Eckpunkte für ein Belastungsmoratorium

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POSITION | WIRTSCHAFTSPOLITIK I COVID-19

Eckpunkte für ein Belastungsmoratorium

7. Juli 2020

Entlastung der Unternehmen in Zeiten der Corona-Pandemie Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und der enorme konjunkturelle Einbruch stellen die deutsche Industrie vor eine gewaltige Herausforderung. Das von der Bundesregierung eingeleitete Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket hat ein starkes Signal für Bürger und Unternehmen gesetzt und dürfte dazu beitragen, dass noch in diesem Jahr Konsum- und Investitionsausgaben steigen. Gleichzeitig bedarf es für eine wirtschaftliche Erholung eines wirksamen Belastungsmoratoriums, das Unternehmen Luft zum Atmen und mehr Freiräume für Investitionen und Innovationen gibt. Auf zusätzliche Bürokratie, Abgabeverpflichtungen und Meldefristen muss in der aktuellen Krise, wo immer möglich, verzichtet werden, indem diese ausgesetzt oder verschoben werden. Nur so kann die Wirtschaft wieder erfolgreich zum Laufen gebracht werden. Der BDI greift die verschiedenen Forderungen nach einem generellen Belastungsmoratorium – sowohl von Wirtschaftsvertretern als auch im politischen Raum – auf und möchte die Diskussion mit konkreten Vorschlägen vorantreiben. Im Fokus stehen dabei unmittelbar oder innerhalb der nächsten zwölf Monate anstehende Fristen, Evaluationen oder Berichterstattungsverfahren, die aufgeschoben oder gestrichen werden könnten, sowie ausgewählte für die nächsten zwölf Monate geplante neue Gesetze, die einen erhöhten Bürokratieaufwand für Unternehmen erfordern und aufgeschoben oder vereinfacht werden könnten.


Eckpunkte für ein Belastungsmoratorium

Inhaltsverzeichnis Nationale Ebene .................................................................................................................................. 4 Gesetzesvorhaben und zusätzliche Belastungen ............................................................................ 4 Anti-Steuermissbrauchsrichtlinie ATAD: Umsetzung auf die EU-Mindestvorgaben begrenzen ........... 4 Quellensteuerabzug auf konzerninterne Dividendenzahlungen (Inland): Temporäre Aussetzung ...... 4 Ausländische Quellensteuer: Vortragsmöglichkeit schaffen und Per-Country-Limitation aufgeben ..... 4 Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft: Moratorium und Streichung des Sanktionsregisters ................................................................................................................................. 4 13. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetz (13. BlmSchV): Rechtssicherheit für Großfeuerungsanlagen und keine Verschärfungen ............................................. 4 TA Luft: Rahmenbedingungen für Produktion verbessern .................................................................... 5 TA Abstand: 12. BlmSchV-Anlage ermöglichen und Vollzug der Vorschriften erleichtern ................... 5 Abwasserabgabengesetz (AbwAG): Pragmatische Aktualisierung und Erarbeitung von Handlungsempfehlungen ...................................................................................................................... 5 Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV): Belastungen vermeiden .............................................................................................................................................. 6 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), Verordnungsermächtigung zu neuen Informations- und Berichtspflichten: Belastungen vermeiden ............................................................................................ 6 Sorgfaltspflichtengesetz: Gesetzliche Regelung im Bereich der Lieferketten in dieser Legislaturperiode vermeiden ................................................................................................................. 6 Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG): Keine Doppelbelastung ................................................. 6 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz: Wiedereinführung der Präklusion ......................................................... 6 Fristen und Abgabeverpflichtungen ................................................................................................. 7 Konformitätsbewertungsverfahren: Fristen verschieben, Laufzeiten verlängern, alternative Herangehensweisen zulassen .............................................................................................................. 7 Erneuerbare-Energien-Gesetz: Fristverlängerung für Einführung eines Messkonzepts für Drittstrommengen um ein Jahr .............................................................................................................. 7 Fristen und materielle Erfüllungskriterien: Bundeseinheitliche Regelungen ......................................... 7 Fristen im Umweltbereich: Bundeseinheitliche Regelungen ................................................................. 7 Beste Verfügbare Techniken (BVT)-Prozesse: Verlängerung von Bearbeitungsfristen ....................... 8 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG): Entlastung durch eindeutige Verwaltungsvorschriften .. 8 Europäische Ebene ............................................................................................................................. 9 Gesetzesvorhaben und zusätzliche Belastungen ............................................................................ 9 EU-Chemikalienverordnung REACH, Beschränkungsvorschlag zu Mikroplastik: Restriktionsentwurf aussetzen .............................................................................................................................................. 9

