Zur Überwindung der Krise. Für gemeinsame transformative Wiederaufbauprojekte Sechs Vorschläge zur Förderung von Solidarität, umweltverträglichem Wachstum und Digitalisierung durch Investitionen aus dem privaten und dem öffentlichen Sektor
Berlin, Paris, Rom, 5. November 2020
Wir, die Präsidenten der drei größten Wirtschaftsorganisationen in der Europäischen Union und Mitgliedsverbände von BusinessEurope, sind zutiefst besorgt über die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen der Pandemie. Die zweite Welle der Coronakrise erschüttert zum zweiten Mal das Gesundheitswesen, das gesellschaftliche Wohlergehen und die wirtschaftliche Aktivität in unseren Ländern. Es bedarf tragfähiger, vorrangiger und koordinierter Entscheidungen, um den mit dieser Krise einhergehenden Herausforderungen zu begegnen, darunter auch die Armutsbekämpfung. Unsere Unternehmen haben strenge Maßnahmen ergriffen, um die wirtschaftlichen Folgen zu begrenzen und das Virus in Arbeitsumgebungen und Wertschöpfungsketten einzudämmen, bisher mit gewissem Erfolg. Sie müssen jedoch immer noch starke Beschränkung des normalen Geschäftsbetriebs hinnehmen, sei es hinsichtlich Tagungen, Reisen, Messen oder Produktion. Neue Einschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens sind jetzt in Kraft getreten. Natürlich ist es von größter Bedeutung, dass die Unternehmen, genau wie die Bürgerinnen und Bürger, in dieser Pandemie die eindeutigen Vorsichtsmaßnahmen befolgen. Es muss alles getan werden, um das Produktionsgefüge und die Lebensbedingungen inmitten dieser zweiten Welle, die eine angegriffene Wirtschaft überrollt, zu erhalten. Solange die Pandemie nicht unter Kontrolle ist, dürfen wir die Hände nicht in den Schoß legen. Es ist wichtiger denn je, dass die europäischen Länder solidarisch zusammenstehen, damit niemand zurückbleibt. Dies setzt ein koordiniertes Vorgehen der Kommission, der Mitgliedstaaten und der EZB voraus. Die COVID-19-Pandemie mag in wenigen Monaten vorüber sein, aber die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Beschäftigung werden noch Jahre andauern. Diese Krise hat die bestehenden Ungleichheiten aufgedeckt, und es ist dringend erforderlich, dass den schwächsten Arbeitnehmern Aufmerksamkeit gewidmet wird. Das Hauptanliegen sollte dabei darin bestehen, das Vertrauen wiederherzustellen und das Beschäftigungswachstum so schnell wie möglich wieder anzukurbeln. Im Mai haben wir unsere Staats- und Regierungschefs aufgefordert, ein starkes, glaubwürdiges und umfangreiches Programm für den Aufschwung vorzulegen, das den am stärksten betroffenen Ländern mit einem substanziellen, mehrjährigen, aus europäischen Quellen finanzierten Stimulus in der Größenordnung von zwei bis drei Prozent der Wirtschaftsleistung helfen würde. Erfreulicherweise haben sich unsere Staats- und Regierungschefs bei der Tagung des Europäischen Rates im Juli auf NextGeneration EU geeinigt, ein tragfähiges Instrument, das dieser Forderung nachkommt. Wir brauchen dringend eine endgültige Einigung und die politische Verabschiedung aller Elemente des Pakets, damit das Programm jetzt anlaufen kann. Darüber hinaus haben unsere Regierungen starke mittelfristige Rettungs- und Sanierungsmaßnahmen verabschiedet, die den Unternehmen Liquidität und den Bürgern Einkommen sichern und gleichzeitig neue Anreize für Investitionen in saubere und digitale Lösungen bieten. Heute rufen wir unsere Staats- und Regierungschefs auf, alle Elemente der Pakete schnellstmöglich umzusetzen, um so die Unsicherheit für die Unternehmen zu verringern. Wir fordern unsere Regierungen auf, neue Restriktionen für unsere Unternehmen zu vermeiden. Es wird Aufgabe der Europäischen Kommission sein, für eine harmonische Anwendung der Kriterien zu sorgen, um eine Wettbewerbsverzerrung zwischen den EU-Ländern zu vermeiden. In Schlüsselprojekten der Digitalisierung wurden in der letzten Zeit gute Fortschritte erzielt, auf denen wir aufbauen können. Bei der Bekämpfung des Klimawandels bleiben die Fortschritte jedoch noch hinter den Anforderungen zurück. Die derzeitige Politik unterstützt die Unternehmen in der EU nicht ausreichend darin, die politischen Ambitionen hinsichtlich
