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Ausblick: Die USA in den nächsten Wochen

erscheint daher plausibel, dass Biden gemäßigtere Kandidaten für seine Regierung nominieren würde, um die Bestätigung sicherzustellen.

Ausblick: Die USA in den nächsten Wochen

Letzte Auszählungen: Zunächst stehen noch die letzten Auszählungen in Arizona, North Carolina, Georgia und Alaska aus. In North Carolina (15 Wahlmänner) und Alaska (3 Wahlmänner) führt Trump aktuell, in Georgia (16 Wahlmänner) und Arizona (11 Wahlmänner) führt Biden. In North Carolina werden eintreffende Briefwahlstimmen, die den Poststempel vom 3. November 2020 tragen, noch bis zum 12. November 2020 gewertet.

Entscheidungen von Gerichten und Supreme Court: Grundsätzlich steht es US-Präsident Trump und den Republikanern zu, Unstimmigkeiten juristisch klären zu lassen oder in besonders knapp ausgegangenen Abstimmungen auf eine Neuauszählung zu hoffen. Trump und seine Anwälte haben bereits in mehreren Staaten verschiedene Klagen wegen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe eingereicht, bisher jedoch keine wesentlichen Fortschritte im Rechtsstreit erzielt. Trump und sein Wahlkampfteam können nicht die Wahl als Ganzes vor dem Supreme Court anfechten, sondern nur spezifische Umstände an spezifischen Orten – so wie 2000 (Bush vs. Gore) in Florida. Damals ging es um die Auszählung der Stimmen in Palm Beach County und vier weiteren Wahlkreisen. Der Vorsprung für Bush in Palm Beach County war so knapp, dass der demokratische Kandidat Gore forderte, in vier weiteren Landkreisen Handauszählungen vorzunehmen. Sein endgültiges Urteil fällte der Supreme Court am 12. Dezember 2000. Der Supreme Court hatte 2000 in seinem Urteil deutlich gemacht, dass seine Entscheidung keine Präzedenz schaffe: „Our consideration is limited to the present circumstances, for the problem of equal protection in election processes generally presents many complexities.” Es ist nicht sicher, dass der Supreme Court die Klage Trumps annehmen wird. Er könnte die Klage auch an die Gerichte in den Bundesstaaten weitergeben / zurückweisen mit der Begründung, dass diese besser geeignet sind, ihre eigenen Gesetze und Verfassungen zu interpretieren. Beim Supreme Court ist bereits ein Fall zu Pennsylvania anhängig: Dort wird gegen die Entscheidung des Supreme Court von Pennsylvania geklagt, welcher im September entschieden hatte, dass Briefwahlstimmen gezählt werden (mit Poststempel spätestens vom 3.11.2020), die bis Freitag, 6. November 2020, eintreffen. Die Republikaner forderten den Supreme Court zunächst auf, dieses Urteil auszusetzen, was der Supreme Court ablehnte (mit 4:4 Stimmen). Dann legten sie Berufung gegen das Urteil des Pennsylvania Supreme Court ein und forderten den Supreme Court auf, diesen Fall sofort zu verhandeln – auch das lehnte der Supreme Court ab. Der Supreme Court hat noch nicht abschließend entschieden, ob er sich mit der Berufungsklage befassen wird. Für Biden wäre der Fall Pennsylvania besonders heikel, da er in dem größten umstrittenen Bundesstaat 20 Wahlmänner für sich gewinnen konnte. Trumps Anwälte dürften sich daher besonders um diesen Staat bemühen. Bisher fehlt es Trump hierzu jedoch an Argumenten, Belegen und der Perspektive, dass ein Erfolg in einzelnen Verfahren den Wahlausgang noch ändern könnte. In der Streitigkeit um die verlängerte Frist für Briefwahlstimmen geht es im Fall Pennsylvanias um wenige Tausend Stimmen, die kaum einen Unterschied machen dürften.