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REACH-Skin-Sensitizer-Beschränkungsverfahren: Restriktionsentwurf aussetzen ............................. 9 REACH-Cobalt-Salze-Beschränkung: Restriktionsentwurf nicht weiter verfolgen.............................. 10 REACH-Beschränkungen in der C6- und C8-Fluorchemie: Restriktionsentwurf aussetzen .............. 10 Biozidprodukte-Richtlinie (BPR): Harmonisierte Umsetzung und Berücksichtigung des Nutzens von Biozidprodukten ................................................................................................................................... 10 EU-Richtlinie über Industrieemissionen: Keine Verschärfungen ........................................................ 11 EU-Richtlinien zur Luftqualität: Keine Revision ................................................................................... 11 Null-Schadstoff-Aktionsplan: Vorhaben nicht weiter verfolgen ........................................................... 11 EU-Aarhus-Verordnung: Keine weitere Ausweitung von Klagerechten und Klagegegenständen...... 11 Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien Green Deal: Zusatzbelastungen vermeiden ...................... 11 Fristen und Abgabeverpflichtungen ............................................................................................... 12 Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung: Aussetzung des Merkmals des Unternehmens in Schwierigkeiten für zwei Jahre ............................................................................................................ 12 REACH-Verordnung: Verfahren vereinfachen, Fristen anpassen ...................................................... 12 Anhang VIII CLP-Verordnung: Verschieben der Anwendungsfrist ..................................................... 12 EU In-vitro-Diagnostik-Verordnung (IVDR): Moratorium ..................................................................... 12 Impressum ......................................................................................................................................... 14

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Nationale Ebene Gesetzesvorhaben und zusätzliche Belastungen 

Anti-Steuermissbrauchsrichtlinie ATAD: Umsetzung auf die EU-Mindestvorgaben begrenzen I Verantwortlich: BMF

Die Umsetzung der ATAD-Richtlinie sollte auf die EU-Mindestvorgaben begrenzt werden. Zusätzliche Neuregelungen (z.B. § 1a AStG-NEU) schaffen einen hohen Umstellungsaufwand und zusätzliche Bürokratie für die Unternehmen. 

Quellensteuerabzug auf konzerninterne Dividendenzahlungen (Inland): Temporäre Aussetzung I Verantwortlich: BMF

Um die Liquiditätsengpässe der Unternehmen durch den Kapitalertragsteuereinbehalt nicht noch weiter zu verschärfen, sollte ein Quellensteuerabzug auf konzerninterne Dividendenzahlungen im reinen Inlandsfall temporär ausgesetzt werden (beispielsweise für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021). Diese wichtige liquiditätssichernde Maßnahme wäre aufkommensneutral und würde zu administrativen Erleichterungen sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung führen. Um Missbrauchsfälle auszuschließen, könnten die genannten Regelungen an gewisse Bedingungen (Mindesthaltedauer, Beteiligungshöhe etc.) geknüpft werden. 

Ausländische Quellensteuer: Vortragsmöglichkeit schaffen und Per-CountryLimitation aufgeben I Verantwortlich: BMF

Zusätzlich zu der Bekämpfung der Corona-bedingten Herausforderungen sollte durch die Einführung des Anrechnungsüberhangs der Standort Deutschland im internationalen Vergleich gestärkt werden. Andere Staaten, wie z.B. die USA, erlauben es, Quellensteuerüberhänge in zukünftige Veranlagungszeiträume vorzutragen. Für ausländische Quellensteuer sollte zumindest temporär (beispielsweise für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021) eine Vortragsmöglichkeit geschaffen sowie die Per-Country-Limitation aufgegeben werden. Mit der Aufhebung der Per-Country-Limitation kann dem ohnehin bestehenden Problem des Anrechnungsüberhangs bei sinkenden Gewinnen vorgebeugt werden. 

Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft: Moratorium und Streichung des Sanktionsregisters I Verantwortlich: BMJV

Der Gesetzesentwurf, der auch auf das Verbandssanktionen-Gesetz eingeht, bedeutet einen extremen Bürokratieaufbau durch verschärfte, zugleich aber undeutliche Compliance-Vorgaben, einen „Grundverdacht gegen Unternehmen“ und fehlende internationale oder eurorechtliche Vorgaben. Unternehmen jeder Größe werden umfangreiche Verpflichtungen auferlegt. Für Verstöße drohen drastische finanzielle Sanktionen. In der aktuellen Zeit haben Unternehmen andere primäre Aufgaben. 

13. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetz (13. BlmSchV): Rechtssicherheit für Großfeuerungsanlagen und keine Verschärfungen I Verantwortlich: BMU

Die Änderung der 13. Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen (13. BImSchV) sollte zügig vorangetrieben werden. Die Betreiber benötigen dringend Rechts- und Planungssicherheit. Die Änderung der 13. BImSchV sollte sich dabei möglichst weitgehend auf die Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen beschränken.

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In den BVT-Merkblättern wird der Stand der Technik zur Vermeidung bzw. Verminderung von Emissionen aus Industrietätigkeiten für alle Mitgliedstaaten verbindlich auf europäischer Ebene festgelegt. Dieser europaweit einheitliche und verbindliche Stand der Technik fördert die Wettbewerbsgleichheit und sollte nicht durch einseitig nationale Verschärfungen konterkariert werden. 

