert werden können, denn auch dort werden Mittel mit steigender Staatsverschuldung knapper. Es ist zudem unwahrscheinlich, dass binnen kürzester Zeit CO 2-freie Industrietechnologien, eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft, klimaneutrale Elektromobilität, ein erneuerbares Stromangebot sowie moderne Umwelttechnologien und nachhaltigere Produkte im notwendigen Umfang (und zu wettbewerbsfähigen Preisen) verfügbar sein werden. Transformationsprozesse und technische Hochläufe brauchen Zeit. Auch bei der Verfolgung des ehrgeizigen Ziels einer klimaneutralen Mobilität droht die wirtschaftliche und technische Machbarkeit aus dem Blick zu geraten. Hier gilt es Lösungen zu finden, die den stark belasteten Mobilitätsbranchen gezielt aus der Krise helfen, ohne zusätzliche Belastungen zu schaffen. Nur ökonomische Effizienz und technisch umsetzbare Hochlaufkurven können Klimaschutz ohne Wohlstandsverluste ermöglichen. Europa muss das Vertrauen seiner Bürgerinnen und Bürger erwerben und bewahren, dass die im Green Deal angelegte grundlegende Transformation der gesamten Gesellschaft gelingen und zu neuem Wachstum führen kann. Was will der BDI? ▪
Rasch Voraussetzungen für Investitionen schaffen - vor allem in Infrastrukturen für Wasserstoff und Ladesäulen; Belastungen vermeiden bzw. zurückstellen.
▪
Zur Verfügung stehende Mittel für wirtschaftliche Erholung und Klima- bzw. Umweltschutz effizient und intelligent kombinieren; Investitionsentscheidungen in neue Prozesse und Verfahren, die Klimaneutralität 2050 unterstützen, jetzt fällen.
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Rahmen für ambitionierte Ziele der EU für 2030 und 2050 technisch verlässlich und ökonomisch berechenbar ausgestalten.
▪
Keine weitere Verteuerung durch Eurovignetten-Richtlinie angesichts noch weniger technischer Alternativen im Straßengüterverkehr; CO2-Bepreisung maßvoll ausgestalten, heutige Schadstoffkomponente ersetzen und Finanzmittel zweckgebunden für Investitionen in klimafreundliche Lkw sowie Lade- und H2-Tankinfrastrukturen für Lkw verwenden.
▪
Im Luftverkehr Doppelbelastungen aus EU-Emissionshandelssystem und internationalem Kompensationsmechanismus CORSIA vermeiden, in den Wiederhochlauf des Luftverkehrs investieren und nachhaltige Effizienzsteigerungen durch Umsetzung des „Single European Sky“ erreichen.
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Intermodale Verkehre stärken und alle Verkehrsträger miteinander verbinden; europäische digitale Schiene unterstützen, um mehr Kapazitäten zu schaffen.
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Unterstützenden politischen Rahmen schaffen, um Übergang zu kreislauforientierter Wirtschaft mit erheblichen Investitionen, Neuausrichtung von Produktportfolios und Erschließung neuer Märkte zu meistern.
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▪
Bereits bestehende umfassende EU-Rahmenbedingungen für Schutz der Biodiversität europaweit vollziehen – bei gleichrangiger Berücksichtigung ökonomischer, sozialer und ökologischer Aspekte.
▪
Dialog und Abstimmung über EU-Klimapolitik mit EU-Beitrittskandidaten und Partnern der östlichen Partnerschaft sowie mit Russland führen.
Was erwarten wir von der deutschen Ratspräsidentschaft? ▪
Klären, ob und wie enorme Verschärfung des ohnehin ambitionierten EU 2030-Zieles auf 50 bis 55 Prozent in so kurzer Zeit erreicht werden soll.
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Künftiges Beihilferegelwerk, insbesondere Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung sowie Energie- und Umweltbeihilfeleitlinien, so ausgestalten, dass EU-Mitgliedstaaten Umsetzung ambitionierter Energie-, Umwelt- und Klimapolitik besser als bisher möglich ist.
▪
Europäische Wasserstoffstrategie voranbringen – einschließlich Importstrategie für Wasserstoff und dessen Derivate.
