Roadmap des EU-Aktionsplans „Null-Schadstoff-Ziel für Luft, Wasser und Boden“

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Position

BDI zur Roadmap des EU-Aktionsplans „Null-SchadstoffZiel für Luft, Wasser und Boden“

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

Stand: 27.10.2020


Roadmap des EU-Aktionsplans „Null-Schadstoff-Ziel für Luft, Wasser und Boden“

Einleitung Die EU-Kommission hat am 01.10.2020 eine Konsultation zur Roadmap des EU-Aktionsplans „Towards a Zero Pollution Ambition for air, water and soil“ eingeleitet. Der EU-Aktionsplan soll im Jahr 2021 verabschiedet werden, um sich einem Null-Schadstoff-Ziel für Luft, Wasser und Boden anzunähern. Mit dem Aktionsplan soll die Umsetzung und Durchsetzung bestehender Rechtsvorschriften sowie die Überwachung der Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung untersucht und der gesellschaftliche Wandel vorangetrieben werden.

I. Allgemeines

1. Null-Schadstoff-Ziel unrealistisch, Risikobasierter Ansatz erforderlich Im europäischen Green Deal wurde angekündigt, dass die EU ein NullSchadstoff-Ziel anstrebt, um die Gesundheit der EU-Bürger zu schützen sowie die Umweltverschmutzung u. a. durch Emissionen in Luft, Wasser, Boden und durch Konsumprodukte zu verhindern und zu beseitigen. Das Ziel einer schadstofffreien Umwelt ist abstrakt unbestritten erstrebenswert. Aber ist das auch realistisch? In unserer europäischen Industrie- und Mobilitätsgesellschaft ist es unwahrscheinlich, dass mit verhältnismäßigem Aufwand eine Null-Schadstoff-Umwelt erreicht werden kann. Vielmehr muss ein risikobasierter Ansatz in der Mitte der politischen Diskussion stehen. Denn nicht jeder Stoff ist in jeder Konzentration umwelt- und gesundheitsgefährdend.

2. Aktionsplan nicht erforderlich, 8. UAP bestimmt Ziele Die EU-Kommission hat im Oktober 2020 nicht nur die Konsultation zur Roadmap des EU-Aktionsplans „Towards a Zero Pollution Ambition for air, water and soil“ eingeleitet, sondern auch den Entwurf des 8. Umweltaktionsprogramms der Union für die Zeit bis 2030 veröffentlicht. Es ist nicht erkennbar, warum neben dem 8. Umweltaktionsprogramm, mit dem die Entwicklung der EU-Umweltpolitik bis 2030 gelenkt werden soll, noch ein separater Aktionsplan erforderlich ist. Im Entwurf des 8. Umweltaktionsprogramms ist das Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Umwelt, einschließlich Luft, Wasser und Boden, sowie Schutz der Gesundheit und des Wohlergehens der Bürgerinnen und Bürger vor umweltbedingten Risiken und Auswirkungen als prioritäres thematisches Ziel bereits benannt. Hinzu kommt, dass die bestehende spezifische Gesetzgebung zu Wasser, Luft, Chemikalien usw. ihren Zweck erfüllt und ein hohes Umwelt- und Gesundheitsschutzniveau sicherstellt.

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Die europäische Industrie befindet sich momentan in einem strukturellen Wandel und hat darüber hinaus die Auswirkungen der Pandemie zu bewältigen. Wichtig ist daher, dass die Kommission mit der Überprüfung der bestehenden Gesetzgebung auf eine wirtschaftliche Weiterentwicklung abzielt und eine effektive Umsetzung und Anwendung in den europäischen Ländern zum Maßstab macht. Dies gilt insbesondere für die laufenden Überprüfungen der Wasserrahmenrichtlinie und der Industrieemissionsrichtlinie (IED) sowie die abgeschlossene Überprüfung der REACH-Verordnung.

3. Rechts- und Planungssicherheit ermöglichen Für wirtschaftliche Aktivitäten der Industrie ist Rechts- und Planungssicherheit unabdingbar. Insbesondere Vorgaben zu Industrieemissionen in der IED sowie Vorgaben in den europäischen Luftqualitätsrichtlinien müssen langfristig und verlässlich geregelt werden, da auch die Investitionszyklen der Industrie sehr lang sein können. Dem widersprechen Änderungsvorhaben der EU-Regulierung alle 5-10 Jahre, weshalb diese vermieden werden sollten. Zudem darf die Formulierung „Focus on measures to strengthen implementation and enforcement, so that public authorities, businesses and citizens can use EU rules on pollution more effectively.” nicht dahingehend interpretiert werden, dass NGOs erweiterte Klagerechte, auch im Hinblick auf die Überprüfung bestehender Genehmigungen eingeräumt werden.