TA Luft: Rahmenbedingungen für Produktion verbessern I Verantwortlich: BMU

Die TA Luft ist für die gesamte deutsche Industrie von großer Bedeutung. Die TA Luft ist eine der entscheidenden Rahmenbedingungen für die Produktion. Sie ist das zentrale Regelwerk für die Genehmigung, Änderung und den Betrieb von Industrieanlagen in Deutschland und gilt für mehr als 50.000 genehmigungsbedürftige Anlagen aus allen Industriebranchen. Darüber hinaus hat die TA Luft Auswirkungen auf mehrere 100.000 nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen. Sehr stark betroffen sind insbesondere auch die zahlreichen kleinen und mittelständischen Unternehmen. Der Entwurf zur Änderung der „Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft“ (Stand: 16.07.2018) sollte so verbessert werden, dass die Industrie nicht weiter belastet wird. Hohe zusätzliche Investitionskosten in Produktionsanlagen, ein großer Mehraufwand im Anlagenbetrieb und erhebliche Verzögerungen in den Genehmigungsverfahren müssen verhindert werden. 

TA Abstand: 12. BlmSchV-Anlage ermöglichen und Vollzug der Vorschriften erleichtern I Verantwortlich: BMU

Es muss – als zwingende Voraussetzung vor Ausgestaltung einer TA Abstand – rechtlich klargestellt werden, dass der „angemessene Sicherheitsabstand“ im Rahmen des Zulassungsrechts für Störfallanlagen die verfahrensrechtliche Funktion hat, dass bei Unterschreitung des angemessenen Sicherheitsabstandes zu benachbarten Schutzobjekten unter bestimmten Voraussetzungen die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich ist, die Unterschreitung aber keine materiell-rechtliche Bedeutung für die Genehmigungsfähigkeit einer Anlage hat. Der Erlass einer TA Abstand ist nur sinnvoll, wenn hierdurch die industrielle Tätigkeit und der Ausbau der Industriestandorte weiterhin ermöglicht werden und der Vollzug der Vorschriften für alle Beteiligten erleichtert wird. 

Abwasserabgabengesetz (AbwAG): Pragmatische Aktualisierung und Erarbeitung von Handlungsempfehlungen I Verantwortlich: BMU

Der BDI sieht eine pragmatische Aktualisierung des Abwasserabgabengesetzes und die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen zur Minimierung des Eintrags von weiteren relevanten Spurenstoffen als sinnvoll an. Grundlage jeder umweltpolitischen Diskussion muss dabei eine wissenschaftlich fundierte Bewertung und Risikoabschätzung sein. Eine Weiterentwicklung der Abwasserabgabe darf aus Sicht der deutschen Industrie nicht dazu genutzt werden, eine Vielzahl von – teilweise kostenintensiven – Verschärfungen im Rahmen des Umgangs mit Abwässern einzuführen. Jede Maßnahme der Industrie, die zur Verbesserung des Gewässerzustandes führt, sollte bei einem Finanzkonzept Berücksichtigung finden. Die deutsche Industrie wendet sich gegen einige der derzeitig diskutierten Verschärfungen, weil sie dafür wissenschaftliche Erkenntnisse und eine umfassende Nachhaltigkeitsanalyse vermisst. Undifferenziert verschärfte Umweltgesetze und strengere Grenzwerte hingegen führen nicht automatisch dazu, dass diesen mit innovativen Lösungen begegnet werden kann. Eine Verschärfung der – im europäischen Vergleich bereits strengen – deutschen Grenzwerte und zusätzliche nationale Auflagen für Herstellungsbetriebe in Deutschland können international zu Wettbewerbsnachteilen führen. Für den Fall, dass neue Grenzwerte wissenschaftlich notwendig sind, müssen diese auf internationaler Ebene entwickelt und festgelegt werden.

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Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV): Belastungen vermeiden I Verantwortlich: BMU

Die geplante Überführung der bisherigen länderspezifischen Löschwasserrückhalte-Richtlinien in die AwSV betrifft alle Betreiber von Anlagen mit wassergefährdenden Stoffen. Zur Vermeidung teurer Nachrüstungen bei Altanlagen ist ein Bestandschutz essenziell. Aber auch für Neuanlagen müssen Belastungen für die Industrie vermieden und entsprechende Erleichterungen durch den Bundesrat akzeptiert werden. 

Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), Verordnungsermächtigung zu neuen Informationsund Berichtspflichten: Belastungen vermeiden I Verantwortlich: BMU

Mit der Umsetzung der geplanten Verordnungsermächtigung zu neuen Informations- und Berichtspflichten über Art, Menge, Verbleib und Entsorgung von Produkten sowie zu getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Umsetzung der „Obhutspflicht für Erzeugnisse“ werden weitere Bürokratiebelastungen für den produzierenden Sektor erwartet. Es ist wichtig, dass bei der Ausgestaltung der geplanten Verordnung zusätzliche Belastungen für die Industrie weitestgehend vermieden werden. 