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des mittelfristigen Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen zu erfüllen. Daher sind wir der Ansicht, dass die Europäische Kommission – ohne ihre Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel aufzugeben – das europäische Emissionshandelssystem realistisch bewerten und korrigierende Maßnahmen ergreifen sollte, um weitere schwere Beeinträchtigungen der Wirtschaftslage zu vermeiden. Darüber hinaus erfordert die zweite Welle, die alle unsere Länder erfasst hat, eine intensivere Zusammenarbeit bei gesundheitspolitischen Maßnahmen und koordinierten Reiseregelungen. Dabei muss gleichzeitig gewährleistet sein, dass der Binnenmarkt weiterhin reibungslos funktioniert und die EU-Lieferketten geschützt sind. Weiterhin sind wir nach wie vor tief besorgt über den derzeitigen kritischen Zustand des globalen Handelssystems. Die Rivalität zwischen den USA und China und die daraus resultierende Unsicherheit haben die Handels- und Investitionsströme bereits vor dem Ausbruch der Pandemie beeinträchtigt. Die EU muss sich mit diesen unilateralen Ansätzen ebenso wie mit sonstigen protektionistischen Maßnahmen befassen, die die weltweite wirtschaftliche Erholung behindern und die in Zukunft zu einer Fragmentierung der globalen Wertschöpfungsketten führen könnten. In diesem schwierigen Umfeld wird Europa eine entschiedene politische Haltung einnehmen müssen, um seine Souveränität zu behaupten sowie ausgewogenere und wechselseitige Handelsbeziehungen durchzusetzen, sowohl mit den USA – mit dem Ziel, pragmatische Lösungen für strittige Fragen zu finden und die transatlantische Agenda neu zu beleben – als auch mit China, um eine stärkere und gerechtere Zusammenarbeit zu gewährleisten. Ferner bekräftigen wir unsere Forderung, die WTO zu reformieren und zu stärken, in der Hoffnung, dass bis zur nächsten Ministerkonferenz konkrete Ergebnisse erzielt werden. Darüber hinaus sollten die Fortschritte bei der Öffnung von Drittlandsmärkten nicht aufgehalten werden: Wir fordern einen neuen Impuls für die Liberalisierungsagenda der EU, die die europäischen Handelsinteressen, sowohl offensiv als auch defensiv, durch bilaterale und interregionale Abkommen fördert. Insbesondere fordern wir eine zügige Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommens. Schließlich sollten die künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich durch ein umfassendes und ambitioniertes Abkommen geregelt werden, das unseren Unternehmen die Stabilität, Klarheit und Sicherheit gewährleistet, die sie brauchen. Der Aufbau eines europäischen Modells offener strategischer Autonomie, das umweltverträgliches Wachstum und Digitalisierung fördert, wird der Schlüssel zur Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und Führung unserer Unternehmen, der Widerstandsfähigkeit unserer Wirtschaft und der wirtschaftlichen Erholung sein. Wir sind daher der Ansicht, dass die verschiedenen Politikbereiche der EU (Handels-, Industrie-, Umwelt-, Daten- und Wettbewerbspolitik) ihre Koordination und Kohärenz zu diesem Zweck verstärken sollten.