II. Im Einzelnen 1. Revision der Wasserrahmenrichtlinie Der BDI plädiert für eine Revision der Wasserrahmenrichtlinie. Die Vorschriften der Wasserrahmenrichtlinie sind bei Genehmigungsverfahren zum Anlagenbau oder zur Änderung von bestehenden Anlagen relevant. Die Richtlinie hat sich als Instrument des Gewässerschutzes bewährt und wesentlich zu einer nachhaltigen Wasserpolitik beigetragen. Aufgrund von EuGHEntscheidungen besteht für die Bewertungsmaßstäbe des Verbesserungsgebots und des Verschlechterungsverbots jedoch eine erhöhte Rechtsunsicherheit in Hinblick auf die wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren. In der Wasserrahmenrichtlinie fehlen zudem konkrete Regelungen, die die stärkere Berücksichtigung öffentlicher und wirtschaftlicher Interessen in der notwendigen Abwägung gegenüber Umweltbelangen ermöglichen. Zudem ist bereits jetzt absehbar, dass festgeschriebene Ziele bis 2027 nicht erreicht werden können. Behörden in den Mitgliedstaaten sind daher hinsichtlich der aufzunehmenden Vorgaben in den kommenden Bewirtschaftungsplan 2021 2027 stark verunsichert. Nur über eine Revision der Richtlinie kann Rechtsund Planungssicherheit für künftige Investitionen und bestehende Anlagen in der Industrie geschaffen werden.

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2. Keine Revision der Industrieemissionsrichtlinie Eine Revision der Richtlinie über Industrieemissionen ist dagegen nicht erforderlich, da die Ziele der Richtlinie, die Verbesserung der Umweltqualität sowie die Gewährleistung eines Level Playing Field, erreicht werden. Zudem gewährleistet das in der Richtlinie verankerte BVT-Verfahren, dass beste verfügbare Techniken für Industrieanlagen einer ständigen Überprüfung unterliegen und fortlaufend weiterentwickelt werden. Hingegen muss die Ausgestaltung des Verfahrens zur Festlegung der BVT als solches in erheblichem Umfang verbessert werden. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch die Ziele der EU zur Reduzierung von Treibhausgasen keinen Anlass zur Änderung der IED geben. Für die Treibhausgasminderung stehen bereits andere effektive Instrumente – insbesondere das EU-Treibhausgasemissionshandelssystem – zur Verfügung. Eine Vermischung und Überlappung von Regelungsbereichen führt wie oben dargestellt zu Planungsunsicherheiten. Zu Recht regelt Artikel 9 IED, dass keine Emissionsgrenzwerte für Treibhausgasemissionen aus Anlagen festzusetzen sind, die bereits dem EU-Treibhausgasemissionshandelssystem unterliegen. Dabei sollte es bleiben.

3. Keine Revision der Seveso-III-Richtlinie Zur Verhütung industrieller Schadensfälle ist keine Revision der Seveso-IIIRichtlinie erforderlich. Das europäische Recht schafft die regulativen Voraussetzungen; die Anwendung in den Mitgliedstaaten ist entscheidend.

4. Keine Revision der europäischen Luftqualitätsrichtlinien Ebenso wenig ist eine Revision der europäischen Luftqualitätsrichtlinien erforderlich. Die Kommission kommt in ihrem jüngst veröffentlichten Bericht zur Überprüfung dieser Richtlinien zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Gesetzgebung die notwendigen Instrumente bereitstellt, um bestehende Herausforderungen zu meistern. Die Richtlinien haben effektiv zur Verbesserung der Luftqualität und der Erreichung hoher Luftqualitätsstandards beigetragen. Soweit diese noch nicht vollständig erreicht wurden, ist dies im Wesentlichen auf eine mangelnde Umsetzung bzw. Anwendung europäischen Rechts in den Mitgliedstaaten zurückzuführen, nicht jedoch auf Schwächen der europäischen Vorgaben. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die nationalen Luftreinhalteprogramme mit den teils sehr ambitionierten Zielen für 2030 (NEC-P Richtlinie) gerade erst implementiert wurden. Dies stellt schon eine große Herausforderung für die Mitgliedstaaten und die privaten Akteure dar. Von erneuten Eingriffen bereits nach wenigen Jahren sollte daher abgesehen werden.

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5. Subsidiaritätsprinzip steht EU-Regelung für den Boden entgegen Die Initiative der EU-Kommission und verschiedener Ratspräsidentschaften bezüglich der Schaffung eines EU-Rechtsrahmens für den Bodenschutz (Entwicklung einer EU-Bodenschutz-Rahmenrichtlinie) ist seinerzeit am Widerstand der Mitgliedsstaaten gescheitert, weil das Umweltmedium „Boden“ keine grenzüberschreitende Wirkung hat („Subsidiarität“). Dies erkennt auch die Kommission in ihrer Roadmap: “Many pieces of EU law addressing pollution already exist, but some policy gaps also persist, e.g. for addressing soil contamination. Related legislative updates might be done only at the EU level.” Die Einführung eines EU-Rechtsrahmens für den Boden sollte daher auch zukünftig in Hinblick auf das Subsidaritätsprinzip unterbleiben. Hinzu kommt, dass die Belange des Bodenschutzes in mehreren Mitgliedstaaten überzeugend geregelt sind, so im deutschen Bodenschutzgesetz. Es ist also fraglich, warum die Kommission überhaupt Regelungen zum Bodenschutz in Betracht ziehen sollte. Aufgrund der über 300 verschiedenen Bodentypen in Europa und der daraus resultierenden großen nationalen Unterschiede sollte es jedem Mitgliedsland überlassen sein, den Bodenschutz individuell zu regeln.

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Über den BDI Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die poli-tisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutsch-land und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Orga-nisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Und er bietet Informationen und wirtschaftspolitische Beratung für alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenor-ganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 40 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund acht Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landes-vertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene. Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0

BDI Dokumentennummer: 1259

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