Sorgfaltspflichtengesetz: Gesetzliche Regelung im Bereich der Lieferketten in dieser Legislaturperiode vermeiden I Verantwortlich: BMAS und BMZ

Der internationale Handel und die Lieferkettenbeziehungen sind durch die Maßnahmen gegen das Coronavirus größtenteils erschwert, wenn nicht sogar zum Erliegen gekommen. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft befindet sich aufgrund neu hinzugekommener Handelsbeschränkungen sowie weiterhin bestehender Grenzschließungen und Reiseeinschränkungen in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Es gibt keine Aussicht auf eine schnelle Erholung, deshalb sollten nationale Sonderwege mit nationalen Belastungen vermieden werden. Das gilt auch für die Idee eines nationalen deutschen Sorgfaltspflichtengesetz. Stattdessen sollte dieses Anliegen auf europäischer Ebene verfolgt werden, damit alle europäischen Unternehmen in einer gleichen Ausgangslage sind. Alles andere hilft zudem unseren Handelspartnern in den ebenfalls vom Coronavirus betroffenen Ländern nicht, ebenso wenig wie den Menschen vor Ort, die bei den Zulieferern arbeiten. Denn im Zweifel erhöht es nur für deutsche Unternehmen den Druck, zur Vermeidung von Haftungsrisiken nicht mit Unternehmen in anderen Ländern zusammenzuarbeiten und sich von dort zurückzuziehen, anstatt zu investieren. Unternehmen benötigen jetzt alle Ressourcen im Kampf gegen die Corona-Auswirkungen. 

Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG): Keine Doppelbelastung I Verantwortlich: Bundestag

Das derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindliche Brennstoffemissionshandelsgesetz führt einen Preis auf CO2 ein und damit eine Verteuerung fossiler Energie. Diese muss einhergehen mit einer entsprechenden ex ante-Entlastung der Wirtschaft, um Carbon Leakage im Non-ETS-Bereich zu vermeiden. 

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz: Wiedereinführung der Präklusion I Verantwortlich: Bundestag

Aufgrund der fehlenden Präklusionsregelung können Umweltverbände seit 2017 im gerichtlichen Verfahren auch Argumente vorbringen, die sie im Verfahren vor der Behörde nicht genannt haben. Damit wird während des Genehmigungsverfahrens nicht mehr deutlich, gegen welchen Teil einer Genehmigung Klage erhoben werden kann. Aufgrund dessen sichern sich die Behörden in jede

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Richtung mit Hilfe von Gutachten ab. Daraus resultieren zusätzliche zeitliche und finanzielle Belastungen für den Vorhabenträger. Umweltverbände sollen nur klagen dürfen, wenn die Belange des entsprechenden Verbands direkt betroffen sind oder eine ordnungsgemäße Beteiligung der Umweltverbände im Genehmigungsverfahren nicht gegeben war.

Fristen und Abgabeverpflichtungen 

Konformitätsbewertungsverfahren: Fristen verschieben, Laufzeiten verlängern, alternative Herangehensweisen zulassen I Verantwortlich: BMWi

Anstehende Konformitätsbewertungsverfahren vor Ort sind aufgrund der derzeit geltenden Infektionsgefahr und der Reisebeschränkungen kaum mehr möglich. Konformitätsbewertungstätigkeiten müssen verschoben oder sogar ausgesetzt werden. Vor-Ort-Tätigkeiten (z. B. Audits) können zum Teil mittels Remote-Methoden ersetzt oder ergänzt werden, wo dies praktisch möglich und (gesetzlich) nicht anders vorgegeben ist. Dies wird jedoch nicht von allen Behörden und Programmeignern (Urheber eines Zertifikates) gewährt. Zudem können auch im Fall von Verschiebungen von Audits um sechs Monate nach IAF ID3:2011 Verluste der Anerkennung drohen, da künftig nicht genügend Auditoren und Prüfkapazität zur Verfügung stehen dürften, um die „Bugwelle“ aller verschobenen Audits fristgemäß nachzuholen. Außerdem drohen diese Verluste für alle Bereiche, in denen der Ermessensspielraum von Behörden und Programmeignern seine Grenzen in gesetzlich vorgegebenen Fristen oder verpflichtenden Vor-Ort-Audits findet. Bezüglich dieser gesetzlichen Anforderungen zur Konformitätsbewertung bestehen derzeit wenig übergeordnete Koordinierungen und Handlungsanweisungen. Folge: Befristete Zertifikate drohen ihre Anerkennung durch die Behörden und Programmeigner zu verlieren mit zum Teil weitreichenden Folgen für die Unternehmen. 

Erneuerbare-Energien-Gesetz: Fristverlängerung für Einführung eines Messkonzepts für Drittstrommengen um ein Jahr I Verantwortlich: BMWi & Bundestag

Die aktuelle Übergangsfrist im EEG zur Einführung eines Messkonzepts für Drittstrommengen endet im Dezember 2020. Viele Unternehmen sind derzeit in Kurzarbeit und von der Wirtschaftskrise schwer getroffen. Sowohl Personal als auch finanzielle Mittel sind derzeit begrenzende Faktoren, wenn es um die Einführung eines solchen Messkonzepts mitsamt den Messgeräten geht. Mit Ausbruch der CoronaKrise im März 2020 wurden laufende Arbeiten der Unternehmen daran unterbrochen oder der Beginn solcher Arbeiten verhindert. Mit einer Verlängerung um ein Jahr wird ausreichend Abhilfe geschaffen. 

Fristen und materielle Erfüllungskriterien: Bundeseinheitliche Regelungen I Verantwortlich: BMWi

Corona-bedingte Probleme bei der Einhaltung von Fristen und der Einhaltung von materiellen Erfüllungskriterien, wie beispielsweise beim §19 StromNEV, sollten im Rahmen einer Regelung für ein „Stützjahr“ angemessen berücksichtigt werden. 