Sechs Schritte auf dem Weg nach vorn 1. Schnellstmögliche Verabschiedung des Rettungspakets Wir fordern die europäischen Institutionen auf, im Dezember eine Einigung über das gesamte Paket zu erzielen, einschließlich des mehrjährigen Finanzrahmens NextGeneration EU und der rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen. Weiterhin fordern wir die EU-Mitgliedstaaten auf, die Entscheidung über Eigenmittel rasch zu ratifizieren. Darüber hinaus müssen mehr als 40 Rechtsakte verabschiedet werden, um die volle Wirkung der europäischen Fonds auf die Unternehmen und Märkte zu entfalten. Diese sind besonders notwendig, um den Bedarf der
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Unternehmen für die Umsetzung außerordentlicher Krisenmaßnahmen zu berücksichtigen, die darauf abzielen, die Folgen der Epidemie zu begrenzen, die mit der Zerstörung von Produktivkapital oder dem Verlust von Kompetenzen in den Unternehmen verbunden sind. Wir fordern unsere Staats- und Regierungschefs nachdrücklich auf, wirklich starke Programme zur wirtschaftlichen Erholung und zur Förderung der wirtschaftlichen Resilienz vorzulegen, die weitreichende Reform- und Investitionspläne enthalten. Diese nationalen Aufbau- und Resilienz-Programme müssen ehrgeizige Pläne für den Klimawandel, die Digitalisierung, gemeinsame Projekte und Reformen entsprechend den beiden letzten Ausgaben der länderspezifischen Empfehlungen des Europäischen Semesters enthalten. Wir fordern unsere Regierungen auf, auf nationaler Ebene einfache, nachvollziehbare und stabile Regeln aufzustellen, damit diese Programme greifen können. Gemäß der RRF-Verordnung müssen die Interventionen, die durch die nationalen Aufbauund Resilienzpläne finanziert werden, den Regeln für staatliche Beihilfen entsprechen. Wir erkennen an, dass es notwendig ist, Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt zu vermeiden. Allerdings möchten wir betonen, dass es eines flexiblen Rahmens für staatliche Beihilfen bedarf, der mit dem ehrgeizigen Ziel einer europäischen Konjunkturbelebung im Einklang steht und speziell darauf ausgerichtet ist, den Mitgliedstaaten die Unterstützung und Finanzierung von Maßnahmen zur Konjunkturbelebung auf nationaler Ebene zu ermöglichen.
2. Die Zeit für eine ehrgeizige EU-Industriepolitik ist gekommen Die EU braucht eine ehrgeizige Industriestrategie mit klaren Zielen, Meilensteinen, Ansätzen und Maßnahmen. Darüber waren sich die Staats- und Regierungschefs auf der Tagung des Europäischen Rates am 1. und 2. Oktober 2020 grundsätzlich einig. Die Evaluierung der EUIndustriestrategie Anfang nächsten Jahres sollte rasch abgeschlossen werden und dazu führen, dass die europäischen Institutionen und Mitgliedsstaaten entschlossen handeln, um entsprechende Richtlinien zu verabschieden und umzusetzen. In der umfassenden Diskussion zu strategischen Wertschöpfungsketten wurden Bereiche gemeinsamen Vorteils hervorgehoben, in denen die Politik die Wettbewerbsfähigkeit und eine größere Unabhängigkeit in einigen strategischen Sektoren unterstützen kann. Paneuropäische Industrieallianzen bieten hier gute Aussichten, und die IPCEI zu Mikroelektronik und Batterien haben sich als ein Schlüsselinstrument zur Stärkung der strategischen Autonomie Europas in wichtigen Industriesektoren erwiesen. Confindustria, MEDEF und BDI verpflichten sich, die rasche Einrichtung und Umsetzung der bevorstehenden IPCEI zu Wasserstoff, Clouds, Mikroelektronik und den anderen von der Europäischen Kommission identifizierten strategischen Wertschöpfungsketten zu erleichtern. Es liegt auf der Hand, dass die Integration der Industriepolitik und die Dekarbonisierung der Industrie sowie die Bedingungen für den Wettbewerb auf den globalen Märkten gewährleistet werden müssen. Der Rahmen für staatliche Beihilfen muss so angepasst werden, dass er die Investitionsförderung für den Klimaschutz ermöglicht – hier bedarf es dringend der Vorschläge durch die Europäischen Kommission – und allen Unternehmen (unabhängig von Größe, Sektor und Region) die Möglichkeit gibt, ihre Investitionen zu verstärken. Wir fordern die europäischen Institutionen nachdrücklich auf, diese Rahmenregeln so schnell wie möglich umzusetzen, um private Investitionen in den relevanten Wirtschaftssektoren freizusetzen und den doppelten grünen und digitalen Übergang zu unterstützen. Darüber hinaus fordern wir unsere drei Regierungen auf, die verfügbaren Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität als Starthilfe für eine ehrgeizige Industriestrategie zu nutzen. Unsere drei Regierungen werden 2021/22 rund 90 Milliarden Euro zur Verfügung haben.