▪
Verlässlichen europäischen Regulierungsrahmen für gemeinsame Wind-Offshore-Projekte schaffen, um vorhandene europäische Standorte vollumfänglich zu entwickeln.
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Investitionsimpulse zur energetischen Gebäudesanierung setzen, damit EU-Renovierungswelle geforderte CO2-Einsparungen und gleichzeitig Beschäftigungseffekte entfaltet; sicherstellen, dass auf EU-Ebene zusätzlich bereitgestellte Finanzierungsinstrumente auf bereits in EU-Mitgliedsstaaten bestehenden Anreizinstrumenten aufbauen, damit Finanzmittel wirksam und effizient eingesetzt werden können.
▪
Ausgewogenen Ansatz in Strategie für intelligente und nachhaltige Mobilität finden: alle technologischen Hebel für kohlenstoffneutrale Mobilität nutzen und neben der Elektromobilität gleichberechtigt auch Wasserstoffmobilität und Marktdurchdringung CO 2-neutraler Kraftstoffe fördern und von Belastungen ausnehmen.
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Chancen kreislauforientierter Wirtschaft nutzen und zugleich damit verbundene Herausforderungen für Unternehmen bewältigen.
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Wissens- und Datenlücken schließen bevor bestehende Instrumente der EU-Umweltpolitik weiterentwickelt werden; vor allem darauf hinwirken, dass sich Datenbasis im Hinblick auf Natura 2000 Gebiete verbessert und Standards geschaffen werden, damit deutsche Unternehmen ihr Innovationspotenzial zugunsten der Umwelt einbringen können.
Wettbewerbsordnung stärken Wo stehen wir? Digitalisierung und Globalisierung verändern spürbar die Bedingungen auf den Märkten in der EU. Die Marktstrukturen unterliegen einem fortlaufenden Wandel aufgrund neuer Technologien und stärkerem Wettbewerb durch Akteure außerhalb der EU.
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Das auf dem Prinzip des freien Wettbewerbs und einer ex-post-Kontrolle basierende EU-Wettbewerbsrecht stellt einen Grundpfeiler des EU-Binnenmarktes und seines Erfolges dar. Es darf insgesamt nicht an Schlagkraft verlieren oder zu einem ex-ante-Regulierungsinstrument mutieren. Allerdings wird das EU-Wettbewerbsrecht zum Teil seit vielen Jahren unverändert ausgelegt und kann daher Herausforderungen sowie Chancen der Digitalisierung und Globalisierung nicht ausreichend berücksichtigen; es besteht dringender Überarbeitungsbedarf, insbesondere bezüglich innovationshemmender Rahmenbedingungen für Unternehmenskooperationen. Zugleich ist der Wettbewerb durch staatliche bzw. staatlich subventionierte Unternehmen aus Drittstaaten gefährdet, denen Europa bislang nur unzureichend begegnen kann. Vor kurzem hat die EU-Kommission daher Maßnahmen zum Umgang mit derartigen Akteuren vorgeschlagen.
Schließlich werden im Rahmen der grünen und digitalen Transformation die richtigen beihilferechtlichen Weichenstellungen zum Erhalt der industriellen Wettbewerbsfähigkeit entscheidend sein – insbesondere die praxisgerechte Anpassung der Rahmenbedingungen und Förderung von IPCEIs. Was will der BDI? ▪
Auslegung und Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts zeitgemäß anpassen.
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Weitergehende Harmonisierung der Wettbewerbspolitik und des Wettbewerbsrechts auf europäischer und internationaler Ebene vornehmen.
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Globales „level playing field“ gewährleisten: Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt durch drittstaatlich subventionierte Unternehmen abwenden und Defiziten im Wettbewerb mit außereuropäischen Unternehmen abhelfen – auch im Hinblick auf öffentliche Aufträge.
▪
Keine neue Regulierung, die nicht auf erwiesenem Marktversagen basiert.
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Rechtssicherheit für Unternehmenskooperationen fördern – kartellrechtliche Innovationshemmnisse abbauen.
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Fusionskontrolle: Verfahren entschlacken und globale Wettbewerbseinflüsse sowie Effizienzerwägungen stärker berücksichtigen.
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IPCEI stärker fördern und deren Rahmenbedingungen praxisgerechter ausgestalten.