Fristen im Umweltbereich: Bundeseinheitliche Regelungen I Verantwortlich: BMU

Es sollte eine allgemeine, möglichst bundeseinheitliche und grundsätzlich geltende Regelung geschaffen werden, die eine Duldung enthält, dass fristgebundene Verpflichtungen bis Ende des Jahres nachgeholt werden können, ohne dass bei Nichteinhaltung der Fristen Konsequenzen (z.B. Ordnungswidrigkeiten oder der Verlust von Rechten) drohen.

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Beste Verfügbare Techniken (BVT)-Prozesse: Verlängerung von Bearbeitungsfristen I Verantwortlich: BMU

Das deutsche Anlagenzulassungsrecht und der Anlagenbestand werden maßgeblich durch die Vorgaben der sogenannten BVT-Schlussfolgerungen beeinflusst. BVT-Schlussfolgerungen geben verbindlich einzuhaltende Anforderungen an die Emissionsminderung für industrielle Anlagen vor. Der Prozess zur (Weiter-)Entwicklung von BVT-Merkblättern auf europäischer Ebene (Datensammlungsverfahren, Tätigkeit der Arbeitsgruppen) kann durch die Unternehmen aktuell nicht ausreichend abgedeckt werden. Derzeit wird an vielen BVT-Merkblättern gearbeitet (z. B. FMP-, Textil-, Gießereiund Schmieden-BREF). Die Konsequenzen, die aus dem BVT-Prozess entstehen, sind allerdings zu groß, sodass auf eine Mitarbeit nicht verzichtet werden kann. 

Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG): Entlastung durch eindeutige Verwaltungsvorschriften I Verantwortlich: BMU

Aufgrund bereits bestehender und neuer Vorgaben im Umweltrecht wird die gebundene Genehmigung nach BImSchG zunehmend zu einem Verfahren, in welchem zahlreiche Gutachten, insbesondere auf Seiten der Projektträger, aber auch auf Seiten der Behörden, erstellt werden. Bei vielen Industrieprojekten bestehen seitens der Behörde und des Projektträgers Unsicherheiten darüber, welche Unterlagen in welcher Detailtiefe beizubringen sind. Gutachten werden im Rahmen von Genehmigungsverfahren zur Ausfüllung von unbestimmten Rechtsbegriffen benötigt, etwa in den Fachgebieten Immissionsprognose von Luftschadstoffen und Gerüchen, Brandschutz, Schutzabständen, gewässerökologische Verträglichkeit, Fauna-Flora-Habitat-Verträglichkeit, Stickstoffausbreitung, Artenschutz, Ausgangszustandsbericht Boden. Die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe durch eindeutige Standards und technische Anleitungen ist notwendig, um die Anzahl von Gutachten in Verfahren zu reduzieren.

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Europäische Ebene Gesetzesvorhaben und zusätzliche Belastungen 

EU-Chemikalienverordnung REACH, Beschränkungsvorschlag zu Mikroplastik: Restriktionsentwurf aussetzen I Verantwortlich: DG ENV & Mitgliedsstaaten

Eine Vielzahl von Produkten und Anwendungen der Industrie sind direkt oder indirekt vom aktuellen Beschränkungsvorschlag der ECHA zu Mikroplastik betroffen. Direkte Betroffenheit: Durch den vorliegenden Beschränkungsvorschlag dürfte „absichtlich zugesetztes Mikroplastik“ zukünftig nicht mehr zum Einsatz kommen. Dies hätte massive Auswirkungen auf verschiedene dringend benötigte Produkte und Produktbereiche. Zum Beispiel Medizinprodukte und Pharmaprodukte: Zugesetzte synthetische Polymere, welche unter die mikroplastische Partikeldefinition fallen, haben eine vielseitige Funktion in Medizinprodukten und Invitro-Diagnostika (z. B. zur Diagnostik von Diabetes, Rheuma, Infektionen, Herzinfarkt, Schlaganfall etc.). Eine Beschränkung dieser Produktsparte würde dazu führen, dass zahlreiche Krankheiten nicht mehr mit der momentanen Genauigkeit zu günstigen Preisen diagnostiziert werden können. Unter der vorgeschlagenen, sehr breiten Definition von „Microplastic“ würden künftig zudem zahlreiche Hilfsstoffe für Pharmaprodukte (Bindemittel, Sprengmittel, Füllstoffe und/oder Tablettenüberzugsmittel in Form modifizierter Zellulosen) fallen. Zwar sind Human- und Tierarzneimittel vom Vermarktungsverbot ausgenommen, für die Produkte sollen jedoch weitere Kennzeichnungspflichten, zusätzlich zu den bereits bestehenden Kennzeichnungspflichten für die Entsorgung von Arzneimitteln, vorgeschrieben werden. Eine Vorgabe durch REACH führt bei Arzneimitteln an dieser Stelle zu einer Doppelregulierung und einem erhöhten Arbeitsaufwand. Im Bereich der Textilprodukte wäre nach dem vorliegenden Beschränkungsvorschlag z. B. der geraute Polyester-Vliesstoff im Verbundmaterial einer FFP3-Maske mit mehr als 100 ppm Kurzfasern nicht mehr auf dem Markt verkehrsfähig. Indirekte Betroffenheit: Da von dem Beschränkungsvorschlag unter anderem auch Chemikalien zur Abwasserreinigung (Flockungs- bzw. Fällungshilfsmittel) betroffen wären, könnten die hohen Standards an die Abwasserreinigung kaum noch eingehalten werden. 