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3. Unterstützung des Aufschwungs durch gemeinsame Anstrengungen im Bereich der Digitaltechnik Wir begrüßen die in den letzten Jahren erzielten Fortschritte bei der Förderung digitaler Schlüsseltechnologien. Wir unterstützen die jüngste Vereinbarung zur europäischen CloudFöderation und haben darum ersucht, als Präsidenten der drei größten Wirtschaftsorganisationen in der Europäischen Union Gaia-X als Erstmitglieder beitreten zu dürfen. Gaia-X ist eine starke und außergewöhnliche europäische Initiative, die mit der Frage der Souveränität in der Cloud-Infrastruktur beschäftigt. Der Entwicklung eines wettbewerbsfähigen europäischen Cloud-Marktes mit starken, in der EU ansässigen Akteuren ist der Weg geebnet. Die europäischen Institutionen sollten außerdem zu gegebener Zeit die Standardisierung von 5G-Prozessen und einen Aktionsplan zu 6G entwickeln. Darüber hinaus ist ein innovationsfreundlicher Rechtsrahmen erforderlich, der die Entwicklung und Nutzung von künstlicher Intelligenz und innovativen B2B-Plattformen fördert, um Europas digitales Ökosystem und damit Europas digitale Souveränität zu stärken. Hierzu ist es unverzichtbar, dass die Europäische Datenstrategie vervollständigt wird. Die Stärkung der digitalen Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen erfordert gleichermaßen energische Maßnahmen zur Einführung von Hochleistungsrechnern im privaten und öffentlichen Bereich. Wir fordern unsere politischen Entscheidungsträger auf, einen Aktionsplan vorzulegen, der die Wirtschaft von Anfang an einbezieht. Ein zweiter IPCEI zur Mikroelektronik ist ein weiteres notwendiges Element, um Europas Autonomie in der Hardware- und Cybersicherheit zu erreichen. Ein notwendiger zusätzlicher Schritt, besonders aus Sicherheitsgründen, besteht darin, Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Quanteninformatik zu fördern. Darüber hinaus wäre ein Aktionsplan für den industriellen Einsatz von künstlicher Intelligenz, Robotik und anderen Datentechnologien angebracht, der auf KI und digitalen Innovationsknotenpunkten aufbaut. Unsere drei Länder können im Jahr 2021/22 für diese digitalen politischen Ziele Unterstützung des Instruments NextGeneration EU in Höhe von bis zu 18 Milliarden Euro aus nationalen Konjunktur- und Resilienzprogrammen erhalten (20-Prozent-Quote). Zusätzliche Mittel werden im Jahr 2023 zur Verfügung gestellt. Hierzu könnte noch finanzielle Unterstützung aus anderen nationalen oder EU-Programmen kommen.