Was erwarten wir von der deutschen Ratspräsidentschaft? ▪
Evaluation und Verbesserung der Fusionskontrolle sowie Ausgestaltung des „Instrument on Foreign Subsidies“ unter intensiver Einbindung der Industrie.
▪
Dem Prinzip des freien Wettbewerbs zuwiderlaufende Regulierung verhindern.
▪
Weitere Harmonisierung von Wettbewerbspolitik und Wettbewerbsrecht in der EU und international fördern – insbesondere im Rahmen einer WTO-Reform.
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Gesundheitswirtschaft und -systeme fit für die Zukunft machen Wo stehen wir? Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat die historische Aufgabe, nicht nur eine Krisenpräsidentschaft, sondern auch eine Zukunftspräsidentschaft zu werden. Dies gilt insbesondere für die Gesundheitsversorgung in Europa und auch global. Im Bereich innovativer Arzneimittel und Medizinprodukte ist Europa bereits heute einer der weltweit wichtigsten Exporteure. Eine zukunftsgewandte Stärkung der Innovationskraft der industriellen Gesundheitswirtschaft in Europa ist der nachhaltigste Weg, um die Souveränität Europas bei der medizinischen Versorgung auszubauen. Daher gilt es, die europäische Innovationskraft und bestehende Wertschöpfungsketten im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu schützen und zu fördern. Ein weiterer Schlüssel ist die digitale Transformation des Gesundheitswesens. Diese bietet Chancen und Möglichkeiten, künftig die Forschung und Versorgung zielgenauer, effektiver und krisenfester zu machen. Die Vision einer vernetzten Kommunikation zwischen allen Akteuren des Systems sowie neuer Partnerschaften ist in vielen EU-Mitgliedstaaten bereits Realität. Um die digitale Transformation erfolgreich zu gestalten, muss die deutsche Ratspräsidentschaft Impulse für ein europäisch koordiniertes Vorgehen setzen. Was will der BDI? ▪
In Hinblick auf Stärkung der Souveränität bei medizinischer Versorgung Anreize für gezielte Förderung von Produktionsstandorten in Europa setzen.
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Errungenschaften des Europäischen Binnenmarkts für Stärkung industrieller Gesundheitswirtschaft in Europa erhalten; klares Bekenntnis zu gewerblichen und regulatorischen Schutzrechten (insbesondere zu geistigem Eigentum) abgeben.
▪
EU-weiten Austausch von Gesundheitsdaten nach Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung ermöglichen, um Chancen der Digitalisierung effektiv zu realisieren; Industrie frühzeitig in Dialog zum Aufbau eines „European Health Data Spaces“ einbeziehen.
▪
Durch EU-Forschungsprogramm Horizont Europa im Bereich Gesundheit neuen Mehrwert bei Entwicklung innovativer Lösungen und deren Translation stiften, auch mit Unterstützung zielführender öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP).
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Globale Gesundheit über bilaterale und multilaterale Formate stärken und „World Health Organization“ (WHO) als Schlüssel zur Förderung aller gesundheitsbezogenen globalen Ziele politisch unterstützen.
Was erwarten wir von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft? ▪
Wert industrieller Gesundheitswirtschaft in Europa sowie deren Leistung in der COVID-19-Krise anerkennen; mit „EU-Pharmaceutical Strategy“ die Innovationskraft der Gesundheitswirtschaft in Europa weiter stärken und bestehende Wertschöpfungsketten durch Wahrung und Ausbau von „IP-Incentives“ schützen.
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▪
Aufbau eines „European Health Data Spaces“ konsequent vorantreiben und für industrielle Gesundheitswirtschaft zugänglich machen.
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Für Medizinproduktebereich Leitlinien zur europaweit einheitlichen Auslegung des regulatorischen Rahmens nach Moratorium für „Medical Device Regulation“ (MDR) formulieren; Moratorium für „In Vitro Diagnostic Medical Device Regulation“ (IVDR) auf den Weg bringen.