REACH-Skin-Sensitizer-Beschränkungsverfahren: Restriktionsentwurf aussetzen I Verantwortlich: DG ENV & Mitgliedsstaaten

Der seit 2019 auf EU-Ebene laufende Beschränkungsvorschlag umfasst sämtliche chemischen Stoffe (derzeit ca. 1.100), die entweder als hautsensibilisierend gemäß der CLP-Verordnung eingestuft sind oder die bereits in freiwilligen Systemen geregelt sind. Da bei vielen der betroffenen Stoffe eine Relevanz z. B. in der Textilindustrie nicht geklärt ist, ist der finanzielle Aufwand für Prüfkosten und das Risiko für eine Non-Compliance für die Hersteller und Importeure enorm hoch. Einige der in den Geltungsbereich fallenden Stoffe verfügen darüber hinaus auch bereits über die Einstufungen als krebserzeugend, erbgutverändernd und/oder fortpflanzungsgefährdend und fallen daher unter die Beschränkung der CMR-Stoffe in Textilien. Wieder andere Stoffe sind über die BiozidprodukteVerordnung nur beschränkt verwendbar oder sind, wie im Falle von Formaldehyd, Gegenstand eines aktuellen Beschränkungsvorschlags. Dies führt zu einer für die Unternehmen kaum noch zu überblickenden Komplexität in der Bewertung des vorliegenden Beschränkungsvorschlages. Die Belastung in Folge der Beschränkung wäre für die gesamte textile Wertschöpfungskette nicht tragbar. So wären z. B. Farbstoffe nicht in ausreichendem Umfang verfügbar, Rezepturen müssten ständig geändert werden, unzählige Analysen wären durchzuführen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Ein Stoff, der heute als hautsensibilisierend eingestuft wird, fällt sofort unter die Beschränkung. Das

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kann dazu führen, dass ein Produkt, das gestern rechtskonform hergestellt wurde, heute nicht mehr marktfähig ist. 

REACH-Cobalt-Salze-Beschränkung: Restriktionsentwurf nicht weiter verfolgen I Verantwortlich: DG ENV & Mitgliedsstaaten

Alternativ zur vorgesehenen Beschränkung im Rahmen des Anhangs XVII der REACH-Verordnung sollte die Entwicklung eines EU-weit verbindlichen Arbeitsplatzgrenzwertes (Binding Occupational Exposure Limit, BOEL) als geeignetere Risikomanagement-Option (RMO) vorangetrieben werden. Die REACH-Beschränkung würde Arbeitnehmern relativ wenig Nutzen bringen und gleichzeitig erhebliche Belastungen für die Industrie bedeuten. 

REACH-Beschränkungen in der C6- und C8-Fluorchemie: Restriktionsentwurf aussetzen I Verantwortlich: DG ENV & Mitgliedsstaaten

Restriktionen in der Fluorchemie führen dazu, dass z. B. die Produktion von schusssicheren Westen für Polizei, Grenzschutz und Militär sowie für private Sicherheitsdienste und andere nicht mehr möglich wäre. Gleichfalls gibt es derzeit keine Alternativen des Einsatzes der Fluorchemie im Bereich der persönlichen Schutzausrüstungen und im Medizinproduktebereich, wo höchste Anforderungen an den Infektionsschutz und dessen Dauerhaftigkeit gegeben sein müssen. Das führt dazu, dass die Unternehmen, die mit enormem Krafteinsatz, ihrem Know-how und unter Einhaltung hoher Produktions- und Umweltschutzstandards, die Marktführerschaft im Bereich von High-Tech-Produkten im Bereich der Technischen Textilien erlangt haben, nicht mehr in Deutschland produzieren werden können. Zur Herstellung von Brandschutzbekleidung für Feuerwehrmänner und -frauen oder auch für Rettungsdienste werden ebenso nicht brennbare Aramid-Fasern benötigt. Die EU-ChemikalienRestriktionen für diese nicht brennbaren Aramid-Fasern sowie für hochbeständigen Chemikalienschutz und atmungsaktive Beschichtungen stehen ebenfalls auf der Verbotsliste der ECHA, sodass eine Herstellung ebenfalls nicht mehr möglich wäre. 