4. Unterstützung des Aufschwungs durch gemeinsame Anstrengungen im Bereich Klimatechnologie Unsere drei Länder werden 2021/22 mehr als 30 Milliarden Euro an Mitteln aus dem NextGen-Programm und 2023 zusätzliche Mittel für den Klimaschutz mobilisieren können und werden so in der Lage sein, die 37-Prozent-Quote der Aufbau- und Resilienzfazilität zu erfüllen. Dies kann durch zusätzliche Mittel aus dem jährlichen EU-Haushalt und nationalen Quellen ergänzt werden. Es ist offensichtlich, dass es sehr viel Unterstützung für Investitionen in grüne Technologien bedarf, die aufgrund der Bepreisung von Kohlenstoffemissionen oder von sich aus noch nicht wirtschaftlich umsetzbar sind. Europa kann der weltweit führende Markt für Wasserstoff werden. Grundvoraussetzung ist die Entwicklung einer koordinierten europäischen Strategie für eine Wasserstoffwirtschaft, die saubere Lösungen für Verkehr, industrielle Produktion, Energieinfrastruktur und weitere Sektoren liefern kann, jenseits von Batterien und herkömmlichen Technologien und Treibstoffen. Deutschland, Frankreich und Italien haben bereits Pläne für die Errichtung von Gigawatt-Fabriken angekündigt. Europa muss bei Qualitäts- und Infrastrukturstandards ebenso führend sein, wie bei der Zertifizierung für die Produktion und den Handel mit erneuerbaren Gasen. Gas und Wasserstoff müssen und werden auch eine große Rolle bei der Entkarbonisierung der Industrie spielen. Hier sollte mit der sektorspezifischen Arbeit in
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den Bereichen Chemie, Stahl, Luftfahrt, Schifffahrt und weiteren begonnen werden. Über einen ersten Wasserstoff-IPCEI sollte bald verhandelt werden. F&E sollte in allen drei Ländern gefördert werden. Wir fordern unsere Regierungen auf, gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen, um die Produktion, die Errichtung der Infrastruktur sowie internationale Partnerschaften für den Import von Wasserstoff zu erleichtern. Gleichzeitig muss die bestehende Ausgestaltung des europäischen Gasmarktes weiter optimiert werden, um seine weitere Integration zu ermöglichen. In Nordwesteuropa konnten bei konsequenter Umsetzung des Gas-Zielmodells positive Auswirkungen auf Marktintegration, Liquidität und Preiseffekte nachgewiesen werden. Die Harmonisierung der Vorschriften sollte in ganz Europa weiter ausgedehnt werden (insbesondere in Südosteuropa, um die Versorgungssicherheit in Bezug auf die fast 49 Prozent des EUVerbrauchs, die aus dem Osten bezogen werden, zu erhöhen). Auch gilt es den Rechtsrahmen durch die Beseitigung grenzüberschreitender regulatorischer Hindernisse weiter anzupassen, und so, dass er auf die bevorstehenden Herausforderungen reagieren kann. Hierzu zählen die Energiewende, die geopolitischen Differenzierung von Gasquellen und die Integration erneuerbarer Gase in das System. Wichtige positive externe Effekte auf benachbarte Sektoren der europäischen Wirtschaft sollten berücksichtigt werden.
5. Einbeziehung von Investitionen in das europäische Klimapaket Wir fordern unsere Regierungen nachdrücklich auf, neue, wesentliche Instrumente zur Verwirklichung des Green Deals bereitzustellen. Die Regulierung und Finanzierung des Übergangs müssen in allen unseren Ländern stark ausgebaut werden. Es ist offensichtlich, dass ein enormer Bedarf an Investitionen in der Industrie, in Gebäude, Verkehrswesen und in anderen Bereichen besteht, wenn wir die sehr viel ehrgeizigeren mittel- und langfristigen Klimaziele der EU erfüllen wollen. Der Rahmen für eine nachhaltige Finanzierung muss allumfassend sein und sämtliche Lösungen beinhalten, die sich schnell und direkt auf die Reduzierung von Treibhausgasen auswirken können. Wir müssen Arbeitnehmer aus im Niedergang begriffenen Sektoren unterstützen, indem wir sie für diese sich entwickelnden Sektoren ausbilden. Die meisten dieser transformativen Investitionen müssen durch staatliche Beihilfen, Ermächtigungsverordnungen, neue Marktstandards und neue Finanzinstrumente unterstützt werden, die das Risiko einer mittelfristigen Kohlenstoffpreisgestaltung absichern. Bisher gibt es keine dieser Instrumente. Wir fordern die europäischen Institutionen dringend auf, die nötigen Mittel und Richtlinien festzulegen, um diese Transformation zu erreichen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu erleichtern. Die EU muss international gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten und sich mit handelsbezogenen Fragen befassen, indem sie unvoreingenommen die Machbarkeit eines breiten Spektrums von Instrumenten bewertet, darunter der „Carbon Leakage“-Mechanismus und die Anpassung der Kohlenstoffgrenzen.