Trump gesteht Wahlniederlage ein: Das Eingeständnis Trumps hinsichtlich seiner Wahlniederlage ist zunächst für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wichtig. Trumps Anhängern muss so deutlich gemacht werden, dass die Wahl Bidens zum zukünftigen USPräsidenten legitim ist. So wäre eine friedliche Amtsübergabe gewährleistet. Aus dem Umkreis des Präsidenten ist zu hören, dass Trump die Niederlage nicht in der herkömmlichen Form

durch eine Konzessionsrede und einen Anruf beim Wahlsieger einräumen werde. Angaben der Washington Post zufolge haben sich Trumps engste Berater in zwei Gruppen gespalten –eine Gruppe, die wie Trump weiter auf einen Sieg hofft und dafür vor Gerichten kämpfen will; und eine Gruppe von teilweise republikanischen Vertretern, die Trump dazu raten, Biden als Wahlsieger anzuerkennen. Das Eingeständnis Trumps ist aber auch wichtig, um weitere Maßnahmen für den Regierungswechsel einzuleiten.

Vollzug des Regierungswechsels: Unabhängig davon, ob es einen Wechsel im Präsidentenamt gibt, legt das Bundesgesetz einen umfassenden Übergangsplan für alle Behörden fest, der bereits vor vielen Monaten begonnen hat und in diesem Moment weitergeführt werden müsste. Die Übergangsbemühungen konzentrieren sich auf beide Szenarien: die Vorbereitung auf eine zweite Trump-Administration oder die Begrüßung einer neuen Biden-Administration. Für das in der jetzigen Situation zu erwartende zweite Szenario gibt es etwa 4.000 politische Positionen, die von der neuen Regierung besetzt werden müssen. Etwa ein Viertel dieser Positionen muss sogar vom Senat bestätigt werden. Da vom Wahltag bis zur Amtseinführung weniger als drei Monate vergehen, ist es unwahrscheinlich, dass alle politisch ernannten Positionen benannt werden, sodass der Übergang weit über die Amtseinführung hinaus andauern könnte.

Erklärung über den „anscheinenden Sieger“: Ein erster Schritt für die jetzt anstehenden weiteren Maßnahmen für einen friedlichen Regierungswechsel ist eine Erklärung über den „anscheinenden Sieger“ der Präsidentschaftswahl durch die Verwaltungsbehörde der Bundesgebäude (General Services Administration). Mit dieser Erklärung werden dem Team des Wahlsiegers Zugänge zu Regierungsgebäuden, E-Mails, Regierungsbeamten und Computersystemen gewährt, zuvor genehmigte Gelder freigegeben und Räume in jeder USBehörde geschaffen. In diesem Jahr wurde die Summe für den Aufbau einer neuen Regierung auf 9,9 Millionen US-Dollar veranschlagt. Bisher wurde diese formelle Erklärung durch die Leiterin der Verwaltungsbehörde nicht aufgesetzt. Somit bleibt weiter unklar, wann die weiteren Maßnahmen für die Machtübergabe eingeleitet werden können. Eine Bestätigung vor Freitag, 13. November 2020, wird jedoch nicht erwartet.

Wichtige Daten für die nächsten Wochen

8. Dezember 2020: Bis zu diesem Datum, der so genannten „Safe-Harbor“-Frist nach Bundesrecht, haben die Bundesstaaten die Möglichkeit, Streitigkeiten über ihre Stimmzahlen beizulegen und den Gewinner zu bestätigen. Wenn ein Staat bis dahin seine Stimmenauszählung nicht abgeschlossen hat, kann der Kongress am 6. Januar entscheiden, welche Wahlstimmen akzeptiert werden. Sollten Streitigkeiten in einzelnen Staaten also weiter bestehen, könnte es sein, dass am Ende der Kongress über den Sieger einzelner Bundesstaaten entscheidet.

14. Dezember 2020: Die Mitglieder des Electoral College geben ihre Stimme für den Präsidenten ab. Der Kandidat, der mindestens 270 der 538 verfügbaren Wahlstimmen erhält, gewinnt das Präsidentenamt. In allen Bundesstaaten mit Ausnahme von Maine und Nebraska erhält der Gewinner der Volksabstimmung alle seine Stimmen, die nach der Bevölkerung aufgeteilt werden.

23. Dezember 2020: Bis zu diesem Datum müssen die Urkunden über die Wahlstimmen den zuständigen Beamten ausgehändigt werden.

3. Januar 2021: Der 117. Kongress wird vereidigt.

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