Europas Rolle in der Welt stärken Wo stehen wir? Der internationale Konsens für eine liberale, multilaterale Weltordnung mit offenen Märkten und einklagbaren Regeln für Handel und Investitionen ist zerbrochen. Der Systemwettbewerb mit dem staatswirtschaftlichen China, nationalistische Tendenzen in den USA und eine geschwächte Welthandelsorganisation schaffen für unsere Unternehmen erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der künftigen globalen Rahmenbedingungen. Die COVID-19-Pandemie wirkt wie ein Katalysator für Protektionismus, Forderungen nach Re-Lokalisierung von Produktion, Staatseingriffe in private Investitionsentscheidungen und Globalisierungskritik. In diesem Umfeld arbeitet die EU-Kommission an einer neuen Handelsstrategie, die zu fairen Wettbewerbsbedingungen international und auf dem europäischen Binnenmarkt beitragen soll. Angesichts der Tatsache, dass ein Großteil des globalen Wirtschaftswachstums in Zukunft außerhalb Europas stattfindet und die europäische Wirtschaft von der internationalen Vernetzung lebt, muss die EU weiterhin die Globalisierung aktiv mitgestalten. Um Werte, Standards und Interessen international effektiv durchsetzen zu können und sich als eigenständiger Machtfaktor in der Welt zu behaupten, muss die EU nach außen einheitlich, konsistent und überzeugend auftreten. Was will der BDI? ▪
WTO stärken und reformieren, plurilaterale Vereinbarungen vorantreiben; Konsensbildung in Gremien globaler Regierungsführung (G7, G20) unterstützen; Wirtschaft eng einbeziehen.
▪
Bilaterale Handels- und Investitionsabkommen (vor allem Mercosur und China, aber auch Mexiko) abschließen und umsetzen; Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) mit afrikanischen Staaten umsetzen.
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Zum Wettbewerb auf Augenhöhe beitragen, z. B. durch ein überarbeitetes „International Procurement Instrument“ (IPI), Anpassung europäischer und internationaler Rahmenbedingungen im Umgang mit Transparenz, Dumping, Subventionen und Staatsunternehmen.
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Neue Belastungen für Freihandel durch einseitige Maßnahmen und Protektionismus vermeiden; für aktive, ordnungspolitisch liberal ausgerichtete EU-Handelspolitik einsetzen, die Schutzmaßnahmen klar am Unionsinteresse ausrichtet und Handelspolitik nicht vor allem als Hebel für andere Politikziele definiert.
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Unverhältnismäßige Kontroll- und Berichtspflichten im Menschenrechtsbereich bei unternehmerischen Lieferketten vermeiden.
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Technologische Souveränität stärken, ohne Autarkie und Protektionismus Vorschub zu leisten.
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Erfolgreiche Strategie zur Abwehr extraterritorialer Sanktionen gegen europäische Unternehmen entwickeln.
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EU-Afrika-Strategie entwickeln, in der Privatwirtschaft wichtigen Platz einnimmt und durch leicht zugängliche Förderinstrumente unterstützt wird.
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Sichere Rohstoffversorgung durch fairen Wettbewerb auf offenen globalen Märkten und diskriminierungsfreien Zugang zu Rohstoffen aus dem Ausland gewährleisten.
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Europäische Sicherheits- und Verteidigungskapazitäten sowie Kooperationsprogramme stärken; Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) finanziell mit 13 Milliarden Euro ausstatten; strategische Schlüsseltechnologien fördern und technologische Abhängigkeiten reduzieren; Synergien mit der zivilen Forschung anstreben.
▪
Europäische Raumfahrtindustrie als strategischen Zukunftssektor durch mehr Investitionen, Auftragsvergaben an Unternehmen und ein Budget im MFR von mindestens 17 Milliarden Euro über die nächsten sieben Jahre stärken.
▪
Reform des OECD-Konsensus zur Exportkreditfinanzierung weiter vorantreiben.
▪
Integration der Länder des Westlichen Balkans in europäischen Strukturen fortführen; Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien beginnen.
Was erwarten wir von der deutschen Ratspräsidentschaft? ▪
Auf multilateraler Ebene Kommissionslinie zur Reform und Stärkung der WTO unterstützen; konstruktive EU-Position bei Nachbesetzung des WTO-Chefpostens fördern.
▪
Plurilaterale Vereinbarungen unter Dach der WTO anstreben, insbesondere zum elektronischen Handel.