Biozidprodukte-Richtlinie (BPR): Harmonisierte Umsetzung und Berücksichtigung des Nutzens von Biozidprodukten I Verantwortlich: DG ENV, ECHA & Mitgliedsstaaten

Mit der BPR werden die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten europaweit einheitlich geregelt. Durch ein zweistufiges Zulassungsverfahren soll sichergestellt werden, dass nur Biozidprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden, die keine unannehmbaren Auswirkungen haben und gegenüber den Zielorganismen wirksam sind. Dieses Zulassungsverfahren ist sehr komplex, der Zulassungsprozess ist aufwendig, kosten- und zeitintensiv. Es hat zur Folge, dass viele Biozidprodukte nicht mehr zur Verfügung stehen. Entsprechend müssen Rechtssicherheit und Planungssicherheit hergestellt und der Nutzen berücksichtigt werden: Um die Verfügbarkeit wichtiger Biozidprodukte, wie z.B. Desinfektionsmittel, sicherzustellen, müssen stabile Rahmenbedingungen gegeben sein. Insbesondere die Weiterentwicklung von Leitlinien und Regularien, die zu Datennachforderungen in laufenden Prozessen führen, birgt für Antragsteller enorme Unsicherheiten. Aktuelles Beispiel hierfür ist die Überarbeitung der BPR-Anhänge II und III zu den Informationsanforderungen für Wirkstoffe und Biozidprodukte. Eine praktikable Umsetzung der BPR, in der das tatsächliche Risiko und der Nutzen der Biozidprodukte berücksichtigt werden, sind von wesentlicher Bedeutung. Für einen funktionierenden EU-Binnenmarkt ist außerdem eine harmonisierte Umsetzung der BPR sehr wichtig.

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EU-Richtlinie über Industrieemissionen: Keine Verschärfungen I Verantwortlich: DG ENV

Zum jetzigen Zeitpunkt sollte eine Änderung der EU-Richtlinie über Industrieemissionen nicht vorangetrieben werden. Die Ziele der Richtlinie – Verbesserung der Umweltqualität und Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen – werden erreicht. Durch den in der Richtlinie angelegten BVTProzess ist darüber hinaus sogar gewährleistet, dass die besten verfügbaren Techniken für Industrieanlagen stetig überprüft und weiterentwickelt werden. Eine Verbesserung des BVT-Prozesses an sich ist dagegen bereits zum jetzigen Zeitpunkt wünschenswert. 

EU-Richtlinien zur Luftqualität: Keine Revision I Verantwortlich: DG ENV

Die aktuelle Gesetzgebung stellt die notwendigen Instrumente bereit, um bestehende Herausforderungen zu meistern. Die Richtlinien haben effektiv zur Verbesserung der Luftqualität und der Erreichung der Luftqualitätsstandards beigetragen. Soweit diese noch nicht vollständig erreicht wurden, ist dies im Wesentlichen auf eine mangelnde Umsetzung bzw. Anwendung europäischen Rechts in den Mitgliedstaaten zurückzuführen, nicht jedoch auf Schwächen der europäischen Vorgaben. 

Null-Schadstoff-Aktionsplan: Vorhaben nicht weiter verfolgen I Verantwortlich: DG ENV

Die bestehende spezifische Gesetzgebung zu Wasser, Luft, Chemikalien usw. erfüllt ihren Zweck und bietet ein hohes Umwelt- und Gesundheitsschutzniveau. Die Kommission muss aus der Überprüfung dieser Gesetze die richtigen Schlüsse ziehen und für eine effektive Umsetzung und Anwendung in den europäischen Ländern sorgen. Dies gilt insbesondere für die Überprüfungen der Wasserrahmenrichtlinie, der Industrieemissionsrichtlinie sowie die abgeschlossene Überprüfung der REACHVerordnung. 

EU-Aarhus-Verordnung: Keine weitere Ausweitung von Klagerechten und Klagegegenständen I Verantwortlich: BMU & DG ENV

Eine von der Aarhus-Konvention vorgesehene, weitere Ausweitung von Klagerechten und Klagegegenständen würde die Rechts- und Planungssicherheit von Unternehmen stark einschränken und eine Verschlechterung der Bedingungen für Investitionsentscheidungen in Europa herbeiführen. Vielmehr sollte sich die Europäische Kommission auf völkerrechtlicher Ebene für eine Neuverhandlung der entsprechenden Vorgaben in der Aarhus-Konvention einsetzen. Um die sich zunehmend verlängernden Genehmigungs- und Gerichtsverfahren zu verkürzen, sollte insbesondere eine Präklusionsregelung in die Aarhus-Konvention und entsprechendes EU-Recht aufgenommen werden, sodass verspätet eingebrachte Einwendungen im weiteren Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden müssen. 

Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien Green Deal: Zusatzbelastungen vermeiden I Verantwortlich: DG ENV

Bei der angekündigten Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien im Rahmen des Green Deal kommt es auf eine verantwortliche Gestaltung umweltpolitischer Rahmenbedingungen an, die auf fundierten wissenschaftlichen Risikobewertungen basieren. Im Vordergrund sollte die sichere und nachhaltige Verwendung von chemischen Produkten sowie ihr Nutzen stehen. Um die Unternehmen bei dem Weg aus der Krise zu unterstützen, müssen Zusatzbelastungen für die Unternehmen vermieden werden.