6. Stärkung der europäischen Wirtschaft in den Außenbeziehungen Wir bekräftigen unser starkes Engagement für eine offene Welt und den freien und fairen Handel. Wir sind weiterhin der Ansicht, dass es für die EU an der Zeit ist, ihre Instrumente und Vorschriften zu modernisieren, um ihre Industrie besser gegen extraterritoriale Gesetze und unlautere ausländische Praktiken zu verteidigen. Dies würde der EU die nötigen Druckmittel geben, um die Interessen unserer Unternehmen zu schützen, und gleichzeitig das breitere Interesse der Union und die Notwendigkeit berücksichtigen, Streitigkeiten auf kooperative Weise zu lösen – immer mit dem Ziel, Handelsspannungen zu deeskalieren. Wir fordern unsere Staats- und Regierungschefs daher zu Folgendem auf:
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Stärken Sie sämtliche unserer bestehenden Institutionen und Vorschriften, damit sie effizienter werden und die Unternehmen unterstützen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Schaffung des Amtes eines Leitenden Handelsbeauftragten (Chief Trade Enforcement Officer/CTEO) und hoffen, dass es die Einhaltung von Handelsabkommen und internationalen Verpflichtungen durch unsere Handelspartner fördern wird.
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Analysieren Sie den Vorschlag eines Sanktions-Instruments, das der EU die Macht gibt, auf wirtschaftlichen Zwang gegen die EU oder einzelne Mitgliedstaaten zu reagieren, sorgfältig und diskutieren Sie ihn mit allen relevanten Stakeholdern.
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Schaffen Sie ein öffentliches Finanzinstitut, um Zahlungskanäle mit Drittländern, die von ausländischen internationalen Partnern sanktioniert werden, offen zu halten. Führen Sie Maßnahmen zur Gewährleistung von Handelsströmen mit Drittländern ein, die von extraterritorialen Sanktionen betroffen sind, unter Beibehaltung der engen Zusammenarbeit mit unseren traditionellen Verbündeten.
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Ergreifen Sie konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Rolle des Euro im internationalen Zahlungsverkehr.
_________________________________________________________________________ BDI, Confindustria und MEDEF werden sich weiterhin gemeinsam engagieren, auch im Rahmen von BusinessEurope, um so zur Festlegung von politischen Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene beizutragen, die Erholung der europäischen Wirtschaft zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen auf globaler Ebene zu verteidigen. All diese Bemühungen sollten auch auf multilateraler Ebene gefördert werden, indem sichergestellt wird, dass alle Regierungs- und Kooperationsforen effizient und koordiniert arbeiten. Im Jahr 2021 wird Italien den Vorsitz der G20 übernehmen; parallel dazu wird Confindustria Gastgeber der B20 sein, der Beteiligungsgruppe der G20-Wirtschaftsverbände. Bei beiden Gipfeltreffen sollten eine Reihe von sehr ehrgeizigen Zielen und Vorgaben festgelegt werden, die auf die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Stabilität und die Schaffung solider Grundlagen für ein starkes, nachhaltiges, ausgewogenes und integratives Wachstum abzielen.
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