▪
EU-Agenda für Kooperation mit Lateinamerika stärken und EU-Mercosur-Freihandelsabkommen zur Unterzeichnung bringen sowie sich für WPA der EU mit afrikanischen Staaten einsetzen und Cotonou-Folgeabkommen unterstützen, das Wirtschaftswachstum und Investitionen in APK-Staaten stärkt; Implementierung der afrikanischen Freihandelszone unterstützen.
▪
Lösung im Konflikt mit den USA zu den Boeing-Airbus Fällen vorantreiben; Industriegüterabkommen und gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen mit den USA weiterverfolgen.
▪
Geschlossene Haltung in allen Fragen zu China und zu Fragen unfairen Wettbewerbs mit Chinas staatlich geprägter Wirtschaft anstreben; bei Verhandlungen für EU-China-Investitionsabkommen Entgegenkommen und Zugeständnisse von China einfordern.
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Ratsposition zum IPI herbeiführen, welche Position der Wirtschaft berücksichtigt.
▪
Zu konstruktivem Abschluss der Trilogverhandlungen zur EU-Dual-Use Reform beitragen; dabei jüngsten Vorschlag der EU-Kommission ablehnen und rechtssichere sowie praktikable Exportkontrolle anstreben.
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Künftiges Verhältnis zum Vereinigten Königreich verhandeln Wo stehen wir? Die deutsche Ratspräsidentschaft fällt in die zweite Hälfte der einjährigen Brexit-Übergangsphase. Trotz der Eintrübung im wirtschaftlichen Austausch über die vergangenen Jahre bleibt das Vereinigte Königreich (VK) ein wichtiger Partner für Deutschland und Europa. Die wechselseitigen Verflechtungen bestehen in nahezu allen Industrie- und Dienstleistungsbereichen. Sie umfassen auch die Freizügigkeit von Arbeitnehmern und Kapital. Hier fallen durch den Brexit viele Rechtsgrundlagen weg. Während der deutschen Ratspräsidentschaft kommt es darauf an, ein Partnerschaftsabkommen rechtsgültig zu verabschieden und damit verlässliche Grundlagen für die Unternehmen zu schaffen. Dabei ist klar, dass auch eine tiefe und umfassende Partnerschaft die Vorteile des Binnenmarktes nicht ersetzen kann. Was will der BDI? ▪
Umfassendes Abkommen mit VK schließen, das Nullzölle ermöglicht und Quoten verhindert.
▪
Faire Wettbewerbsbedingungen in hinreichendem Ausmaß gewährleisten.
▪
WTO-Regeln einhalten.
▪
Europäische Regulierungsautonomie wahren.
▪
Partnerschaften der EU mit anderen Handelspartnern berücksichtigen durch eine angemessene Balance von Rechten und Pflichten beider Partner.
▪
Insbesondere Schlechterstellung der EWR-Staaten, der Schweiz oder der Türkei vermeiden.
▪
Zukünftige Übereinkommen für Standards bei Produkten, Arbeitnehmerrechten und im Umweltschutz erleichtern, um regulatorischem Wettbewerb vorzubeugen.
▪
Unilaterale Instrumente für Vereinfachung im bilateralen Handel (z. B. beim Datenverkehr) rechtzeitig vor Ende der laufenden Brexit-Übergangsphase verabschieden.
▪
Sektorale Marktzugänge für lediglich einzelne Branchen ausschließen.
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Bürger- und Arbeitnehmerrechte aus dem Austrittsabkommen EU-weit umsetzen.
▪
Bestimmungen aus dem Austrittsabkommen zur neuen EU-Außengrenze auf der irischen Insel umsetzen, um den Binnenmarkt zu schützen.
Was erwarten wir von der deutschen Ratspräsidentschaft? ▪
Abschluss eines ausbalancierten Partnerschaftsabkommens mit VK.
▪
Frühzeitige Umsetzung von Notfallmaßnahmen für eventuelles Scheitern der Verhandlungen.
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Europa aus der Krise führen
Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Redaktion Dr. Heiko Willems Geschäftsführer BDI/BDA – The German Business Representation T: +32 2792 1002 h.willems@bdi.eu
Dokumentennummer: D 1200
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