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Fristen und Abgabeverpflichtungen 

Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung: Aussetzung des Merkmals des Unternehmens in Schwierigkeiten für zwei Jahre I Verantwortlich: DG COMP

Um nicht die Strompreiskompensation und Entlastungen nach dem EEG zu gefährden, sollte für das Merkmal „Unternehmen in Schwierigkeiten“ eine Aussetzung um zwei Jahre geprüft werden. Dies sollte erfolgen, sofern die Erfüllung des Merkmals auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der CoronaKrise mittelbar oder unmittelbar zurückzuführen ist. 

REACH-Verordnung: Verfahren vereinfachen, Fristen anpassen I Verantwortlich: DG ENV & DG GROW

Die Erfüllung der Pflichten und die Einhaltung der zahlreichen Fristen aus chemikalienrechtlichen Regelungen sind für die Unternehmen bereits unter normalen Umständen eine große Herausforderung, sodass besondere Situationen wie während der Corona-Pandemie, aber gegebenenfalls auch beim Wiederhochfahren der Wirtschaft, ein pragmatisches Vorgehen aller Beteiligten erfordern. Die Unternehmen benötigen mehr denn je Rechtssicherheit und stabile Rahmenbedingungen für die weitere Umsetzung. Für den Weg aus der Krise muss das Potential für Vereinfachungen und Verbesserungen ausgeschöpft werden. Solche Vereinfachungen sind z. B. bei den REACH-Verfahren zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung sowie bei der Kommunikation in der Lieferkette ohne Änderung der REACH-Verordnung möglich, z. B. durch Anpassungen von Prozessen, Tools oder Leitlinien. Einzelne Fristsetzungen durch Durchführungsvorschriften der EU-Kommission, die bei der Festlegung von Übergangsfristen Rahmenbedingungen voraussetzten, die wegen der Krise so nicht mehr zutreffen, sollten überprüft und gegebenenfalls angepasst werden (s. u. a. oben genannte Forderungen zu Restriktionsentwürfen im Rahmen der REACH-Verordnung). 

Anhang VIII CLP-Verordnung: Verschieben der Anwendungsfrist I Verantwortlich: DG ENV & DG GROW

Eine Verschiebung der Anwendungsfrist (1. Januar 2021) des CLP-Anhangs VIII zur Meldung von gefährlichen Gemischen an Giftinformationszentren ist dringend erforderlich. Der zentrale Aspekt für diese Fristverschiebung ist dem Umstand geschuldet, dass diese Meldungen mit speziellen IT-Tools getätigt werden müssen, wobei die Implementierung dieser in den Unternehmen auf Grund der Corona-Pandemie nicht rechtzeitig vor der 1. Anwendungsfrist, dem 1. Januar 2021, fertiggestellt sein wird. Aus diesem Grund bedarf es einer Fristverschiebung von mindestens sechs Monaten, nachdem die gesamten IT-Tools (technisches Format etc.) der ECHA veröffentlicht wurden. Das Veröffentlichungsdatum ist hierzu für das 4. Quartal 2020 vorgesehen. Die rechtlichen Grundlagen werden wahrscheinlich erst im November 2020 veröffentlicht und unterstreichen die Notwendigkeit einer Fristverschiebung. 

EU In-vitro-Diagnostik-Verordnung (IVDR): Moratorium I Verantwortlich: BMG & DG SANTE

Die Umsetzung der EU-In-vitro-Diagnostik-Verordnung (IVDR) stellt – genauso wie die EUMedizinprodukteverordnung (MDR) – hohe Anforderungen an die betroffenen Unternehmen. Die Umsetzung und Einstellung auf den jeweils neuen Rechtsrahmen ist in vollem Gange und verlangt in normalen Zeiten gerade von den kleinen und mittelständischen Unternehmen viel. In der derzeitigen Situation ist es für die Unternehmen aber nahezu unmöglich neben den Reaktionen auf die CoronaKrise auch noch eine strukturierte Überführung der Prozesse auf die neuen Rechtsrahmen effektiv

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Eckpunkte für ein Belastungsmoratorium

voranzubringen. Neben vielen anderen Punkten zeigt sich dies unter anderem an Abstimmungsprozessen mit der Benannten Stelle, Durchführung von notwendigen Leistungsbewertungsstudien oder Kapazitäten bei Mitarbeitern in den Unternehmen, die diese regulatorischen Prozesse voranbringen können. Die EU-Kommission hat diese Problemlage erkannt und die Umsetzungsfrist der EU-MDR um ein Jahr auf den 26. Mai 2021 verschoben. So sehr dies zu begrüßen ist, so wichtig ist es auch, eine Verschiebung des In-Kraft-Tretens für die IVDR vorzusehen. Erstens sind die Änderungen von der EU-Richtlinie für In-vitro-Diagnostika zu den Anforderungen der IVDR gravierender als im Medizinprodukterecht. Zweitens ist im Bereich Forschung und Entwicklung der In-vitro-Diagnostik der Anteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen deutlich höher. Gerade die kleinen Unternehmen sind durch die Umstellung enorm belastet.

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Eckpunkte für ein Belastungsmoratorium

Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Redaktion Matthias Krämer Abteilungsleiter Strategische Planung und Koordination T: +49 30 2028-1421 m.kraemer@bdi.eu Elisabeth Allmendinger Trainee Strategische Planung und Koordination T: +49 30 2028-1496 e.allmendinger@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D 1213

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